Kommt, wir schaffen die Demokratie ab !

Begonnen von Zyankalifreund, 06. Mai 2007, 20:08:17

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whoknows

Durch Diskussionen und gute Beispiele vorangegangen - schau Dir allein mal die Frauenquoten der verschiedenen Parteien an.

Zyankalifreund

#51
Ja wunderbar, aber was haben die Grünen damit zu tun ? Soweit ich weiß, besteht das (auch passive) Wahlrecht für Frauen schon seit 1919. Das war also keineswegs ein Werk der Grünen. Davon Gebrauch zu machen liegt hingegen doch bei jeder Frau selbst ?

Versteh ich nicht... Aber vllt. stehe ich ja auf dem Schlauch.

whoknows

Ich glaub, das tust Du. Bzw stehst Du als Mann einfach neben den Fakten - denn als Frau kriegt man sehr wohl mit, ob mehr Frauen in leitenden Positionen als ernstzunehmend empfunden werden - die Grünen haben  (zB) die Frauenquote in der Politik (also in Vorbildfunktionen) eingeführt. Nun kann man trefflich darüber streiten, ob Quoten überhaupt sinnvoll sind - aber letztlich macht es definitiv einen Unterschied, ob EINE Frau (nach mehr Arbeit als vergleichsweise ein Mann bräuchte) es an eine Spitze schafft,  oder ob es immer mehr Frauen gibt, die "vorne stehen" - Der Unterschied ist, ob es auffällt, dass es eine Frau ist (man denke an die vielen Artikel zum thema, als Merkel gewählt wurde) oder ob es EGAL ist, ob  eine Frau oder ein Mann die leitende Funktion hat. Egal ist es ganz offensichtlich noch immer nicht, und noch immer müssen Frauen ihr Frausein eher verleugnen, (in Stil und Gebaren) um nach oben zu kommen - aber die Dinge bessern sich merkbar. Allerdings - es baut auch wieder merklich ab. In den Generationen über 50 und eben wieder in den Generationen unter 25 ist Frauenfeindlichkeit und "nichtwahrnehmung" gang und gäbe. Zu merken beispielsweise daran, wie Männer mit Frauen reden (im Gegensatz zu: wie sie mit anderen Männern reden), wie viele Frauen als "Vorbilder" akzeptiert werden, und wie viele Männer - es sind immer mehr Männer. Und das liegt natürlich daran, wie leicht Männer Frauen in "ihr Segment" eindringen lassen. Die Grünen waren immerhin die ersten, die das politisch thematisiert haben - das ist definitiv ein grosses Verdienst. (neben dem Verdienst, das Umweltpolitik plötzlich auch von den anderen parteien vorrangig behandelt wird)

Zyankalifreund

#53
Sorry aber ich kann deine Meinung nicht wirklich teilen. Ich glaube es liegt letzlich an jeder Frau selbst, ob sie sich politisch engagiert und interessiert und sich entsprechend in eine Partei ihrer Wahl einbringt.
Frauenquoten sind außerdem völliger Schwachsinn, weil künstlich. Man sollte den Dingen da seinen freien Lauf lassen. Leider kenne ich sehr viele Frauen, die sich politisch nicht interessieren und sagen "Lasst es halt die Männer selbst richten, Politik geht mich doch nix an". Letzlich ist dieses Desinteresse der einzig ausschlaggebende Punkt dafür, dass so wenige Frauen in der Politik sind. Letzlich ist's auch egal, ob Frauen oder Männer die Entscheidungen fällen. Klar, Frauen sind einfach in bestimmte Problematiken anders involviert, als Männer. Familienpolitik wird von Frauen ausgeübt sicher immer besser und durchdachter sein, als wenn sie Männer machen. Letzlich sind die Frauen aber selbst schuld, wenn sie nicht aus der Hüfte kommen und sich einbringen. Die nötigen Rechte existieren, wie bereits erwähnt seit 1919. Der Rest ist eine Frage von Persönlichkeit und Bildung, sich eben mit Politik zu befassen oder nicht. Dass Frauen seitens der Männer oder Gesetze auf dem Weg in die Politik Steine in den Weg gelegt bekommen, ist ja zum Glück heute nicht mehr der Fall. Der Weg ist offen - und das nicht nur bei den Grünen.


whoknows

#54
Nur ein Mann kann sowas sagen. Denn Männer - und seien es die wohlmeinendsten - merken ganz einfach nicht, wo überall Frauenspezifische Hürden eingebaut werden.
Leider, Eric - das stimmt ganz einfach nicht. Politik und Gesellschaft machen es erstens den Frauen SCHWERER als den Männern, Verantwortungsvolle Berufe zu ergreifen, zweitens machen sie es (auch durch die Hürden, aber genauso durch das, was man "allgemeinen stillschweigenden Konsens" nennt) uninteressanter für die Frauen. Natürlich - wenn der allgemeine Konsens ist: Man trägt auch im Sommer Schuhe - dann ist alles einfach so gebaut, dass Schuhe notwendig sind - und also kommen weniger Menschen auf die Idee, keine anzuziehen - genauso ist es mit Frauen in Verantwortungsvollen Berufen. Allein der Umgang mit der Kindererziehung macht deutlich, wie sehr Frauen behindert werden, wollen sie einen anspruchsvollen Beruf UND eine Familie. Wenn man sich übrigens in den nordischen Ländern umsieht (und, in Maßen, auch in den USA) merkt man schnell, wie sehr das Gesellschaftliche Umfeld dazu beiträgt, dass es  hierzulande vorrangig Männer in Verantwortungsvollen Positionen gibt.
Es gbit weniger weibliche
D-js
Kabarettisten
Politiker
Wissenschaftler
Professoren
Bankdirektoren
Firmenchefs
und und und-
und das liegt an einer Gemengelage (was für ein schönes, aus dem jiddischen entlehntes Wort 8-)) von "dagegen Mauern", "es schwieriger machen" und "ganz allgemein als nicht wünschenswert für Frauen" erachten.
(Ganz abgesehen davon, dass es immer noch nicht gleiches Geld für gleiche Arbeit gibt - was im Übrigen auch dazu beiträgt, dass Frauen früher "das Handtuch werfen")
Hier - ist zwar in Österreich, aber glaube mir, in Deutschland ist es nicht viel anders:
http://diestandard.at/?url=/?ressort=diesose5

niels

Dazu kommt, dass unsere Gesellschaft nach wie vor mit Geschlechterzuschreibungen durchtränkt ist, nach denen Männer halt aktiv, bestimmend, rational, Kultur, Geist sind, Frauen dagegen passiv, empfangend, emotional, Natur, Körper. Diese Zuschreibungen werden von Männeren wie Frauen gleichermassen reproduziert und verinnerlicht. Und entsprechend landen viel weniger Frauen in Positionen, die ihrer angeblichen Weiblichkeit nicht entsprechen, also in Politik, Kunst, Kader. Da (wie auch bei den Punkten, die du erwähnt hast) einfach den Männern oder den Frauen die Schuld zu geben, ist sinnlos, die Emanzipation ist ein Projekt, das uns alle angeht (wenn auch freilich die Frauen zumeist viel mehr unter den Verhältnissen leiden).

whoknows

#56
Da geb ich Dir absolut Recht - allein: Das ist ein bissel wie immer bei pauschalisierten Ausgrenzungen. Die einen spürens, weil es sie betrifft, die Anderen neigen dazu, das Problem abzuschieben - weil sie's nicht so merken, und weil sie finden: es ist das problem der Anderen.
Lippenbekenntnisse gelten als Tat.
Und die Betroffenen werden subtil immer mehr dazu gedrängt, zu glauben, SIE seien das Problem.
Ergo: Juden, die "nicht auffallen" wollen,
Ausländer, die "möglichst assimiliert" sein wollen,
Frauen, die "unwichtige Aufgaben" erfüllen wollen, (oder, auch das eine weit verbreitete Meinung: Frauen, die "sich anständig anziehen" ( = keine allzu sexy Kleidung) wollen - weil die MÄNNER mit anderer Kleidung nicht umgehen können).
die Täter-Opfer Wahrnehmung verschwimmt sehr schnell, wenn etwas "allgemeiner Konsens" ist. Und mE ist es schon wichtig, die Mechanismen, die dahinter stehen, die dazu beitragen, dass Opfer auch zu Tätern werden, zu erkennen und klar zu benennen.

Zyankalifreund

Oh mein Gott... Schaut euch doch mal bitte Artikel 21 der hessischen Verfassung an :  http://www.hessenrecht.hessen.de/gesetze/10_1verfassung/10-1-verfass/paragraphen/para21.htm

Fällt euch was auf ?

Dorian


Lanie

#59
Die Grünen haben in Saahen Genderkritik ersteinmal nicht mehr gemacht als die bereits durch die 68er Bewegung politisch konsens gewordenen (bis auf ein paar Bayern..) Stimmungen geschickt ausgenutzt zu haben. Nur so lässt sich auch die fortschreitende Verwahrlosung dieser Partei erklären. Der Rush auf die Institutionen durch Frauen hat sich tendenziell schon vorher vollzogen und was es z.B. autonomen Frauen nutzten soll in einem kranken Machtsystem mitzumachen ist mir auch schleierhaft... Wirklich revolutionär war sie nie und der Anspruch auf grundlegende Verbesserung geht mit der Parteigründung einher. Schließlich musste sie lang oder kurz zu einem wandelnden Witz werden denn wie man die Umwelt nachhaltig schützten will ohne die menschlichen Gründe zu beseitigen ist mir unklar. Ein Motor der Vernichtung der Natur ist defintif die Leistungsgesellschaft und der damit einhergehende Kapitalismus, eben JENEM dem die Grünen auf den Leim gehen.

(von den Kriegsspielen und anderen Sachen möchte ich hier gar nicht reden....)



ganz kurz gehaltene, unfertige, polemische Grüße.


Edit:

Ich frage mich oft was passiert wäre wenn die Grünen gleich zu Beginn ihrer Karriere Quoten von 20 - 30 Prozent bekommen hätten. Vieleicht wären sie dann nicht so verkrustet, vieleicht wären ihre Leitideen nocheinmal durchgekommen, vieleicht auch nicht.




@ Eric: Es gibt durchaus noch andere Gründe als das Wahlrecht warum Frauen unterdrückt werden..... bzw. auch einige Männer ...Es gibt immernoch ein soziales Geschlecht.

niels

#60
Das mit dem kranken Machtapparat ist mir etwas zu einfach. Es geht hier doch um ein grundsätzliches Problem der Frauenbewegung, nämlich wieso die Partizipation an einer Sache gefordert werden soll, welche als ganzes beschissen ist. Mir wird auch übel, wenn ich die Forderung höre, es sollen mehr Frauen in Kaderpositionen kommen. Kaderpositionen gilt es doch abzuschaffen, warum sollen die Frauen nun auch noch mittun bei dieser hässlichen Sache? Das gleiche gilt für den Staatsapparat. Doch völlige Verweigerung kann für die Frauenbewegung auch keine Lösung sein, denn so marginalisiert sie sich. So halbwegs vertretbar ist für mich nur eine Partizipation, die mit übergreifender Kritik verbunden ist (das ist ja bei allen pragmatischen Bündnissen und Organisationen geboten, auch bei noch so linken).

Dass die Grünen ihre umweltpolitischen Forderungen stets im Rahmen der kapitalistischen Realität behalten, finde ich auch ziemlich armselig. Die Klimadebatte zum Beispiel verkommt zur umweltkosmetischen Farce, wenn da die Grünen ein bisschen an das Umweltgewissen appellieren und gleichzeitig heiter Wirtschaftswachstum und Wettbewerb johlen.

Werner

ZitatDas die Grünen ihre umweltpolitischen Forderungen stets im Rahmen der kapitalistischen Realität behalten, finde ich auch ziemlich armselig. Die Klimadebatte zum Beispiel verkommt zur umweltkosmetischen Farce, wenn da die Grünen ein bisschen an das Umweltgewissen appellieren und gleichzeitig heiter Wirtschaftswachstum und Wettbewerb johlen.

Der Gradmesser umweltbewusster Einstellung in der Praxis ist das, was hinten raus kommt: Der anfallende Müll. Hier zeigt sich, das in der Grundeinstellung der Allermeisten, nämlich exzessives Konsumverhalten als Zeichen des Mangels an Verantwortungsbewusstsein gegenüber unseren Kindern, unserer Umwelt, unseren Rohstoffrecourcen etc. wahrzunehmen nicht ins Bewusstsein dringt.
Das nach Abflauen der Anti-Atomkraftbewegung politisch de facto Endstation war hat die Grünen zwangsläufig in Fundis und Realos getrennt, zumal die ursprünglich grüne Ausgangsgruppierung (eine Bürgerinitiave mit nur einem Ziel) für den politischen Alltag nicht viel zu bieten hatten. Die aktuelle Politik sichert lediglich einen Platz am Tisch mit dem Kuchen, bewegen tut sie zu wenig. Von bewusstseinsbildenden Massnahmen, die der Einstellung entgegenwirken das wir ewig leben und unser Wirtschaftswachstum und unsere Vorräte unbegrenzt sind, ist leider nicht genug zu spüren. Im Gegenteil, die politischen Ideen sind inzwischen bei jenen grossen Parteien Programm denen die Grünen  allzu ähnlich geworden sind.