Sollte es eine solche nicht geben, halte ich es alles in allem für sehr unwahrscheinlich, dass Tom Lehrer (bei aller Hochachtung vor seinem außerordentlichen musikalischen Gespür) aus einem Gedankenprotokoll eines Live-Auftritts Georg Kreislers von vor 1953 eine sprachlich und musikalisch derart baugleiche Kopie hätte anfertigen können.
Aber umgekehrt hätte also Kreisler das gekonnt. Interessanter Schluß: Weil Kreisler der bessere Musiker ist, hat er "Taubenvergiften" von Lehrer geklaut.
Nö. Ich sprach von "Die Hand" und "I Hold Your Hand In Mine", ausdrücklich nicht von den Tauben.
Auch ging es mir überhaupt nicht um einen Vergleich der Talente, wie Du den Satz umdeutest. Sondern darum, dass ich es für unwahrscheinlich halte, dass ein bis auf Zeilenebene fast deckungsgleiches Lied entsteht, nachdem Person A mal ein oder zwei Konzerte von Person B besucht hat und dann zuhause aus dem Memorierten "seine" Version schreibt. Ganz egal, wen Du jetzt für A oder B einsetzt, oder wer wie talentiert ist.
Wirkt das auf Dich wie eine sinngemäße Adaption eines Themas, oder wie eine Zeile-für-Zeile Übersetzung eines vorliegenden Textes?
My joy would be complete, dear, If you were only here, But still I keep your hand As a precious souvenir.
| Ach das Leben wär so wunderbar, wärst du wirklich hier mit mir. Doch ich will deine Hand behalten, als mein schönstes Souvenir.
|
Hätte einer den anderen live gehört und dann das Thema auf seine eigene Art bedient, würde ich eine freiere Umsetzung erwarten. Erst recht, wenn beide
zufällig den selben Einfall gehabt hätten. So kann ich nur zu dem Schluss kommen: Die Kopie ist zu gut. Das ist ihr Problem.
Nur wer war zuerst da?
Ähnlich wie bei der Henne und dem Ei muss man ja nur fragen: Seit wann gibt es Hennen? und: Seit wann gibt es Eier?
Nach derzeitigem Kenntnisstand hätte Kreisler eine Vorlage haben können: Tom Lehrers Platte von '53.
Im umgekehrten Fall hätte Lehrer es ziemlich schwer gehabt, wenn er der "Kopist" wäre. Entweder hätte er hellsichtig sein müssen, denn Kreislers Schallplatte kam erst vier Jahre später raus. Oder sehr hellhörig, indem er sich während eines Auftritts von Georg Kreisler einen Text von A bis Z merkt und den dann zuhause zeilengetreu ins Englische übersetzt. Samt Tonartwechsel an der gleichen Stelle.
Jagut, oder er konnte Stenographieren und hat im Konzert fleißig mitgekritzelt... Oder es gibt eine ältere Aufnahme von Kreislers "Hand". Aber was soll man Grundannahmen machen, für die kein Beleg spricht? Alles was wir haben sind Erscheinungsdaten und die Aussagen der Beteiligten. Was ist wahrscheinlicher?