Heute war ein schöner Artikel in der Hamburger Morgenpost:Tim Fischer und Georg Kreisler proben für »Adam Schaf hat Angst«
Seit fünf Wochen fahren Georg Kreisler und Tim Fischer jeden Morgen um 10 Uhr mit der S1 bis Hasselbrook. Unscheinbar schauen sie aus, der 84-Jährige im Trenchcoat und der jungenhafte Sänger, der locker sein Enkel sein könnte. Niemand erkennt sie. Keine Spur von Rampenlicht.
Ihr Ziel ist ein Loft in Hasselbrook. Am Eingang ein handgemaltes Klingelschild: "Adam Schaf". Hier wohnt die Kunst. Denn Kreisler und Fischer proben das Solostück "Adam Schaf hat Angst". Geschrieben hat es Georg Kreisler selbst. Der Mann, der 1938 vor den Nazis in die USA floh: Dort traf er Arnold Schönberg und Marlene Dietrich, und dort spielte er für Charlie Chaplin Klavier. Er ist Kabarettlegende und Komponist witziger und böser Lieder. Sein bekanntestes: "Tauben vergiften im Park".
Tim Fischer hat "Adam Schaf" bereits ein Mal gespielt, in Berlin. Doch die Inszenierung gefiel nicht. Fischer nicht - und schon gar nicht Kreisler. Deshalb legt der Meister in Hamburg nun selbst Hand an. Am Freitag hat das Stück Premiere am Schmidt Theater.
Kreisler sitzt im Loft und entschuldigt sich: "Das Klavier ist zu laut für diesen Raum, aber es geht nicht leiser. Und noch fehlen ein paar Requisiten - wie das halt so ist." Ein Mantel zum Beispiel. War für heute versprochen. Aber: "Der Pelzkragen fusselt zu sehr, da muss ein neuer ran", sagt die Kostümbildnerin.
Egal. Fischer beginnt. Er spielt einen alten Schauspieler in der Garderobe vor seinem kurzen, unbedeutenden Auftritt. Wie immer ist er zwei Stunden vorher gekommen. Zeit genug, sich in seine Vergangenheit zurückzuträumen. Die Perücke kommt runter, und plötzlich steht da der junge Künstler Adam Schaf auf der Bühne. Das Stück ist gespickt mit bissigen Bemerkungen zu Politik und Gesellschaft. Das Wichtigste aber sind natürlich die 19 Lieder: neue und alte - das ganze Kreisler-Spektrum.
Dem scheint das Herz aufzugehen, wenn Tim Fischer singt. Kreisler lächelt: Das ist sein Ding! "Ein kurzes Glück", so beschreibt Kreisler sein Stück. Noch glücklicher wäre er, wenn endlich auch die benötigte Trommel da wäre. "Die Trommel ist in der Post", heißt es. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen.
HEIKO KAMMERHOFF


Fotos: Stefan Malzkorn