HANNS DIETER HÜSCH UND KONSTANTIN WECKER
Marksteine einer Künstlerfreundschaft
(ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Konstantin Wecker:
Ich will noch eine ganze Menge Leben
Buch von 1978/79 (Ehrenwirth), 1981 (Rowohlt rororo TB)
Buchklappentext von Hanns Dieter Hüsch
(Diese Würdigung wurde ursprünglich in „Audio“ veröffentlicht.)
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Hanns Dieter Hüsch:
Hagenbuch hat jetzt zugegeben
LP von 1979 (Intercord)
Zwischenmusik von Konstantin Wecker, aufgenommen mit dem Team Musikon in Eching
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Auszug aus:
Konstantin Wecker im Gespräch mit Bernd Schroeder
C. Bertelsmann Verlag,, München 1981
Gegen diese Linke hat man es nicht schwer.
Einer, der dies auch weiß, einer, der auch seine Schwierigkeiten mit den Einordnungen in Kästchen hat, ist Hanns Dieter Hüsch. Er will nicht Liedermacher, Politsänger, Humorist oder Kabarettist sein. Nur Hüsch will er sein.
Konstantin sieht in Hüsch das Vorbild, den Entdecker. Er spricht voll Ehrfurcht und Bewunderung, wenn er von Hüsch redet. Ich will nicht sagen, dass da eine künstlerische Vaterfigur entstanden ist, obwohl Hüsch (Jahrgang 25) an Jahren der Vater sein könnte; es ist, glaube ich, vielmehr eine Seelenverwandtschaft. Keiner der beiden macht ein Hehl daraus, dass er den anderen bewundert. Es ist eine gar seltsam keusche Liebe. Wenn man dem einen von den lobenden Worten des anderen erzählt, dann reagiert er bescheiden verschämt. Hüsch verweist auf die Tatsache, dass er doch nur Kleinkunst mache und am Harmonium nur drei Akkorde zustande bringe. Wecker verweist auf die Weisheit des Hüsch und bezeichnet sich als dummen, nur zu lechzender Bewunderung fähigen Schüler. Wecker sieht in Hüsch aber auch den tapferen, standhaften Aufrichtigen, der sich nicht vereinnahmen hat lassen, der keiner Mode verfiel, der sich nie angepasst hat, der keiner Fahne folgte und keine Fahne trug, und das dreißig Jahre lang. Hüsch, in den fünfziger Jahren Kabarettist (Die Tolleranten und arche nova), Ende der sechziger Jahre von den Linken, denen er einen zu literarischen Anspruch hatte, ins Abseits gedrängt, reist heute im Stile eines Handlungsreisenden in Sachen Wort durch die Lande. Kleinkunst. Ein Auto, ein Student, der es chauffiert, ein Harmonium, das ins Auto passt, ein Mantel, ein langer Schal und Hüsch, das ist Hüsch, wie ihn Hüsch übers Land verteilt, häppchenweise, hinterlistig, schmunzelnd und doch bestimmt, wissend, wo die Feinde sitzen, manchmal ungewiß, wo die Freunde sind. Das wandernde Kabarett, eine moderne Einrichtung, die so alt anmutet. Wenn die Medien und Zuschauer nicht mehr in die Kabaretts kommen, dann kommt Hüsch eben zu ihnen.
Als ich dieses Buch plante beziehungsweise, genauer gesagt, in die Planung einstieg, war noch daran gedacht, dass sich Kollegen und Freunde zu Wecker äußern, in schriftlichen Statements. Gerhard Polt hatte mir das schon mit Erfolg ausgeredet, als ich Hanns Dieter Hüsch in Saarbrücken traf, wo er seinen Hüsch-Abend veranstaltete, eine regelmäßige Radiosendung mit Gästen. Auch den Wecker hat es hier schon als Gast gegeben. Am Abend reden wir über Konstantin. Hüsch hat viele stimmige, lobende, bewundernde Worte. Auch über Konstantins Art zu leben und zu arbeiten redet er. Das sei alles ganz anders als bei ihm. Viel aufwendiger, sperriger, unkontrollierbarer, voller Kraft und viel Kraft kostend. So habe er nie leben können. Sein Leben sei bürgerlicher, seine Kunst vergänglicher und schon gar nicht von der Kunst der Musik angehaucht. Das alles ist nicht Koketterie, wenn Hüsch das sagt, es ist einfache Verwunderung über Konstantins Bewunderung. Er selbst hält den Wecker für sehr, sehr wichtig. In so einfachen Worten sagt er es. In ein schriftliches Statement, spüre ich, mag er es nicht gerne fassen.
Ich verstehe sie beide, Polt und Hüsch. So ein Statement wäre ein Denkmal – ein Denkmal für einen Lebenden!
…
Unter denen, die du als Vorbilder nennst, ist Hüsch dabei. Können wir an deinem Verhältnis zu ihm das ausführen, was du als “wertfrei bewundern können“ bezeichnest? Ist er denn das einzige Vorbild unter den Lebenden?
Hüsch ist für mich der einzige Dichter unter den Liedermachern, was gegen manche von ihnen gar nicht spricht, weil zum Beispiel jemand wie der Georg Danzer gar kein Dichter sein will.
Es gab Zeiten, da hat man mir gesagt, du machst auf Hüsch, du imitierst Hüsch, du kopierst Hüsch. Da hab ich gesagt, ich mache nicht auf Hüsch, ich bewundere Hüsch, und wer bitte soll sonst mein Lehrer sein? Wenn man von jemandem lernt, dann übernimmt man vieles. Wenn man daraus kein Hehl macht, dann ist das nicht Aufjemandmachen oder so was. Ich hab mich mit Hüsch nie messen wollen, ich wollte lernen von ihm.
Wenn man jemanden bewundert, dann ist einem sein Urteil wichtig. Nicht immer stieß solche Bewunderung auf Gegenseitigkeit. Kleist ist daran zerbrochen, dass Goethe ihn ablehnte. Hüsch dagegen hat sich sehr positiv über dich geäußert. Erst neulich hab ich ein Interview im Fernsehen gesehen, wo sie den Hüsch fragten, warum wir keine solchen Dichter und Sänger mehr haben, wie es sie in den zwanziger und dreißiger Jahren gab? „Aber ihr habt doch den Wecker“, hat Hüsch gesagt.
Ehrlich? Du – das freut mich ungeheuer, ich – und ich muß dir ehrlich sagen, wenn mich der Hüsch damals, in dieser ersten Sache, die er über mich schrieb, völlig verrissen hätte, das hätte mich, glaube ich, sehr entmutigt.
Menschen, die wir bewundern, Vorbilder, hängen wir leicht sehr hoch, machen einen Rahmen drumrum. Ehrfurcht, kann man das nennen. Gibt´s das bei dir?
Also ich bin ja nun wirklich nicht gerad einer, der vor vielen Dingen Ehrfurcht hat. Und doch bin ich in gewissen Situationen ein Ehrfürchtiger. Wir haben vorhin einen zweiten Lebenden vergessen, den ich bewundere, Carl Orff. Den hab ich besucht, und da hab ich fast nichts geredet, sondern bin ruhig wie ein Mäuschen dagesessen und hab ihm voller Ehrfurcht zugehört.
Ähnlich geht es mir mit dem Hüsch, obwohl ich zu dem natürlich ein ganz anderes Verhältnis hab. Wir gehen miteinander saufen, in eine Bar oder so was. Und trotzdem möchte ich in seiner Gegenwart am liebsten nichts reden, sondern nur zuhören. Da hab ich einfach manchmal das Gefühl, was soll ich dem sagen? Ja, das ist eine Art von Ehrfurcht.
Ergänzende Anmerkung:
Bernd Schroeder hat 1985 im Arche Verlag (Zürich) auch ein Buch „Hanns Dieter Hüsch hat jetzt zugegeben …“ veröffentlicht.
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Hanns Dieter Hüsch:
Du kommst auch drin vor
Kindler, München 1990
Darin erinnert Hüsch an Konstantins ersten Auftritt 1976, und er unterstreicht die Freundschaft mit Konstantin.
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Konstantin Wecker:
Sage nein!
Politische Lieder 1977 – 1992
Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993
Vorwort von Hanns Dieter Hüsch
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Jürgen Kessler:
Hanns Dieter Hüsch – Kabarett auf eigene Faust
Karl Blessing Verlag, München 1997
(TB Goldmann, München 2000)
Enthält eine handgeschriebene Würdigung von Konstantin und zwei Fotos mit den beiden
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Ein zärtlich Liebender – Konstantin Wecker gratuliert seinem Freund Hanns Dieter Hüsch zum 75.
Trierischer Volksfreund, 6.5.2000
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Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsabend
2 CD Conträr Musik (Mai 2000)
Enthält „Wiegenlied für Mütter“ (Duett Hüsch-Wecker), Liveaufnahme von 1991
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Hrsg. Jürgen Schmude und Wilhelm Brunswick:
„Untersteht euch – es wird nix gemacht!“
Hanns Dieter Hüsch zum 80sten
Brendow Verlag, Moers 2005-12-11 Enthält den Text „W. hat jetzt zugegeben“ von Konstantin Wecker sowie ein Foto vom Gesellschaftsabend am 9.6.2001
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Hanns Dieter Hüschs Gesellschaftsabend – Die 2te
2 CD Conträr Musik (Mai 2005)
Enthält Dankesworte von Konstantin sowie „Questa nuova realtà“ aus dem Gesellschaftsabend vom 9.6.2001 und im Beiheft den Text „Wecker hat jetzt zugegeben“