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"Atheist!"

Begonnen von Bastian, 27. April 2011, 21:49:49

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Clas

#25
Moin Bastian,

ich habe gar nichts gesagt, was mich in solche Nähe hätte rücken können, ich fand bloß einige Miteltern schlecht auszuhalten und habe mich über das Huhnhafte in der Welt und die okkulten Zusammenhänge zwischen moderner Hühnerhaltung und sozialer Entgleisung im Zwischenmenschlichen geäußert. Ich hatte damals den Eindruck, das Huhnhafte in der Welt könne sich aufgrund der Käfighaltung nicht angemessen im Miste scharrend und von dort ins Rings blickend, spektakelnd auch, darleben und dringe daher in die sozialen Zusammenhänge des dieses Hindernis verschuldenden Menschen ein... Hier nun sei es Aufgabe des Menschen, das zu erkennen und dem Huhnhaften einerseits durch angemessene Hühnerhaltung zustehenden Raum zu geben, andererseits die Formen des sozialen Miteinanders freizuhalten von ihm...

Weiter hatte ich im Widerspruch zu diesen Leuten behauptet, man müsse nicht all und jedes selber ausprobiert haben, um sich ein Urteil erlauben zu können, und das eine oder das andere für sich abzulehnen. So genüge mir etwa im Falle von Schweinegülle das Wissen, worum es sich dabei stofflich handelt, um zu entscheiden, ich wolle das nicht in meinem Wohnzimmer haben. Angefügt habe ich noch, dass wir früher einen Hund hatten, der da anders bewertete... Auch schiene mir der Anblick und das Elend real existierender Junkies, beispielsweise, hinreichend, den Gebrauch solcher Drogen abzulehnen.

Anlass war gewesen die Frage: muss man die Aufführung der Rocky Horror Show in der Schule fordern, und ich fand, das muss man nicht. Ich mag die nicht, sie ist mir irgendwie zuwider. Ich hätte es hingenommen, dass sie da aufgeführt wird, und wäre halt nicht hingegangen, aber das Ansinnen, ich müsste das fordern, ging mir zu weit.

Natürlich habe ich solche Begriffe nicht verwendet, von solchem Wortschwulst kriege ich beim Lesen schon Nesselfrieseln. Ich kann aber nicht leugnen, dass ich bei Ritalin eine äußerst strenge Indikationsstellung für sinnvoll halte und für mein Kind nach anderen Möglichkeiten sehr sorgfältig suchen würde. Das Zeug halte ich für sehr bedenklich, Psychodoping mit Suchtpotential halt, und wenn man das erlaubt, verstehe ich überhaupt nicht, warum man Leistungssportler nicht auch dopen läßt.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Du willst uns aber damit nicht sagen, daß Klassenarbeiten Wettkampfsport sind?
Damit wärst du nicht allzuweit von Eltern, die sich beschweren, wenn Lehrer die Abgabefrist bei Prüfungen verlängern (und ihr eigener Sprößling recht- oder sogar vorzeit fertiggeworden ist).

Clas

#27
Moin Burkhard,

nö, das wollte ich damit nicht sagen. Ich finde es nur verlogen, erwachsene Menschen in ihrer beruflichen Praxis zu verfolgen, wenn sie kleine bunte Helfer verwenden, und andererseits zigtausend Kinder regelmäßig für den Schulerfolg mit suchtbildenden Substanzen chemisch zu konditionieren. Dazu kommt, dass mich der Leistungssport nicht wirklich interessiert. Solche Eltern lehne ich grundsätzlich ab, und Doping eben auch, aber nicht nur bei Radfahrern...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Heiko

#28
ZitatGenau. Es gibt keine "dritte Alternative".
Dittmar schreibt:
Zitat(...) benutze ich selbst nur selten eine reine zweiwertige Logik, sondern eine dreiwertige Logik, die die Zustände wahr, falsch und sinnfrei kennt.
Nun, es soll binär und trinär denken dürfen, wer will!

Zitatwas hältst Du, auf dem Weiten Feld zumal, von der dritten, vierten, ...n-ten Möglichkeit?
Unbedingt! Ich würde sogar umgekehrt fragen wollen, wie es überhaupt Deckungsgleichheit von individuellen Glaubenssystemen geben können soll. Diese kann höchstens anhand isolierter und abstrahierter Teilaspekte und dann auch nur scheinbar hergestellt werden.
Sich in einem Fall, der einen eigentlich nichts angeht, entscheiden sollen zu müssen, ist nichts anderes als ein ,,with or against us". Wo hin sowas führt, brauche ich wohl kaum erläutern.

Es gilt: Alles ist einzig – gerade in der Verschiedenheit besteht die Gleichheit!

ZitatDie Diskussionen hat er meines Wissens aufgegeben
Ob nun aus Müdigkeit oder mangels Verständigungswillen: diesen Eindruck habe ich auch! Die ganze Seite erinnert, indem er sich selber interviewt, an Schattenboxen. Die Einwände werden verzerrt dargestellt, nicht wirklich widerlegt, sondern nur meinungsstark abgelehnt.

Vernunft setzt er beispielsweise mit Rationalität gleich, was ich entschieden ablehne. Beispiel: der Arbeitgeber, der Löhne kürzt, handelt rational, aber nicht vernünftig. Es gibt eben auch emotionale und symbolische Vernunft!

"I would prefer not to."

Bastian

Die Frage 8 der Haushaltsbefragung hat es in sich. Falsch: Sie hat es nicht in sich: sie erfasst nicht die Zahl der Atheisten. Die Option "Ungläubig" ist nicht vorgesehen.

Die Beantwortung der Frage ist zwar freiwillig, aber wer sie- wie ja vom Staate gewünscht- beantworten will, und keinem Glauben anhängt, hat nur zwei Möglichkeiten:

1. Er sortiert sich unter "Sonstige Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung" zwischen Gläubigen ein und wird somit als Gläubiger erfasst.

oder

2. Er muss angeben, "keine Weltanschauung" zu haben.
Heißt also: Es gibt keine Weltanschauung, außer einer Religiösen.

Hier der Link zum Bogen (pdf):
https://www.zensus2011.de/uploads/tx_templavoila/Fragebogen_Haushaltebefragung_20101007a.pdf

Man hat den Eindruck, dass der, der so fragt, die Antwort scheut. Es kann natürlich auch Dummheit gewesen sein. Aber der Zensus wird in Glaubensfragen sicher ein falsches Bild abliefern (Laut der Studie Social values, Science and Technology (pdf) gaben 2005 ein Viertel aller Deutschen an, nicht an einen Gott zu glauben.). Mal schauen, welcher Quark dabei rauskommt...

Heiko

#30
Zitat"Five exclamation marks, the sure sign of an insane mind.", Terry Pratchett.
Überschrift geglättet. Bastian
Hallo Bastian,
aus welchem Band ist das Zitat?
Hab es zwar selber mal gelesen, kann mich aber nicht mehr entsinnen.


Hier was zum Thema:

Man müsste doch meinen, dass erhörte Gebete zu einer Stärkung des Glaubens führen sollten. Ganz gegenteilig in folgender Geschichte:
In Texas lag ein Kneipenwirt, der sein Gebäude erweitern wollte, mit der örtlichen Baptistengemeinde im Clinch. Als der Blitz in die Kneipe einschlug und die Christen die Macht ihrer Gebete rühmten, folgte vom Wirt eine ... Schadensersatzklage.
Nun hatte der Richter ein Problem: "Nach Aktenlage haben wir hier einen Wirt, der jetzt an die Macht des Gebets glaubt, und eine christliche Gemeinde, die nicht mehr daran glaubt."
http://zeltmacher-nachrichten.eu/content/gebet-erh%C3%B6rt-%E2%80%93-blitz-zerst%C3%B6rt-kneipe

Da bequemt sich der Alte schon einmal einer treuen Gemeinde zur Hilfe zu eilen, und dann wird er dermaßen verleugnet. Mal ganz abgesehen davon, dass er offensichtlich keine moralischen Bedenken vor quasi-terroristischen Attentaten zu haben scheint, wird er sich in Zukunft besser überlegen müssen, wem er hilft.
"I would prefer not to."

Bastian

Zitat
aus welchem Band ist das Zitat?
Hab es zwar selber mal gelesen, kann mich aber nicht mehr entsinnen.
So geht es mir leider auch.

...

Ah, hier gibt es was darüber:
http://wiki.lspace.org/wiki/Multiple_exclamation_marks
ZitatThere are a few mentions of multiple exclamation marks in the books and by Terry Pratchett himself, so it appears this is something he feels fairly strongly about. The basic idea is that a person's sanity is inversely proportional to the number of exclamation marks they use!

Heiko

Aah, dann war's wahrscheinlich die Variante mit der Unterhose auf dem Kopf in Mummenschanz.
Leider ist TP an Alzheimer erkrankt und wird wohl nicht mehr viel schreiben. :-[
"I would prefer not to."

Heiko

#33
Zitat von: Bastian Kopp am 27. April 2011, 21:49:49
"Five exclamation marks, the sure sign of an insane mind.", Terry Pratchett.
Überschrift geglättet. Bastian
Dabei hättest du sie ja gar nicht glätten brauchen, weil du ja sieben statt fünf gebraucht hast.


Ein weiteres Merkmal von Exklamateuren scheint die Öffentlichkeitssuche zu sein. Manche eröffnen sogar Geschäfte:



Ob es sich hierbei um einen Pratchett-Fan handelt?

Oder sollten besser die Sicherheitsbehörden informiert werden?

Vielleicht ist es ein dezenter! Hinweis auf das Unterm-Ladentisch-Sortiment. Welches "und mehr" mag wohl gemeint sein?

Werde mir bei Gelegenheit mal ein Brötchen!!, ein Kaffee!!! und eine Zeitung!!!! dort  zulegen. Die verbleibenden Exklamationen dürften noch für Kaugummi reichen.

[Edit: Foto eingebaut. Bastian]
"I would prefer not to."

Bastian

Elf sind das? Wow, hast Du gute Augen. Ich kann die gar nicht mehr zählen...
(Zieht man das "mehr" und die Zeichen ab, wäre da durchaus Platz für mehr gewesen.)

Ja, geh mal rein und brüll nach nem Käsebrötchen.

Bastian

#35
Einen Godwin-Punkt für Thierse. Von Unglauben zu Hitler in zwei Zügen:

ZitatThierse: Es mehren sich aber die Stimmen derer, die aus dem weltanschaulich neutralen Staat einen parteiischen Staat der Religionslosen und der Laizisten machen wollen. Das halte ich für falsch. Da bin ich überempfindlich, denn das habe ich alles schon erlebt. In der DDR gab es keinen Religionsunterricht an den Schulen, keine Militärseelsorge, keine öffentlichen Bekenntnisse. Und siehe da, das Ding ging unter! Tatsache ist, Religionslosigkeit kann gefährlich sein. Denken Sie nur an die schlimmsten religionslosen Verbrecher des 20. Jahrhunderts: Stalin, Hitler, Mao Zedong, Pol Pot.

http://www.zeit.de/2012/49/Streitgespraech-Religion-Vizepraesident-Bundestag-Wolfgang-Thierse

Gut, er hätte sich den Exkurs auf die DDR sparen können, dann hätte er es wie viele andere auch in einem Zug geschafft. Aber ein bisschen Raum für persönliches Erleben als Maßstab für andere muss bei einem weitsichtigen Volksvertreter wie ihm schon sein. (Nebenbei: Werden ihm beispielsweise die Opfer der Staatssicherheit oder die Angehörigen von Mauertoten darin zustimmen, dass die DDR untergegangen ist, weil es keinen Reli-Unterricht gegeben hat?)

Atheismus hat laut Thierse nicht nur zum Untergang von diesem Sozialismus-"Ding" geführt, nein: Atheismus führt sogar direktemang zu Hitler.
Etwas weiter im Artikel spricht Thierse dann von der Toleranz und Barmherzigkeit, die Religionen aufbringen. Hört, hört! Und er spricht davon, dass Gläubige ihren Glauben "nicht zum letztgültigen Argument in der politischen Auseinandersetzung" machen sollten...

Gibt es eigentlich auch einen Preis für bestes Doublethink?

Heiko

- nämlich von William Godwin: ,,Die beste Garantie eines glücklichen Resultats liegt in freier, unbegrenzter Diskussion." (nach Wikipedia)

Die Mike-Godwin-These hingegen finde ich dubios. Heißt das, man darf nunmehr keine Verweise mehr auf das böseste Ereignis des 20. Jahrhunderts machen, ohne dass es gleich "Ding-Dong: Godwin-Punkt für ..." heißt? Das täte sicherlich einigen gefallen.

Nochmal inhaltlich: das Zitat weist zumindest drauf hin, dass ein Atheismus nicht automatisch ins gesellschaftliche Heil führt. Es bedarf immer transzendenter, nicht beweisbarer Werte.
"I would prefer not to."

Bastian

Ja, und hätte Thierse das so gesagt, hätte es auch nicht Ding-Dong gemacht.
Die These, dass der Atheismus nicht automatisch ins gesellschaftliche Heil führt, würde ich sogar zustimmen. Wüsste auch nicht, dass das das erklärte Ziel von Gottlosigkeit ist. Thierse ist aber der Meinung, Religiosität würde dies leisten. Und er meint, Religionslosigkeit sei hochgefährlich und bedrohe dieses Heil. Nur darum baut er diesen Strohmann auf.

Ein solcher Satz
ZitatDenken Sie nur an die schlimmsten religionslosen Verbrecher des 20. Jahrhunderts: Stalin, Hitler, Mao Zedong, Pol Pot.
tut ja zweierlei: Er verschleiert das eigentliche Problem, um es der Gegenseite unterzuschieben. In meinen Augen schon eine Art Entlastungsangriff.

Diese Verbrecher waren alles andere als religionslos.
Sie mögen nicht an einen Gott geglaubt haben (Buddhisten tun das auch nicht) und andersgläubige verfolgt haben. Aber jeder von ihnen hatte seine unhinterfragbare Ideologie, seinen Wahn, seine (politische) Religion. Auch wenn viele den Religionsbegriff von weltlichem Wahn reinhalten wollen (man müsste sonst die Parallellen erkennen): Diese Verbrechen standen immer im Zusammenhang mit unverrückbaren Überzeugungen, unhinterfragbaren Glaubenssätzen, verbunden mit einem Kult um eine mehr oder minder attraktive Führerfigur.

Da möchte ich Thierse fragen: Wer, außer den Nazis und Faschisten hat das zu bieten? Der Atheismus?
(der geht auf mich, "dingdong")