Das Setzen von zu erfüllenden Erwartungshaltungen, anstelle einer Stärkung des Subjektiven, unterdrückt die Kreativität des Einzelnen. Anpassungsdruck verhindert geistige Pluralität und fördert die Vereinheitlichung des Denkens.
Ui! Wie gut, dass die Beweislast immer bei demjenigen liegt, der eine These aufstellt, sonst müsste ich jetzt ziemlich arbeiten. Kannst Du diese Thesen präzisieren?
Über ein System von Lob und Tadel durch die Hüter der Objektivität wird beim Einzelnen ein scheinbares Selbstwertgefühl errichtet, dass aber stets abhängig bleibt, weil gleichzeitig eine Angst vor "Liebesentzug" bei Nichterfüllung von Objektivität erzeugt wird.
Wieso sollte z.B. mein Selbstwertgefühl von einem "Hüter der Objektivität" abhängen? Selbstwert gründet doch auf ganz anderen Dingen. Hat ein "Hüter der Objektivität" überhaupt eine Liebe, die er entziehen kann? Von mir aus, soll er doch, aber es täte mir leid um ihn.
Vielleicht verstehe ich dich aber trotzdem:
Ich habe mich in meinem ganzen Leben immer bei denjenigen am wohlsten gefühlt, die mich klipp und klar darauf hingewiesen haben, wenn ich Unsinn verzapfe. Natürlich, das kommt nur sehr, sehr selten vor

, aber das Wissen darum, dass es da Leute gibt, die Fragen stellen, auch manchmal bohren, und offensichtlich trotzdem nicht von der Seite weichen- DAS ist Wertschätzung. Das Selbstwertgefühl darf doch nicht davon abhängen, ob man in irgendeiner Sache Recht hatte, oder nicht. Dafür irren wir Menschen uns einfach viel zu oft und erzählen viel zuviel Quark. Wichtig ist doch, dass da jemand mitdenkt, irgendwann aus dem Sofa aufsteht, und sagt: "Basti, Du redest mal wieder einen unsäglichen Stuss. Ich geh mal eben und mach nen Kaffee. Mit Milch oder ohne?"
Und er kommt zurück. Mit Milch!!
Es macht mich nachdenklich, dass die Menschen zwar gerne so objektive Dinge wie 2+2=4 oder Erkennungsmerkmale von Fichten lernen, aber nichts von den realwirksamen Unterdrückungsmechanismen hören wollen.
Unterdrückung kommt doch nicht durch "objektive" Kriterien ins Spiel, sondern durch die Verknüpfung von Tatsachenbehauptungen (Anspruch auf objektivität) mit Dingen, die man eben
nicht hinterfragen kann (subjektive Bewertungen). Vorurteile zum Beispiel.
Ein großes Problem entsteht z.B. dann, wenn man eine Tatsachenbehauptung mit einer unüberprüfbaren Sache verknüpft. Mit "unüberprüfbar" meine ich "Dinge, die nur
ich fühle oder weiß", bzw. "Dinge, die man nicht hinterfragen darf.". Wenn man diese samt der Tatsachenbehauptung dem Gegenüber im Paket anbietet, wird es kompliziert.
Beispiele (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, auch die Begriffe sind nur Skizze):
1. Tatsachenbehauptung + Anspruch der Unfehlbarkeit (= Dogma)
2. Tatsachenbehauptung + Vorurteil (= Unterstellung)
3. Tatsachenbehauptung + Emotion (= hab ich keinen Begriff dafür)
...
In jedem der Fälle führt das Hinterfragen der Tatsachenbehauptung (dem überprüfbaren Teil) durch dritte dazu, dass auch die Verknüpfung in Frage gestellt wird. Das liegt nicht an der These (denn die wird ja im Gespräch angeboten), sondern an der Verknüpfung selbst. Dem subjektiven, nicht vermittelbaren Teil, den der Gesprächspartner vielleicht nicht einmal kennt.
Ein gutes Beispiel sind Diskussionen über Religion oder ander Glaubensdinge. Diese Diskussionen werden, auch wenn man sie betont sachlich zu führen versucht, letztendlich immer persönlich. Warum? Weil der andere es so eingerichtet hat. Bewusst oder unbewusst, es sind die blöden Verknüpfungen. Jetzt muss ich hoffen, dass ich meine Beispiele (die dafür gar nicht gedacht waren) nicht selbst zerschieße, mal sehen:
zu 1. "Die Welt wurde in sieben Tagen erschaffen" + "Steht in der Bibel."
Schwärme einem Kreationisten gegenüber nie von der Evolution, den Dinos und dem Urvogel und unseren anderen Verwandten vor. Er wird Dich für einen Bibelleugner und Ketzer halten. Du hast an einem Dogma gekratzt, und wirst gar zum Dank selbst für einen Eiferer oder Dogmatiker gehalten -> Boing -> Communication Breakdown. (Mit "Du" mein ich nicht Dich persönlich, sondern "man")
zu 2. "Alle Moral kommt von Gott" + "Es gibt keine Ethik im Gottlosen."
Zeige einem Moraltheologen nie, was für ein guter Mensch Du bist- so völlig ohne Gott. Früher oder später wird er so etwas von sich geben: "Wenn die Menschen vom Glauben abkommen, droht der Untergang." Du trägst also Schuld am Untergang -> alles klar: Communication Breakdown.
zu 3. "Ich hatte Krebs und Jesus hat mich geheilt" + "Ich bin ihm unendlich dankbar"...
Frag die Person bloß nicht, was ihre Gebete zu Jesus mit der Heilung zu tun hatten. Vermeide es auch tunlichst, Dich einfach über diese "Spontanremission" zu freuen. Du kannst Dir sicher sein, dass diese Person danach nie mehr ein Wort mit Dir sprechen wird, weil Du ihre "Religiösen Gefühle verletzt" hast. Boing -> schlechtes-Gewissen-Falle -> Communication Breakdown.
Zur "Unterdrückung": In all diesen Fällen hat jemand die sachliche, diskutable Ebene mit einer persönlich konnotierten Ebene verknüpft, und dadurch- möglicherweise ohne dass es einem der Beteligten bewusst war- die Diskussion bereits vor dem Gespräch beendet: "Wer meine Aussage hinterfragt, greift
mich an." Schweigegebot.
Die alltägliche Unterdrückung, das Diskussionsverbot, kommt also nicht sichtbar von vorne (vom diskutablen Anspruch auf Objektivität), sondern von hinten durch die Brust ins Auge, und macht alle Seiten nur unglücklich.
Gegen diese Form der Unterdrückung bist Du genauso machtlos wie Dein Gegenüber. Es sei denn Du weißt um die geheime und objektive Macht von Kaffee mit einem Schuss Milch...
(bitte Smiley einfügen!)