Antisemitische Karikaturen

Begonnen von Bastian, 22. August 2012, 00:01:17

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Bastian

Ein Suchbild: Finde die Unterschiede!

Heinz-Christian Strache stellte am Samstag eine Karikatur auf seine Facebook-Seite. Dazu schrieb er: "So sieht die Umverteilung von Rot-Schwarz mit ihren grünen Helferleins in Wahrheit aus! Sie verteilen unser hart erarbeitetes und erwirtschaftetes österreichisches Steuergeld in Richtung der EU-Bankspekulanten mittels ESM-Diktat und Österreich-Verrat!"

Hier das Bild:
http://lindwurm.files.wordpress.com/2012/08/stracheantisemitismus.jpg

Tags drauf, nachdem die ersten kritischen Stimmen laut geworden waren, versuchte er sich im Verwischen. Er hielt es für angebracht und schlau, zur Entlastung noch eine andere "Version" zu posten- diesmal das Original- und schrieb dazu:
"Ich habe von dem Cartoon noch zwei Versionen gefunden, eine mit italienischer Sprache auf einer Seite der SPD, eine auf englisch. Antisemitisch ist keiner für mich."

Hier das besagte Original von Jude Potvin:

© Jude Potvin http://michaeljournal.org/juvdm/caricatures.html

Nunja, wenn Strache selbst sagt, dass er es nicht erkennt: Auf welchem Auge muss man wohl blind sein, um die Unterschiede der oberen Strache-Variante zum Original nicht zu sehen?

Grüße
Bastian

[Edit: Überschrift allgemeiner gefasst.
bas]

h-j-urmel

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Nur ein böser (oder böse denkender) Mensch wird daran etwas Anstößiges finden.  Es gibt laut Stadtrat Lasar "Zum Glück keine rassistischen Denkweisen bei der FPÖ!"
Was ist an sternförmigen Brillanten auszusetzen?

Heiko

#2
Na  sowas! Antisemiten in der FPÖ kommen in etwa so überraschend wie Sozialdarwinisten in der FDP, Rassisten bei der Polizei bzw. Polizisten im Ku-Klux-Klan oder die rechtsextreme Unterwanderung des Verfassungsschutzes, - stop, das war umgekehrt, oder? Egal, kommt eh aufs gleiche raus.

Tiefere Nasenanalysen mal unbeachtend: was genau hindert people oder Volk in der Karikatur eigentlich daran sich was vom Kuchen zu nehmen?

Seyfried hat mal ne ähnliche, ebenfalls dreipersonige, dabei aber gleichnasige Kritik gezeichnet, die noch stärker Gewalt und Privilegien als Unterdrücksinstrument in den Blick nimmt.

http://gerhardseyfried.de/das-system-der-ausbeutung/
"I would prefer not to."

h-j-urmel

Hallo Heiko!
Das ist es, was mir an Deinen Beträgen gefällt, was ich an Dir schätze. Kein Hauch von Ironie, sachlich und tadellos.
Der Vergleich der beiden Bilder hinkt allerdings, was das Gefahrenpotential betrifft. Niemals würde ich mich als Pilot oder Passagier in dieses Flugzeug setzen. Was passiert, wenn die Person am Propeller einen Schwächeanfall oder mehr erleidet? (Nebenbei ein Grund, weshalb ich nie in ein Flugzeug einsteigen würde, das nur einen Motor hat.) -
Wenn dagegen am Tisch der etwas hagere Mann vom Stuhl kippen sollte, was nicht ganz von der Hand zu weisen ist, hat der gewichtige Herr auf der linken Seite keinen direkten Nachteil  und der Kellner ebenso.
Herzliche Grüße,
h-j-urmel
PS.
In "The Intelligence" ist zu lesen:
"Herr Strache hat nicht nur eine unpassende Form der Nase gewählt, er hat nicht bloß aus Missgeschick die Form von Diamanten sechszackig erscheinen lassen, er hat provoziert, dass fachliche und seriöse Analysen des Bankenwesen falsch ausgelegt werden könnten. Und damit hat er gewiss mehr Schaden angerichtet, als er sich vermutlich bewusst ist"

Heiko

#4
Hallo Urmel,
vielen Dank, doch zu viel des Lobes, zumal ich die Themen ja meist nur schramme.

Was das Flugzeug betrifft, hast du/ haben wir gar keine Wahl. Wir sitzen ungefragt mit drin. Zunächst müsste gelandet oder abgestürzt werden, um zu entscheiden, ob man erneut einsteigen würde.

Bei der Wir-sitzen-am-selben-Tisch-Karikatur gibt es bei der linkssitzenden Person neben der Veränderung von Nase und Knöpfen auch noch eine der Augen. Während bei dem Original es aussieht, als gäbe es keine Pupille, wurde sie bei Straches Version eingefügt.
Was auf den ersten Blick relativ bedeutungslos scheint, wirkt bei näherer Betrachtung ziemlich perfide. Denn: im Original ist der Banker ganz auf sich und nur auf seinen gierigen Konsum konzentriert, der quasi zum Selbstzweck wird. Durch die Veränderung aber beobachtet er nun sein hungriges Gegenüber. Nicht mehr nur das Schlingen alleine, sondern das Leiden des Anderen verschafft ihnen einen zusätzlichen, einen sadistischen Lustgewinn.

Grüße Heiko
"I would prefer not to."

Burkhard Ihme

Wegen dieser Zeichnung hat Sandra Kreisler einen Protestbrief an die STUTTGARTER ZEITUNG geschrieben.

h-j-urmel

Um diese Karikatur entfacht sich ein bitterböses, giftiger Wortgefecht. Die wenigen Personen , die für die Karikatur Stellung beziehen und diese Karikatur nicht mit Antisemitismus in Verbindung bringen, werden bitterböse niedergemacht. Sandra Kreisler bezeichnet die Verantwortlichen von der Stuttgarter Zeitung als "Arschlöcher". Georg Kreisler berichtet, Sandra habe ihn öffentlich ebenfalls als "Arschloch" beschimpft. Wenn sich Sandra Kreisler über die Karikaturen aufregt, ist das ihr gutes Recht. Ich meine, Sandra hat allerdings nicht die Befugnis, sich bei ihrer Empörung auf Georg Kreisler und seinen Ansichten zu beziehen. Auch nicht, sich zu beschweren, man tanze auf dem Grabe Ihres Vaters rum. Sie sollte überlegen, weshalb Georg Kreisler angeordnet hatte, dass seine Tochter nicht bei seiner Beerdigung dabei sein darf.
Georg Kreisler sagte dem Magazin "Zeit" zum Thema Israel übrigens, er finde der Staat Israel sei keine gute Idee. Da er aber nun mal da ist, muss man ihn auch verteidigen. Er sagte, die Juden haben jahrtausendelang inmitten anderer Völker gelebt. Was brauchen sie jetzt unbedingt ein eigenes Land?  Man muss den Antisemitismus bekämpfen, einen Staat zu gründen hielf den Juden wenig.
Alleine die Art und Weise, wie die Diskusion jetzt über diese Karikatur geführt wird, lässt wenig Raum für Hoffnung auf eine baldige, friedliche Lösung.
Und zur Karikatur bin ich der Ansicht, die Siedlungsbauten sind alsolutes Gift für Friedensverhandlungen und um Verhandlungen für den ersehnten Freiden geht es ja mal wieder ganz aktuell.



h-j-urmel

Der Link im Textfeld von Burkhard führt nicht mehr direkt zur Karikatur. Bis zur Seite der Karikatur mit den entsprechenden Kommentaren, ist ein weiter Weg. Das Ganze führt bis zu facebook, siehe den Link unten:

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151620396818261&set=a.10150271410438261.336536.129349103260&type=3&theater

Anke

Zitat von: h-j-urmel am 06. August 2013, 21:54:13
Der Link im Textfeld von Burkhard führt nicht mehr direkt zur Karikatur. Bis zur Seite der Karikatur mit den entsprechenden Kommentaren, ist ein weiter Weg. Das Ganze führt bis zu facebook, siehe den Link unten:

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=10151620396818261&set=a.10150271410438261.336536.129349103260&type=3&theater
Ja, danke für den neuen Link. Ich habe mir schon den Kopf zerbrochen, was die andere zu sehende Zeichnung überhaupt mit Israel zu tun haben sollte.  :)

Aber, mein Kommentar zu der hitzigen Debatte, v.a. in Facebook:

1) Mein Eindruck ist, dass der Zeichner G.Kreisler da nur aufgeführt hat, damit dem Urheberrecht Genüge getan wird und damit die unbedarfteren Leser erfahren, dass es sich bei den zu vergiftenden Tauben um ein Lied handelt. Bei weitem nicht jeder Leser kennt dieses Lied, auch wenn das den Usern dieses Forums sowie den Sympathisanten von Juden im allgemeinen und Kreisler im besonderen nicht real erscheint.  8)

2) Man sollte nicht übersehen, dass es Kreisler selbst war, der diese Vergiftungsthematik aufgebracht hat. Dann müsste man IHM die Bedienung der alten Klischees und Antisemitismus vorwerfen.  ::)   Deswegen kann ich da nur sehr wenig bis keine antisemitische Schuld beim Karikaturisten sehen.

3) Der Mann vergiftet doch ganz offensichtlich BROT und keine Brunnen. So vergiftet man nunmal Tauben (sofern man es tut), mit Brotstückchen. Ich finde, man sollte nicht bei jeder nur irgendwie denkbaren Assoziation gleich Antisemitismus unterstellen und sich fürchterlich darüber aufregen. M.E. schürt man damit selbigen anstatt ihn zu bekämpfen.

Und Ausdrücke wie "Arschlöcher", "Miststück" u.ä. - sorry, aber die gehören m.E. nicht in Briefe, erst recht nicht in die Öffentlichkeit, und wer so "argumentiert", tut der Sache, für die er oder sie kämpft, m.E. absolut keinen Gefallen.

Auch wenn ich dafür jetzt hier verstoßen werden sollte.  :-\

Clas

Moin, moin,

warum darf Sandra sich nicht auf ihren Vater beziehen? Nur weil sie verkracht waren? Ich finde: sie darf das.

-

Und wenn es so eine Anordnung gab, musste sie sich vielleicht danach richten, aber ob sie über das warum nachdenken möchte oder sollte oder nicht, ist doch in diesem Zusammenhang völlig irrelevant. Und überdies ihre Sache. Auch wann sie das womöglich täte, geht uns nichts an. Hier geht es um einen Textbezug und um eine Vereinnahmung, von ich mir auch nicht vorstellen kann, dass das in seinem Sinne gewesen wäre...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Zitat von: h-j-urmel am 06. August 2013, 20:51:45Georg Kreisler berichtet, Sandra habe ihn öffentlich ebenfalls als "Arschloch" beschimpft. Wenn sich Sandra Kreisler über die Karikaturen aufregt, ist das ihr gutes Recht. Ich meine, Sandra hat allerdings nicht die Befugnis, sich bei ihrer Empörung auf Georg Kreisler und seinen Ansichten zu beziehen. Auch nicht, sich zu beschweren, man tanze auf dem Grabe Ihres Vaters rum. Sie sollte überlegen, weshalb Georg Kreisler angeordnet hatte, dass seine Tochter nicht bei seiner Beerdigung dabei sein darf.
Ob Kreisler in dieser Angelegemheit ein verläßlicher Zeuge ist? Er hat schließlich den Kontakt zu ALLEN seinen Kindern abgebrochen. Und auch wenn mir Sandra mit ihren ständigen Antisemitusmus-Belegen auf den Zeiger geht, in der Darstellung des kreislerschen Familiendramas (hier im Forum) glaube ich ihr und nicht ihrem Vater.

Clas

Moin Anke,

mir liegt das fäkalische auch nicht so, aber das Wort Arschloch gehört für mein Gefühl nicht zu den unverzeihlichen Flüchen...

Das Taubenvergiften bezieht sich aber bei Kreisler genau nicht auf Friedenstauben, schon gar nicht im Nahen Osten. Und ich denke nicht, dass es irgendwie zu den Nichtarischen Liedern gehört.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Anke

Zitat von: Clas am 07. August 2013, 03:00:51
Moin Anke,

mir liegt das fäkalische auch nicht so, aber das Wort Arschloch gehört für mein Gefühl nicht zu den unverzeihlichen Flüchen...
Es ist ja auch kein "Fluch", sondern eine "Beleidigung", und die kann sogar strafrechtlich verfolgt werden.
http://www.strafverteidiger-berlin.info/strafrecht/beleidigung/

Gerade wenn man sich über echte oder vermeintliche Beleidigungen aufregt, sollte man selber nicht mit ebensolchen werfen.  :o

ZitatDas Taubenvergiften bezieht sich aber bei Kreisler genau nicht auf Friedenstauben, schon gar nicht im Nahen Osten. Und ich denke nicht, dass es irgendwie zu den Nichtarischen Liedern gehört.
Also nach meinem arglosen Verständnis bezieht es sich auf Tauben im Park. Nicht mehr und nicht weniger. Und dabei singt er hingebungsvoll vom "Vergiften".

Wenn das Wort "vergiften" wirklich dermaßen absolut antisemitisch befrachtet wäre, hätte GK es wohl kaum für ein Lied verwendet.

Abgesehen davon ist der amerikanische Tom-Lehrer-Text ja fast identisch und der "vergiftet" ebenfalls. Tom Lehrer unterstellt aber doch wohl niemand Antisemitismus, oder?  ;)

Ich finde, man kann sich auch künstlich-klischeehaft aufregen. Eine sachliche Klarstellung der Haltung GKs zu dem Nahost-Thema wäre m.E. besser gewesen.

Burkhard Ihme

Wäre ja lustig gewesen, wenn Luff sich auf Lehrer bezogen hätte. Wie dann wohl die Diskussion ausgefallen wäre?

Clas

Moin, moin,

"vergiften" ist natürlich nirgendswo und nirgendswie absolut antisemitisch befrachtet. Positiv besetzt ist es aber auch nicht...

Und Kreisler singt von Tauben im Park. Ironisch ins Makabre gebrochen? Provokant mit süßlichen Schlagerhaftigkeiten und der unverbindlichen Tierliebe spielend? Tretend im Walzertakt mit den Füßen auf die Gefühle der Leut, die sie normalerweise bei solchen Schlagerhaftigkeiten und Frühlingswalzeritäten entwickeln? Der Leut, die sich also empören, und doch, vielleicht nicht jeder einzelne, aber insgeamt banal mit böse waren und es nun nicht gewesen sein wollten und Anspruch auf Unterhaltung , harmlose, heitere Unterhaltung erhoben? Und im banalen Ernst des Lebens schon wieder...? Oder, damals, immer noch...?

Vergleiche "Der Schlager".

Die Karikatur ginge an, wenn da eben nicht nur Herr Netanjahu dargestellt wäre, sondern, auf zwei anderen Bänken, mindestens noch Herr Abbas und jemand von der Hisbollah, die sich auf ihre Weise mindestens ebenso deutlich  um das Nichtzustandekommen eines Friedens bemühen... So aber wird sie dem Wirkungsgefüge dort nicht ansatzweise gerecht.  Ob man dann den Rekurs auf Kreisler hätte machen können und dürfen? Von Deutschland aus, mit letztem Bleistiftstummel, sozusagen? Ich weiß das nicht. Ich zweifle aber.

-

Natürlich ist Arschloch klagbar; andererseits gibt es wenig Möglichkeiten, den Kern der Ansage besser zu betätigen. Leute, die ihre Zeit mit Beleidigungprozessen vertun... Man kann auch so reagieren: , nur als Beispiel. Oder freundlich lächelnd: "Angenehm! Sehr erfreut! Lehmann, mein Name!"

Soll heißen: klagen, gegen  das eine, wie das andere, vertut viel Zeit und bringt nicht furchtbar viel, fürchte und vermute ich.

Gruß Clas



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h-j-urmel

Die Karikatur ist, wie bei Tageszeitungen üblich, den aktuellen politischen Aktivitäten angepasst. Wenige Tage nach dem Beginn der Friedensgespräche beschloss das Kabinett in Jerusalem eine Ausweitung der Subventionen für israelische Siedlungen im Westjordanland. Dass durch diese Maßnahme Gespräche über eine Friedenslösung drastisch negativ belastet werden, muss man niemanden erklären. Das kann auch beschrieben werden mit vergiften der Gesprächsatmosphäre. Bei Gedanken zu Frieden taucht die Taube auf und schon ist man beim Taubenvergiften.
Durch die beschriebene Handlungsweise gehört daher nur Netanjahu auf die Bank.

Wenn die Auseinandersetzungen zwischen Vater und Tochter in der Öffentlichkeit ausgetragen werden, also wenn sie ihre Aussagen gezielt für ihre Hörer und Leser verbreiten, kann die Öffentlichkeit reagieren, wenn sie mag. Wenn Sandra Kreisler von der Bühne im Rahmen ihres Programms wiederholt die Aussage bringt, ihr Vater sei ein Arschloch, dann ist die Familienangelegenheit  gewollt für das Publikum ausgebreitet. Sandra tat dies vermutlich, um Zustimmung zu bekommen. Die Zustimmung blieb aus und sie hörte damit auf.

Die Auseinandersetzungen mit dem Thema Friedensprozeß im Nahen Osten bringen eben weder hier noch in anderen Diskussionsrunden furchtbar viel, Clas. Eher verletzen die bitterbösen Beleidigungen etlicher Schreiber zusätzlich und nehmen jegliche Hoffnung. Wegschauen bringt aber noch weniger und jeder Versuch, miteinander einen besseren Weg einzuschlagen ist zu begrüßen. Von ernst gemeinten guten Ratschlägen und Argumenten kann man lernen und evtl. Ansichten korrigieren. Viele, die hier ihre Meinung offen legten, haben mir interessante Aspekte und Anregungen gebracht. An erster Stelle steht für mich von Anfang an Heiko.

Zu Georg Kreisler ist noch anzumerken, dass er einmal sagte, mit der Zweistaaten-Lösung, Israel und Palästina wird es keine friedliche Lösung geben können. Er sehe die Zukunft nur in einem gemeinsamen Staat, in dem Juden und Araber zusammen und friedvoll leben können.

Clas

Moin, moin,

natürlich kann die Öffentlichkeit sich zu öffentlich getanen Äußerungen äußern, aber doch eben auch dahingehend, dass das nicht vertieft öffentlich ausgebreitet gehört, dass sie, also ich jetzt das Aufwärmen lange vergangenen Häbäbähs nicht nützlich findet... Natürlich kann sie auch, also Du jetzt, anderer Meinung sein und überhaupt die Bewertung als Häbäbäh nicht teilen.

Ich meine nur: Arschlöcher, alt, und wieder aufgewärmt, sind nicht zu goutieren. Frisch und im Zorn geäußert auch nicht; man sollte sowas möglichst rasch vergessen und am Kern bleiben.

Die Situation dort scheint mir, wie viele Konflikte, so geordnet zu sein, dass beide Konfliktparteien sich bemühen, den Konflikt aufrecht zu erhalten, mit verteilten Rollen. Die Summe gegenseitiger Provokation bleibt, wie in einem guten Ehekrieg, konstant... Freundinnen der Frau bemerken die Bosheit des Mannes, dessen Freunde die Niedertracht des Weibes und alle Beteiligten erhalten den Knatsch aufrecht... und beweisen die Unmöglichkeit, miteinander auszukommen, sich zu vertragen.
Das Kabinett beschließt, Siedlungssubventionen zu erhöhen. Hisbollahaktivisten schießen mit Raketen, jedenfalls doch auch auf die Gespräche, wenn schon sonst meist vorbei, zum Glück... Die Koexistenzbereitschaft aber treffen sie.

Im israelischen politischen Diskurs wäre die Karikatur vielleicht in Ordnung; von Deutschland aus... Für mein Empfinden geht das nicht. Ich hör da immer Hannes Wader:

"...möchten schon, möchten schon
endlich wieder als Nation,
wie die Franzosen und die Briten
als Deutsche und Antisemiten
frei und unbefangen sein..."

Und offenbar lösen derartige Beiträge aus Deutschland auch eher Allergien aus, als dass sie als konstruktiv-wohlgemeint und weiterführend erlebt werden...

Gruß Clas
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h-j-urmel

Wie sollen sich die direkt Beteiligten einigen, wenn die Außenstehenden sehr weit auseinander sind. Vielleicht weil der Zwang zum Erfolg stärker ist. In den wesentlichen Punkten stimme ich nicht mit Dir überein, Clas. Gehe nicht näher darauf ein, den Betroffenen hilft das nicht. Aber die Meinung kund tun und sich einmischen, das darf jede Person auf dieser Welt, gleichgültig in welchem Land er wohnt. Ich setze da mal voraus, es ist kein durch besondere Taten/Verbrechen Belasteter. Einmischen, gerade dann, wenn die Situation Auswirkungen hat auf das eigene Leben, die eigene Sicherheit. Der Unfrieden im Nahen Osten strahlt aus auf jeden Winkel dieser Erde. Die heute in Deutschland lebenden Personen tragen für Ereignissse der Vergangenheit keine Schuld und haben das uneingeschränkte Recht der Meinungsäußerung. Verantwortung für Eltern oder Großeltern zu übernehmen, das geht in Ordnung, wenn sie gebrechlich sind oder irgendwie hilfsbedürftig. Nicht aber, falls sie verstrickt sein sollten für Verbrechen in der Nazizeit.
Regierungsverantwortliche haben Verpflichtungen zu übernehmen, quasi als Staatsverantwortung und Staatsschuld und die Pflicht der Rücksichtnahme auf Geschehnisse der Vergangenheit.  Bezüglich der Vergangenheit erwartet man von einem deutschen Bürger im Bezug auf das Gewesene, eine angemessene Verhaltensweise. Zu dem, was heute passiert auf dieser Welt, muss er keinen Maulkorb tragen. Meiner Familie und mir, wie an Millionen anderen Menschen wurde durch das Nazi-Regime schwerer Schaden zugefügt. Jahrzehnte lang schämte ich mich ein deutscher Staatsbürger zu sein, und erfuhr lange Zeit im Ausland, wie unbeliebt Deutsche waren. Und sehr früh erfuhr ich, welche Berührungsängste Deutsche mit Juden hatten, die noch oder wieder in Deutschland lebten, obwohl ich nur einen einzigen in dieser Stadt kannte. Etliche Personen vermuteten in mir einen Juden, aufgrund meines Namens. Die Ereignisse und Begegnungen brachten mich Juden gegenüber gefühlsmäßig besonders nahe, so dass ich mich selbst oft als Jude empfand. Kann man als Außenstehender vielleicht nicht nachvollziehen, es ist aber so.
Aufgrund meiner kompletten Lebensgeschichte empfinde ich die größere Sympathie mit Minderheiten in dieser Gesellschaft, soweit sie benachteiligt werden und darunter leiden müssen. Aber das führt zu weit und ich wollte eigentlich nur zwei, drei Sätze eben geschrieben haben. --- Wünsche eine gute Nacht.


h-j-urmel

Habe gerade noch eine Kreisler-Meldung zu dem Karikatur-Thema hereinbekommen. Den Link zum Artikel der Zeitschrift  "der Freitag" stelle ich hier zu meinem Text. Auch dort gibt es bereits etliche Kommentare. Sogar die israelische Botschaft protestiert. Die Karikatur ist ein Aufwühler. Dem Bericht nach hat die Stuttgarter Zeitung den Schwanz eingezogen und sich entschuldigt.

http://www.freitag.de/autoren/aram-ockert/geh2019n-mer-tauben-vergiften-im-park

Clas

Moin, moin,

natürlich darf jeder alles äußern; aber nicht jede Äußerung hilft weiter... Muss sie auch nicht, aber wenn ich dieser Meinung wäre, stünde einer sinnvollen Äußerung immer noch die zu erwartende Rezeption entgegen. Und die macht, inzwischen offenkundig, die Äußerung dieser Meinung im Interesse einer Förderung des Friedens wenig sinnvoll...

Ich selber habe auch keine Naziverbrechen begangen, aber ich verstehe gut, wenn jemand bereits auf die deutsche Sprache, Fahne oder Nationalhymne allergisch reagiert. Bei Fahne und Hymne geht mir das selber so.

Da finde ich Rücksicht angemessen.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Man sollte vielleicht nicht die Deutschlandfahne schwenkend und die Hymne (oder gar dier erste Strophe des Deutschlandliedes) gröhlend durch Israel oder Polen toben, aber wo genau ist welche Rücksicht "angemessen"? Und was wäre mit der holländischen Hymne? Da heißt es ja explizit, man sei von deutschem Blute (ganz abgesehen von den Schlachtgesängen in anderen Hymnen), da ist "Recht und Freiheit" doch viel angemessener.

Anke

Zitat von: Clas am 08. August 2013, 02:11:48Da finde ich Rücksicht angemessen.
Ich meine: "Vorsicht": wie man beliebt. "Rücksicht": kommt drauf an.

Andernfalls müsste man Salman Rushdie sowie allen anderen Kritikern fast jeglicher Couleur ja wohl ebenfalls Vorhaltungen wegen mangelnder Rücksicht machen. Empfindlichkeiten gibt es viele, aber genau diese decken oft Misstände und Unrecht.

Clas

Moin, moin,

nö, nicht nur das sollte man sicher nicht. Ich kriege körperliche Symptome, Schüttelfrost und Nesselfrieseln, sowie einen unwiderstehlichen Fluchtantrieb, wenn ich nur die Musik höre. Also meide ich Orte und Gelegenheiten, wo die zu erklingen droht. Das ist so, seit ich die das erste Mal gehört habe, in der 5. Klasse, wo unser Musiklehrer sie uns erst vorspielte und dann beibringen wollte. Mit dem Text hat das erst in zweiter Linie zu tun. Es ist die Verquickung einer Musik mit der Erwartung eines weihevollen Nationalgefühles, das dann in den meisten Leuten aufkommt. Vor Jahren war ich mal in einer Wahlkampfveranstaltung mit FJS, in Karlsruhe... Da wurde die zum Schluss gesungen, und  alle sollten aufstehen. Ordner eilten herbei, um das durchzusetzen. Nicht wenige Teilnehmer hoben überdies den ausgestreckten Arm, was den Ordnern kein Problem zu bergen schien. Alte Reflexe halt, was will man machen?

Grölende Gesänge, egal von was, beängstigen mich grundsätzlich und mißfallen mir daher, wie auch das Schwenken von Fahnen. Ich meide Orte, wo das geschieht. Ich finde es aber nicht angenehm, wenn ich zuviele Orte meiden muss... Die Fußball-WM, zum Beispiel, fand ich in der Beziehung rücksichtslos und aufdringlich. Der nationale Frohsinn war mir entschieden unheimlich und die Artikel zum Lobe des entspannten Verhältnisses der Deutschen nunmehr zu ihrer Nation: Ich habe das anders empfunden.

Was die Holländer singen, wenn ihnen national zu Sinn wird, weiß ich nicht. Auch eine Melodie fehlt mir da. Ich war noch nicht in den Niederlanden, wenn die dort gesungen wurde.


Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Clas

Moin moin,

Rushdie habe ich mal zu lesen versucht und keinen Zugang gefunden, mir sagte das nichts. Vielleicht liegt es daran, dass der eigentlich im innerislamischen Diskurs zu verstehen wäre? Und da, geht es nach mir, natürlich auch provozieren dürfen muss?

Aber weder er selber noch seine Familie oder Ethnie hat systematisch Muslime verfolgt und und vernichtet: Da kann ich, vermutlich dennoch fruchtlos, von den Muslimen verlangen, sie mögen sich in Toleranz oder im Ignorieren üben. Eine weltweite Fahtwa (schreibt man das so?) ist immer übergriffig gegen den Rest der Welt. Sie ist, als Rechtsinstrument, in ihren hiesigen Entsprechungen hierzulande überdies völlig überholt. Ich halte das für gut. Ich denke aber, eine Abschaffung solcher Rechtsinstrumente in der islamischen Welt wäre Aufgabe der Muslime.

Das plustrige Einfordern von außen wirkt wahrscheinlich paradox. Und wenn man mal bedenkt, dass in der BRD noch in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Ehemann eine Berufstätigkeit seiner Frau erlauben musste, damit die einen Arbeitsvertrag wirksam unterzeichnen konnte, und dass er diesen Vertrag, ohne die Unterschrift seiner Frau, wirksam kündigen konnte, dann frage ich mich, zum Beispiel, schon nach der Berechtigung solcher Leute, eine Generation später die Befreiung islamischer Frauen bewaffnet durchsetzen zu wollen. Auf mich wirkt das absurd. Zumal manche Bräuche, die uns hier diskriminierend vorkommen, von den Betroffenen anders erlebt werden. Der Mann geht voraus, die Frau hinter ihm. Was der Mann dabei denkt, weiß ich nicht authentisch. Von einer Muslima, der frau ihre Befreiungsbedürftigkeit an diesem Beipiel verdeutlichen wollte, ist mir aber der Satz überliefert worden: "Vorne Ochse. Ich Wagen." Wenn und solange sie so empfindet, hätte ich zwar immer noch Fragen an die Beschaffenheit dieser Ehe, aber eine Diskriminierung der Frau durch den vorweg gehenden Mann erkenne ich da nicht mehr.

Infolge der Shoa verhält es sich für mein Gefühl mit der Kritik aus Deutschland an Israel anders. Wenn mir da Juden deutlich sagen oder schreiben, sie erlebten da Antisemitismus, wiedergeboren und bedrohlich... Dann ist meine Antwort nicht, sie mögen sich nicht so anstellen und mal ein bisschen Kritik aushalten üben. Auch dann nicht, wenn ich die Einschätzung nicht teile. Dann teile ich die Einschätzung nicht, und wenn es mir wichtig ist, teile ich das den Leuten, die es angeht, mit. Nicht aber der ganzen Welt. Weil ich das für rücksichtslos und für unsinnig halte.

Hier aber geht es auch darum, ob Sandra ihres Vaters Text  gegen die Inanspruchnahme für diese Karikatur verteidigen darf. Ich finde, das darf sie, und sie wird das vermutlich ganz arg lieb von mir finden und sehr erleichtert sein, dass ich es erlauben würde... Es steht uns doch gar nicht zu, zu entscheiden oder zu bewerten, was sie da darf, nach einer Vorgeschichte, die wir alle nicht wirklich beurteilen können. Wenn aber Israelkritik aus Deutschland, angesichts der doch nun sehr eindeutigen Vorgeschichte nun wieder statthaft sein soll, weil jeder weltweit alles zu allem und jedem sagen darf: Um wieviel mehr darf sich dann Sandra ihres Vaters annehmen?

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Anke

Natürlich darf sie das.

Ich zumindest habe die Form kritisiert:
ZitatUnd Ausdrücke wie "Arschlöcher", "Miststück" u.ä. - sorry, aber die gehören m.E. nicht in Briefe, erst recht nicht in die Öffentlichkeit, und wer so "argumentiert", tut der Sache, für die er oder sie kämpft, m.E. absolut keinen Gefallen.
Mit der Benutzung von ordinären Schimpfwörtern wertet man m.E. sich selbst und die Sache, für die man kämpft, ab,
wird weniger ernst genommen
oder fördert sogar noch die Aggressionen der Gegenseite.