Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Allgemeines => Thema gestartet von: Dagmar am 23. April 2004, 23:56:16

Titel: emotions
Beitrag von: Dagmar am 23. April 2004, 23:56:16
Hallo miteinander!

Der Anlass, diesen thread zu eröffnen, ist ein Gedankenaustausch über Kurznachricht mit einem anderen Mitglied dieses Forums, der mich sehr beschäftigt.

Ich möchte gerne einmal ein Thema zur Sprache bringen, von dem mich sehr interessieren würde, wie andere dazu empfinden und denken: Ungewünschte oder überraschende Emotionen.

Ich zum Beispiel...

... bin traurig, oft auch irrational wütend, weil ich die Musik in meinem Leben zu spät entdeckt habe, um noch wirklich ein Hauptding daraus für mich machen zu können.

... sterbe vor Lampenfieber. Ich sterbe ECHT vor Lampenfieber und kann dann nur noch ganz wenig von meinem Können. Ich kann kaum was machen dagegen (obwohl ich als Psychologin 'vom Fach' bin). Ich bin hilflos, ohnmächtig, wütend, kämpferisch diesem Scheiß - Lampenfieber gegenüber, aber weg geht's nicht davon.

... bin neidisch auf Künstler/innen, die in meinem Alter sind und viel viel weiter sind, als ich. Das hat nur mit mir zu tun und ist kein sympathisches Gefühl. Aber ich empfinde es halt' - obwohl ich weiß, dass es vielleicht sogar total irrational ist

... kriege einen Wutanfall über schlechte Kritik. Ich denke dann, dass ich ruhig und gelassen sein sollte, dass man daran doch nur lernt. Aber ich kann ein Gefühl ja nicht abschalten, wie eine Lampe, die mich blendet. Ich bin wütend und krieg' einen Tobsuchtsanfall.

... bin unangemessen deprimiert über schlechte Kritik. Dann sitze ich da und verweigere eine Woche jeden Ton. Ich denke, dass ich so grauenvoll singe, wie niemand auf der Welt und eine Strafe für jeden Zuhörer bin. Ich weiß dann noch irgendwo im Hinterstübchen, dass ich wohl maßlos übertreibe, aber: ein Gefühl kann besetzend sein, und man kann es nicht abschalten wie eine flirrende Lampe.

... bin total euphorisch über einen gelungenen Auftritt oder über gute Presse, flippe total aus und fühle mich wie auf Wolke 777. Ich kreische herum, bin total albern und rede ohne Unterlaß am Stück. Wohl irgendwo im Hinterstübchen wissend, dass meine ganze Reaktion etwas abgedreht ist.

Ich könnte noch viel mehr dazu preisgeben. Wie geht's Euch? - würd' mich freuen, wenn das ein intensiv geposteter thread wird!

Dagmar
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 25. April 2004, 22:41:22
ZitatHallo miteinander!

... bin traurig, oft auch irrational wütend, weil ich die Musik in meinem Leben zu spät entdeckt habe, um noch wirklich ein Hauptding daraus für mich machen zu können.

Ich bin manchmal traurig, weil ich mich zur Musik "hingedrängt" fühle, ich "konnte nicht anders" und meine Familie "wollte das so". Dabei hätte ich sehr gerne was mit Elektronik gemacht und alles in der Welt scheint dagegen zu sprechen - das Aufwachsen in einer Musikerfamilie, die ihren Kindern die Laufbahn nicht vorenthalten wollte, mein fehlender Mut (grrrr!) und einiges anderes. Heute ist das kaum möglich, quer einzusteigen, denn im Elektronikbereich werden die Leute alle entlassen, außerdem habe ich eine exzellente Ausbildung gekriegt und es wäre schade um viel Arbeit. Und ein Versuch den ich vor einem Jahr dennoch startete, fühlte sich wie Verrat an.

Zitat
... sterbe vor Lampenfieber. Ich sterbe ECHT vor Lampenfieber und kann dann nur noch ganz wenig von meinem Können. Ich kann kaum was machen dagegen (obwohl ich als Psychologin 'vom Fach' bin). Ich bin hilflos, ohnmächtig, wütend, kämpferisch diesem Scheiß - Lampenfieber gegenüber, aber weg geht's nicht davon.

Ich hatte eine Zeit, da dachte ich auf der Bühne zuweilen "Jetzt gehts zu Ende mit mir, das ist bestimmt ein Herzinfarkt!" Alle Symptome waren da, Druck in der Brust, Kribbeln in den Fingern, Schmerzen, ganzes Programm.  Ohne erkennbaren Grund (schweres oder besonders solistisches Stück oder so...)
Der Arzt sagte "kommen Sie in dreißig Jahren wieder" ich war ratlos.
Vor allem: ich kannte das nicht, auf der Bühne war ich bis vor vier Jahren niemals aufgeregt!
Geholfen hat dann, der Angst ihren Platz zu geben, mich mit ihr zu beschäftigen, mit ihr anzufreunden. Ich habe
oft stundenlang im Park gesessen und einfach nur in mich hinein gefühlt und mit den Gefühlen geredet. Ja!

Zitat
... bin neidisch auf Künstler/innen, die in meinem Alter sind und viel viel weiter sind, als ich. Das hat nur mit mir zu tun und ist kein sympathisches Gefühl. Aber ich empfinde es halt' - obwohl ich weiß, dass es vielleicht sogar total irrational ist
...besonders viel Spaß macht das, wenn eine dieser Künstlerinnen die eigene Liebste ist! Sie ist super gut im Geschäft (ich auch, aber das sehe ich in so Momenten nicht, denn meistens wechseln wir uns damit ab!)

Zitat
... kriege einen Wutanfall über schlechte Kritik. Ich denke dann, dass ich ruhig und gelassen sein sollte, dass man daran doch nur lernt. Aber ich kann ein Gefühl ja nicht abschalten, wie eine Lampe, die mich blendet. Ich bin wütend und krieg' einen Tobsuchtsanfall.
...

des weiteren neige ich dazu, alles zu sehr persönlich zu nehmen und an mich ran zu lassen. Wenn es mir mal gelingt, etwas mehr Distanz zum Leben zu haben (was mir schon unglaublich "arrogant" vorkommt!), dann lebt es sich viel besser und auch mit den anderen Menschen funktionierts dann komischerweise.
Vielleicht ist bei uns einfach der Gefühlslevel zu hoch oder höher als normal und wenn man dann noch überall gesagt kriegt "Hör auf dein Gefühl" u.s.w., dann denkt man, man hat immer noch nicht genug und setzt noch einen drauf.

ich bin nicht so sehr ein Freund von Gefühlen, doch sie sind nun mal da und gehören zum Leben dazu und ich muß lernen, sie anzunehmen und mit ihnen Freund zu werden.
Stimmt, dies ist ein spannendes Thema...
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Nase am 26. April 2004, 18:10:38
Ich halte mich im Grunde für einen eher gelassenen Typ, der alles mal in sich aufnimmt und drüber schläft und dann vielleicht eine Handlung setzt. So habe ich mit meiner natürlichen "Bedenkzeit" auch die Fähigkeit entwickelt, nicht nach spontanen Gefühlen zu handeln, sondern in vielen Punkten eine recht große Toleranzgrenze zu entwickeln. Und ich meine damit auch mir selbst gegenüber, also meinem Versagen genauso wie meinen Gewinnen.
Ich halte das für eine spezielle Lebenseinstellung, mit der man gut und angenehm über die Runden kommt, vor allem auf der Bühne, wos ja rauf und runter geht mit den Gefühlen.
Der Nachteil ist natürlich, dass ich im Alltag nie an "DIE GRENZEN"  stoßen kann, also besonderes Glück. Das letzte Mal, wo ich mich wirklich so gefreut habe, wie du, Dagmar, es beschreibst, war ich 6 und bekam meine erste Angel zu Weihnachten.
Aber das ist lange her.
Also koste es doch einfach ganz bewusst aus, wenn du gerade glücklich bist, dann wirst du dich immer wieder dran freuen können, und das its doch Glück; ein rasches Aufeinanderfolgen von schönen Dingen.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 27. April 2004, 01:07:11
Mann - das finde ich aber spannend, was Ihr so schreibt !

ZitatIch bin manchmal traurig, weil ich mich zur Musik "hingedrängt" fühle, ich "konnte nicht anders" und meine Familie "wollte das so".

Das habe ich mir überhaupt nie klar gemacht, dass jemand der Musik so macht, wie es mein Traum wäre, vielleicht lieber was ganz anderes wollte. Ich habe heute mal versucht, mir das vorzustellen. Das fiel mir sehr schwer, weil ich mir das so toll vorstelle, nur noch Musik zu machen. Es ist nicht so, dass ich meinen Hauptberuf nicht liebe: Der ist sehr spannend und anspruchsvoll. Vielleicht will man aber auch immer das, was man nicht zu hundert Prozent hat?

Zitat"Jetzt gehts zu Ende mit mir, das ist bestimmt ein Herzinfarkt!"

GENAU! Genauso geht's mir auch!

ZitatVor allem: ich kannte das nicht, auf der Bühne war ich bis vor vier Jahren niemals aufgeregt!

Ich habe dieses Phänomen auch erst seit ca. 1 Jahr. Ich habe früher viel Theater gespielt - überwiegend sehr experimentelle Sachen, wo man echt auf Zack sein musste. Ich hatte nie übermäßiges Lampenfieber. Das ist relativ neu. Der Tip ist sehr gut, mich mehr damit auseinander zu setzen. Ich habe bis jetzt mit allen Tricks DAGEGEN angekämpft. Vielleicht sollte ich einfach mal probieren zu sagen: Okay, ich geh' jetzt schlotternd auf die Bühne. Ich hab' Freitag im Rahmen eines Kulturabends einen Riesenauftritt auf einer Freilichtbühne vor mehreren tausend Leuten. Ich sterb' jetzt schon, ganz im Ernst, mir ist dauerschlecht.

Ich komme da auch kaum gegen meinen Ärger an, was jede Annahme eines solchen Gefühls natürlich schon im Keim erstickt: Ich hab' solchen Spaß mit meinen Stücken, das ist so ein Schwachsinn, mich so aufzuregen, verdirbt mir auch die ganze Freude. Die würden mich auch nicht für so einen Abend verpflichten, wenn ich die letzte Krücke wäre. Meine ganze Panik ist einfach völlig unverständlich.

ZitatAlso koste es doch einfach ganz bewusst aus, wenn du gerade glücklich bist, dann wirst du dich immer wieder dran freuen können,

Ja das ist gut gesagt - für Glückszustände funktioniert das prima. Aber mach' das mal, wenn Dir wie mir gerade dauerschlecht ist. Das bewußt auszukosten ist wenig witzig. Da hilft auch nicht, mich an den letzten Glückszustand zu erinnern. Bis jetzt hilft da gar nichts gegen. Wenn das Publikum "anspringt" isses komplett weg, von einer Sekunde auf die andere. Dann kann ich total aufdrehen, da können da noch hunderte von Leuten stehen, dann ist das nur noch super - bis dahin ist mir allerdings dauerschlecht.

ZitatVielleicht ist bei uns einfach der Gefühlslevel zu hoch oder höher als normal

Ich glaube, dass das ein Kernpunkt ist - für mich gilt das sicher. Es ist schon richtig: Wenn Du die diese hohe Intensität im Gefühlsleben hast, bist Du natürlich auch wahnsinnig glücklich, wenn Du glücklich bist, aber eben auch am Boden, wenn was mißlingt. Ein bißchen mehr Balance wäre mir manchmal sehr viel lieber.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 27. April 2004, 10:30:27
Ein bißchen anders mache ich das: ich gehe nicht mit Riesenschlottern auf die Bühne, sondern ich gebe der Angst vorher (Stunden bis Tage) ihren Raum, frage sie, worauf sie sich bezieht und was sie mir sagen will. (meistens gab es dann recht klare Antworten!)
Kurz vor dem Auftritt (etwa eine Stunde) sage ich mir dann eher Sachen wie "Carsten, du bist ein guter Profi. Zeig denen jetzt, daß dir das Riesen Spaß macht, mach ne Fete draus und wems nicht gefällt der ist selber schuld".
Des weíteren hilft sehr sehr gut (ein Tip von meinem besten Lehrer) wenige Sekunden bevor es losgeht - AUSatmen. Senkt den Puls, beruhigt den ganzen Körper und stellt vor allem sicher, daß man dann, wenn die Musik läuft, auch wieder einatme, das kann ich nämlich sonst leicht vergessen.

Das Distanz finden lernte ich durch Liebeskummer und Beziehungsprobleme, die Anfangs die Panikattacken auf der Bühne ausgelöst und sehr verstärkt haben, so sehr, daß mir etwas einfallen mußte, sonst wäre es icht mehr weiter gegangen.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 27. April 2004, 12:52:57
Ich bin ein einziges Mal vor Angst schlotternd vor meinem Auftritt gestanden, es war meine erste Solo-show, und es waren alle alle alle da, Fernsehen, lauter "wichtige" Leute und und und. Und ich war mir nicht sicher, ob die Geschichte gut ist - ich hatte auch viel zu wenig Probenzeit, 2 Wochen für ein ganzes Stück mit über 20 Liedern drin....
Ich stand also im Proszenium und zitterte.
Und dann hab ich mir gesagt: Es ist mir egal. Ich werde total abstinken, das wird das Ende meiner Karriere sein, ich werde nie mehr eine Soloshow probieren. So ist es, und das ist mir auch wurscht. Ich geh da jetzt raus, und mach mein Ding, und es wird schlecht, so ist das. sowas passiert halt. WURSCHT. Das Leben wird trotzdem weiter gehen.
Und dann ging ich raus, und der Sternenstaub hat mich geküsst - und ich war so gut wie noch nie.
Und seitdem habe ich immer wieder diese Erfahrung gemacht: Einfach tun. Nicht sich fragen. Einfach sein, und was passiert, das passiert. Und dann stimmt es.
Je mehr man sich fragt, ob etwas "gut" oder "richtig" ist - desto schlechter ist man.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 28. April 2004, 01:13:21
Zitat(meistens gab es dann recht klare Antworten!)  

Du Glücklicher! Die finde ich leider nicht! Es bleibt mir unverständlich, obwohl ich mich damit auch intensiv auseinander setze.

ZitatDes weíteren hilft sehr sehr gut (ein Tip von meinem besten Lehrer) wenige Sekunden bevor es losgeht - AUSatmen. Senkt den Puls, beruhigt den ganzen Körper und stellt vor allem sicher, daß man dann, wenn die Musik läuft, auch wieder einatme, das kann ich nämlich sonst leicht vergessen

ZitatUnd dann hab ich mir gesagt: Es ist mir egal. Ich werde total abstinken, das wird das Ende meiner Karriere sein, ich werde nie mehr eine Soloshow probieren. So ist es, und das ist mir auch wurscht. Ich geh da jetzt raus, und mach mein Ding, und es wird schlecht, so ist das. sowas passiert halt. WURSCHT. Das Leben wird trotzdem weiter gehen.

Vielen lieben Dank - das sind zwei sehr hilfreiche Tips, die ich am Freitag alle beide sofort ausprobieren werde. Werde berichten, wie's mir damit gegangen ist.

Ich glaube, dass tatsächlich die mangelnde Distanz und sich dauernd zu fragen, ob etwas gut oder schlecht ist, das Hauptproblem ist.  Letzteres spielt bei Lampenfieber sicher eine riesengroße Rolle. Ersteres kenn' ich am aller extremsten bei Beziehungsknatsch. Da geht bei mir die Welt unter - was rational der allergrößte Schwachsinn ist (was ich auch weiß): Man muß sich ja auch mal fetzen können. Das ist manchmal echt nötig. Trotzdem habe ich mittendrin das Gefühl: "Jetzt ist alles zuende".

Je geringer die innere Distanz desto größer die emotionale Aufregung. Nur wie kriegt man mehr Distanz? Ich bin irgendwie so nicht gestrickt und weiß auch nicht so genau wie das besser gehen könnte.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 28. April 2004, 10:49:15
Da gibt es auch einige Tricks aus der (urgh) Esoterik. Oder wie immer man das nennen mag. Funktioniert aber.
Der eine, den hab ich hier schon mal erklärt, glaube ich: Am kleinen Fingernagel zieht man einen gedanklichen Strich oben den Nagel entlang und an der äusseren Seite. Dort, wo sich diese beiden Linien treffen, ist der Akupunkturpunkt gegen Nervosität. Mit einem Kugelschreiber 10 sek drücken, loslassen, drücken, loslassen und gleichzeitig tief in den Bauch atmen.

den zweiten Trick muss man zuhause vorbereiten: Man nehme ein Objekt, irgendeines, dass man mag. Eine kleine Figur, oder einen Ring oder eine Gürtelschnalle, oder eine Tasse - etwas in der Grösse, egal was. Dan nehme man sich eine viertelstunde Zeit, und befühle und betrachte dieses Objekt ganz genau. Dann setze man es sich irgendwo auf den Körper. Bauch, Schulter, Hals, Oberschenkel - egal. Und fühle aufmerksam, wie sich das anfühlt. (ich hab zB einen kleinen Metalldrachen, der auf meiner Schulter sitzt)
Ok.
Und wenn man dann auf der Bühne steht - oder kurz davor, dann stelle man sich vor, dieses objekt sitzt wieder dort. Fühle das Gefühl nochmal. Das leitet die überschüssige Energie ab. Und was übrigbleibt fliesst in das "automatische" was man geprobt hat. Hilft 100prozent!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 28. April 2004, 17:47:48
 :-* Vielen vielen lieben Dank für die wirklich einfühlsamen Tips!

Die Objektübung kannte ich: Das peinliche ist nämlich noch obendrein, dass ich in meinem Hauptberuf den Künstler/innen, die bei mir im Coaching sind, solche und ähnliche Übungen gegen Nervosität empfehle, bzw. das gemeinsam mit ihnen trainiere. Die sind oft ganz begeistert von der Wirkung - nur ich scheine resistent zu sein  :-/

Das mit dem Nagel habe ich leider nicht ganz begriffen: Wenn ich die zwei Linien ziehe, landet der Schnittpunkt in der Luft... ähm, habe ich wohl nicht ganz verstanden.

Ich werd' das alles für Freitag ausprobieren. Am meisten hilft mir im Moment Deine Erfahrung, Sandra: Ich werd' am Freitag da auf dieser riesigen Freilichtbühne stehen, es wird das letzte Mal sein, dass mich irgendwer für sowas verpflichtet, weil ich's in den Sand setzen werde. Alle werden sagen "Oh Gott oh Gott wie grauenvoll, wer ist daaaas denn?" Die Presse wird mich nicht mal am Rande erwähnen, weil zu peinlich. So what: Da es sowieso so kommen wird, ist es ja dann auch völlig wurscht, dann genieße ich jetzt meinen allerletzten Auftritt im Leben und mach', was ich will. Die ganze Veranstaltung endet mit einem riesigen Feuerwerk - das passt doch super: Ich feiere meinen Untergang dann wenigstens mit einem würdigen Abschluß.

Das hat heute in der Probe super geholfen (ich habe nämlich schon in den Proben vor so einem Auftritt immer mehr Lampenfieber, obwohl da nur mir völlig vertraute Leute sitzen, die ich hundert Jahre kenne): Wenn ich an dieses Durchfall-Szenario ( ::) ) gedacht habe, war ich plötzlich wieder völlig ruhig, mußte teilweise sogar kichern.

Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 28. April 2004, 19:22:09
Toi Toi Toi! :-*

Aber: Was hast du für Fingernägel? Der schnittpunkt zwischen oben nach aussen und seitlich nach oben.
Na, DAS klingt erst verwirrend  ::)
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Nase am 28. April 2004, 19:24:06
Du hast den Trick mit dem Akupunkt schon einmal im Forum erwähnt, Sandra, und knapp vor einem Gig beschloss ich ihn auszuprobieren. - Überhaupt keine Reaktion und das selbe bei diversen anderen Tricks.
Ich bin von Natur aus etwas weniger nervös, allerdings ohne zu verdrängen. Gerade unmittelbar vor dem Auftritt denke ich noch bewusst an die Situation, konzentriere mich dann ganz auf "die Mitte". Das hilft mir eigentlich in allen Situationen, auch bei Kälte oder Prüfungen etc. Spüre den Fluss und die sanft-stetige Bewegung in deinem Bauch. Spüre die Wärme, die von deinem unverrückbaren Zentrum ausgeht. Da kannst du dich ganz zurückziehen und alles, Aufgeregtheit/Kälte/Stress vergessen.
In den letzten 40 Sekunden vor der Bühne lasse ich dann langsam alle Nervosität wieder in mich hinein, die mich dann ziemlich umhaut und mir beim Auftritt sofort den Kick gibt um in der Bühnenwelt ganz für das Publikum dazusein und mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren.
Das wirkt bei mir immer. Absolut sicher und Esoterik-frei!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Nase am 28. April 2004, 19:24:55
Toi, toi, toi!  :-*
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 28. April 2004, 20:10:19
ZitatAber: Was hast du für Fingernägel?

Ach ja -  :P - die sind was länger - wenn ich mir die weg denke, find' ich den Punkt (und rubbele schon die ganze Zeit dran rum  :D )

Danke für die guten Wünsche!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 02. Mai 2004, 01:38:15
Ich möchte mich von Herzen bei Carsten und Sandra für die absolut guten Tips gegen Lampenfieber bedanken: DANKE  :-*

DIE HABEN NÄMLICH GEWIRKT!!!! Und zwar so richtig gut!!! Darüber bin ich sowas von happy, das könnt' Ihr Euch gar nicht vorstellen! Ich habe nämlich nicht ein bißchen Lampenfieber - nee nee - ich kann normalerweise das Mikro erstmal gar nicht aus dem Stativ nehmen, weil man noch 500 Meter vor der Bühne sieht, dass es mir vor Zittern fast aus der Hand fällt.

Das war gestern und heute abend aber NICHT so! JEEEPEEHH! Ich war unter Spannung (aber das braucht man ja auch), aber nix mit Zittern. Alles gut, alles planmäßig (na ja nicht alles, ein paar Fehler hab' ich auch gemacht und für die absolut miserable Organisation, den dicken fetten Moderator, der nur Sch... am Meter redete und die superschlechte Technik hatte ich nicht die Verantwortung. Das hat mich natürlich trotzdem maßlos geärgert).

Was hat so gut geholfen:

Mag ja sein, dass der Glaube eine Rolle spielt - aber das ist dann ja auch egal, Hauptsache es hilft:

Dieser Rubbelpunkt am Nagel wirkt total gut!!! Ich persönlich hab's nicht so mit diesen esoterischen Sachen. Ich glaube eher, dass bei dieser Sache ein Konditionierungsmechanismus eine wesentliche Rolle spielt. Ist ja auch egal, bei mir hat das super gut geholfen: Ich hab' immer dann, wenn mich dieser schreckliche flash überfiel, diesen Punkt massiert: Und habe mich auf der Stelle entspannt und sehr sehr beruhigt. Im Ernst, ich erfinde das hier nicht! Das hatte eine extrem beruhigende Wirkung!

Dann habe ich - Carsten sei Dank - einfach mal 'ne andere Strategie probiert: Bislang habe ich immer mit aller Kraft gegen diese emotionale Paniküberflutung angekämpft, nach dem Motto "verschwinde gefälligst". Dieses Mal habe ich eine Technik ausprobiert, die bei meinen Klienten auch immer sehr gut ankommt: Ich habe mir vorgestellt, welche Person mein Lampenfieber wäre, wie diese Person aussähe und was sie zu mir über diesen Auftritt zu sagen hätte. Da kam echt was bei raus. Hat zwar einige Stunden gedauert, aber dann kam dabei wirklich was ziemlich Überraschendes heraus.

Dann habe ich versucht, mich damit anzufreunden, diese "Person" nicht weiter zu bekämpfen, sondern zum Auftritt mitzunehmen und habe eine Art "innere Verhandlung" begonnen: "was muß ich für Dich, Lampenfieber, tun, damit ich in Ruhe auftreten kann, mein Können zeigen kann, meine Performance stimmt?" Auch dabei kam ziemlich viel heraus, war zwar nicht so angenehm, aber war nun mal "meins".

Kurz bevor ich raus mußte, habe ich nochmal beides sehr sehr intensiv aktiviert. Es ist kaum zu glauben: Ich kam raus, nahm das Mikro aus dem Stativ, nix mit Zittern, sagte ganz normal: "Guten Abend, ich freue mich dass Sie hier sind" - nix zittrige Stimme - Klavier hämmerte los, und ich war voll da!

Ich bin sowas von glücklich darüber, das könnt' Ihr glaube ich gar nicht ermessen!

Vielen vielen Dank!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 02. Mai 2004, 01:47:37
 :) Das ist echt schön zu lesen, freu mich!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 02. Mai 2004, 03:01:40
Ja freu' mich echt auch - wirklich sehr  :) Nochmal Danke  :-*


Zum Thema "emotions":
Ich bin ja nicht so furchtbar berühmt, also eigentlich kennt mich außerhalb meiner Provinz niemand - ist mir auch egal. Ich nehme deshalb und allerdings so fast jedes Angebot an, das man mir in Sachen Musik macht, viel Auswahl hab' ich ja auch nicht wirklich. So kam es auch dazu, dass ich heute und gestern abend mit Weill/Brecht-Stücken auf unseren Rheinwiesen stand.

Schön und gut, ich hatte einen netten kleinen Querschnitt zusammen gestellt, war gut vorbereitet, die Stücke hab' ich lang schon im Repertoire. Alles gut - dachte ich.

Am Freitag lief ich da so gegen 17.00 Uhr auf und fand folgendes vor: Die Bühne war aufgebaut (immerhin...), kein Schwein da. Um 19.00 Uhr sollte die Sache losgehen, um 18.45 Uhr kam mal endlich einer vom Veranstalter. Soundcheck ging los - nichts funktionierte.  Die PA war von höchstens 1968 und fiel deshalb dauernd aus. Dann kam so ein kleiner Fuzzi, so 15 oder 16 Jahre alt, mit 'nem Schraubenzieher und montierte alles auseinander und wieder zusammen.

Da hab' ich die erste Krise gekriegt und den Verantwortlichen vom Veranstalter angefahren - was der sich denkt, wie das funktionieren soll (mittlerweile war nämlich schon reichlich Publikum vor der Bühne). Der Typ dachte sich gar nichts weiter und meinte, ich solle mich gefälligst nicht so aufregen.

Mit mehr als einer Stunde Verspätung begann die ganze Nummer. Der Rahmenmoderator, der die einzelnen Künstler ankündigen sollte, war eine Katastrophe. Der redete nur dummes Zeug (zu mir zum Beispiel: "wir freuen uns jetzt auf eine Künstlerin, die macht Brecht. Kenn' ich nicht - hahaha - kennense den: Hat die einen Vibrator inner Stimme? Frauen kommen immer später hahaha") - es war unsäglich!

Während meines Auftritts am Freitag (war heute nicht viel anders) fiel dreimal (!) die gesamte Technik aus (also echt alles: Ich stand im Dunklen auf der Bühne, nix Mikro, nix Monitorbox, nix PA - gar nichts mehr!) Der Typ mit dem Schraubenzieher kam...

mein Gott, das war UNGLAUBLICH!!

Na ja, als alles um war (gestern war ich ja noch echt nett und habe versucht für heute in aller Ruhe irgendwie 'ne Verbesserung hinzukriegen), hatte ich den Kaffee total auf und bin hinter die Bühne gestürmt und hab' den Typen vom Veranstalter gesucht und gefunden, UND DANN HABE ICH EINEN WUTANFALL GEKRIEGT WIE ÜBERHAUPT SCHON LANGE NICHT MEHR UND HABE NUR NOCH UNARTIKULIERT HERUMGEBRÜLLT; WAS DASS FÜR EINE SCHEIßORGANISATION IST, DASS DER VON NULLKOMMANULLNIX 'NE AHNUNG HAT USW. USW.

Ich habe fast einen Herzinfarkt gekriegt vor lauter Wut. Ich war so außer mir, dass ich nur noch herum gejapst habe. Und gebrüllt am Stück habe ich auch. Wenn mein Mann nicht gewesen wäre, der mich dann da irgendwie weggezerrt hat, hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit dem Typen eine 'runtergehauen.

Das war natürlich kein besonders souveränes Auftreten!

Und?? Was macht Ihr mit so 'ner Riesenwut?
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 02. Mai 2004, 07:35:19
Ich versuche jetzt nacheinander - ohne Chaos - die Punkte anzusprechen:
Mein Lampenfieber beschränkt sich auf die Zeit vorm Gig. Da darf mich keiner schief anreden, und ich habe auch immer das Gefühl, mich um alles kümmern zu müssen. Mikros, Monitor..., und dann klinge ich zickiger als ich klingen will. Im ersten Lied hört man anfangs noch die Aufregung - oder während der Ansage davor. - Aber dann ist's auch gut. Dann mache ich mein Ding, und manchmal ertappe ich mich dabei, aufpassen zu müssen, dass ich weiter singe. Ich bin dann so in mir, dass ich in Sekundenbruchteilen vergesse, dass da nicht meine CD läuft, sondern ich diejenige bin, die gerade singt. Blöd ist, dass ich mich aber trotzdem nicht mit meiner ganzen Gesangstechnik raus traue wie während der  Proben, weil mir die sichere, vertrautere Gesangstechnik die Sicherheit gibt, dass ich sie erreiche. Daran, dass ich mit dem in mir schlummernden Potential raus gehe, arbeite ich jetzt. Letztesmal im Studio war das auch so blöd: Ich hatte während der Aufnahmen das Gefühl, mich darum kümmern zu müssen, dass es meinem Pianisten gut geht. Er war nicht gewöhnt, mit mir keinen Blickkontakt zu haben, und er spielte auf einem fremden E-Piano. Bei einer Nummer wurde er immer schneller, und wenn man sie sich vom Anfang bis zum Ende anhört und danach den Anfang nochmal hört, hört man das sofort. Ich war immer drauf und dran, das Timing einzuhalten, aber bei genau diesem Lied war er derjenige von uns, der geführt hat. Also wurden wir einfach jedesmal immer schneller. Dann hatte ich nur drei Stunden schlaf gehabt - nach der 10-Jahre-Liedermacher-Party von Götz Widmann, und ich war nach zu viel Bier zuu ferngesteuert. Nie mehr mach ich sowas. Unterm Strich sind die Demos schlechter als wir live jemals waren. Aber damit lebe ich jetzt, und mit den nächsten Musikern - in Berlin - mache ich's dann anders.
Die Geschichte mit dem Nagel und dem Punkt hab ich nicht verstanden.
Die Wut wegen Pannen von außen, für die man nichts kann, die kriegt meist auch bei mir derjenige ab, der das Chaos verursacht hat. Der hat es ja auch verdient. Und sich nach so einem Wickel zu beruhigen, das ist schwer. Vor allem, wenn nicht einmal die Grundvoraussetzung für eine gute Auftrittsathmosphäre vorhanden sind, und die waren, wie du es beschrieben hast, auf keinen Fall da. Man muss sich aber um seiner selbst wieder beruhigen. Ich setze mich dann in eine ruhige Ecke und versuche, mich zu entspannen und nicht mehr über die Dilletanten nachzudenken, die's mir gerade schwer machen, und ich denke dann auch: Naja, wenn alles so schlecht abgemischt ist, dann mache ich jetzt trotzdem mein Ding. Dann hört man wenigstens meine Patzer nicht so genau. Auch wenn ich den Text vergesse, ich mache einfach weiter.
Wir hatten einmal 1987, glaube ich, war das, einen Auftritt auf dem Donauinselfest in Wien. Wir waren zuzweit: Fritz Stippinger spielte Gitarre und sang, und ich sang. Unser Auftrittsfleck war unter der Schnellbahnbrücke. Das heißt, wenn die Schnellbahn kam, war sie, auch wenn wir verstärkt waren, lauter als wir. Und ohne dass wir darüber nachgedacht oder das verabredet hatten, haben wir immer, wenn das Gerumpel der Schnellbahn kam, zu spielen und zu singen aufgehört, und wenn sie vorbei war, haben wir an der Stelle, wo wir aufehört hatten, weiter gemacht. Da hörten uns so 600 Leute zu, und einige haben uns nachher gesagt, dass diese unabgesprochene Idee dsuper war. So hat niemand etwas von unseren Texten verpasst.
Mir passiert es manchmal noch, dass ich nach dem Auftritt, nach der durchfeierten Nacht, super traurig werde, weil das, worauf ich mich lange gefreut hatte, schon vorbei ist. Das hängt mit meiner Verlustangst und mit meinen Verabschiedungsproblemen zusammen. Natürlich weiß ich vorher schon, dass das auf mich zukommen wird. Das dauert dann auch wirklich einen ganzen Tag, an dem ich mich ausgelaugt fühle und traurig bin. Danach geht's wieder. Das nervt, denn es haut mir jedesmal die Stimmung nach dem auftritt zusammen. Aber ich lasse die Traurigkeit zu, weil ich weiß, ich muss da durch, und es ist eine Frage der Zeit, bis dieser Schmerz vorbei ist. Und wenn er dann vorbei ist, dann kann ich mich über das Erlebte auch wieder freuen.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 02. Mai 2004, 09:30:17
Gratuliere, Dagmar, es freut mich im Herzen, zu lesen, daß Du beim Musikmachen Spaß gehabt hast!
Wenn die Atmosphäre stimmt und der musikalische "rote Faden" da ist - wen schert´s, wenn da mal ein Ton wegpfeift?

Das mit der Anlage kenne ich von meiner Band Adversus ( www.adversus.de ) wir haben da auch IMMER Probleme. Wenn ich solo spiele, bringe ich meine Technik daher selbst mit und stelle sie auch selber ein (Fußpedale und Fernbedienung. Die Geräte sind zum größten Teil auch Eigenbau.)

Hab ich irgendwo gelesen, Du hast auch mp3-Demos? Langsam werde ich echt neugierig!

@ Sandra: den Punkt am kleinen Finger hab ich leider auch noch nicht sicher nachvollziehen können. Etwa da, wo der Nagel zuende ist, also wo bei einem Viereck die Ecke wäre? Mit einer Kuli-Mine kann ich den beim Baßspielen eh nicht massieren, dafür wird er durch das Spielen selbst wohl recht gut massiert...

Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 02. Mai 2004, 11:09:06
Zitat

Ach ja -  :P - die sind was länger - wenn ich mir die weg denke, find' ich den Punkt (und rubbele schon die ganze Zeit dran rum  :D )

 ;D
Hähä - Du musst zhiemlich breit gerubbelt haben, dass es gewirkt hat: Der Akupunkturpunkt ist an der nagelOBERseite, da wo er anfängt, nicht, wo er aufhört.... Man fährt das Nagelbett nach aussen, und die aussenseite des Nagels nach oben (also, am linken Nagel das Bett und dann den linken Rand des Nagels richtung Nagelbett) also, wie Bassmeister sagt: wo bei einem Viereck die Ecke wäre... (links linke ecke am Bett, rechts rechte Ecke am Bett)

Ich hätte bei so einem Veranstalter vermutlich erst im Stillen die Nerven weggeschmissen, dann hätte ich den Auftritt abgesagt und das Honorar verlangt. Ziemlich herrisch, vermutlich ::)
 Mit allem Recht der Welt. Das wäre - so wie Du das beschreibst - bei jedem Gericht durchgegangen.
Möglicherweise hätte ich sogar während der Show abgebrochen, und dem Publikkum stattdessen CDs von mir geschenkt, und die dann dem Veranstalter als Kosten verrechnet.
sowas ist echt! Brrr! Da wird mit schon heiss vor Wut, wenn ich es lese. Man kann doch mit Menschen nciht so umgehen. So ein Trottel. Unfähige Arschlöcher.
 >:( >:( >:(
Aber andererseits: Da sind genau die Sachen, die einen stark und gut machen. Da muss man durch: vor Publikum, dass sich lieber unterhält, als zuhört, vor ausfallender PA und mit Pausen, weil es so laut ist, wenn das Licht plötzlich ausfällt, oder es gar keines gibt ausser ein paar Deckenfunzeln -

DAS ist die beste Methode, gegen Lampenfieber: Je-den Scheiss schon mal erlebt zu haben....
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 02. Mai 2004, 12:27:11
Dabei geht das noch: Mein heißester Auftritt war mit der Band "Hofgesindt" (Folk) aus Weimar zu einem Geschäftsessen. Der Veranstalter kam (während wir spielten!) zu uns und erklärte uns, daß wir zu laut seien, die Gäste wollten "Geschäftskontakte pflegen" - gut, Anlage leiser gemacht, weiter gespielt. Fünf Minuten später das selbe noch mal. Dann, wieder ein paar Minuten später, meinte der doch tatsächlich, es wäre besser, wir würden jetzt aufhören. Aber bezahlt haben die trotzdem und das nicht schlecht - höhö.
Aber was macht man da mit seinen Emotionen als Musiker?
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 02. Mai 2004, 21:44:41
ZitatHähä - Du musst zhiemlich breit gerubbelt haben, dass es gewirkt hat: Der Akupunkturpunkt ist an der nagelOBERseite, da wo er anfängt, nicht, wo er aufhört....

 ;D ;D ;D Lach' mich tot! Ich hab' ganz woanders herumgepiekt. Was mir zeigt, dass meine Konditionierungstheorie wohl stimmt. Jetzt habe ich für die Zukunft einen anderen Nagelpunkt. Ich hoffe, der wirkt noch, obwohl ich ja jetzt weiß, dass es die falsche Stelle ist. Hat aber trotzdem super geholfen, hihi!

Zitatdann hätte ich den Auftritt abgesagt und das Honorar verlangt. Ziemlich herrisch, vermutlich

Dein Mitgefühl ist ganz lieb und tut mir nach all dem Ärger richtig gut! Dass ich nach Freitag nicht abgesagt habe für Samstag ärgert mich heute schon den ganzen Tag nochmal maßlos. Wir haben das Freitagnacht bis in die Puppen diskutiert: Sagen wir ab oder machen wir's. Im nachhinein hätte ich absagen sollen, war die falsche Entscheidung! Mir fehlte der Mut dazu. Keineswegs wegen der Kohle. Ich mache das alles sowieso nicht in erster Linie wegen Geld (davon könnte ich bei dem bißchen, was bei mir da rein kommt, gar nicht leben) sondern für mich und meinen Spaß. Ich häng' aber sehr dran. Und deshalb hatte ich Sorge, dass die Kulturfritzen von der Stadt mir das ewig nachtragen, wenn ich da absage, und ich nie wieder Angebote bekomme. Auf jeden Fall wird das Ganze ein Nachspiel haben, das werde ich so nicht stehen lassen.

Ich versuche es jetzt auch als Training in "was-man-alles-für-unsägliche-sachen-auf-der-bühne-erleben-kann" zu nehmen.

@bassmeister

Weißt Du, was ich mal erlebt habe (ist noch gar nicht lange her): Da hatte mich ein Möbelhaus engagiert mit meinem Zarah-Programm. Ich kam da hin, Riesenbühne, Glaskuppel, alles vom feinsten (auch die Technik, das muß ich echt sagen, plus Riesenprofi an der Technik). Dann ging's los, alles gut, nur: Kein Mensch VOR der Bühne. Die Bühne stand mitten im Eingangsfoyer, wo die Leute in das Möbelhaus rein und raus gingen. Ein Riesen-rein-und-raus-Betrieb, während ich da stand mit "nuuur nicht aus Liiiiebe weiiiiiinen". Ein kleiner Junge kam vorbei und kreischte "Guck mal Mama da singt eine", Mama: "ja ja komm jetzt". Ich stand da und fand alles irgendwann einfach nur noch skuril: Singste da in die rein-und-raus-Menge in irgend so 'nem Möbelhaus im Rhurpott, kein Schwein will was hören.

Ich war unglaublich frustriert danach. Ich habe auf der Rückfahrt (alles noch im Auto) tausend Leute angerufen und mich ausgeheult. Heute muß ich immer kichern, wenn ich die Story erzähle.

ZitatMir passiert es manchmal noch, dass ich nach dem Auftritt, nach der durchfeierten Nacht, super traurig werde, weil das, worauf ich mich lange gefreut hatte, schon vorbei ist.

Das kenne ich sehr sehr gut. Ich mache einmal im Jahr was größeres. Da arbeite ich dann das ganze Jahr für. All die ganze Aufregung mit Proben und Bühne und Presse und rauf und runter - ich genieße das immer viel zu wenig. Dann kommt das Konzert plus noch ein paar Wiederholungen - dann isses zuende und plopp falle ich in dieses Loch. Ich suche mir dann immer ganz schnell etwas Neues, dann geht das auch sehr schnell vorbei.

ZitatHab ich irgendwo gelesen, Du hast auch mp3-Demos? Langsam werde ich echt neugierig!

 ;D ;D Tja - das ist ja auch Sinn der Sache  ;D ;D
Im Ernst: Wir basteln gerade an Demos im Studio 'rum. Das sollte alles längst fertig sein, hat aber alles länger gedauert. Jetzt gibt's 'ne 6-Wochen-Zwangspause, weil meine Pianistin auf Solo-Tour nach USA fährt. Meine selbstgebastelten Demos mag ich nicht mehr raus geben. Das genügt einfach nicht mehr meinen Ansprüchen.
Also: Weiter warten und neugierig sein  ;)
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Nase am 03. Mai 2004, 17:58:32
Hehe. Hat sich ja zu einer richtig runden Sache entwickelt, der Thread! Freut mich sehr für dich, Dagmar, dass du deine Technik gefunden hast.
Sandra hat wieder einmal absolut recht  :D
Die Provinzhärte bringt Erfahrung+Antinervosität und außerdem sitzen vielleicht mal zufällig die 3 richtigen Leute drin und hören dich, an die du sonst nie rankommst. Weißm ich selbst  :P :P (div. Lokalevents etc.... einfach zum Kotzen)
Das Problem, das Andra angesprochen hat hab ich auch. Man freut sich ewig auf den Auftritt und plötzlich versucht man nur mehr das ganze irgendwie durchzubringen, was dann nachher wieder schade ist, wenn man soviel Kraft hineininvestiert hat. Es gibt zwar auch Methoden die Nervosität absolut zu entfernen, aber Dr. Nase sagt - einmal und nie wieder. Als ich auf der Bühne stand war mir einfach total bewusst, DASS ich hier vor hunderten Leuten stehe, DASS ich da jetzt exakt Klavierspielen soll, DASS ich jetzt den Text sagen soll, bei Versprechern schlagfertig reagieren soll, dem Publikum einfach etwas übermitteln soll, und dass alle diese hunderten Leute genau DAS jetzt von mir erwarten. Ich war grauenhaft und es hat lange gedauert, bis ich an dem Abend endlich echt reinkam, in den notwendigen Auftritts-Kick.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 03. Mai 2004, 18:13:04
Nase, ich wollte nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Auftritte dann "irgendwie" 'rum kriege. Nein, im Gegenteil. Ich genieße, etwas tun zu können, was mich mit mir vereint , und wenn die Lieder den Leuten gefallen, dann genieße ich das noch mehr. Ich meinte nur, dass die Vorfreude unheimlich groß und schön ist, das Event selbst auch, und ebenso das Danach. Das fühlt sich an wie eine Naturdroge. Und wenn man dann nach Hause kommt, dann ist das alles vorbei, die Droge lässt nach. Und das schmerzt. Ich freue mich darauf, irgendwann - hoffentlich sehr bald - mit Leuten auf Tour zu gehen. Dann kann man die Schwierigkeiten und das Schöne länger genießen, und  danach lohnt sich der Entzug so richtig.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 03. Mai 2004, 19:16:17
Dann ist der "Entzug" aber auch ziemlich heftig - stell' Dich da besser dann darauf ein. Bei mir ist das zumindestens so: Je größer die Sache für meine Verhältnisse ist, je mehr ich mich darauf gefreut habe und vorher dafür herum gerödelt habe, umso stärker erlebe ich dann den "Absturz"  :-/
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 04. Mai 2004, 15:21:07
...aber dann ist dieses Abschiedsgeheule wenigstens nur einmal. Da rentiert sich das Drama wenigstens :-). Nach so einem kurzen Gig könnte ich mir das gern sparen. Aber da steckt man nicht drinn.  Ich jedenfalls nicht. Ich bin dann super blockiert von meinem Schmerz, von meiner Traurigkeit und kann nur warten, bis es durch ist.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 09. Mai 2004, 01:24:12
Liebe Sandra, kennst Du auch einen Akupressur-Punkt, mit dem man die Konzentration anregen, den Geist wach machen kann?
In manchen Proben gibt es regelrechte "weiße Flecke" auf der Landkarte, manchmal fehlt mir bis zu eine halbe Stunde - ich weiß dann einfach nicht mehr, was gesagt und geprobt wurde! War schon in der Schule immer so, kann also mit Alt werden nichts zu tun haben. Ich tippe eher auf ADS ohne H, aber auf Ritalin habe ich keine Lust...
Ich wäre Dir sehr sehr dankbar für einen Tip.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bastian am 09. Mai 2004, 01:59:46
Ich kannte mal einen, der hatte immer eine Vanilleschote dabei, um an ihr zu riechen, wenn er sich was merken wollte (z.B. Abi). Wenn er sich mal nicht erinnern konnte (Klausur), dann hat er dran gerochen, und oft fielen ihm die Sachen wieder ein. Keine blöde Idee, du kannst dich damit belohnen, konditionieren.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 09. Mai 2004, 03:03:17
ZitatIn manchen Proben gibt es regelrechte "weiße Flecke" auf der Landkarte, manchmal fehlt mir bis zu eine halbe Stunde - ich weiß dann einfach nicht mehr, was gesagt und geprobt wurde!

Das ist ein Phänomen, das man "Dissoziation" nennt - mir auch wohl bekannt. Weder Ritalin noch Akkupressur helfen dagegen.

Versuche mal folgendes:

Frag' andere, welche Stücke genau in der fehlenden halben Stunde gespielt wurden. Dann guck ' Dir mal ganz genau den Text und die Struktur der Stücke an, die in der fehlenden halben Stunde dran waren. Frage Dich: "Was ist mit dem Stück, was ist während der Probe, was ist mit dem Text, was ist mit den anderen Leuten während der Stücke, usw.? Was davon hat mit mir irgendwas zu tun. erinnert mich an irgendwas in meinem Leben, will ich nicht wahrhaben, nicht hören, nicht betrachten?

Meist wirst Du pfündig - dann hört die Amnesie auf (die ist letztlich ein Symptom von Widerstand gegen die Erkenntnis von inneren Wahrheiten).
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 09. Mai 2004, 10:03:35
Weisst du immer erst NACHHER, dass da ein weisser Fleck war? Oder kriegst Du schon vorher mit: jetzt bin ich aber daneben?
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 09. Mai 2004, 12:22:11
Das mit dem Widerstand ist sehr spannend, denn es gibt da von früher wirklich eine ganze Menge verdrängtes und es gab auch triftige Gründe für mich als Kind, mich aus der "Realität" auszuklinken (bin damals mehrmals am Gaumen operiert worden). Das ist aber spätestens seit der Schule eher hinderlich.

Meistens sind es richtig weiße Flecke, das heißt, ich merke es erst hinterher. Wo ich zum Beispiel etwas hingelegt oder hingeschrieben habe. Aber je genauer ich (inzwischen) hinschaue, desto besser merke ich auch "aha, jetzt bin ich gerade wieder mal drin". Es blubbert dann draußen irgendwas, aber meine Gedanken sind lauter und präsenter, meist irgendwelches stereotypes Zeug, z.B. zwei Sekunden Musik, die sich immer wieder wiederholen, oder so.

Es gibt aber auch Dinge, bei denen drifte ich nicht ab, z.B. bei Tätigkeiten mit elektronischen Bauteilen oder am Rechner (deswegen überlege ich auch immer wieder mal, so etwas doch noch beruflich zu machen).
Auch wundert es mich sehr, daß mir beim Autofahren (13 Jahre Führerschein) noch nie was Ernstes passiert ist...)
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bastian am 09. Mai 2004, 13:10:41
Zitat"aha, jetzt bin ich gerade wieder mal drin". Es blubbert dann draußen irgendwas, aber meine Gedanken sind lauter und präsenter, meist irgendwelches stereotypes Zeug, z.B. zwei Sekunden Musik, die sich immer wieder wiederholen, oder so.
Wow, das kenne ich! Ich bin schon so, seitdem ich ein Kind bin. Und ich bin schon rel. lange ein Kind :D. Das Dumme ist, man weiß nie, ob es anderen auch so geht. Vielleicht ist es auch ganz normal... Da fällt mir gerade etwas ein. Vielleicht kannst Du damit etwas anfangen. Bitte fühl Dich nicht veräppelt, Bassman. Haben für Dich Buchstaben Farben?
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 09. Mai 2004, 16:09:14
Gute Frage!
Es gibt ja auch Menschen, für die zB Töne Gerüche haben - das ist dasselbe in Grün. Wie nennt man das noch mal?

Aber: So abschalten und draussen "blubbert's" weiter gibt es ja relativ oft. In Wien nennt man das "In's Narrenkastel schauen"
Jedenfalls: Da sind wohl ganz normale Konzentrationsübungen angebracht, wenn man das unbedingt wegbringen will, Atemübungen, Yoga, solche Sachen.
ich frag mich aber: Bist Du sicher, dass Dir solche Momente nicht auch von Nutzen sein können? Dass Du, wenn du dich ihnen bewusst hingibst, nicht zum Beispiel etwas erfinden, oder komponieren, oder einfach nur gute eigene Gedanken haben kannst?
Ich denke mir, sowas passiert ja nicht einfach nur so, um dich zu ärgern. Also muss es einen konstruktiven Grund geben - nicht nur, sich von etwas abwenden, sondern auch Dich zu etwas HIN wenden. Vielleicht musst du nur das herausfinden. Was BRINGT es - nicht nur: wo schadet es.
sind es völlig unterschiedliche Momente, wo Du wegdriftest, oder sind sie in irgendetwas vergleichbar?
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 09. Mai 2004, 22:28:01
ZitatIch denke mir, sowas passiert ja nicht einfach nur so, um dich zu ärgern. Also muss es einen konstruktiven Grund geben

Genau! Es passiert aus sehr guten Gründen. Diese guten Gründe spielen aber auf der Bühne des Unbewußten. So ist das, das mögen wir manchmal nicht wahrhaben, aber so ist das. Deshalb helfen Atemübungen oder ähnliches da genauso wenig wie Akkupressur oder Wollen.

Es gibt eine Vielzahl sogenannter "Abwehrtechniken": Das sind Techniken, die eigentlich ganz schlau sind. Unser Unbewußtes schaltet so eine Art Filter ein, wenn Inhalte ins Bewußtsein dringen wollen, die wir als unangenehm, z.B. schmerzhaft oder irritierend erleben. Das ist ein sehr sinnvoller Schutz der Psyche vor Überflutung durch unangenehme oder schwer zu bewältigende Gefühle.

Manchmal werden diese Abwehrtechniken allerdings störend, z.B. im Falle der Dissoziation ist es störend, dass etwas eintitt, das "Zeit verlieren" genannt wird: Dir fehlt plötzlich die Erinnerung an einen bestimmten Zeitraum - du bist da weg gedriftet und kannst beim besten Willen nicht sagen, was in der Zeit eigentlich objektiv passiert ist. Das kann durchaus ein kreativer Raum sein, in den Du hinein gerutscht bist, weil in jedem Fall angehmer für das Bewußtsein auszuhalten als die dissozierten Emotionen auszuhalten.

Trotzdem kann das störend werden. Willst Du das ändern, hilft nur, sich sehr intensiv damit auseinander zu setzen, welche "Anker" der Realität Emotionen bei Dir auslösen, die verbunden sind mit Erinnerungen, die Du lieber nicht mehr in Deinem Bewußtsein haben möchtest. Wenn Dir das klar wird, wird die Dissoziation unnötig, der Abwehrmechanismus wird nicht mehr gebraucht.

Es handelt sich um UNBEWUßTE Vorgänge, das ist das Problem. Die Fragen an sich selbst, die Sandra nennt, sind sehr richtig und können weiterhelfen.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 10. Mai 2004, 01:15:18
ZitatDeshalb helfen Atemübungen oder ähnliches da genauso wenig wie Akkupressur oder Wollen.

Da muss ich widersprechen. Atemübungen und Yoga können sehr wohl helfen - zum Beispiel -wenn man sich aus "Ihh, hier ist es nicht nett zu mir"-Gründen ausklinkt- dadurch, dass sich das, was einem unangenehm war, nicht mehr unangenehm ist, weil man sich einfach besser spürt und mehr annimmt.
Aber auch so erhöhen sie die Wahrnehmbarkeits-schwelle. Man spürt sich und die Umgebung besser, lernt beides anzunehmen, lernt, automatisch mit sich und seinem Konzentrationspotenzial besser umzugehen.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 10. Mai 2004, 01:18:44
Okay - muß ich zugestehen: Ich habe mich nie ernsthaft mit diesen Methoden (Yoga usw.) auseinander gesetzt. Mit Atmung kenne ich mich gut aus - und da hast Du Recht: Atemtechniken helfen deutlich!.

Trotzdem: Wenn die Dissoziation extrem stark ist: Da hilft echt nix! Außer Konfrontation mit sich selbst.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 10. Mai 2004, 01:05:36
Kreativ ist das leider in den seltensten Fällen. Ich kann auch keine "Anker" sehen, also bestimmte, wiederkehrende Muster, unter deren Einfluß ich wegtrete. Manchmal habe ich sogar das gefühl, "weg" ist der Grundzustand, "da" ist die Ausnahme.
Mit mir selbst konfrontieren - ist auch nicht neu. Ich suche da schon sehr lange einen Ansatz. Das Dumme ist - ich kann mich nicht einfach hinsetzen und sagen "So. Jetzt konfrontier ich mich mal mit mir selber" (auch schon versucht.)
Zur Zeit (seit einem Viertel Jahr) mach ich eine Atem(!)Therapie nach der Middendorf-Schule. Tut körperlich sehr gut, aber an diesem Zustand ändert es nix.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 10. Mai 2004, 01:17:12
Sorry - das ist heikel, sich da einzumischen, das weiß ich wohl! Mit aller Vorsicht: Mach' besser etwas, das Dich wirklich weiter bringt. Middendorf-Schule ist...

Na ja, guck' mal.

Du beschreibst das Problem exakt:

ZitatIch kann auch keine "Anker" sehen,

Mit "Anker" ist gemeint, dass in der Realität plötzlich irgend ein Reiz auftritt ("Peter lacht" = Anker). Dieser Reiz löst eine unbewußte (!) Assoziationskette in Deinem Gehirn aus, die in einem Gedächnisbereich endet, der wiederum mit Emotionen verknüpft ist, die sofort Abwehrmechanismen aktivieren.

Sich hin zu setzen und zu suchen, ist äußerst schwierig und fast sinnlos. Du brauchst jemanden, der Dir dabei hilft, raus zu finden, was genau die Ursachen sind.

Mein wirklich warmherzig gemeinter Rat: Wechsel mal zu einem wirklich effektiven Verfahren (Tiefenpsychologie oder Analyse)  :-*
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 10. Mai 2004, 09:46:38
ZitatSich hin zu setzen und zu suchen, ist äußerst schwierig und fast sinnlos. Du brauchst jemanden, der Dir dabei hilft, raus zu finden, was genau die Ursachen sind.
Ich muss Dagmar Recht geben. Nur, den/die richtige Therapie/TerapeutIN zu finden, das ist eine Höllenarbeit, und vor allem: dass er der/die Richtige ist, merkt man nciht sofort. Ich hab schon einige Freunde von mir erlebt, die von ihrer therapie noch viel verkorkster wurden - aber man kriegt es erst nach einiger Zeit mit.
Aber jedenfalls ist ein Gegenüber, ein "Spiegel" ziemlcih wichtig. Denn man reisst äusserst schwer genau die inneren "Mauern" nieder, die man ja selbst gebaut hat.
gerade bei intelligenten Menschen ist das ziemlich mühselig, denn denen kann ihr eigenes Hirn ziemlcih leicht alles aus- ein- oder schönreden...

Vielleicht ist es ja alles viel einfacher, und du bist tatsächlich einfach mit Deiner momentanen Situation unzufrieden.
Oder, was auch relativ einfach ist: Vielleicht ist es einfach irgendein Vitamin oder Hormonmangel.
hast du Dich schon mal einfach ganz normal gesundheitlich durchchecken lassen?

Mein Liebster ist auch so ein "heimlicher autist" wie ich das (ziemlcih abfällig, aber nicht so gemeint!) nenne.
Der driftet einfach weg, und hört nicht mehr zu, lebt in seinen eigenen Gedanken.
Aber das ist gut so. Er kriegt schon mit, was für ihn wichtig ist, und er ist sehr kreativ, und genauso, wie er total alles ausblenden kann, kann er sich - wenn ER will - konzentrieren. Dann arbeitet er stundenlang, an SEINEN Sachen...

Jedenfalls: es ist ziemlich schwer, wenn man so ohne dich zu kennen, einfach seinen Senf abgibt.
Sowas kann die verschiedensten Ursachen haben - aber die erste und wichtigste Frage ist:
WUNDERST Du Dich einfach über Dich?
Oder LEIDEST Du unter Dir?
Oder leidest Du nur, weil Du glaubst, du "solltest" halt anders sein?

Eine Erfahrung habe ich gemacht: Wenn man sich mag, dann hilft es schon, wenn man sich mit einem Problem, dass man in sich sieht, bewusst auseinandersetzt - denn dann kommt die "Hilfe von aussen" wenn man sie denn braucht, ganz von selbst zu einem.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Katinka Koschka am 11. Mai 2004, 09:02:54
Gefühle ist auch so eine "Spezialstrecke" von mir. In der Schule wurde ich immer gehänselt, weil ich so schnell zu heulen anfing. Als ich ganz klein war, brauchte nur jemand einen  :( zu malen und schon war ich auch :(
Wutausbrüche kenne ich auch, besonders wenn mein Computer nicht das macht was er soll :-[
Aber auch das gegenteilige Gefühl ist bei mir heftig. Ich lache ziemlich laut und hab schon manche damit schockiert, daß ich eher piepsig spreche (wenn ich mich unsicher fühle) aber lache wie'n Rollkutscher ;D
Bin mal bei einem Jazz-Konzert angemotzt worden, weil ich dauern kichern mußte, aber die Beiden Musiker haben so ulkige Geräusche auf ihrem Saxophon/Posaune gemacht, das war bestimmt witzig gemeint!! :-/ Dafür hab ich dann wieder das Heulen gekricht wenn die Zwo melancholische Melodien gespielt haben. :-/
Ich sag ganz gern "MEIN FLUSS HAT IMMER HOCHWASSER" oder "DAS WAR DIE MOLL NOTE DIE DIE AUGEN ZUM ÜBERLAUFEN BRACHTE" ;)

Was Lampenfieber betrifft, das ist ganz komisch bei mir. Vorher bin ich die Ruhe in Person aber frühstens ein Lied bevor ich dran bin (bei den Musikschulvorsingen) werde ich langsam nervös.
Und stehe ich dann auf der Bühne, geht's los...die Knie zittern, die Hände zittern, ich werd' konfus, vergesse Texte, die ich doch auswendig konnte (hab deshalb immer den Text dabei, auch wenn's etwas "uncool" aussieht, 'nen Notenständer vor sich zu haben, während man witzige Chansons trällert)
Aber dennoch hab ich bisher geschafft, daß das Publikum an den richtigen Stellen lacht und auch ehrlich Beifall klatscht. Meine Lehrerin meint, ich hätte eine witzige Mischung aus freiwilliger und unfreiwilliger Komik... ;D
Als Kind hatte ich übrigens überhaupt kein Lampenfieber! Ich konnte lange Gedichte auswendig aufsagen mit "Ausdruck" und Gesten und allem was dazugehört und hatte nie Probleme...ich glaub es fing an, als ich in die Lehre ging und wieder mal an einem Künstlerabend teilnahm...da war's SO schlimm, daß ich mich hinsetzen mußte und im Sitzen vortragen. Aber zum Glück gefiel's trotzdem und ich hab glaub' ich sogar'nen Platz belegt... ;D
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 11. Mai 2004, 10:25:32
Ach Katinka, DAS kann ich alles so gut verstehen! Das hätte ich genauso von mir schreiben können  :-*
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 11. Mai 2004, 20:51:05
Wooohhw - jeeepeeeeehhh - jucheiduhheiheeeee  :D :D :D :D :D :D :D :D :D

Ich weiß, dass ist hier keine Werbetafel und auch kein Anzeigenforum. Aber ich muß Euch einfach was IRRRES erzählen: JUHUUUUUUUU! Ich freu mich so ich freu mich so ich freu mich so ich freu mich immer noch so:

Für meine drei Konzerte im November habe ich heute - tärätärä -
die Bühne des "Jungen Theaters Bonn" bekommen. Für einfach so. Ein super schönes Theater mit 400 Plätzen und mit Lichtingenieur, und die Bühne ganz schön mit schwarzen Stoffbahnen, und den Flügel kriege ich für fast umsonst dahin gekarrt, und die haben mir Samstagabend für die Premiere gegeben und die Woche drauf nochmal Freitag und Samstagabend, und die Garderobe ist auch klasse, und oben gibt es ein kleines Bistro für die Pause und für die Premierenfeier krieg' ich ein kleines Gullaschbuffet (ich wollte Brotsuppe wegen "de Brescht" - aber Gullasch is och joot), und die geben meine Karten alle in den Vorverkauf, und der Typ ist sowieso supernett gewesen, und die wollen Plakate ohne Ende raushängen.

Mann ich heule vor Freude - und die haben gesagt, wenn die Presse gut ist, wollen sie's nochmal im Februar 2005 wiederholen. UND: Ernst Stankovski hat mir einen ganz lieben Brief geschrieben, der heute in der Post war, und gesagt, er versucht alles möglich zu machen, um zur Premiere zu kommen.

WOOOOOOWWWWH! JUUUHUUUUUUU! JIPEIDIHEIDEHH!

Ich könnte zum Himmel hüpfen und wieder zurück und dann auf der Erde auftitschen und wieder zum Himmel fliegen und kurz in Ösiland vorbeibrausen und Sandra winken und auf die Erde titschen und wieder aufsteigen und über Kölle, minge lieve Stadt am Rhing schweben und Andrea winken - und überhaupt.

Ähm - ja - ist ja vielleicht für viele von Euch janz normal so was, so Bühnen und so weiter. Für mich nich - für mich isses was irre Großes - und überhaupt ich freu mich soooooooo
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bastian am 11. Mai 2004, 22:07:06
Klingt vielleicht etwas mager (nach Deinem Riesenposting :D), aber: He, ich freue mich für Dich! Und wenn der Stankovski kommt, dann wird er dafür wohl auch Gründe haben ;) Hehe, Glückwunsch!
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bastian am 11. Mai 2004, 22:08:17
Ich stand übrigens noch nie alleine auf so einer Bühne...
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 11. Mai 2004, 23:14:21
Hehe - ich auch nicht  ::)

Vielen lieben Dank - ich bin wieder ein wenig auf dem Boden gelandet, aber immer noch unter Tränen - ich freu mich so - schluchz freu  :D :'( :D
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Maexl am 11. Mai 2004, 23:32:16
hmm

mal überlegen, vielleicht schaff ich es mal ende des Jahres oder anfang 2005 nach Bonn zu kommen, wenn du gerade Auftritte hast.

das Kreisler und Brecht Programm interessiert mich brennend. Wenn es nur halb so gut ist wie Gisela May werde ich begeistert sein.

Maexl
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 11. Mai 2004, 23:53:18
@Maexl:

Ich würde mich riesig freuen und Dir einen Platz in der ersten Reihe reservieren. Es ist ein Brecht/Weill/Villon - Programm. In den nächsten Tagen entscheiden sich die genauen Termine:

Entweder Premiere 06.11.04, Folgekonzerte 12. und 13.11.04

Oder

Premiere 27.11., Folgekonzerte 03./04.12.04
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 12. Mai 2004, 01:07:41
Freu mich SEHR für Dich!! Wenn du gute Kriktiken kriegst, kann das ein echter Einstieg sein, auch für andere Häuser!!!
Wenns sich irgendwie ausgeht, komme ich auch voll Neugierde !  Ich bin übrigens ein nettes Publikum: Ich bin immer lieb und lache gern und klatsche an und so  - sogar wenn's mir nicht so gefällt, weil ich finde, als Kollege gehört sich das einfach.
Gratuliere!!! Sowas ist heutzutage tatsächlich was Besonderes! Die theater geben's nicht mehr so leicht wie vor zehn Jahren....
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 12. Mai 2004, 01:14:47
Oh DAANKE!!! Komm' - wenn Du's einrichten kannst - ich bin so happy - hab' so hart für dieses Programm gearbeitet - wird vielleicht nicht so dolle, und Gisela May bin ich auch nicht, weit weg von, aber vielleicht für meine Verhältnisse 'ne nette Presse (oder aber der Einstieg  ;D ;D ;D). Reserviere Dir auch 'nen Platz (und als Zugabe habe ich sowieso Kreisler geplant)

Oh je - jetzt muß ich glaube ich mal langsam ins Bett. Zuviel gefeiert, heute abend  :P
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 12. Mai 2004, 01:21:22
Welchen Kreisler?

(ich bin ja langsam ziemlich gemagerlt, dass man bei Presse und öffentlichkeit allen Menschen "verzeiht" bzw es toll findet, wenn sie Kreisler machen, nur bei mir isses was anderes. Hab mich heute wieder drüber unterhalten: Egal was ich mache, wenn auch nur ein einziges Kreisler-Lied dabei ist, wird nur DARÜBER geredet, und dass ich das sänge, weil ich irgendwie Probleme hätte. Ich find das gemein. Ich will auch singen können, was immer ich mag, wenn ich die Lieder mag, ohne dass sich Hobbypsychologen wichtig machen...brummel)
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 12. Mai 2004, 01:43:23
Mann das ist ja richtig SCHEIßE! Ich habe das in Teilen verfolgt (auf Deiner HP, im gkif, usw.) das tut mir superleid und das ist total daneben.

Tja - mal gucken (ist jetzt nicht so furchtbar sortiert, wie gesagt, schon zu viel gefeiert - vielleicht kannste aber trorzdem was damit anfangen, oder es aber irgendwie in Deinen Statements "verwurschten"):

Also zunächst mal als erstes:

Alle Töchter haben 'ne Vaterfixierung, das ist voll normal. Die Frage ist nur - wie damit umgehen: Du z.B. hast ewig schon keinen Kontakt mehr zu Deinem Vater (hatte ich auch 10 Jahre lang mit meinem nicht - kann mich da also reinfühlen). Zwischen Dir und mir gibt es nur einen ganz gravierenden Unterschied: Dein Daddy ist berühmt, mein Daddy spielt Kirchenorgel.

Ich wollte nieeee Orgel spielen - fand ich immer ätzend. Ich wollte Klavier spielen - ging nicht, weil: Ich sollte Orgel spielen. Als ich endlich anfing, Klavier zu lernen, war es viel zu spät, um das noch vernünftig zu lernen. Aber eins war klar: ORGEL SPIEL ICH NIIIIEEEMALS!

Es steht mir überhaupt nicht zu, Dir solche Fragen zu stellen, trotzdem werfe ich die mal in den Raum:

Warum singst Du die Songs Deines Vaters? Du hast genug eigene Sachen!
Wenn Du die trotzdem singst, wird es einen Grund haben, und dem solltest Du für Dich nachgehen - diesen Grund vielleicht auch öffentlich machen. Überhaupt mehr Klarheit für Dich in Sachen Vaterbeziehung hinkriegen (ich erlebe das nicht wirklich geklärt bei Dir - nochmal sorry - es steht mir eigentlich nicht zu, diese statements abzugeben - ich kann es letztlich auch nicht, ohne Dich persönlich zu kennen, beurteilen).

Sandra, vielleicht haben wir mal die Gelegenheit, uns persönlich zu unterhalten. Ich finde das schwierig in so einem Forum, wirklich zu artikulieren, was mir alles dazu so einfällt.

Zu meinem Konzert: Als Zugabe hatte ich "Zu leise für mich" und wahlweise "Tigerfest" und / oder "Als der Zirkus in Flammen stand" geplant. Ich habe da meine eigenen Interpretationen zu diesen Stücken - weder mit Deinem Vater noch mit Dir verbandelt.

Ruf' mich mal an, wenn Du magst - dan mag' ich wiederum Dir noch gerne mehr dazu sagen (Tel.nr. über Kurznachricht)
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 12. Mai 2004, 01:46:54
Dagmar, super!!!! Freu mich für dich!!! Und wenn ich kann, dann sitze ich mit Sandra und - wem auch immer noch - bei einem deiner Konzerte. Wir können ja dann vielleicht sogar zusammen mit einer Karte von Berlin nach Bonn... Egal. Nicht wirklich wichtig, wer mit wem und warum im Zug fährt...
Sandra, nun, weil dieser Thread "Emotions" heißt, lass ich die jetzt mal raus: Ich hör mir dieses Hör(Schau)spiel mit den  Journalisten und so und mit dir und deinem Vater seit ein paar Monaten an, und langsam krieg auch ich plag (das heißt auf kölsch die Krise oder so). Wieso verdammt nochmal können diese unsensiblen Arschlöcher nicht endlich mal akzeptieren, dass es Situationen gibt, in denen jemand steckt, in denen sie selber nicht stecken und es darauf beruhen lassen? Wir haben das Thema auch... und ich denke, ich hab mein Ding dazu gefragt und gesagt, und damit ist gut. Und wenn du mir dazu was sagst, dann ist's auch gut. Und fertig, schluss aus. Aber: Wir sind Freunde. Da ist das was anderes. Warum hängen sich diese sensationsgeilen Wichser immer an diesem Thema auf, anstatt dich als Person zu sehen? Ich erwarte mir auf diese Frage keine Antwort. Sie steht eher symbolisch wütend im Raum. Die Antwort ist mir klar: Die Mehrheit der Menschen interessiert vordergründig die Situation, nicht die Person. So geht's mir ja auch immer wieder durch meine Blindheit. Das sind zwei verschiedene paar Schuhe, aber irgendwie haben sie was gemeinsam, nämlich diese verfickte Situationsgeilheit. Grrr!
Und wenn ich spür, wie weh's dir tut, umso mehr Wut krieg ich und würd am Liebsten rein schlagen in jede einzelne Fresse von diesen Hülsentschecherern. Und ich versteh auch immer besser, warum du dieses "Erbe" nicht unbedingt positiv sehen kannst.  Warum können einem diese Berufs-Hülsentschecheranten ein Programm, das so schön ist, so vermiesen... Aber wir dürfen es uns eben nicht vermiesen lassen. Sing weiter Kreisler und die sollen dich (uns alle, die wir's ohne Rundherumgedanken gern hören) ins Knie ficken. Tschuldigung. Das musste jetzt mal raus.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 12. Mai 2004, 01:52:01
Mir tut's auch superleid Sandra - das ist wahrhaftig nicht einfach  :-/
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Sandra am 12. Mai 2004, 08:34:11
Ich danke Euch für eure Anteilnahme - aber:
Zitatdass es Situationen gibt, in denen jemand steckt, in denen sie selber nicht stecken und es darauf beruhen lassen?

Das ist es ja gerade.ICH STECKE IN KEINER SITUATION.
Will das niemand kapieren???????????

Ich bin eine ganz normale Frau, die Lieder singt, die ihr gefallen.
Ich hab den Fehler gemacht, dass ich nach einiger Zeit nachgegeben habe, und nicht mehr gemischte Programme gemacht habe, sondern eines, das Kreisler singt Kreisler heisst, weil ich mir einen Werbeeffekt versprochen habe.
Aber ich habe keine "Situation"  weder mit Georg Kreisler noch mit Topsy Küppers noch mit Gerhard Bronner noch mit Konstantin Wecker - ich singe deren Lieder. Punkt.
(Tim Fischer singt jetzt übrigens auch schon Texte von Topsy Küppers)
Ich lebe mein Leben und ich habe eine Familie und alles ganz normal.
Ich habe eben keine Situation. Und mich nervt, dass alle behaupten, ich hätte eine.
ich HATTE eine. Aber das ist gute 20 Jahre her, eine Ewigkeit. Längst aber sowas von gegessen und inzwischen total uninteressant.
Gehört praktisch nicht mehr zu mir.
Klar, all das Erfahrene trägt zum Charakter einer Person bei. Aber, um ein Beispiel zu geben: Es gibt Menschen, denen wurde die Mutterbrust verweigert. Und das trägt auch zu ihrem Charakter irgendwie bei. Aber wenn sie erwachsen sind, hat es nix mehr mit ihnen zu tun: sie haben einfach im Laufe ihres Lebens einen Charakter gebildet, den man wenn man will, auf Spuren ihrer Vergangenheit zurückführen kann. Aber wenn DIR die Mutterbrust verweigert wurde, wie lange hat das dann bewusst mir Dir zu tun??
Und genau das nervt mich so: Es wird überall behauptet, dass ich auf "meiner Situation" die Lieder singe, die ich singe.
Wer sagt von Tim Fischer, dass er sich bestimmte Lieder auswählt, weil er schwul ist?
Er wählt sich die Lieder, die ihm gefallen, und von denen er annimmt, dass sie zu seinem Typ und seiner Interpretationsart passen. Und punkt.
Und bei mir und bei Dagmar und bei Hutzliputzli ist es ebenso.
Und es nervt, wenn man beschränkt wird, weil man sich den Mund fusslig reden kann, und immer kommt nur: Ich verstehe Deine Situation.

ich würde ja gerne weiter die Lieder singen, die ich singen will. Aber es tut mir letztlich nciht gut. Die Veranstalter interessieren sich nicht für's Quartett, weil es niemandem darum geht WAS ich WIE singe und WIE die Musik ist - und das liegt am Namen.
Sowas Blödes aber auch.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Bassmeister am 12. Mai 2004, 08:54:32
ZitatDein Daddy ist berühmt, mein Daddy spielt Kirchenorgel.

Das muß sich nicht unbedingt ausschließen. Johann Sebastian Bach hat auch Kirchenorgel gespielt. Und er gehört zu den Berühmtesten. ;)

ZitatDie Veranstalter interessieren sich nicht für's Quartett, weil es niemandem darum geht WAS ich WIE singe und WIE die Musik ist

Und DAS finde ich immer so schade. Man reißt sich den Ar*** (Entschuldigung: ich wollte natürlich sagen "das Popöchen") auf und versucht, gute Musik zu machen - honoriert werden aber ganz andere Dinge.
Ich finde das mit dem Quartett sehr geil! (Nur schade, daß da kein Kontrabaß benötigt wird  ;))
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 12. Mai 2004, 11:37:20
dass es Situationen gibt, in denen jemand steckt, in denen sie selber nicht stecken... Sorry, mit Situation meinte ich einfach nur die Namenssituation, auf der die Journalisten... herumreiten. Nicht mehr und nicht weniger. Ich kann mich da auch schwer ausdrücken. Sorry!  Aber das ist ja das: Sie sehen nicht dich als Person, sondern vordergründig als Kreisler-Tochter und bauen sich dann ihre seltsamen Stories drumrum. Dabei bilden sie sich noch ein, einen tiefgründigen Artikel geschrieben zu haben, in dem's ums "Eingemachte" geht. Dabei tapern sie ja eh nur an der Oberfläche 'rum.
Und die Veranstalter sind genauso gepolt, denke ich.
Cosma Shiva Hagen geht's bestimmt auch auf den Geist, dass sie dauernd mit Nina in Zusammenhang gebracht wird.
Diese Zusammenhänge können helfen oder nicht gut tun. Und die Presse macht sich's einfach, schickt irgendwelche Worthülsen in ihre Zeitung, und schon gärt das Ding weiter. Das ist es, was ich meinte. Das ist es, was mich aufregt.
Wenn die Presse über mich schreibt, steht auch am Anfang: Blind. Und damit werden die Leute auf das Wort "Blind" aufmerksam gemacht, und auch wenn sie den ganzen Artikel lesen: Welche Musik ich mache, dass ich bei Blinde und Kunst künstlerisch tätig bin, von mir aus, dass ich einen Hund habe, dass ich... was auch immer. Das werden sich die Leser auf lange sicht nicht merken. Aber wenn mich einer von denen auf der Straße trifft, dann weiß er,: Das ist die Blinde, die ich in der Zeitung gesehen habe.
Und bei dir heißt es: Das ist die Kreisler- oder Küpperstochter, über die ich in der Zeitung gelesen habe. Ach ja, die singt ja auch Lieder ihres Vaters. Das meinte ich mit: die Situation in der du steckst. Du wirst darauf definiert. Und du kannst tun was du willst, singen, was du willst, denken was du willst, Diese "Begleiterscheinung" musst du ertragen, ob du sie haben willst oder nicht. Das ist die Situation.
Ist das jetzt bitte so angekommen, wie ich das gemeint habe? Nicht dass du noch denkst, ich denke... auch so 'nen blödsinn :-).
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 14. Mai 2004, 01:46:06
ZitatAber ich habe keine "Situation"  weder mit Georg Kreisler noch mit Topsy Küppers noch mit Gerhard Bronner noch mit Konstantin Wecker - ich singe deren Lieder. Punkt.

Taj - das ist glaube ich nicht ganz richtig. Das mag Dir nicht gefallen, Dich gelb und grün ärgern - aber sobald Du Lieder von Georg Kreisler singst, hast Du eine SITUATION, auch wenn Du die nicht haben willst: Du bist die Tochter Punkt. Das mag für Dich null Bedeutung haben. Aber es schafft eine Situation in der Wahrnehmung anderer. Diese Wahrnehmungen mögen auch voll von Projektionen und Phantasien sein, die mit Dir nicht das allergeringste zu tun haben. Die SITUATION hast Du trotzdem an der Backe und mußt damit irgendwie umgehen.

Natürlich singt Tim Fischer bestimmte Lieder, WEIL er schwul ist. Auch wenn er sie nicht singt, WEIL er schwul ist, schafft er trotzdem damit eine SITUATION. Das ist ganz ähnlich.

ZitatGehört praktisch nicht mehr zu mir

Da machst Du Dir glaube ich was vor.

Zitatund immer kommt nur: Ich verstehe Deine Situation

Also erst mal ist das ja meistens als eine Form von Anteilnehmen gemeint. Aber okay: Dann sage ich Dir mal offen und ehrlich, was ich so alles zu Dir gedacht habe:

Als erstes dachte ich: Sandra Kreisler, die Tochter von dem Kreisler - sieh mal an.
Dann habe ich mir Deine HP angeguckt. Da dachte ich als erstes: WOOW - die Frau sieht ja superklasse aus. Dann habe ich mich da so durchgesurft und habe mir alle Deine CD's rausgeschrieben - ach so vorher habe ich mir die Hörbeispiele angehört und dachte "hey klasse" - Deinen Vater hatte ich längst vergessen zu dem Zeitpunkt. Auf den stieß ich erst wieder, als ich Dein Statement in Deinem HP-Diary las. Dann war ich einige Tage super neidisch, weil ich dachte "So ein Mist - so weit werde ich das nie bringen". Dann war ich super gespannt, mit Dir zu posten und mehr von Dir zu erfahren. Deinen Vater hatte ich erneut vergessen.

Eingefallen ist der mir im Zusammenhang mit Dir erst wieder als das hier wieder Thema wurde durch DEINE Frage "welchen Kreisler?"

So war das Sandra - für manche wird das genau so sein, für andere wird das "Vater-Tochter-Thema" im Vordergrund stehen (vielleicht auch, weil man das z.B. als Pressefuzzi gut ausschlachten kann). Tja - so what? DEINE Haltung und Deine Emotionen dazu sind viel entscheidender - und beeinflussen DIE SITUATION übrigens auch maßgeblich.

 :-*

Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 14. Mai 2004, 01:19:27
Bei mir war's so: Ich hab Sandra im Radio gehört, und das, was du gesagt hast, machte dich interessant und sympathisch. Damals wusste ich noch nicht einmal, dass es jemanden gibt, der Georg Kreisler heißt und dass er bekannt und dein Vater sein könnte. Und das hab ich erst durch dich mitgekriegt. Und es ist ja immer noch so, dass ich Lieder von ihm nicht kenne, die ich dich hab singen hören.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Andrea am 16. Mai 2004, 17:26:28
Nun aber zu anderen Emotions:
Ich war gestern in xanten - am Tag der Begegnung. - Dort hatten viele Behindertenorganisationen und Ämter Stände mit Infomaterial..., um sich zu präsentieren. Davon habe ich aber nicht viel mitgekriegt - von den anderen Ständen. -
Wir waren im "DunkelCafe" vom Landschaftsverband Rheinland engagiert, um dort zu singen - nicht um uns um die Gäste im Dunkeln zu kümmern. -
Der Tag begann früh um 5.00 Uhr, und gegen 9.00 Uhr waren wir da. Als wir das erste Mal den dunklen Raum - das Kabuff - betraten, traf mich fast der Schlag. Da passten öchstens 15 Leute zusammengepfercht rein. Jawohl, ihr habt richtig gelesen, fünfzehn Leute. Als Raphael die Anlage aufbauen wollte, hieß es: Geht noch nicht, wir sind mit dem Putzen noch nicht fertig. Da ich wusste, dass gleich jemand ausrasten würde, machte ich erst mal kehrt - auch, um zu verdauen, dass da drinn so wenig Leute Platz hatten. - Die Veranstaltung konnte, weil sich alles nach hinten verschoben hatte, erst um 12.00 Uhr beginnen. Gut. Damit hatte ich mich eh schon im Vorhinein arrangiert. Das ist ja immer so.
Ich sollte als Erste singen, nach mir Leslie Mader und dann Michael Haaga. Es war festgelegt, dass jeder um die 20 Minuten singen sollte und um wieviel Uhr die Setts beginnen sollten.
Ich legte los, nachdem die ersten elf Maxln ihren Kaffee und ihren kuchen hatten. Es gab wirklich nur Kaffee in diesem Dunkelkaffee zu trinken (kopfschüttel).
Die ersten zwei Lieder kamen super an. Die Leute hörten zu - man hätte eine Stecknadel fallen hören können. - Als das dritte Lied begann, bildete sich die Kellnerin ein, die Leute zum Sprechen animieren zu müssen. Ich zog das Lied durch und sagte danach: "Ich glaub, es ist besser, wir machen jetzt eine kleine Pause." Als die Gäste draußen waren, begann ich zu toben: Was das denn solle, die Leute zum Reden zu animieren. Das Mädel sagte ja auch noch, sie hätte das getan. "Die Leute wissen doch gar nicht, wer ihnen gegenüber sitzt.", sagte sie. "Das wissen sie in einer anderen Lokation auch nicht immer. Außerdem hatte ich erst losgelegt, als sie ihren Kaffee hatten..." Mein Schlusssatz fürs Erste war: "Ich geh jetzt raus. Ich bin sauer." Dann ging ich tobend zu den anderen, schilderte ihnen die Situation und wünschte ihnen "Viel Spaß für eure Gigs." Und wenn das gleich nochmal passieren würde, würde ich der Kellnerin an die Gugel springen, dachte ich. Ich versuchte gleich nochmal einen Sing-Anlauf. Aber dazu kam ich nicht, denn die Kellnerin unterhielt sich mit den nächsten Gästen die ganze Zeit und sagte zu mir: "Andrea, jetzt passt's, glaub ich, nicht für dich." Ich war auf 180, aber vor den Gästen zeigte ich das nicht. Und als die weg waren, sagte sie: "Die waren aus einer Behindertenwerkstatt." Ich war nicht spontan genug in meiner Reaktion, um zu sagen: "Und das ist die Erklärung dafür, dass die keine Musik hören wollen?"
Dann kam Leslie an die Reihe. Ihr Auftritt war grandios. Sie singt Musical-Songs. Niemand quatschte dazwischen, die Kellnerin schien gelernt zu haben. Sie sang ihre fünf Songs, und die Leute wollten das auch hören. Aus meiner Erfahrung lernend, fragte Leslie nach jedem Lied: "Wollt ihr noch eins hören?" Und sie wollten.
Bei Michaels Auftritt waren geistig behinderte und schwerhörige Menschen da. Eine geistig behinderte frau versuchte beim ersten Lied mitzusingen. Sie sang alles immer so delay-mäßig hinterher. Als Micha dann sagte, das würde ihn raus bringen, sagte sie: "Das versteh ich!" und hörte auf zu singen. Ich fand es als schönes Kompliment für Michael, dass jemand, der so ein schweres Handicap hat, versucht, auf ihre Weise mitzusingen. Es war klasse. Die Leute kauften CDs von ihm - das haben sie auch bei mir getan - und freuten sich über die schöne Darbietung.
Und dann kam was Erstaunliches: Die Kellnerin fragte mich: "Willst du nochmal singen?" und fügte: "Diesmal sag ich nichts." hinzu. Ich sang dann noch vier Lieder, hatte also eigentlich das längste - wenn auch unterbrochene - Programm, und ich konnte ihr die Situation, die vorher entstanden war, auch verzeihen. Die Kellnerin hat das erste Mal im Dunkeln gearbeitet und dachte, sie müsse den Ramen bestimmen. Niemand hat ihr gesagt, wie das laufen soll, und niemand hat uns gesagt, wie man sich alles vorstellte.
Alles in allem war die Veranstaltung dann doch gelungen, wenn auch die räumliche Situation ein Fiasko war. Es hat mich total berührt, dass Leute, die schwerhörig und gehörlos waren, in unser Cafe gingen, um sich unsere Musik anzuhören. - wie auch immer sie dann im Ohr ankommt oder anders fühlbar wird. - Schon allein deshalb möchte ich diese Erfahrung nicht missen.
Klar war es schwierig, rauszufinden, wer Kaffee oder Kuchen haben wollte, wer schon bezahlt hat und wer noch nicht..., Aber Bernd und Bärbel waren geduldig. Und wir anderen, die wir nur für die Musik zuständig waren, halfen trotzdem mit, so gut wir konnten und sollten.
Wir waren auch die letzten, die den Raum verließen, denn wir mussten ja auch noch unsere Technik mitnehmen.
Wir versuchen nächstes Jahr, draußen im Freien auf der großen Bühne spielen zu können und das Dunkel-Cafe in die Hand zu nehmen - aber nur mit Konserven-Musik. - Anders lohnt sich das nicht.
Den Tag ließen wir bei einem super guten Italiener in Duisburg ausklingen, denn dort mussten wir sowieso umsteigen. Als ich zu Hause ankam, rechnete ich aus, dass ich 20 Stunden auf den Beinen gewesen war.
Titel: Re: emotions
Beitrag von: Dagmar am 16. Mai 2004, 22:18:45
Super Andrea, herzlichen Glückwunsch zu Deinem gelungenen Auftritt! Schade, schade, dass ich nicht kommen konnte - vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal.

Das mit den Rahmenbedingungen erinnert mich an meinen Auftritt bei Rhein in Flammen  :-/. Ich weiß auch nicht, warum das so oft so kompliziert ist. Vielleicht hat das mit der unterschiedlichen Bedeutsamkeit von Musik zu tun: Für die Veranstalter ist das "Rahmenprogramm", für uns ist das Kunst und etwas wertvolles an sich. Manchmal denke ich auch, die hätten besser 'ne Konserve gespielt, weil ich mag mich nicht als Konservenersatz fühlen und ich tu' mich in solchen Fällen auch schwer mit verzeihen.