Hanns Dieter Hüsch

Begonnen von Bastian, 06. Dezember 2005, 12:00:42

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Heiko

#25
Ich glaub auch nicht wirklich, dass konkrete Liedermacher gemeint waren.
Die sadopoetische Überschneidung mit Wecker ist aber schon auffällig.
Möglicherweise hat Hüsch den Titel mal am Rande aufgeschnappt und sich davon teil-inspirieren lassen.
Das würde natürlich nichts an der Qualität dieses Stücks ändern.


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Hey, man kann hier jetzt editieren!


"I would prefer not to."

Burkhard Ihme

Zitat
Zu Dr. Diether Dehm: Mein "soll" ist da ganz wichtig. das ist ja auch nur ein Gerücht, über 1000 Ecken weiter getragen. (Habe gehofft, Burkhard würde genau so antworten, danke!) Dehm ist wie ich finde ein spannender Zeit-Genosse. Lesenswert etwa sein 2007 erschienenes Buch "Bella Ciao" (Vlg. Das Neue Berlin) zum politischen Kampf in Italien.
Ich hab Diether mal gefragt.
ZitatHallo Diether!

Mir ist das Gerücht zu Ohren gekommen, du wärst auf der Burg Waldeck 1968 in vorderster Front daran beteiligt, Hanns Dieter Hüsch am Vortrag zu hindern. Warst du überhaupt auf der Burg und warst du bei bei dem Mob dabei?

Seine Antwort:
Zitatnein, sowas hat auch mal ein biograph von r. mey über mich zu meys vortrag behauptet. und mey hat dem widersprochen. der damals 19jährige dd war radikal aber nicht blöd. und hüsch habe ich geliebt und war mit ihm befreundet.

Dr. Diether Dehm, MdB
Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.

Bastian

#27
Zu möglichen Interpretationen: Schön ist ja auch der Gedanke der Bilanzierung: "Ihr wart '68 beseelt von einem gemeinsamen Ziel, und jetzt schauen wir mal, was ihr heute so treibt. Ich war und bin immer noch der Hüsch."

Ohne es Hüsch in den Mund legen zu wollen, aber so ist der Focus auf das gegenseitige Abgrenzungsbedürfnis und die Verhüttelung in Nischenthemen leichter zu formulieren.

Nachtrag: Stimmt, man kann jetzt editieren. Danke, Alexander. Und danke für die Information, Burkhard.

Alexander

#28
Zitatnein, sowas hat auch mal ein biograph von r. mey über mich zu meys vortrag behauptet. und mey hat dem widersprochen. der damals 19jährige dd war radikal aber nicht blöd. und hüsch habe ich geliebt und war mit ihm befreundet.

Dr. Diether Dehm, MdB
Europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE.


Ja danke auch an Burkhard, das war die Quelle, wo ich das gelesen habe.

Reinhard Mey: Was ich noch zu sagen hätte. Mit Bernd Schroeder.
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2005.

Zitat:

Schroeder: ... Den Hüsch haben sie da richtig beleidigt und fertiggemacht. Es war für ihn jahrelang ein Trauma. Der Wortführer war Dieter Dehm alias Lerryn.

Mey: Das kann sein. Mir ist eigentlich niemand besonders als Wortführer aufgefallen. ...

Zitat Ende.

Abgesehen davon, dass Schroeder Diether Dehm falsch schreibt (bzw. die Lektoren nicht berichtigt hat) - sieht irgendwie nach kleiner persönlicher Spitze von Schroeder gegen Dehm aus, aus welchen Gründen auch immer...

Mey spricht zwei Seiten davor übrigens über Hüsch (im Zusammenhang mit Waldeck):

Zitat:

Und ich lernte Hanns Dieter Hüsch kennen, der mich Greenhorn sehr liebenswürdig und sehr väterlich behandelt hat und mir Ratschläge gab - du mußt mal da und da hingehen und mit dem und dem reden. Er war wie ein guter Geist für mich.

Zitat Ende.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Burkhard Ihme

#29
Diese radikale Diskussionsfreudigkeit hielt ja bei vielen nicht allzulange an. Eckart Holler, der das Manifest formuliert und verlesen hatte, nachdem man die Gitarren in die Ecke stellen und diskutieren solle (und nebenbei die weit abgelegene Burg Waldeck zum Zentrum des internationalen Widerstands erklärte), organisierte ab 1975 das Tübinger Folk- und Liedermacherfestival (da war ich dann auch schon dabei).
Hüsch erzählte bei einem AG Song-Treffen in Bonn (oder Mainz?) von seinen hintertriebenen Auftritten auf der Waleck und war sieben Jahre später noch wirklich tief davon getroffen (sieben Jahre erschienen mir damals eine lange Zeit – ich war 21).

Bastian

#30
"[...] Auseinandersetzungen

Die Treffen auf der Waldeck verlaufen nicht nur harmonisch: zunächst kommt es von Anfang an zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem "Nerother Wandervogel", dem die Burgruine gehört, und der ABW*.
Der konservativ bis nationalistisch orientierte "Nerother Wandervogel" mag sich nicht mit der links gerichteten Intellektuellenszene abfinden, die ihr Zentrum plötzlich auf der Waldeck errichtet hat: es kommt nach einem Rechtsstreit zur hermetischen Abriegelung der Nerother auf dem Ruinengelände, der ABW fällt das Festivalgelände oberhalb der Burg zu.

Die Festivals der sechziger Jahre werden fortan begleitet von Sabotageakten, deren Urheberschaft immer wieder den Nerothern
zugeschrieben wird: Flaggen werden verbrannt, Stromkabel zerschnitten, Wassertanks gesprengt, die Holzbühne wird 1967 angezündet und brennt völlig nieder. 1969 wird auch die frisch gebaute Betonbühne von unbekannten Tätern mit 100 Kilo Sprengstoff zerstört. Zwar ist die Schuld der Nerother nicht bewiesen, allerdings streitet der Führer der Organisation, Karl Oelbermann, dies auch nicht ausdrücklich ab . Die Waldeck-Festivals werden durch die fortgesetzten Anschläge und die Auseinandersetzungen mit den Nerothern nicht zuletzt finanziell schwer geschädigt.
[...]"

http://www.detlev-mahnert.de/waldeck.html
*ABW= "Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck"
(Hervorhebungen von mir)


Ui, das war aber ein ziemlich unruhiges Plätzchen. Wusste ich gar nicht...

Burkhard Ihme

#31
Ja, die Nerother waren und sind ein seltsamer Verein. Aus dem verwandtschaftlichen Umfeld (Vater) dieser Lebensgemeinschaft (einmal Nerother, immer Nerother) kam allerdings auch eine schillernde Figure wie Baldur Buscher*, der 1968 bei Hollers Proklamation die Ho-Tschi-Minh-Fahne hochhielt. Später wurde er dann wieder etwas konservativer.
Das seltsame an den Nerothern ist ja auch, daß die zunächst völlig anti-bürgerlich waren, im 3. Reich explizit verfolgt (einer der Oelbermänner starb im KZ) wurden. Dabei wurde auch die Burg Waldeck, die den Nerothern gehörte, verstaatlicht. Nach dem Krieg kriegten sie sie nicht zurück, sondern mußten sie sich mit der ABW (Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck) teilen. Das sorgte von Anfang an für böses Blut. Warum sich das ausgerechnet bei den Festivals (die ja eigentlich der Tradition der Nerother sehr nahe waren) entlud, weiß ich nicht.

Korrigiert nach Baldurs Protest:
ZitatZufälligerweise bin ich beim Surfen im "Georg Kreisler Diskussionsforum" gelandet.
Dort habe ich mit Erschrecken festgestellt, daß Du mich den Nerothern zuordnest.
Ich habe und hatte nichts mit ihnen zu tun!
Sicherlich, in der Waldeck-Zeit gab's Kontakte...
Aber zu sagen, die Nerother hätten mich hervorgebracht, grenzt an Verleumdung.
Das ist ungefähr so, als würde ich behaupten, Burkhard Ihme sei Mitarbeiter
beim alten Janetzki gewesen.

Im Gegenteil: die Masse der Nerother waren "unsere Feinde".
Auch später -bei den Festivals- waren die Nerother der Feind.
Aber vielleicht hab ich auch en Vater falsch in Erinnerung. Der Zusammenhang mit den Nerothern ist also, wenn überhaupt vorhanden, nur Anlaß, die geniale Aktion zu erwähnen. Zumindest ist Baldur nicht den angereisten Heidelberger Studenten zuzurechnen, die die Waldeck als ihre Spielwiese enteckten, sondern war schon vor den Festivals Gast auf der Burg. Auch Holler, der ja die Gitarren in die Ecke stellen wollte, war Festivalbesucher seit 1964.

Bastian

Ich war gestern bei zweitausendeins, und sah dort diese Box stehen. Vielleicht was für Dich, Burkhard?

"DIE BURG WALDECK FESTIVALS 1964-1969

Über zehn Stunden bislang zum größten Teil unveröffentlichte Musik von mehr als 80 nationalen und internationalen Interpretinnen und Interpreten - von F.J. Degenhardt bis Reinhard Mey, von Odetta bis Phil Ochs, von Walter Moßmann bis Hannes Wader, von Lin Jaldati bis Perry Friedman, von Peter Rohland bis Hein & Oss Kröher, von Hedy West bis Guy Carawan, von Xhol Caravan bis zu Floh De Cologne, von Christof Stählin bis Schobert & Black, von Colin Wilkie & Shirley Hart bis Fausto Amodei, von Dieter Süverkrüp bis Rolf Schwendter. Als Bonustracks gibt es Interviewausschnitte sowie einen Auszug von der legendären Diskussion beim 1968er-Festival. Mit John Pearse, Aviva Semadar, Joan & José, H.D. Hüsch, Aleksander Kulisiewicz, Schnuckenack Reinhardt Quintett, Erich Fried, Ivan Rebroff & Das Balalaika-Ensemble Troika, Manolo Lohnes, Insterburg & Co. u.a. Plus 240-seitiges Buch im Schuber mit zahlreichen Fotos, Erinnerungen, Anmerkungen von Veranstaltern und Musiker/inne/n u.a.

Bear Family. 2008. 10 CDs plus Buch 89,99 €. Nr. 407557.
"

http://www.zweitausendeins.de/artikel/cds/pop/?cp=1&displayAtOnce=1&ArticleFocus=1&show=407557&ord=1&alpha=1&note=407557


Heiko

#33
Will nicht von Burg Waldeck ablenken,
aber es passt hier gerade:

100 Jahre Kabarett – 4 mal 3 CDs – umfangreiche Booklets (130-167 Seiten) - jede Menge Stücke von Hüsch - auch 2 von Kreisler (Taubenvergiften und Meine Freiheit, deine Freiheit)
ebenfalls bei Zweitausendeins.

http://www.zweitausendeins.de/suche/?ArticleFocus=1&ord=-1&alpha=1&cat=all&q=100%20jahre%20kabarett
"I would prefer not to."

Burkhard Ihme

#34
ZitatVielleicht was für Dich, Burkhard?

"DIE BURG WALDECK FESTIVALS 1964-1969"

Hab ich natürlich (schließlich hat Stephan Rögner von der AG Song die alten Mitschnitte aufbereitet). Allerdings nur das Buch gelesen, die CDs noch nicht gehört.