Tom Lehrer vs. Georg Kreisler: Plagiate

Begonnen von Guntram, 12. August 2007, 23:29:11

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Anke

ZitatWarum ich das erzähle? Weil mir diese manische " wer hat jetzt vor hundertfünfzig Jahren von wem welchen Satz abgeschrieben"-Suche auch ein bissel so erscheint....
Liebe whoknows  :-* ,

da hast du aber ein ganzes Jahrhundert zu viel dazwischengelegt!  8-) Immerhin sind das noch unsere und zwar beide noch lebende Zeitgenossen. Ich habe damals sogar schon lesen und schreiben und auch hören können.  ;) Und die vergifteten Tauben sowie andere von Kreisler gesungene Kreisler-Lieder habe ich zum ersten Mal Anfang/Mitte der 60er Jahre bei uns zu Hause auf Schallplatte gehört und es waren für mich die besten und wichtigsten Lieder, die ich damals und bis heute gehört habe. Das ist für mich daher durchaus hautnah.

Wenn man z.B. eine ordentliche Mozart-Biographie (und vermutlich ziemlich jede anständige andere Musiker-Biographie) liest, da wird seiten- und kapitellang hin und her und kreuz und quer beleuchtet, wer welche Passage geschrieben hat, an welchem Ort das war, warum er sie geschrieben hat, was die erste Version war, welche Version gültig ist usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw. usw.  ....  :) Ich finde, das ist etwas völlig Normales, dass man neu- oder wissbegierig ist, und viele Wissenschaftler machen sogar ihr Lebenswerk daraus, promovieren und werden Professor, weil sie durch akribisches Herumforschen herausgefunden haben, dass Mozart die 3 Takte der Symphonie xy doch nicht in Salzburg, sondern in Wien geschrieben hat.  :D


Auch no offence.   :-*

Gruß,
Anke

whoknows

#26
Also - ich finde, das Lied ist gut - BEIDE Lieder sind gut. Nicht überragend, es gibt bessere, aber gut.
Und ich finde, die Person des Künstler sollte sowieso hinter das Kunstwerk zurücktreten, weil in den seltensten Fällen das eine mit dem anderen kongruent ist.
Und ich finde, durch zuviel herumrätseln entzaubert man die Dinge. Wem bringt es was, wenn man sowas weiss? Was tut es letztlich zur Sache? Wenn ich einen schönen Tisch zu hause habe, den ich liebe und der ein seltenes Stück ist, ist mir trotzdem wurscht, wer welches Bein gezimmert hat.

Und irgendwie finde ich diese Art des Herumfuzelns sehr deutsch.  :-* (Obwohl natürlich viele Leute sowas machen, Musikforscher aus aller Welt - klar. Aber trotzdem.)

Anke

Hallo whoknows,

das so zu empfinden, ist natürlich dein gutes Recht.  :)

Allerdings ist die korrekte Urheberschaft eines Kunstwerks, auch wenn es "nur" ein wertvoller Tisch ist, seit langem weltweit von Bedeutung.  ;) Ein bewusst oder unbewusst falsches Zertifikat z.B. für ein Bild z.B. kann extreme Folgen haben. Allein wegen falscher Urheberschafts-Zuschreibung sind schon viele im Gefängnis gelandet  8-) oder sind finanziell und manchmal auch emotional ruiniert worden.

Aber ich merke schon, dein Herz schlägt doch mehr links, auf der GK-Seite ...  ;)

whoknows

Ich bin da eigentlich eher  leidenschaftslos - ich fand auch diese Geschichte von Burkhardt (Lempken /Schramm blabla) ziemlich genauso. Wenn man dann seitenweise Zeugs lesen muss, um einzelne Sätze auseinander zu klamüsern - dann wird das für mich uninteressant. Wenn es mir um einen Künstler geht, dann um das Gesamtwerk. Bei einzelnen Stücken...das ist für den MARKT wie Du richtig schreibst, interessant - aber ich bin Rezipientin, und da isses mir einfach wurscht. Mir ist ja auch Wurscht, ob ich jetzt ein T-Shirt mit 1,2 oder 1,4mm dickem garn trage - aber am Markt macht das einen Unterschied. Oder so.

Alexander

Ich behaupte mal, 80 Prozent aller (guter) Kunst (ich glaub das ist nicht einmal zu hoch gegriffen) ist gut geklaut, von anderen oder von sich selbst. Zumindest Elemente von bereits Vorhandenem finden sich (fast) überall.
Wenn jemand bewußt klaut, wird er sich natürlich hüten, das hinauszuposaunen oder auch nur eine Diskussion anzustoßen bzw. diese zu forcieren.
Im kommerziellen Bereich regiert die Denke: Das gefällt mir, da mach ich selbst was draus - auf Moden aufspringen, Stile übernehmen, ein Lied kopieren bzw. so verfremden und einsetzen, dass man den Klau nicht gleich durchschaut.
Ich kann ad hoc nur drei Beispiele nennen vom als Komponist und Entertainer mir sehr vertrauten Udo Jürgens, dessen Gesamtwerk (wie bei Kreisler, aber ganz anders) für mich viel zu viele auch gute Werke beinhaltet, um ihn für mich damit abzuwerten, auch wenn das hier jetzt so explizit herausgestellt wird.
"Musik Musik" aus der LP "Udo heute" von 1974 ist ziemlich offensichtlich ein verstecktes Cover von "Damals" (K. Johnson/Hannes Wader).
"Die Schwalben fliegen hoch" (LP "Traumtänzer" 1983) erinnert allzu stark an "Die weißen Tauben sind müde" (Hans Hartz).
"Die Sonne und du" (auch aus "Traumtänzer") ist möglicherweise entstanden, nachdem Udo den "Sunshine Reggae" der Goombay Dance Band gehört hat.
Wahrscheinlich findet man bei ALLEN LiederschreiberInnen und -sängerInnen vieles, was man schon kennt.

PS (off topic): Natürlich ist Udo Jürgens ein kommerzieller Sänger, aber er hat auch wirklich anspruchsvolle Lieder, zum Beispiel die zwei, die er mit Gerhard Bronner zusammen geschrieben hat, "Hörst du" (1971) und "Ich träum davon" (1979). Bei solchen Textern ist auch der kompositorische Ehrgeiz enorm. Aus Anfang der 60er gibt es auch einige Lieder, für die Peter Wehle die Texte geschrieben hat.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

#30
Zitatdie Denke
:o Alexander!! *erstaun* Solche Worte bei Dir??  ;D

Ansonsten hast Du natürlich völlig Recht - und es wird immer schlimmer. In der Popmusik findest Du komplette Basslinien eins zu eins abgekupfert, die sehr typisch klingenden Pizz auf dem Off in der Quart gespielt vom "English Man in New York" habe ich schon x mal bei irgendwelchen Hiphopern gehört und der Sample-Wahnsinn hat auch extrem dazu beigetragen, dass immer weitere Strecken eines Liedes unter dem Feigenblatt "Sample" einfach benützt werden - um sich die Charts zu sichern: was einmal in den Charts war, kommt sicher wieder rein....

Burkhard Ihme

ZitatIch bin da eigentlich eher  leidenschaftslos - ich fand auch diese Geschichte von Burkhardt (Lempken /Schramm blabla) ziemlich genauso. Wenn man dann seitenweise Zeugs lesen muss, um einzelne Sätze auseinander zu klamüsern - dann wird das für mich uninteressant. Wenn es mir um einen Künstler geht, dann um das Gesamtwerk. Bei einzelnen Stücken...das ist für den MARKT wie Du richtig schreibst, interessant - aber ich bin Rezipientin, und da isses mir einfach wurscht. Mir ist ja auch Wurscht, ob ich jetzt ein T-Shirt mit 1,2 oder 1,4mm dickem garn trage - aber am Markt macht das einen Unterschied. Oder so.
Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß die Debatte "Wandlungen eines Volksliedes/Lempen/Schramm" sich über drei Jahre hinzog (der abgedruckte Text ist nur der Abschluß) und es die behandelten Volkslieder sowie die Gebrüder Lempken, Egonius Schramm, Baldur Müller-Blättle und Klarabella Schulte nie gegeben hat.

Anke

#32
ZitatAnsonsten hast Du natürlich völlig Recht - und es wird immer schlimmer. In der Popmusik findest Du komplette Basslinien eins zu eins abgekupfert

*Hüstel*  8-)

Erwischt, liebe whoknows!

Du bist da also keineswegs leidenschaftslos, sondern findest das Abkupfern eigentlich schlimm und schlimmer - stimmt's?  ;D

Natürlich sehe ich das auch so, dass zwischen Abkupfern und Aufgreifen und Sichinspirierenlassen fließende Übergänge bestehen und es wahrscheinlich manchen Künstler oft in den Fingern juckt, bestimmte inhaltliche oder musikalische Themen auch selber zu bearbeiten.

Wer weiß, vielleicht haben sich TL und GK mal heimlich darauf geeinigt, niemandem zu verraten, von wem die Ur-Idee stammt, und vielleicht haben sie parallel aus dieser Uridee jeweils ihr Lied gemacht und dann sogar noch miteinander abgeglichen und sich tierisch über die Nachwelt gefreut, die sich den Kopf darüber zerbrechen, aber es nie herausbekommen wird?  8-)

Oder vielleicht haben sie die Ur-Idee sogar zusammen in einer langen fröhlichen Nacht entwickelt??

Alles halte ich bei diesen beiden Schlitzohren für möglich.  :)



Dorian

#33
ZitatIch kann ad hoc nur drei Beispiele nennen vom als Komponist und Entertainer mir sehr vertrauten Udo Jürgens ...

Zu dem könnte ich dir noch mindestens drei weitere Beispiele nennen. (Textautor Michael Kunze):

"Paris, einfach so nur zum Spaß?" ist eine textliche Adaption des bekannten Songs "Do you like Pina Colada?" von Rupert Holmes

Der Text von "Du trinkst zu viel" ist "Seven drunken nights" von den Dubliners.

"Ein ehrenwertes Haus"  ist fast eine eins-zu-eins-Übernahme eines Country-Hits namens "Harper Valley PTA". Da hat er praktischerweise gleich die Melodie mit übernommen.

Selbstverständlich alles ohne den Originalautoren in irgendeiner Form credit zu zollen. Da sind Kreislers Tauben wirklich Peanuts gegen.


Alexander

Und "Unsichtbar" (1986) basiert auf "Absolute beginners" (David Bowie) ...

Danke Dorian, diese "Originale" höre ich mir alle gern mal an!

(Man sollte mal so einen Sampler zusammenstellen mit lauter solchen "versteckten Plagiaten" verschiedenster Künstler...)

Wäre doch ein ideales Thema gewesen für Bronners legendäre Radiosendung "Schlager für Fortgeschrittene"...
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

michael

ZitatBleibt noch die Frage, ob man überhaupt zwei Künstler, nur weil sie in einigen Dingen Ähnlichkeit haben, überhaupt wertend vergleichen muss, oder ob man nicht einfach die Arbeit der beiden geniessen sollte.

Kann mensch da noch mehr sagen?
Tom Lehrer habe ich jetzt über den youTube-Link zum ersten Mal gehört und gesehen und das PPP genossen. Und Wernher von Braun.....

Mögen die Musiktheoretiker noch 100 Jahre darüber fechten, das Vorkommnis -falls es überhaupt eins ist- ist jetzt über fuffzich Jahre alt (älter als ich!!).
Und TL kuckt in dem youTube Video fast genauso vorwurfsvoll, wie GK mich bei seiner Abschiedstour im Wuppertaler Rex angekuckt hat - obwohl ich ganz brav war..  ::) Ehrlich.

Geniessen wir!

michael

#36
ZitatVielleicht sollte ich noch erwähnen, daß die Debatte "Wandlungen eines Volksliedes/Lempen/Schramm" sich über drei Jahre hinzog (der abgedruckte Text ist nur der Abschluß) und es die behandelten Volkslieder sowie die Gebrüder Lempken, Egonius Schramm, Baldur Müller-Blättle und Klarabella Schulte nie gegeben hat.

Herrlich! Drei Jahre diskutieren Leute, die es nicht gibt, über Lieder, die es nicht gibt, in einer Zeitung, die es gibt(? ? ?).

Erinnert sich hier noch jemand an die WDR-Sendung "** von Lappen für Lappen"? (So Anfang der siebziger?)


whoknows

#37
Das geht noch besser: Es gibt ein Buch, das Necronomicon - das heisst, es gibt dieses Buch NICHT - aber es wird seit bald schon Jahrhunderten immer wieder zitiert von namhaften Autoren. Zuletzt - meines Wissens - im "Foucault'schen Pendel" von Eco, aber Borges hat es auch zitiert und ich weiss nicht wer noch alles. Wobei es sich hier allerdings um ein bewusstes Spiel handelt (es kommt so en passent vor, wie selbstverständlich "schon im Necronomicon stand etliches zu dem Thema", und gleich wieder weg. Ziemlich witzig, wenn man das weiss, und dann plötzlich wieder wo entdeckt, denn es ist so ne Art "Insiderwitz" unter gebildeten Autoren. Ich bin sicher solche Art interne Spielchen gibt es genug.  zB ist es in Österreich - soweit ich weiss nur in der Germanistik, aber sicher bin ich nicht -  fast schon Sport, dass angehende Doktoren in ihre Doktorarbeit ein (ein!) getürktes Zitat hineinschummeln. Und es gibt sicherlich Tonnen an erfundenen Musiker-Genies, Lyrikern und so - jedenfalls gibts schon etliche allein in meinem Bekanntenkreis, die richtig einen Lebenslauf haben und so und immer wieder vorkommen.

Im Übrigen fühle ich mich nicht rasend "erwischt" wenn es die Herren Lempen etc nicht gibt - denn erstens habe ich den Text nur überflogen - eben weil er nicht meine Abteilung ist - und zweitens ändert das nichts an dem, was ich damit sagen wollte, da ist es belanglos, ob das eine Tatsachenbeschreibung war oder nicht. :-*

Weisst Du, Anke, ich finde es schlimm, wenn man sich so leicht Kohle erschwindelt, in dem man einfach etwas abkupfert, von dem man weiss, dass es funktionieren wird - zumal, wenn es sich um "Künstler" handelt, die ansonsten einfach kein Bein auf den Boden kriegen würden, notabene! - einfach nur WEIL man Kohle machen will, und einem selber nix einfällt - sowas ärgert micht tatsächlich, weil es genügend Menschen gibt, die gute Ideen haben, und nicht zum Zug kommen, vor allem, weil die Industrie derartige Piraterie auch noch fördert. Da kann ich mich tatsächlich aufregen. Aber:  Das war bei PPP (oder TV) nicht so. Wenn aber jemand, der grossartige Werke schafft, unter all diesen Werken auch welche hat, die abgekupfert sind, und er/sie ansonsten untadelig Eigenes hat, und das auch noch richtig gut - dann kann ich mich mal kurz interessieren: hä? nicht von ihm, wirklich? - und dann gehe ich zur Tagesordnung über. DAS wollte ich damit sagen: da finde ich es eben müssig, da ewig lange nachzuforschen und bla. Das sollen die machen, die tatsächlich Tantiemen dadurch verlieren oder Ruhm oder wasweissich - aber mir reicht das restliche Oevre, um mich zu begeistern - zumal eben wie gesagt weder PPP noch Tv jetzt SOOOO grossartige Lieder sind. Sie sind nett - und bei beiden Künstlern nicht das Wesentliche Werk.

Burkhard Ihme

#38
Zitat
Herrlich! Drei Jahre diskutieren Leute, die es nicht gibt, über Lieder, die es nicht gibt, in einer Zeitung, die es gibt(? ? ?).
Das MUSIKBLATT gab es (ist quasi im FOLKER mitaufgegangen). Ab und zu haben sich auch ein paar "echte Leser" eingemischt. Immerhin verdanken wir der Debatte ein paar unsterbliche Zeilen aus dem Verse-Epos "Glycion und Trasimachos".
Und ich hab das nur zitiert, um zu zeigen, wie leicht man Leute des Plagiats beschuldigen kann.
Bei "Taubenvergiften" war das ja auch ganz einfach. Keiner hat nachgeforscht, welches Lied wirklich älter ist, sondern Tom Lehrer wurde in einem Interview mitgeteilt, daß es da einen Plagiator (Kreisler) gebe, und gefragt, was er (Lehrer) davon hielte.

Anke

#39
ZitatDas geht noch besser: Es gibt ein Buch, das Necronomicon - das heisst, es gibt dieses Buch NICHT - aber es wird seit bald schon Jahrhunderten immer wieder zitiert von namhaften Autoren. Zuletzt - meines Wissens - im "Foucault'schen Pendel" von Eco, aber Borges hat es auch zitiert und ich weiss nicht wer noch alles. Wobei es sich hier allerdings um ein bewusstes Spiel handelt (es kommt so en passent vor, wie selbstverständlich "schon im Necronomicon stand etliches zu dem Thema", und gleich wieder weg. Ziemlich witzig, wenn man das weiss, und dann plötzlich wieder wo entdeckt, denn es ist so ne Art "Insiderwitz" unter gebildeten Autoren. Ich bin sicher solche Art interne Spielchen gibt es genug.  zB ist es in Österreich - soweit ich weiss nur in der Germanistik, aber sicher bin ich nicht -  fast schon Sport, dass angehende Doktoren in ihre Doktorarbeit ein (ein!) getürktes Zitat hineinschummeln.
Das wusste ich bisher nicht, aber finde es zum Kugeln komisch.  ;D

ZitatWeisst Du, Anke, ich finde es schlimm, wenn man sich so leicht Kohle erschwindelt, in dem man einfach etwas abkupfert, von dem man weiss, dass es funktionieren wird - zumal, wenn es sich um "Künstler" handelt, die ansonsten einfach kein Bein auf den Boden kriegen würden, notabene! - einfach nur WEIL man Kohle machen will, und einem selber nix einfällt - sowas ärgert micht tatsächlich, weil es genügend Menschen gibt, die gute Ideen haben, und nicht zum Zug kommen, vor allem, weil die Industrie derartige Piraterie auch noch fördert. Da kann ich mich tatsächlich aufregen. Aber:  Das war bei PPP (oder TV) nicht so. Wenn aber jemand, der grossartige Werke schafft, unter all diesen Werken auch welche hat, die abgekupfert sind, und er/sie ansonsten untadelig Eigenes hat, und das auch noch richtig gut - dann kann ich mich mal kurz interessieren: hä? nicht von ihm, wirklich? - und dann gehe ich zur Tagesordnung über. DAS wollte ich damit sagen: da finde ich es eben müssig, da ewig lange nachzuforschen und bla. Das sollen die machen, die tatsächlich Tantiemen dadurch verlieren oder Ruhm oder wasweissich - aber mir reicht das restliche Oevre, um mich zu begeistern - zumal eben wie gesagt weder PPP noch Tv jetzt SOOOO grossartige Lieder sind. Sie sind nett - und bei beiden Künstlern nicht das Wesentliche Werk.
Letzteres ist sicherlich objektiv so, aber bezüglich Bekanntheitsgrad ist zumindest Tv doch sicher das - wohl unfreiwillige - Markenzeichen von GK.  8-)

Ich verstehe durchaus, was du meinst, whoknows.  :-)  Nur sehe ich zumindest für mich diese Detektivarbeit an der Frage, wer die Henne und wer das Ei war, nicht als einen Versuch an, einen der beiden anschließend als Künstler herabzuwerten oder gar zu disqualifizieren.
Genauso wie viele Menschen gerne schwierige Rätsel in Zeitschriften lösen oder bei jeder Gelegenheit Sudokus lösen, obwohl das eine wirklich total "sinn-lose" Tätigkeit ist, außer, dass sie die grauen Zellen ankurbelt und diverse positive Stress- und Glückshormonausschüttungen provoziert, genau so macht es mir - und vermutlich manchem anderen - Spaß, dieser GK-TL Sache näher auf die Spur zu kommen: Sport, Spiel, Spannung.  :D Spiele sind ja grundsätzlich müßig. Dennoch oder sogar gerade deswegen sind sie reizvoll, nicht wahr. Es spielt nur nicht jeder gerne die gleichen Spiele. Die einen mögen Schach, die anderen Halma oder Tennis, manche sogar Fußball.   8-) (Ich mag Halma - bloß hab ich schon seit Jahrzehnten niemanden gefunden, der das mit mir spielt!  :'( )

whoknows

#40
Ah - das kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen - auf den Gedanken bin ich  noch garnicht gekommen, dass das sowas sein kann. Vermutlich, weil ich selbst abersowasvonnicht Aficionada von derartigen Knobelspielen bin. Sehr erhellend! Danke! :-*


Und re "Markenzeichen" - das stimmt. Vielleicht ist er ja deshalb so stinkig auf die Welt?  ;D

mrh400

#41
Hallo,

auf der Suche nach einer Youtube-Fasung des Hunting song bin ich auf dieses Forum gestoßen und stelle etwas amüsiert fest, daß diese Plagiat-Diskussion immer noch "lebt".

Ich kann dazu aus meiner Erinnerung meinen Englischlehrer zitieren, der uns in den 60er-Jahren mit Tom Lehrer-Platten traktierte (mit zunehmendem Alter soll ja das Langzeitgedächtnis besser werden ;) ) - also Zweithandwissen zum Besten geben. Er habe GK bei einem Auftritt in der Münchener Lach und Schieß (das waren meist keine einseitigen Performances, sondern die Künstler haben häufig Publikumsbeteiligung gefordert) mit der Frage nach dem "Vorbild" TL konfrontiert und GK habe freimütig zugegeben, PPP als Grundlage für die Tauben verwendet zu haben. Das muß etwa 1966 gewesen sein. Ich habe keine Ahnung, ob und wo der gute Mann noch lebt, so daß ich das nicht mehr verifizieren kann. Es klingt jedenfalls ganz anders als die (deutlich späteren) Äußeungen von Kreisler.

ZitatIst denn eigentlich bekannt, ob die beiden sich persönlich kannten?

ZitatBeide behaupten ja auch, den anderen nicht zu kennen (was bei Kreisler Übersetzung von Lehrers "While I Hold Your Hand" nicht so wahrscheinlich ist. Die Platte hat er offensichtlich gehört).

Dafür, daß Lehrer und Kreisler sich kannten, habe ich natürlich auch keinen Beweis - aber ich habe keinen Zweifel daran. Lehrer trat 1953 und 1954 im Blue Angel in New Yotk City auf (Quelle: http://dmdb.org/lehrer/concert.html). Die damalige Adresse war 152 E 55th (die heute bei Google zu findende gleichnamige Etablissement hat eine völlig andere Adresse, das "Original ist 1975 abgebrannt). Georg Kreisler trat von 1951 - 1955 in der Monkey Bar auf (Quelle: http://www.enzyklopädie.de/Georg_Kreisler.html). Adresse seit 1936 60 E 54th, Mit Google Mpas kann man feststellen, daß das gerade mal zwei Blocks auseinander liegt. Ich halte es für schlechthin ausgeschlossen, daß man sich in dieser doch relativ ausgefallenen Musikszene auf so engem Raum nicht kannte

Was mich am meisten irritiert: Tom Lehrer "bedankt" sich sarkastisch für die Verbreitung "seiner" Musik durch Georg Kreisler - das hat kabarettistischen Stil. Georg Kreisler kämpft einen geradezu verbitterten Feldzug gegen die Plagiatvorwürfe - imho wenig souverän und könnte auf Betroffenheit schließen lassen.

Lösen werden wir das aber wohl nie.

Franz08

Hallo "mrh400",

ein mehr als interessanter Beitrag, herzlichen Dank!

Ich wundere mich auch schon lange, warum die beiden sich partout nicht kennen wollen. Kreisler ist mit dieser Art "skurriler Lieder" seit den späten Vierzigerjahre in New York aufgetreten und ich vermute stark, dass Tom Lehrer diese Lieder kannte und gerade in seiner Anfangszeit von Kreisler inspiriert war. Es ist auch evident, dass Kreisler einige seiner späteren Hits (z.B. "den guaten alten Franz") zuerst auf Englisch ("Good old Ed") schrieb und erst viel später auf Deutsch übersetzte oder vielmehr: adaptierte.

Ich will jetzt gar nicht damit beginnen, dass Kreisler seinem um sechs Jahre jüngeren Kollegen "I Hold Your Hand In Mine" geschrieben hat und auch dieses Lied später für sich ins Deutsche adaptierte. All diese Geschichten kann uns nur mehr einer erzählen, der bisher dazu geschwiegen hat: Tom Lehrer...
Match as much as you can!

Anke

#43
Ja, wirklich ein sehr interessanter Beitrag, mrh400 (bist du schon 400 Jahre alt?  :o)!

Sehe ich genauso wie du, dass die beiden mit Sicherheit zumindest von ihrer parallelen Existenz wussten, aber allerallerhöchstwahrscheinlich zumindest mal gegenseitig ihren Aufführungen gelauscht haben, und wenn es nur hinterm Vorhang oder durchs Fenster gewesen sein sollte.  8-) So viel Konkurrenzbeobachtung wird schon gewesen sein.

Und vielleicht/vermutlich haben sie sich doch 1x oder mehrmals unterhalten. Wie gesagt, 2 deutschstämmige junge Juden in gleicher Profession und enger Nachbarschaft - das führt zusammen. Wahrscheinlich haben die beiden sich dann irgendwann wegen irgendwas über einander geärgert und das war's dann.  ;)

Guntram

Wie kommst du darauf das TL deutschstämmiger Jude ist? Er ist am 9 April 1928 in New York geboren. Im Netz gibt es nicht den geringsten Hinweis auf sein Religionszugehörigkeit. Ich vermute das er eher kein Jude ist. Verwechselts du ihn mit Bronner? Aber er war in der Zeit nicht in den USA.

Und GK ist in Wien geboren, also Österreicher. Deutschsprachig ja, deutschstämmig nein. Wir wollen doch nicht wie Österreich ihn jetzt für uns vereinnahmen (Stop - die warten bis er tot ist). Was er sich von Österreich verboten hat. Da sollten wir so höflich sein, es nicht selbst zu tun. GK ist wenn überhaupt Wiener, er ist amerikanischr Staatsbürger und eigentlich ist Kreisler nur Kreisler, so wie er zwischen Österreich deutschland und der Schweiz hin und her wechselt.  ;)
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

whoknows

#45
Er ist Jude, das ist unstrittig. Und mit dem Nachnamen Lehrer liegt es nahe, seine Vorfahren im deutschsprachigen Raum zu vermuten, zudem spricht er - zwar bei weitem nicht fliessend, aber doch, deutsch.
In Amerika ist das garnicht unüblich, NICHT auf die Herkunft eines Menschen einzugehen - deswegen integrieren die auch leichter und besser als wir, denen "schon mal ne Ausländerfeindliche Bemerkung rausrutschen kann" ;)
Aber Lehrer hat auch jiddische Lieder geschrieben, was für Nichtjuden eher unüblich ist. 8-) Und ich gehe eigentlich davon aus, dass seine Eltern oder Grosseltern aus dem deutschsprachigen Raum (evtl auch Altösterreich?) eingewandert sind. Auch die Geschichte von Alma Mahler Werfel lernt man in den Staaten nicht in der Schule (auch hier nicht), das muss er also vom Elternhaus haben.

Guntram

#46
Danke wieder was gelernt.   ::)

Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Anke

ZitatAber Lehrer hat auch jiddische Lieder geschrieben
Echt?

Kann man die irgendwo/irgendwie hören? Gibt's davon Aufnahmen oder Texte?

whoknows


I'm spending channukka in Santa Monica
wearing sandals, lighting candles by the sea
I spent Shavues  (Jiddish for Shavuot) in East St Louis
a charming spot but clearly not the spot for me
those eastern winters, I can't endure 'em
so every year I pack my gear and go away till purim
Rosh ha Shona I spend in Arizona
and Yom Kippur way down in Mississipuh
but in December, there's just one place for me
Mid the California flora I'll be lighting my menorah
like a baby in it's cradle i'll be playing with my dreidel
here's to Judas Maccabeus, oh if he could only see us
spending Channukka in Santa Monica by the sea



Anke

#49
Oh, danke, whoknows, das ist lieb von dir!  :)

(Hoffentlich greift gegenüber einem Amerikaner die Abmahnwut nicht - s.u. a. hier http://www.georgkreisler.net/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?num=1112559997 , ist noch nicht vorbei -, sonst wäre es wohl riskant.  Oder falls TL damit mal GK eins auswischen wollte.  :-? Was ich ihm aber eigentlich nicht zutraue. Ich hab mich echt auf den ersten Blick (in youtube  8-)) in den Typ verguckt, muss ich gestehen. Schade, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann.  ::))

Du meintest dieses Lied wohl als Beleg seines offenbar sogar einigermaßen aktiven Judentums, oder?
Jiddisch ist dieses Lied ja nicht. Würde mich sehr interessieren, ob er wirklich ein jiddisches Lied schreiben konnte. Das würde doch ziemlich gute "ausländische" Kenntnisse erfordern - die müsste er dann noch von seinen Eltern oder vielleicht sogar Großeltern mitbekommen haben.

Ich finde das Jiddisch köstlich. Wenn man deutsch, slawisch und möglichst noch etwas kann, dann versteht man es ziemlich gut, zumindest steigt man im großen und ganzen durch, was es bedeuten soll. Ist wie Esperanto, nur viel schöner.  :)