Der Text von Sandra Kreisler ist für mich ein wahrhaft ehrlicher und schöner, ein tiefgründiger und warmherziger Einblick in diese spezielle Vater-Tochter-Beziehung. Dankeschön für's lesen dürfen, wenngleich ich leise Schwierigkeiten mit der Einleitung habe. Trotzdem: Es rührt mich immer wieder neu an. Und immer wieder neu frage ich mich, ob dieses Genie, der doch auch Vater ist, solche Bekenntnisse seiner Kinder zur Kenntnis und zu Herzen nimmt. Bekenntnisse, die zwischen den Zeilen mehr aussagen als vielleicht bewusst beabsichtigt war.
Nachdem ich mir diesen Thread und speziell die Stellungnahme von GKs Tochter Sandra durchgelesen habe, stehen mir die Tränen in den Augen.
Mir wurde als Kind und Jugendliche gleich von drei (3) besonders geliebten Personen, eine davon mein Vater, ab einem gewissen Zeitpunkt (jeweils unterschiedlich bei diesen drei Personen) jegliche Kommunikation verweigert.

Es geschah jeweils aus ganz unterschiedlichen Gründen, auf die ich aber keinen Einfluss hatte.

Und ich schaffte es trotz aller geradezu verzweifelten Bemühungen bis zu ihrem jeweiligen Lebensende nicht, sie mir wieder zugewandt zu machen, also irgendeine Kommunikation wieder herzustellen.
Zwei dieser Kommunikationsabbrüche waren für mich die schlimmsten und anhaltendsten Traumata meines Lebens. Und sind es im Grunde heute noch - denn die Möglichkeit, dass sich gerade ein geliebter und geschätzter Mensch plötzlich komplett von mir abwenden könnte, hatte und hat Einfluss auf mein ganzes Leben.

Ich konnte auch nicht verstehen, wie ein erwachsener Mensch (einer davon mit pädagogischem Beruf!) gegenüber einem Kind dermaßen gekränkt reagieren kann, dass er/sie niemals mehr bereit ist, mit diesem Kind bzw. Jugendlichen zu sprechen, nicht einmal nach vielen Jahren, wenn sie beide erwachsen sind.

Und ich habe mir vorgenommen, dass ich als Erwachsene niemals so handeln würde.
Jetzt, als seit langem Erwachsene, bin ich in einer ganz ähnlichen Lage wie meine "pädagogische Person" damals mir gegenüber. Und jetzt merke ich, wie wahnsinnig verletzt man sich sogar durch ein unreifes Gör fühlen kann, und wie
fast unüberwindbar sich die eigene innere emotionale Wand anfühlt, während der Verstand einem eigentlich sagt: "Das kannst du doch nicht machen, du kannst doch diesen um so viel jüngeren Menschen, mit dem dich mal so viel gegenseitige Zuneigung verbunden hat, nicht einfach fallen lassen!

Auch nicht, wenn er/sie dich gekränkt hat!

Das kann doch wohl nicht wahr sein - du wolltest doch niemals so werden!!"
Trotz dieser wiederholten kopfschüttelnden Ansprachen an mich selbst habe ich es monatelang nicht geschafft.
ABER: Eines Tages habe ich mich hingesetzt, habe meinen inneren Schweinehund einen Schweinehund genannt und habe ohne groß nachzudenken eine kurze E-Mail geschrieben. In der nicht ganz unrealistischen Erwartung, dass daraufhin entweder nichts oder Beschimpfungen zurückkommen würden.
Aber was kam zurück: Postwendend eine liebevoll-sehnsüchtige E-Mail.

Mein Vater starb leider, bevor er mir auf meinen ersten und letzten sehr ausdrücklichen Versuch antworten konnte. Ich vermute sogar, er starb aus Angst vor seinen eigenen positiven, aber wohl auch schmerzhaften Gefühlen, einschließlich seiner Schuldgefühle wegen seiner vorgehenden Abweisung.
Aber ich denke, das kann ganz anders laufen. Man kann es überwinden, frisch an die Sache herangehen und neu anfangen.
"Jeder Held, den du verehrtest und in Liedern besangst,
ist ein Held - so wie ich - nur aus Angst."
(GK)Ich denke auch, man kann in jedem Alter noch über seinen Schatten springen. Es lohnt sich wirklich.

"Wenn du dann kämpfst, geschieht's aus lauter Sorgen,
und wenn du siegst und kriegst was du verlangst,
denkst du schon: O Gott, mit wem kämpf ich morgen
und hast Angst, nichts wie Angst."
(GK)Ich drücke beiden Seiten die Daumen.