Tom Lehrer vs. Georg Kreisler: Plagiate

Begonnen von Guntram, 12. August 2007, 23:29:11

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Anke

#50
Habe gerade wieder die Unterscheidung des Urheberrechts bezüglich "Plagiat" und Nicht-Plagiat gefunden:

http://www.schmunzelkunst.de/saq.htm (da sind die Bestimmungen recht anschaulich illustriert  :)):

     Par 24 UrhG Freie Benutzung

     (1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

     (2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.


In diesem Sinne kann m.E. z.B. das "Tauben vergiften" urheberrechtlich NICHT als Plagiat bezeichnet werden: Die Musik ist ja völlig eigenständig. Andere Kriterien werden gar nicht angesetzt. Der Text ist ohnehin keine reine Übersetzung. Und reine Ideen zu einem Werk sind urheberrechtlich definitiv nicht schützbar. Ein Thema kann sich jeder vornehmen und es bearbeiten, egal, wie viele Leute das schon getan haben.

Damit hätten wir zwar nicht endgültig geklärt, wer diese Idee und vielleicht auch sein Lied zuerst hatte,
aber m.E. auf jeden Fall, dass weder das Lied von GK noch von TL rechtlich als "Plagiat" eingestuft werden kann.  8-)

mrh400

Hallo,
ZitatWie kommst du darauf das TL deutschstämmiger Jude ist? Er ist am 9 April 1928 in New York geboren. Im Netz gibt es nicht den geringsten Hinweis auf sein Religionszugehörigkeit. Ich vermute das er eher kein Jude ist.

:question  :question Seid Ihr denn nicht des Googelns mächtig? Keinerlei Hinweise im Netz?

Mit "Tom Lehrer" + "Jewish" erhält man nicht weniger als 54.600 Ergebnisse - sicherlich viele neben der Sache, aber ganz oben die folgende Quelle: http://www.cosmik.com/aa-june00/tom_lehrer.html und dort findet man die folgende Aussage:
Lehrer was raised in a New York Jewish family that didn't stress religion very much, even going so far to have Christmas trees in their house while he was growing up in the 30's and 40's.

Burkhard Ihme

Zitat
Was mich am meisten irritiert: Tom Lehrer "bedankt" sich sarkastisch für die Verbreitung "seiner" Musik durch Georg Kreisler - das hat kabarettistischen Stil. Georg Kreisler kämpft einen geradezu verbitterten Feldzug gegen die Plagiatvorwürfe - imho wenig souverän und könnte auf Betroffenheit schließen lassen.
Das ist aber nun wirklich nicht verwunderlich. Lehrer wurde gefragt, was er davon hielte, daß Kreisler sein Lied geklaut habe, Kreisler wurde vorgeworfen, er sei ein Plagiator. Daß da die Reaktionen unterschiedlich ausfallen ist naheliegend.
Daß Kreisler selbst die Urheberschaft Lehrers anerkannt haben soll, halte ich für ein Gerücht.

whoknows

#53
Wo wird das behauptet, Burkhardt? Ich kann Dir nur Recht geben - und zudem: GK ist an und pfirsich nicht gerade souverän, wenn er sich angegriffen fühlt - und das geht schnell. Er neigt zum übertrieben leicht beleidigt sein.
Jedenfalls: [highlight]Hallo mrh400!! Willkommen in unserer kleinen Plauderecke!! :D[/highlight]

michael

Zitat
Ich finde das Jiddisch köstlich. Wenn man deutsch, slawisch und möglichst noch etwas kann, dann versteht man es ziemlich gut, zumindest steigt man im großen und ganzen durch, was es bedeuten soll. Ist wie Esperanto, nur viel schöner.  :)

Na na, das geht aber so nicht durch! Schöner als Esperanto?
Nix da, maximal gleich schön, mehr nicht.

Immerhin könnte mensch Esperanto als Update verstehen, so als jiddisch Version 1.1
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwik_Lejzer_Zamenhof


mrh400

#55
Hallo,
ZitatDas ist aber nun wirklich nicht verwunderlich. Lehrer wurde gefragt, was er davon hielte, daß Kreisler sein Lied geklaut habe, Kreisler wurde vorgeworfen, er sei ein Plagiator. Daß da die Reaktionen unterschiedlich ausfallen ist naheliegend
Die Prämissen dieser Einschätzung sind nach den verfügbaren Quellen nicht ganz zutreffend.
Lehrer soll seine Aussage getroffen haben, als ihm anläßlich seiner Europa-Tournee der Vorwurf des Abkupferns von Kreisler gemacht wurde (so jedenfalls nach seinen eigenen von Selbstlob nicht freien Worten); hier im Forum aufzufinden:
And in fact, when I got over there, they thought that I had stolen it from him, so I was able to, on my TV show there, which I did, I was able to get a dig at him, which was very nice.  Instead of yelling, instead criticizing him, I said that I would like to thank George Kreisler for introducing my songs to the German public.

Kreisler kommt von sich aus in seinen Memoiren auf das Thema zu sprechen  (erkennbar zu einem Zeitpunkt, als "I hold your Hand in Mine" und "The Girl with te Three Blue Eyeys" in Europa kaum bekannt waren).

ZitatDaß Kreisler selbst die Urheberschaft Lehrers anerkannt haben soll, halte ich für ein Gerücht.
Ich sagte bereits, daß ich hier nur Zweithandwissen zum Besten geben kann - womit diese Frage auch beantwortet ist:
ZitatWo wird das behauptet

Vor etlichen Jahren hatte ich mich mit dem Thema mal etwas intensiver beschäftigt; leider sind einige der Seiten mit einschlägigen Quellen im Nirwana des Internet verschollen

Edit: PS:
Tom Lehrer beschäftigt sich selbst in einem seiner Songs mit dem Thema Plagiate, wo er sich mit dem Abkupfern innerhalb der Wissenschaft auseinandersetzt, nämlich Lobachevsy; ein kleiner Auszug:
I am never forget the day my first book is published. Every chapter I stole from somewhere else. Index I copy from old Vladivostok telephone directory.

whoknows

#56
Jiddisch entstand  vorwiegend aus polnisch, mittelhochdeutsch und hebräisch - und ist einfach sehr sehr alt, hat einige Lautverschiebungen nicht mitgemacht - und ist tatsächlich eher dem Schweizerischen damit verwandt.
Jiddisch ist nie "gemacht" worden, sondern entstand aus der Notwendigkeit, sich zu verständigen, auch wenn man reiste (Juden waren immer schon recht mobil, auch weil sie ja damals nur wenige Berufe haben durften - einer davon war Händler), es ist eine gewachsene Sprache, und hat deshalb ziemlcih viele Begriffe, die einfach "sitzen"  (Ähnlich wie Dialekte) - die es in bewusst gebauten oder ständig von einer Obrigkeit "gereinigten" Sprachen kaum gibt.

Esperanto ist eine willkürliche Mischung aus den romanischen sprachen, Deutsch & Englisch. Die Willkürlichkeit ist meiner Meinung nach einer der Gründe dafür, dass es sich nie durchgesetzt hat. Es ist eine Reissbrettsprache, und man kann sich zwar "verständigen" damit, aber nicht "reden" - wenn Ihr versteht, was ich meine.

Ich würde die beiden niemals vergleichen - eher noch eben mit dem Schweizerdeutschen oder mit dem Rotwelschen (das ja auch viele Ausdrücke aus dem jiddischen entlehnt hat) oder eben mit diversen Dialekten. Nichts anderes ist ja jiddisch auch, und es gibt ziemlcih grosse Unterschiede zwischen russischem, polnischem, deutschen, oder "neuerdings" (also seit der vorletzen Jahrhundertwende) dem englischen Jiddisch. Schrift hat keine dieser Jiddischs, man bedient sich notgedrungen des Hebräischen, der Schrift der Bibel, denn das konnten immer schon alle lesen. (Einer der Ursachen für Antisemitismus übrigens: Juden konnten immer lesen - auch zu Zeiten, als das bei Weitem nicht normal war.)

Stroganoff

ZitatVor etlichen Jahren hatte ich mich mit dem Thema mal etwas intensiver beschäftigt; leider sind einige der Seiten mit einschlägigen Quellen im Nirwana des Internet verschollen
Falls du noch die Adressen dieser Seiten kennst (oder sie herausfinden könntest), könntest du vielleicht mit der Internet Archive Wayback Machine die Quellen ausfindig machen. Dort werden die meisten Internetseiten seit Mitte der 90er archiviert.

Burkhard Ihme

#58
ZitatKreisler kommt von sich aus in seinen Memoiren auf das Thema zu sprechen  (erkennbar zu einem Zeitpunkt, als "I hold your Hand in Mine" und "The Girl with te Three Blue Eyeys" in Europa kaum bekannt waren).
Zu welchem Zeitpunkt denn sonst? I hold your Hand in Mine" und "The Girl with the Three Blue Eyeys" waren in Europa IMMER unbekannt.
Interesanterweise hat mir Jan Weber (SDR-Redakteur, der auch für die Rundfunkübertrtragungen auf Burg Waldeck verantwortlich war) schon 1973 erklärt, "Die Hand" sei bei Lehrer abgekupfert (30 Jahre bevor ich das Lied zu hören bekommen habe).

mrh400

#59
Zitat
Zu welchem Zeitpunkt denn sonst? I hold your Hand in Mine" ... war(en) in Europa IMMER unbekannt.
:question
Dem breiten Publikum vielleicht (deswegen schrieb ich ja auch "kaum"); ich kenne das Lied seit 1967, als wir wie oben berichtet im Englischunterricht mit Lehrer-Songs traktiert wurden. Ich hatte mir die LPs von meinem Lehrer ausgeliehen, mitgeschnitten und nahezu auswendig gelernt (das waren An Evening Wasted, Revisited und That was the Year that Was - ich habe mir die Platten dann ca. 1970 auch selbst gekauft, sie waren in gut sortierten Läden in München ohne weiteres erhältlich und stehen noch heute im Plattenschrank meiner Ex). Bekannte meiner seinerzeit in London arbeitenden Cousine hatten ebenfalls das ganze seinerzeitige Repertoire zuhause - also nix "in Europa IMMER unbekannt"

Burkhard Ihme

Im Lied Lobachevsky (mrh400: "Tom Lehrer beschäftigt sich selbst in einem seiner Songs mit dem Thema Plagiate, wo er sich mit dem Abkupfern innerhalb der Wissenschaft auseinandersetzt, nämlich Lobachevsy; ein kleiner Auszug:
I am never forget the day my first book is published. Every chapter I stole from somewhere else. Index I copy from old Vladivostok telephone directory.") klaut Lehrer auch aus Friedrich Hollaenders "Stroganoff" (oder klaut Hollaender bei Lehrer?). Sollte ersteres zutreffen, ist die Behauptung, Lehrer habe ja gar nicht bei deutschsprachigen Autoren klauen können, widerlegt.

In der von immernochsaurier verlinkten Ö1-Sendung "Spielräume" wird "Poisoning pidegeons" in das Jahr 1953 datiert (wo es auf der im gleichen Jahr erschienenen LP allerdings nicht enthalten ist).

Burkhard Ihme

#61
Der nicht bekannte, aber seit gut zwanzig Jahren in der Oberhausener Comicszene aktive Andreas Heinze stellt gerade in Oberhausen Plakate und Comics aus. Letztere sind bis hin zur Typographie der Headline an die bekannten Onepage von Jamiri (Essen) angelehnt bzw. davon abgekupfert.

Hier kann man nun eine ausufernde Diskussion darüber verfolgen. Das Ruhrgebiet brodelt!


http://www.labkultur.tv/blog/oberhausen-und-der-rest-der-welt
http://www.ruhrbarone.de/der-plagiator-andreas-heinze-aus-oberhausen-wagt-eine-ausstellung/#more-43832
http://www.labkultur.tv/blog/das-sind-eindeutig-plagiate

Und hier formieren sich die Freunde von Andreas Heinze, die so gar kein Plagiat erkennen können:

http://www.facebook.com/groups/ANDRADECOMICS/

Clas

Moin, moin,

was ich in der Debatte interessant fand, war, dass der Jamiri da nun gegen klagen müsse, weil er sonst das Plagiat dulde, und ein geduldetes Plagiat sei keines mehr oder jedenfalls nur halb so schlimm...

Muss er das in Oberhausen oder kann er das auch in Essen?

Und ab wann kann man, wenn der Plagiierte es nicht merkt, von Duldung ausgehen?

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

#63
Erst mal muß das überhaupt ein Plagiat im juristischen Sinne sein.

Ist ja nicht wie bei von Guttenberg und anderen Helden, daß da geschützte Teile verwendet und neu zusammengewürfelt wurden. Heinze hat das ja wirklich alles selber gezeichnet.

Die Besonderheit liegt eher in der Aufmerksamkeit, die dem Ding dank einer Ausstellung (hui, höhere Weihen, muß ja Kunst sein!) zukommt, und daß es um einen regional bekannten und beliebten, aber durch seine Kunst nicht reich gewordenen Plagiierten handelt. Franquin und Moebius hatten ja auch ihre Epigonen.

Clas

#64
Moin, moin,

ob es ein Plagiat ist, kann ich nicht beurteilen. Das müsste sich dann aus der Klage oder dem Verfahren ergeben. Für den Besucherzustrom zur Ausstellung ist das Gezeter im Netz sicher gut. Und wahrscheinlich wird es beider Bekannheitsgrad steigern. Ich, zum Beispiel, kannte beide bis dahin nicht.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Gehört wohl eher in diesen Thread: Die Texte von "I hold your hand in mine" und "Die Hand" zum Vergleich. Bei Kreisler hat das Lied immerhin ein Strophe mehr.

Hans-Jürgen

Grundsatzdebatten zu diesem Thema gibt es viele. Lässt man die Aussagen von Gerhard Bronner und Topsy Küppers beiseite, denen vielleicht vorgeworfen werden könnte, sie seien voreingenommen zu dem Plagiatsvorwurf, so ist aber eine Persönlichkeit interessant, die höchst intelligent eingestuft werden darf, die nicht unüberlegt Aussagen trifft und die Georg Kreisler gegenüber mehr als wohlwollende, eher respektvolle Bewunderung und Hochachtung entgegen bringt, nämlich Daniel Kehlmann. Er schrieb:" Man könnte Georg Kreisler einen der bedeuttendsten Kabarettisten des zwanzigsten Jahrhunderts oder auch den besten lebenden deutschen Lyriker nennen, aber beides würde ihm nicht gerecht. Kreisler ist nicht wirklich Lyriker, und er ist, obgleich seit Wedekind, Ringelnatz und Walter Mehring kein Literat seines Ranges sich dem Kabarett genähert hat, nicht im eigentlichen Sinn Kabarettist. ............Der Ruhm kam mit mit seinen bis heute bekanntesten makabren Balladen, in denen er im Stil des großen Tom Lehrer, bei dem er sich zeitweise mehr als freimütig bediente, in heiterem Ton von....... (Auszug eines Beitrags von Daniel Kehlmann mit dem Titel "Die Tränenlieferanten kommen näher." und gedruckt im JÜDISCHER ALMANCH >Humor< 2004.

Burkhard Ihme

#67
Nun schieb Kreisler schon makabre Lieder lange bevor Tom Lehrer die Bühne betrat.

Zu fragen wäre zudem, ob Daniel Kehlmann, auch wenn sein Vater mit Kreisler gelegentlich beim Wiener Brettl auftrat, der verläßlichste Zeuge ist. Kreisler wurde immer als Wiener wahrgenommen, und das ganz bestimmt nicht, weil er im Stil des "großen Tom Lehrer" (wieso groß? Wir sprechen von 1956/57) schrieb und komponierte. Da kann man gleich auf Frank Wedekind verweisen. Zudem haben die skuril-surrealistischen Lieder, die der rein makabren Phase folgten, nicht das geringste mit Lehrer zu tun. Und auch "Bidla-Buh" ist weit näher an "Please shoot Your Husband" als an Lehrer.

Sehr seltsam auch das Argument, Kreisler habe sich anfangs mit der deutschen Sprache schwergetan und deshalb Lehrer übersetzt/kopiert. Dann hätte ja seine eigenen englischen Lieder übersetzen können (außer "Goog old Ed"/"Der guate alte Franz" kenn ich aber keines).

Burkhard Ihme

#68
Zitat von: Anke am 17. August 2007, 02:33:41
Begonnen von Leitner | Beitrag von RIK - Ex-Mitglied
Gerhard Bronner schreibt in seinen Erinnerungen "Spiegel vorm Gesicht": 

ZitatAls die Platten aufgenommen waren, fragte uns der Produzent nach den Namen der Urheber der Nummern. Als Kreisler gefragt wurde, sagte er: "Text und Musik aller Lieder sind von mir!"

Ich sagte leise zu ihm: "Aber Schurli, das stimmt doch nicht, das Lied mit dem Taubenvergiften ist doch von Tom Lehrer."
Wenn die Geschichte stimmt, stellt sich aber doch die Frage, woher Gerhard Bronner "Poisoning pigeons" kannte. Schließlich gab es davon keine Tonträgeraufnahme, und in den USA war Bronner auch nicht.

Hans-Jürgen

Da soll man den kompletten Text zu diesem Thema hier aufschreiben, dann stellt sich nicht die Frage, woher Bronner dieses Lied kannte. Er kannte es von der Erzählung von Georg Kreisler. In diesem Buch von Bronner ist die angebliche Antwort Kreisler ebenfalls zitiert. Da ich nicht am Domizil bin, kann ich es nicht wortwörtlich wiedergeben. Dem Sinn nach soll Kreisler geantwortet haben: "Tom Lehrer ist weit von Europa entfernt. Wie soll er das erfahren und wenn, gebe ich ihm etwas den den Tantiemen ab." Georg Kreisler hat gegen die Passage in diesem Buch weder geklagt noch irgendwie eine Unterlassung der Behauptung gefordert. Die dritte Ehefrau von Georg Kreisler erwähnte zu diesem Thema in Radiointerview, es klauen doch alle Künstler, das bedeutet, sie wollte ausdrücken, natürlich auch der Georg Kreisler.

Burkhard Ihme

Ich halte es nach wie vor für wesentlich wahrscheinlich, daß Bronner da "Taubenvergiften" mit "Die Hand" verwechselt ("I hold your hand in mine" gab es schließlich auf Platte). Warum sollte Kreisler dem Bronner "Poisoning pigeons" vorsingen (von dem eh keiner weiß, wann es wirklich geschrieben wurde).


Außerdem gab es ja nicht den geringsten Grund, Lehrer als Urheber des Liedes anzugeben, denn er ist es nicht. Gleiches Thema, aber anderer Text und andere Melodie. Bei der wörtlichen Übersetzung von "I hold your hand in mine" ist das ein bißchen kniffliger.

Hans-Jürgen

Hallo Burkhard Ihme,
um Deine festgefahrene Meinung zu zementieren, eierst Du mit Aussagen und Geschehnissen, die nirgends stehen und niemand gesagt hat. Kennst Du den Text von Bronner? Nirgends steht, dass Kreisler dem Bronner "Poisoning pigeons" vorgesungen hat. Eine Verwechslung der Lieder ist ausgeschlossen,Es geht um die rechtliche Positionierung auf entsprechender Plattenveröffentlichung in Wien. Bei dem Gespräch mit dem Plattenverlag waren Kreisler und Bronner gemeinsam.Bei dieser Gelegenheit soll der kurze Dialog zwischen Bronner und Kreisler stattgefunden haben. Diese Behauptung von Bronner ist eindeutig und von allen Menschen dieser Welt nachzulesen.
Kreisler ist nicht juristisch dagegen vorgegangen. Er hat aber an anderer Stelle gesagt, er werde sich nie mehr mit Bronner unterhalten. Ist ebenfalls nachzulesen.
Von der Logik her ist er sehr naheliegend, dass Kreisler von Lehrer abgekupfert hat. Als Kreisler noch in Amerika weilte, konnte man Lehrer via Konzerte und Rundfunk hören. Kreislers Lieder erreichten den Rundfunk nicht, es gab keine Aufzeichnungen von ihm. Vor seiner Festanstellung in der Bar tingelte Kreisler durch die Provinz.
Durch das Lied von der Hand ist aber doch wohl eindeutig, dass Kreisler den Lehrer und seine Lieder kannte. Solche Zufälle kann es kaum geben und dazu fast wortwörtliche Übereinstimmung. Das ist nicht "ein bißchen kniffliger", wie Du schreibst, sondern jedes Gericht würde urteilen, geistiger Diebstahl.
"Das Mädchen mit den drei blauen Augen" soll es in Amerika als Lied gegeben haben, bevor es Kreisler vortrug. Nur Saubermann scheint mir der Georg Kreisler nicht gewesen sein, bei allem Respekt vor seiner gesamten künstlerischen Leistung, die unvergleich ist und große Bewunderung ist der Fachwelt erfährt.
Ich frage mich, wieso das Thema mit dem "Taubenvergiften" immer wieder aufgewärmt wird. Welchen Grund hast Du Burkhard, auf einen Beitrag von 2007!!!!! jetzt einzugehen und zu diesem uralten Text nun Stellung zu beziehen???? Kreisler ist tot, er wird nicht mehr antworten und wenn er nicht irgendwo im Testament ein Geständnis niedergeschrieben hat, wir der Vorgang mangels Beweise eingestellt. Natürlich kannst Du sagen, die Erzählungen in der Bibel sind noch viel älter und werden weiterhin unterschiedlich ausgelegt und am köcheln gehalten. Die Tauben dagegen sind tot und sollten ihren Frieden bekommen.
Die Schaffenszeit von Kreisler in der letzten Phase empfinde ich wesentlich interessanter und Kreisler wird seinen Grund gehabt haben, wenn er auf seine Lieder nicht mit besonderer Sympathie zurück blickte.

Ein freundlicher Gruß zum heißen Juni-Tag, die verbliebenen Tauben sitzen im schattigen Park und schlafen.



Burkhard Ihme

Zitat von: Hans-Jürgen am 19. Juni 2013, 15:24:39
Hallo Burkhard Ihme,
um Deine festgefahrene Meinung zu zementieren, eierst Du mit Aussagen und Geschehnissen, die nirgends stehen und niemand gesagt hat. Kennst Du den Text von Bronner? Nirgends steht, dass Kreisler dem Bronner "Poisoning pigeons" vorgesungen hat.
Ich kenn das Zitat hier aus dem Forum. Und da behauptet ja Bronner, er würde Lehrers Lied kennen (oder zumindest, daß "Taubenvergiften im Park" in Wahrheit von Lehrer ist – was juristisch Schwachsinn ist).
Auch du kommst hier wieder mit der bekannten Beweiskette, nach der Kreisler das Lied von Lehrer gehört haben könnte – wenn Lehrer das Lied schon geschrieben gehabt hätte, was nie belegt wurde. Auch Lehrer hat, soweit im Internet auffindbar, nie eine Jahreszahl genannt. Aber das trifft eben auf Bronner nicht zu. Woher bezieht er sein Wissen?

Zitat von: Hans-Jürgen am 19. Juni 2013, 15:24:39Eine Verwechslung der Lieder ist ausgeschlossen,Es geht um die rechtliche Positionierung auf entsprechender Plattenveröffentlichung in Wien. Bei dem Gespräch mit dem Plattenverlag waren Kreisler und Bronner gemeinsam.Bei dieser Gelegenheit soll der kurze Dialog zwischen Bronner und Kreisler stattgefunden haben. Diese Behauptung von Bronner ist eindeutig und von allen Menschen dieser Welt nachzulesen.
"Die Hand" und "Taubenvergiften" sind auf der selben Platte. Da kann also sehr wohl eine Verwechslung vorliegen. Zumal Bronner seine Erinnerungen 2004 veröffentlicht hat, also fast 50 Jahre später.

Zitat von: Hans-Jürgen am 19. Juni 2013, 15:24:39Kreisler ist nicht juristisch dagegen vorgegangen. Er hat aber an anderer Stelle gesagt, er werde sich nie mehr mit Bronner unterhalten. Ist ebenfalls nachzulesen.
Tom Lehrer ist auch nie juristisch gegen Kreisler vorgegangen. Sollen wir daraus auch etwas schließen? Zumal ja

Zitat von: Hans-Jürgen am 19. Juni 2013, 15:24:39jedes Gericht würde urteilen, geistiger Diebstahl.


Und Kreisler hat bei Erscheinen von Bronners Autobiographie schon 40 Jahre nicht mehr mit ihm gesprochen. Wer sucht sich denn hier die Argumente grad so zusammen, wie es ihm paßt?

Hans-Jürgen

Hallo Burkhard,
es ist schade, dass Du Dein Wissen auf Forumsbeiträge, die Dir in Dein Bild passen aufbaust und nicht die Originalliteratur zur Hand nimmst, dann würden Fragen und Behauptungen und Vermutungen von Dir eigentlich ausbleiben müssen. So lange Du nicht weißt, was Bronner geschrieben und zwar komplett, nicht nur in genehmen Auszügen, ist es nicht angebracht, ihn zu zitieren.
Dann wüsstest Du auch, woher Bronner sein Wissen bezieht.
Weshalb und wieso Du in den uralten Geschichten kramst, nach denen eigentlich keiner mehr fragt, hast Du nicht erklärt. Ist Dir langweilig?
Einen schönen Donnerstag für Dich und alle netten Menschen dieser Erde.
Im Park ist es immer noch angenehm und vielleicht füttere ich gleich die friedlichen Tauben.

Bastian

#74
Ich finde es schon interessant, mal zu überlegen, wie die Konstellation im Fall "Lehrer kopiert Kreisler" hätte gewesen sein müssen. Schon als Gegenprobe.

Der eindeutig(er)e Fall ist sicher vs. :

I Hold Your Hand In Mine
I hold your hand in mine, dear,
I press it to my lips.
I take a healthy bite
From your dainty fingertips.

Die Hand
Ich hab deine Hand in meiner Hand,
vertraut im Mondenschein,
und ich drück deine Hand and die Lippen,
und ich beiß auch oft hinein.

My joy would be complete, dear,
If you were only here,
But still I keep your hand
As a precious souvenir.

Ach das Leben wär so wunderbar,
wärst du wirklich hier mit mir.
Doch ich will deine Hand behalten,
als mein schönstes Souvenir.

The night you died I cut it off.
I really don't know why.
For now each time I kiss it
I get bloodstains on my tie.

Vor drei Wochen starbst du, erinnerst du dich,
du blicktest so schüchtern und stumm.
Da schnitt ich ganz sanft dir die Hand ab.
Ich weiß selbst nicht recht warum.

I'm sorry now I killed you,
For our love was something fine,
And till they come to get me
I shall hold your hand in mine.

Daß ich dich ermordet habe
tut mir heut beinahe leid.
Eines Tages wird man mich arrettieren,
internieren lange Zeit.
Bis dahin wollen wir hier bleiben,
wollen erneuer unser Band,
und uns freundlich die Zeit vertreiben,
zwei Verliebte Hand in Hand.


Bekommt man solche wortwörtlichen Ähnlichkeiten hin, ohne eine Aufnahme des anderen Werkes, oder zumindest den Text, vorliegen zu haben?

Dazu ein Punkt, über den ich bisher noch nirgends im Netz etwas gelesen habe: Selbst der Tonartwechsel ab "The night you died I cut it off...", bzw. "Vor drei Wochen starbst du..." ist analog. Nicht die gleiche Tonart, aber genau an dieser Stelle ist ein Wechsel.
(Natürlich ist klar, dass eine Bridge sich musikalisch absetzen muss. Und das muss man auch diesen beiden Liedern zugestehen; jedem für sich. Aber die Tonart müsste man nicht zwingend wechseln. Es wäre also, summa summarum, schon ein großer Zufall, wenn Inhalt und musikalische Umsetzung zufällig derart miteinander gleichziehen. Das geht, denke ich, kaum ohne eine haargenaue Kenntnis des anderen Liedes, ergo nicht ohne eine Aufnahme.)

Also stellt sich die Frage, wessen Aufnahme die Vorlage für die andere hätte gewesen sein können:
"I Hold Your Hand in Mine" erschien auf Tom Lehrers Debut-Album "Songs by Tom Lehrer" im Jahre 1953
Die erste mir bekannte Aufnahme von Kreislers "Die Hand" stammt von der "Vienna Midnight Cabaret" von 1957.

Wollte man Tom Lehrer des Plagiats überführen, müsste man demnach belegen, dass es eine ältere Aufnahme von Kreislers "Die Hand" gibt. Älter als 1953 - I think that's a hard one...

Sollte es eine solche nicht geben, halte ich es alles in allem für sehr unwahrscheinlich, dass Tom Lehrer (bei aller Hochachtung vor seinem außerordentlichen musikalischen Gespür) aus einem Gedankenprotokoll eines Live-Auftritts Georg Kreislers von vor 1953 eine sprachlich und musikalisch derart baugleiche Kopie hätte anfertigen können.

Über "Poisoning Pigeons" und "Taubenvergiften" wäre damit noch nicht entschieden. Aber wie wahrscheinlich wäre ein cross-copying?