Georg Kreisler Biografie

Begonnen von Guntram, 12. Dezember 2005, 13:50:38

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Guntram

Ich fang mal neu an, der Ordnung wegen  ;)

Hat inzwischen noch jemand die Biografie gelesen? Dann könnten wir hier anfangen drüber zu diskutieren. Ich bin jetzt Mitte der 60er. Wenn ich fertig bin kommt mal ein Gesamteindruck und dann, nach und nach,  auch noch Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln.

Also wer hat sie noch gelesen???
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

whoknows


Zyankalifreund

Auch nicht.  :( Ist ja auch ziemlich teuer, vor allem weil man ja diese CD automatisch mitkauft.  ::)

Dagmar

Ich auch nicht. Zuviel zu tun.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Peter Silie


whoknows


Dunkelblaue Dille

Ich auch :-)
Sie liest sich gut, ist aber "zeitlich" nicht ganz ausgewogen - die Lebensphasen, über die Kreisler selber schon mehr geschrieben hat, sind ausführlicher beschrieben. Warum auch immer...

Volker

#7
Also, ich hab sie natürlich auch schon gelesen.

Vorher haben kaum etwas von oder über GK gelesen. Die Veröffentlichung der Biographie war eigentlich Anlass, mich mal etwas genauer mit ihm zu beschäftigen. Von daher kann ich auch nicht beurteilen, was bisher so bekannt war.
Ich finde das Buch ganz informativ und interessant geschrieben. Allerdings habe ich nie wirklich den Eindruck gehabt, dass tatsächlich "aufgedeckt" wurde, woher der Antrieb für soviel schwarzen Humor, bizarre Poesie oder wie man es immer nennen will gekommen ist.

Als Hitchcock-Fan erinnere ich mich gut an die Biographie "Die dunkle Seite des Genies" von Donald Spoto, und im Vergleich finde ich, das GK ein bisschen zu gut wegkommt. Ich vermisse ein bisschen die Distanz der Autoren zu ihrem Titelhelden. Nie wurde auch mal die andere Seite befragt oder bemüht. Ob es nun um Philine Hollaender, Topsy Küppers, seine Kinder oder Brommer geht. Das hat bei mir viele offene Fragen hinterlassen: Was wurde aus seinem ersten Sohn? Warum hat es mit den drei Ehe nicht geklappt – zwei endeten in einer Katastrophe... Wieso ist der Kontakt zu den Kindern abgerissen, obwohl er sie mit nach Berlin genommen hatte?
Und: Hat jemand eigentlich mal die Lieder-Texte analysiert: Mir fällt auf, wenn von (Ehe)Frauen die Rede ist, kommt diese Spezies nie sonderlich gut weg. Mich hätte z.B. auch interessiert, was GK so alles gemeinsam mit TK gemacht hat. ("Der kälteste Winter seit 17" war damals doch bestimmt ein Hit) Übrigens: Das Buch enthält kein einziges Foto von TK, dafür aber 7 von BP. Das ist nicht professionell von den Autoren.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Es ist ein gutes Buch, aber es lässt allerhand Fragen offen. Zum Preis: Alle Hardcover kosten heutzutage ähnlich viel Geld, hier gibt es sogar noch (eine einmalige) CD dazu.

Zyankalifreund

Ja du hast schon Recht, schade wenn viele Fragen offen bleiben. Ich hab ja nur ein paar Ausschnitte gehört, war ja auf der Lesung. Und auch da war es so, dass man leider auf TK GAR NICHT einging und nat. auf die Kinder auch nicht, genau all dieFragen die du auch schilderst blieben in der Lesung genau so offen. Klar, wo sollen die Antworten auch herkommen wenn sie nich im Buch stehen.

Der Punkt ist der: Ich find es gar nicht wichtig, dass in Kreislers Biographie Familieninterna besprochen werden. Aber ich find es auch falsch, TK gar nicht zu erwähnen. (Wenn ich von der Lesung ausgehe).
Überhaupt hätte ich es als begrüßenswert empfunden, wenn die Biographie etwas kritischer auf Kreislers Leben blicken würde. 8 Bilder von BP und 0 von TK etc... Da wird Kreisler selbst ganz viel verboten haben zu drucken bzw. halt einfach ein Mitspracherecht gehabt haben, was rein darf und was nicht.

Dadurch find ich das Buch aber auch nicht mehr so spannend, denn es zeigt Kreislers Leben eben nur verzerrt, es fehlen wichtige Etappen seines Lebens die er uns vorenthält und daduch ist die Bio (wenn ich deinem BEricht glauben darf, dass man so viel offen lässt) unvollständig und lückenhaft.

Schade eigentlich...  :(

Aber wie gesagt, das war auf der Lesung schon vorherzusehen. Ich war deswegen (Vor allem dieses Topsy-nicht-Erwähnen) etwas verknatzt über Kreisler. Das schließt nat. auch Sandra mit ein. Erwähnt er Topsy nicht, erwähnt er auch sie nicht. Aber auf der Lesung überhaupt... Da war nie die Rede von seinen Kindern.  >:(

Unehrenhaft...

Dunkelblaue Dille

#9
...in diese Schublade passt er sicher nicht hinein.

Zyankalifreund

Sorry, bin etwas verstimmt diesbezüglich. *seufz*

Volker

Eric, du hast aber recht. Es ist schade, dass für GK bestimmte Sachen tabu sind. Aber es ist vollkommen unprofessionell von den Autoren, diese Themen auszublenden oder nur zensiert (zensuriert) wiederzugeben.

Hat Philine oder Topys ihn zu dem schönen Lied inspiriert...
"Mein Weib will mich verlassen – Gott sei dank! ... Hoffentlich! ... Wunderbar!"

whoknows

#12
ZitatDas Buch enthält kein einziges Foto von TK, dafür aber 7 von BP. Das ist nicht professionell von den Autoren.


Kommt drauf an, von welcher Seite man es sieht. Die Autoren wurden ja von GK BEAUFTRAGT, das Buch zu schreiben, und mussten ihm daher auch alles vorlegen. Übrigens haben sowohl TK als auch Bronner und beide Söhne einfach verweigert, mit den Autoren zu sprechen. Sandra hat zwar mit einem gesprochen, (Nach Rücksprache über Dritte mit GK, und der Ankündigung, dass sie, WENN sie gefragt werde, ihre persönliche und ungeschönte Wahrheit erzählen würde. Das wurde dann "erlaubt") ihre Seite wurde aber dann doch  von GK zensiert.

Jedenfalls: Wenn ein Autor von einer Seite beauftragt wird, ist es im Gegenteil eher professionell, dem Auftraggeber zu Diensten zu sein, oder?

Und zu den Fotos: Ich schätze mal, wenn TK und SK nicht so ...nennen wir es mal: firm in dem gleichen Beruf wären, wäre BP vielleicht nicht so abgeneigt, Fotos zu zeigen. :-X

michael

Also, ich habe das Buch verschlungen. Der Preis ist zwar ....üblich, aber die Aussicht auf die CD hat mich kritiklos kaufen lassen.
Irgendwie, warum auch immer, war mir bei Kauf und beim Lesen bewusst, dass ich eine von IHM autorisierte (genehmigte)  Fassung seines Lebens zu lesen bekomme.
Und da stehen nun mal nur die Dinge drin, die mensch da drin haben möchte. Würde ich auch nicht anders machen.
Und zum Punkt "Kinder" sind Aussagen zum ersten Sohn enthalten, die auf eine tiefe Verletzung schliessen lassen.

Am neuesten für mich war aber, das das Leben von GK viel mehr vom Theater geprägt ist, als ich jemals geträumt hätte.

Für mich war so viel neu, das die fehlenden Informationen -für mich-wirklich nicht ins Gewicht fallen.


Michael




Dagmar

Na nun bin ich doch ziemlich neugierig geworden - ich habe mir rasch die Biographie noch kurzfristig zu Weihnachten gewünscht. Bin gespannt auf das Buch!

ZitatUnd da stehen nun mal nur die Dinge drin, die mensch da drin haben möchte. Würde ich auch nicht anders machen.

Also ich würde das gewaltig anders machen. Das finde ich ziemlich unspannend, das so zu handhaben. Dann kannst Du ja auch eigentlich gleich Deine Biographie selber schreiben mit allem Drum und Dran und großem "tatatataaaa" und dann unter einem Pseudonym veröffentlichen. Oder Du fragst 'nen Freund, ob der gerade mal kurz als Autor seinen Namen hergibt. Das ist ja superlangweilig, die Legende von sich selbst weiter zu spinnen und paßgerecht, geschönt und angehübscht unter Auslassung von Wesentlichkeiten in die Welt zu setzen (und Ehefrauen und die eigenen Kinder SIND Wesentlichkeiten. Das kann man sich höchstens weggucken, wegmachen kann man das damit allerdings nicht!).

Ich kenne das Buch noch nicht und werde es jetzt erst einmal lesen. Vorher kann ich natürlich nur ohne eigene Lese-Erfahrung mit diskutieren.

ZitatJedenfalls: Wenn ein Autor von einer Seite beauftragt wird, ist es im Gegenteil eher professionell, dem Auftraggeber zu Diensten zu sein, oder?

Ja, solange ich das Ganze als Auftragsproduktion erkenntlich mache. Tue ich das nicht und gebe vor, als quasi "objektiver" Autor geschrieben zu haben, ist es streng genommen journalistisch extrem unprofessionell.

ZitatSandra hat zwar mit einem gesprochen, (Nach Rücksprache über Dritte mit GK, und der Ankündigung, dass sie, WENN sie gefragt werde, ihre persönliche und ungeschönte Wahrheit erzählen würde. Das wurde dann "erlaubt") ihre Seite wurde aber dann doch  von GK zensiert.

Warum wohl?? Ich finde, man muss sich schon entscheiden: Will man die eigene Legende weiter stricken und jeden, der da nicht mitspielt gnadenlos abstrafen (kI), oder will man eine echte und damit auch farbige und bunte Biographie des eigenen Lebens beauftragen? Wie gesagt, ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber es hört sich hier vieles nach "Legende weiter stricken" an. Dann allerdings würde ich das Buch wahrscheinlich nicht sehr spannend finden.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

Ich habe das Buch noch nicht gelesen. 1. Gibt es das gute Stück noch nicht als Hörbuch und 2.  Wenn da Passagen fehlen, dann bin ich zwiegespalten, ob ich's überhaupt lesen möchte. Für den Fall, dass mir das Lesen dieses Buches irgendwann leicht gemacht wird, dann greife ich zu.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Volker

Als Auftragsarbeit habe ich das gar nicht so wahrgenommen, weil die Autoren ja von sich aus auf Kreisler zugegangen sind, um das Buch zu schreiben.

Aber wenn man das so sehen muss...

Hätte aber nicht gedacht, dass ein Mann wie GK, der einen Finger ja oft in die Wunde gelegt hat, nicht auch mal Schmerzliches ertragen kann. Nur Lobhudelei kann man im Rückblick auf ein ganze Leben doch auch nicht ertragen...

whoknows

#17
ZitatUnd zum Punkt "Kinder" sind Aussagen zum ersten Sohn enthalten, die auf eine tiefe Verletzung schliessen lassen.

Hm. Inwieweit in Kind, das noch keine vier Jahre alt ist, als er es verlassen hat, "Tiefe Verletzungen" zufügen kann, sei allerdings dahingestellt. :-/

Wobei es hier eine interessante Wiederholung gibt: seinen ersten Sohn hat Kreisler auch "entführt", um ihn der Ehefrau zu entziehen, sie hat ihn sich dann mit Hilfe der Gerichte zurückgeholt. (GK war eine Zeitlang als Kindesentführer von den amerikanischen Behörden gesucht ::)) Die beiden anderen Kinder hat er ebenfalls nach der Trennung mitgenommen - die waren schon alt genug, um selbst zu entscheiden. Beide Söhne haben heute überhaupt keinen Kontakt mehr zu ihm, auch nicht via Dritte.  Aber: der erste Sohn hatte  immer Kontakt zu GKs Vater (bis zu dessen Tod) - wobei ich durch diese Tatsache eher das Gefühl habe (weiss es aber nicht) , das der mangelnde Kontakt mit GK eher auf GKs Wunsch zurückzuführen ist.  Der zweite Sohn, das weiss ich, wünscht keinen Kontakt mit seinem Vater.


ZitatNur Lobhudelei kann man im Rückblick auf ein ganze Leben doch auch nicht ertragen...

Wer war das, Farkas? - der gesagt hat: Sie glauben gar nicht, wieviel Lob ich ertragen kann. ;D
Jedenfalls, eines ist sicher: Kritik konnte GK immer schon schwer ertragen.

Peter Silie

Mein Eindruck ist daß GK froh ist daß ihm jemand die Arbeit abgenommen hat, eine Autobiografie zu schreiben. Bei der Lesung im Antiquariat "Buch und Wein" machte es ihm diebische Freude, immer wieder sich selbst in der dritten Person zu zitieren: "Kreisler erzählt...", "...wie Kreisler sagt...", "Kreisler erinnert sich..." usw.
Die Quellen für das Buch sind hauptsächlich ein langes Interview, das die Autoren mit Kreisler während eines mehrtägigen Besuchs in Basel führten sowie Kreislers sämtliche Werke.
Dazwischen eingestreut sind Zeitungskritiken und antike Wetterberichte. So erfahren wir z.B. daß der 18. Juli 1922 ein "mäßig warmer Sommertag" war, "an dem Sonne und frischer Wind bald die Wolken des frühen Morgens vertrieben haben."
Es gibt auch liebenswürdige Stilblüten wie "Jetzt sei er eine Sensation in Deutschland [prophezeien Freunde und Feinde], aber das werde sich abnutzen. Wie man weiß, nutzte es sich nicht ab."
Der Leser erfährt wie es "zu schrecklichen Szenen" kam, als Kreislers Tochter Sandra "Kontakt mit der Drogenszene" bekommen hatte, und erhält Einblick in das "kuriose" Ablehnungsschreiben des Staatstheaters Darmstadt zum "Aufstand der Schmetterlinge".
Der Vorteil der ein-sichtigen Schilderung ist, daß es immer wieder originelle Details aus Kreislers Leben zu entdecken gibt, die nur er selber erzählen kann. Wie er als Kleinkind fast aus dem Fenster gefallen wäre. Wie er auf dem Schiff nach Kalifornien mit Bugsy Siegel Schach gespielt hat. Wie er mit Barbara Peters ein Krankenbett auf der Urologie geteilt hat. Was er mit Marcel Prawy und Tante Anni besprochen hat. Wie er in New York zwei Tage auf Benzedrin war, um eine deadline einzuhalten.
Spektakuläre neue Enthüllungen über Georg Kreislers Seelenleben darf man sich nicht erwarten. Sowas will er bestimmt nicht. Und was er nicht will ist nicht in dem Buch.
Ich finde aber, daß seine Schilderungen der Kindheit, der Flucht aus Wien und der Zeit bei der US Army ausführlich und ehrlich genug sind, um sich ein Bild von seiner Persönlichkeit zu machen. Die Bilder der Zeit sind lebendig, und das Buch liest sich hervorragend. Ich habs verschlungen.
Ich bin ja eh einer von den eher unkritischen Fans ;) also stört mich die subjektve Sichtweise des Buches nicht.
Als "Künstlermemoiren" ist das Werk super und unverzichtbar für GK Fans, als wissenschaftliche Arbeit wäre es unbrauchbar.
Wir hatten übrigens im Forum vor längerer Zeit mal einen thread über die verschollenen New York-Aufnahmen, mit einem link zu einem Artikel über einen Archivar von RCA Victor. Ob das die Autoren der Autobiografie gelesen haben?

 

angel

#19
Verzeihung, daß ich mich hier so dazwischenmische: Ich konnte mir letztens das Buch nicht leisten, aber ein guter Freund von mir hat es und von dem kann ich es mir leihen wenn er es ausgelesen hat. Ich habe mir "Leise flehen meine Tauben" gekauft. Mir gefiel die Einleitung der beiden Autoren recht gut.
Darin steht "Kreislers Lieder geben ihm Gelegenheit, sich gut sechzig Jahre lang immer wieder neu zu erfinden, ja, in jedem Lied einen eigenen Mikrokosmos von Beobachtungen, Verwirrungen und Erkenntnissen zu schaffen." (S. 17)
Von Euren Berichten incl. seiner Lesung habe ich den Eindruck, als ob er aus seiner Biografie ein Lied (eine Oper?) gemacht hat, d.h. sich selbst neu darin (er-)findet. Als Mitkomponisten darin ragt insbesondere Charlie Chaplin noch hervor, von dem er sehr liebenswürdig spricht.
Doch wenn er seine menschlichen Schwächen so ausblendet, obwohl er auch sagt "Einem Kabarettisten sollte nichts Menschliches fremd sein, nur Unmenschliches" (S. 19), so muß nachgefragt und -gedacht werden, woran das liegen könnte.

Ich sehe die Ausblendungen eher nüchtern: Er wurde durch die Lebensumstände dazu gezwungen, Kabarettist und "Liedermacher" zu werden und sich als solcher zu verkaufen. Die Biografie ist ebenfalls ein Marktartikel. Doch auch diesbezüglich existiert ein Lied: "Im Warenhaus".
Darüber hinaus konnte er sein Talent aufgrund gesellschaftlicher Mechanismen und ihm nicht sonderlich gewogener Kräfteverhältnisse in der Kulturindustrie nicht wirklich entfalten (wie übrigens alle Menschen) und komponierte/textete im Wesentlichen "Anecklieder" gegen die Gesellschaft, die er nicht liebt(e). Er fügte sich der Notwendigkeit und blieb wendig trotz Not, ohne jedoch zu einer Spezie von "Wendehals" zu werden.

Nach der Beschreibung von whoknows hat er sein Leben auf Basis realer Töne und unter Unterlassung vieler Zwischentöne komponiert und komponieren lassen, die Einzelfragmente der Komoposition zusammengefügt und dirigiert sie nun, d.h. er geht taktvoll mit sich um. Das Werk mag denen mit mehr Insiderwissen wie eine Illusion erscheinen. Doch: Vielleicht ist es/sie weniger seiner Unfähigkeit mit Kritik umzugehen, denn seinem Harmoniebedürfnis (einer liebevollen Harmonie auf hohem Niveau?) geschuldet?

Aber aus der Sicht des Konsumenten kann ich erst dann wirklich mitreden, wenn ich das Buch gelesen/konsumiert oder sogar genossen habe.

Guntram

#20
Also es geht doch :) wir können noch über GK diskutieren

Vorneweg, ich lese normalerweise keine Biografien (wegen der Selbstbeweihräucherung) aber bei Kreisler mache ich eine Ausnahme, weil ich mich in den letzten Jahren intensiv mit seinem Werk beschäftigt habe und durchs Forum einiges über ihn weiß. Also hat das Verlangen nach mehr gesiegt und auf die Lieder war ich auch neugierig.

Meinen Senf zum Buch will ich häppchenweise, schön Kapitel für Kapitel, damit wir noch eine Weile drüber schreiben können, von mir geben.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Guntram

#21
Allgemeines zum Buch

Es muß eigentlich von vorneherein klar sein, das die Biografie nicht objektiv ist. Kreisler hat sie per Interview den Autoren diktiert. Auch wird aus vielen alten Büchern von Georg Kreisler zitiert. Wessen Idee die Biografie war, die der Autoren oder ob es einen Auftragsarbeit war, wie es weiter oben angedeutet wurde, egal. Georg Kreisler hat die Biografie offiziell anerkannt, sonst würde er damit nicht auf Lesereise gehen. Somit bestimmt er letztlich den Inhalt. Vielleicht schreibt Sandra in vielen Jahren das Buch ,,Georg Kreisler – Erinnerungen" würde sicher einen guten Kontrast abgeben.

Unverkennbar ist Kreislers Handschrift in vielen Wortwendungen die ich für eher österreichisch/wienerisch oder für ihn typisch halte, als das ich sie den Autoren die eher aus dem nördlicheren deutschen Raum kommen zuordnen würde. Auch kannte ich einiges schon das Kreisler mehr oder weniger wörtlich als Kommentar auf verschiedenen CDs von sich gibt. Auffällig sind auch die vielen Passagen die als Zitat von Kreisler gebracht werden.

Man muß anerkennen die Autoren waren gründlich. Ein langes Quellenverzeichnis, inklusive Deutschem Wetterdienst, oder das Auffinden der alten Aufnahmen verdeutlicht dies.  :D Georg Kreisler sagt auch in einem Interview zum Buch, er hätte die beiden Autoren nicht belügen können, weil sie alles durch andere Quellen abgesichert haben. Ich will es glauben, den ich glaube nicht das Seufert und Fink ihre guten Namen durch irgendwelche Märchen aufs Spiel setzen. Eher wird die Kunst des weglassens und des herunterspielens praktiziert aber dazu mehr bei den einzelnen Kapiteln.

Auch unser Forum ist aufgeführt, falls H.-J. Fink oder M. Seufert immer noch mitlesen, können sie sich ja mal zu Wort melden!

Das außer Sandra niemand mit den Autoren sprechen wollte ist schade. Es wäre im Buch wahrscheinlich ebenfalls nicht veröffentlicht worden – wegen der Zensurierung – aber man hätte Material für die Zukunft gehabt, aus dem man etwas hätte machen können. ;-) Irgendwann wäre es sicher veröffentlicht worden und hätte dann das Bild von Georg Kreisler abgerundet.

Noch zum Preis. Bücher haben schon immer ihr Geld gekostet. Diesem liegt noch eine CD bei. Wenn ich bedenke was einen CD von Kreisler alleine oder der neue Harry Potter kostet ist das ok. Man muß auch bedenken das das Buch keine Millionenauflage hat und somit die Produktionskosten im Verhältnis höher sind und in die Bestsellerliste wird es sicher auch nicht kommen (leider).

Ich finde es auf jeden Fall sehr informativ und es war gut zu lesen.
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Guntram

Ich werde mich grob an die Kapitel halten, aber nicht sklavisch. Ich mache es aus dem Gedächnis um nicht den Text sondern meine Eindrücke und das was hängen geblieben ist wiederzugeben. Es wird also sehr subjektiv sein. Gleichzeitig werde ich versuchen es mit dem was ich sonst so von GK weiß zu verknüpfen und gegeneinander abzuwägen. Also los gehts.
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Guntram

#23
Kindheit

Dem Urteil von Peter_Silie schließe ich mich an, das der Bericht von Kindheit und Jugend ehrlich sind.

Das Elternhaus ist "gutbürgerlich", die Erziehung streng, der Vater ist der Patriarch. Ich denke ein normal für die damalige Zeit, in der Kinder ihre Eltern teilweise siezten. Leistung ist oberstes Gebot wenn Georg einen Zwei ind der Schule bekommt fragt der Vater warum es keine Eins ist. Ich glaube das Elternhaus prägt Georg mehr als er bis heute wahrhaben will. Auf der einen Seite extreme Selbstkritik, auf der anderen Seite kaum Akzeptanz von Kritik von außen und die Auflehnung gegen jede Art von Autorität.

Die Religion spielt in der Familie keine Rolle, aber das Umfeld in Wien ist antisemitsch geprägt. Eigentlich fühlt man sich als Österreicher (der Vater wurde im 1. WK verwundet), verkehrt aber fast nur bürgerlichen jüdischen Kreisen, man will Österreicher und nicht Jude sein. GK bezeichnet seine Eltern als "Anitsemiten", denn auf die zugewanderte Juden aus Osteuropa, die unter erbärmliche Verhältnissen in Wien leben wird herabgeschaut.

Bei Sebastian Haffner (dt. Historiker, war während des 3. Reiches nach England emigriert) habe ich ähnliches gelesen. In einem seiner Bücher schreibt er, das die Juden in Deutschland nach dem 1. WK, in dem viele für Deutschland gefallen waren, sich auch eher als Deutsche jüdischer Religion verstanden und ein Assimilationsprozeß im Gang war, der ohne Hitler, so seine Einschätzung,  zu einer mehr oder weniger vollständigen Integration geführt hätte.

Auf jeden Fall führt diese Abwesenheit von Religion dazu das sich GK erst recht mit seiner Religion beschäftigt, auch wenn er letztendlich bis heute nicht religiös ist.

Die Mutter kann sich nicht oft gegen den Vater durchsetzen, als es um den Musikunterricht (Klavier, Geige, Musiktheorie) geht tut sie es aber (zu unserem Glück), der Vater ist gegen eine künstlerische Zukunft von Georg, damit könne man kein Geld verdienen. GK hat Talent. Ist aber nicht gut genug um wirklich ein ganz großer Pianist zu werden, er hat wohl zu spät angefangen und das Üben wird ihm wird verleidet, weil der Vater auch wieder erstklassige Leistungen sehen (hören) will, letztendlich fehlt wohl auch etwas der Ehrgeiz wie in der Schule und später bei der US-Army mogelt er sich gernen ein bischen durch.

Trotz allem ist er sehr gut und spielt neben klassischem auch populäres aus der damaligen Zeit, mit beidem kommt er sehr gut bei Schulaufführungen und Anlässen an.

Der Anschluß Österreichs an das 3. Reich unterbricht alles. Er erlebt die zunehmenden Repressialien und Übergriffe gegen die Juden. Er selbst muß das Gymnasium wechseln. Jeder Gang auf die Straße ist ein Risiko. Das alles führt letztendlich zu dem Entschuß des Vaters, das zuerst nur Georg, dann aber die ganze Familie nach Amerika gehen soll.

Eines ist noch auffällig. GK berichtet das er so viele Onkels und Tanten hat das er nur einen Teil überhaupt kennt. Er selbst ist aber ein Einzelkind. Nicht unbedingt typisch für die Zeit. Und noch eins. Es werden unzählige Verwandte aufgezählt von denen einige sich einen Namen gemacht haben. Fritz Kreisler den wir hier auch schon kurz erwähnt haben, wird im Buch mit keiner Silbe erwähnt. Einen kurzen Hinweis über diese Verwandschaft hätte ich erwartet.
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whoknows

Diese Verwandtschaft ist aber soo entfernt, dass sie eigentlich nicht mehr als solche gelten kann. Irgendwas mit  Grosscousin zweiten Grades oder wasweissich.

Ansonsten hat Sandra zB ihren Grossvater anders erlebt - weder streng noch humorlos. Wobei man da vermutlich einberechnen muss, dass  Grosseltern häufig zu den Enkeln milder sind, als sie es zu den Kindern waren - da sind sie nicht mehr so unter Druck.

Übrigens ist Sebastian Haffner meines Wissens auch irgendwie umstritten - ich vergessen, worum es sich da genau handelt, ich kann mich nur erinnern, dass es da Unstimmigkeiten gab, zwischen dem, was ER sagte, seine Rolle in WW2 war, und was andere sagten.