Edward Snowden, NSA und der Abhörskandal

Begonnen von Bastian, 01. Juli 2013, 15:00:47

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Bastian

Viviane Reding ist für eine Aussetzung des Freihandelsabkommens mit den USA, die Staatschefs der EU protestieren- unter ihnen auch Angela Merkel...

Ist es denkbar, dass unsere Regierungen von den NSA-Aktionen wussten?
Ist es denkbar, dass unsere Regierungen nicht von den NSA-Aktionen wussten?

Wenn ich mir vorstelle, wie fehlerbehaftet eine weitgehend automatisierte Überwachung sein muss, frage ich mich auch, ob beispielsweise der "Kampf gegen den Terrorismus" überhaupt als Begründung taugt.
Wieviele "false Positives" kommen da wohl auf einen Terroristen?

Clas

Moin, moin,

Jens Berger dazu und zur Geschichte: http://www.nachdenkseiten.de/?p=17827#more-17827 , schriftlich oder als Podcast.

Demnach geht es bei der Begründung um Terrorbekämpfung. Interessant sind jedoch kollateral anfallende Daten und Ergebnisse. Vielleicht vor allem.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

... und von allen.

Interessanter Artikel. Ja, das ominöse "Deep Web", wusste gar nicht, wie man das nennt. Dabei haben wir selbst sowas.

Also wechselseitige politische und wirtschaftliche Spionage. Mit gegenseitiger Hilfe und allseitigem Profit, so sieht es wohl aus. Ist es dann vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis wir auch einsehen, dass es gut ist? Mir graut's.


Bastian

CDU/CSU: Die Vorratsdatenspeicherung ist tot. Es lebe die Mindestspeicherfrist!

Heiko

Zitat von: Bastian am 01. Juli 2013, 15:00:47Ist es denkbar, dass unsere Regierungen von den NSA-Aktionen wussten?
Ist es denkbar, dass unsere Regierungen nicht von den NSA-Aktionen wussten?

Nein, es ist kaum denkbar, dass nichts gewusst wurde. Doch welche Gefahren bestünden eigentlich, wenn staat nicht mitspielte? Müsste nach der Begründung eine Überzeugung durch Terrorismus folgen?

Fühle mich in Schutzhaft genommen.
"I would prefer not to."

Burkhard Ihme

Ich denke mal, daß man lieber nicht genau wissen wollte, woher die NSA ihre Informationen über Terroristen in Deutschland hatte. Auch wenn man davon ausgeht, abgehört zu werden, weiß man es doch nicht wirklich. Ging uns in den 70ern (Verfassungsschutz) doch nicht anders.

Clas

Moin, moin,

heute im Radio: Die deutsche Post fotografiert auch alle Briefe, mit Absender und Empfänger und archiviert das, wie lange, weiß man noch nicht. Jedenfalls kriegen die Amerikaner da auch Daten von ab, wieviele, haben die auch nicht gesagt. Nur, dass es Erfolge gezeitigt habe und selektiv sei. Also nicht alle. Nicht alle Massendrucksachen?

Ist das der Grund, dass der Absender nicht mehr auf die Rückseite, sondern ebenfalls nach vorne geschrieben werden soll?  Und dass die Postlaufzeiten deutlich länger sind, als sie das früher waren, wo die Post Briefe nur transportierte? Und dass die Post beständig diesen Umstand leugnet und statt dessen behauptet, es ginge nunmehr schneller, was meiner persönlichen Erfahrung widerspricht.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Ich glaube nicht, daß das einen Einfluß auf die Laufzeiten hat. Ob man die Adressen nur liest oder dabei auch fotografiert (sprich: die Scandaten speichert), macht zeitlich keinen Unterschied.

Clas

Moin, moin,

fotografieren ist ja nun mal ein Arbeitsschritt, den es früher nicht gab. Statt dessen gab es Postkästen, die abends um 22:00 Uhr geleert wurden. Briefe waren in der Regel am anderen Morgen in der Post der Empfängerin. Mit handschriftlicher Adresse und in umgekehrter Richtung auch so. Mit vierstelliger Postleitzahl. Heute preisen sie sich, über 80% der Briefe, die bis zur Leerung, und die ist Mittags, im Kasten seien, könnten nunmehr am folgenden Tag zugestellt werden...

Heute kriegt man Post mitunter 2 Wochen später, und sie trägt einen Aufkleber, die Postleitzahl sei falsch gewesen, sie laute nicht 24819 sondern richtigerweise 24819. Dieser Fehler sei der Grund für die verspätete Zustellung, man möge den Absender informieren...

Oder man kriegt Post als unzustellbar zurück, die Empfängerin sei nicht ermittelbar. Die Adresse stimmt und die Frau wohnt dort seit Jahrzehnten. Die handschriftliche Adresse ist aber vieilleicht nicht maschinenlesbar und sinnvoll abzuspeichern...

Wenn aber das Sortierverfahren mit Foto im Briefzentrum schlechter funktioniert, als die Sortierung im Abgangspostamt: Dann muss es ja wohl nicht postalische Gründe geben, es dennoch so zu machen. Interesse an Verbindungsdaten könnte so ein Interesse sein.

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Was nun das größte anzunehmende UCK letzthin äußerte, man dürfe sich das ja nicht vorstellen, wie bei der Stasi, wo in Aktenschränken geordnet Telefonprotokolle lägen und Lauschprotokolle und Beobachtungsnotizen: Irgendjemand hat ausgerechnet: Wenn die Stasiunterlagen auf 0,019 km*km lagern, dann würden die NSA-Bestände, mehrere Zettabyte, ausgedruckt 17000000 km*km beanspruchen... In der Tat ein Unterschied.

Gruß Clas
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Bastian

Ich glaube auch nicht, dass das Scannen da etwas verlangsamt. Interessant ist aber schon, dass diese "Metadaten" unterm Strich interessanter zu sein scheinen als der Inhalt der Kommunikation.

Zu meinem ersten Gedanken mit den false positives habe ich einen interessanten Artikel gefunden, der es besser auf den Punkt bringt als ich:
ZitatHomeland Security's 'Pre-Crime' Screening Will Never Work
Chances are, you'll snag the wrong people, and when you do, how can you tell? How do you clear suspects of crimes that haven't happened?

http://www.theatlantic.com/technology/archive/2012/04/homeland-securitys-pre-crime-screening-will-never-work/255971/

Wenn Geheimnisverrat ein solch gravierendes Vergehen ist: Sollten wir der NSA Asyl anbieten?

Clas

Moin, moin,

ich glaube das schon. Die ganze Abfertigung ist zentraler geworden, Stichwort Briefzentren. Da muss der ganze Kram hin, und das passiert nunmehr deutlich früher am Tage und weniger oft. Abends um 22:00 leeren die gar nichts mehr, und alles was nach 17:00 kommt, erlebt seinen Abgang Richtung Briefzentrum erst am nächsten Tag.

Das mag nicht am Scannen liegen, aber diese Technik war zu ihrer Einführung teuer und wurde eben zentral eingesetzt. Daher dann die Wege für den Einzelbrief länger wurden.

Nee, nie begangene Verbrechen kann man nicht aufklären, aber einen Verdacht kann man hegen...

Gruß Clas
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Bastian

Zu den nie begangenen Verbrechen passt auch, dass EU-Rat und EU-Kommission verlautbaren lassen, man könne durch die Vorratsdatenspeicherung ja auch die Unschuld von Bürgern nachweisen.

Da generieren Algorithmen Verdachtsmomente für erfundene Bedrohungsszenarien. Und auf das selbe lausige System soll man sich verlassen, nachdem man zu Unrecht in Verdacht geraten ist? Gibt es sowas wie einen Erbverdacht? Interessant auch, dass dieses Mittel des Unschuldsnachweises dem zu Unrecht Verdächtigten selbst gar nicht zugänglich ist.

Clas

Moin Bastian,

der Verdächtige weiß ja doch gar nicht, ob er zu Recht oder zu Unrecht verdächtigt wird, weil er oft schon nicht weiß, dass er überhaupt verdächtigt wird... Da weiß er das nicht, und dann braucht es ihn ja auch nicht heiß zu machen. Wenn ihm der Verdacht ruchbar wird, sehen ihn die Verdächtiger ja schon als bestätigt an. Bevor sie nichts haben, was sie für gerichtsfest halten, sagen die es ja nicht. Wenn sie das dann haben, dann hat das mit der Entlastung trotz heißen Bemühens  also nicht geklappt...

Außerdem sind doch offenbar alle verdächtig, und es geht nur noch darum, es ihnen auch zu beweisen... Daher kann dann also doch jeder davon ausgehen, verdächtigt zu werden und muss also Entlastendes kommunizieren. Das kann er doch machen. Da hat er doch Einfluß und Zugriff.  Jeder kann doch hier ins Forum schreiben, dass er da voller Vertrauen ist. Das entlastet ihn, und den Mitlesenden tut es gut.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

Exculpatio praecox? Hier??

Das wär mir aber unangenehm.

Clas

Moin Bastian,

hier alleine reicht es natürlich nicht. Und dann ist es natürlich so, dass mir das auch nichts nützen wird, denn sie werden es nicht glauben. Umsonst werde ich geschleimt haben, aber es ist der Terror in der Welt unter Kontrolle... Da kann man so ein bisschen Unannehmlichkeit doch wohl aushalten.

Während man das tut, bilden sich dann auf ganz natürliche Weise die vorgeschützten Überzeugungen tatsächlich heraus...

Und wenn Du ein Eifon oder sonst so ein Teil mit GPS hast: Wer, meinst Du wohl, kann da ganz konkret Deine Bewegungen profilieren? Und tut das auch?

Gruß Clas
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Bastian

#15
Also, ich glaube Dir.

Und ja, das protokollieren und profilieren die selbstverständlich.
Die Netzbetreiber wissen dank der smarten Fons zigmal mehr als jeder Volkszähler je hätte erfragen dürfen. Ich hoffe ja auch immer noch, dass unsere diesjährige, mit "mytracks" aufgezeichnete Wanderung an der Mosel mich vor Strafverfolgung im betreffenden Zeitraum schützt. Aber möglicherweise stehe ich gerade deswegen in ungutem Zusammenhang mit Hochwasser und darf demnächst niemalsnicht zur Familie nach Holland fahren.

Alles in allem finde ich es irre: Für ein paar hingeworfene Brosamen sind wir bereit, unser Brot zu verschenken.

Burkhard Ihme

Zitat von: Bastian am 09. Juli 2013, 23:27:12Interessant auch, dass dieses Mittel des Unschuldsnachweises dem zu Unrecht Verdächtigten selbst gar nicht zugänglich ist.
Im Fall des Lothar König sind die entlastenden Aufzeichnungen, aus denen zuvor die Anklage gebastelt wurde, immerhin aufgetaucht. Und das war insgesamt auch ein Terabyte an Daten.

Bastian

Das mit den Smartphones geht ja noch weiter. Die sind ja erst dank NSA so sicher...

Anke

Hi,

habt ihr das schon  gelesen: Eine deutsche Rentnerin, 72 Jahre jung, soll sich bereiterklärt haben, Snowden zu adoptieren, damit er nach Deutschland einreisen darf!  ;D

Ich finde das eine phantastische Idee! Der Junge ist ja ausgesprochen reizend.
Ich fürchte allerdings, dass ihr die Adoption staatlicherseits verweigert werden wird. Auf die Begründung bin ich allerdings gespannt. Ihr Alter? Kein Vater vorhanden? Oder was sonst?  :D

http://www.bild.de/bild-plus/politik/ausland/edward-snowden/rentnerin-aus-bayern-will-edward-snowden-adoptieren-31158250,view=conversionToLogin.bild.html

Wie sähe es denn bei einer Heirat aus? Es dürfte natürlich nicht nach einer Scheinehe aussehen. Aber eine nette, junge Deutsche müsste sich doch eigentlich finden lassen? Schade, mein Jahrgang passt nicht dafür.  :( Ich tät ihn nehmen. 

(Und mit diesem Statement komme ich jetzt sicher in die Verdächtigen-Kartei.  :o )

Clas

Moin Bastian, moin Anke,

sach ich doch. Als Journalistin muss man doch jederzeit in die USA einreisen können, ohne wochenlange Vorbereitungen. Da muss man unverdächtig sein. Und diese Geschichte ist ja so rührend... Man kann es sich richtig vorstellen, auch die Motive.

Spione spionieren, und nur weil egogetriebene Hacker mitunter gegen gutes Geld oder böses Geld die Seiten wechseln, wüßte ich für eine Spionagebehörde da nur einen plausiblen Grund: sie möchten gerne die einzigen sein, die da horchen können. Und da sie da horchen können, wie letzthin ja ruchbar geworden, und auch horchen: Warum sollten sie das nicht an selbstprogrammierten Schnittstellen tun?

Adoptieren... hmmm. Ich höre von Beispielen, wo das eine Abschiebung nicht verhindert hat, die auf mutmaßlichen oder tatsächlichen Falschangaben Dritter bei der Einreise beruhte... Oder auf dem Wegfall des dazumaligen Antragsgrundes. Und ohne gültige Papiere kann das glücken, muss das aber nicht. Auf jeden Fall kann es angefochten werden.

Trotzdem ist die Geste klasse. Und was die Altersunterschiede betrifft: Wieso ist das bei erwachsenen Menschen ein Problem?

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

Hi Anke,

die Adoptionsidee ist ja wirklich nett! Ginge das denn überhaupt gegen oder ohne den Willen der leiblichen Eltern?
Heute lese ich, dass Snowden dann doch unter Putins Fittiche schlüpfen soll. Von den USA gesucht, von Russland "beschützt"- so "sicher" möchte wohl niemand verwahrt werden...

Clas

Moin, moin,

nett ja, aber wird nicht klappen. Es fehlt am Eltern-Kind-Verhältnis, Adoptionen zur Hemmung von Verwaltunghandeln mögen die Gerichte eh nicht, schon bei der Adoption minderjähriger Flüchtlinge, sagen wir, aus Afrika oder China durch Pflegeeltern gibt es regelmäßig keinen Erfolg, nur in seltenen Fällen glückt das. Und wenn es klappt, hemmt es die Abschiebung nicht. Das tut es ja schon nicht bei natürlichen Familien...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

Ja, so ist es wohl.

Ich könnte mir vorstellen, dass es Snowden am besten schützen würde, wenn es schon nur ein paar mehr von seiner Sorte gäbe.
Vielleicht wird das automatische Datenabgreifen und -Speichern irgendwann per se zu unsicher - einfach nur dadurch, dass ein paar wenige heutzutage auf zu Vieles zugreifen und dieses zu leicht abschöpfen und ggf. publizieren können. Es ist vielleicht ein naiver Gedanke, aber ich stelle mir vor, wie innerhalb der Geheimdienste und der zuarbeitenden Firmen nun die Verfügbarkeit der Daten eingeschränkt wird, einfach um solche Vorfälle künftig zu verhindern.

Der Geheimnisverrat geschah ja bereits durch die diversen Hintertüren bei Google, Facebook und den anderen kooperierenden Firmen...

Anke

Zitat von: Bastian am 14. Juli 2013, 21:32:32Ich könnte mir vorstellen, dass es Snowden am besten schützen würde, wenn es schon nur ein paar mehr von seiner Sorte gäbe.
Prima Gedanke, den Snowden offenbar schon selbst gehabt und entsprechend vorgesorgt hat.
http://www.20min.ch/ausland/dossier/snowden/story/25862672

Der Journalist Glenn Greenwald droht mit der Enthüllung weit brisanterer Informationen für den Fall, dass dem Ex-Geheimdienstler etwas zustösst. Dies sagte er gestern, am 14.7.13 beim Interview mit der Nachrichtenagentur AP. 

Ein kluger Junge, der Snowden. Und er hat sich wirklich nicht den leichtesten Weg für sein Leben ausgesucht. Man sollte ihn schon mal beim Papst für die Seligsprechung vormerken lassen.  :o

h-j-urmel

Die vorgeschlagene Maßnahme wird bisher ausschließlich bei gestorbenen  Personen durchgeführt. Nachvollziehen kann ich nicht, was die katholische Kirche, die in vieler Hinsicht selbst auf die Anklagebank gehört, mit den Ereignissen um Edward Snowden im positiven Sinne zu tun haben soll. Verfolgte Menschen, denken wir an die Juden, durften sich durch den Vatikan weder beschützt fühlen, noch kamen sie anderweitig durch die katholischen Religionsführer in sorglosere Lebensformen.