Protest, Protest, Protest. 8-)
Wenn GK sein Lied so vorträgt, dass die Leute lachen müssen, dann ist das m.E. keine Interpretation von ihm, sondern seine ursprüngliche Absicht mit diesem Lied, der Grund, warum er es geschrieben hat, und gehört m.E. daher wesensmäßig-essenziell zu diesem Lied.
Sollte er es dann später mal so singen, dass man dabei wirklich weinen muss (was ich aber für äußerst unwahrscheinlich halte, dass ein Künstler sein eigenes Werk später derart konträr empfinden wird - denn dann passte m.E. vorher etwas nicht oder es war oberflächlich-beliebig; oder es soll eine Parodie auf das eigene Lied sein), dann ist das für mich ein neuer Teil der
Kreation. Dann interpretiert er nicht sein altes Lied neu, sondern dann will er ein neues Lied. Das sich in einigen Teilen (Text, Musik) mit dem alten deckt, aber nicht die Absicht dahinter.
Oder kannst du dir eine Operette als vom Librettisten/Komponisten selber ins Traurige uminterpretiertes Stück vorstellen?
Sowas bringt höchstens ein "moderner" Regietheater-Regisseur fertig - und selbst der dürfte sich damit sehr schwer tun.

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Dass man "Interpretieren" lehrt, ist okay, wenn man fremde Stücke singt oder spielt. Dennoch ist es m.E. richtig, herausfinden zu wollen, was der Urheber dieses Werks gemeint hat, was das Stück an sich wirklich ausdrückt. Denn das gehört m.E. wesentlich zum Stück selber. Aber natürlich ist so viel Empathie nicht jedem gegeben. :-?
Wenn man GK hätte beibringen müssen, wie er seine eigenen Lieder vorzutragen hat, damit sie wirken, dann hätte er sie m.E. gar nicht geschrieben. Denn er wollte etwas
transportieren, nicht einfach dichten und komponieren - da bin ich sicher. (Natürlich wollte er auch daran verdienen.)
Genauso z.B. Reinhard May. Dem musste man wohl auch nicht das "Interpretieren" (Vortragen) seiner eigenen Lieder beibringen.
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Aber ich weiß, dass manchen Vortragenden, die nicht die Urheber sind, völlig wurscht ist, was der Urheber gewollt hat, sie interessiert nur, was sie wollen. Im Prinzip soll auch jeder alles so spielen oder singen dürfen, wie er/sie mag. Bedenklich wird es für mich nur, wenn dann davon ein Einfluss auf andere ausgeht, die diese Interpretation oder Um-Interpretation dann für das authentische Werk halten.
Und schade finde ich es dann, dass die Zuhörer nicht die Möglichkeit bekommen, das eigentliche Werk kennenzulernen, wenn es sehr verfälscht ist.
Dass man bei einem nicht mehr zur Verfügung stehenden Urheber interpretieren
muss, ist natürlich klar. Es sei denn, es sind Platten, CDs usw. vorhanden.

Wenn der Urheber bereits tot ist, dann kann er/sie nicht mehr protestieren. Aber wenn der Komponist eines Werkes - eines Violinkonzerts z.B. - noch lebt und die Aufführung miterlebt, dann wird er nicht sehr glücklich bis stinkwütend sein, wenn der Geiger und der Dirigent aus dem Stück etwas ganz anderes "interpretieren" als der Komponist gemeint hat. Es ist dann m.W. eigentlich auch üblich, dass der Geiger und der Dirigent sich mit dem Komponisten zusammenschließen und seine Intentionen so nah wie möglich umzusetzen versuchen.
Ich kann aber verstehen, dass man z.B. in einer Oper, die schon 100x inszeniert wurde, auf neue Ideen verfällt, einfach damit es nicht zu langweilig wird. Allerdings wird die Musik dabei auch nicht wirklich verfälscht, auch der Text kaum bis gar nicht, sondern nur die Umstände. 8-)
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Gegen meine Auffassung von Authentizität wenden sich natürlich diejenigen, die ein Werk als letztlich unabhängig vom Urheber sehen, den Urheber als reinen Vermittler einer göttlichen Inspiration auffassen. (Wie ja auch manche Komponisten/Dichter selbst es taten.) Ob man dann aber diese göttliche Eingebung selber nach Gutdünken uminterpretieren darf, ist ja auch noch die Frage ... 8-)