Bronner

Begonnen von Martin, 01. August 2003, 13:02:22

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Martin

#25
I wer narrisch wann mi aner überholt ist auch eines meiner Lieblinsglieder (einfach unbeschreiblich. Bei den Beschimpfungen muss man aber schon ganz genau hinhören...), neben den Hausmeistern und dem frisch gestrichenen gschupften Ferdl.

Mein Lieblingszeile, die mir seit dem Konzert vorletzten Samstag schon nicht aus dem Kopf gegangen ist, ist ja folgende:

wenn dann die Ampel und das G'sicht vom Trampel grün ist
ist mir vü leichter, weil mein Blutrausch dann dahin ist...


Nicht grad das Tiefsinnigste, aber trotzdem einfach nur genial.

Sandra

Hähä. grins! Ja, und
"wenn dann der And're und der Schranken in die Höh geh'n
is mir viel leichter weil mein Bluatrausch tut sich legen"

und wenn er sagt: "Weil ich so leicht vertrau" - dieses Aou macht ihm so schnell keiner nach.....

Georg

Nochmal auf Nummer sicher: Gerhard Bronner, hat der ein Orchester oder spielt er wie Georg Kreisler alles auf Klavier?

 :)
Georg

Sandra

Neinnein, der begleitet sich selbst auf dem Klavier. Und noch dazu: Er ist kompletter Autodidakt - er hat sich Notenlesen, Klavierspielen, alles selbst beigebracht, hat auch als Arrangeur und Bandleader gearbeitet, und er hat auch schon mehr oder weniger "ernste" Musikstücke komponiert, so zum Beispiel eine jüdische "Messe" für eine Synagoge in Florida.
der Unterschied zum Kreisler ist vor allem, dass er viel "leichtere" Musik macht, gängige Harmonien, immer "easy listening". Er ist eigentlich in seiner Art zu spielen ein richtiger (sehr guter) Barpianist. Er swingt gut, er spielt wirklich ausgesprochen gut (er ist nb auch ein g*ttvoller Begleiter, wie ein fliegender Teppich!) - aber eben nciht so...hm...intellektuell ist vielleicht das beste Wort.
Aber die erste Plattenaufnahme vom Opernboogie - da begleitet der Bronner seinen (damals noch Freund) Kollegen Kreisler.
Deswegen werden die beiden ja auch oft verglichen: Beide sind alte Juden und sitzen am Klavier, grinsen und singen eigene Lieder. Aber eigentlich hören die Gemeinsamkeiten da schon wieder auf....

Martin

#29
ZitatAber die erste Plattenaufnahme vom Opernboogie - da begleitet der Bronner seinen (damals noch Freund) Kollegen Kreisler.
Deswegen werden die beiden ja auch oft verglichen: Beide sind alte Juden und sitzen am Klavier, grinsen und singen eigene Lieder. Aber eigentlich hören die Gemeinsamkeiten da schon wieder auf....

Das Problem ist, dass viele nicht weiter schauen und gar nicht mehr wissen wollen als: Bronner und Kreisler. Zwei alte Herren, die am Klavier sitzen und ab und zu ganz nette Lieder singen.

Und anfangs waren sich die beiden ja musikalisch viel ähnlicher und was kennt man von Kreisler schon, was nicht mindestens 30-40 Jahre alt ist... (leider viel zu wenig)
Der Grund, dass der Bronner mit seinen neueren Liedern meist genau so gut ankommt wie mit denen, die schon 50 Jahre alt sind, ist wohl, dass sie sich nicht so sehr von den früheren unterscheiden, wie das bei Kreisler der Fall ist.

Sandra

Kreisler ist immer eigentlich erst dann mit den Liedern angekommen, wenn sie schon alt waren - denn aktuell waren sie immer zu bissig. Später, als sich niemand mehr über "Taubenvergiften" oder "Gelsenkirchen" aufgeregt hat, da kamen sie dann an.
Bronner war nie so kontrovers. Selbst die Lieder, die politische Inhalte haben (zum Beispiel das anlässlich eines aktuellen Falles geschriebene "Der Papa wird's schon richten") spiegelten immer die Meinung der breiten Masse wieder.
Und von den musikalischen Unterschieden wollen wir ganricht reden ...

Lanie

Willst du damit etwas negatives über Bronner andeuten?
(Dann sprich bitte weiter)

Sandra

Naja, negativ...hm...ich glaube, das ist eher Geschmackssache. Ich persönlich finde die Sachen vom Bronner sind einfach mehr easy listening, wenn du weisst, was ich meine. Und der Kreisler hat oft eher unkonventionelle Akkordfolgen.

Martin

#33
Wenn du dir die politischen Sachen vom Bronner anhörst, sind die zwar kritisch angehaucht, aber - wie Sandra schon gesagt hat - spiegelten sie doch meist nur die Meinung der Masse wieder. Bösartig wenn man sein würde, könnte man behaupten, dass es keine große Kunst ist durch seine Lieder Politikern draufzusteigen, die die öffentliche Meinung ohnehin schon am Boden hat... Andererseits: schaden tuts auch nicht!

Vielmehr glaube ich, dass man mit Liedern, wie der Bronner sie gemacht hat, solche Themen gut einem großen Publikum rüberbringen und so sehr wohl politisch was bewegen kann (nicht das wir uns da falsch verstehen!)

Sandra

#34
Da stimme ich Dir voll zu. Ich glaube, dass der Bronner wesentlich mehr eine, sagen wir mal, Renitenz gegenüber Obrigkeiten unterstützt und gefördert hat, als der Kreisler, einfach weil Kreisler sich musikalisch, textlich und inhaltlich in elitäreren Kreisen bewegt. Otto Normalverbraucher sind die meisten Kreisler-Chansons vermutlich zu denkintensiv..
Dazu kommt: Bronner hat - weil er eben nicht ganz so scharf ist, auch Airplay gekriegt - wann wird Kreisler schon im Radio gespielt? Und wenn, dann immer in Minderheitenprogrammen.

Andererseits: letztlich ist es doch bei allen Kabarettisten so, dass sie Eskimos Heizungen verkaufen: Wer in ein Polit-Kabarett geht, HAT meistens schon vorher die gleiche Meinung. Meinungen VERÄNDERN kann man so nicht, höchstens bestärken, und vielleicht festigen.
Aber neue Gedanken an Andersdenkende zu übermitteln, schafft man (so glaube ich) vielleicht im Kino, jedenfalls aber nur "hintenrum" verpackt in andere Inhalte

Georg

Hi
melde mich aus dem Urlaub zurück(Nordsee).

Großes Lob für die sehr interessante Unterhaltung. Ich kann da weniger mitreden, aber hier erfahre ich sehr interessante Dinge. Weiter so.

@Sandra: Warum grade im Kino. Bloß weil man's sieht?

 :)
Georg

Sandra

Kino, weil nur noch sehr wenig Leute in's Theater gehen, und dann auch immer zu Stücken, wo sie von vornherein wissen, dass das Ihrer Meinung entspricht, also Konservative gehen in die Oper oder Komödien oder Klassiker, und in die modernen Stücke eher die Aufgeschlosseneren, und die eher linken zu Kabarettisten. aber wenn dann zB in einem Film mit Nicholson hintenrum die Rassismus- oder Behindertenproblematik angesprochen wird, oder wenn,  wasweissich, in einem Actionfilm ein schwules Paar als relativ normal dargestellt wird, oder eine Frau als Chefin auch positiv und als Repektsperson gezeigt wird, sehen es auch Leute, die sich damit garnicht befasst haben - und kriegen also die Message ohne dass sie es merken: schwulsein ist genauso okay, oder Frauen müssen nicht "schlechter" sein oder Rassismus ist strunzdumm...
In Filmen wird die Welt dargestellt - klar als Karikatur, aber die wenigstens merken das. Im Theater wird Theater dargestellt - zumindest wird viel offensichtlicher eine "Message" verkauft. Ich glaube, dass zB "Philadelphia" wesentlich mehr für die Akzeptanz von Aidskranken und Schwulen getan hat, als jede "intellektuelle" Aufklärung - obwohl es für mich zB viel zu "brav" war, hat es dennoch mehr gebracht...

Nase

#37
Die Diskussion ist vielleicht nicht mehr so aktuell, möchte trotzdem ein paar Sachen einbringen.

@ sandra bzgl.  Ja, er ist ebenso alt wie GK und ebenso agil - nur leider noch viiiieeel altmodischer im Kopf,

Nachdem was ich da les von Handy, Internet, Reisen etc. und was ich auch selbst gesehen hab, kann ich mich an das "altmodisch" nicht anschließen. Ich weiß schon, du spielst auf die Einfälle an, auf div. Liedertexte. Ich kann ehrlich gesagt - ev. mangels ausreichender Kenntnisse - keine Frauenfeindlichkeit entdecken, die nicht in die üblichen Storys vom "alten Juden" etc. reinpassen..

Weiters möcht ich - um die Kontrastierungsideen zu unterstreichen - noch ein Kreislerzitat anbringen, dass ihm (offenbar irgendwann in den 80ern) für eine Qualtinger-Doku abgenommen wurde. Er selbst meint auch, dass die betroffenen verarschten Politiker tw selbst in diese Kabaretts gingen und "dort gelacht und geklatscht haben".
Erinnert vom Plot ein wenig an den "Villacher Fasching", wo das ja auch so gehalten wird.
Kreisler begründet seinen Austritt aus dem Ensemble auch so.
Ich glaub zwar nicht, dass es ganz so schlimm war, manche Lieder sind ja - trotz einfacher Strukturen - mit großartigen Texten bestückt, wahrscheinlich wollte er da wieder mal ein wenig Gift auf die Konkurrenz spritzen...

Hoffe, was beigetragen zu haben.
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Sandra

Ja, Du hast Recht, das ist ganz komisch mit den Beiden: Der Bronner ist  definitiv wesentlich aktueller, was technische Dinge betrifft. Aber eben eigentlich NUR da. Seine politischen & künstlerischen und vor allem musikalischen Meinungen sind in den 50er Jahren stehen geblieben. Kreisler ist immerhin in den frühen 80ern stehen geblieben, das ist ein bissel später ;-)
Und viel Reisen tun beide. Der Kreisler, so habe ich gerade erfahren, hat gerade seine alljährliche USA-reise beendet, diesmal war er in Arizona (warum will man nach Arizona???)

Nase

#39
Auftreten?  ??? oder ist die Reise mehr nostalgisch orientiert?

Genial übrigens dein letzter Satz! Da müsste irgendjemand drumherum eine Doppelconférence schreiben.

Wie heißen eigentlich die Einwohner von Arizona? Die Arazonen? Oder Arazoren? Oder Arizonae?

Und am Schluss nur noch die letzte Frage der Menschheit die sich klagend ins unendliche All erhebt: Mein Gott! Warum will man eigentlich nach Arizona!?

Hinreißend!
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Sandra

Der Bronner tritt noch auf, der Kreisler nicht mehr. Er mag Amerika.
Und viel genialer find ich die Arizonen!!! Hihi. Amerikanische Zonis....

Nase

Kapier ich nicht..
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joelli

Ich kapier's auch nicht!

Nase

no sind wir schon zwei
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Sandra

Tscha, das kommt von das: Ihr seid zwei gaaanz junge Ösis, da könnt ihr das nicht wissen. Früher, als es noch die DDR gab, nannte man in West-Berlin (und vielleicht auch anderswo?) die Leute von "drüben", also aus der "Zone" die Zonis.

Nase

Und wie kommst du von "Ari" auf Amerika? Erinnert mich mehr (als Name) an diverse jiddische Witzchen bzw. Uris´Exodus..
Ach warum diskutieren wir über so eine  :-X :-X ?
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Sandra

Vor allem: sooo genau hab ich's garnicht bedacht ;)

Alexander

Ich mag - als Kulturkonsument - den Gerhard Bronner sehr gern. Solange er beim "Guglhupf" war, habe ich diese Sendung gern gehört, vor allem die ersten Jahre mit dem Wehle, aber auch die Dialoge mit dem Werner Sobotka. Die wöchentlichen Chansons haben mir damals großteils gut gefallen.
Bronner brachte darin mal ein Lied "Novemberschnee", das weit über Routine hinausging.
Seine "Schlager für Fortgeschrittene" waren für mich Kult. Die sind von Ö 3 nach Ö 1 gewandert und mußten von der damaligen Verantwortlichen Seebohm verteidigt werden. Man konnte viel über Musik, vor allem über Songs, lernen.
Eine Folge habe ich damals versäumt, da habe ich dem Bronner nach Breitenfurt geschrieben, wie man halt so als Jugendlicher schreibt, 20 Schilling rein und die Bitte um eine Überspielung.
Ich habe eine sehr nette, persönliche Antwort erhalten, in der mir Gerhard Bronner erklärt hat, das Original wandere von Radiostation zu Radiostation und käme nicht mehr an ihn zurück, aber er war so nett und hat mir die komplette Musik und noch mehr (nämlich eine Gesamtaufnahme des Musicals "Follies") auf Kassette überspielt.
Gerhard Bronner ist auch wenn man ihn bei Veranstaltungen oder auf der Straße anspricht stets freundlich.
Ich mag seine künstlerische Lebensleistung.
Mit Kreisler (von dem ich noch zu wenig kenne) möchte ich ihn nicht vergleichen.
Die Lieder von Bronner, die Qualtinger zu Klassikern gemacht hat, sind für mich auch unsterbliche Klassiker. Erwin Steinhauer hat in den 80ern eine Neuaufnahme davon gemacht, die fand ich auch nicht schlecht.
Zwei der besten Lieder von Udo Jürgens hat Gerhard Bronner getextet: "Hörst du" (1971) und "Ich träum´ davon" (1979).
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Bastian

#48
Bronner ist ein Phänomen. Ich habe ihn ja bei meinem Aufenthalt in Wien (Sandra :-*) kennenlernen dürfen. Wenn er unverstärkt singt, dann hat er eine eigene Technik: Er murmelt leise seine Texte irgendwohin in die Luft, dort suchen sie sich offenbar selbständig die Ohren der Zuhörer und kriechen dort hinein. Alles leise und ohne Anstrengung- und trotzdem versteht man ihn. Obwohl es physikalisch unmöglich ist ihn zu verstehen, versteht man ihn. Mich hört man unverstärkt verhältnismäßig schlecht. Sollten wir gegeneinander spielen, er würde mich schlicht an die Wand murmeln! Beneidenswert.

Sandra

Aber in den Schlagern für Fortgesdchrittene hat er dazumals den Beatles keine grosse Karriere prophezeit, hihi