Dynamik in Rock & Pop

Begonnen von Choirgirl, 17. Juni 2005, 15:16:40

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Choirgirl

Kennt ihr irgendwelche Songs mit Dynamik? - Live, klar. Aber sonst? Mein Musiklehrer hat heute behauptet, das käme so gut wie nie vor. Ich wollte es erst nicht glauben, aber es scheint tatsächlich so.  :o Ich wär dankbar für jedes Gegenbeispiel.  :-*
Computer says no.

Sandra

Was vestehst Du unter Dynamik? In der tontechnik sind damit eher Lautstärkenunterschiede gemeint - und die versucht jeder auf Aufnahmen zu vermeiden - damit der Hörer nicht ständig nachregeln muss - obwohl zB Eminem das hin und wieder verwendet - erst ganz leise anfängt, und einem dann die Ohren wegpustet.
Ausserdem kann man vieles davon nicht hören, wenn man vorwiegend im Radio hört - denn die Radiosender jagen alles noch mal durch einen Finalizer - der alles zusammenquetscht - damit alle Lieder den gleichen Pegel haben. Deswegen hören sich  im Radio alle Mischungen relativ gleich an.

Wenn du Dynamik als Geschwindigkeit meinst - also Lieder, die immer schneller werden. das ist auch ziemlich out, bei der modernen Popmusik, da wird meistens alles mit click oder mit Sequenzer gemacht, damit der Rythmus gerade bleibt.
Queen hat noch ein paar Lieder, wo sich die Rythmik ändert, und Peter Hammill glaube ich auch.

Choirgirl

Ja, ich meine Lautstärke. Bei Klassik ist Dynamik sehr wichtig. Da würde nie jemand auf die Idee kommen, etwas "auszupegeln" - auch nicht im Radio. Oder irre ich mich? - Damit würde man doch was kaputt machen?!

Welches Lied von Eminem?

Computer says no.

Bastian

"Goodnight Saigon" von Billy Joel (ein recht guter Song) hat gaaaanz leise Strophen und Knallharte Refrains. Und der ewige "Stairway to Heaven" wird sowohl lauter als auch schneller..

Bassmeister

Anne Clark hat sehr verschiedene Titel. Aber ist auch schon wieder fünfzehn Jahre alt.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

#5
Auf der Encore das erste Lied zum Beispiel. Ich hab alles von Eminem im Auto, deswegen kann ich schlecht nachschauen.
 Queen hat auch etliche Lieder, die leise anfangen - aber wie gesagt, so dass man nachregeln muss, wie bei Prokoffiev zum Beispiel,das gibt es kaum noch. Und eben: im Radio hört man nicht mal kleine Unterschiede - damit es ein einheitliches Gesicht hat.

Maexl

#6
queen ist sowieso "immer etwas anders als die andern"

bei beinahe jedem pop-song ändert sich die tonika im verlauf eines liedes nicht. höchstens mal kurze ausladende harmonische ausflüge - aber immer wieder zur selben tonart zurück.

queen hat jedenfalls öfter mal modulationen.

was dynamik angeht würde ich mal sagen, dass die meisten 6/8-stke, meistens balladen ihre lautstärke steigern um nicht zu langweilig zu wirken. das tempo ist hingegen meistens außer einigen riterdandi ziemlich gleich. andere pop-songs ziehen eher in der geschwindigkeit an bleiben aber ähnlich laut. beides gemeinsam ist deutlich weniger häufig zu hören.
sicherlich ein grund ist der aufwendige übergang. in einem klassischen stk. ist es kein problem ein neues thema als teil vom rest abzutrennen. in einem popsong hingegen gibt es selten absolute pausen.

Im Rockbereich ist Dynamik jedenfalls häufiger einbezogen... System of a Down usw.

Dorian

Ja, "Bohemian Rhapsody" von Queen fällt mir da spontan ein. Und natürlich paar alte Pink Floyd Sachen, z.B. "Careful with that axe, Eugene".

Choirgirl

Danke, Queen ist echt ein super Beispiel, zumal ich auch was von denen hab. Danke auch für die anderen Songs. Mal sehen, ob ich die auftreiben kann. Das Alter spielt keine Rolle.  :) :) :)
Computer says no.

Sandra

Gestern hab ich von den Toten Hosen das Lied "Schön sein" gehört, das hat auch sowas am Anfang: fängt ur-leise an, und dann bläst's Dir die Ohren weg...

Zyankalifreund

#10
Die Musik der Hosen ist sowieso etwas recht Besonderes. Ihre Musik ist Punk. Ich habe mir das mal erklären lassen.

Mir sagte mal jemand: "Musik machen, obwohl man keine Áhnung davon hat, das ist Punk."
Diese These finde ich sehr interesant. Das heßt ja andersherum betrachtet, dass der Schwerpunkt der Musik tatsächlich sehr kritisch und emotional ist, und zwar in einer starken Intensität und Ehrlichkeit, denn warum sollte der Punk sonst Interesse an der Musik haben.

Max Raabe meinte mal: "Es gibt überhaupt kaum etwas ehrlicheres, als Schlager. Will man einer Frau mal keine Komplimente machen, dann schweigt man einfach."

Das käme dem Punk sehr nahe. Will man mal nix sagen und findet alles gut, dann hät man eben die Klappe. (Lässt sich schon etwas vergleichen aus einer best. Distance)

Dynamik ist deshalb im Punk natürlich auch einer der wichtigsten Emotionsträger, denn durch umwerfend tolle Akkordfolgen wird der Punk nicht glänzen können. Das muss er dann eben dadurch kompensieren.

Sandra

Wenn Du Dynamik mit "Lautstärke" ersetzt, stimme ich da zu. ;D

Katinka Koschka

STAIRWAY TO HEAVEN
von Led Zeppelin.
Also wenn diese fast acht Minuten keine Dynamik haben, dann weiß ich auch nicht... :-/

Ich finde, dieses Stück ist aufgebaut wie eine klassische Ballade (so wie wir's in der Schule gelernt haben!) Steigerung (Anfang bis kurz vorm Gitarrensolo), Höhepunkt (Gitarrensolo und letzte Strophe) , Auflösung ("...and she's buying the Stairway to heaven....") (wird selbst im Dudelfunk bis zum letzten Ton ausgespielt vor Ehrfurcht! ;D )

ansonsten so ziemlich alles der frühen Genesis (Supper's Ready hat soviele Wechsel drin, da kommt nichtmal Beethoven mit ;) )
oder anderen Progrockern. Selbst die eher etwas schläfrigen Pink Floyd haben so ihre Dynamik. Echoes z.B. fängt mit einem zarten "Pingggg" an (wie Sonar) hat in der Mitte ein sehr skuriles Soundspektakel, was ich immer als Gespensterquieken bezeichnete und nachdem das Anfangsthema wiederkehrte endet das Lied mit einem mystischen nicht singenden Chor *gänsehaut beim blosen Gedanken*

Dann gibt's da z.B. noch von Machine Head "Only the Names", kennt wahrscheinlich kaum einer. Fängt ganz leise an, der Sänger singt auch ganz leise, aber man ahnt am Klang seiner Stimme dass das nicht so bleibt, dann spult er sich auf und BRÜLLT, aber mit einer Leidenschaft und Seele *seufz*, zwischendurch wird er noch mal ganz leise und steigert sich innerhalb eines Satzes vom Flüstern zum Schrei.

Oder zum Beispiel Elbows "Newborn"
Anfang: Sänger singt in einem engelhaften Falsett a la Seal, Lied im langsamen 4/4, viele akkustische Instrumente
Mitte: Lied steigt auf schnellen 3/4-Takt um, aber immernoch recht akkustisch. E-Orgelsolo, noch sanft, auch Gesang noch sanft, dann wird alles immer lauter
Höhepunkt: sänger singt einfach nur YEAAAAAAAAA, melodisch, aber mit mächtig Dampf hinter
Lied endet fast dissonant, als habe einer das Band abrupt gestopt...*ufff, wat für'n Jefühlsstau*


Mir fallen immer mehr ein...
Peter Gabriel - Signal to noise, Rhythm of the Heat....
Guns 'n Roses - November Rain, Estranged
Bon Jovi - Dry County, Wanted Dead or Alive....
Also entweder wollte dein Lehrer dich provozieren oder er hat -pardon- von Musik jenseits der sogenannten E-Musik nicht wirklich Ahnung.
Ich hoffe ersteres. :-/
Apripi -das heißt- apropos, Halli halli hallo

Katinka Koschka

ZitatUnd natürlich paar alte Pink Floyd Sachen, z.B. "Careful with that axe, Eugene".
GENAU!! Mensch wie konnte ich dieses Mords(sic!!) Stück vergessen ;D

Es beweist zudem noch, dass ein progressives Stück nicht unbedingt x Akkorde haben muß :D
Apripi -das heißt- apropos, Halli halli hallo

Katinka Koschka

PS
Als ich heute nacht ein paar Stunden wach lag kam mir auch folgender Gedanke:
Pop und leichtere Rockmusik besteht aus eher kurzen Stücken. Klassik erscheint meist in längeren Stücken. Lediglich bei Ballett-Suiten oder Musik aus der Barock-Zeit findet man auch das eine oder andere sehr kurze Stück. Aber letztlich sind es immer, um einen modernen Begriff zu nehmen, Konzeptalben.
Deswegen finde ich diesen Vorwurf, Pop und Rock sei nicht dynamisch unfair.
Selbst eine ganze Punkplatte dürfte Stimmungswechsel haben und die Dynamik einer Sinfonie in drei Minuten zu quetschen dürfte wohl auch "seriösen" Künstlern nicht leicht fallen.
Und das gestehe ich sogar Interpreten ein, die ich nicht ausstehen kann.
Das typische Whitney-Houston-Sarah-Connor-usw-Strickmuster ist durchaus dynamisch. Sängerin singt zunächst überhaucht zu sanften Klängen, steigert sich und im letzten Refrain, der häufig in eine Tonlage höher als die anderen Refrains singt sie volle Kraft (normalerweise würde ich aufplärren schreiben, aber das tut hier nicht zur Sache ;) )

Kennt eigentlich jemand ein Dreiminuten-oder-kürzer Stück was sinfonisch aufgebaut ist? ;D
Apripi -das heißt- apropos, Halli halli hallo

Sandra

#15
Queen haben stapelweise solche Songs, sogar Van Halen und die alten ACDC - wobei ich zugeben muss, dass die dann meist den Radio-Rahmen von 3'30'' sprengen.
Aber: Dynamik in klassischem Sinn wirst du nicht finden bei Pop Musik. Denn das hiesse, dass Du deinen Lautstärke-Regler lauter und leiser drehen musst, um die unterschiedlichen Lieder zu hören. Und genau da wird bei Pop extrem drauf geachtet, dass man das nicht muss. Bei einer Aufnahme von Prokoffief (häh? wie schreibt man den jetzt nochmal?) wirst du, wenn Du zum Beispiel einen gewissen Aussenlautstärke-Pegel hast, (zB beim Autofahren) immer den Regler anpassen müssen.  Bei Spears hast du eine Lautstärke, egal ob das lied leise wirkt oder nicht.

Maexl

#16
Prokofieff (oder - selten mit v)

*grade schnell mal nachschau* - Prokofjew im original (ich habe noch Rachmaninov und Prokofieff-Platten mit nur russischem Umband - aus Mosqua mitgebracht - , gespielt von DEM Pianisten... lesen kann man die Namen trotzdem, wenn man eine ahnung hat, was das heissen soll)

Zitat
ansonsten so ziemlich alles der frühen Genesis (Supper's Ready hat soviele Wechsel drin, da kommt nichtmal Beethoven mit ;) )

Oder zum Beispiel Elbows "Newborn"
Anfang: Sänger singt in einem engelhaften Falsett a la Seal, Lied im langsamen 4/4, viele akkustische Instrumente
Mitte: Lied steigt auf schnellen 3/4-Takt um, aber immernoch recht akkustisch. E-Orgelsolo, noch sanft, auch Gesang noch sanft, dann wird alles immer lauter
Höhepunkt: sänger singt einfach nur YEAAAAAAAAA, melodisch, aber mit mächtig Dampf hinter
Lied endet fast dissonant, als habe einer das Band abrupt gestopt...*ufff, wat für'n Jefühlsstau*

sicher, dass das eie echter (!) 3/4 Takt ist... also eher ein Tanz, Menuett oder Trio - oder neuer ein Walzer?... nicht vielleicht doch ein 6/8tel Takt....? Ich kenne das Stk. ja leider nicht aber sowas verwundert mich.
Dissonant ist so ein ende nicht... in solchen fällen ist die harmonik meist astrein. ich spielte mal einen schönen tango von kurt weill (dagmar kennt ihn vielleicht - er nannte sich youkali, wer nähres zum werk weiss bitte melden - ist für ein musikstipendium von interesse) der endete mit einem Tonika(parallele)-Septimakkord... das klingt auch danach als ob darauf die Subdominante oder die Subdominantenparallele kommen müsste - aber alles gewöhnungssache.

ZitatPS
Pop und leichtere Rockmusik besteht aus eher kurzen Stücken. Klassik erscheint meist in längeren Stücken. Lediglich bei Ballett-Suiten oder Musik aus der Barock-Zeit findet man auch das eine oder andere sehr kurze Stück. Aber letztlich sind es immer, um einen modernen Begriff zu nehmen, Konzeptalben.
Deswegen finde ich diesen Vorwurf, Pop und Rock sei nicht dynamisch unfair.
Selbst eine ganze Punkplatte dürfte Stimmungswechsel haben und die Dynamik einer Sinfonie in drei Minuten zu quetschen dürfte wohl auch "seriösen" Künstlern nicht leicht fallen.
Und das gestehe ich sogar Interpreten ein, die ich nicht ausstehen kann.
Das typische Whitney-Houston-Sarah-Connor-usw-Strickmuster ist durchaus dynamisch. Sängerin singt zunächst überhaucht zu sanften Klängen, steigert sich und im letzten Refrain, der häufig in eine Tonlage höher als die anderen Refrains singt sie volle Kraft (normalerweise würde ich aufplärren schreiben, aber das tut hier nicht zur Sache ;) )

Kennt eigentlich jemand ein Dreiminuten-oder-kürzer Stück was sinfonisch aufgebaut ist? ;D

Das mit der länge der Stücke ist so schlicht falsch.... hat aber etwas mit dem anlass zu tun, nicht wegen persönlichem vermögen oder einem Hang.
Du weisst auch wie eine klassische 2-4 sätzige Symphonie aufgebaut ist....? Wenn du 2 Themen verwendest a 8 Takten und du nach schema Sonatenhauptsatzform z.B. nur den ersten Satz schreibst dann dauert das halt - verfehlt aber selten seine wirkung.

Dir ist klar, dass eine modulation über eine Sekunde niemals sonderlich aufwendig oder lang ist....

Sandra

Zitatyoukali, wer nähres zum werk weiss bitte melden
Ich hab's vor Jahren mal gesungen, es hat einen geilen französischen Text, der meines Wissens noch nicht übersetzt wurde. Aber ich hab vergessen, woher es kommt. Youkali ist die Insel wo alles ganz toll ist - alte Feinde werden wieder Freunde, alle verstehensich prächtig, das süsse Leben herrscht dort - aber das Lied endet mit "un reve, une follie" es ist nur ein Traum, es gibt kein Youkali.
Es gbit eine grauenvolle Version mit Orchester auf dieser vor ein,zwei Jahren so gehypten Compilation, wo von Lenya bis Tom Waits alle möglichen und unmöglichen Leute Weill  singen

Bassmeister

Ich habe mal die Noten des Yokuali-Tango als Streichquartett von einer Schallplatte herunter geschrieben. Damals noch von Hand.
Wenn Ihr sie braucht, könnte icjh sie Euch scannen.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Zyankalifreund

Aber gern, Bassmeister, Skype mich doch mal ruhig an deswegen  :)

Maexl

ich habe eine leichte klavier-fassung... die ist vielleicht brauchbarer als ein quartett?

Suse

Haben wollen!! :)
Mach auch nix kommerzielles damit.
Nur für Hausmusik.
Wäre supi.

Sandra

ZitatIch habe mal die Noten des Yokuali-Tango als Streichquartett von einer Schallplatte herunter geschrieben. Damals noch von Hand.
Wenn Ihr sie braucht, könnte icjh sie Euch scannen.

JAAAAAAAAA!!! Bittebittebitte!!!  :-* :-* :-*

Maexl

Zitat

JAAAAAAAAA!!! Bittebittebitte!!!  :-* :-* :-*

wem du die geben wirst kann ich mir schon denken  ;)

@Suse... welche? willst du, Klavier oder Streicher?

PS: ich habe es in F(/dm)... für Mezzo oder Alt

Suse

Klaaaahvier.
Bittebittebitte.
(wälz auf dem Boden)