Kreisler und Amstetten

Begonnen von urmel, 25. Mai 2008, 13:01:22

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urmel

Georg Kreisler steht im direkten Zusammenhang mit den Verbrechen á la  Amstetten in Österreich. Vereinfacht formuliert, werden Kreislers fiktive Texte und Gestalten von der Wirklichkeit beglaubigt. Siehe Der Standard:
http://derstandard.at/?url=/?id=3347992

Franz08

ZitatGeorg Kreisler steht im direkten Zusammenhang mit den Verbrechen á la  Amstetten in Österreich. Vereinfacht formuliert, werden Kreislers fiktive Texte und Gestalten von der Wirklichkeit beglaubigt. Siehe Der Standard: http://derstandard.at/?url=/?id=3347992
Vereinfacht gesagt, kritisiert der Autor im Standard vielmehr die Behauptungen im Intellektuellen-Diskurs, dass u.a. die Texte Kreislers (und Jelineks u.ä.) "von der Wirklichkeit beglaubigt" würden.  
Match as much as you can!

Werner

Mir scheint hier die Kritik an der Journaille als (je nachdem gelenktes) Werkzeug der Meinungsmache näher zu liegen.

Bastian

#3
Ein Text, der eine längere Auseinandersetzung lohnt, als ich sie im Moment zu leisten im Stande bin.

Deckt sich mindestens teilweise mit der Diskussion, die hier durch Marlene, huh, usw... geführt worden ist (Stichwort: "'schwarzer' Humor und die diesbezgl. Missverständnisse).
Ein roter Faden in der durch Thomas Wörtche kritisierten öffentlichen Diskussion des Falls von Amstetten scheint mir der Mangel an Trennschärfe zu sein:

1. Kompetenzüberschreitungen (z.B. durch Journalisten, denen nichts Besseres einfällt, als das mittlerweile schon olle Boulevardtheater vom ach-so-morbiden Österreicher zu bedienen, anstatt sich mit der auf der Hand liegenden Realität auseinanderzusetzen. Die ollen Kamellen sollten sie den traditionsbewussten österreichischen Kabarettisten überlassen, die nun schon seit Generationen den Morbiden spielen. Journalisten sind zum Selbstdenken da.

2. Mangel an Trennschärfe zwischen Blödelei mit dem Tod (dem nicht-existenten, aber sogenannten "schwarzen Humor") und der literarischen Form der Satire (die nichts, aber auch gar nichts mit Lachen zu tun hat). Letztere ist ohne Haltung nicht denkbar, die -mittlerweile zur Stiltreiberei gestockte- Blödelei mit dem Tod allerdings schon.

3. Mangel an Trennschärfe in der Unterscheidung des literarischen Werk eines Menschen von der Haltung desselben. (Wie man beispielhaft an Jelineks Erguss aufzeigen kann, versagt in diesem Punkte viel zu oft der Künstler selbst. Man muss nicht Journalist sein, um an diesem Sulz ungerichteter Assoziationen zu Kafka, Freud und Hostiensäckchen zu verzweifeln. Ist das ein literarisches Werk? Dann ist es ein Hundslausiges. Sind es klare Gedanken...?
Bitte, es ist schlichter Sulz.).

Wenn die Künstler nur noch schwafeln (und sei es schwarzpseudohumorige Stiltreiberei) und sich selbst auf den Nabel schauen; wenn lahme Journalisten sich der Tradition des Morbiden hergeben, anstatt eigene, klare Gedanken zu formulieren; wenn also alle, die etwas zu schreiben hätten nur noch sülzen, dann muss man sich gar nicht wundern, wenn die Tat von Amstetten niemandem mehr wirklich ins Mark und ins Gebein geht. Wenn eh Konsens darüber besteht, dass der Tod nunmal Österreicher sei, dann ist es nurmehr eine Frage des Stils, dass wenigstens einmal im Jahr ein Verbrechen die Welt bewegt. Alles andere wäre eie nationale Schande. Tradition hat so etwas beruhigendes. Beunruhigend, nicht?

Diese Art von Stiltreiberei ist lebensfeindlich. Ich bin so platt.

Ich muss zugeben: Thomas Wörtche war mir bis dato kein Begriff. Aber ihm ist da ein wirklich interessanter, und vor allem dichter Artikel gelungen. Daher schaffe ich es nicht, noch eine Meta- Ebene höher zu klettern. Ich bleibe hier unten und lese. Danke, Urmel, für's Posten.


Bastian