Veränderung ist heute wichtiger als Substanz

Begonnen von Alexander, 03. Februar 2005, 23:29:44

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Alexander

Ich schlage folgende Thematik zur Diskussion vor:

Veränderung / Tempo / Sprachliche Verarmung

Ich glaube, dass das Wesen der Veränderung, laut einigen Publikationen übrigens ein Grundprinzip der amerikanischen Denkart, speziell mit den Möglichkeiten des Internet immer mehr bestimmend wird.

Klassisches Beispiel: Eine Homepage, die sich über längere Zeit nicht verändert, wird für die User uninteressant. (Das Vokabular gefällt mir nicht. Es ist aber auch "klassisch" geworden.)

Und das Tempo dominiert! Stillstand ist uninteressant, Langsamkeit ist uninteressant. Gefordert sind möglichst rasche Aktionen und Reaktionen.

(Ich beobachte mich, wie ich ungeduldig werde, wenn sich eine Homepage nach ein paar Sekunden nicht öffnet.)

Das Diktat von Veränderung und Tempo macht die Menschen oberflächlicher.

Hier im Kreislerforum gibt es - wie ich finde - "Oasen der Vertiefung". Aber selbst hier schleichen sich in die Forumeinträge Flüchtigkeitsfehler, Schlampigkeits - Ungenauigkeiten, nicht überprüfte Rechtschreibfehler ein, oft "Hingeklopftes", mehr so "dahingesagt". Die Substanz ist da, aber die Smileys sind (manchmal auch in diesem Forum) offenbar wichtiger als ein genau geschriebenes Wort. Ich kritisiere es nicht. Es fällt mir aber auf.

Ist es egal, ob ein Forumeintrag unredigiert stehenbleibt?

Wieder weg vom seriösen Kreislerforum. (Mir ist jeder kleine Flüchtigkeitsfehler von Sandra Kreisler hier im Forum millionenmal lieber als auch nur irgendeine meinetwegen grammatikalisch richtige Wortmeldung von Jörg Haider.)  

Wer tagtäglich mit dem Internet zu tun hat, ist mit einer Flut an Das/daß-Fehlern konfrontiert, mit oft haarsträubenden, oft gut gemeinten, aber sprachlich schrecklichen Deutsch-Verstümmelungen, die jede/r lesen kann.

Und irgendwann habe ich dann eine Mailnachricht von mir an jemand anderen nach dem Absenden noch einmal gelesen - mit genau den haarsträubenden Schlampigkeitsfehlern, die ich kritisiere. (Und natürlich hat der/die andere die Fehler überlesen. Es ist uns egal geworden.)

Wird es eine sprachliche Verarmung geben?  

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

#1
Was heisst hier: wird?
Ich finde, gerade hier im Forum ist es doch mehr eine Unterhaltung als "etwas schreiben" - und wenn man redet, sind "ähs" ja auch okay, und dass man einen Satz anfängt, der dann plötzlich ganz woanders aufhört.
(Übrigens, danke für Lob und Milde anlässlich meiner verdrehten ch's und änderem "finger sind schneller als Hirn" - Und: Du solltest mal meine Beiträge sehen, BEVOR ich sie noch mal durchlese :-[ ;D)

Aber dass die Sprache verarmt, der Wortschatz sich verringert, und Grammatik nebensächlich wird, das ist ja schon lange auffällig - im Fernsehen zieht es mir drei mal am Tag die Schuhe aus, wie manche Sprecher Dinge aussprechen, Sätze formen.

Das hat zwei Seiten. Ich habe mich lange sehr über diese sprachveränderungen aufgeregt - und dann ist mir aber irgendwann aufgefallen, dass das zum Beispiel im englischen niemanden aufregt, wenn es völlig normal wird, 4u zu schreiben, anstatt for you.
Ich bin zweisprachig aufgewachsen, aber war lange nicht mehr in den Staaten: wenn ich heute die Überschriften der NYT lese, muss ich nachdenken, was denn gemeint sein könnte - so verändert hat sich die Sprache.
Das ist okay, denke ich: Sprache muss leben, denn sie ist die Ausdrucksform des  gegenwärtigen Lebensgefühls. Auch wenn es mir bis jetzt noch wehtut, Tipp oder Delfin zu lesen - ich gehöre eben schon zu der Generation, die noch "alte Schreibweise" kennt. Ich kann mich von meiner Grossmutter erinnern, dass sie auch für mich "antiquiert" geschrieben hat - sie hat sich auch nciht umgewöhnt.

Ich glaube, man muss auch höllisch aufpassen, dass man dann nicht den Dünkel des Alters bekommt, und alles "besser weiss" alles, was früher war "besser findet" und so. Man sollte sich nicht zu sehr gewöhnen.
Und insofern ist es einfach - glaube ich - eine Gewohnheitssache, wenn man diverse Vereinfachungen nicht mag.

Aaaber: Was mir neben dieser Veränderung auffällt, ist, dass viele nicht einfacher schreiben, oder nciht auf Tippfehler achten, weil es halt unwichtig ist, sondern dass sie garnicht wissen, mehr noch: garnicht wissen WOLLEN, wie es richtig geht.
Und das ist schlimm.

Denn das ist ein Ausdruck der Wurschtigkeit, die alle so überfällt, weil man so überfrachtet wird mit Oberflächlichkeiten.

Ich mag Oberflächlichkeiten, ich bin selber gern oberflächlich, schau auf Kleidung und Make-up und so Zeugs. Aber eben: nicht NUR. Und nur nebenbei.

Und dass es zB Fernsehredakteure gibt, die die 4 Fälle nicht mehr aus dem ff können, oder Zeitungsschreiber, die grauenvolles deutsch sprechen - das finde ich immer noch haarsträubend. Denn von DENEN lernen es ja die anderen.

Und die Synchronisationen von Billigfilmchen tragen auch das Ihre dazu bei.
DA, finde ich, muss man schon hart sein, und die Sprache ehren. Denn es hat Vorbildcharakter, ob man will oder nicht - sogar die letzte  Soap-opera hat das.

Und dass auch die Inhalte (angeblich wegen der Masse) oberflächlicher werden, ist auch eine Ausrede. Es steht jedem frei, sich weiter zu informieren. DAS wiederum ist Sache der Eltern, Neugierde für mehr zu wecken.

Es fällt mir auch auf, dass es zum Beispiel in meinem Business nicht mehr zu machen ist, einen jungen Menschen zu finden, der sich in irgendeiner Weise "offiziell" benehmen kann.
Zum Beispiel bei meiner Fernsehshow in Wien (vor etlichen Jahren schon, wöchentlich 12 minuten interwiewsendung) ich brauchte wen, der für Folgendes zuständig war: der Gast kommt, und es sollte jemand da sein, der sagt "guten Tag, meine Name ist... ich bin der Assistent, Frau Kreisler ist noch in der maske, darf ich ihnen derweil einen Kaffee anbieten?" Und den jeweiligen Gast höflich in seinen Raum führt.

Man glaubt es kaum. so jemand war  nicht zu finden. Können sie nicht mehr. Da wird irgendwas gemurmelt, und man wird im Regen stehn gelassen. Schon aus dem Mantel helfen, oder es wenigstens anbieten - einem Gast in einer Talkshow - ist zu viel verlangt.

Kein Wunder, dass die Kids arbeitslos bleiben: Wenn sie sich wo vorstellen, können sie bei den zukünftigen Chefs nicht mal ein anständiges Bild  von sich vermitteln.

Klingt irgendwie Oma-Mässig, das Jeiern über mangelnde Umgangsformen. Und meine Oma hat das auch schon gesagt, weil man keinen Knicks mehr gemacht hat, beim Vorstellen.
Aber ein BISSEL was davon - finde ich - könnte schon erhalten bleiben, oder?
Sowas hat doch auch mit Respekt den anderen Menschen gegenüber zu tun, finde ich.

Bastian

#2
Also, ich versuche schon, meine Beiträge einigermaßen vernünftig zu verfassen. Mich stören Fehler ungemein, und ich muss oft noch dreimal in einen Beitrag zurückrennen, um etwas zu verbessern, weil es mir in dieser Ansicht nicht immer sofort auffällt. Nur bei erweiterten Infinitiven mit "zu" bin ich mir offensichtlich nicht ganz sicher, was die Kommasetzung angeht. Und ich unterscheide sprachlich zwischen einer kurzen Bemerkung und einem hochwissenschaftlichen Erguss. The latter has to be written in a more sophisticated way. And therefore I prefer to put it into a different language, äh: style.  ::)

Jeder macht Flüchtigkeitsfehler. Nur, wenn jedes dritte Wort einen Tippfehler enthält, bekomme ich den Eindruck, dass da jemand so schnell schreibt wie er denkt. Und oft liest sich der Gedankenfluss auch dementsprechend "schnellgedacht". Ich habs lieber, wenn ein geschriebener Text sich seiner Vorzüge bedient, und nicht wie ein gesprochener Text ins Unreine gequatscht wird. Er bleibt dann nämlich noch sehr lange "unrein", und das kann ich bei meinen Beiträgen nicht leiden.

 Zum Diktat von Veränderung und Tempo: Ich glaube, dass man mit der angemessenen Sturheit dieses Diktat durchaus brechen kann, ohne es durch aktives Widersetzen als Diktat anzuerkennen. Zumindest was die Sprache angeht, fällts mir nicht so schwer, weil ich ein sturer Bock bin. Viel zu stur. Und weil es mich freut, wenn Sprache klingt und präzise ist. Kling- klong.

Alexander

Genau diese "Vertiefung" Eurer Reaktionen ist es, die ich am Kreisler Forum so liebe - danke!
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

#4
ZitatJeder macht Flüchtigkeitsfehler. Nur, wenn jedes dritte Wort einen Tippfehler enthält, bekomme ich den Eindruck, dass da jemand so schnell schreibt wie er denkt

 :-[ :-X ups. erwischt.


Aber von wegen Diktat der Veränderung: Ich hab eben immer die Sorge, dass Sturheit und Gewohnheit da schlechte - und vor allem unbemerkte! - Berater sind, und dass man dann einfach ein alter sturer Bock ist, anstatt "mit der Zeit zu gehen". Weil eben die Grenzen fliessend sind: Was ist Beharren auf Althergebrachtem und was ist tatsächlich BESSER...

Und nachdem ich mit ein paar Sachen gebranntes Kind bin (eben erst später und zufällig gemerkt, dass ich einfach nur altmodisch und stur und starrsinnig war - und dadurch meinen Horizont verengt habe) bin ich da jetzt extrem vorsichtig mit Verdammen von Veränderungen.

Killerpraline

Ist es nicht so das sich die Natur ständig erneuert. Nichts bleibt dort wo es war. Ich denke, dass Veränderungen die Würze in der Suppe des Lebens sind.

Bastian

Klar, nur wenn man vor lauter Veränderungen und Würzerei nicht mehr schmeckt, welche Suppe man gerade vor sich hat...? :mata:

Sandra

Ich halte es da mit Antonin Artaud: Es ist wichtig, die Flamme weiterzureichen, aber nicht die Asche anzubeten.

trotzdem ist es gut, wenn man weiss, woher das Feuer überhaupt kommt. 8)

Killerpraline

ZitatKlar, nur wenn man vor lauter Veränderungen und Würzerei nicht mehr schmeckt, welche Suppe man gerade vor sich hat...? :mata:

Da könntest du recht haben. Jedoch muss man sich damit arrangieren. Oder zu den Amish gehen. ;D

Bassmeister

Das ist wohl ein Hauptproblem zwischen der Generation meiner Eltern und unserer. Unsere Eltern sind sehr auf Sicherheit bedacht, feste Stelle, Auto, Haus undsoweiter.
Die Leute um mich herum sind dagegen viel "lockerer" mit dem Leben: Jobb ich heute hier, morgen dort und übermorgen überhaupt nicht. Das ist nicht nur durch den Arbeitsmarkt bedingt, viele brechen auch was ab und fangen was neues an.

Auch in der Musik beobachte ich das: Meine Eltern (beide Musiker) sind im Orchester angestellt und der Tatsache, daß ich völlig andere musikalische Wege gehe nur bedingt aufgeschlossen.

Danke, ALexander, Dein Thema hat mich auf eine gute Spur gebracht!
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Alexander

ZitatDas ist wohl ein Hauptproblem zwischen der Generation meiner Eltern und unserer. Unsere Eltern sind sehr auf Sicherheit bedacht, feste Stelle, Auto, Haus undsoweiter.
Die Leute um mich herum sind dagegen viel "lockerer" mit dem Leben: Jobb ich heute hier, morgen dort und übermorgen überhaupt nicht. Das ist nicht nur durch den Arbeitsmarkt bedingt, viele brechen auch was ab und fangen was neues an.

Auch in der Musik beobachte ich das: Meine Eltern (beide Musiker) sind im Orchester angestellt und der Tatsache, daß ich völlig andere musikalische Wege gehe nur bedingt aufgeschlossen.

Danke, ALexander, Dein Thema hat mich auf eine gute Spur gebracht!

Veränderung und Sicherheitsgedanke - als Betroffener

Ich bin derzeit fix angestellt und kriege monatlich Gehalt. Ich war aber auch schon "Künstler", der "so dahin" gelebt hat, mit kuriosen Gelegenheitsjobs, zwischendurch auch nicht versichert. Ich habe ganz liebe nahe Verwandte, die diese Zeiten immer mit großer Sorge mitverfolgt haben. Und diese Sorge sitzt einem dann schon im Nacken. Natürlich hat man ausgerechnet in so einer nicht versicherten Zeit eines Abends Zahnschmerzen, so stark, dass man zum Nachtzahnarzt muss. Damals noch mit 1000 Schilling in der Tasche (natürlich den letzten 1000, und natürlich geborgt). Und dann das Angebot: Reißen 800 Schilling oder Wurzelbehandlung ab 3000 Schilling aufwärts ...
Ich behaupte: Die Wiederaufbaugeneration nach 1945 setzte auf Stabilität und Sicherheit, auch im Alltag. Die Zeit hat sich aber geändert. Heute ist totale Flexibilität gefragt. "Tagesjobs auf Abruf". Angestellte bei Leihfirmen. Auch in der Kunst, in der Musik: Vielseitigkeit im Kreativen. Werbejingles und Kammerkonzerte. Große Aufgaben, große Löcher (Füllmethode Fortell/Wussow bitte nicht nachahmen - zumindest nicht so plump erwischt werden, das fällt auf die zurück, die aber schon gar nichts dafür können).
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

#11
Dieses Sicherheitsdenken - das es noch bis (erstaunlicherweise) nach Geldentwertung und Krieg gab ist inzwischen glaube ich total weg. Man weiss einfach, dass man nciht mehr so ein lineares Leben führen kann - oder wenn, dann nur mit sehr viel Glück. Dem trägt man natürlich rechnung - auch in seinen Wünschen. Dazu kommt, dass die Welt auch noch kleiner geworden ist, und man daher auch plötzlich viel mehr Möglichkeiten sieht. Nachteil: Das Sozialsystem kommt nicht mehr mit. Und dadruch bleiben viele (zu viele) auf der Strecke.
Ich sehe auch mit den bisherigen Methoden keine Möglichkeit, da irgendeine Entspannung zu finden - ich glaube, der Gedanke Arbeit/soziale Sicherheit muss total entkoppelt werden, überhaupt der Faktor Arbeit einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft bekommen, sonst werden die Verteilungskämpfe noch viel härter, und die Gesellschaft wird noch viel gewalttätiger - einfach, weil es einfach nciht mehr genügend Arbeit für alle GIBT - und wenn mehr als 20% der jungen Männer einer gesellschaft ohne Zukunftsperspektiven aufwächst, wird die Gesellschaft destabilisiert. Sieht man jetzt schon allerorten.
Die einzige Antwort wäre, Zukunftsperspektiven schaffen, die eben nicht im Faktor Arbeit=Erfolg= Sicherheit liegen.
Das ist aber eine Herkulesaufgabe - zumal die Trendwende nciht so schnell vollzogen werden kann - dazu braucht es flat tax, eine völlig andere Verantwortungsübernahme der Wirtschaft  und eine völlig andere Wertevermittlung von Kindesbeinen an.
Solange es das nciht gibt, werden wir alle immer flexibler sein müssen, und dass wir uns das "schön reden" ist schon ganz okay.


Ach und übrigens: Diese Fortell/Wussow Geschichte. Das schlimmste daran ist: sie haben völlig Recht, und wär ein anderer damit "aufgeflogen", hätte er das benützen können, um auf einige Lücken in der Künstlersozialversicherung hinzuweisen. Bled nur, dass das ausgerechnet so rechtslastigen Hypokriten und Vollidioten wie den beiden passiert.
Aber im Grunde ist es tatsächlich so: Wenn ein Schauspieler mal gut verdient, und dann ix mehr hat - wie soll die Versicherung weiterlaufen, wenn er nicht Arbeitslose beantragt. Und 90% aller Schauspieler verdienen auch wenn sie gut verdienen nicht ein Zehntel von dem, was die zwei so kriegen. Die berühmten Schauspieler genieren sich, Arbeitslose zu beantragen - und haben dann oft ein verarmtes Alter, wenn sie vergessen werden. Und die unbekannten, kleinen und mittleren Grössen, da kommt es nicht in die Zeitung, wenn sie Arbeitslose kriegen.
Ich kenn mich da nicht so aus, ich hab mir aber sagen lassen, dass das in Germanien klüger geregelt ist als in olle Ösiland. Aber hier in Österreich ist der einzige wirkliche Skandal der, dass die beiden tatsächlihc Recht haben.

Alexander

Danke Sandra! Spricht mir total aus dem Herzen! Alles!
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Bassmeister

Zitatich glaube, der Gedanke Arbeit/soziale Sicherheit muss total entkoppelt werden, überhaupt der Faktor Arbeit einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft bekommen, sonst werden die Verteilungskämpfe noch viel härter, und die Gesellschaft wird noch viel gewalttätiger - einfach, weil es einfach nciht mehr genügend Arbeit für alle GIBT - und wenn mehr als 20% der jungen Männer einer gesellschaft ohne Zukunftsperspektiven aufwächst, wird die Gesellschaft destabilisiert. Sieht man jetzt schon allerorten.
Die einzige Antwort wäre, Zukunftsperspektiven schaffen, die eben nicht im Faktor Arbeit=Erfolg= Sicherheit liegen.

Diese Gedanken habe ich schon ganz ganz lange ! ENDLICH mal noch jemand, die das so sieht!!
Das sollte man weiter verfolgen.
Doch wird es dazu (was für ein gewaltiger, revolutionärer Paradigmenwechsel!) erst kommen, wenn es anders GAR NICHT mehr geht. So lange man noch seine Tippel-Tappel-Tour zwischen Arbeitslosengeld II und 1-Euro-Job (soweit sind wir nun schon!) fahren kann, wird sich da gar nix tun. Ist eben immer so austariert, daß es gerade mal noch so geht. Ein wenig jammern, ein wenig beschweren, doch zu mehr reicht die Energie nicht. Und die Zeit auch nicht.
Ich denke, es gäbe schon genug Arbeit. Man sehe sich nur einmal die vielen Baustellen an, die seit Jahren angefangen und nicht vollendet werden. Nur will oder kann keiner mehr dafür bezahlen, die Spirale von SparenSparenSparen  dreht sich immer weiter, keiner merkt, daß sie eine Wurzel des Übels ist (Lebensmittelindustrie!!) und daß von nichts nun mal nichts wird. Ich glaube nicht, daß Geiz immer so geil ist. Das Gefüge von Geben und Nehmen gerät aus der Balance.
So long...
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Alexander

#14
Soeben im "Kurier online" gesehen:

Wussow-Fortell: Verfahren eingestellt

Barabara Wussow und Albert Fortell können das Notstandsgeld behalten. Ein Betrug konnte nicht nachgewiesen werden.
 
Barabara Wussow (44) und Albert Fortell (52) können aufatmen. Die Staatsanwaltschaft Wien hat in der so genannten Notstandshilfe-Affäre das Verfahren gegen das Schauspieler-Paar eingestellt. Gegen die beiden wurde wegen schweren Betrufgs ermittelt.

Geld für drehfreie Tage

Fortell, der pro Drehtag bis zu 3.000 Euro verdient haben soll, und seine Ehefrau hatten zwischen 2002 und 2004 in drehfreien Zeiten immer wieder Notstandshilfe bezogen. Sie erblickten darin nichts Unrechtes und verwiesen auf entsprechende Gesetzesbestimmungen: In der beschäftigungslosen Zeit stünde ihnen laut Sozialversicherungsgesetz eine finanzielle Unterstützung zu.

Notstandshilfe für Villenbesitzer

Die Anklagebehörde ging jedoch davon aus, dass kurzfristige Beschäftigungspausen nicht notwendigerweise ausreichen, um einen Notstand glaubhaft machen zu können, zumal das Ehepaar nicht gerade unbescheiden in einer Villa im Wiener Nobelbezirk Döbling lebt. Der Betrugsverdacht - ursprünglich standen angeblich zu Unrecht bezogene 28.000 Euro im Raum - ließ sich allerdings nicht nachweisen, wie nun der Sprecher der Staatsanwaltschaft erklärte.

"Das Arbeitsmarktservice war nicht in der Lage, konkrete Zahlen zu nennen, was unberechtigt bezogen worden sein soll. Man hat uns jedes Mal einen anderen Schadensbetrag genannt. Letztlich ist ein so geringer Betrag als mögliche Schadenssumme übrig geblieben, dass sich das Ganze in Luft aufgelöst hat".

Diffuse Rechtslage

Die Rechtslage sei, was den Anspruch bzw. Bezug von Notstandshilfe und ein allfällig damit verbundenes strafrechtliches Vergehen betrifft, "äußerst diffus und undurchsichtig", erläuterte Schneider weiter. Es sei nicht möglich gewesen, dem Ehepaar die subjektive Tatseite nachzuweisen. Zumindest im Zweifel war daher davon auszugehen, dass die beiden in gutem Glauben gehandelt hatten.


Artikel vom 16.11.2005 |apa |dk

http://kurier.at/chronik/1180052.php

Bezeichnend ein Leserkommentar:

nicht schlecht.
einem arbeiter, der gekündigt wird und anspruch auf kündigungsentschädigung hat ( ausständige Urlaubs- bzw. Weihnachtsgelder) werden diesem abgezogen.
ab morgen bin ich künstler.

Kein Kommentar dazu (als "Teilweise-Künstler"), außer vielleicht den aus der "Animal Farm": Alle sind gleich. Nur manche sind gleicher (oder so irgendwie).

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

#15
Hatten wir diese Fortell -Geschichte nicht schon mal irgendwo im Forum?
Ich bin da sehr ambivalent. Ich freue mcih jedes Mal, wenn just den Beiden irgendwo am zeug geflickt wird. Aber Fakt ist: in diesem Fall haben sie garnicht so unrecht. (gut, grad bei Ihnen dürfte es nicht sooo notwendig sein - aber hier ist es auch eine Frage des Prinzips) Wenn ein Schauspieler klotzig verdient, weil er/sie nen tollen Dreh hat, dann aber wieder ein halbes Jahr nix, dann ist das klotzig verdiente auch weg. Und wenn er mal nciht mehr gefragt wird - oder, wahrscheinlicher: SIE,  - weil zu alt, dann stehen die da, und haben keine durchgehenden Versicherungszeiten. Also sollte man vorbauen, und sich immer irgendwo anmelden, und wenn man kein Engagement hat, dann eben bei der Notstandshilfe. Wegen der durchgehenden Versicherung und der Pension.

Also, hier ist es so - ich persönlich habe vermutlich schon Millionen an Geld verloren, weil ich mcih noch nie um sowas gekümmert habe, ich kümmere mich nciht mal darum,. ob der ORF meine wöchentlichen Sendungen wirklcih alle abrechnet. ich krieg halt einen Stapel Zettel, das ich das und das gemacht habe, und die unterschreibe ich. Ich zähle nie nach, ob wirklich alles dabei ist, was ich gemacht habe - obwohl mir Kollegen wiederholt erzählt haben, dass da schon mal was vergessen wird. Aber es ist mir zu doof. Ich will meine zeit nicht mit sowas verplempern. Und auf Ämter gehen, weil ich vom Staat irgendwas "kriegen" könnte, ist mir auch zu doof. Ich sehe aber, das just diese Mentalität gerade auch bei Besserverdienenden gang und gäbe ist: "Es steht Dir zu! Warum sollst du's denen schenken?" Kindergeld, Pendlerpauschale, Studienbeihilfe wasweissich. Das nehmen auch die, die's nicht bräuchten. In Deutschland kommt mir das noch "normaler" vor als in Ösiland - da werden auf wirtschaftsseiten Tipps gegeben, wo man noch was "abgreifen" kann, was einem ja "zusteht" - es steht im Gesetz, ist aber für die gedacht, die es auch brauchen.
Ich, indes, geniere mich, Geld vom Staat zu nehmen. Ich hab noch nie auch nur einen Pfennig Arbeitslosengeld bekommen  Blöd, vermutlich, weil alle anderen machen es auch. Die rechnen sogar damit: das und das "darf" ich verdienen, das und das mach ich schwarz, und das und das krieg ich vom Staat.
ich denke: Ich hab soundsoviel Geld, damit muss ich leben. Andererseits geniere ich mich aber nicht, "Steuerminimierend" zu denken - das ist für mich was anderes - was auch nciht konsistente Logik ist, ich geb's ja zu.

Aber eben: im Fall der von mir wenig gelittenen Wussow/Fortells haben sie leider im Prinzip Recht. Die kleinen, wenig beschäftigten Schauspieler sollten das auch machen...

Andrea

#16
Also Whoknows: Da muss ich jetzt aber mal "mit dir schimpfen": Du hast keine Villa in Döbling, arbeitest wie ein Tier, also stünde es dir (vielleicht sogar jetzt) auch mal zu, Geld vom Staat zu beziehen. Das Problem ist: Dann müsstest du öfter reisen. Ich hab das früher gemacht: Immer wenn ich einen Termin am Arbeitsamt hatte, war ich rechtzeitig zurück. Das u.a. ist einem auch zu blöd und die Reisekosten sind auch nicht vom Feinsten. Nur: Bevor du in Schwierigkeiten kommen solltest - irgendwann in deinem Leben -, dann solltest du Geld vom Staat in Anspruch nehmen. Genieren brauchst du dich da aber sowas von gar nicht.
Du arbeitest wie ein Tier (wenn der Tag 48 Stunden hätte, hätte er bei dir 96 ;D), tust viel für andere (erfüllst damit eine Menge soziales Engagement), gibst konstruktive Kritik, reißt dir auch für andere den Allerwertesten auf, also kannst du auch vom Amt (von anderen) nehmen.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

whoknows

#17
Ach, ich finde, ich krieg mein Zeitmanagement meistens ganz gut gebacken. Wenn ich mir weniger Zeit für Privates NEHME, dann ist das meine Entscheidung. Ich hab einen Beruf, der auch mein Privatleben einschliesst, damit kann man es nicht in Arbeit und Freizeit trennen - und ich finde mein Lebensstandard (auch wenn sich bei Sozialhilfeempfängern manchmal mehr Urlaub ausgeht) ist eigentlich hoch genug, um nicht irgendwo bei Fremden zu betteln. Meinem Gefühl nach würde er sich empfindlich verschmälern, müsste ich regelmässig auf Ämtern auftauchen  :P
Ich lebe da eher nach dem Motto: nur nicht anstreifen. Ich will in diese kaste garnciht rein.

Auserdem: Ich finde es beschämend wenn man sich Geld vom Staat holt, ohne das man auch überleben könnte. Ich will diesem Staat möglichst wenig Rechte in meinem Leben einräumen, und dafür will ich auch möglichst wenig Pflichten von ihm beanspruchen.

Alexander

#18
Die Weltanschauung von whoknows = Idealismus und Ehrlichkeit, ist "Sich-ins-Gesicht-schauen-können". Ist Kunst (und die Zeit dazwischen) um der Kunst willen.
Die Weltanschauung von BW + AF = Abzocke, wo nur möglich. Kunst (und die Zeit dazwischen) um des Geldes willen.
Nur das meinte ich.
Ich sehe halt nur: SchauspielerInnen, SängerInnen, andere KünstlerInnen, die KEINE Villa in Döbling haben, sondern ev. gerade mal eine Mitbewohnermöglichkeit, weil sich sonst nichts ausgeht, was sich die auf Arbeitsämtern oder in Kommentaren wie im Kurier dann anhören müssen, trotz allem eben den "Neid der Kleinbürger", die in ihrem Blickfeld halt auch nur die eine Seite wahrnehmen (können) ...
Künstler sind für viele immer noch Sozialschmarotzer. Für viele ist es "keine Arbeit", nur am Abend drei Stunden z. B. Lieder zu singen. Viele sind neidig auf Künstler, weil die damit (und die sieht man halt, die das können) auch viel Geld verdienen. Man sieht die Arbeit nicht, die dahinter steckt.
BW + AF schaden (gesellschaftspolitisch gesehen) mit ihrer Abzocke den vielen talentierten Künstlern ohne solche Lebensgrundlagen. Natürlich haben sie recht, formal und persönlich gesehen. Und jede/r in ihrer Lage wäre blöd, nicht so zu handeln. Aber sie gehören eben zu denen, die sich´s richten können. Und ich kenne z. B. in Wien Idealisten, Leute voller künstlerischer Ideen, die müssen froh sein, wenn ihnen nicht jeden Monat der Strom abgedreht wird.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Zyankalifreund

also vor allem in der Ausbildung geht es halt gar nicht anders. Wenn ich da an mich denke: Sollte das im Sommer mit dem Berlin-Umzug klappen, MUSS ich einfach beim Staat anklopfen, weil meine Eltern meinen Lebensunterhalt (Der sehr bescheiden wäre) nicht zahlen könnten. Mir ist es sogar lieber, Geld vom Staat zu nehmen, als von meinen Eltern.
Dabei muss ich sagen, dass es eben auch wirklich nicht anders geht. Als Schüler oder Student hat man nunmal kein Einkommen. Dass das Ämterbesuche und Abhängigkeit bedeutet ist jedem klar.
Nen Job werd ich eh noch brauchen, weil ich sonst mein Kunstschaffen gar nicht zahlen kann. Ich brauch 2 Stunden Gesangsunterricht pro Woche à 40€uronen, einen Pianisten, Noten etc...
Das wird für mich TROTZ staatlichen Zuschüssen enorme Belastung. Einerseits Schule, andererseits Geld für den Unterricht erarbeiten UND natürlich weiterhin Theater und Musik machen... Ohne dem Geld vom Staat ginge das eben gar nicht.
Da genier ich mich aber auch nicht für, Geld zu nehmen, denn ich liege ja nicht auf der faulen Haut und tu das ja nur dafür, damit ich später auf dem Markt mich behaupten knn und überzeugen durch gute Vorkenntnisse.  

whoknows

ja klar, davon rede ich aber garnicht. Nur - was, und da muss ich leider in's Horn von den Wussows blasen, wen die dann plötzlich zwischen 50und 60 Jahren keine Jobs kriegen? Dann ist auch die Villa in Döbling futsch. Und dann kriegen sie nur noch minipension. Es gibt etliche Künstler, die hervorragend verdient haben in ihrer Hoch-Zeit, und trotzem im Armenhaus gestorben sind...

Zyankalifreund

Ich mein wir brauchen uns nichts vormachen, diese Leute werden es bestimmt nicht SO dringend gebraucht haben und es ist in meinen Augen KEIN Notstand, eine Villa aufzugeben.
In diesem Sinne verstehe ich es als einen (wahrscheinlich sogar rechten) Schmarren, in einer solchen Situation NOTstandshilfe zu beziehen. Entweder ich kann mir die Villa leisten und bin entsprechend flüssig oder ich bin nicht immer flüssig und muss mich eben mit was Kleinerem begnügen.

Meine Philosophie ist ja die: Wenn einer Künstler ist, dann weil er es gern ist und er sein Leben seinem Job verschreibt. Das heißt wenn ich nen genialen Job habe, der mein Leben ist, dann brauch ich nicht viel Geld und auch keine Villa, und bei deren Verdienst mussten sie halt nur ml ein bisschen einteilen, dann wären sie auch ohne Hilfe über drehfreie Tage gekommen. Stattdessen zahlt denen der lsterr. Steuerzahler ihren Komfort und ihre Dummheit in Bezug auf Geld. DAS halt ich widerum für eine ausgemachte Frechheit.

Alexander

#22
Zitatja klar, davon rede ich aber garnicht. Nur - was, und da muss ich leider in's Horn von den Wussows blasen, wen die dann plötzlich zwischen 50und 60 Jahren keine Jobs kriegen? Dann ist auch die Villa in Döbling futsch. Und dann kriegen sie nur noch minipension. Es gibt etliche Künstler, die hervorragend verdient haben in ihrer Hoch-Zeit, und trotzem im Armenhaus gestorben sind...

Für solche hat Giuseppe Verdi seinerzeit ein Altersheim gegründet, und alljährlich gibt es im Münchner Circus Krone eine aufwendige Fernsehzirkusgala mit Promis, weil die alle genau wissen, dass es ihnen auch einmal so gehen könnte.
Und ich behaupte jetzt mal frech: Leute wie Gerhard Bronner oder Dieter Hildebrandt (die ich beide außerordentlich schätze) werden wahrscheinlich "bis ins Grab" auf Bühnen gehen, weil sie sonst - salopp formuliert - ihren Lebensstandard nicht halten könnten.
Was wäre das für ein Staatssystem, das verdienten Künstlern (solchen wie Bronner oder Hildebrandt, auch Georg Kreisler - apropos: Skandal, wie Österreich mit "seinen" Emigranten umgegangen ist!) einen "Ruhestand in Würde" ermöglicht, gleich, ob die in ihrer "Hochzeit" mit Geld umgehen konnten oder nicht - Träumen wird man ja dürfen.
(Natürlich bedenke ich dabei, dass diese "großen Alten" nach wie vor sicher gerne auftreten und herumreisen.)
Das ist halt eben die Crux des Künstlerlebens: Mal hast Du viel, dann gar nix. Diese "Balance" ist für den Einzelnen meistens nicht verkraftbar.
Ob man ihn Künstler nennen kann oder nicht (ich tu´s): Hermes Phettberg ist das beste Beispiel dafür. Der hatte jahrelang überhaupt nichts, dann zwei Jahre "zu viel", und seither tingelt er etwas beachteter als zuvor durch die Lande, aber "kaufen kann er sich davon auch nix" (wieder salopp formuliert).
Phettberg wäre der klassische Fall für Verdis Altersheim.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Andrea

Warum bettelt man als Künstler bei fremden? Diese Sichtweise verstehe ich nicht,  denn jeder Künstler bezahlt ja auch Rentenversicherung usw. ein und würde sich, würde er ab und zu, wenn's nicht anders geht, etwas von dem zurück holen, was er selber eingezahlt hat. Oder muss man etwa als selbstständiger Künstler ,,nur" die Krankenversicherung einzahlen? Und selbstwenn das so wäre, fände ich legitim, wenn man, wenn's gar nicht anders geht Geld vom Staat annehmen würde, bevor man z.B. seine Arbeitsgrundlagen (Miete, Strom, Telefon, Internet) nicht mehr zahlen und dadurch seinen Beruf, den des Künstlers, nicht mehr ausüben könnte.
Die ,,normale" Bevölkerung sieht ja nur die schönen Seiten des Künstler-Berufes. Ich fände es angebracht, diesen Leuten auf irgendeine Weise zu zeigen, dass auch Künstler ihr Geld nicht in den Arsch geschoben kriegen, sondern hart dafür arbeiten müssen. Wäre Ihnen, dem Publikum also, das bewusst, entstünde vielleicht auch nicht mehr das Gefühl von Neid und Missgunst Künstlern gegenüber, Vielleicht hätte das Publikum, könnte es nachvollziehen, dass auch Künstler hart arbeiten, mehr Verständnis dafür, warum es mittlerweilen z.B. für ein Rock- oder Jazz-Konzert hohe Eintrittspreise bezahlt.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

whoknows

Ich kann Alexander da nur Recht geben. ich erinnere mich auch gut, was es für ein Aufschrei war, (bei der FPÖ) als man erwog, H.C.Artmann seine Steuerschulden zu erlassen - die er nb auch mit preisgeldern erwirtschaftet hatte - damals musste man Preisgelder versteuern. Artmann ist an der untersten Einkommensschiene dahinvegetiert - und das ist einfach eine Unform, wenn man bedenkt, wie Österreich auch durch seinen namen den Ruf des Kulturlandes erhält.
Wenn man jung ist - so wie Du, Eric - dann denkt man an seine Kunst und dass man irgendwie davon leben will, und punkt. Mit 35 so etwa, denkt man, naja, man sollte sich vielleicht doch eine Rentenversicherung, eine Zusatzversicherung anschaffen, sonst wird's später vielleicht doch eng. Leisten und regelmässig einzahlen kann man in die dann mit 45. Hoffentlich. SO kommt kein halbwegs angenehmes Alter zustande. Und so geht's gerade jenen Künstlern, die nicht, wie Wussow und Co, dem "volk auf's Maul schauen", sondern die eher unangepasste Sachen machen - ergo auch häufig Sachen wie Artmann: die keiner kauft, die aber massgeblich Ruf des Landes stärken und die Zukunft der Kultur.
Glaubt Ihr denn ,die Jelinek wäre reich? (vor dem Nobelpreis) die wohnt in einer gemeindewohnung - die hat schon ihren Eltern gehört. Klar, sie hat immer mehr verdient, und hätte sich mit über 40 dann schon auch mal ne grössere und schönere Wohnung leisten können, und da war es dann Neigung, nicht Not, dass sie dort blieb. Aber reich ist die nie gewesen. Oder ihre Freundin, die hervorragende Lyrikerin Elfriede Gerstl. Die lebt hart an der Notstandsgrenze - ist aber bekannt und wird sicher nach ihrem Tode auch noch hoch geschätzt sein. Ihr Alter wird sie aber sicher nicht durch ihre Rentenbeiträge auch nur halbwegs angenehm finanziert haben.
Ich fürchte mich jetzt schon davor, wenn ich mal gröbere Operationen brauche, oder Zahngeschichten, die die Kasse nur mangelhaft bezahlt. Ich hab nix auf der Seite - dafür lebe ich auch nciht in Zimmerküchekabinett. Ich habe beim Abwägen der Gegenwart den Vorzug vor der vorsorge gegeben - das ist jetzt fein, aber später? Da wird's mich reuen, ich bin sicher.

Die ganzen staatlichen Vorsorge und Sicherheitspakete sind nciht für freischaffende Künstler gestrickt. Künstler bräuchten eine Sonderbehandlung. Sie haben einen - derzeit leider vergessenen - wichtigen Raum im Gesellschaftsgefüge besetzt, der für die restliche Gesellschaft auch Frieden und wohlstand sichert - das wird leider allzu häufig vergessen. Wenn die Künste hochstehen, dann stehen Wirtschaft und Frieden auch hoch. Aber dann - wenn Wirtschaft und Frieden hoch stehen, werden die Künste gerne vergessen. Das scheint eine Wellenbewegung zu sein....