Bildung ist Schande

Begonnen von Sandra, 25. Januar 2005, 01:12:12

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Sandra

Heute habe ich im ORF, während wir auf den nächsten Beitrag warteten, ein bissel die Wiederholung von Gottschalk gesehen. Und zwar Folgenden Ausschnitt:
Ein Junge hat behauptet - und geschafft! - dass er 60 verschiedene Pianisten an den ersten 6 tönen (nicht takten - TÖNEN) von einer chopin Ballade erkennen kann.
So weit so interessant. Das war es auch - man konnte im direkten Vergleich hören, wie unterschiedlich man 6 töne spielen kann - und wie spannend man das aufbauen kann. War richtig faszinierend.
Und dann hat der Wetter selbst auch ein paar Takte gespielt. Und auch durchaus hörenswert.

Was aber richtig erschütternd war:  So wie Gottschalk die Balladen angekündigt hat, so wie er den Jungen dann beim Spielen angesagt hat: "Ich weiss, alle wollen jetzt wegschalten, aber sie müssen dranbleiben" und dann, als der junge noch nicht im zweiten takt war (und er spielte richtig gut, hatte einen ganz schönen Anschlag!) gerade, als der langsame Teil dann in die spanenden Läufe übergeht -  wie er ihn abgewürgt hat: "Jetzt schlafen schon einige" - so hahaha, wie lustig. Es war echt schlimm, denn der Junge konnte in den ersten zwei Takten schon sowas wie Stimmung zaubern mit seinem spiel, und Gottschalk konnte richtig nciht ertragen, dass man einfach nur zuhört und nicht hopst oder quatscht.

Und vor allem habe ich plötzlich begriffen, dass er mit seiner Art einfach alle, die von klassischer Musik keine Ahnung haben,und es unbesehen "doof" finden, als supertoll hinstellt, und alle, die sich dafür interessieren, als Vollidioten, und altmodisch. Wie er die Namen nicht aussprechen konnte, und das grossartig und lustig fand... mir war richtig übel.
Als sei es eine Schande, umfassend gebildet zu sein. Oder als sei man ein Vollkoffer, wenn man gerne nur bei Klaiver ohne Schlagzeug zuhört.
Und vor allem: als sei es super cool, das alles in den Dreck zu ziehen, und sich darüber lustig zu machen.
Das fand ich echt schlimm. In der Form habe ich das noch nie erlebt. Bisher hat man sich doch eher geniert, wenn man einen wirklich berühmten Komponisten oder Pianisten nciht richtig aussprechen konnte. Wenn man offenlegte, dass man nicht gebildet war - nämlich bei so kalibern wie chopin oder swatoslav richter. Er konnte nciht mal g-moll richtig sagen.
Dann wieder ha-ha, "es ist nicht geh-mol gemeint, nicht mol gehen, sie müssen bleiben" - aber so richtig auf: ich kann's ja verstehen, ist alles so'n Quatsch.
Und er war ncoh richtig stolz darauf.
Ich war fassungslos.
ist das jetzt der Trend?

Bastian

#1
Scheiße, ich hab diesen Teil der Sendung auch gesehen. Und es hat mich genau so angeschissen, wie er über die Pianisten (und den Pianisten) drübergeseiert hat. Ich habs aber zugegebenermaßen aufgegeben mich über den Gottschalk aufzuregen. Der Typ ist seit vierzig jahren fünfzehn, und versucht in seiner Sendung auch für keinen Iota Seriosität HINZUzugewinnen. Wenn man ihn dann allerdings bei Phoenix sieht, bei den sakralen "Tagen der Fernsehkritik", oder wie das heißt... Da kokettiert er mit seinem Alter und gibt sich süffisant als "Dino", als sei er den jungen Kerls um Generationen voraus, und redet aus dem ersessenen Nähkästchen. Tatsächlich patscht er der Hunziker pubertär an den Beinen rum und plumpst uncharmant durch die Näpfe, die sich ihm bereitwillig vor die Füße legen. Er wehrt sich seit Jahren gegen das Wachsen. (hat nix mit Grass zu tun!!)

Er hat vom Beginn seiner Sendung an den Maistream bedient und das auch offen "zugegeben". Ha! Darin liegt schon das Problem: Genaugenommen hat er es nicht zugegeben, sondern hat ihn (den Mainstream), bar jeder Kritik, als "sein Ziel" ausgegeben. Und das ist der Urgrund seiner Dumpfheit. Von dem Moment an musste er sich nicht mehr entwickeln. Seitdem hält er das Publikum für dumpf, und das Publikum, das ihm geblieben ist, hält ihn seinerseits für den Gottschalk.

Ich bin da sehr gelassen: Es ist nicht der Trend, es ist der schlichte Gottschalk! Da kann ich dich beruhigen, aber da kann man auch nix machen. Denn in keiner anderen Sendung bleibt der Moderator über zwanzig Jahre derart beschränkt. Und in keiner anderen Sendung wird Interessantes dermaßen stumpf und zwanghaft abgebürstet. Schau dir den Biolek an (übrigens ein Jud), der hat es geschafft, immer wieder neue Sendungen zu schaffen, oder anzunehmen, die ihm lagen, und ihn gefordert haben. Nun gut- er ist vielleicht etwas müde geworden, aber auch da hat er mittlerweile die richtigen Formate gefunden.  :D

Zurück zu Gottschalk: er ist ein Gefangener des eigenen Images, das er sich einmal zugelegt hat. Blöderweise hat er sich schon mit fünfzehn für Invasive Flachheit entschieden und sich seitdem nicht zu ändern getraut. Was soll ich sagen? Er läuft aus.

Guntram

Wenn man jetzt noch bedenkt, das Gottschalk eigentlich Lehrer ist  :o ;D


(Er ist examinierter Grund- und Hauptschullehrer und hat Germanistik und Geschichte studiert.)


Was die allgemeine Meinung über Lehrer bestätigt.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Maexl

1.) war das nicht irgend eine ballade - sondern die! chopin-ballade. das ist die bekannteste und beste
2.) war es nicht der pianist - sondern der komponist. jeder der dieses stück wirklich spielen kann kann sich darauf verlassen es gut zu spielen.
3.) wenn das arschloch (gottschalk) schon ankündigt, dass er das stück anspielen wird - gekürzt bzw. nicht in voller länge dann erwarte ich schon den fast virtuosen mittelteil/schluss zu hören.

Alexander

#4
Thomas Gottschalk hat im Sommer auch die Möglichkeit, in Salzburg zu moderieren. Leider habe ich mir das einmal angesehen ...

DER SCHLECHTESTE GOTTSCHALK ALLER ZEITEN

Eine unglaubliche Entgleisung war die Sendung ,,Gottschalk in Salzburg", in noblem Rahmen aufgezeichnete Talkshow vom 8. August 2004 (ORF) aus der Festspielstadt. 3sat ließ sich am 30.8.2004 herab, das ORF-Fernsehmaterial vor dem hoffentlich schnellstmöglichen Transport mit der Müllabfuhr noch einmal zu verwerten. Thomas Gottschalk, eigentlich ,,optimaler" Medienstar und kongenialer ,,Wetten, dass ...?"-Präsentator, seit seinem unvergesslichen karrierefördernden Satz als Außenmoderator nach einer verlorenen Wette von Maria Schell, die mit Placido Domingo ein Duett singen sollte, zu einem Flugzeuggeräusch ,,Das ist Placido Domingo auf der Flucht!" für spontanen Wortwitz gerühmt (sporadische Entgleisungen taten diesem ,,Ruhm" keinen Abbruch) und mit Dietls ,,Late Show" kurzzeitig als gar nicht unbegabter Schauspieler aus den Niederungen seichter Komödien emporgestiegen, lieferte in allen Belangen einen Tiefpunkt seiner Karriere: er war grauenhaft frisiert (nämlich offenbar nicht), grauenhaft unrasiert, grauenhaft gekleidet (weißes Shirt und karierte Sporthose), grauenhaft als Moderator, grauenhaft als Fragensteller, grauenhaft in seinen viel zu ausholenden Bewegungen, grauenhaft also in jeder Nuance. Zu Beginn wollte er mit einer Anekdote auflockern. Er berichtete, in einem Konzert im Mozarteum seinen Platz nicht gefunden zu haben. Die Gags kamen und waren billig. Dann warf er sich verbal wie fast körperlich Stargast Anna Netrebko zu Füßen, und wahrscheinlich diente diese ganze Sequenz nur dazu, geile Männer vor den Bildschirmen mit dem Anblick der allerdings bildschönen Russin und auch anderer hübscher Damen im Publikum, alle sichtlich schwitzend (war es so heiß an diesem Tag?), zufrieden zu stellen. Es ging weniger um ,,Krieg und Frieden" von Prokofieff, was immerhin (Aufführung am nächsten Tag) angesprochen wurde als um Belanglosigkeiten des Star-Alltags, von Gottschalk routiniert und nicht immer schlüssig vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Dann durfte auch noch Dirigent Valery Gergiev Banales mitquatschen. Und Karrierist Bogdan Roscic (vor kurzem noch ,,Kurier"-Popredakteur, dann Ö 3-Chef und plötzlich Klassikboß bei ,,Deutsche Grammophon") durfte erklären, wie er zum Crossover steht. (Ein Videoausschnitt zeigte, was man will: Netrebko mit Opernarien in Videoclips vermarkten!) Hier wurde eine echte Chance verpasst, mit Weltklasseleuten aus der klassischen Szene seriös zu sprechen. Aber das ist im Jahr 2004 offenbar nicht mehr gefragt. Es sollte noch peinlicher werden. Das kurze Gespräch mit einer Salzburger Würstlfrau blieb ein Intermezzo. Otto Schenk durfte sich einmal mehr als prähistorisches, launisches Theaterfossil aus Wien zelebrieren, und dazu setzte Gottschalk eine besonders blöde Blondine aus dem Publikum auf die Talk-Couch, die sich nicht entblödete zu berichten, sie sei schon einmal in einem Konzert gewesen und glaube, es war Joy Fleming, die sie gehört haben könnte. Man wundert sich, wer aller Publikum sein darf heutzutage. Das Blondinchen blieb als Bildaufputz noch den Großteil der Sendung im Rampenlicht. Zu Otto Schenk gesellte sich Manfred Deix, genialer Maler und Zeichner der beleibten österreichischen Seele, der sich aber auch nur mehr wiederholte und die verkrampft lustigen Porträts von Arnold Schwarzenegger als Appetitanreger für ein neues Buch herzeigen durfte. Im Schulterschluss mit Otto Schenk verließ Deix gottseidank den Raum, bevor alles bierselig brüderlich zu werden drohte. Eine Skandalszene im aktuellen Salzburger ,,Rosenkavalier" mit einem Mann, der nackt über die Bühne ging, war Anlass, diesen Mann einzuladen. Das Salzburger Gemurmel brachte der Akteur trocken hinter sich. Die Frage wie das so ist beantwortete er klassisch: Man konzentriert sich auf die Rolle und auf die Aktion, da hätte man keine Zeit für Scham oder anderes. Absoluter Tiefpunkt sodann: Der Auftritt von Schwimmer Markus Rogan und Sportmoderator Sigi Bergmann, Relikt aus besseren ORF-Zeiten, der aber jeden Mythos im Keim erstickte, indem er gemeinsam mit Gottschalk ein Stück aus Mozarts ,,Figaro" vorzutragen wagte. Gottschalks Gesang ging mal gerade so hin, aber als Bergmann anhub, war der absolute Tiefpunkt deutschsprachigen Fernsehens erreicht. Man begann, sich nach Karl Moiks ,,Musikantenstadl" zu sehnen. Die Sendung war danach aus. Nein, es war keine Steigerung (nach unten) mehr möglich.

Anmerkung: Ich habe nichts gegen Blondinen. Die erwähnte Dame bemühte sich allerdings mit allen Mitteln, sämtliche billige und blöde Klischees zu übertreffen. Wenn sie dies lesen sollte, kann sie gerne eine Ehrenbeleidigungsklage anstrengen. Ich würde ihr aber empfehlen, auf ihrem Weg weiter zu gehen. Das verspricht Erfolg, Reichtum und Glück heutzutage.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

#5
Zitat1.) war das nicht irgend eine ballade - sondern die! chopin-ballade. das ist die bekannteste und beste
2.) war es nicht der pianist - sondern der komponist. jeder der dieses stück wirklich spielen kann kann sich darauf verlassen es gut zu spielen.
3.) wenn das arschloch (gottschalk) schon ankündigt, dass er das stück anspielen wird - gekürzt bzw. nicht in voller länge dann erwarte ich schon den fast virtuosen mittelteil/schluss zu hören.

1.) die bekannteste: ja; die beste: Ansichtssache; eine von mehreren trotzdem.

2.) nein, es ging um den PIANISTEN, der erkannt werden sollte, und deren namen Herr G. nciht aussprechen konnte - sowie die Worte g-moll - den Namen des Komponisten und die Bezeichnung "Ballade" las er mehrmals (!) von einem Zettel ab.
Und ich glaube nicht,  dass jeder, der das Stück von den Fingern her beherrscht, es auch "gut" spielen kann - dazu ist gerade hier zu genau zu hören, ob man einen sprechenden Anschlag hat oder nciht. Ausserdem: gerae bei bekannten Stücken ist es besonders schwierig, denn mehr Menschen haben Vergleiche - das ist ähnlcih wie das "Hoppla" in der Seeräuber-Jenny: Alle, die das Lied kennen, warten gespannt, wie es von der jeweiligen Interpretin gebracht wird - und die Möglichkeiten sind schier unbegrenzt.

3.) Und eben: Er hat den Pianisten  mit den sympathischen worten "jetzt schläft schon die Hälfte de Publikums" genau da abgewürgt, als es schneller werden sollte - offenbar weil er garnciht WUSSTE, dass es jetzt schneller wird.
Aber: Die Qualität eines Pianisten erkennt man nicht notwendigerweise daran, wie der schnelle Teil geht. Gerade der langsame, gerade wenn es quasi wenige Noten zu spielen gilt, erweist sich die wahre Meisterchaft. Alles andere kann (!) auch reines Gefudel sein - bei den langsamen Stellen kann man sich nicht "retten".

Aber, Basti, das war es, was mich so erschüttert hat. (Ich habe diesen Salzburg-Bericht auch im Blätterwald rauschen gesehen, da wurde er einhellig verrissen, aber belächelt - kritisiert wurde, ihn eingeladen zu haben - mit Recht übrigens.) Mich er-kältet, dass es zunehmend kultig zu sein scheint, Leute, die gerne mehr wissenhörensehenverstehen als "blöd" zu bezeichnen.
Zu Zeiten von diesem BigBrother typ, der öffentlich zugab, Shakespeare nicht zu kennen, war DAS noch etwas, was belächelt wurde - jetzt sind es genau DIESE Leute, die "was gelten". Ich gehe noch weiter: Wenn G. HEUTE in Salzburg wäre, würde er (ausser vielleicht in Salzburg selbst) überall fröhliche Heiterkeit auslösen, und nicht mehr Unmut.
Ich halte das für einen gefährlichen Sieg der Kultur-entzieher - die, wie ich sicherlich schon mal geschrieben habe, ganz bewusst den Völkern ihre Kultur wegnehmen wollen, weil sie dann leichter und besser herrschen und verkaufen können.
Ich glaube inzwischen tatsächlich, das ist eine Verschwörung - vielleicht eine non-verbale, aber immerhin doch ein "gemeinsames Ziel", das ganz bewusst angestrebt wird.
Ich kann da nciht so drüber hinweggehen, wie Du, Basti, der sagt: tja, scheisse, aber soisses.Ich finde, man muss da was dagegen tun.
ich weiss nur leider auch nicht ,was... :-[

Sandra

Übrigens: Biolek ist kein Jude, glaube ich. Nur Schwul. Aber immerhin: er gehört einer Minderheit an.

Stefan

Eines muss man Gottschalk natürlich zubilligen - er ist ein gnadenloser Selbstdarsteller, was entweder auf Kosten seiner Gäste oder - wie in diesem Fall - auf Kosten des Wettkandidaten geht. Nun habe ich die letzte Wetten-dass-Sendung nicht gesehen, weil ich Herrn Gottschalk auf dem Bildschirm nur sehr schwer ertragen kann, aber in die Sendung davor habe ich reingezappt. Und zwar genau in dem Augenblick, als Gottschalk Robbie Williams zu Gast hatte. Ärgerlich fand ich nicht nur seine Anzüglichkeiten gegenüber Williams, auch die Art und Weise, dass er schließlich Williams regelrecht hinasu komplimentiert hat, war unter aller Kanone. Immer wieder wird Gottschalks Art der Moderation kritisiert, und trotzdem haben seine Sendungen nach wie vor die höchsten Einschaltquoten. Ich persönlich finde, dass Gottschalk den Moderationszenit weit überschritten hat und würde mir gerade für so ein erfolgreiches Konzept wie Wetten dass langsam aber sicher mal einen neuen Moderator wünschen. Da gibt es jemanden, der spontan, schlagfertig und witzig ist (wenn man ihn denn mag). Das ist Oliver Pocher.  Zwar polarisiert der auch die Fernsehwelt, trotzdem glaube ich, dass der etwas frischen Wind in die ganze Sendung bringen würde.

Maexl

Zitatund glaube, es war Joy Fleming.

wohl eher Renée Flemming, Joy wäre jedenfalls keine klassik ^^.
@stefan: den pocher finde ich fast so schlimm wie den ex-konditor Stefan Raab...
außerdem hat er grade in dieser Sendung eine Dame aus Düsseldorf schwer beledigt. an deren stelle hätte ich den verklagt... wurde ja schließlich in millionen wohnzimmer übertragen. er sagte irgendwas wie... "von dem geld können sie ja erst mal den schönheitschirurgen für die anstehende gesichtsoperation bezahlen"...
so ein arschloch.

Stefan

gut... das ist natürlich ein Satz, der sich absolut nicht gehört. Trotzdem habe ich Sendungen mit Pocher gesehen, die er wirklich gut moderiert hat. Aber wie gesagt, das ist immer Geschmackssache. Na ja, und Raab... den mochte ich noch nie so richtig.

Nase

Ich finde Pocher furchtbar. Er ist für mich eine Parade-Eintagsfliege der deutschen Comedy-Truppe, deren Angehörige sich durch gegenseitige Imitation übertreffen.

Er ist sehr schnell, sehr grausam und sehr ha-ha-halblustig. Und ich glaube er wird genauso schnell wieder weg sein, wie er da war.
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Bastian

Ist der Biolek nach Frank Zappa der zweite, den ich eigenmächtig konvertiere? Na gut, dann ist Biolek halt kein Jude. :-X Aber dafür ist Stefan Raab auch kein Konditor, sondern Metzger. :P

Natürlich sehe ich die Verflachung im TV, und will mich nicht damit abfinden, das Fernsehen wächst irgendwie nicht mit. Vielleicht kann man das noch konkretisieren. Ich hab den Eindruck, dass Unterhaltung immer mehr getrennt wird von Bildung. Auch der Pocher ist zugleich Symptom und Baustein in dieser Ha- ha- halblustwelt. Wo früher noch ein recht seriöser Frank Elstner stand, steht seit geraumer Zeit ein Gottschalk. Elstner macht stattdessen den "Menschen der Woche"- Semitalk. Was früher "Rudis Tagesshow" war, ist heute "7 Tage, 7 Köpfe"... Und statt Scheibenwischer gibts Comedy. Auf der anderen Seite gibt es eine Fülle von Infosendungen à la Galileo, mehr als es früher gegeben hat. Und der "Internationale Frühschoppen" ist wieder zurück, also ernsthafte Diskussionen finden auch noch statt (Wenn auch bisweilen zu Unzeiten).

Also bleibt diese Trennung von Unterhaltung und Bildung, die sich schleichend perfektioniert. Und da passt der Gottschalk wunderbar rein, weil er schon immer die dünnsten Bretter gebohrt hat. Das meinte ich: Er hat sich nicht verändert, und ich mache mir bei ihm keine Hoffnungen, dass er etwas gehaltvoller wird. Die Unterhaltungsindustrie tendiert auf allen Ebenen in Richtung Musikantenstadl.

Am leichtesten durch Werbung zu beeinflussen sind die dummen Zuschauer. Die Klugen sind für die Werbeindustrie zu kompliziert. Und für die Dummen muss man ein leichtes Programm bauen, sonst zappen sie weg. Wenn ein solches seichtes Subjekt das Wort "Shostakovic" hört, platzt ihm ein Neuron, und sein Oberschlundganglion sendet seiner Hand das Alarmsignal:
"Ey, Alder,
auf sat1 läuft grad der Balder."
... und er schaltet um. Und diese Zuschauer will Thommy nicht verlieren, weil er Verträge mit Haribo, Siemens und Wasweißichfüreinerautomarke hat. Also ist es ihm gleich, wenn ein intelligentes Bürschchen wegzappt. Er braucht die seichten Gemüter. Also springt und labert er hektisch dazwischen, wenn ein Wettkandidat leise Chopin hören will. Weil er genau weiß, die Seichtlinge zappen weg. Und dann bekommt er Ärger mit Siemens und Haribo.

Nur, wie soll man das ändern?

Mich amüsiert in der letzten Zeit, dass bei Pro Sieben/ Sat1 die Werbekunden mittlerweile Alarm schlagen, weil das strunzblöde Rahmenprogramm mittlerweile derart stinkt, dass sie sich Sorgen um den Absatz machen. Also gibt es wohl so etwas wie eine Gegenbewegung, wenn auch von ungeahnter Seite. Und eine wirkliche Veränderung ist von dieser Seite nicht zu erwarten, also muss es das Publikum tun. Und das beste, das ich tun kann, ist Wetten dass nicht mehr zu schauen.

Bastian

Bitter! Mir fällt nix besseres ein als Wegschauen... Bitte schlagt was besseres vor.

Sandra

#13
Hihi - apropos Gottschalk oder Pocher:

Schmerzensgeldforderung gegen den deutschen Fernsehkomiker Oliver Pocher: Weil er während der Show "Wetten, dass ...?" am vergangenen Samstag in Hannover eine Zuschauerin beleidigt haben soll, verlangt die 28-Jährige als Entschädigung 25.000 Euro von Pocher.
Das teilte ihre Anwaltskanzlei in Stadthagen (Niedersachsen) heute mit. Pocher, so die Anwaltskanzlei, habe sich unzutreffend gegenüber ihrer Mandantin Dana Gottschalk geäußert, sie sehe "für ihr Alter alt aus, aber wir haben da im Übrigen eine schöne Operationsshow bei ProSieben, da könnte ich Sie mal vorstellen".
Diese "verbale Entgleisung" sei "menschenverachtend, diskriminierend, durch die Äußerungen wurde Frau Gottschalk als Frau beleidigt und bloßgestellt". ProSieben-Witzemacher Pocher war für die Moderation der Außenwette verpflichtet worden.
quelle: orf.online

Mir fällt noch was ein: Nicht nur wegschauen, auch so oft wie möglich verbalisieren - denn den meisten Menschen fällt es nciht so auf, den schleichende Veränderungen kriegen sie nicht so mit, akzeptieren es einfach schulterzuckend. Wenn man sich aber oft und oft darüber aufregt, bestimmte "fälle" erzählt und so - dann passen die vielleicht auch auf, und schalten auch aus....

Maexl

#14
genau das meinte ich... das hat er gesagt, hatte den unsinn nur nicht mehr im hirn...
zugegeben, der konter der Frau war nicht minder geistlos aber die 25.000 soll der idiot mal schön fein abdrücken.
wird ihm aber vll. auch der sender zahlen.
aber wie kann man sowas nur sagen?
in der politik wäre das das erste bein im sarg, aber im fernsehen wirds wohl noch belohnt.

shit, stimmed metzger, aber wer war dann der konditor? gab da noch so einen idioten.

Sandra

Also, ich finde, einen Pianisten zu unterbrechen mit den Worten "Jetzt schläft schon die Hälfte im Saal" ist mindestens ebenso eine Frechheit.
Aber ich finde es lustig, dass die Frau ausgerechnet Gottschalk heisst.
Jedenfalls: Bei uns ist es auch in der Politik schon so, dass die Leute ihre worte nciht mehr zügeln können. Die "Feine Klinge" funktioniert bei ncihts mehr. Man muss mit der Machete dreinschlagen, damit die Leute aufmerken. Und genauso ist es mit allem: es kommt nicht mehr auf die Feinheiten an, man muss nur möglichst lauter sein als alle anderen.

Guntram

#16
Zu Bastian,

die Sendungen á la Galileo bringen das Thema Bildung allerdings auf Kindergartenniveau. In einer halben Stunde werden mind. 20 hochinteressante nobelpreisverdächtige wissenschaftlich ultraneue Erkenntnisse plus Gewinnspiel so reißerisch abgehandelt das ich kotzen könnte.

Wo bleibt der Background?  Es ist sicher interessant wie Salzheringe/Speiseeis/Schwarzwaldschinken/Tiefkühlpizza etc. hergestellt   werden oder die Streifen in die Zahnpasta kommen. Aber das kam vor 30 Jahren schon bei der Sendung mit der Maus, bei der hat man wenigstens gleich gewußt das es für Kinder und nicht für Erwachsene ist.

Sendungen wie z. B. Querschnitte (Hoimar von Ditfurt und  Volker Arzt kennt die noch einer?) wo ein Thema 45 und nicht 3 Minuten behandelt wurde hatten die Tiefe um wirklich interessantes und wissenswertes zu vermitteln und sie waren bestimmt nicht langweilig.

Auch die "Tiersendungen" brauchen heute für Themen 3 Minuten für die früher Sielmann, Grizmek, Cousteau eine Stunde gebraucht haben. Vor allen Dingen wird nichts am Stück gezeigt. Es wir im Minutentakt von Unterthema zu Unterthema gesprungen (soll hier das zappen simuliert werden, Um dem Zuschauer vorzugauckeln er würde den Sender wechseln?).

Zu guter letzt. Es wird alles als brandneu verkauft. Da werden uralte Sachen im Bildzeitungsstil dargestellt als wenn es gestern erst einer draufgekommen wäre.

ARD und ZDF bringen noch ganz gute Sachen z. B. die Terra X Nachfolger aber auch hier hat sich der Stil in Richtung reißerisch verändert. Ist aber noch erträglich.

Die Sachen die von der BBC kommen sind meistens top oder NZZ spezial (oder so ähnlich) geht auch noch.

Aber das sind Perlen im Misthaufen.

@Sandra
Strauß und Wehner waren aber auch nicht gerade für ihren diplomatischen Stil bekannt. Die Zwischenrufe von Wehner sollen berüchtigt gewesen sein.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

kampmann

mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wie die sog. Quoten der TV-Schauer gemessen werden.

Ob es stimmt, weiß ich nicht:

irgendwie haben wohl einige tausend Zuschauer, die von Umfrageinstituten ausgewählt wurden, ein "Käschtl" im TV, der das gewählte Programm incl. Uhrzeit und Dauer registriert und irgendwie online mit den Instituten verbunden ist.

Weiß das jemand genauer??

Ansonsten: Pisa lässt grüßen!! es ist wirklich S C H L I M M  !!!

Ich lehne es für mich persönlich ab, solche SeichtSendungen anzusehen, vor allem Hr. G.

Aber darauf pellt  D E R  sich ein Ei!

Was ich nicht verstehe: die Sender haben doch auch einen Auftrag für Qualität, zumindest die öffentlichen ... Wie können die sowas so lange zulassen???
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Bastian

#18
@Guntram: Ich sag ja "Infosendung". Galileo und so sind nach meiner Auffassung auch kein Bildungsfernsehen, sondern bloße Infchen. Das sehe ich genauso, da geb ich dir Recht. Anders ist z.B. der Prof. Harald Lesch, beim bayerischen Rundfunk. Der macht eine Supersendung in der er vor einer Wandtafel komplexe physikalische Zusammenhänge erklärt, oder er führt philosophische Diskussionen mit einem befreundeten Phil- Prof oder einem Theologen. Leider kommt diese Sendung erst spät nachts.

Auch die sogenannten Nachrichtensendungen auf ntv und n24 werden von ziemlich ungebildeten Moderatoren präsentiert. Es ist das reine haha- Bla. Dazu werden schlecht überzetzte Time- Life- "Dokumentationen" gezeigt, in denen erklärt wird, wie viele starke Männer und Frauen in einem Flugzeugträger arbeiten, oder wie schnell so eine F22 fliegt. Und bei diesen "Dokus" hat das Pentagon seinen Big Finger drauf, dass nix kritisches berichtet wird, denn sonst bekommen die von Time kein Material mehr. Es ist eine einzige Werbeveranstaltung, die ich mehr als grenzwertig finde.

INFOTAINMENT!! Das ist es! Wir sollen nicht Wissen vermittelt bekommen, sondern Infos. Und wir werden nicht zum Denken angeregt, sondern werden entertained. Leider ist auch das eine Binse. Ich glaube nicht dran, dass das Fernsehen sich ändert. Da kämpft jeder um seine Publikumsschicht, und DER Zuschauer, der sich beschwert, weil er sich Gedanken macht, der ist in diesem Konkurrenzgeschäft eher ein Hindernis. Es geht um die leicht- Beeinflussbaren.

Sandra

#19
Also, es gibt in Deutschland einen Ort, der heisst (nomen est) Haßloch.
Un d der ist Veruchsgebiet für neue Filme, Werbungen, Produkte. (Für neue Produkte für Deutschland ist auch manchmal ganz Ösiland versuchsgebiet *gg*) Die haben dort alle so ein Kastel, und auch beim Supermarkt haben sie am einkaufswagen ein kastl und so. Hab ich mal einen Bericht darüber gesprochen, vor x Jahren, für ö1 (übrigens ein ziemlcuh guter Radiosender  - einer der wenigen verbliebenen. DF ist auch ncoh gut.)

Und ich finde, es ist so offensichtlich, dass diese Sendungen jetzt das machen, was früher die Sendung mit der Maus gemacht, dass ich mich scho ziemlcih lange total wundere, dass sich niemand verarscht fühlt....

Guntram

Die habens noch nicht gemerkt, weil die noch auf die Lachgeschichten warten.  ;D ;D ;D ;D ;D
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Dagmar

#21
Zitatmich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wie die sog. Quoten der TV-Schauer gemessen werden.  

Ob es stimmt, weiß ich nicht:  

irgendwie haben wohl einige tausend Zuschauer, die von Umfrageinstituten ausgewählt wurden, ein "Käschtl" im TV, der das gewählte Programm incl. Uhrzeit und Dauer registriert und irgendwie online mit den Instituten verbunden ist.

Richtig: Diese Untersuchungen werden als sog. Media-Daten relativ streng statistisch erfasst. Die Statistik dahinter ist ziemlich haltbar (bei aller Kritik, die man immer an Statistik üben kann). Es werden regelgerecht bundesweite Stichproben gezogen. Die Stichprobengröße entspricht wissenschaftlichen Standards. Die Haushalte werden mit den von Dir erwähnten sog. Erfassungsgeräten ausgestattet, die nicht manipulierbar sind. Darüber wird dann das Ein- und Wegschaltverhalten erfasst und ausgewertet. Von der Stichprobe wird statistisch korrekt auf die Gesamtgröße hochgerechnet, die Fehlerquote wird berücksichtigt, usw.

Die Daten sind ziemlich stabil. Man kann sehr genau sehen, wann wieviele Leute zu jeder Sekunde weg- oder zugeschaltet haben (= Quoten). Die Analyse der Media-Daten (kommen in der Regel einmal im Quartal aufgeschlüsselt nach Sendungen in die Redaktionen, wo sie angstvoll erwartet werden) obliegt dann den Redaktionen.

Was G. betrifft: Ich bin genau da wo ich auch bei unserer Diskussion um Tim Fischer war - mich treibt die gleiche immer noch offene Frage um: Er hat einen Riesenerfolg beim Publikum, die höchsten Quoten, das alles bei schlechter Leistung. Ich habe (weil ich mich ja gerade halb tot arbeite  :( ) die Sendung nicht gesehen. Ich kann es mir aber gut vorstellen, weil ich genug andere Sendungen von ihm gesehen habe. Also meine gleiche Frage:

Warum bloss ist der Typ dermassen erfolgreich?
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Bassmeister

Könnte dennoch ein verzerrtes Bild geben, denn die meisten Menschen, die ich kenne, die "was im Kopf" haben, wehren sich gegen ihre Erfassung in Umfragen und so und ich denke nicht, daß die sich so ein "Kaschtl" an den Fernseher schrauben würden.

Ich bin ohne Fernseher groß geworden und mittlerweile dankbar dafür, obwohl das für ein Kind zuweilen eine Zumutung sein kann.

Gottschalk allerdings, den mochte ich noch nie, rei äußerlich. Darum enthalte ich mich hier jeden Kommentars.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

#23
Ich zweifle auch an den Daten - weil sich einfach auch die familiären Rahmenbedingungen ändern: die jungen Leute haben solche Kasteln nciht, die WGs, die kreativen - ich glaube auch, dass eine Reihe von Menschen solche Kasteln verweigert - bzw garnciht angefragt wird. Und zwar in den Schichten, die immer stärker werden, und die eben nciht Norm-fall sind.

Bei G. kann ich es schon verstehen: er ist frech, er wirkt aber harmlos, er ist immer schrill und sehr selbstsicher. Er lässt keinen Raum für Hinterfragen. Er wirkt nciht bedrohlich -aber seine frechheiten und seine Blödeleien sind "cool" - so wollen Leute auch sein. Dazu arbeitet er aber auch so, dass jeder glaubt "Das könnte ich auch" also kann man sich gut identifizieren.
Er hat kein Jota von irgendwelchen "Ich bin klüger, ich bin besser" - Er ist der personifizierte "Mann von Nebenan" - aber schriller und frrecher, als der sich das trauen würde.
Dazu kommt - das dürfen wir nicht vergessen - wenn das Fernsehen dem öpublikum jemanden lang und ausgiebig vorsetzt, muss der garnicht so viel können - die Leute rennen nach, wenn sie nur oft genug hören: der ist toll.  Wenn man im Fernsehen ist, hat man fans. Ganz egal, was man macht. Dann aber noch harmlos zu sein, und trotzdem etwas zu zeigen/verkörpern, was die nciht können (schrille Jacketts anziehen zB) dann hat man gewonnen.

kampmann

Tja - und nun???

Lassen wir G. G. sein und gehen über zur Tagesordnung ??

Ich fühle mich jedenfalls ziemlich machtlos gegenüber diesem Sch...
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!