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Begonnen von Volker2, 29. März 2006, 19:41:59

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whoknows

Das ist eine nette Kritik - aber ich finde, ehrlich gesagt, sie schreibt, als wäret Ihr Grundschüler - so ohne Nachnamen und gönnerhaft - in Eurem Alter hättet ihr ein bissel mehr "Erwachsenen-ton" verdient..... Aber immerhin, Lob ist Lob.

Zyankalifreund

Ja das hab ich mir auch schon gedacht. Vielleicht liegts abe auch daran, dass unser "Regisseur" (Lehrer) die Frau Gerlach nicht als Pressefrau erkannt hat. Sie stellte nur paar Fragen als sei sie privat und da waren vielleicht die Auskünfte Herr Höhmes nicht so rasend genau was Namen betrifft. Erst nach dem Gespräch hatte er das geschnackelt, dass das die Chefredakteurin der Zeitung war. Ist aber auch komisch, denn eigentlich schreibt die keine Theaterkritiken. Das macht eigentlich ein anderer von uns allen gehasster Mensch, der das Jugendtheater auch schon mehrfach mit seinen albernen "Kritiken" besudelt hat, obwohl er teilweise nichtmal in den Vorstellungen war. - Sowas gibts auch -.
Insofern ist mir dieser Bericht (Kritik kann man ja nciht wirklich sagen) ganz lieb.

Zyankalifreund

#27


Zitat24.06. Schwer zu spielendes Stück

Das Kuriose an dem wohl bekanntesten Stück des britischen Dramatikers Peter Shaffer ist es, dass es im Dunkeln auf der Bühne hell wird und im Hellen die Spieler im dunkeln agieren. ,,Ich sah das Stück in Heidelberg und fand die Grundidee so ideal", sagt Michael Höhme, neben Danielle Sturm einer der Regie führenden Lehrer. Sie reizte es, das Stück mit den Schülern des Theaterkurses des Lessing-Gymnasiums aufzuführen. ,,Es ist ganz schwer zu spielen und wir haben teils mit verbundenen Augen geprobt", so Höhme. Den jungen Akteuren hat es sichtlich Freude bereitet. Sie zeigten schon professionelle Leistungen in Mimik, Aussprache und Spiel.
Die Story ist ein Kurzschluss, der in einer kleinen Wohnung in London für perfektes Chaos sorgt. Der Hauptakteur, ein junger Bildhauer, mit seinen verwirrenden Lebens- und Liebesgeschichten sollte eher immer im Dunklen leben. Mit viel Engagement haben sich die Schüler der nicht einfachen Aufgabe gestellt. Aus den anfänglichen zwei Stunden Probe wurden in der Endphase schon fast zehn Stunden in der Woche. Der Theaterkurs gehört inzwischen zur Ausbildung im Gymnasium.

whoknows

Schönes Foto - und dass die Haare länger sind ist auch cool.

Dagmar

Freut mich sehr, Eric! Herzlichen Glückwunsch zu dieser Arbeit! :)
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Zyankalifreund

Danke ihr zwei.  :-*
Dass die Haare länger sind als sonst hat einen einfachen Grund: Ich hab einfach in den letzten Wochen keine Zeit für einen Friseurbesuch gefunden. Die paar freien Minuten die ich hatte war ich dann widerum zu faul hinzugehen. - Deswegen -
Ansonsten: Ja, das Foto ist schön. Hat unser stellvertretender Schulleiter geschossen, der macht immer suuuuper Bilder.  :)

whoknows

Lass sie so. Die Haare meine ich. Ich finde, es sieht viiiiiiiiiiiel cooler aus!!  :D

Franz08

Hallo Eric,

auch von mir Gratulation und Applaus zur offenbar gelungenen Aufführung  

Die eher betulich-betüdelnden Kritiken wird man erst ab etwa 20, Stichwort "fortgeschrittenes Studententheater", los. Dafür kann's dann richtig brutal werden...

P.S.: Ich finde übrigens auch, die langen Haare steh'n Dir sehr gut - die (Perlen?)Ketten sind allerdings auch sehr schön und die weiße Weste erst...  8-) ;D
Match as much as you can!

Alexander

#33
ZERBRECHLICHKEIT UND POWER

Tori Amos in der Philharmonie am Gasteig (München), 7.6.2007

Die Vorgruppe bietet ansprechenden Folk-Pop: eine Viermannband mit Sänger, der auch virtuos Geige spielt – und Gitarre. Mit einem Schlußfurioso verlässt er die Bühne. Kurze Umbaupause? Von wegen – 45 Minuten dürfen wir warten, bis die Zweistundenshow der amerikanischen Singer-Songwriterin beginnt. Und wie: Die Dreimannband (Gitarre, Baß und Schlagzeug) legt zu einer wilden Lichtshow los, und eine zart wirkende langhaarige Frau zelebriert sich mystisch-geheimnisvoll zum Klavier (hinter dem auch ein Keyboard steht, im zweiten Teil ihrer Show eine Hammondorgel). Eine der fünf Typen ihrer aktuellen CD ,,American Doll Posse" ist das, sie klemmt sich zwischen ihre Tasteninstrumente und liefert sich hemmungslos den Songs aus. Tori Amos ist eine Großmeisterin der Popballaden. Diesmal bereitet sie ihre großartigen Lieder ziemlich heftig mit Bandverstärkung auf. (Lieber hätte man sie trotz der tollen Qualität der Mitmusiker viel mehr solo, nur am Klavier gehört.) Die Lichteffekte und der kräftige Sound geben der Show eine ziemliche Power. Nach einigen Liedern: Abgang, großes Bandintermezzo mit heftiger Steigerung, Tori vom Band dazu, und Tori tritt noch einmal auf, diesmal als Tori, mit Glitzerkostüm. Eine Seelenschau im Kostüm einer amerikanischen Popshow. Ein Lied nach dem anderen, nur kurz die Bandvorstellung, sonst keine Zwischentexte. Aber immer wieder funkelt das Zarte, das Zerbrechliche durch, die Lyrik dieser großen Balladen. Und dann doch zwei Songs nur mit Klavier – was für eine Intensität! Der E-Gitarrist fetzt nur anfangs und gegen Ende, den Rest feuert man die Sounds zu dritt in die Philharmonie. Tori greift in die Tasten der tiefen Regionen, als wären es Riesenglocken. Die Beatles schimmern zweimal stilistisch durch, bis zum Hardrock geht das musikalische Feuerwerk. Eine unglaublich ideenreiche Künstlerin voller Kraft, ein Genie unserer Zeit! Nur ja keine Anbiederung ans Publikum: Im großen Applaus vor den Zugaben wenden sich die vier zunächst der Bühne zu, ineinander verschränkt, wie bei einem Ritual. Und Tori Amos geht nicht ab, sie flüchtet von der Bühne hinten hinaus, plötzlich nur mehr zart und verletzlich.

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

#34
Gestern war ich beim Konzert von Konstantin Wecker im Berliner Tempodrom - dank der Hilfe eines lieben Freundes auf Freikarten - was gut war, denn die Karten kosteten bis zu 40 Euro. (In diesem Zusammenhang darf ich erzählen, dass Dieter Hildebrandt verbietet, dass man mehr als 30 Euro bei seinen Abenden verlangt.)
Vorweg: es war ein richtig schönes Konzert.
Er war mit drei Musikern angereist, die alle Multi-Intrumentalisten waren - ich bin sicher, jemand von Euch kennt die vollen Namen, mein Gedächtnis ist da mangelhaft. Der Jo, der immer mit ihm spielt, ein hervorragender Pianist, ein sehr guter Trompeter, und ein interessanter Gitarrist. Dann ein Lenz, der ein grossartiger Bassist ist, und ein ausreichender Cellist. Und ein Afghane (hafik?), der ein mehr als glänzender, ein absolut hinreissender  Percussionist ist und ein wirklich guter Schlagzeuger.

Wecker erzählte uns nachher, dass er ursprünglich in einem Saal in Ostberlin hätte spielen sollen, und ziemlich entsetzt war, als er erfuhr, dass es das tempodrom wird. Mit Recht. Der Saal ist die Hölle. Zu kalt, aktustisch irre schwer zu bespielen und fast ein Ding der Unmöglichkeit, irgendeine Stimmung zu erzeugen.
Und es war auch so: Die Akustik war leider ziemlich schlecht. Der (mitgebrachte) Tontechniker hatte den Auftrag, dass die Textverständlichkeit über alles gehen sollte. Kann ich verstehen, obwohl das mit der Textverständlichkeit auch zum Teil Sache des Sängers wäre, und da ist Wecker manchmal doch a wengerl schlampig. (Das ist aber okay, da man die Texte eh alle kannte ;)) Leider klangen die zwei Klaviere (ein Bösendorfer, das andere konnte man nicht sehen, was es war)  mehr nach bontempi, den Bass hörte man nur manchmal, es hat stellenweise sogar leicht gekoppelt, das Cello war zu leise (manchmal: gnädiger Weise - ich bin bei Cello EXTREM heikel) - aber ich kenne die tontechnischen Schwierigkeiten und es ist durchaus glaubhaft, dass mehr oder weniger das bestmögliche gemacht wurde. Die Stimme war indes perfekt, fand ich.
Das Konzert begann mit einer Art Liebeslied an's Publikum, das mir weniger gefiel. Ich empfand es als musikalisch uninteressant und auch ein bissel runtergeratscht - ein Lied, das textlich viel mehr hätte in's Herz treffen können, aber ich meine, die Angst vor Kitsch war zu gross. Ein, wie meine, "verschenktes Lied", schade, denn es könnte fadengrad in's Herz treffen - und das tat es nicht.  Kam  nicht sonderlich an.
Und dann steigerte sich das Konzert langsam immer mehr - in der zweiten Hälfte war es dann perfekt, (dann hatten sich auch einige Leute in der Pause aus der Garderobe wieder ihre Mäntel geholt, und die Kälte war nicht mehr sooo quälend) aber auch auf der Bühne kriegte man mehr und mehr das Gefühl: jawoll. Das isses. Wunderbare Improvisationen, tolle musik, die "guten alten Lieder" inklusive "Willy" (!!), "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist", "Genug ist nicht genug" - alle Lieblingslieder des Publikums - gemischt mit seltener gespielten aber mir persönlich oft näheren Songs, auch: "Sage nein!" und den "alten Kaiser", herrliche Balladen, einfach perfekt) wunderbare Zwischentexte und ein Wecker in Hochform. Immer wieder dachte ich: die Zeit hat sich nicht verändert, auch die politischen Lieder stimmen nach wie vor, was sich verändert hat ist der Wille zur Zuständigkeit in den Menschen. Selten wurde Wecker in den Moderationen aktuell-politisch, meist waren es Erzählungen, was zu den Liedern geführt hatte, was in seinem (lesenwerten) Buch "Kunst des Scheiterns" stand, Gedichte wurden vorgetragen, Texte verlesen - niemals langweilig, notabene! - aber ich hätte mir mehr aktuelle Anmerkungen gewünscht, und ich hatte  den Eindruck, viele im Publikum auch: sie wollten wieder ihren "Stellvertreter in der Empörung" auf der Bühne. Gross der Applaus, als er Mehdorn kurz kritisierte. Das Publikum war übrigens zum überwiegenden Teil über 50 - aber nicht nur.
Wie gesagt: die zweite Hälfte war wesentlich dichter, da waren sowohl Publikum als auch Bühne endlich in Hochform (soweit das eine kalte hohe Halle wie das tempodrom zulässt)  - und  (aber) er fand und fand kein Ende. Fast vier Stunden dauerte das Konzert, und ich fand: das war zu lang. Ich halte es eher mit den Krautfleckerln der Tante Jolesch: man sollte immer ein wenig Hunger zurücklassen. Allein, das ist sicher schwierig, wenn man nach zähem Anfang endlich so richtig Spass hat am Konzert. Aber ich persönlich denke: viele würden früher nochmal in ein Wecker-Konzert gehen, wenn sie gestern nicht so einen Overkill an Wecker gehabt hätten - egal, wie sehr man Krautfleckerl liebt, man kann sich auch überfressen daran, und dann dauert es, bis man wieder Lust darauf hat.

Auch hier - wie beim letzten Weckerkonzert in der Philharmonie - denke ich mir: er könnte etwas besser beraten werden, die Leute um ihn sind irgendwie stehengeblieben, und man hat den Eindruck, es wird mehr die vergangene Zeit erzählt als die heutige wahrgenommen - nämlich: das heutige publikum bedient. Es wird nicht darauf geachtet, NEUES Publikum anzusprechen, sondern eher darauf, die alten zu halten. Und ich finde: kann nicht beides möglich sein?
Er spricht viel über seine 60 Jahre, was ich persönlich verstehen kann, ich spreche auch viel über mein Alter, weil ich es nicht fassen kann. Aber: er WIRKT nicht so, und er hätte es nicht nötig. Er ist noch genauso ein Berserker, ehrlich, wütend, liebestoll, lebendig, kraftvoll - und das gefällt auch jungen Leuten, auch für sie könnte er ein "Stellvertreter des wütenden Ausbruchs" ein Ventil und zugleich ein Trigger für tatsächliches Handeln sein - wie schade, dass er diese Rolle nicht mehr will: die Gesellschaft bräuchte sie.
Er zwingt mich, die Zeit, in der er ein Vorbild für mich war, als Erinnerung zu erleben, anstatt weiter und wieder neu Rôle model zu sein - und das tut mir Leid, denn er hätte eigentlich die Kraft dazu.

Aber trotzdem: Wermutstropfen hin oder her: es war ein schönes und erfüllendes Konzert.

Auch das Bier mit den Musikern nach der Show war total fein, übrigens, auch wenn sie alle nach einigen Bieren doch etwas anlassig wurden. ;) Sind echt liebe Jungs! Alles in Allem bin ich sehr dankbar, dass ich das Konzert erleben durfte - aufgrund des Bahnstreiks hatten wir noch dazu eine Karte "zuviel"  - das war einerseits auch ein kleiner Wermutstropfen - aber ich konnte die Karte dann an unsere Dagmar weitergeben, und wir haben den Abend ungemein genossen!!!!!!

whoknows

ps: er spielt noch in Dresden, in Rostock und noch wo im Osten - wenn Ihr könnt: geht hin!!! http://www.wecker.de

Burkhard Ihme

#36
Im BR kommt grad die Semdung "Nachtlinie" mit der Songwriterin Claudia Koreck. Hat schon mal jemand was von ihr gehört? Scheint in Bayern grad sehr angesagt.

Burkhard Ihme

#37
Können unsere Wiener Kollegen (oder Exilanten) was über Steinberg und Havlicek erzählen?
Und wer ist Steinberg?

whoknows

#38
Der Havilicek  ist Gitarrist, der kommt von den Concert Schrammeln - ein Genre, das ich nie besonders aufmerksam verfolgt habe. Allgemein weiss man: die können, was sie machen - und Homepages haben sie übrigens auch, die sicher informativer sind, als ich es sein kann.  :)
Im Grunde nette Sache - aber nix Neues.
Steinberg ist nur ein Name, soviel ich weiss, denn die Sängerin ist die Traudl Holzer  - und das wiederum bringt mich drauf, dass beide auch bei etwas mitwirken, das wirklich interessant ist, ein anderes Projekt, Mastermind Max Gruber, und zwar auch wienerisch, aber eben viel moderner, wie ich finde. Des Ano ('Des' = Das, 'Ano' = auch noch) http://www.desano.at
Das ist also offenbar eine Clique, die sich im Bereich der Wiener Musik etabliert.

Alexander

DER LETZTE FLUG



Pippo Pollinas Orazione civile per Ustica ,,Ultimo Volo" bei Kaufleuten in Zürich (18.3.2008) und auf CD



Pippo Pollina gibt am Klavier, als würde er ihn gerade erfinden, als würde er ihn aus dem Nichts improvisieren, einen großen melodischen Bogen vor, eine freundliche, versöhnliche, einprägsame Melodie, aus der aber sehr deutlich ein großer überwundener Schmerz durchzuschimmern scheint. Das Streichorchester und das Palermo Acoustic Quartet verdichten und intensivieren die Atmosphäre.

Wir sind mit diesem Vorspiel mitten in der Geschichte eines Flugzeuges und seiner Katastrophe. Nahe der Insel Ustica ist am 27.6.1980 eine DC9 der Fluggesellschaft Itavia mit 81 Personen an Bord unter bis heute nicht restlos geklärten Umständen abgestürzt. ,,Ultimo volo" (,,Der letzte Flug"), von Verwandten der Opfer dieser Katastrophe in Auftrag gegeben, hatte am 27.6.2007 in Bologna Weltpremiere und erlebte nun bei Kaufleuten in Zürich seine Schweizer Erstaufführung.  

Wer Pippo Pollinas Lieder kennt, weiß um deren philosophisch-poetische Eigenständigkeit, aber auch um die überbordende Musikalität, die diese Gedankenfluten für den Hörer oft irisierend anziehend umkleiden, ihnen in der Melodieführung und im Arrangement noch eine ganz eigene Kraft, ganz individuelle Intensität verleihen. Man hört in ,,Ultimo volo" sechs Beispiele dieser eindringlichen Lieder, zu denen natürlich auch Pippos persönlicher Vortragsstil gehört, ob am Klavier oder mit der Gitarre, ein Vortragsstil, der alles gibt, der die Seele aufblättert, der ganz von innen heraus kommt und der einen mitnimmt in die Musik- und Gedankenwelt dieses hochsensiblen Künstlers.

Neben den sechs Liedern, die meisten davon mit breiter melodischer Anlage große Bögen spannend, das letzte besonders markant mit seinem Bolerorhythmus sich geradezu zu einer Hymne aufschwingend, besteht ,,Ultimo volo" aber auch aus sechs Monologen, in denen sich ein Erzähler in die Rolle des Flugzeugs versetzt und dessen Empfindungen schildert: über die Zeit als funktionierendes Flugzeug, über die am Meeresgrund, über die im Militärhangar, über die ,,zusammen" mit einem lybischen Flugzeug (wahrscheinlich war die DC9 versehentliches Opfer eines Militärmanövers), über die auf der Reise zurück nach Bologna und über die aktuelle Zeit als Denkmal für die Opfer.

Und ,,Ultimo volo" ergänzt die Monologe und die Lieder mit fünf Dialogen, die die bewusste Realität der Betroffenen einfangen, die Trauer und den Versuch, die Wahrheit herauszufinden.

Pippo Pollinas Lieder erweitern diese Gedanken und Gespräche um die musikalische Dimension erneuter Vertiefung.

Die Züricher Erstaufführung ist von großem Idealismus, von gelebter Leidenschaft auf der extrem vollen Bühne geprägt. Das junge Orchester (Konsi Strings Zürich unter der Leitung von Massimiliano Matesic) gibt dem Werk von den Arrangements her jene Größe, die es über ein reines ,,Lied Opus" hinauszuheben vermag. Das musikalische Fundament liefern Pippo selbst (Gesang, Klavier und Gitarre) und das Palermo Acoustic Quartet (Jean-Pierre von Dach, Gitarre, Gaspare Palazzolo, Saxophon, Luca Lo Bianco, Kontrabass und Walter Keiser, Schlagzeug und Perkussion). Manilo Sgalambro gibt den Monologen die gebotene Eindringlichkeit, und Daniela Piccari und Adriano Miliani gestalten die Dialoge in ihrer ganzen Betroffenheit genauso intensiv.

Auf der CD ,,ultimo volo" (Storie di note SDN 060), dem Mitschnitt der Uraufführung in Bologna, entfallen – wohl aus Zeitgründen – die Dialoge. Trotzdem wird die Intensität der noch wesentlich professionelleren Aufführung mit Pippo Pollina, dem Palermo Acoustic Quartet (hier Enzo Sutera, Gitarre, Gaspare Palazzolo, Saxophon und Traversflöte, Luca Lo Bianco, Kontrabass und Toti Denaro, Schlagzeug und Perkussion), den Archi della Filarmonica Arturo Toscanini unter der Leitung von Dimitri Jurowski und mit dem Erzähler der Monologe (wie in Zürich Manlio Sgalambro) genauso erreicht. Vor allem hat man die Möglichkeit, Pippos große Lieder in Ruhe und mehrmals anzuhören, die Inhalte zu vertiefen und zu jedem Monolog, zu jedem Lied weiter zu denken und alles auch im Detail in sich wirken zu lassen.

Wenn sich der Bolero zu seinem Höhepunkt gesteigert hat, bricht er ab. Pippo Pollinas  ,,Orazione civile per Ustica" endet nicht so lautstark, es nimmt sich zurück, mit Pippo am Klavier, als würde er ihn gerade erfinden, als würde er ihn aus dem Nichts improvisieren, den großen melodischen Bogen, den wir vom Anfang des Werkes her kennen, eine freundliche, versöhnliche, einprägsame Melodie, aus der aber sehr deutlich ein großer überwundener Schmerz durchzuschimmern scheint. Das Streichorchester und das Palermo Acoustic Quartet verdichten und intensivieren die Atmosphäre erneut. Wir sind versöhnt mit dem Schicksal, aber wir tragen auch den Schmerz und die Betroffenheit weiter in uns.

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)