Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Politik => Thema gestartet von: Sandra am 02. September 2004, 22:16:19

Titel: Fernsehtipp
Beitrag von: Sandra am 02. September 2004, 22:16:19
Samstag nacht um 1 Uhr 25 ist auf Arte "Hitlers Hitparade" - angeblich einer der treffendstend und besten Dokus über menschenverachtung überhaupt - hb ich mir sagen lassen - ich werd's  in Wien sehen - hoffentlich.
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Bastian am 03. September 2004, 20:15:11
"Die bekanntesten Schlager der Nazi-Zeit führen als roter Faden durch diesen Film, der mittels einer Collage aus Originalfilmdokumenten jener Epoche auch deren entsetzliche Kehrseite dokumentiert. Oliver Axer und Susanne Benze machen in ihrem Film deutlich, dass sich hinter der so harmlos erscheinenden Tanzmusik jener Jahre bewusste Manipulation verbarg.
  
Ausstellungen zu "Entarteter Kunst" und "Entarteter Musik" sowie zahlreiche Fernsehdokumentationen konstruieren stets einen krassen Gegensatz zwischen verfemter moderner Tanzmusik aus den USA und der Wagnerschen Blut- und Bodenmystik des Hitler-Imperiums. Doch war Bayreuth in Wahrheit sehr weit vom nationalsozialistischen Alltag entfernt und eher eine alljährlich wiederkehrende Attraktion für besonders germanische Geister. Generell war die Klassik-Besinnlichkeit der Nazis immer von besonders erhabenem Charakter und wenig für das alltägliche Leben geeignet. Den wahren Geist der Zeit bestimmten Tanzmusik und Schlager. Sie fingen die Stimmung des Volkes auf und reproduzierten sie in politisch vorgegebener und durch die Zensur kanalisierter Form. Die besten Komponisten und Musiker waren engagiert und verpflichtet, einen Drahtseilakt zu bestehen. Qualität und Modernität waren verlangt, aber die Musik durfte keinesfalls amerikanisch klingen. Somit entstand eine ganz besondere Musik. Als Ersatz für den Swing diente eine traditionell begründete Auffassung vom "Lied", im Gegensatz zum performanceartigen "Stück". Eine starke thematische Neigung und Betonung der Melodie waren die Folge, und es entstanden bis heute unvergessene Musikerfolge. Die zur Modernität nötigen frei oder gewagt improvisiert klingenden Töne waren exakt vom Notenblatt vorgegeben und streng in ein Konzept integriert. Der Wegfall improvisierter Zufälligkeiten und die bewusst dosierten "Modernitätsklänge" erheben diese deutsche Tanzmusik in gefährlicher Weise in den Bereich der Politik.
  
Während Wagners Blut- und Bodenmystik eher eine Widerspiegelung von Hitlers persönlicher Gefühlswelt darstellt, sind die Schlager aus dieser Epoche tatsächlich komponierter und alltäglich angewandter Nationalsozialismus. Ihre temperamentvolle Schnelligkeit und heitere Laune wurden bewusst zur Schaffung eines Lebensgefühls - der abendlichen Romantik - eingesetzt. Melodien wie "Ich brauche keine Millionen", "Kann denn Liebe Sünde sein?" und "Wenn die Lichter wieder scheinen" wurden zu Evergreens für Millionen - und trugen bei zum Verderben von Millionen.
  
Einer Parade der qualitativ hochrangigen deutschen Tanzmusik-Erfolge werden schwarz-weiße und farbige Originalfilmdokumente der glänzenden wie auch der schrecklichen Extreme nationalsozialistischer Lebenswelt in Form einer Collage unterlegt. So kann der Zuschauer die Ästhetik der Nazi-Zeit mit ihrer entsetzlichen Kehrseite nachempfinden. Durch das Mittel der Collage lüftet sich deutlich der schöne Schleier, so dass letztlich ein entlarvendes Bild dieser Epoche entsteht.
  
Die beiden Autoren Oliver Axer und Susanne Benze haben nach einem ungewöhnlichen Konzept einen überzeugend und raffiniert entworfenen Kompilationsfilm gestaltet, der gänzlich ohne erklärenden Kommentar auskommt. Es ist Ihnen gelungen, aus eindrucksvollen Spielfilmausschnitten, Wochenschauen, Animations-, Werbe- und Amateurfilmen im Zusammenklang mit der einschlägigen Tanzmusik ein erhellendes Zuschauererlebnis zu schaffen, das betroffen macht und Einsichten vermittelt."

Quelle: KLACK, online Programmmagazin, ein Wort mit 3m.
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Bastian am 03. September 2004, 20:25:29
Vielleicht zeigen die dann auch diese Theateraufbauten für einen Film der Zarah Leander. Weil die Leander ein solches Riesenweib war, konnten sie für die weißen Engel im Hintergrund keine Frauen nehmen. Denn die Leander war eine elendslange Wuchtbrumme, und das hätte man dann auch gesehen, wenn die anderen Frauen zwei Köpfe kleiner gewesen wären. Ich glaube es waren dann sogar Männer von Hitlers Leibstandarte, die in die langen Kleider schlüpfen mussten, damit die größenverhältnisse den Vorstellungen entsprachen.
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Dagmar am 03. September 2004, 23:26:50
Ja es waren ausschließlich Männer - nicht nur von der Leibwache, auch aus der SS, die diesen weißen Pfau da aufgestellt haben.
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Andrea am 05. September 2004, 02:58:53
Das war eine Dokumentation aus der Kategorie: "Blinde müssen draußen bleiben" ;D. So um 2.00 Uhr hab ich den Fernseher abgedreht. Anfangs hab ich noch mit 'ner Freundin telefoniert, die mir beschrieb, was man sah, aber dann konnte ich dem Geschehen nicht mehr folgen.
Hat jemand den Film gesehen?
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Dagmar am 05. September 2004, 03:13:03
Hat irgendwer von Euch die Sendung mitgeschnitten? Ich war einfach zuuuuu fertig und zu kaputt heute abend (s. thread "Hoch und Tief").

Grundsätzlich finde ich das ganz ganz schade, dass ich das hab' nicht sehen können / wollen. Ich singe ja (allerdings ausschliesslich auf Buchung) viele Zarah - Leander - Songs. Von daher hätte mich die Sendung sehr sehr interessiert.

Hat jemand einen Mitschnitt angefertigt?
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Maexl am 05. September 2004, 04:09:16
ähm nö *räusper*

habe den tages-edgar wallace (20:15 kabel 1), dann amelie poulain (22:30 ndr), dann rumgesappt (die hitparade war mit leicht langweilig...) und noch nen Thriller auf ZDF (bis 3:20) geglotzt

schade... vor der Amelie kam noch 10min Richard Rogler auf dem SWR, den hätt ich sehr gern gesehen... schade

Maexl
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: Bastian am 05. September 2004, 05:06:02
Ich sehe es mir gerade auf video an. Sehr plakativ: Man sieht u. A. wie Kriegsversehrte, Verletzte in Feldlazaretten behandelt werden. Dazu läuft "Ich weiß es wird einmal ein wunder geschehen..." Menschen mit Prothesen, die trotzdem sporten, wegen der Volksgesundheit... Zerstörte Häuser zu "Alles wird gut" Müll und Tod, Bomben und Feuer zu einem optimistischen Soundtrack... Werbespots zur Verdunklung, Straßenbahnfahrt durch zerstörte Straßen. Dazu ein ablenkendes Lied über eine Liebeskrise in einer Bahn, als ob das das Schlimme wäre. Optimismus. Süße Texte zu schütteren Bildern Wieder ein Werbefilm für Blausäure als Desinfektionsmittel...

Sorry, es ist eine heillose Collage ohne Kommentare oder Zusammenhänge. Nur "Es geht voran"- Musik zu wüsten Bildern. Manche machen es sich eben leide- leide- leicht.
Titel: Re: Fernsehtipp
Beitrag von: whoknows am 05. September 2004, 10:08:43
Wie lang war denn das? ich hab's auch nicht gesehen, es wurde mir aber empfohlen. Aber dann hab ich mir gedacht: so zusammenschnitte von Bild auf "unpassend-passende" Musik - ochgottchen, das gibt's doch schon so oft.... wird das nicht fad, so in Dokumentationslänge?