Nö, also da kann ich Euch beiden aber sowas von nciht Recht geben.
(Es zeigt mir aber auch den Grund, warum jetzt so viele Nichtskönner vor grossem Publikum reüssieren, und als Künstler gelten - zum Beispiel diese Filmemacher von (T)Raumschiff Surprise - wenn das Publikum nichts erwartet, kann die qualität ja nur sinken.)
Erstens mal muss ein Künstler natürlich sein Fach beherrschen. Er muss um die Form WISSEN, um die Möglichkeiten, die die Form bietet (nur so kann man sie auch brechen oder über Grenzen gehen). Er muss sein Handwerk können. Ein abstrakter Maler, der nciht auch figurativ malen kann, wird nie so gut sein - man spürt das einfach. Ein Künstler muss MEHR können, als das, was er macht - er muss "Spielraum" haben, er muss ich für das ENTSCHEIDEN, und nicht nur das halt machen, weil er nix anderes kann.
Das ist mal das reine Handwerk. WARUM sie das haben müssen, erklärt sich aus dem Folgenden.
Es kommt noch was dazu: Er muss etwas SAGEN WOLLEN, mit dem was er macht, und es genau DESHALB machen: weil er etwas ausdrücken will. einfach nur: es verkauft sich, DAS ist bestenfalls Kunsthandwerk.
Das heisst aber: er muss auch etwas zu sagen HABEN - also muss er die Welt reflektiert wahrnehmen. Und je mehr man gelernt hat, je mehr man kennt, desto mehr kann man das, was man sieht auch reflektieren. Bearbeiten, wenn ihr so wollt. Verstehen, und dann aus diesem Verständnis etwas machen.
Ich halte es da mehr mit der philosophischen Definition von Kunst, die besagt, dass Kunst aus einem Aufschrei kommen muss, und aus einem Wissen um die Welt.
Nicht umsonst haben die letzten 2000 Jahre die KÜNSTLER die Welt vorausgesehen, "gemacht", "verändert.
Die Künstler sehen etwas, stellen etwas vor, und die Gesellschaft macht es nach. Die Künstler sprengen die Grenzen unseres Denkens - und zugleich ist Kunst die Grundlage unseres Handelns, unseres ganzen Lebens.
Sogar die Gesichter der Menschen, ihr AUSSEHEN hat sich nach dem entwickelt, wie die Maler gemalt haben. Das ist nachweisbar, übrigens.
(Mode, Bauten, Wissenschaft - es gibt schon eine "Teilchenübertragung" , und sie nennen es: beamen, und im Moment versuchen sie, einen besonders schnellen antrieb zu entwickeln. Masseinheit: "Warp", das sind nur aktuelle Beispiele - es war aber immer so: alles beruht auf dem, was Künstler vorgedacht haben.)
Kunst und Kultur (auch Volkskultur, Andrea - aber eben nicht volksdümmliche Musik) sind damit die Basis und der Boden für das funktionieren einer Gesellschaft. Nicht umsonst sprengen die Amis bei Kriegen auch gerne mal das eine oder andere Teil weg, dass von Künstlern gemacht wurde, und wesentlich für das kulturelle Selbstverständnis des jeweiligen Volkes ist. Nicht grundlos haben sie die ganzen künstlerischen Bauwerke zB in Dresden weggesprengt - nimm einem Volk seine Kultur (und also auch seine Kunst) und Du kannst ihm ganz leicht die eigene Aufpfropfen.
Hat in Deutschland ja auch hervorragend funktioniert.
Im Irak haben sie dasselbe gemacht: Kunst (Musik, Theater, Literatur, Architektur, Mode, Bildende Kunst, in weiterer Folge dann auch Film) wird in den folgenden Jahren zum kulturellen Boden der Gesellschaft. Man definiert sich als Volk über seine Kunst. Dann wird sie Geschichte. (Denkt nur an Filmzitate, die alltäglich sind, an berühmte Bauten, an Mode, an Bilder, die zu Synonymen geworden sind) Und dann wird sie DAS VOLK SELBST.
Auch Namen von Künstlern. Gerade in Europa ist das extrem stark. Das alles ist der Boden, die Grundlage eines Selbstverständnisses als Gemeinschaft, als Volk. Und der Mensch braucht Gemeinschaft.(wie Basti im anderen Thread sehr richtig sagt: der Mensch braucht Anlehnungspunkte, Dazugehörigkeitsgefühle.)
Das gibt ihm Kunst. Denn Kunst ist Geschichte und Kultur. Nicht Wirtschaft.
Daraus folgt, dass Künstler sehr wohl eine Verantwortung haben. Und dass es sehr wohl eine Art Bildungsauftrag ist - ein zukunftsbildender Auftrag.
Und dass es schon recht hilfreich ist, wenn Künstler mehr wissen, als Otto Normalverbraucher - vor allem: dass sie sich mehr (und umfassender) Interessieren.
Denn ich würde mal sagen, dass ein Bully Bulhan jetzt nicht gerade der stärkste gemeinsame Nenner von einem Volk sein kann.
Der KANN nämlich nicht mehr, als möglichst albern und blöd sein, und er hat die Härte, das auch zu zeigen. Aber die klassische Vorbildwirkung, die Künstler haben, ist dennoch auch bei ihm gegeben - weil wir so konditioniert sind. Wir können ein taschentuch verwenden, weil wir gelernt haben, dass man sich damit den Mund abwischt. Und wir haben genauso gelernt, dass Kunst vorbildwirkung hat. Wir machen es nach. Bewusst oder unbewusst. Es fliesst ein in unser Selbstverständnis. Super Aussichten.
Mit einer Ansicht wie der Euren, Guntram und Maexl, die ja derzeit gerade in Deutschland absolut vorherrschend ist (nur hier werden philologische Universitäten zugunsten von wirtschaftsuniversitäten geschlossen, nur hier wird der Kunst so sehr der Geldhahn abgedreht, und es geht NUR NOCH um massentaugliche Unterhaltung - die per definitionem etwas anderes ist) mit einer solchen Ansicht grabt ihr dem deutschen Volk das ab, was es "gemacht" hat. So wird ihm der Boden entzogen, und es wird zu Stimm- und Kauf-vieh, dass klaglos dem stärksten Leithammel folgt. In diesem Fall den transnationalen (i.e. amerikanischen) Konzernen.