Manchmal googelt man sich auch nur vor Lachen:
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Nu ja, vielleicht ist der Sinn/Inhalt in Haft und da braucht's manchmal länger um hereinzukommen... 8-)
Wegen Begriffsklärung poste ich das mal hier, denn ich habe den Text noch im Rechner:
"sinn-haft [nr 5] - juni 1999
[Techniken des Verschwindens]
Techniken des Verschwindens
Von der Raum- zur Zeitordnung
Doris Wallnöfer
Die Frage der Geschwindigkeit beschäftigt den Philosophen und Architekten Paul Virilio seit geraumer Zeit. Er gilt als Begründer einer neuen Wissenschaft, die er Dromologie nennt. Virilio stellt Geschwindigkeit in einen politischen und kriegerischen Kontext und davon wird hier auch die Rede sein.
Geschwindigkeit und Politik - Geschwindigkeit ist nicht so sehr ein Phänomen, sondern eine Beziehung zwischen Phänomenen. Sie ist also relativ, wie Virilio argumentiert. Macht- und Herrschaftsverhältnisse basieren auf Geschwindigkeit, die Menschen fasziniert, lähmt, mobilisiert, verschwinden läßt. (Virilio 1993, 30) Macht wird vor allem über den raschen Zugriff auf militärische und zivile Informationen ausgeübt. Geschwindigkeit ist eine Form von Gewalt und steht in Opposition zum Politischen, welches dadurch zerstört wird. Das Politische und seine Grundlagen sind an einen Raum gebunden, in dem diskutiert und gehandelt werden kann, aber auch an eine gewisse Zeit, die Raum für Ideen, Phantasie, unterschiedliche Meinungen und den Prozeß der Entscheidungsfindung bietet - es geht also durchaus auch um eine bestimmte Dauer, denn das Politische läßt etwas fortdauern - man denke etwa an den Wohlfahrtsstaat. Geschwindigkeit vernichtet diesen Prozeß des Fortdauerns, sie bringt die traditionellen politischen Strukturen zu einer Implosion (Virlio 1995, 60 f.). Geschwindigkeit wird durch Technik und Technologie, vor allem durch die "Informationsbombe", die ihren Ursprung im Zweiten Weltkrieg hat, erzeugt. "Die Geschwindigkeit ist zuallererst die Geschwindigkeit der Information, die Geschwindigkeit des Vergessens. Man hat das Vergessen industrialisiert." (Virilio 1998) Inzwischen sind wir bei der Virtualisierung des Politischen angelangt. Politische Räume werden zunehmend durch einen virtuellen, weltweiten Raum der Information ersetzt. Hieraus entsteht eine neue, eine letzte - zugleich soziale und politische- Form der Kybernetik, die unsere Demokratie aufs höchste gefährdet, so Virilio. (Virilio 1994)
Das Verschwinden des Raums und die Frage des Krieges - Heinrich Heine schrieb Anfang des 19. Jahrhunderts. "Die Eisenbahn tötete den Raum. Was uns jetzt noch bleibt, ist die Zeit." Die Eroberung des Raums durch die Technik brachte ihn gleichzeitig auch zum Verschwinden. Geographische Distanzen und Hindernisse lösen sich durch Eisenbahn, Flugzeug, und schließlich durch die neusten Informationstechnologien buchstäblich in Luft auf. Dieser Vorgang kann mit dem Begriff Deterritorialisierung umschrieben werden. Man erinnert sich an dieser Stelle vielleicht an Clausewitz und an die von ihm beschriebenen Friktionen. Mit Friktionen meint er eine Reihe von Hindernissen, die beispielsweise geographischer Natur sind, wie Berge oder Flüsse, welche die Kriegführung beeinträchtigen und dem Krieg Grenzen setzen. Auch die Politik kann zu diesen Hindernissen gezählt werden, in dem Sinne, daß sie den Krieg begrenzt (Der Krieg war bei Clausewitz bekanntlich ein zutiefst politischer Akt, ein "Halbding", Teil eines Ganzen, der Politik). Das Verschwinden des Raums bedeutet gleichzeitig, daß der Krieg entgrenzt wird. Der Krieg läßt bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts kein Entkommen mehr zu, der Möglichkeit nach kann man überall getroffen werden. Der Krieg wird zum totalen und in der Logik "Sieg oder Niederlage" geführt - dazwischen gibt es nichts mehr. Fronten verschieben und vervielfältigen sich. So ist die "Heimatfront" z.B. eine begriffliche Neuschöpfung des Ersten Weltkriegs. Totale Kriegführung basiert nicht nur auf den Krieg gegen den äußeren und inneren Feind, sondern setzt auch eine totale Politik, deren übergeordneter Zweck der Krieg ist, voraus (Kaufmann 1996).
Die Eroberung des Raums ist also vorwiegend eine technische Frage. Die Vorherrschaft des Raums wird durch ein Kommunikationsnetz abgelöst, in dem Information ohne Zeitverzögerung stattfindet. Der Raum wird also in einen Informationsraum transformiert, neue Grenzen, Informationsgrenzen, werden geschaffen. Diese sind jedoch nicht eindeutig auszumachen, da es dafür keine fixen Regeln gibt. Der Informationskrieg tritt nun an die Stelle des Kalten Krieges, zu der Land-, See- und Luftfront gesellt sich die Informationsfront. Inzwischen geht es nicht mehr wie bei den beiden Weltkriegen um den Raum, sondern um die Zeit, der Weltkrieg wird vom Zeitkrieg abgelöst. Virilio meint damit natürlich nicht, daß Kriege im "Nirgendwo" stattfinden, es geht ihm vielmehr darum zu zeigen, daß die Zeit nun eine weitaus wichtigere Rolle einnimmt als der Raum (Virilio 1984, 74). Denn der Ort des Krieges ist heute tendenziell jener der Zeit, was bedeutet, daß von jedem Punkt des Globus aus gleichzeitig agiert werden kann, sowie alle bewohnbaren Orte vom Krieg augenblicklich erfaßt werden können. "Der militärische Raum ist vor allem ein Raum der Technik, ein Zeitraum, die kurze Spanne zwischen Angriff und Gegenschlag." (ebd.) Das Politische bleibt somit buchstäblich auf der Strecke.
Transpolitik - Trans steht für jenseits, über, durch. Transplantation, Transit, Transgender, Transaktion, Transgression, ... Transpolitik. Die Veränderung des Politischen geht Hand in Hand mit der Verwandlung des Krieges in einen reinen (kalten) Krieg. Mit dem Zweiten Weltkrieg, der wie Virilio aufmerksam macht, rechtlich nicht abgeschlossen ist, mit dem Holocaust, Hiroshima und Nagasaki, wird die Kriegserklärung obsolet, von einem Ausbrechen kann keine Rede mehr sein, denn Krieg wird zu einem Gesellschaftszustand (Reemtsma), er wird nur noch fortgesetzt, wie auch schon Ingeborg Bachmann erkannte. Somit gibt es auch keine Vorwarnzeit mehr. Wir befinden uns nicht mehr in der Dimension des wirklichen Krieges, sondern in einer anderen, die dem "großen Verbrechen" nahekommt. Seit 1969 agieren Staaten wie terroristische Einheiten - man denke an den Malwinenkrieg oder an den Angriff von israelischen Fallschirmjägern auf den Flughafen von Beirut (Virilio 1984, 30). Zwei aktuelle Beispiele: Die USA beantworteten im Sommer 1998 zwei Anschläge auf amerikanische Botschaften in Tansania und Kenia mit Vergeltungsschlägen auf strategische Ziele im Sudan und Afghanistan. Madlein Albright verkündigte darauf: "Dies ist der Krieg der Zukunft." (Die Zeit Nr. 35, 20. August 1998) Im Krieg gegen Serbien spricht die NATO bezeichnenderweise selten von Krieg. Die Rede ist von Luftschlägen und Sanktionen. Womit wir es heute zu tun haben, sind Kriegshandlungen ohne erklärten Krieg. Wenn der Krieg nicht mehr vom Frieden unterschieden werden kann, dann wird auch die klassische Funktion der Politik, Konflikte zu regulieren fragwürdig - das Transpolitische ist an dieser Stelle anzusetzen. Kriege finden nicht mehr in einer bestimmten Reihenfolge statt. Heute handelt es sich um einen Krieg, der endlos vorbereitet wird. "Diese endlose Vorbereitung, dieser Aufschwung der Logistik, bedeutet allerdings, daß sich ... die Gesellschaft, d.h. der zivile Konsum, nicht mehr entwickelt." (Virilio 1984, 94) Die Entwicklung der Kriegsökonomie führt unausweichlich zu einer Stagnation der zivilen Gesellschaft. Während die zivile Gesellschaft schrumpft, kann der militärische Bereich ein absolutes Wachstum verbuchen. Die militärische (und nicht die politische) Ordnung wird zur einzigen Ideologie. "Nun zählt einzig noch die Intensität des Augenblicks." (ebd., 98) Man könnte auch sagen, die Qualität des Augenblicks - es handelt sich um eine Zeit des Dringlichkeits- oder Beschleunigungszustandes. Allmählich entsteht ein reiner Staat, ein Weltstaat. Die multinationalen Konzerne verkörpern diesen reinen Staat. Menschen werden darin nicht mehr benötigt. Die Technik erledigt die Produktion, der Krieg wird automatisiert und mit ihm die Entscheidungsgewalt. "Es werden keine Menschen mehr gebraucht, keine Soldaten, keine Arbeiter mehr; von jetzt ab braucht man nur noch absolute Vernichtungsmittel, im kommerziellen Bereich wie auch anderswo." (ebd., 103)
Virilio plädiert für eine Politisierung der Geschwindigkeit - sowohl der metabolischen (die Geschwindigkeit des Lebendigen, der Reflexe) als auch der technologischen, denn wir bewegen uns nicht nur, sondern werden auch bewegt. Virilio ist überzeugt, daß nur ein Nachdenken und eine Auseinandersetzung über das Wesen der Technik und ihrem Verhältnis zum Politischen letztendlich zielführend ist (ebd., 80). Auf der Ars Electronica in Linz im Herbst ´98 forderte Virilio eine neue Politik des territorialen und sozialen Körpers. Ihm geht es darum, die Geschichte des Körpers, des Ortes, wiederzufinden, in einer Zeit, in der die Geschwindigkeit uns alle in einen Alarmzustand versetzt, ob im Alltag oder in der Politik. Die tendenzielle Entmaterialisierung des Territoriums geht Hand in Hand mit einer neuen Rechtslogik. Während das Recht immer ortsgebunden war - man denke an das Stadt-, Kataster-, Meer-, Luftrecht bis hin zum Weltraumrecht, welches die Satelliten und ihre Bahnen regelt, haben wir es nun mit einer Art Nomadenrecht zu tun. Hier, so Virilio, ist viel Arbeit zu leisten.
Clausewitz, Carl von, 1996: Vom Kriege, Reinbek bei Hamburg
Kaufmann, Stefan, 1996: Kommunikationstechnik und Kriegführung 1815 -1945: Stufen telemedialer Rüstung, München
Virilio, Paul, 1980: Geschwindigkeit und Politik, Berlin
Virilio, Paul/Lothringer, Sylvère 1984: Der reine Krieg, Berlin
Virilio, Paul, 1993: Revolutionen der Geschwindigkeit, Berlin Virilio, Paul, 1994: Im Würgegriff der Zeit, in: Die Zeit Nr. 46, 11. November, S. 63
Virilio, Paul, 1995: Der Negative Horizont, Bewegung, Geschwindigkeit, Beschleunigung, Frankfurt/M.
Virilio, Paul, 1998: Interview, in taz, 11. Juni, S. 3
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Virilio und Lothringer zeigen natürlich keine Lösung/Aufhebung auf, denn sie bleiben mit ihrer Ideologie völlig innerhalb der Militarisation. Die Phänomene, die sie beschrieben und erforscht haben stimmen jedoch. Es geht um Geopolitik, Macht und Geschwindigkeit. In der heutigen Epoche kommen ferner immer mehr Warlords an die Macht, die der Destruktivgewalt der Militarisation entsprechen.
In einigen Gebieten dieses Planeten können deshalb die Menschen vor lauter Leichen die Sonne gar nicht mehr sehen bzw. die, die in den Panzern sitzen stört sie...
(ich hoffe, Andrea und Dagmar verzeihen uns, daß der Thread vom Programm abgekommen ist und ggf. wäre es sinnvoll, einen neuen mit Subject "zeiT" aufzumachen und diese Beiträge dorthin zu verschieben? Was denkt Ihr, Basti und Maexl?)