Georg Kreisler Forum

andere Künstler => Weitere Künstler => Thema gestartet von: Volker2 am 29. März 2006, 19:41:59

Titel: Andere Künstler
Beitrag von: Volker2 am 29. März 2006, 19:41:59
Mich würde da mal was interessieren: Kennt ihr folgende Künstler und was haltet ihr von ihnen? (Ich finde sie natürlich kasse, sonst würde ich das ja gar nicht ansprechen ...)

- Nagelritz alias Dirk Langer aus Bremen hat Ringelnatz-Gedichte vertont und bringt ein witziges Programm als singender Matrose auf die Bühne – zwischen Comedy, Chanson und Kabarett. Er hat den Hamburger Comedy-Pokal 2005 gewonnen.

- Malediva präsentieren neuen deutschen Chanson und haben kürzlich den Dt. Kleinkunstpreis erhalten.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 29. März 2006, 22:42:31
Nein, kenne ich beide leider nicht. Ich werde mich mal schlau machen. Comedy interessiert  mich jetzt zwar nicht soooo rasend, aber Kleinkunstpreis und Chanson schon. Wie auch immer: Ich bin neugierig, und wenn ich mehr weiss, dann demnächst mehr von mir dazu  :)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Bastian am 29. März 2006, 23:02:45
Ich hab von den beiden Acts bis jetzt nur Malediva gesehen. Und auch nur in der Glotze, weil sie nicht so ganz mein Ding sind, dass ich extra ins Theater gehen würde. Ich zucke meist zusammen, wenn ich allürenverdicktes Programm sehe, dagegen bin ich wohl algerisch. Meine Erinnerungen sind etwas vage, aber wieso nicht auch vage Eindrücke schildern? Zumal sie eigentlich gute Eindrücke waren:

Zunächst dachte ich: "Aha, schon wieder die altbekannte Travestienummer." Aber als ich etwas genauer hinschaute, fiel mir auf, welch gute Schauspieler die beiden sind. Irgendwo zwischen zwei ausdrucksstarken Harlekinen und Mary & Gordy, aber mit viel mehr Kraft als die letzteren und einer ziemlichen Bühnenpräsenz. Ich kann mich auch erinnern, dass ich laut habe lachen müssen, ich glaube bei einer Nummer mit einem Glockenspiel... aber genau hab ich's nicht mehr im Kopf. Kann auch sein, dass diese Nummer sogar eine traurige war, denn auch solche hatten sie zu bieten.

Vages Fazit: Ich denke, sie sind gut in ihrem Metier, so ich das beurteilen kann. Und wenn sie mich dazu gebracht haben ihnen zuzuschauen, dann will das was heißen, denn ich bin was Travestien angeht, leider ein furchtbar bornierter Sack (s. Tim Fischer). Ich mag es aber, meine Vorurteile nicht zu kraulen und zu pflegen, sondern ich baue gerne an ihnen rum, und Malediva kann ich was abgewinnen.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Volker2 am 29. März 2006, 23:33:05
irgendwie finde ich Malediva haben mit landläufiger Travestie überhaupt nichts zu tun. ihre wunderbaren Lieder sind meist herzlich und skurill, zum Schmunzeln und zum Nachdenken und irgendwie immer aus dem Alltag gegriffen...

für alle, die mehr wollen:
www.nagelritz.de
www.malediva.de
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Bastian am 31. März 2006, 00:48:45
Zitatirgendwie finde ich Malediva haben mit landläufiger Travestie überhaupt nichts zu tun
Da gebe ich dir Recht. Streich von mir aus auch das "irgendwie" und das "finde ich"- es ist etwas völlig anderes. Ich versuchte nur mein Vorurteil zu schildern.

Zu etwas völlig anderem:
Ich war heute bei Georg Schramm. "Thomas Bernhard hätte geschossen", (http://www.georg-schramm.de/html/thomas_bernhard.html)heißt das Programm.

Es ist, ohne zu übertreiben, das beste Kabarett, das ich bis zum heutigen Tage erlebt habe.

Den Kreisleristen mag dabei die "Blume" fehlen, durch die der ziselierte Weaner seine Weisheiten zu sprechen beliebt. Er ist kein Ironist, nur Weniges deutet er an, er spricht es aus.

Georg Schramm ist schlüssiger als der Pispers, aktueller als der Hildebrandt, und- vor allem- schärfer als der Beltz.

Bitte, tut es mir und ihm nicht an, seine Vorstellung in eurer Nähe zu versäumen! Ich will auch gar nicht viel erzählen, geht gefälligst hin!

P.S: Ich bekomme kein Geld von ihm.
P.P.S.: hab zufällig Axel getroffen. Er wird dich morgen grüßen, knowsi ;)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 31. März 2006, 10:47:22
knowsi ist gut.
solang Du nicht bigknowsisagst... :D
wir werden heute ein Schnitzel auf Dein Wohl (und auf seine Rechnung) essen. :D

Und, ja, der Schramm ist grossartig!
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Alexander am 31. März 2006, 11:45:35
Von Schramm stammt ja dieses grandiose Zitat:

"Interessensverbände machen die Politik. Die ziehen die Fäden, an denen politische Hampelmänner hängen, die uns auf der Bühne der Berliner Puppenkiste Demokratie vorspielen dürfen. Diese Politfiguren dürfen dann in den öffentlich-rechtlichen Bedürfnisanstalten bei den Klofrauen Christiansen und Illner ihre Sprechblasen entleeren. Und wenn bei der intellektuellen Notdurft noch was nachtröpfelt, dann können sie sich bei Beckmann und Kerner an der emotionalen Pissrinne unter das Volk mischen."

http://www.georg-schramm.de/html/portrait__sz_.html


Allein seinetwegen bleibt der "Scheibenwischer" sehens- und hörenswert!


Nachtrag 12:36 Uhr: Habe soeben eine Karte für das Münchner Lustspielhaus am 20.6. geordert. Danke Bastian für den Tip(p)!
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 01. April 2006, 00:41:44
Zitatknowsi ist gut. solang Du nicht bigknowsisagst.

*kicher* Wie wäre es mit Superknowsi  :P

Schramm ist notiert, danke für den Tip, Basti (und im übrigen: WENN DU NOCHMAL SOWAS ENTDECKST UND NICHT BESCHEID SAGST, SO DASS ICH MIT DIR DAHIN GEHEN KANN, DANN...DANN.... DANN...

schlimmste Drohung aller Zeiten: ....dann traktiere ich Dich so wie A.... *kicher*

Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Bastian am 01. April 2006, 02:39:42
... vielleicht sollten wir mit Knowsi hingehen? In B. oder in B.- mir ists egal. Ich war mit meinen Eltern dort, weil sie das Plakat gesehen hatten, als wir bei Hildebrandt waren. Wir zwei waren nach Stümpfelbach wohl zu schnarchnäsig, um es wahrzunehmen. War jedenfalls ein kurzfristiger Entscheid (für schweizer Verhältnisse, hähä).

Ich gehe gerne noch einmal hin! Axel hat Recht: Das kann, muss man zweimal sehen. Vielleicht schaffen es die zwei Super(schnarch)knowsen und die Stupsknowse aus B. ja gemeinsam?

So. Jetzt hab ich genug gescherzelt. Mehr ist heut nicht drin.

...
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 01. April 2006, 04:04:03
ZitatWir zwei waren nach Stümpfelbach wohl zu schnarchnäsig, um es wahrzunehmen

*kicher*  das glaube ich sofort - stimmt sicher  :)

Gerne - ich würde gerne hingehen - am liebsten natürlich auch mnit "superknowksi" *kicher doll" In B und B - ist mir auch wurscht -

mehr Scherze sind hier heut bei mir nach sooooo einem anstrengendem Tag und Abend auch nicht drin....  :o
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 01. April 2006, 10:48:50
Ha, da stecke ich doch meine Nase nur allzugerne hinein!!! Bin  demnächst Hildebrandtisch unnerwechs, in my hometown. Und finanzmässig wäre mir diese Stadt ja auch für Schramm vieeeeel lieber - aber ich sehe auf seiner HP, dass er schon in Berlin WAR, und MORGEN in bonn ist (oder bin ich noch zu verschnarcht?) und das ist mir einfach zu knapp.....
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Volker2 am 03. April 2006, 22:54:06
Wer Näheres über Malediva wissen möchte, sollte Radio hören: Am Mittwoch, dem 5. April, sendet der Deutschlandfunk um 21.05 Uhr ein Porträt.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 04. April 2006, 08:22:19
Zitatund MORGEN in bonn ist

tja, das war vorgestern... ;)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Alexander am 21. Juni 2006, 21:19:18
War gestern bei Georg Schramm im Münchner Lustspielhaus. Hier mein persönlicher Eindruck.
Herzlicher Gruß
Alexander

DER LEGITIME ERBE VON HÜSCH UND BERNHARD

Georg Schramm mit seinem Programm ,,Thomas Bernhard hätte geschossen" im Lustspielhaus München, 20.6.2006

Georg Schramm ist zur Zeit wahrscheinlich der brillanteste Kabarettist Deutschlands. Er tritt zunächst als Referent auf und stellt ,,Deutschland helfen – aber wie?" vor, als Vertreter der Stiftungsinitiative ,,Leben – jetzt". Das bildet den Rahmen des fulminanten Soloprogramms. Dieser Rahmen wird zu einem wunderbaren Plädoyer für mehr soziale Gerechtigkeit in Deutschland. Der Referent erstellt eine Kosten-Nutzen-Analyse für Langzeitarbeitslose, der zufriedene Arbeitslose solle her, er kriegt 1.600 Euro Geld pro Monat – und er möge bitte nach 30 Jahren sterben, dann geht sich die Rechnung aus. Der Referent präsentiert auch das Wachstumskonzept ,,Vorfahrt für Deutschland". Als Oberstleutnant Sanftleben denkt Schramm über Nachwuchs für Kriegseinsätze nach: ,,Ab drei Söhnen gibt´s Krieg!" Schramm ist ein großartiger Analytiker, er zieht eine bissige Zwischenbilanz der politischen und sozialen Situation. Das bewältigt er als grandioser Schauspieler, der von einer Sekunde auf die andere die Rollen zu wechseln versteht, sich nur marginal umkleidend. Rentner Dombrowski schimpft über die Gesundheitsreform, und im Warteraum einer Arztpraxis treffen sich die Einzelschicksale: etwa ein Mann, der alle nur denkbaren Medikamente zu sich nimmt, oder ein Hüftroboter-Fan – geniale Charakterstudien, wie dann auch der alte Sozialdemokrat. Oberstleutnant Sanftleben setzt sich mit dem Soldatentod und mit amerikanischen Söldnern auseinander. Herr Dombrowski gerät erneut in Rage, wenn es um den Fernsehwahnsinn zwischen Talkshows und Dschungelcamps geht - und angesichts der Tatsache, dass die Vollbeschäftigung Vergangenheit ist, die Politiker aber weiterhin daran verbal festhalten. Scharfe Kritik geht in Richtung deutscher Bundespräsident Köhler, aber auch einige andere Politiker kommen schlecht weg bei Georg Schramm, ihnen wird die Maske von der Gesichtsfassade gezogen. Dombrowski fordert, etwas zu tun. Man könne etwa einen Pharmareferenten erschießen. Doch Dombrowski wird erschreckend stiller in seinen Ereiferungen, er hat jetzt einen Revolver in der Hand. Das Ende ist bitter ernst, das Lachen ist dem Publikum ziemlich im Halse stecken geblieben. Man erinnert sich an Hanns-Dieter Hüsch. Der konnte das genauso. Schramm ist, was das Niveau und die emotionale Reife betrifft, der legitime Erbe der großen Kleinkunst eines Hüsch. Und man denkt an Thomas Bernhard, mit seinen unvergleichlichen Monologen. Zum innigen Schaudern dann der Ausklang, wenn Dieter Hildebrandt vom Band einen Text aus Thomas Bernhards ,,Stimmenimitator" liest, in dem es ums Erschießen der Besucher, die während einer Theatervorstellung an den falschen Stellen lachen, geht.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 22. Juni 2006, 01:37:18
Der Schramm ist die Ehrenrettung der deutschen Cabaretkultur. Ein grossartiger Mann.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Bastian am 22. Juni 2006, 03:53:57
Danke für deine Zusammenfassung, Alexander. Du hast den Abend, den auch ich erlebt habe zutreffend beschrieben. Ich habe es seinerzeit nicht so ausführlich hinbekommen. Wahrscheinlich war ich wortstarr beeindruckt von Georg Schramm.

Danke.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 22. Juni 2006, 19:19:02
Mal was in eigener Sache: Falls jemand Lust auf Döbeln hat: Ich bin in Peter Shaffers "Komödie im Dunkeln" als Hauptfigur Brindsley Miller Samstag bis Dienstag im Theater Döbeln zu bestaunen. Gibt nur noch wenige Karten am Montag in der 19 Uhr-Vorstellung.
Falls also jemand Lust hat  ;)

Heute war die Generalprobe - ging (wie es sich gehört) sehr viel schief, die Vorstellungen werden also sicher gut.  8-) (Angefangen bei zerbrochenen Flaschen über Schnitte an deren Scherben zu Texthängern bis zu einem kompletten und einem Fast-Kreislaufzusammenbruch war alles dabei heute.)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 22. Juni 2006, 21:55:18
No Servas. ob DAS noch unter "schief gehen" firmieren kann? Drücke jedenfalls alle Daumen :-*
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 23. Juni 2006, 17:07:11
Klar kann's so firmieren. Ne "stinknormale" Generalprobe.  :)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 24. Juni 2006, 02:38:39
*Ups  :o

Na: Toi toi toi  :-*
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 25. Juni 2006, 22:24:05
Das toi-toi-toi scheint geholfen zu haben. Die bisher 3 Vorstellungen liefen alle sehr zufriedenstellend. Mal sehen was die Presse so verreißt morgen.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 25. Juni 2006, 22:32:48
Wenn sie Dich nciht loben, gehen wir einfach mit ner Uzi hin und mähen alle nieder.  8-)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 25. Juni 2006, 22:42:55
So ein Lob will erstmal verdient sein.
In diesem Sinne: Du hast völlig Recht !  :-*
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: michael am 25. Juni 2006, 23:49:13
@Eric: Ja, die Journalisten: Morgens im auto, auf dem Weg zur Arbeit  (nur ein Stündchen), höre ich oft "Mosaik" in WDR_3 (Kulturwelle, Mosaik bringt klassische Musik, Bericht  aus und über Kunst, Kultur , etc.
Aber die Theaterkritiken: ätzend, ich schalte seit einger Zeit um. Ein kerasses Beispiel: Die Kritikerin redet fünf Minuten (in dieser Sendung gibt es Zeit!) über eine Vorstellung, der Tenor ist, popülär ausgedrückt: Klasse toll prima, sehenswert, toller Abend, und dann kommt als Resume des ganzen ein Satz, sinngemäss: Naja, für eine Nachwuchsautorin zwar annehmbar, eventuell wird aus der mal was aber das hier: Schwamm drüber.  Die Beschreibung und das Fazit waren derartig unterschiedlich, ätzend.
Seitdem schalte ich bei Kritiken um, evtl. höre ich noch  die einleitende Beschreibung, um zu wissen, worum es geht, und schalte dann erst um.  
Jedenfalls wird bei mir sofort die Erinerung an ein Lied eines hier (Forum)  sehr bekannten Künstlers wach, dass sich irgendwie um Kunstkritiker dreht.....Oder war es ein Musikkritiker...
Jedenfalls ein Fachmann!
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 26. Juni 2006, 08:45:06
ZitatSchule ist Kunst



Döbeln. Schule macht Spaß. Eindeutiger konnten das die jungen Schauspieler, Masken- und Bühnenbildner sowie Licht- und Tontechniker des Lessing-Gymnasiums nicht unter Beweis stellen. In ihrem Theaterkurs hatten sie sich im letzten Schuljahr für ihre Aufführung im Foyer des Döbelner Theaters fit gemacht. Was sie am Wochenende auf ihren Premieren zeigten, war einfach klasse. Bei Lessings lernt man eben nicht nur für die Prüfungen, sondern fürs Leben.
Am Anfang steht die Arbeit. So auch für Peter Shaffers ,,Komödie im Dunkeln". Stunden für Stunden, in denen die Theorie noch die Praxis besiegt: das Werk interpretieren, diskutieren, Rollenbiografien erarbeiten, Bühnenbilder skizzieren, Szenen entwerfen... – ein mühsames Heranpirschen an den Stoff. Dann wächst die Begeisterung. Für den durchtriebenen, aber feigen Brindsley, die verwöhnte Carol, die vornehme alte Miss Furnival, den militärisch strengen Colonel Melkett, die raffinierte Clea... Und dann werden aus zwei geplanten Wochenstunden plötzlich vier, sechs, schließlich zehn. Trotzdem macht's Spaß. Eric, Johanna, Anja, Juliane und all ihre Mitstreiter scheinen für die Zeit der Proben mit ihren Figuren zu verschmelzen. Ihre Lehrmeister sind genau so begeistert: die Regisseure Michael Höhme und Danielle Sturm, der Bühnenbildner, Licht- und Tontechniker Claus Vejrazka. Und schon ist vergessen, dass das Theaterprojekt als Wahlgrundkurs eigentlich Unterricht ist.
Die Begeisterung, mit der Pädagogen und Schüler des Lessing-Gymnasiums ihren Unterricht erfüllten, sprang bei der ersten Premiere am Sonnabend wie ein Funke aufs Publikum über. Ohne den geringsten Anschein von Lampenfieber waren die Schauspieler in ihre Rollen geschlüpft. Und man nahm ihnen den vor Angst schwitzenden Brindsley, den poltrigen Colonel, die naive Carol, die vornehme, aber schon zittrige Miss Furnival oder die erotische Clea ohne Fragen ab. Selbst die lärmende Fußballbegeisterung, die von der Straße ins Theaterfoyer drang, brachte die jungen Schauspieler nicht aus dem Konzept. Es war wahrlich ein Vergnügen, ihre zweistündige schwarze Komödie zu erleben.
Am Ende des Schuljahres wurden nicht nur Lehrer und Schüler mit rauschenden Beifall belohnt. Die Zuschauer konnten sich auch davon überzeugen, welches Niveau die gymnasiale Ausbildung in Döbeln hat, und mit wieviel Herzblut die Pädagogen und deren Familien ihre Berufung leben. Schule ist eben nicht nur Pauken, sondern macht Spaß. Und Schule ist Kunst.
Kathrin Gerlach

- Döbelner Allgemeine, 26.06.2006 -
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 26. Juni 2006, 11:18:14
Das ist eine nette Kritik - aber ich finde, ehrlich gesagt, sie schreibt, als wäret Ihr Grundschüler - so ohne Nachnamen und gönnerhaft - in Eurem Alter hättet ihr ein bissel mehr "Erwachsenen-ton" verdient..... Aber immerhin, Lob ist Lob.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 26. Juni 2006, 12:47:10
Ja das hab ich mir auch schon gedacht. Vielleicht liegts abe auch daran, dass unser "Regisseur" (Lehrer) die Frau Gerlach nicht als Pressefrau erkannt hat. Sie stellte nur paar Fragen als sei sie privat und da waren vielleicht die Auskünfte Herr Höhmes nicht so rasend genau was Namen betrifft. Erst nach dem Gespräch hatte er das geschnackelt, dass das die Chefredakteurin der Zeitung war. Ist aber auch komisch, denn eigentlich schreibt die keine Theaterkritiken. Das macht eigentlich ein anderer von uns allen gehasster Mensch, der das Jugendtheater auch schon mehrfach mit seinen albernen "Kritiken" besudelt hat, obwohl er teilweise nichtmal in den Vorstellungen war. - Sowas gibts auch -.
Insofern ist mir dieser Bericht (Kritik kann man ja nciht wirklich sagen) ganz lieb.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 28. Juni 2006, 22:43:29
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.lgd.de%2Fnews%2Fgalerie%2F53376297f0076db7f%2Fl022.jpg&hash=52e418431fad49e239f5f184b60785a3fb546622)

Zitat24.06. Schwer zu spielendes Stück

Das Kuriose an dem wohl bekanntesten Stück des britischen Dramatikers Peter Shaffer ist es, dass es im Dunkeln auf der Bühne hell wird und im Hellen die Spieler im dunkeln agieren. ,,Ich sah das Stück in Heidelberg und fand die Grundidee so ideal", sagt Michael Höhme, neben Danielle Sturm einer der Regie führenden Lehrer. Sie reizte es, das Stück mit den Schülern des Theaterkurses des Lessing-Gymnasiums aufzuführen. ,,Es ist ganz schwer zu spielen und wir haben teils mit verbundenen Augen geprobt", so Höhme. Den jungen Akteuren hat es sichtlich Freude bereitet. Sie zeigten schon professionelle Leistungen in Mimik, Aussprache und Spiel.
Die Story ist ein Kurzschluss, der in einer kleinen Wohnung in London für perfektes Chaos sorgt. Der Hauptakteur, ein junger Bildhauer, mit seinen verwirrenden Lebens- und Liebesgeschichten sollte eher immer im Dunklen leben. Mit viel Engagement haben sich die Schüler der nicht einfachen Aufgabe gestellt. Aus den anfänglichen zwei Stunden Probe wurden in der Endphase schon fast zehn Stunden in der Woche. Der Theaterkurs gehört inzwischen zur Ausbildung im Gymnasium.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 28. Juni 2006, 23:23:36
Schönes Foto - und dass die Haare länger sind ist auch cool.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Dagmar am 29. Juni 2006, 00:22:57
Freut mich sehr, Eric! Herzlichen Glückwunsch zu dieser Arbeit! :)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Zyankalifreund am 29. Juni 2006, 13:46:05
Danke ihr zwei.  :-*
Dass die Haare länger sind als sonst hat einen einfachen Grund: Ich hab einfach in den letzten Wochen keine Zeit für einen Friseurbesuch gefunden. Die paar freien Minuten die ich hatte war ich dann widerum zu faul hinzugehen. - Deswegen -
Ansonsten: Ja, das Foto ist schön. Hat unser stellvertretender Schulleiter geschossen, der macht immer suuuuper Bilder.  :)
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 29. Juni 2006, 15:55:21
Lass sie so. Die Haare meine ich. Ich finde, es sieht viiiiiiiiiiiel cooler aus!!  :D
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Franz08 am 30. Juni 2006, 09:22:00
Hallo Eric,

auch von mir Gratulation und Applaus zur offenbar gelungenen Aufführung (https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fmitglied.lycos.de%2Fskaterstar%2Fi214.gif&hash=a083a4e55d49e620255f5d88347bd6073042dbc7)  

Die eher betulich-betüdelnden Kritiken wird man erst ab etwa 20, Stichwort "fortgeschrittenes Studententheater", los. Dafür kann's dann richtig brutal werden...

P.S.: Ich finde übrigens auch, die langen Haare steh'n Dir sehr gut - die (Perlen?)Ketten sind allerdings auch sehr schön und die weiße Weste erst...  8-) ;D
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Alexander am 08. Juni 2007, 15:41:23
ZERBRECHLICHKEIT UND POWER

Tori Amos in der Philharmonie am Gasteig (München), 7.6.2007

Die Vorgruppe bietet ansprechenden Folk-Pop: eine Viermannband mit Sänger, der auch virtuos Geige spielt – und Gitarre. Mit einem Schlußfurioso verlässt er die Bühne. Kurze Umbaupause? Von wegen – 45 Minuten dürfen wir warten, bis die Zweistundenshow der amerikanischen Singer-Songwriterin beginnt. Und wie: Die Dreimannband (Gitarre, Baß und Schlagzeug) legt zu einer wilden Lichtshow los, und eine zart wirkende langhaarige Frau zelebriert sich mystisch-geheimnisvoll zum Klavier (hinter dem auch ein Keyboard steht, im zweiten Teil ihrer Show eine Hammondorgel). Eine der fünf Typen ihrer aktuellen CD ,,American Doll Posse" ist das, sie klemmt sich zwischen ihre Tasteninstrumente und liefert sich hemmungslos den Songs aus. Tori Amos ist eine Großmeisterin der Popballaden. Diesmal bereitet sie ihre großartigen Lieder ziemlich heftig mit Bandverstärkung auf. (Lieber hätte man sie trotz der tollen Qualität der Mitmusiker viel mehr solo, nur am Klavier gehört.) Die Lichteffekte und der kräftige Sound geben der Show eine ziemliche Power. Nach einigen Liedern: Abgang, großes Bandintermezzo mit heftiger Steigerung, Tori vom Band dazu, und Tori tritt noch einmal auf, diesmal als Tori, mit Glitzerkostüm. Eine Seelenschau im Kostüm einer amerikanischen Popshow. Ein Lied nach dem anderen, nur kurz die Bandvorstellung, sonst keine Zwischentexte. Aber immer wieder funkelt das Zarte, das Zerbrechliche durch, die Lyrik dieser großen Balladen. Und dann doch zwei Songs nur mit Klavier – was für eine Intensität! Der E-Gitarrist fetzt nur anfangs und gegen Ende, den Rest feuert man die Sounds zu dritt in die Philharmonie. Tori greift in die Tasten der tiefen Regionen, als wären es Riesenglocken. Die Beatles schimmern zweimal stilistisch durch, bis zum Hardrock geht das musikalische Feuerwerk. Eine unglaublich ideenreiche Künstlerin voller Kraft, ein Genie unserer Zeit! Nur ja keine Anbiederung ans Publikum: Im großen Applaus vor den Zugaben wenden sich die vier zunächst der Bühne zu, ineinander verschränkt, wie bei einem Ritual. Und Tori Amos geht nicht ab, sie flüchtet von der Bühne hinten hinaus, plötzlich nur mehr zart und verletzlich.

Titel: Konstantin Wecker in Berlin
Beitrag von: whoknows am 16. November 2007, 13:07:10
Gestern war ich beim Konzert von Konstantin Wecker im Berliner Tempodrom - dank der Hilfe eines lieben Freundes auf Freikarten - was gut war, denn die Karten kosteten bis zu 40 Euro. (In diesem Zusammenhang darf ich erzählen, dass Dieter Hildebrandt verbietet, dass man mehr als 30 Euro bei seinen Abenden verlangt.)
Vorweg: es war ein richtig schönes Konzert.
Er war mit drei Musikern angereist, die alle Multi-Intrumentalisten waren - ich bin sicher, jemand von Euch kennt die vollen Namen, mein Gedächtnis ist da mangelhaft. Der Jo, der immer mit ihm spielt, ein hervorragender Pianist, ein sehr guter Trompeter, und ein interessanter Gitarrist. Dann ein Lenz, der ein grossartiger Bassist ist, und ein ausreichender Cellist. Und ein Afghane (hafik?), der ein mehr als glänzender, ein absolut hinreissender  Percussionist ist und ein wirklich guter Schlagzeuger.

Wecker erzählte uns nachher, dass er ursprünglich in einem Saal in Ostberlin hätte spielen sollen, und ziemlich entsetzt war, als er erfuhr, dass es das tempodrom wird. Mit Recht. Der Saal ist die Hölle. Zu kalt, aktustisch irre schwer zu bespielen und fast ein Ding der Unmöglichkeit, irgendeine Stimmung zu erzeugen.
Und es war auch so: Die Akustik war leider ziemlich schlecht. Der (mitgebrachte) Tontechniker hatte den Auftrag, dass die Textverständlichkeit über alles gehen sollte. Kann ich verstehen, obwohl das mit der Textverständlichkeit auch zum Teil Sache des Sängers wäre, und da ist Wecker manchmal doch a wengerl schlampig. (Das ist aber okay, da man die Texte eh alle kannte ;)) Leider klangen die zwei Klaviere (ein Bösendorfer, das andere konnte man nicht sehen, was es war)  mehr nach bontempi, den Bass hörte man nur manchmal, es hat stellenweise sogar leicht gekoppelt, das Cello war zu leise (manchmal: gnädiger Weise - ich bin bei Cello EXTREM heikel) - aber ich kenne die tontechnischen Schwierigkeiten und es ist durchaus glaubhaft, dass mehr oder weniger das bestmögliche gemacht wurde. Die Stimme war indes perfekt, fand ich.
Das Konzert begann mit einer Art Liebeslied an's Publikum, das mir weniger gefiel. Ich empfand es als musikalisch uninteressant und auch ein bissel runtergeratscht - ein Lied, das textlich viel mehr hätte in's Herz treffen können, aber ich meine, die Angst vor Kitsch war zu gross. Ein, wie meine, "verschenktes Lied", schade, denn es könnte fadengrad in's Herz treffen - und das tat es nicht.  Kam  nicht sonderlich an.
Und dann steigerte sich das Konzert langsam immer mehr - in der zweiten Hälfte war es dann perfekt, (dann hatten sich auch einige Leute in der Pause aus der Garderobe wieder ihre Mäntel geholt, und die Kälte war nicht mehr sooo quälend) aber auch auf der Bühne kriegte man mehr und mehr das Gefühl: jawoll. Das isses. Wunderbare Improvisationen, tolle musik, die "guten alten Lieder" inklusive "Willy" (!!), "Wenn der Sommer nicht mehr weit ist", "Genug ist nicht genug" - alle Lieblingslieder des Publikums - gemischt mit seltener gespielten aber mir persönlich oft näheren Songs, auch: "Sage nein!" und den "alten Kaiser", herrliche Balladen, einfach perfekt) wunderbare Zwischentexte und ein Wecker in Hochform. Immer wieder dachte ich: die Zeit hat sich nicht verändert, auch die politischen Lieder stimmen nach wie vor, was sich verändert hat ist der Wille zur Zuständigkeit in den Menschen. Selten wurde Wecker in den Moderationen aktuell-politisch, meist waren es Erzählungen, was zu den Liedern geführt hatte, was in seinem (lesenwerten) Buch "Kunst des Scheiterns" stand, Gedichte wurden vorgetragen, Texte verlesen - niemals langweilig, notabene! - aber ich hätte mir mehr aktuelle Anmerkungen gewünscht, und ich hatte  den Eindruck, viele im Publikum auch: sie wollten wieder ihren "Stellvertreter in der Empörung" auf der Bühne. Gross der Applaus, als er Mehdorn kurz kritisierte. Das Publikum war übrigens zum überwiegenden Teil über 50 - aber nicht nur.
Wie gesagt: die zweite Hälfte war wesentlich dichter, da waren sowohl Publikum als auch Bühne endlich in Hochform (soweit das eine kalte hohe Halle wie das tempodrom zulässt)  - und  (aber) er fand und fand kein Ende. Fast vier Stunden dauerte das Konzert, und ich fand: das war zu lang. Ich halte es eher mit den Krautfleckerln der Tante Jolesch: man sollte immer ein wenig Hunger zurücklassen. Allein, das ist sicher schwierig, wenn man nach zähem Anfang endlich so richtig Spass hat am Konzert. Aber ich persönlich denke: viele würden früher nochmal in ein Wecker-Konzert gehen, wenn sie gestern nicht so einen Overkill an Wecker gehabt hätten - egal, wie sehr man Krautfleckerl liebt, man kann sich auch überfressen daran, und dann dauert es, bis man wieder Lust darauf hat.

Auch hier - wie beim letzten Weckerkonzert in der Philharmonie - denke ich mir: er könnte etwas besser beraten werden, die Leute um ihn sind irgendwie stehengeblieben, und man hat den Eindruck, es wird mehr die vergangene Zeit erzählt als die heutige wahrgenommen - nämlich: das heutige publikum bedient. Es wird nicht darauf geachtet, NEUES Publikum anzusprechen, sondern eher darauf, die alten zu halten. Und ich finde: kann nicht beides möglich sein?
Er spricht viel über seine 60 Jahre, was ich persönlich verstehen kann, ich spreche auch viel über mein Alter, weil ich es nicht fassen kann. Aber: er WIRKT nicht so, und er hätte es nicht nötig. Er ist noch genauso ein Berserker, ehrlich, wütend, liebestoll, lebendig, kraftvoll - und das gefällt auch jungen Leuten, auch für sie könnte er ein "Stellvertreter des wütenden Ausbruchs" ein Ventil und zugleich ein Trigger für tatsächliches Handeln sein - wie schade, dass er diese Rolle nicht mehr will: die Gesellschaft bräuchte sie.
Er zwingt mich, die Zeit, in der er ein Vorbild für mich war, als Erinnerung zu erleben, anstatt weiter und wieder neu Rôle model zu sein - und das tut mir Leid, denn er hätte eigentlich die Kraft dazu.

Aber trotzdem: Wermutstropfen hin oder her: es war ein schönes und erfüllendes Konzert.

Auch das Bier mit den Musikern nach der Show war total fein, übrigens, auch wenn sie alle nach einigen Bieren doch etwas anlassig wurden. ;) Sind echt liebe Jungs! Alles in Allem bin ich sehr dankbar, dass ich das Konzert erleben durfte - aufgrund des Bahnstreiks hatten wir noch dazu eine Karte "zuviel"  - das war einerseits auch ein kleiner Wermutstropfen - aber ich konnte die Karte dann an unsere Dagmar weitergeben, und wir haben den Abend ungemein genossen!!!!!!
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 16. November 2007, 13:13:46
ps: er spielt noch in Dresden, in Rostock und noch wo im Osten - wenn Ihr könnt: geht hin!!! http://www.wecker.de
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Burkhard Ihme am 30. November 2007, 00:32:43
Im BR kommt grad die Semdung "Nachtlinie" mit der Songwriterin Claudia Koreck. Hat schon mal jemand was von ihr gehört? Scheint in Bayern grad sehr angesagt.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Burkhard Ihme am 08. Dezember 2007, 05:53:17
Können unsere Wiener Kollegen (oder Exilanten) was über Steinberg und Havlicek erzählen?
Und wer ist Steinberg?
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: whoknows am 08. Dezember 2007, 09:38:22
Der Havilicek  ist Gitarrist, der kommt von den Concert Schrammeln - ein Genre, das ich nie besonders aufmerksam verfolgt habe. Allgemein weiss man: die können, was sie machen - und Homepages haben sie übrigens auch, die sicher informativer sind, als ich es sein kann.  :)
Im Grunde nette Sache - aber nix Neues.
Steinberg ist nur ein Name, soviel ich weiss, denn die Sängerin ist die Traudl Holzer  - und das wiederum bringt mich drauf, dass beide auch bei etwas mitwirken, das wirklich interessant ist, ein anderes Projekt, Mastermind Max Gruber, und zwar auch wienerisch, aber eben viel moderner, wie ich finde. Des Ano ('Des' = Das, 'Ano' = auch noch) http://www.desano.at
Das ist also offenbar eine Clique, die sich im Bereich der Wiener Musik etabliert.
Titel: Re: Andere Künstler
Beitrag von: Alexander am 20. März 2008, 18:50:52
DER LETZTE FLUG



Pippo Pollinas Orazione civile per Ustica ,,Ultimo Volo" bei Kaufleuten in Zürich (18.3.2008) und auf CD



Pippo Pollina gibt am Klavier, als würde er ihn gerade erfinden, als würde er ihn aus dem Nichts improvisieren, einen großen melodischen Bogen vor, eine freundliche, versöhnliche, einprägsame Melodie, aus der aber sehr deutlich ein großer überwundener Schmerz durchzuschimmern scheint. Das Streichorchester und das Palermo Acoustic Quartet verdichten und intensivieren die Atmosphäre.

Wir sind mit diesem Vorspiel mitten in der Geschichte eines Flugzeuges und seiner Katastrophe. Nahe der Insel Ustica ist am 27.6.1980 eine DC9 der Fluggesellschaft Itavia mit 81 Personen an Bord unter bis heute nicht restlos geklärten Umständen abgestürzt. ,,Ultimo volo" (,,Der letzte Flug"), von Verwandten der Opfer dieser Katastrophe in Auftrag gegeben, hatte am 27.6.2007 in Bologna Weltpremiere und erlebte nun bei Kaufleuten in Zürich seine Schweizer Erstaufführung.  

Wer Pippo Pollinas Lieder kennt, weiß um deren philosophisch-poetische Eigenständigkeit, aber auch um die überbordende Musikalität, die diese Gedankenfluten für den Hörer oft irisierend anziehend umkleiden, ihnen in der Melodieführung und im Arrangement noch eine ganz eigene Kraft, ganz individuelle Intensität verleihen. Man hört in ,,Ultimo volo" sechs Beispiele dieser eindringlichen Lieder, zu denen natürlich auch Pippos persönlicher Vortragsstil gehört, ob am Klavier oder mit der Gitarre, ein Vortragsstil, der alles gibt, der die Seele aufblättert, der ganz von innen heraus kommt und der einen mitnimmt in die Musik- und Gedankenwelt dieses hochsensiblen Künstlers.

Neben den sechs Liedern, die meisten davon mit breiter melodischer Anlage große Bögen spannend, das letzte besonders markant mit seinem Bolerorhythmus sich geradezu zu einer Hymne aufschwingend, besteht ,,Ultimo volo" aber auch aus sechs Monologen, in denen sich ein Erzähler in die Rolle des Flugzeugs versetzt und dessen Empfindungen schildert: über die Zeit als funktionierendes Flugzeug, über die am Meeresgrund, über die im Militärhangar, über die ,,zusammen" mit einem lybischen Flugzeug (wahrscheinlich war die DC9 versehentliches Opfer eines Militärmanövers), über die auf der Reise zurück nach Bologna und über die aktuelle Zeit als Denkmal für die Opfer.

Und ,,Ultimo volo" ergänzt die Monologe und die Lieder mit fünf Dialogen, die die bewusste Realität der Betroffenen einfangen, die Trauer und den Versuch, die Wahrheit herauszufinden.

Pippo Pollinas Lieder erweitern diese Gedanken und Gespräche um die musikalische Dimension erneuter Vertiefung.

Die Züricher Erstaufführung ist von großem Idealismus, von gelebter Leidenschaft auf der extrem vollen Bühne geprägt. Das junge Orchester (Konsi Strings Zürich unter der Leitung von Massimiliano Matesic) gibt dem Werk von den Arrangements her jene Größe, die es über ein reines ,,Lied Opus" hinauszuheben vermag. Das musikalische Fundament liefern Pippo selbst (Gesang, Klavier und Gitarre) und das Palermo Acoustic Quartet (Jean-Pierre von Dach, Gitarre, Gaspare Palazzolo, Saxophon, Luca Lo Bianco, Kontrabass und Walter Keiser, Schlagzeug und Perkussion). Manilo Sgalambro gibt den Monologen die gebotene Eindringlichkeit, und Daniela Piccari und Adriano Miliani gestalten die Dialoge in ihrer ganzen Betroffenheit genauso intensiv.

Auf der CD ,,ultimo volo" (Storie di note SDN 060), dem Mitschnitt der Uraufführung in Bologna, entfallen – wohl aus Zeitgründen – die Dialoge. Trotzdem wird die Intensität der noch wesentlich professionelleren Aufführung mit Pippo Pollina, dem Palermo Acoustic Quartet (hier Enzo Sutera, Gitarre, Gaspare Palazzolo, Saxophon und Traversflöte, Luca Lo Bianco, Kontrabass und Toti Denaro, Schlagzeug und Perkussion), den Archi della Filarmonica Arturo Toscanini unter der Leitung von Dimitri Jurowski und mit dem Erzähler der Monologe (wie in Zürich Manlio Sgalambro) genauso erreicht. Vor allem hat man die Möglichkeit, Pippos große Lieder in Ruhe und mehrmals anzuhören, die Inhalte zu vertiefen und zu jedem Monolog, zu jedem Lied weiter zu denken und alles auch im Detail in sich wirken zu lassen.

Wenn sich der Bolero zu seinem Höhepunkt gesteigert hat, bricht er ab. Pippo Pollinas  ,,Orazione civile per Ustica" endet nicht so lautstark, es nimmt sich zurück, mit Pippo am Klavier, als würde er ihn gerade erfinden, als würde er ihn aus dem Nichts improvisieren, den großen melodischen Bogen, den wir vom Anfang des Werkes her kennen, eine freundliche, versöhnliche, einprägsame Melodie, aus der aber sehr deutlich ein großer überwundener Schmerz durchzuschimmern scheint. Das Streichorchester und das Palermo Acoustic Quartet verdichten und intensivieren die Atmosphäre erneut. Wir sind versöhnt mit dem Schicksal, aber wir tragen auch den Schmerz und die Betroffenheit weiter in uns.