Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Allgemeines => Thema gestartet von: Sandra am 02. Mai 2004, 22:34:04

Titel: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 02. Mai 2004, 22:34:04
...wenn man Worttheater macht, lebt man viel gefährlicher:

Madrid: Schläger erzwingen Abbruch von Theaterstück
 
 Mit einem Übergriff auf einen Bühnenautor und einen Schauspieler haben zwei Schläger in Madrid den Abbruch eines religionskritisches Theaterstücks erzwungen.

Mit dem Ruf "Es lebe Jesus Christus!" sprangen die Männer wenige Minuten nach Beginn des Stücks auf die Bühne und prügelten auf die Künstler ein. Andere Zuschauer eilten dem Autor Iñigo Ramírez de Haro und dem Schauspieler Fernando Incera zur Hilfe.

Sie konnten nach spanischen Presseberichten heute jedoch nicht verhindern, dass die beiden Künstler erheblich verletzt wurden. Die Angreifer wurden festgenommen. Das Stück hatte wegen seines Titels "Me cago en dios" (Ich scheiße auf Gott) in der spanischen Hauptstadt schon seit Tagen für Schlagzeilen gesorgt.

Religion als Herrschaftsinstrument

Die Regierungschefin der Region Madrid, Esperanza Aguirre, schrieb in einem Protestbrief: "Der Titel des Stücks verletzt die tiefsten Gefühle der meisten Madrilenen." Die konservative Politikerin ist pikanterweise eine Schwägerin des Autors.

Das Stück ist ein Monolog, der die Religion als ein Mittel der Herrschaft und der Unterdrückung präsentiert. Es war zuvor bereits in New York und Mexiko aufgeführt worden. Die für heute vorgesehene letzte Vorstellung in Madrid musste wegen der Verletzungen der Künstler abgesagt werden.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 02. Mai 2004, 23:26:25
Das passiert wohl, wenn man zu lange eine angenagelte Leiche preist. Da kann man es nicht ertragen, wenn andere leben...
q.e.d.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Peter Silie am 03. Mai 2004, 05:26:12
 @ Sandra: Quellenangabe?

@ Bastian: Gepriesen wird die Auferstehung und das ewige Leben, nicht eine 'angenagelte Leiche'.

Und @Pruegelzuschauer: Wer weiss, wer das ueberhaupt war. Sehr christlich war das jedenfalls nicht.

Und @Theaterstueck: Ich persoenlich werde mich hueten, ein Werk mit einem gotteslaesterlichen Titel zu veroeffentlichen. Gehoert sich nicht.
Das Stueck selbst kann durchaus interessant sein. Man muesste mehr wissen.

mfg
Peter Silie
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 03. Mai 2004, 13:04:52
quelle: orf.at

und dass die Auferstehung gepriesen wird anhand einer angenagelten jüdischen Leiche finde ich schon ziemlich bedenkenswert - zumal die wenigsten Menschen das WIRKLICH tun. Es geht um die Leiche, den Meisten jedenfalls, und das metaphorische ist ihnen zu hoch.

und angesichts der Tatsache, dass G*tt ohne mit der Wimper zu zucken  zuschaut, wenn irgendwelche völlig unbedarften Mütter, Alte und Kinder auf die horrendeste Weise gequält, geknechtet oder umgebracht werden ist für mich der titel locker gerechtfertigt.
Er scheisst ja auch auf uns.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 03. Mai 2004, 19:35:44
Tja - für mich ist das ein schwieriges und sehr polarisierendes Thema, was nach meiner Meinung ziemlich differenziert betrachtet werden muß:

Ich finde, es gehört sich auch nicht, Leute auf der Bühne zu verprügeln, die da eine bestimmte Haltung relativ friedfertig von sich geben. Man muß ja nicht hingehen, wenn man meint, das sei unerträglich. Eine äußerst kritische Haltung - gerade zu religiösen Themen - schadet ja nun nicht wirklich, ganz im Gegenteil.

Auf der anderen Seite finde ich, gehört es sich ebenso wenig, Leute bewußt und absichtlich zu verletzen. Ich habe vor einiger Zeit eine Erfahrung gemacht, die mich sehr betroffen gemacht hat: Wir hatten in einem Liederabend zu einem Benefizthema, bei dem sich aus unserer Sicht die katholische Kirche nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, einige sehr kritische Passagen dazu eingebaut: Ich hab' entsprechende Brecht-Sachen gesungen und meine Partnerin hat passende Villon-Texte rezitiert. Wir haben zusätzlich mit einer Leinwandprojektion gearbeitet, die das, was wir ausdrücken wollten, unmißverständlich deutlich machte. Mitten im Auftritt stand plötzlich ein altes Ehepaar auf (die ich auch persönlich kannte) und verließ die Veranstaltung. Später habe ich gehört, dass diese beiden alten Leute von der Darbietung tief getroffen und verletzt waren.

Das gehört sich eigentlich auch nicht.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 03. Mai 2004, 21:45:13
Ich finde, das gehört auch hierhin:
ZitatIn Cobb County, Georgia, läuft momentan ein Prozess zur Rechtmäßigkeit von Stickern, mit denen die Schulbücher versehen wurden. Auf den Aufklebern ist zu lesen: "Dieses Buch enthält Material über die Evolution. Die Evolution ist eine Theorie über den Ursprung von Lebewesen, kein Fakt. Diese Materialien sollten mit wachem Geist, sorgfältig studiert und kritisch betrachtet werden."
Quelle: der spiegel

Solange religiöse Fanatiker derart in Wissenschaft und Lehre eigreifen, müssen sie es im Gegenzug auch aushalten, wenn andere ihren Gottesglauben kritisieren. Sogar dann, wenn diese Kritik radikal formuliert wird. Wer metaphorisch Gemeintes und Mutmaßungen zum Faktum oder gar zur Wahrheit erhebt, und gesicherte Theorien als reine Hypothesen abtut, ist selbst radikal genug, als dass andere ihn mit der Wirklichkeit schonen müssten. Oder mit ihrer persönlichen Auffassung. Warum fühlen sich Menschen persönlich angegriffen, wenn andere "auf Gott scheißen"?

Ich halte den Gottesglauben für eine Schwäche aus der schwache Menschen Stärke gewinnen können. Darum tut es ihnen weh, wenn man ihnen widerspricht. Schwächen sind deswegen noch lange nichts schlechtes, das meine ich nicht. Hab selbst einige davon. Aber die Sache wird dann albern, wenn von anderen erwartet wird, dass sie sich ebenfalls zu dieser Schwäche bekennen. Ich kann mit der Ungewissheit leben, ob ich Sinn mache oder nicht. Ich habe keine Antwort auf die ultimative Frage. Darum tu ich auch nicht so, als hätte ich sie. Ich habe mehr Fragen als Antworten. Auch halte ich es für viel wahrscheinlicher, dass der Mensch Gott erschaffen hat, als umgekehrt. Und das Leben ist bunter, wenn man Fragen hat.

Vielleicht gehört sich Gotteslästerung nicht. Es gehört sich jedenfalls ganz bestimmt nicht, Menschen zu verletzen. Weder Menschen auf einer Bühne, noch vor einer Bühne. Und Fanatiker sind immer schlecht- geschenkt- aber das heißt nicht zwingend, dass die minder fanatischen es besser wissen. Aber Gotteslästerung kanns nur geben, wo zuvor ein Gott postuliert worden ist, obwohl es ihn nicht gibt. Jawohl: es gibt ihn nicht! Wie plump von mir das zu behaupten, wo ich es doch gar nicht beweisen kann. Wie unwissenschaftlich, und doch blasphemisch...

Ich hätte ein wenig rücksichtsvoller sein können.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 03. Mai 2004, 23:18:17
ZitatJawohl: es gibt ihn nicht! Wie plump von mir das zu behaupten, wo ich es doch gar nicht beweisen kann.

Plump ist das nicht unbedingt. Nur genauso dogmatisch und fanatisch wie heraus zu schreien: Jawohl es gibt ihn!
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 03. Mai 2004, 23:31:40
Da hast Du recht. Es ist das Privileg der Gläubigen, Dinge undifferenziert zu sehen. Ich bin nicht fanatisch. Ich bin nur dieser Auffassung. Für mich ist diese Frage nicht einfach offen...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bassmeister am 04. Mai 2004, 01:01:06
Ich finde, man sollte in der Tat seinen Geist wach halten und gut unterscheiden zwischen dem echten Glauben, an den Lebendigen Gott, der Berge versetzen, Kranke heilen und "Wunder" wirken kann.
Und den Glaubens-Bildern, wenn da angenagelte Leichen bzw. deren Bilder in Holz oder Gold in murmelndem Gleichklang angebetet werden.
Das soll nicht heißen, daß ich die Kirche generell verachte, denn ich selbst bin auch oft genug dort tätig (als Musiker) und habe auch schon viele Gottesdienste mitgefeiert. Kirche ist so gut oder schlecht wie die Menschen, die sie machen - mit Gottes Hilfe - und auf jeden Fall ein guter Wegweiser, daß da mehr ist zwischen Himmel und Erde

Es kommt sehr auf das Herz der Menschen an und wie der Glaube mit Leben erfüllt wird.
Und: wer Gott lästert, schadet am meisten sich selber.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 04. Mai 2004, 01:24:50
Basti, Applaus!!!!
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 04. Mai 2004, 01:46:06
 :( Ich halte den Gottesglauben für eine Schwäche aus der schwache Menschen Stärke gewinnen können. Darum tut es ihnen weh, wenn man ihnen widerspricht. Das erlebe ich gerade mit einer Freundin - oder besser, ich erlebe es nicht, sie lebt es. - Ich kann sie nicht anrufen, nicht mit ihr reden, weil ich mich hilflos und machtlos fühle. Alles, was ich im Moment gegen die Droge Gott sagen würde, käme bei ihr nicht an. Sie hat sich seit einem knappen Jahr in dieses Extrem gestürzt: Schreibt nur noch "göttliche" Kirchen-Pop-Songs, leugnet ihr vorheriges Leben, für mich ist das eine der gefährlichen Drogen. Auch wenn kein körperlicher Schaden entsteht.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Peter Silie am 04. Mai 2004, 05:26:27
 @ Bassmeister: Ich stimme zu! Langweilige, oede Gottesdienste haben mich als Kind vergrault, und mit der ganzen Passionsgeschichte kann ich mich nicht recht anfreunden. Aber ich hab den Glauben spaeter wieder gefunden, und zwar nicht weil es mir schlecht gegangen ist, sondern im Gegenteil, in einer der gluecklichsten Phasen meines Lebens, weil ich draufgekommen bin, wie wichtig es ist, Gott dafuer zu danken.
Demut ist keine Schwaeche (@Bastian).
Menschen sind unvollkommen und haben die Wahl Gutes oder Schlechtes zu tun.
Wenn Menschen Mist bauen und Unheil verursachen, kann man nicht Gott dafuer die Schuld geben (@ Sandra). Das ist ein grosses Missverstaendnis.
Einander zu achten und zu lieben ist das einfachste von der Welt, und erscheint doch oft so schwierig. Ein gefestigter Glaube und das Bild von den Menschen als Brueder und Schwestern, als Kinder Gottes, hilft da enorm.
@ Sandra: Warum schreibst du eigentlich immer G*tt mit dem Sternchen?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 04. Mai 2004, 11:21:49
...ist eine jiddische Gewohnheit, Du sollst den Namen Deines Herrn nicht schreiben, wasweissich.
Ich bin ja auch nicht gefeit vor dem, was man "Glauben" nennt, und ich bastle (bastile?) mir da meinen eigene krausen Weg aus jiddisch und buddhistisch und sandrisch - aber:
Bestes Beispiel: Ich schreibe G*tt mit Sternchen. Es würde mir aber nciht im Traum einfallen, irgendjemand zu rügen, der das nicht tut - und ich finde nichts schlimmer, als einerseits G*tt als den grossen Beherrrscher und Chef von det Janze zu apostrophieren, gleichzeitig zu sagen, er ist nicht verantwortlich für das, was die Menschen so tun und ausserdem sich anfzuregen, wenn jemand eine andere Meinung lautstark kundtut.
Wenn jemand ein Stück "Ich scheisse auf G*tt" nennen will - soll er. Ich MUSS es mir nicht anschauen, wie Basti richtig sagt, ich kann auf den Autor scheissen. Ich muss ihn aber lassen. Vor allem - ich persönlich finde, ich muss sogar,( GERADE als gläubiger Mensch!)  darum kämpfen, dass er das Recht hat, das Stück so zu nennen.
Gerade die - und hier vorwiegend die christlichen und muslimischen -  Fundamentalisten haben jegliche Glaubwürdigkeit in Sachen Religion verspielt. (obwohl sich die rechten Siedler in Israel, die ja auch oft fundamentalistisch sind, ziemlcih bemühen, ihnen den Rang abzulaufen)
Und alles, was an diesen Fundamentalismus auch nur anstreift, werde ich bekämpfen bis Jöregeld.
Man soll ruhig fluchen, lästern, schimpfen soviel man will. Jeder kann das. Nur: LASSEN muss man auch jeden.
Jeder Mensch hat seinen eigenen Weg. Und der wird ihm nützen oder schaden - egal.
Ich finde, "Gefühle zu verletzen" ist  - in diesem diskurs - eines der miesesten Argumente überhaupt. Es gibt immer einen Tu-er und einen Lass-er. Wenn mich jemand nicht beleidigen KANN, gehe ich meinen Weg, aber nicht, wenn ich alle, die was sagen, was nicht meiner Meinung entspricht, rüge oder beschimpfe.
Klar, wenn ich meiner Freundin sage, sie ist eine doofe Kuh, kann ich ihre Gefühle verletzen, und das ist nicht nett, nicht "höflich". Aber wie "höflich" ist es, wenn ich meine Meinung zu einem abstrakten Thema kundtue, mir den Mund zu verbieten? Alle, die Jesus ganz toll finden, sollen halt weghören, und sich ihr Teil denken. Ich tus ja auch, wenn ich ihr Salbadern höre.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bassmeister am 04. Mai 2004, 14:45:18
Das hab ich noch nie verstanden: warum soll ich SEINEN Namen nicht schreiben??
Er steht ja nicht einmal mehr in der Heiligen Schrift! Dabei steht doch dort immer wieder, SEIN NAME soll verherrlicht werden. Wie kann ich etwas verherrlichen, was ich nicht eínmal kenne?
Es steht nur im Gesetz, da? DER Name nicht mißbräuchlich verwendet werden soll.
Ist die Angst vor Mißbrauch so groß, daß man ihn nun gar nicht mehr verwendet? Ist das nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 04. Mai 2004, 15:07:46
@ Sandra
So sehe ich das auch. Jeder soll glauben wie und woran er will.
Jeder soll schimpfen, was das Zeug hält, worüber er will. Niemand soll dem anderen seinen Willen aufzwingen.
Ich finde es nur gefährlich, wenn jemand wie meine oben beschriebene Freundin nur noch die Kirche sieht, an die sie sich nach einem Fast-Selbstmordversuch gebunden fühlt - hängt - was auch immer. Sie bricht den Kontakt zu allen Menschen, die ihr widersprechen, einfach ab. Sie war vorher doch auch toleranter, was den Sex vor der Ehe, die gleichgeschlechtliche Liebe  und andere Dinge betraf, und all das verdrängt sie und ver"teufelt" sie jetzt. Aber sie war immer extrem: Fan von einer Band, dann der nächsten Band... und einmal einem heidnischen Glauben zugetan, dann dem Judentum und jetzt (ganz extrem wie vorher nicht bei den anderen Richtungen) sind's die baptisten.
Ich bastle mir auch meine Richtung zusammen aus dem, was mir "logisch" erscheint. Ziemlich andreaisch (betont sich nicht so gut wie sandrisch) das Ganze. Sandrisch, das Wort gefällt mir :-).
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 04. Mai 2004, 18:11:52
Ich bin weder Sandrist noch Andreatiker. Und kein Siliant oder Bassist. Schluss mit den blöden Wortspielen, das klingt alles zu sektiererisch, zu viele Dagmen...

@ Silie: Was denn sonst ist Demut, wenn keine Schwäche? Ich hab mal versucht es nachzuschlagen. Ich kenne den Begriff der "Demutshaltung" nämlich nur aus der Verhaltensforschung. Wenn sich z.B. ein rangniederer Wolf vor dem Ranghöheren hinlegt, und seinen weichen Bauch und seine Kehle zeigt. Ich zeige meinen Bauch nur sehr ungern. Bin ich deswegen gleich überheblich? Vielleicht bin ich ja unbescheiden- das mag sein, aber ich stehe trotzdem staunend in der Welt. Da mach ich mir nix vor, ich verstehe sie nicht. Da fallen mir gerade zwei Gedichte von Robert Gernhardt ein. Mal sehen, ob ich sie hinbekomme...

@ mich selbst:

Trost und Rat
Ja wer wird denn gleich verzweifeln,
weil er klein und laut und dumm ist?
Jedes Leben endet. Leb so,
daß du, wenn dein Leben um ist

von dir sagen kannst: Na wenn schon!
Ist mein Leben jetzt auch um,
habe ich doch was geleistet:
Ich war klein und laut und dumm.

und:

Lieber Gott, nimm es hin,
daß ich was Besond´res bin.
Und gib ruhig einmal zu,
daß ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen
denn sonst setzt es etwas.
Amen


Albern und längst bekannt? Kann sein, aber dann schadt's auch nix.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 04. Mai 2004, 18:39:05
Zitataber ich stehe trotzdem staunend in der Welt

...und genau SO verstehe ich das Wort "Demut" auch gern. Es ist ein Wort mit einem weiten Freiraum, wann endet die Demut und die Unterwerfung beginnt?
Ich neige dazu, wenn ich es gerade ganz besonders auffallend nett habe (zum Beispiel wenn ich in einem Schiff am Urbanhafen in Berlin in der Sonne sitze und mit einem lieben Menschen frühstücke) - ja, dann neige ich dazu, zu sagen - LAUT zu sagen: "G*tt geb, dass es uns nie schlechter geht als heute"
Und das tue ich, um mir so richtig bewusst zu machen, dass es auch besonders schön sein kann im Leben, und dass man diese Moment merken und sich beim Universum dafür bedanken sollte - dass man solche Momente erleben darf, und dass man MERKEN darf, dass man solche Momente hat - und zwar nicht erst, wenn sie weg sind.
Das ist für mich auch eine Form der Demut.
"Manche Arten von Demut" (GK) können schon was feines sein. Weil man auch manchmal gerade dann,wenn man sich klein macht, die Welt schöner erfahren kann. Nicht immer. Manchmal.

Und Robert Gernhardt ist genial. Keine Frage.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bassmeister am 04. Mai 2004, 18:39:15
Hat Demut nicht auch sehr viel mit Respekt zu tun?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 04. Mai 2004, 18:41:15
Kannste mal sehen. Ich brauche sooo viele Worte - und zur gleichen Zeit schreibst Du einen Satz, und erfasst es.
Ich neige mich in Demut. 8)
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 04. Mai 2004, 18:59:44
Und ich vergeige mich leis vor euch beiden.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 05. Mai 2004, 01:16:55
Sehr schwer ist's, mit dem Schwanz zu geigen.
Von einem Cello ganz zu schweigen.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 05. Mai 2004, 01:59:46
ZitatIch MUSS es mir nicht anschauen, wie Basti richtig sagt,

Hab' ich übrigens gesagt.

Zitatzu viele Dagmen

Ist ja gut, wollt's ja nur mal erwähnen.

ZitatIch finde, "Gefühle zu verletzen" ist  - in diesem diskurs - eines der miesesten Argumente überhaupt.

Das sehe ich grundlegend anders! Ich finde, Rücksichtnahme auf Gefühle anderer ist ein ziemlich wesentliches Argument - gerade in diesem Diskurs! Ich hab's nicht so damit, die eigenen Ansichten in die Welt hinein zu holzen frei nach dem Motto: Wem's nicht paßt, der kann ja weghören. Ich finde das auch in Teilen rücksichtslos und egozentrisch anderen gegenüber. Diese Haltung mag heutzutage oft, sehr oft und für mich zu oft als hoffnungslos altmodisch, rückständig und vor allem als waaahnsinnig unintellektuell gelten.

Das hat für mich sehr viel mit "lassen können" zu tun. Muß ich eigentlich permanent durch die Welt rennen und andere superschlau belehren? Wieso das denn? Muß ich jedesmal ironisieren, damit andere, die's noch nicht begriffen haben, es dann vielleicht begreifen? Muß ich dermaßen provozieren, bis andere sich verletzt zurück ziehen, um dann herum zu protöten "hätten ja weghören können"? Wieso bitte?

Ich rede hier nicht von Fanatikern, damit wir uns hier gleich richtig verstehen. Ich rede unter anderem von Respekt, oder besser gesagt von einer respektvollen Haltung Ansichten anderer gegenüber, die ich ja für mich durchaus komplett anders definieren kann.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 05. Mai 2004, 03:26:06
Danke, Dagmar!!
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 05. Mai 2004, 10:51:54
Moooment!
Jemandem mit Gewalt die eigene Meinung auf's Aug zu drücken ist etwas fundamental anderes, als seine eigene Meinung  zu sagen. Ich glaube nicht daran, die eigene Meinung zu verstecken, nur weil man damit Gefühle verletzen könnte.
Ich muss nicht meine Meinung trompeten. Und ich muss nicht UNBEDINGT immer meine Meinung zu ALLEM sagen.
 (obwohl, gerade ich....öh...eigentlich eher doch genau dazu neige :-[ - Egal. Hier geht es ja um die Sache, nicht um meine charakterlichen Knitterfalten ::))
...wo war ich? Achja. Ich MUSS nicht unbedingt zu allem meine Meinung sagen.  Aber ich muss das 'RECHT dazu haben - auch wenn es nicht die Meinung von anderen ist.
Wenn meine Freundin einen Vollidioten zum Volkshelden ihres Bettes erklärt, kann ich vorsichtig versuchen, ihr klarzumachen, dass ich diesen Gedanken nicht teile. Ich muss ihr nicht sagen: "Der ist so blöd dass es raucht, und wenn Du das nicht auch siehst, bist Du auch blöd." Aber ich kann sagen: "no, MEIN Fall isser nicht"
Eigentlich könnte ich sogar das erstere sagen - ich darf mich nur nicht wundern, wenn das dann die längste Zeit meine Freundin war.

Und gerade - um auf das Thema zurückzukommen - bei einem Theaterstück kann man vielleicht einige Gefühle verletzen - aber auch ebensovielen Menschen aus der Seele sprechen. Und Menschen brauchen es ja auch, zu wissen, dass sie nicht allein da stehen mit ihrer Meinung.
Wenn man die ganzen "Heiligen" aus Rücksicht auf ihre Gefühle schwafeln lässt, und dem ncihts entgegensetzt, verletzt man damit all die Menschen, die NICHT "heilig" sind, und sich dann damit allein und verirrt fühlen können. Mal überspitzt gesagt.

Zwischen "andere belehren müssen" und "Seine Meinung kundtun" gibt es einen Unterschied. Der mag klein sein, und manchmal verschwimmen - aber so ist das nun mal im Leben, dass nichts 100%ig so oder so ist. Es gibt eben Ansichtssachen. Und wenn ich etwas sage, so sage ich einfach meine Meinung. Wenn wer anderer dann meint, ich wolle "belehren" dann liegt das zumindest ebenso viel an dessen Rezeption wie an meiner Art, etwas zu sagen.

Und: gerade die hach-so-g*ttgläubigen, gerade diejenigen, die sich durch nicht-g*ttgläubige Texte in ihrer Seele so verletzt fühlen - DAS sind nämlich genau diejenigen, die anderen permanent ihre Meinung auf's Aug drücken wollen.

Wieso muss ich in jedem Amtsraum, in jeder Schule in Österreich eine Leiche an der Wand hängen haben? (Oder einen Bundespräsidenten) DAS ist Meinung auf's Aug drücken.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 05. Mai 2004, 14:51:22
Ich weiß nicht, wie ich mit  der Zitier-Funktion umgehen kann, deshalb komm ich mal wieder umständlich daher:
Ich muss nicht immer meine Meinung sagen... Da möchte ich anknüpfen.
Jedem nicht, aber z.B. hier oder zu Freunden,  zu lieben Menschen sollte man schon sagen, was man denkt und meint. Okay, es kommt darauf an, wie und vor allem, wie's beim anderen oder den anderen ankommt. Macht jemand auf eine direkte Ansage auf, oder empfindet er sie als Klugscheißerei? Braucht er's immer sanft und voller Schnörxel, oder kann er auch mal einen entschiedenen Tonfall vertragen. Aber wenn ich etwas sage, weiß ich all das vorher nicht.  Im Gespräch ist dann noch der Tonfall entscheidend, den man zwar hier auch in sich drinn hört, wenn man Statements von anderen liest, den man aber nicht 100%ig festmachen kann.
Wenn jemand, seine Meinung z.B. über Gott  auf eine sanfte Weise so endgültig erscheinen lässt, als müssten alle anderen sich daran halten, und auf eine Gegenargumentation empfindsam reagiert - sich verletzt fühlt -, heißt das aber nicht, dass derjenige, der das Gegenargument gebracht hat, einlenken muss, um den anderen wieder frohzustimmen. Will sagen: Auch mit einer harmoniebedürftigen Ausdrucksform kann man sich im Rudel auf eine Weise behaupten, die nicht unbedingt fair ist. Solche Schemen laufen manchmal bewusst oder unbewusst ab. Ich ertappe mich auch manchmal dabei, eine direkte Ausdrucksweise persönlich zu nehmen - dabei wollte der sich direkt ausdrückende Mensch doch nur seine Meinung entschieden zum Ausdruck bringen. - Und wenn ich das erkannt habe - manchmal nach ein paar Sekunden -, dann weiß ich, dass meine kurze Überreaktion, indem ich etwas persönlich genommen habe, was gar nicht persönlich gemeint war, daher kommt, dass mich irgendwann in diesem Leben zu viele Leute klein gemacht haben und ich mich hab von ihnen klein machen lassen, weil ich nicht dagegenhalten konnte... Aber das heißt, wie gesagt, ja nicht, dass ich damit den anderen dazu bewegen will, mit mir in einer blumigen Sprache zu sprechen. Klar oder umständlich?  
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bassmeister am 05. Mai 2004, 14:52:41
ZitatEigentlich könnte ich sogar das erstere sagen - ich darf mich nur nicht wundern, wenn das dann die längste Zeit meine Freundin war.

Das ist es! Es gehören nämlich immer zwei dazu, einer der verletzt und einer, der sich verletzen läßt.

Ein uraltes Gesetz von Ursache und Wirkung: Wie ich in den Wald hineinrufe, so schallt es zurück.
Es gibt nichts, was ich nicht darf, vorausgesetzt, ich kann mit den Konsequenzen (dem Echo) leben.

So ähnlich drückt sich auch die Bibel aus: Da steht nicht "du darfst nicht...", sondern (sinngemäß) "du sollst nicht..., auf daß es dir wohl gehe und du lange lebest auf Erden."

Und : ein alter Schwertkämpferspruch sagt "Was sehrt, das lehrt." - wenn ich mich verletzt fühle, guck ich meistens erst mal nach, warum, was ich eventuell getan oder gesagt habe, daß mir dies nun widerfährt. Oft geschieht das auch aufgrund der Art, wie ich bin - in Konstellation zu meinem Gegenüber
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 05. Mai 2004, 15:42:58
Zu allem gehören immer zwei, das ist ja klar. Aber für mich ist es schon in diesem Zusammenhang eine wesentliche Frage, wer am Ende die Verantwortung für die Verletzung zu übernehmen hat. Wenn ich z.B. im Bus stehe, es ist voll, alles stehen da so rum und plötzlich hole ich aus und knalle dem neben mir Stehenden eine runter. Dann kann ich natürlich sagen: Tja da gehören halt immer zwei dazu: Einer der eine runter knallt und einer der sich eine runter knallen läßt. Am Ende würde sowas wahrscheinlich in einer wüsten Keilerei im Bus enden.

Na ja - ist jetzt ein bißchen weit her geholt, was ich eigentlich sagen will: Ich muß mir doch darüber klar sein, dass wenn ich - nur mal als Beispiel - mit meiner erzkatholischen Schwiegermutter Tee trinke und dann plötzlich sage: Sach' mal, wieso hängt eigentlich die angenagelte Leiche da über Deiner Tür, die Frau tief verletze. So naiv kann ja niemand tun.

Um nochmal zu unserem Ausgangspunkt zurück zu kehren: Meinetwegen kann irgendwer irgendwo ein Stück auf die Bühne bringen und es 'die angenagelte Leiche' oder sonstwie nennen. Es steht jedem frei, diesen Ort zu meiden, wenn er meint das sei unzumutbar.

In einem Dialog mit anderen aber, von denen ich u.U. sogar weiß, dass sie sehr religiös sind, mitten im Satz "angenagelte Leiche" zu sagen, läßt meinem Gegenüber ja gar keine Wahl mehr zu sagen "das will ich nicht hören, das ist für mich unzumutbar, da gehe ich nicht hin", weil er ist ja schon da, und es ist ja schon ausgesprochen (das meinte ich mit dem Bus). Und DA finde ich eben eine etwas sorgfältigere Wortwahl angesagt. Es sei denn, ich will halt unbedingt provozieren. Nur warum?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 05. Mai 2004, 18:43:36
ZitatSo ähnlich drückt sich auch die Bibel aus: Da steht nicht "du darfst nicht...", sondern (sinngemäß) "du sollst nicht..., auf daß es dir wohl gehe und du lange lebest auf Erden."

Genau. timscha steht im Original. Und das heisst etwa: Du mögest nicht/Du möchtest nicht

Und @ Dagmar: Klar, wenn ich mit jemandem rede, von dem ich weiss er ist erzkonservativ und/oder superfundamentalistisch, muss ich mich vorher entscheiden, warum ich was sagen oder nicht sagen möchte.
Aber wenn ich mein Kind in eine Schule schicke, möchte ich nicht, dass ihm dann ständig im Klassenzimmer die halbnackte Leiche vor der Nase rumhängt - und DANACH fragt keiner.
Es ist immer Ermessenssache, und man muss den Leuten nicht unbedingt immer mit dem Arsch ins Gesicht fahen - ausser, es ist einem wichtig aus irgendwelchen Gründen. Dann muss man aber, siehe oben, auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen.
Aber Rücksichtnahme hat auch immer zwei Seiten, und nicht immer ist just der, der etwas in Frage stellt, auch der Böse, weil er jene, die etwas "immer schon so hatten" mit diesem in Frage stellen verletzt.
Oder so.
Ist natürlicih ein schwieriges Thema, um es abstrakt abzuhandeln, denn es ist ja von Fall zu Fall verschieden. Aber im Zweifelsfalle trete ich persönlich für die Freiheit der Rede ein.
Titel: Wenn ich auch eine Goldwaage hätt'...
Beitrag von: Bastian am 05. Mai 2004, 19:29:22
an Dagmar: Nun ja, ich würde Dir recht geben, wenn in dem Begriff "angenagelte Leiche" eine Wertung enthalten wäre. Die sehe ich hier nicht, und ich habe auch Wert darauf gelegt, keine Wertung hineinzuschreiben. Wenn es jemanden schockiert hat, dass ich diesen Begriff benutzt habe, dann doch am meisten deswegen, weil es ein grausamer Vorgang ist, Menschen an ein Kreuz zu nageln. Dafür lasse ich mich nicht verantwortlich machen.

Jesus, so es ihn gegeben hat, ist am Kreuz gestorben. Folglich war er knappe drei Tage lang eine Leiche. Den ersten Tag auch angenagelt. Und auch das habe nicht ich mir ausgedacht, es wird in jeder Kirche erzählt. Auch dass er "für uns" gestorben sei, wird dort gesagt, und das möchte ich nicht mehr hören. Für mich musste niemand sterben! Und ich hoffe, dass das so bleibt.

Ich verstehe die Kritik an meinen Äußerungen, ich teile sie aber nicht. Auch ertrage ich, dass ich verglichen werde mit einem Schläger in einem Bus, der anderen unangekündigt eine runterknallt. Auch nicht gerade verschämt, oder? Dieses Bild verwendest Du im Zusammenhang mit "meiner" "angenagelten Leiche", also muss ich es auf mich beziehen. Ich könnte mich darüber auch aufregen, aber es ist mir egal.
ZitatUnd DA finde ich eben eine etwas sorgfältigere Wortwahl angesagt

Wie geht das zusammen, Dagmar?

Wie dem auch sei, das einzige, wo ich zugebe, dass ich so etwas ähnliches wie "persönlich" geworden bin, war die Passage mit den Sandristen... und Dagmen. Wirklich nicht sehr gelungen, aber keineswegs bös gemeint. (ber auch erst nachdem man mich dogmatisch und fanatisch genannt hat) Weil ich behauptet hatte, es gebe Gott nicht. Tja...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 05. Mai 2004, 19:50:54
Holla die Waldfee, nu geht's aber zur Sache! Da siehste mal, wie emotional dieses Thema sofort wird - nichts anderes wollte ich ausdrücken.

ZitatNun ja, ich würde Dir recht geben, wenn in dem Begriff "angenagelte Leiche" eine Wertung enthalten wäre. Die sehe ich hier nicht

@Bastian:
Also hör' mal - nee wirklich, also weißte... Das kannst Du mir doch nicht im Ernst erzählen wollen, dass Du Dir nun gar nicht vorstellen kannst, dass der Begriff 'angenagelte Leiche' bei 9 von 10 Leuten, für die Christus das Größte ist, Verletzung mindestens Empörung auslöst. Ich hab' mal 'nen Spruch gelesen, den fand' ich klasse: Nicht die gute Absicht zählt, sondern die Wirkung.

ZitatAuch ertrage ich, dass ich verglichen werde mit einem Schläger in einem Bus, der anderen unangekündigt eine runterknallt. Auch nicht gerade verschämt, oder? Dieses Bild verwendest Du im Zusammenhang mit "meiner" "angenagelten Leiche", also muss ich es auf mich beziehen. Ich könnte mich darüber auch aufregen, aber es ist mir egal.

Nichts davon habe ich sagen wollen, und es tut mir sehr leid, wenn ich mich so unglücklich ausgedrückt habe, dass Du da einen Vergleich zwischen Schlägern im Bus und Dir ziehst. Darüber bin ich reichlich schockiert. Es war nicht meine Absicht, diesen Vergleich zu ziehen, ich habe ihn nicht mal gedacht. Sorry  :-/

Ich hab' Dich nicht dogmatisch und fanatisch genannt, weil Du behauptet hast, Gott gibt's nicht. In keiner Weise denke ich das! Ich verstand nur Deinen scharfen, mindestens sehr ironischen Unterton nicht:

ZitatWie plump von mir das zu behaupten, wo ich es doch gar nicht beweisen kann. Wie unwissenschaftlich, und doch blasphemisch...  

Ich hätte ein wenig rücksichtsvoller sein können.

Es geht mir um die Art und Weise. Warum diese Ironie? Was ist die eigentliche Zielrichtung? Was sagst Du denn mit diesen ironischen Sätzen eigentlich aus? An wen richtet sich die Ironie und warum? Nur darum ging's mir. Und nur das meine ich, wenn ich von sorgfältiger Wortwahl bei einem derart hoch emotional besetzten Thema rede.

Du reagierst arg angepiekt auf meine postings - das hat ja einen Grund: Deshalb nochmal:

Es war weder meine Absicht, Dich zu verletzen und auch nicht, Dich zu provozieren. Ich bedau're sehr, wenn das anscheinend trotzdem passiert ist.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 05. Mai 2004, 21:15:01
 :-*Ich bin doch nicht wirklich angepiekst :-*. Ich wollte nur einmal verdeutlichen, wie leicht es ist Gründe zu finden, wenn man sich selbst verletzt fühlen will. Darum gings mir.

Zur Ironie:
Ich finde es sehr interessant, ich hätte im selben Brustton der Überzeugung sagen können: "Ich glaube an Gott" und nix wäre passiert. Ich darf auch an ihm zweifeln, das gehört zum guten Ton. Hauptache das Schaf rennt voraussichtlich irgendwann zur Herde zurück. Auch hätte ich die Frage offen lassen können, ob es ihn gibt oder nicht. Das machen viele so, weil "man nie wissen kann". Und weil es sehr intelligent wirkt. Ausserdem muss man sich nicht rechtfertigen.

Wenn ich aber sage "es gibt ihn nicht" dann klingt es banal und zugegebenermaßen weniger intelligent (warum eigentlich?), aber plötzlich muss ich Rücksicht nehmen, weil viele andere andrer Auffassung sind. Dabei ist es doch eine von vielen möglichen Einstellungen. Aber dann rennt das mutige Rehlein "Solidarität" sofort in die Gruppe zurück. Weil es nach Mission klingt, wenn jemand Gott "leugnet". Denn man muss ihn "leugnen", er ist ja vielleicht doch da...Und alle sind sich einig: so darf man das nicht. Nur mit "vielleicht" und "wenn" und "andererseits".

Ich will auch niemanden verletzen, es ist nicht meine Absicht. Nur wieso verletze ich damit jemanden? Liegt das denn wirklich nur an mir? Ich spüre im Gegenteil einen doch recht hohen Druck, der aus schlechtem Gewissen und Gruppendynamik zusammengedampft wird. Sei doch kein Polemiker, es tut weh, du bist so rücksichtslos... bis hin zu: ...ich hab ja kein Problem damit, aber vielleicht ein anderer... ...beleuchte es doch mal von zwei Seiten, oder dreien... Dabei ging es mir nur um meine Auffassung. Als eine unter vielen.

Und da messen wir alle mit zweierlei Maß. "Dein Reich komme, dein Wille geschehe...  ...gib uns Brot, vergib uns unsere Schuld... erlöse uns von dem Bösen...

Wer hat mich damals geschont? Niemand, und das ist auch völlig legitim. Jeder soll das glauben, was er für richtig hält. Jeder. Und die Bissigkeit, tja, ich reg mich eben noch auf über das Hineinpfuschen in anderer Leute Dinge. In Italien sollten die Theorien Darwins aus den Schulbüchern genommen werden. In Madrid werden vorlaute Künstler vermöbelt, In den USA soll der Kreationismus als eine unter vielen möglichen Theorien gelehrt werden, wie eben auch die real existierende Evolution... usw. Da bekomme ich eine Wut. Es war gegen niemanden hier im Forum gerichtet, wenn sich jemand angegriffen gefühlt hat tut es mir leid.

Wenn jemand z.B. behauptet: "es gibt keine Pantoffeltierchen" oder "die Erde ist eine konkave Linse und drüber ein Deckel mit kleinen Löchern drin" fühle ich mich auch nicht persönlich angegriffen. Aber wenn er dann näher kommt, und mich zwingt es auch zu sagen, dann hörts auf. Aber seine Meinung darfs ruhig sein... mich verletzt das nicht, es beleidigt mich nicht.

Also, jeder soll wie er woll.
Lieben Gruß an alle, mir ist soeben das "H" aus der Tastatur gehüpft. Das kommt davon...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 05. Mai 2004, 21:21:35
Ähm, sorry, Dagmar, aber auch wenn manche Menschen den Begriff "angenagelte Leiche" als despektierlich empfinden: es IST eine angenagelte leiche, die da überall herumhängt. Man sagt halt den Namen der Leiche nicht. Aber es ist eine, da fährt die Eisenbahn drüber.
Wenn Andrea (sorry, dass ich Dich jetzt da reinzieh) wo reinkommt, und jemand sagt: Da kommt eine Blinde - dann sagt er auch eine Tatsache. Der Unterton macht die Musik. Ich, die ich Andrea kenne und mag, sage: Da kommt Andrea. Aber sie IST eine Blinde. Das an sich sagt noch garnichts aus. Auch "angenagelte Leiche" würde an sich nichts aussagen - nur ist der allgemeine Konsens gebrochen worden, diese Leiche beim Namen zu nennen - und DAS ist es, was so viele stört.

Aber allgemeine Konsense (Konsensae? Konsensen?) zu brechen ist normalerweise eher positiv - eingefahrene Denkmuster auflösen führt immer zu was Neuem - und wird negativ bewertet.

Das ist so wie mit dem Nestbeschmutzer.
einer scheisst mitten in's Zimmer.
DAS ist NICHT der Nestbeschmutzer.
Aber wenn einer reinkommt, und sagt: Da stinkt's! DAS ist dann der Nestbeschmutzer.

Du geisselst Basti (Und er fühlt sich gepiekt) weil er SEINE Wahrheit gesagt hat, und nebenbei EINE Wahrheit, die SO niemand hören will - weil "man hat sowas nicht zu sagen". Das empfinde ich im Übrigen als ziemlich konservativ, nur nebenbei gesagt.
Andererseits ist Basti auch ein kleinbissi blauäugig, wenn er einen allgemeinen Konsens bricht, und dann über die Reaktion erstaunt ist - das, auch nebenbei gesagt, glaub ich Dir denn doch nicht ganz. Dass Du NICHT ein bisschen die Diskussion aufmischen wolltest. (Was hinwiederum MEINER Denkungsart ziemlcih entgegenkommt)

Nochmal Übrigens:
ZitatNicht die gute Absicht zählt, sondern die Wirkung.  

das Gegenteil von "gut" ist "gut gemeint" sagen wir Juden dazu.

Und zum Sarkasmus: Angesichts der Lage in dieser unserer Welt und was die religiösen dogmatiker da allerorten anrichten, empfinde ich Sarkasmus als eine ziemlich sanfte Waffe.
Ich krieg regelmässig den Totalen Wutzappel, wenn irgendwelche Hyperchristen, oder hypermoslems oder hyperjuden wieder Scheisse bauen und alle anderen Missachten - dann aber für sich SELBST die totale Rücksichtnahme einfordern.

Ich bin viel viel milder mit "G*tteslästerern" als Du, Dagmar, weil die G*ttesanbeter so unglaublich un-mild sind mit uns allen.
Sie sollen ruhig lästern, nicht nur in Theaterstücken - die eh nur diejenigen anschauen, die von vornherein dieser Meinung sind.

Das ist wie beim politischen Kabarett. Eulen nach Athen tragen. Oder indischen alten Frauen sagen, dass Witwenverbrennungen schlecht sind.
Man muss letztlich - ob verletzend oder nicht - seine Meinung DORT sagen, wo sie NOCH NICHT vorherrscht, sonst hat es ja keine Sinn.
Und vor allem: DIE tun es ja auch.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 05. Mai 2004, 23:06:25
Äh irgendwie versteh ich nicht,  an welchem Punkt die Diskussion gekippt ist. Als du, Dagmar, dich von Basti angegriffen gefühlt hast, habe ich gar nicht verstanden, warum, als ich das gelesen habe. Ich empfand die Diskussion eigentlich sehr allgemein gehalten, und auf einmal knistert es, und sie wird persönlich.
Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen der Diskussion vorher und dem Schläger im Bus, denn wenn man miteinander spricht oder streitet, haben beide Teile die Möglichkeit zu reagieren, und da frage ich eher nach Ursache und Wirkung als in dem Moment, wo einer dem anderen eine Scheuert. Da ist dann irgendwann völlig unerheblich, wer angefangen hat.
Die  Geschichte mit der angenagelten Leiche habe ich allerdings auch nicht auf Basti bezogen gelesen und mich gewundert, warum du, Basti, so drauf abgegangen bist. Aber vielleicht wolltest du wirklich nur demonstrieren, wie schnell man etwas persönlich nehmen kann.?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 05. Mai 2004, 23:41:33
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.click-smilies.de%2Fmy_smileys%2Fsmileys1%2F0034.gif&hash=f5f23c55f06e82c90b93c8549142054f743f3054)
Der tut nix, er will nur spielen...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 05. Mai 2004, 23:53:02
 :'( :'( :'(

Es ist mir offensichtlich gründlich mißlungen, auch nur für ein Wort verständlich zu machen, was ich überhaupt sagen wollte. Schade!

Wenn's noch was nutzt:

Ich habe mich zu keinem Zeitpunkt während dieser Diskussion angegriffen gefühlt, null komma null.

Ich wollte absolut niemanden "geisseln" - versteh' auch gar nicht wieso das so rüber gekommen ist.

Ich hätte absolut genau das Gleiche geschrieben, wenn Bastian gerufen hätte "Hosianna Gott ist groß"

usw. usw.

ich merke gerade, ich hab' jetzt keine Lust mehr. Irgendwie muß ich mich wohl völlig verquer artikuliert haben  ???
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 06. Mai 2004, 01:01:59
Mir gehts ähnlich. Komm, wir gehn...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 06. Mai 2004, 01:22:37
Okay - wohin?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 06. Mai 2004, 01:57:14
Ich analysiere jetzt NICHT mehr. Sandra, ich denke, wir gehen auch :-).
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 06. Mai 2004, 09:55:56
 :-/ Es beruhigt mich, dass sowas nicht nur mir passiert.
Ein "Brief" wird ja schliesslich auch immer in einem anderen Zustand gelesen, als er geschrieben wird. Und mir ist schon irre oft passiert, dass etwas, das ich nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben habe, plötzlich in völlig falsche Kehlen ging....

Und ausserdem muss ich mal anmerken: Die Diskussionskultur hier in diesem Forum hat grosse Klasse!!
Danke an alle!
Und jetzt geh ich mit Andrea auf einen Kaffee nach Berlin. Wir sind nämlich beide urlaubsreif. :D
Titel: Re: Freut Euch...
Beitrag von: Dunkelblaue Dille am 06. Mai 2004, 11:02:12
Geht nur, geht - der gekrümmte Leser bleibt zurück und wirft röchelnd mit Senf um sich:

Wundert Ihr Euch wirklich, dass der Ausdruck "angenagelte Leiche" von Christen als kränkend empfunden wird?

Es ist doch erschreckend (und damit kränkend): Eine "angenagelte Leiche" ist eine Leiche, die angenagelt wurde - also ein Häufchen Mensch, das schon vor! dem Annageln tot war.

Das klingt wie ein perverses Detail aus irgendeinem schwachsinnigen Horrorstreifen und verleugnet komplett das Leiden eines so martialisch hingerichteten Menschen.

Außerdem unterschlägt es die Geschichte, die für Christen dahintersteckt: Der Mensch, der da gekreuzigt wurde, hat grausam gelitten, um die Menschheit zu erlösen.

Egal ob man an "Christus den Erlöser" glaubt oder nicht: Dass Menschen auf brutale Art und Weise gefoltert und getötet wurden und werden, ist die Wahrheit. Und wenn man solche Gewaltopfer nachher auf ein bloßes Häufchen Material reduziert ("Naja, ist halt eine angenagelte Leiche"), dann versagt man ihnen das letzte bißchen Respekt.

Die Formulierung "angenagelte Leiche" ist vom Tonfall ähnlich gleichgültig und verachtend wie "Die ist so dumm, dass sie quiekt." oder "Dem sollte man wirklich mal die Luft rauslassen.".

Dieser "Scheißegal"-Sprachgebrauch ist ein prima Nährboden für Intoleranz und damit für Gewalt: Wenn man sich nicht einmal die Mühe macht, ein Geschehnis, das für andere wichtig ist, korrekt zu beschreiben, zeigt man einfach, dass es einen nicht interessiert: "Lass mich bloß in Ruhe mit deiner 'angenagelten Leiche' du Christ, du blöder. Das ist dein Problem, wenn Du an so einen Schwachsinn glaubst!".

P.S.: Eine etwas präzisere Formulierung wäre z.B. "Christen hängen sich (Ab-)Bilder ihres zu Tode gequälten Heiligen zur Erbauung an die Wand.". Damit kann man auch zum Ausdruck bringen, dass man "den ganzen Rummel um Christus" nicht nachvollziehen kann. Wenn man unbedingt will. Ich persönlich will nicht.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 06. Mai 2004, 17:11:04
Antwort von Radio Eriwan: Im Prinzip ja - aber der Respekt sollte in beide Richtungen funktionieren - tut er aber selten.
Wenn der heilige Bush (neuester T-Shirt Srpuch: the only bush I trust is my own) etwas anständiger mit dem rest der nicht so katholischen Welt umgänge - oder der heilige Gibson, um nur die offensichtlichsten Beispiele zu nennen - hätte die restliche nicht so katholische Welt vielleicht auch mehr Respekt. Aber irgendwann wird's jedem zu dumm.

Unter anderem auch ein Grund, warum ich persönlich Michael Moore trotz allem liebe: Endlich haben wir auch einen Populisten, der über alles drüberbügelt, was nicht seiner Meinung ist.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Guntram am 06. Mai 2004, 23:19:09
Ich glaube man muß zwei Dinge trennen:

 :o Gott: Ob es ihn gibt oder nicht ist Glaubessache und die ist so finde ich Privatsache. Da muß (soll) jeder mit sich und seinen Erfahrungen selbst für sich zu einem Ergebnis kommen. Das gleich gilt für die Form des Glaubens an Gott, damit meine ich bete ich überhaupt, wenn ja wie und wo, ist Gott ein älterer Herr mit Bart oder ein Baum oder, oder oder ... das muß jeder für sich entscheiden. Darüber zu Lästern oder sich darüber zu mokieren ist eine persönliche Beleidigung eines anderen. Es ist eine Sache des Respekts und der Toleranz einem anderen gegenüber.

Der Glaubende sollte umgekehrt von niemand verlangen es ihm gleichzutun (d. h. missionieren, siehe auch Religion nächsten Punkt).

Wenn mehrere (viele) Leute das gleiche Glauben endet meist die Toleranz Andersgläubigen gegenüber. Der Glaube wird zur Religion.

:-XReligion: Deckmäntelchen für kleine und große Machtapparate die Andersgläube mit mehr oder weniger verdecktem Druck (Gewalt) dazu zwingen wollen an ihre Religion (nicht Gott, der ist nur vorgeschoben) zu glauben. Einzelne Gläubige sind hier oft noch radikaler anderen ihre Meinung aufzuzwingen als die/der Religionsführer (einige gesonders clevere die mit sehr subtilen Mitteln arbeiten sitzen in Rom, aber nicht nur dort).

Darüber kann man sehr wohl lästern, eben nicht Gotteslästerung sondern Religionslästerung (obwohl der erste Begriff meist das zweite meint, wenn er benutzt wird). Darüber muß man sogar Witze machen und wie allen anderen intoleranten Systemen den Kampf ansagen.

Also (geistige) Trennung von Religion (Kirche) und Glaube und es diskutiert sich leichter.

PS: Zur Leiche mit zwei Holzbalken und vier Nägeln, die Urchristen hätten diese Darstellung von Jesus als mehr als gotteslästerlich empfunden. Das Kreuz war ein Mittel zur Vollstreckung der Todesstrafe. Wir würden heute auch keinen Galgen anbeten. (Wäre Jesus ertränkt worden hätten wir dann alle ein Aquarium ???). Deshalb benutzten die Urchristen auch den Fisch als Symbol für Jesus. Das Kreuz kam erste sehr viel später, zuerst auch ohne Leiche, sozusagen als die Schrecken der Kreuzigung allmählich vergessen wurden. Genauso wie das NT so lange umgeschrieben wurde bis den Päpsten paßte.

Interessant auch wie Rabbies das NT und das Leben Jesu interpretieren. War vor vielen Jahren mal im Stern hat eine völlig neue Sicht ermöglicht.

Kleiner Lesetipp: Peter de Rosa "Gottes erster Diener" und "Der Vatikan von Gott verlassen"
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 02:01:17
an Dille: Ich hatte mich eigentlich ausklinken wollen, aber:
ZitatDass Menschen auf brutale Art und Weise gefoltert und getötet wurden und werden...
DAS ist die Blasphemie, nicht das man einen Toten eine Leiche nennt. Und dass man noch dazu sagt, er hätte sein Leben FÜR UNS lassen müssen, ist schlicht und ergreifend Mißbrauch eines Toten.

"Du Christ, du blöder" wäre im Übrigen nicht meine Wortwahl. Auch "Dem sollte man wirklich mal die Luft rauslassen." nicht. Das hat eine andere Qualität als die "angenagelte Leiche", und Sätze dieser Art hab ich hier bisher im Thread nicht gelesen.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 10:13:50
@ Guntram: erstma: *Applaus*
Kann ich nur vollinhaltlich unterschreiben. Für uns Juden ist Jesus eine fussnote, noch ein Meschuggener, den irgendwelche anderen Meschuggenen für den Messias gehalten haben. - Nur, Problem ist, DER hatte eben 12 coole PR-Typen, die seine Promo übernommen haben.

Übrigens, genial, der Sager mit dem Aquarium.
Ich spinne den Gedanken sofort weiter: Was, wenn einer der Selbstmordattentäter heute auch so geniale PR nach seinem Tod (notabene zum Teil HUNDERTE jahre nach seinem Tod - angefangen hat es sowieso erst so an die 30 Jahre danach) also, wenn ein Selbstmordheini nach seinem Tod gute PR hat, und dann ein Heiliger wird - hängt man sich dann die ganze Wand herum rote Stofffetzen auf? oder wie?

Es ist das Konzept, dass man - siehe auch Gibson-Film - mehr den TOD des Helden verherrlicht, als dessen Leben davor, das so viele Menschen dazu bringt, sich doch eher abfällig zu äussern, über die Art der Religionsausübung.
Nun ist das Christentum bekanntlich nie eine Religion des Lebens gewesen - übrigens auch nachzuhören im genialen GK-Sketch "Zweck der Kirche" auf der Platte "Hurra, wir sterben" - sie (Die Religions"inhaber", also die Institution der Kirche) leben von der Angst vor dem tod.
Und die Muslime von der Freude&Erwartung auf den Tod. Die Juden und die Buddhisten sind die Einzigen, die das Leben in den Mittelpunkt stellen - die Buddhisten allerdings erst das nächste  ;), die  Juden jedenfalls reden expressis verbis vom "lebendigen G*tt" - und vor allem: man tut, was man tut, nicht, um im Tod oder im nächsten Leben was davon zu haben, sondern um JETZT "G*ttgefällig" zu sein.

Ich weiss, das ist jetzt sehr pauschalisierend - aber trotzdem - im Kern ist es auffällig, auf welche Weise die verschiedenen religionen mit Tod/Leben umgehen, wo der angebliche und wo der Tatsächliche Wert liegt etc..

(... themawechsel)

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Unterschied zwischen Katholen und Protestanten.
Ist Euch schon mal aufgefallen, dass man die jeweils der einen Form des Christentums zugewandten Länder ziemlich genau charakterisieren kann?

Die eher Evangelischen Länder (USA, Schweiz, Holland, teile Deutschlands und so) neigen eher dazu, nach aussen eine grössere Freiheit zu postulieren, wenn man genau schaut, sind die Leute aber viel "gleicher" in ihrer Art, sie sind cooler aber eben auch angepasster, die Nachbarn/Familie/Schule etc üben einen grösseren (und subtileren) Druck aus, sich "angepasst" zu verhalten,  (in Holland & Amerika zB kannst du von aussen bei den Wohnungen schon Wetten abschliessen, wo das Sofa steht) und es geht mehr um's "Machen" (dort fragt man: Was machst Du - nicht, wie geht's Dir)
Die Katholischen indes ( Italien, Spanien, Österreich, Polen etc) haben nach aussen die strengeren Regeln, wenn Druck, dann sehr offensichtlich, und das erzeugt bekanntlich Gegendruck und so gibt es auch mehr Individualismus, grössere Körperfreiheit, mehr Genusssucht, Essen,Trinken ist gross geschrieben - und es geht mehr um's "sein", wie fühlst du Dich, wie geht's Dir, wird gefragt. (Ausnahme ist England, die verschiedene starke evangelische Religionen haben - die haben, vielleicht durch das Inseldasein, dem Spleen zu Ehren verholfen)
Ich nehme an, das hat mit der Beichte zu tun. Dieses Konzept von: Du sprichst es Dir von der Seele, dann betest Du, und dann ist Dir vergeben. Ich mein, ich weiss es nicht, aber die kulturellen Unterschiede fallen mir auf.
Jedenfalls ist das eine Pauschalierung, die ich oft und oft bestätigt finde. Hie Grossbürgertum, da Gleichheit des Volkes, Hie Genuss und Völlerei, Nackbaden ist normal, da anständig angezogene, höfliche saubere Menschleins, hie aussenbezogenheit, chic, Modediktat, da innenbezogenenheit, arbeit, und extreme Gegenbewegung: Punks.

So.
Und jetzt fallt alle über mich her.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 11:26:22
So hab ich mir das noch gar nicht überlegt - das mit den Ländern und den beiden christlichen Glaubensrichtungen. -
Köln z.B. ist katholisch, und trotzdem gehen mir die Leute nicht so auf die Nerven wie im katholischen Wien. In Wien sind die Kümmerer zu Hause. Das sind die, die sich um alles kümmert, was sie eigentlich nichts angeht. Das war eine Spontan-Ansage von mir 1997 bei meinem, glaub ich, letzten Konzert in Wien. Davon gibt's noch eine Live-Aufnahme. Deshalb weiß ich die Ansage noch und werde sie immer wieder bringen, weil sie so auf Wien zutrifft. Im katholischen Köln wird man nicht dauernd von Nachbarn, der Hausverwaltung, den Omas im Park... angefeindet, weil man eine Hundepfeife hat, weil eine Matratze vor der Tür steht, weil man laut war, weil man die Treppe nicht gekehrt hat... Weil man existiert. Ob hier eher: "Was machst du?" oder "Wie geht's dir? Wie fühlst du dich?" gefragt wird..., ich glaube eher: "Was machst du." Aber wir sind ja schon fast an der holländischen Grenze. Eine Stunde, und du bist in Mastricht? Fenloh? Wo auch immer. Und ich war eigentlich in den letzten sieben Jahren viel zu selten in Holland, nur letztes Jahr auf Chirmonnikoog. Das war geil. Daher kommt das Bild mit Smokey und den Seehunden auf meiner Homepage. Vielleicht schaff ich's ja diesen Sommer nochmal dorthin...
Österreich , Bayern und die schwäbische Ecke sind, glaub ich, alles katholische Länder bzw. Bundesländer.  Das sind die Gebiete, in denen man immer damit rechnen muss, dass man seine Energie auf den Gegendruck, den man verbreiten muss, lenken wird. Ich glaub, das finde ich nicht gut. Jedenfalls finde ich es nach meinen Erfahrungen in Wien nicht gut, weil ich dort täglich Gegendruckvoll reagieren musste. Das ist verdammt anstrengend.
Berlin ist, glaub ich, evangelisch. Oder?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 15:04:15
Ich glaube, dass Deine Erfahrungen in Wien aber auch einiges mit der Person zu tun haben, die Du damals warst, meinst du nciht? Ich hab jedenfalls all diese Schwierigkeiten nie.

 
ZitatOb hier eher: "Was machst du?" oder "Wie geht's dir? Wie fühlst du dich?" gefragt wird..., ich glaube eher: "Was machst du."

öh..ich dachte, auf überall in Deutschland sagt man immer noch: Hallo, wie geht's.  - Oder nicht?
Auf english sagt man "How do you do?"  In der Schweiz sagt man: "Was Machsch?"
ja, ich glaube auch, dass Berlin mehrheitlich evangelisch ist - aber ich weiss es nicht genau.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 18:01:05
Nein, die Erfahrungen, die ich in diesem Thread angesprochen habe, würde ich in derselben Umgebung nochmal machen. Die Nazi-Hausverwaltung... Ich habe schon vor Jahren angefangen, ein Buch zu schreiben, und das Kapitel "Unerwünschte Mieterin" poste ich jetzt einfach mal hier rein.
UNERWÜNSCHTE MIETERIN
Die meisten Durchschnittsbürger laufen mit Scheuklappen durchs Leben, und wenn sie auf jemanden gestoßen werden, der für sie etwas Fremdes an sich hat, wehren sie sich, indem sie krampfhaft versuchen, dieser Person oder der Personengruppe Unzulänglichkeiten anzudichten, um sie zu vertreiben. Dadurch gerät ihre eigene Intoleranz für sie selbst und ihresgleichen niemals an die Oberfläche, und sie laufen nicht Gefahr, zu bemerken, daß sie jemandem unrecht tun. Deshalb stehen Kommunikationszentren für Behinderte und große Konzerthallen für junge Leute meistens am Stadtrand, und nicht selten wird eine Gruppe Blinder beim Betreten eines Speiselokals sofort in einen extra Raum verbannt.
Als ich 1988 den Entschluss fasste, die Wohnung, die ich derzeit bewohne, von meinem verstorbenen Großvater zu übernehmen, ahnte ich noch nicht, welche Intrigenspiele auf mich zukommen würden. Als mein Onkel und ich die eingezäunte Residenz der Hausbesitzer betraten, trat ich diesen Menschen vorurteilslos gegenüber. Sie fragten mich, wie ich es denn schaffte, mit allem, was in einer Wohnung anfällt, allein zurechtzukommen, und ich erklärte ihnen, dass ich eine Mitbewohnerin haben werde und mich eine Bodenkosmetikerin tatkräftig unterstützen werde. ,,Ihr Vater wird sich um sie kümmern", erläuterte mein Onkel, dem die misstrauischen Blicke der Hausbesitzerin und deren Mutter zwar nicht entgangen waren, aber selbstverständlich erschienen. Ich empfand die Damen als schleimig, aber ich stufte sie in meiner Gutgläubigkeit als friedfertige Dummköpfe ein. ,,Wenn sie etwas brauchen", erklärte Frau Steiner, ,,können sie zu mir kommen."     Ihr Mann, der spätere Hausbesitzer war nicht anwesend. Damals gehörte das Haus noch der alten Frau, aber die saß nur da und verhielt sich so, wie alte Omas das eben tun, wenn ihnen jemand begegnet, der blind ist und von dem sie annehmen, er sei ärmer dran als sie selbst. Ihre Nichte hatte jetzt schon das Sagen, denn die Alte würde ohnehin bald den Löffel abgeben.
Kaum wohnte ich in meinem neuen Domizil, erhielt ich einen Anruf von meinem Onkel, der sich verhielt, als wäre ich eine Pubertierende, die man noch kontrollieren musste. Was mir denn einfiele, Kisten aus dem Fenster zu werfen und wie ich mich denn benähme? fragte er. Ich war wütend wie immer, wenn ich mich respektlos behandelt fühle, denn abgesehen davon, daß niemand einfach so Kisten aus dem Fenster wirft, ist es eine Unverschämtheit, sich meiner Blindheit wegen nicht mit mir, sondern mit einer Person, die diese Unstimmigkeiten nicht betreffen, auseinanderzusetzen. Darauf machte ich die Mitarbeiter der Hausverwaltung Vest erst einmal aufmerksam. Anfangs musste ich zu viel Miete bezahlen, doch kurz bevor die Schlichtungsstelle eingriff, wurden meine Mietkosten gesenkt.
Nun hatte ich mir fürs Erste Respekt verschafft, trotzdem wurde mein Leben immer mehr durch Kleinkriege im Haus beeinträchtigt, denn es konnte jederzeit passieren, dass der Hausbesitzer oder ein Mitarbeiter der Hausverwaltung bei mir klingelte. Diese Leute verdarben einem garantiert, meistens morgens, mit irgendwelchen Lappalien die Laune. Aus dem Schlaf gerissen gelang es mir am Wenigsten, richtig zu kontern.
An der Außenseite meiner Wohnungstüre klebten beispielsweise anfangs Aufkleber mit dem Bild von Claudia K., von Supervamp, einem Tonstudio ect. und ein Klebeetikett das mir eines Nachmittags zum Verhängnis wurde, denn ein Mitarbeiter der Hausverwaltung tauchte unvermutet an meiner Tür auf, der mich verbal attackierte und mir befahl, die Aufkleber abzunehmen, weil sich angeblich alle Wohnungstüren außen gleichen mussten. Verächtlich zeigte er auf ein Etikett, worauf: ,,Solidarität mit den Arbeitslosen" stand und fragte: ,,Und das soll schön sein?" Um des verdammten Friedens Willen nahm ich letztendlich blutenden Herzens meine Botschaften von der Tür. Tür Nummer 9 sah nun genauso hässlich aus wie alle anderen Türen von Haus 29. Das hat der Typ erreicht, dessen Job darin zu bestehen schien, sich darum zu kümmern, dass nichts existiert, was nicht exiestieren darf. ,,Vorschrift ist Vorschrift!" und damit basta.
Eines Tages, als Anschi und ich unsere  Zusammenschulung in der Steiermark hatten, stand wieder so ein Kümmerling an der Tür, den Irmgard, meine damalige Mitbewohnerin, ohne es zu müssen, die Wohnung betreten liess. In meinem Zimmer saßen gerade Lui, Michi und Thomas, die freilich optisch nicht der Norm entsprechen, und in der Küche hatten es sich die beiden Blinden Irmgard und Gui gemütlich gemacht. ,,Da gehört der Hitler noch her", soll unser uneingeladener Gast von sich gegeben haben, weil ihm dieses Bild, ein Dorn im Auge war. Schade, dass er das mir gegenüber nicht wiederholt hat, denn nach einer derartigen Äußerung dürfte einer Privatklage wohl nichts im Wege stehen.
Eines schönen Vormittags, meine Hündin Anschi hatte Durchfall und ich zu wenig geschlafen, bekamen wir abermals unerwarteten Besuch. ,,Hier ist Schwester Stumpf von der Gesundheitsbehörde", erklärte der ungebetene Gast vor unserer Wohnungstüre. Ich war gerade damit beschäftigt, die Kacke meines Hundes zu beseitigen, an der ich die Dame nun vorbei, in die Küche geleiten musste. Unsere Ex-Bodenkosmetikerin hatte uns im Stich gelassen, und wir hatten noch keinen Ersatz für sie gefunden. So kam es, dass uns die Hausverwaltung wegen ,,Verunreinigung der Wohnung" angezeigt hatte.
,,Wer gibt ihnen das Recht, sich so in unsere Privatsphäre einzumischen;" fragte Irmgard, hörbar an ihrer Toleranzgrenze angelangt. Sie war zweifellos im Recht, und dennoch erstaunte sie mich, denn so hatte ich sie noch nie zuvor erlebt. Ich war ihr an diesem Tag wirklich dankbar dafür, dass sie diesen Part der Konfrontation übernommen hatte, denn so gern ich meine Stimme auch erhoben hätte, ich war zu perplex und zu müde, um mich zu wehren.
Von nun an stellte uns das Soziale Hilfswerk einmal im Monat kostenlos eine Putzfrau zur Verfügung, auf die wir bald dankend verzichteten, weil sie zu selten da war und oberflächlich arbeitete.
Während der Dreharbeiten für den Film ,,ZUM SEHEN GEBOREN" klingelte eines Morgens die Hausmeisterin und bat uns, angebliche Hundescheiße auf der Treppe zu beseitigen. Das, worüber sie sich mächtig aufregte, war nichts als etwas Dreck, den jemand mit den Schuhen von der Straße hereingetragen hatte. Evi mußte, um den Fußabdruck durch die Kamera erkennen zu können, richtig danach suchen. Während wir dann von der Hausbesorgerin in einem Interview erfahren wollten, welche Probleme die Hausbewohner mit mir hätten, rief eine Oma vom oberen Stockwerk völlig entrüstet: ,,Die ist ja gar ned blind, die hat doch no an Schein (Schimmer!)" Für diese Szene hätte man für einen Österreichischen Heimatfilm keine Schauspieler engagieren müssen, so gekonnt lief sie ab. Und um dem Ereignis noch den richtigen Kick zu geben, wollten wir zu guter Letzt die Hausbesitzer nach ihrer Meinung fragen. Leider trafen wir sie zu Hause nicht an. Entweder waren sie nicht da, oder sie verwehrten uns den Zutritt zu ihrer Residenz, weil sie ihren Hass, den sie mich immer wieder unterschwellig spüren ließen, nicht offen zum Ausdruck bringen wollten.
Jedenfalls packte mich ein paar Tage später auf dem Weg zur Straßenbahn jemand am Handgelenk und sagte: ,,Lassen sie in Zukunft ihre terroristischen Maßnahmen, und filmen Sie nicht unsere Tür!" Der Hausbesitzer wollte sich mit der Erklärung, daß jemand von der Filmakademie gefilmt hatte, nicht zufrieden geben und stellte sich mir in den Weg, bis ich ihm mit dem Rechtsanwalt drohte.
Als ich öfter in Hamburg verweilte, erreichten mich zwei Schreiben von der Hausverwaltung:
Im ersten Brief wurde ich gebeten, mein Tandem aus dem Hof zu entfernen, weil es sonst auf meine Kosten entrümpelt würde. Ich werde den Moment nie vergessen, als Hanne und ich das Fahrrad aus dem Gebüsch hervor zogen und Hanne plötzlich in heller Begeisterung: ,,Kuck mal! Dein Fahrrad hat ein Junges!" rief, weil nebenan noch ein zweites heimatloses Fahrrad stand.
Ein paar Monate später, wurden die Tage, an welchen ich angeblich meine Wohnung nicht betreten haben soll, genau aufgelistet, dem ich über die Rechtsschutzversicherung mit einem netten Antwortschreiben entgegenwirken konnte. Kurz nachdem ich die Wohnung sanieren ließ, stand dieses ätzende, besoffene Oberarschloch von der Hausverwaltung Vest wieder mal da, um die Wohnung zu besichtigen. Ich hätte ihn nicht rein lassen müssen, aber er war mir körperlich so nah, dass ich Angst davor hatte, er könnte rabiat werden. Ich geleitete ihn also klopfenden Herzens bis zur Dusche und wieder zurück, und als er am selben Tag ein zweites Mal auftauchte, verwehrte ihm Yeli, meine damalige Mitbewohnerin, den Zutritt, während ich tief und fest geschlafen hatte.
Dann begegnete ich wieder mal meinem speziellen Freund, Herrn Steiner, dem Hausbesitzer, und weil ich ihm antwortete, wie es ihm nicht in den Kram passte, beschimpfte er mich – mehr zu sich selbst, doch so, dass ich es noch hören konnte: ,,Geh in Arsch!" ,,Das wird Folgen haben", erwiderte ich, um durchsickern zu lassen, dass ich diese Bemerkung durchaus verstanden hatte.
1997, nachdem ich Wien verlassen und nach Köln gezogen war, erzählte mir eine ehemalige Nachbarin, dass der Hausmeister im Haus erzählt hatte, ich sei aus Wien geflüchtet, weil ich als stadtbekannte Drogendealerin gesucht würde. Aus der Entfernung konnte ich darüber, dass die Phantasie derer, die mit dem für sie Fremden nicht klar kommen, keine Grenzen gesetzt sind, endlich wieder lachen.
Ich hatte die alte Wohnung in dem alten Haus sanieren lassen, weil in Österreich der Mieter selbst und nicht der Vermieter dafür zuständig ist. Als ich auszog, hätte die Hausverwaltung den von mir dafür aufgenommenen Altbausanierungskredit übernehmen müssen, was in diesem Fall, wie erwartet, nicht passierte. Später führte mein Vater in meinem Namen einen langen Prozess gegen die Hauswerwaltung Vest, den er verlor, weil Installatör und Elektriker fehlerhaft gearbeitet hatten. Also prozessierten wir danach gegen die beiden Firmen. Ich zahle noch immer, denn sowohl die Firma des Installateurs als auch die des Elektrikers wurden irgendwann aufgelöst, und beide gründeten eine neue Firma, die nicht mehr für die ,,Schulden" der anderen belangt werden kann.
Die Geschichte steht nur als Beispiel da. Ich brauchte meistens nicht einmal "Piep!" machen, und schon hat sich irgendwer über irgendwas aufgeregt.
Das ist hier in Köln anders. Hier wird man leben gelassen.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: joelli am 07. Mai 2004, 19:19:09
Da muss ich als Niederösterreicher doch glatt die Wiener verteidigen: Die sind doch auch nicht alle böse.
Schlechte Erfahrungen kann man wohl in jeder Stadt machen.
Wenn GK in Köln geboren worden wäre, hätte er wohl "Köln ohne Kölner" geschrieben. (Oder Castrop-Rauxel ohne Castrop-Rauxelner.)
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 19:38:58
Hab ich gesagt, dass alle Wiener oder alle Österreicher böse sind? Es ging gerade nur um die schlechten Eigenschaften. Und dass sich die Wiener oder die Österreicher um alles kümmern, das ist nicht von der Hand zu weisen. Das fällt euch vielleicht einfach nicht auf. Ich meine damit aber nicht, dass ALLE so sind...
Wäre GK in Köln geboren, würde er kölsch singen :-). Dann würde Sandra auch kölsch singen - das kann ich mir gerade überhaupt nicht vorstellen ;-). Dagmar, wie sär's mit einer GK-Song-Übersetzung auf kölsch? Die würden wir nicht verstehen, aber amüsieren würde uns das schon...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 19:45:47
Kreisler als Kölsche Jung?? Er würde im Millowitsch Theater auftreten... oder im Senftöpfchen. Statt Wieeen ... nur du allein... würde er ... Kölle, du uns Stadt am Rhing... dudeln. Und er würde den Karneval kritisieren, wie banal...

Un dat Sandra? Unser Sandra wör dat Funkemariechen, nee wat wör dat schöön...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 20:05:19
Die Smilys hier... Ich krieg's einfach nicht hin. Auf jeden Fall finde ich deine Antwort, Bastian, schon sehr lustig. ;D
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 20:08:20
Wo die Diskussion eh schon aus dem Ruder läuft: Wer kennt die CD "A Capella" von den Bläck Fööss? Ist nämlich ausserordentlich gut.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 20:20:28
Du, Andrea, aber was Du da erzählst, erzählen viele, die in den frühen 80ern mit rot gefärbten Haaren, schrägem Outfit und ein paar Hippies in der wohnung erlebt haben. Das hat eher mit der Intoleranz gegenüber jungen, frechen, linken Menschen zu tun, weniger mit Blindheit.- Die Blindheit war vermutlich noch das berühmte Tröpflein....
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 20:43:41
Na klar hat das nicht mit Blindheit zu tun. Ist das so angekommen? Hm! Mal überlegen: Das war in den späten 80ern und auch noch bis 97 so. Hab ich da sooo punkig ausgesehen?
Ich hab so Geschichten auch von anderen Leuten gehört.
Oder noch ein Beispiel: Ich war 1993 mit einer Bekannten und mit meiner Hündin in Schönbrunn. Der Sicherheitsmensch hat uns rein gelassen, weil doch der Führhund überall rein darf. Und in der halben Stunden, in der wir im Schönbrunner Park 'rumgelaufen sind, haben uns sieben Leute angesprochen und gesagt: "Hunde dürfen hier nicht rein." Woanders hätten die Leute gesehen, dass Hunde nicht rein dürfen und dass einer da ist - egal, ob jetzt Führhund oder nicht. - Aber sie hätten eingesehen, dass es gar nicht ihr Job ist, sich damit aufzuhalten, und wären weiter gegangen.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 07. Mai 2004, 23:25:31
Ich wollt' in diesem thread definitiv keinen pieps mehr von mir geben. Na ja, so ist das mit guten Vorsätzen, außerdem hat mich Basti ja allein in der Fremde stehen lassen und ist zurück gekehrt. Also latsche ich hinterher  ;):

Ich kenne Wien nur von Besuchen, kann das Klima da also nicht beurteilen. Aber in Köln und Umgebung ist es so wie Andrea sagt: Leben und leben lassen. Das ist auch das einzigartige am Katholizismus in Kölle: Ist eigentlich nicht wirklich katholisch, ist so 'ne Mischung zwischen Volksglauben, Karneval und bimmelim.

Zitatwie sär's mit einer GK-Song-Übersetzung auf kölsch?

Geile Idee - gefällt mir sehr - werd' mal drüber nachdenken.

ZitatWer kennt die CD "A Capella" von den Bläck Fööss?

Da hast Du Recht: Super CD!

Zitatöh..ich dachte, auf überall in Deutschland sagt man immer noch: Hallo, wie geht's.  - Oder nicht?

Oh nein - völlige Verkennung der rheinischen Seele! Bei uns sagt man:

"Und?"
Antwort: "Joot"
"Wie joot?"
Antwort: "Na joot"
"Wie na joot?"
Antwort: "Dat Müller singe Laura hät nen lecker Mädsche"
"Wie lecker Mädsche?"

usw. usw.  :D
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 23:47:03
Ja, Andrea, damals war das ziemlich punkig, wie du ausgesehen hast.
Und ich hab ganz andere Erfahrungen - gerade mit Hunden. In Wien sagen sie mir: eigentlich darf man ja nicht mit Hunden hier hinein (Cafe, Supermarkt oder so) aber...naja, mir is wurscht
In Deutschland sagen sie mir: MIR wär's ja egal, aber Hunde sind leider verboten, also raus.
tatsach. genau so passiert.
In deutschland hab ich viel öfter: Das ist Vorschrift, und so muss es auch sein. In Wien höre ich: Das ist zwar Vorschrift, aber.....

Ich will jetzt damit Deine schlechten Erfahrungen nicht "schmälern" (ha! Wenn ich könnte, klar würde ich das wollen!) - ich will nur sagen: Es ist Glücksache. Oder so. Miese menschen gibt es überall. Und man kann lernen, sie (bzw Ihre Reaktionen) zu vermeiden. Oder man kann genau die miesen Reaktionen anziehen, wie die Motten das Licht.
Versteh mich nicht falsch: nicht, dass jeder selbst schuld ist, wenn er viel auf miese reaktionen trifft. Aber ich denke, manchmal spielt das mit, manchmal hat man einfach Pech.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 01:22:22
 :)Guten Morgen allerseits! :)
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Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 01:38:53
Oh schade, kann ich gerade nicht hören, weil die Soundcard an meinem Laptop kaputt ist. Sehr feines Stück!
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 01:16:10
Prinzipiell finde ich, dass Sandra Recht hat - unsere Region hier ist schon eher besonders und vielleicht in Teilen eine Art Ausnahme.

Grundsätzlich aber rege ich mich täglich fünfmal darüber auf, dass in diesem Land jeder jeden belehrt: Fahr mal dreieinhalb Kilometer auf der Autobahn - das ist der Hammer: Auf den dreieinhalb Kilometern wirst Du so 6 - 10 x belehrt. Ist ganz egal, was Du machst. Du kannst rechts fahren oder auch links, langsam oder schnell, um Dich herum ein Volk von Pädagogen.

Letzten Sonntag war ich mit meinen Kindern im Kölner Zoo. Wir laufen da so herum und stehen irgendwie vor den Elefanten oder so - weiß nicht mehr genau. In jedem Fall war da vor der Absperrung so ein Grünstreifen mit Pflanzen drin. Mitten in dem ganzen Grün stand ein höchstens 2 - jähriges Kind und guckte auf die Tiere, sonst nichts, guckte einfach nur. Plötzlich kam eine Frau angeschossen und keifte den Vater an: "Ist das Ihr Kind?". Bevor der arme Kerl nur piep antworten konnte, keifte sie weiter: "Das ist ein Blumenbeet. Das geht alles kaputt. Davor sind doch schließlich Wege. Sie zerstören hier alles, sehen Sie das denn nicht?" Ein unendliches Gekeife. Mir hat's dann gereicht und ich hab' der Tante gesagt, sie solle sich mal abregen, wär' ja jetzt irgendwie gut, hätten wir jetzt alle gehört, könne sie ja jetzt wieder an ihren Platz zurück gehen. Keine Chance. "Das Kind macht den ganzen Zoo kaputt". Ich wußte nicht, ob ich lachen oder weinen sollte: Ein winzig kleines Kind macht den ganzen Zoo kaputt - unfassbar.

Ich erlebe sowas dauernd: In diesem Land gibt es für alles und jedes eine Vorschrift. Ich fang' damit jetzt erst gar nicht an, sonst zähle ich die ersten 250 auf, die mir einfallen. Und WEHE WEHE, Du verletzt diese Vorschrift: Ärger ohne Ende. Es ist ja nicht nur, dass dieses Land an seiner Bürokratie erstickt. Nee nee, es gibt an jeder Straßenecke fünf selbsternannte Verwalter dieser Vorschriften, die den Rest der Welt pädagogisieren im Einhalten von Vorschriften.

Es ist grauenvoll!
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 01:36:15
Okay - überstimmt. - ;-). Ich geb mich geschlagen. Dann hab ich halt in den letzten sieben Jahren köln einfach Glück gehabt und nur selten solch abgrundtiefe menschliche Auswüchse erlebt.
Als ich vor ein paar Jahren in Wien auf Besuch war, kam im Park ein Typ auf mich zu und schoss maich an: "Wenn der Hund nicht sofort an die Leine kommt, erschieße ich ihn!" Da hab ich aber schnell die Beine in die Hand genommen - und fühlte mich mit meinem Eindruck zu Wien schon wieder bestätigt :-). - Ja, kaum bin ich dort, sind die Kümmerer wieder am Werk. So ist das.
Damals hatte ich chemie-rote Haare, jetzt sind sie hennerrot. Sie stehen immer noch igelig 'rum... Was macht den Unterschied? Und die Klamotten haben sich nicht groß verändert. Hätte ich die Kohle, würde ich mir noch mehr ausgeflippte Sachen kaufen. Naja, aber wir ziehen ja nach Berlin. Da geht das...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Guntram am 08. Mai 2004, 01:59:50
Zwischenbemerkung um auf die Religion zurückzukommen :o

GK hat erstaunlich wenig Lieder in denen er die (katholische) Kirche kritisiert. Auf Anhieb fallen mir da nur die folgenden ein:

Zweck der Kirche
Die Nonne
Herzen vergiften in Rom

Wobei die beiden Letzten relativ spät kamen.


Nachschlag ::)
Es gibt meines Wissens nur eine Religion die nicht missioniert. Der Buddismus! Macht ihn mir sympatisch, da die Buddisten sagen wer den Weg des Buddismus gehen will muß von selbst kommen.

Das geschriebene gilt übrigens nicht nur für die gerade aktuellen Religionen, sondern ist für so ziemlich die ganze Menschheitsgeschichte gültig.
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 02:08:59
Ach Guntram, jetzt haben wir mühsam gerade ganz subtil und leise das Thema gewechselt. Und da kommst Du nun:

Zitatum auf die Religion zurückzukommen

Nu müssen wir von vorne anfangen  ;)
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 02:22:21
Soll ich Kaffee aufsetzen?
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 02:35:46
 ;) Ja mach' mal! Kann hier noch länger dauern  ;)

Ich suche die ganze Zeit dieses Lied, das mir partout nicht vernünftig einfallen will: Der Refrain ist irgendwie mit einem Kamel, das alles nieder frißt, nachdem gerade Gras über die Sache gewachsen ist.

Mein Gott, ich werde echt langsam senil, glaubst Du, mir fällt das sortiert ein  :P
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 03:11:40
Du wirst einfach senil... ...das ist alles :D
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 08. Mai 2004, 09:32:11
also, zunächst mal @ Guntram: Das Judentum missioniert auch nicht. Im Gegenteil. Wenn du Jude werden willst, musst Du schon einiges auf Dich nehmen... 8) Zudem ist im jüdischen Gesetz vorgeschrieben, dass man seinen Nachbarn/Freunden/Gästen alles ermöglichen muss, damit sie ihre Religion ausüben können.
Auch die Baha'i missionieren nicht, soviel ich weiss. Und die Hindus. Und die Derwische. Und die Animisten.

Und @ Andrea: wie gesagt, Arschlöcher gibt es überall, und vielleicht hast du in Wien irgendeine Anti-Ausstrahlung, die sie anzieht?  ;)
Jedenfalls: Du darfst nicht vergessen, dass vor fast dreissig Jahren kurze rote Stoppelhaare auf einer blinden Frau, und bunte t-shirts GANZ anders wirkten, als heute, wo jeder Bankbeamte lange Haare und Flinserl trägt....
Heute siehst Du im Vergleich relativ "normal" aus, weil alle irgendwie wild herumlaufen. Damals warst du ein "Hippie"...
Dazu kommt: du bist recht klein, und viele Leute SUCHEN sich andere zum herumschubsen - und da gehen sie natürlich zuerst auf die, von denen sie annehmen, dass sie sich nicht wehren.

(Bei mir scheissen sie sich von vornherein in's Hemd, weil ich so wahnsinnig gefährlich bin ;D)
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 12:43:15
Nein, Andrea hat vollkommen Recht: Wie man sieht, wohnen am Rhein die freundlichsten Menschen. Hier noch einmal: klack! (http://www.musicload.de/prelisten?prelistenlink=mms%3A%2F%2Fwma1.phononet.de%2Ft-online%2Fd1%2F228%2F857%2FZEXCKMYBOPECLARGWOHKLZPARWMG.wma&title=Joden+Dach&artists=Blaeck+Foeoess)
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Sandra am 08. Mai 2004, 14:33:01
hmmm...die sagen immer Judendach. Was meinen die wohl damit?  gibts auch Christendächer? ;D

guntram: Sie sind so mies (er hat nichts von seiner Nülle, doch verbietet er die Pille etc)
Die ehe (dann spricht man einen Priester, und wird noch viel vermiester)
 mir fällt sicher noch was ein...
Titel: Re: Freut Euch, Ihr Liedersänger....
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 18:38:32
Hm: DER erinnert mich an die verunglückten Scherze meines Vaters :-). Tschuldige, Sandra.