AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!

Begonnen von Lanie, 17. Mai 2007, 14:18:33

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Bassmeister

Danke, Dein Beitrag macht Hoffnung. Auch wenn ich immer wieder mal das Gefühl habe, wenn ich mich selbst radikal einschränke, daß ich dann nicht wirklich jemandem nutze (die Welt läuft trotzdem weiter), jedoch von den Menschen in meinem Umfeld sehr belächelt werde. Schon in meiner eigenen Partnerschaft gehts los. Ich war radcikaler und bin nun gemäßigter Autogegner. Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, kommt der Baß auf die Sackkarre und dann gehts autofrei durch die Welt. Meine Liebste versteht das überhaupt nicht, weil für sie die Nutzung des PKW selbstverständlich ist. Das macht das Organisieren mitunter zum Kraftakt.

ZitatIn Leipzig gibt es Projekte bei denen an sogannte "Food Corps" bildet. Gruppen von Menschen...

Die gibts nicht nur in Leipzig, sondern fast in jeder größeren Stadt. Wer beim Googlen allerdings "Food Coop" statt "Corp" eingibt, wird wesentlich mehr finden. Coop steht für Cooperative.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

whoknows

ZitatSchade, dass solche Dinge dann nicht zu einem Nachdenkprozess führen.....

Ob solche Dinge zu einem Nachdenkprozess führen kannst du von hier aus sehr schlecht beurteilen.

Dazu reichen die Erfahrungswerte - die Meisten gehen ja nicht NUR dort zu McDonalds, und auch nicht zum ersten Mal.
Aber im grossen und ganzen hast Du natürlich Recht - letztlich geht es darum, Aufmerksamkeit zu erregen und Lust/Mut zu machen, die Dinge einfach mal auf andere Art und Weise zu probieren, und sich selbst zu hinterfragen, was notwendig ist und was nicht.
Übrigens, interessant, dass Du Mexico in's Spiel gebracht hast: ich habe immer wieder gelesen, dass es gerade in den südamerikanischen Ländern eine gewachsene Kultur gibt, die aus sich selbst heraus dem sozialismus wesentlich näher steht, als wir im Westen das kennen. Es scheint, dass es dort viel normaler ist, zu teilen und zu tauschen - und gerade dort ist das soziale Gefälle ja meist noch extremer unausgewogen als bei uns, auch weil die Usa aus Angst vor einem Überschwappen dieser Kultur so stark in die Politik dieses Teils des Kontinents eingreift. Ausserdem kann man nicht behaupten, dass Leute wie Chavez durch und durch "gut" sind, auch wenn sie sich "links" geben. Aber er wird von den Usa als "links" eingstuft und damit verdammt- wie Casto, wie Lula - letztlich sind sie nur "Ihrer-Kultur-gemäss-Populistisch", so wie bei uns die Populisten meist eher rechts stehen...
Ich denke, es ist ein Grundfehler, immer von unserem Verständnis von Politik auszugehen, um in anderen Ländern einzugreifen - einerseits. Andererseits aber muss man meiner Meinung nach eingreifen, wenn es Menschenrechtsverletzungen gibt. Wo setzt man da an? Ab wann ist es legitim, unser Verständnis von Politik, Ethik und Kultur einer anderen, nennen wir es: Gewohnheit zu oktroyieren?

Bassmeister

Ich finde: gar nicht. Genau wie das  Überstülpen einer Religion auf ein fremdes Volk sehr fragwürdig ist.
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niels

Ich finde, es gibt Dinge, die gehören einfach bekämpft, überall. Frauenbeschneidungen zum Beispiel. Ich halte da fest an "universellen" Werten, Menschenrechten, wenn Ihr wollt. Aber ich  halte es für falsch, diese Auseinandersetzung als kulturellen Konflikt zu verstehen; keine Kultur hat die Menschlichkeit gepachtet. Auch der Westen nicht, auch wenn die formulierten Menschenrechte aus Europa kommen. Die Taten der westlichen Kultur gehören ja zu den grausamsten überhaupt.

Daher muss der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen kein Überstülpen oder Oktroyieren sein. Es geht um die Verteidigung der Menschlichkeit, und für die gbt es mE überkulturelle Kriterien.

whoknows

#104
Ja, Niels, das finde ich auch - ich finde es nicht unbedingt wünschenswert, JEDE "kulturimmanente Tradition" einfach unhinterfragt stehen zu lassen - denn da gehören eben Frauenbeschneidungen, diksrimierungen und anderes dazu, das sich nciht mit meiner ethischen Sicht deckt. Dennoch muss man sich klar sein, dass das auch eine Form von Kulturimperialismus ist, denn das sind eben kulturell gewachsene Eigenheiten, die zT daher rühren, dass es nie unsere Form der Aufklärung gegeben hat. Es IST so, dass wir damit unsere Form der Kultur anderen oktroyieren - aber diese würde sich mit wachsender wirtschaftlicher Eigenständigkeit häufig auch von selbst (nur viel viel langsamer) sicherlich auch einstellen - mit zunehmendem Reichtum wenden sich nun mal die Menschen sich selbst mehr zu als ihrer Tradition. Und  deshalb glaube ich wie Du, dass das klar europäisch-westliche Gebot der Achtung der Menschenrechte durchaus universell durchzusetzen ist.
Ausserdem: die Welt wird sich ob sie will oder nicht in ziemlich vielem kulturell einigen müssen - denn zunehmend gibt es nur noch eine Welt, und ist sie nicht einig, werden die Konflikte nur noch tödlicher. Und da ist es mir schon lieber, die Welt einigt sich auf MEINE Standards. 8-)

Zyankalifreund

#105
Universalität menschlícher Werte, westliche Standards, Industriestaatenkultur... Nuja. Das sind Begriffe, die man mit Globalisierung unweigerlich in Verbindung bringt... Also sind wir Globalisierungsbefürworter !? Wäre vermutlich zu einfach, das auf diese Dinge zu beschränken...

whoknows

#106
Du stellst die falsche Frage - denn wir sind einfach alle - alle auf dieser Welt!!! - Globalisierungs-erleber.
Es kann in einer Diskussion nur um die einzelnen Aspekte und Auswirkungen der Globalisierung gehen - man kann nicht gegen etwas sein, das einfach IST. Und zwar seit Jahrhunderten ist - nur eben in der letzten Zeit immer schneller und immer spürbarer.
Die Kommunikation zwischen den einzelnen Kulturen - und die klassischen Fehler, die hier begangen werden - sind zB ein wichtiges Thema wenn man über Globalisierung spricht. Wir alle wissen viel zu wenig darüber, weil wir einfach zu gewohnt sind, in unserem eigenen engeren Umfeld schon verschiedene Kulturen zu haben, andere Sprachen, andere Sitten, und so merken wir nicht, dass das trotzdem unser eigenes Umfeld ist, nämlich der westlich-europäische Raum. Dessen Lebensart und Erfahrungshorizont  ist aber in so unglaublich vielem ganz fundamental anders - und wir merken es nicht.
Alleine, was das Lächeln in unterschiedlichen Kulturkreisen für Bedeutungen haben kann, macht extrem viel aus, und das ist nur ein winzigkleines Beispiel  - und wie wollen wir friedlich und Lebens-verbessernd  für alle "zusammenrücken", wenn wir nicht mal mit gleicher "Sprache" miteinander reden können?

Bassmeister

Hat hier -glaube ich - schon mal jemand geschrieben: Gegen die Globalisierung zu sein, ist, wie gegen den Regen zu sein. Die Entwicklung ist einfach so seit es die Seidenstraße gab - oder sogar noch früher...
Die Frage ist: wie stellen wirs an? Wie immer: Es gibt nicht zuwenig (Geld Labensmitel...) es ist nur schlecht verteilt. Und scho sind wir mitten in der Politik, will sagen in zwischenmernschlicher Interaktion. Der Teufel steckt im Detail.


ZitatIch finde, es gibt Dinge, die gehören einfach bekämpft,
Nils, das stimmt, aber bekämpfen müssen es die Betroffenen und nicht George Bush oder Europa oder sonst wer. Wenn diese es dann nicht schaffen und sich Hilfe holen, mag das okay sein, aber sie müssen erst mal den Anfang machen. Sonst ist der Kampf auch recht aussichtslos.
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whoknows

Ein Hauptteil der Probleme, die die Welt heute hat (Klima ausgenommen) definiert sich letztlich über die Armut. Wenn wir beispielsweise die ganzen Beschränkungen und Schutzzölle aufheben würden, so dass die heute armen Länder auch Waren produzieren können, die sie verkaufen können, dann wäre das ein wesentlicher erster Schritt zu Allem. Länder wie Indien, Bangladesh, etliche afrikanische Länder könnten sehr wohl vor allem auf dem Agrar-Sektor genügend für den Export produzieren, und sich damit auch eine Grundlage für eigenen Wohlstand schaffen. Aber durch hohe Zölle und andere protektionistische Massnahmen wird das unmöglich gemacht.
Wenn man wohlhabend ist, dann hat man Zeit und Interesse, sein Leben auch in anderer Hinsicht (beispielsweise menschenrechte) zu verbessern, dann kommen Bildung und mit ihr der kampf um eigene Rechte quasi von selbst nach - nicht zuletzt auch wegen der Globalisierung: die Menschen haben die Möglichkeit, zu SEHEN, dass es etwas anderes gibt, dass man Unterdrückung, Frauenbeschneidung, Diskriminierung nicht hinnehmen muss.
Dabei aber gleichzeitig beispielsweise das Leben unserer Bauern im "Westen" auch zu sichern, ist eine Herausforderung. Man muss einfach die Aufteilung, wer was für wen produziert, verbessern und verändern. Klingt einfach, ist aber megakompliziert.

niels

#109
ZitatNils, das stimmt, aber bekämpfen müssen es die Betroffenen und nicht George Bush oder Europa oder sonst wer. Wenn diese es dann nicht schaffen und sich Hilfe holen, mag das okay sein, aber sie müssen erst mal den Anfang machen. Sonst ist der Kampf auch recht aussichtslos.

Grundsätzlich stimmt das sicher. Aber Menschen, die in starker Unterdrückung leben (wie eben z.B. Frauen im Sudan), haben halt oft nicht die Kraft oder überhaubt die strukturellen Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Wenn die Unterdrückungsverhältnisse dann auch noch tief in der jeweiligen Gesellschaft verankert und tradiert sind, kann sich oft nicht einmal die Perspektive zum Widerstand entwickeln.

Dann braucht es eben überregionale Netze und Bündnisse. Und diese wiederum werden halt meistens von Leuten initiiert, die materiell usw. dazu in der Lage sind, also von Leuten aus dem Westen.

Unter http://www.woz.ch/artikel/2007/nr23/international/15047.html gibts übrigens einen kleinen Artikel über den friedlichen Teil der Demo in Rostock. Solls ja auch geben. 

Lanie

#110
Niels schrieb:
ZitatGrundsätzlich stimmt das sicher. Aber Menschen, die in starker Unterdrückung leben (wie eben z.B. Frauen im Sudan), haben halt oft nicht die Kraft oder überhaubt die strukturellen Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Wenn die Unterdrückungsverhältnisse dann auch noch tief in der jeweiligen Gesellschaft verankert und tradiert sind, kann sich oft nicht einmal die Perspektive zum Widerstand entwickeln.

Dann braucht es eben überregionale Netze und Bündnisse. Und diese wiederum werden halt meistens von Leuten initiiert, die materiell usw. dazu in der Lage sind, also von Leuten aus dem Westen.

"Wer sich heute Nacht darum sorgt was er seinen Kindern morgen zu essen geben kann wird sich nicht über die Schönheit des Universums freuen" - George Orwell.

Ich stimme Niels zu. Menschliche Werte sind Werte die unbedingt durchzusetzten sind. Egal welche Traditionen und Taten nun kulturimmanent sind, es stellt sich eigentlich nur eine einfache Frage: Sehnt sich der Mensch nach freier Entfaltung und wenn ja: wie?
Den Wunsch auf freie Entfaltung unterstelle ich dem Menschen, denn zum Einen findet man jenen in den unterschiedstlichen Systemen wieder und zum Anderen ist es geschichtlich gesehen die einzige Gegenbewegung zum Konzept Herrschaft, in allen seinen Formen, die ich sehe. (außer vieleicht noch dem Konzept der Unterordnung aber hier entspricht der Willen zur jenen meistens einer Indoktrinierung und eher selten einem freiem Wunsch daher sehe ich dies als ein Teil des herschaftlichen Erfolges an.)
Interessanterweise bedienen sich auch die herrschaftsbedingten Systeme der Produkte eines herrschaftsbefreiterem Denken. Es ist schlichtweg oft kreativer und spricht die Untertanen mehr an. Die Anfänge der Propaganda lassen sich damit gut erklären. Egal. Auf was ich hinnaus möchte ist dass keine Kultur die Freiheitsbehinderung irgendeiner Art rechtfertigt, sich im Gegenzug aber die unterstützung von Freiheitsbestrebungen rechtfertigen lassen. Wenn nun ein radikaler Muslim/Christ/Neoliberalist/whatever sagt, dass ich damit nun ein "Kulturimperalist" wäre, so hat er erstens die Geschichte des Westens nicht verstanden, reduziert mich auf ein reines unreflektiertes Produkt der westlichen Geschichte und projeziert meine Ideen und mein Sein in sein dichotomes Weltbild. Diese Argumentation, egal ob sie sich in völkische oder religiose Masken versteckt, hält einer rationalen Argumentation nunmal nicht stand - das tun nur noch die Ideologien welche weiterhin nach Gründen in ihren Büchern suchen um Frauen weltweit zu unterdrücken, um zu proklamieren dass wir uns blöde schuften sollen obwohl rechnerisch bereits erwiesen ist das es auch anders gehen kann. Jede dieser Ideologien, weltweit, dient nur der Erhaltung ihrer Macht. Dazu wurden in der menschlichen Geschichte, bewusst oder unbewusst, nunmal -zig Konstrukte geschaffen die es abzubauen gilt. Sicherlich sind jene teilweise sehr kompliziert z.B. das Genderkonstrukt, sicherlich sind viele geschichtlich so stark verankert, dass es Probleme geben wird. Aber all diese Tatsachen sprechen nur mehr dafür, dass sie abgeschafft gehören. Dieser Prozess wird den Leuten lokal weh tun, denn in Ländern wie im Sudan z.B. ist das Patriachat eine Grundsäule der Gesellschaft. Da helfen Schulen, da hilft Aufklärung aber im Endeffekt muss das Patriachat, die Religion, die alte Denkweise überwunden werden um den Keim der Verklärung wirklich auf kleinster Flamme zu halten. Hier werden nichtmal alle Frauen mitmachen denn auch die soziale Macht innerhalb einer Gruppe von Frauen baut ja auf der sozialen Gewalt des ihr übergeordneten auf. Sie hat begrenzte Macht und aus dieser bilden sich oft bestimmte gesellschaftliche Strukturen heraus welche das sie unterdrückende System sogar noch stützen. (aber auch teilweise pervertieren oder den Keim der gewaltsvollen barbarischen Vernichtung in sich tragen.) Der Sozialpsychologe Erich Fromm hat dies mit den verschiedenen Gesellschaftscharakteren sehr interessant erklärt. Die Frage lautet nun: wie kann man den Menschen zur Selbstemmanzipierung treiben? Mit dem Knüüel hat man es probiert und der Knüppe trug allzu oft das Gesicht des Demagogen. Was gefragt ist: Autoemanzipierung. Hier, dort in Ruanda, global.

Wie das pauschal zu erreichen ist? Da gibt es kein Pauschalkonzept aber was ich weiß ist:

(vorsicht subjektiver Ausfall inklusiv)

Gegen Autoemanzipierung gehen die Herrscher der Kleinarmeen mit brutaler Gewalt vor, bei uns sieht es ein wenig besser aus: hier werden die Strukturen teilweise von der Bevölkerung selbst getragen, teilweise durch den Rechtsstaat verwirklicht. Gewalt gegen Autome wird erst legitimiert - so passiert in Rostock mit schwarzgekleideten Polizisten, so geschehen auch in der DDR.
Schließlich geht es uns ja "ganz gut" und die sichern nur die "Ordnung". (der Ausbeutung)
Soziale Freiräume mussen aber auch hier immer wieder erkämpft werden und Rechte werden immer wieder abgebaut. Die Repressionen im Vorfeld von G8 sind quasi ein klassisches Beispiel. Auch sehe ich täglich sozialstrukturierte Gewalt. z.B die täglichen Leistungsforderungen in der Schule welche sich auf dem Arbeitsmarkt fortsetzten und in der Präsentation der Medien durch Formate wie "Deutschland sucht den  Superstar" ins Perfide ausweitet - zur Nachmittagsunterhaltung für den Abgespannten ausgebrannten Mitarbeiter. Den ganzen Tag aufpassen, kaputt ackern und unintersante Gespräche hinterlassen Spuren die betäubt sein wollen. Das jene Gesellschaft sich angegriffen fühlt wenn man ihre FussballWM kritisiert, wenn man sich gegen Polizeigewalt mit außerparlamentarischen Mittel wehrt ist klar. Hier spielen Neid, Vorurteile aber vorallem die Angst um die Erhaltung des hart umkämpften momentanen Zustandes eine Rolle. Mit der Bereicherung des Lebensumstände, mit dem Ansammeln von immer neuen Müll, den einhergehenden Versprechungen von einem besseren Leben, mehr Sex oder gar Freiheit hat die Indoktrination der Wirtschaft bereits die Kräfte der reinen alten Herrschaftsformen übersprungen. Die Herrschaft ? Die kommt aus der Gesellschaft im Westen selbst. Die in Menschen die in Werbeargenturen arbeiten weil "sie es nunmal gelernt haben", Leute auf dem Bau die den Neuling runtermachen um sich der Beförderung sicher zu sein und Bürger der Meinung sind wir brauchen einen Pizzadienst oder Wirtschaftswachstum rette uns alle. Meinungen sind in Deutschland ganz wichtig. Viel vertreten. Wie immer aber sehr selten fundiert. "Wenige denken, aber alle haben eine Meinung" Schopenhauer. Die Heuchelei ist doch unerträglich. Da finden sich ein paar Autonome in einer riesigen Demo mit anderen Demoteilnehmern zusammen die ein paar gewaltätige freiwillige Ordnungshüter einer ekelhaten Ordnung angreifen, keiner von ihnen sagt das wäre konstruktiv aber die Medien und die Herrschaften vom Bundestag ziehen sich daran auf als wäre das alles was von der Kritik übrig bleibt, als wären sie gar ein Problem für den Staat oder ein Problem der Gesellschaft.  Und wenn dann noch ein ein paar Gutmenschen kommen, die sich darüber aufregen, das das nicht sein darf weil die Medien die Autonomen dann so fokusieren weiß ich nicht mehr ob ich da lachen oder weinen soll. Als ob die Entscheidung Merkels und der Anderen annähernd davon beeinflusst werden würden, als ob Spiegel deswegen besser schreiben würde oder die Bild sich auflösen würden, als ob der Polizist gezwungen wurde als Polizist zu arbeiten. Hier versucht ein großer Teil der Gesellschaft das moralisch Richtige im völlig falschen zumachen. Das ist so lächerlich das mir klar ist warum so viele aus der Hippiegeneration heute das sind was sie nunmal sind.

(sorry für den subjektiven Ausfall. Jener kann auch unbeachtet bleiben. :) )

Guntram

Ein wirkliches Ergebnis hat der Gipfel zumindest für Europa gebracht, das es ohne den Gipfel vermutlich nicht gegeben hätte (von den Pseudoergebnissen die unsere Kanzlerin verkündet hat rede ich nicht).

Putin hat Bush klassisch überfahren. Indem er bei dem Raketenschild für Europa Zusammenarbeit und die Benutzung bestehender russischer Radarstationen in Asien angeboten hat. Damit werden die neuen Radarstationen in Polen und Tschechien überflüssig und Bush wir erst mal kein Geld, ist näheres mit Rußland ausgehandelt ist, genehmigt bekommen. Und bis die Verhandlungen abgeschlossen sind ist bush nicht mehr im Amt.

Bushs Pläne brechen damit in sich zusammen. Insgesamt bedeutest das, das Putins Drohung wieder europäische Ziele für Nuklearraketen zu programmieren, sich erledigt hat und die Gefahr eines neuen Kalten Krieges vorerst zumindest abgewendet ist.

Natürlich wäre es besser, wenn es keine Atomwaffen gäbe, aber es ist immer noch besser wenn USA und Rußland in militärischen Fragen zusammenarbeiten als gegeneineander.

Hätten sich Bush und Putin nicht jetzt auf dem Gipfel getroffen, wäre es so schnell nicht zu so einem Angebot gekommen, vielleicht sogar nie. Und nachdem in den vergangen Wochen in der Presse stand hätte es böse ausgehen können. Ein neuer kalter Krieg ist das letzte was wir auf der Welt gebrauchen können. Den dann bleiben die Probleme in Afrika usw. erst recht auf der Strecke.

Was ich damit sagen will es ist wichtig das auch die Staatschefs miteinander reden. Reden ist wichtig und je öfters sie miteinander Reden desto eher kommt vielleicht auch was kleines dabei raus. Schließlich waren auch noch andere aus Afrika und Asien da.

Wenn sie nicht miteinander Reden kommt schließlich NICHTS raus.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

niels

Wer gegen den Gipfel protestiert, wirft den Staatschefs ja nicht vor, DASS sie miteinander reden, sondern worüber und mit wem.

Zum mit wem: Warum sollen es ausgerechnet diese acht Staatschefs sein, die über weltpolitische Fragen entscheiden? Was qualifiziert sie?

Zum worüber: Neben der geostrategischen Diskussion (um die ich auch froh bin) und der klimapolitischen (welche erwartungsgemäss diplomatisch und folgenlos war) gabs ja noch andere Traktanden, die zwar weniger an die grosse Glocke gehängt wurden, aber für die globale Situation äusserst gravierend sind. Zum Beispiel die weitere Liberalisierung des Weltmarktes.

Guntram

Muß der Weltmarkt mehr liberalisiert werden oder wäre es besser den Handel eher zu erschweren?
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

niels

Erschweren klingt ja so engstirnig, realitätsfern, negativ. Liberalisieren dagegen, das ist Freiheit, Fortschritt, ungeahnte Möglichkeiten...

Statt der Suggestionskraft dieser Begriffe zu erliegen, sollten wir uns für diese Diskussion vor Augen halten, was denn Liberalisierung des Weltmarktes meint. Wenn Märkte liberalisiert werden, wird die staatliche Regulation abgebaut. Schutzzölle, Kündigungsschutz, Mindestlohngesetze usw. werden reduziert oder abgeschafft, damit das Kapital ungehindert fliessen kann. Damit die Konzerne dort investieren können, wo es am günstigsten ist und wo sie nicht durch sozialstaatliche Einrichtungen oder gewerkschaftliche Schutzbedingungen behindert werden.

Dies alles geschieht auf dem Rücken der Armen. Je geringer der staatliche Schutz, desto mehr sind die Lohnabhängigen der Willkür der Konzerne ausgeliefert. Je weniger die einheimische Wirtschaft eines Landes durch Zölle geschützt ist, desto gnadenloser werden kleine Unternehmen von multinationalen Konzernen überrollt.

Das Credo des Marktliberalismus ist ja die Bedingungsgleichheit. Aber wenn ein Kleinbauer und ein Nahrungsmittelmulti zu gleichen Bedingungen sich auf dem Weltmarkt behaupten müssen, geht der Kleinbauer zugrunde, weil er niemals so billig produzieren kann wie der Multi.

Mit Freiheit hat Liberalisierung also gar nichts gemein, im Gegenteil, für die Schwachen der Gesellschaft bedeutet sie immer mehr Zwang und Verelendung.

whoknows

#115
Ich halte das für ein klein wenig überbewertet - und vor allem wiegt es nicht den Vorteil auf, dass bei einer Abschaffung von beispielsweise Schutzzöllen endlich die wirklich armen Länder etwas produzieren könnten, von dem sie auch verdienen. Im Moment schieben wir denen Geld in den Arsch, und lassen es gleichzeitig nicht zu, dass dieses Geld auch nachhaltig für Verdienstfördermethoden wie Agrarproduktion für den Export und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt wird. Wir benehmen uns - eben genau durch diese protektionistischen Massnahmen - ganz genau wie die alten Eroberer der vergangenen Jahrhunderte: Wir schenken Glasperlen und lassen nicht zu, dass die Leute in diesen Ländern es selbst zu was bringen. Das ist Bigott hoch zehn.

In den vergangenen 20 Jahren haben  trotz der weltweiten gravierenden ökonomischen Veränderungen die europäischen Nationalstaaten ihre jeweils eigenen Sozialsysteme weitgehend beibehalten und sich nciht in Richtung "eines Modells" entwickelt, und der Wettbewerb der transnationalen Konzerne um vorteilhafteste Bedingungen ist auch nicht in einem Masse angestiegen wie es befürchtet wird und wurde.
Staaten, die eine starke Gewerkschaft haben, eine repräsentative Demokratie und eine gewachsene soziale Absicherung haben bewiesen, dass dass sie in der Lage sind, potentiell negative Auswirkungen der internationalen Kapitalsmobilität weitgehend abzufedern. Vor zwanzig Jahren haben alle schon den Teufel an die Wand gemalt - und trotzdem geht's uns heute besser denn je.
Wer allerdings erwartet, dass ein Verschenk-System, wie es Deutschland in den letzten Jahren seit dem Wirtschaftswunder praktiziert hat, weiter konkurrenzfähig bleibt, der irrt natürlich. Aber so ein System ist letztlich ja auch für den eigenen Staat kontraproduktiv, denn Menschen, die nicht arbeiten müssen (und trotzdem so richtig westlich- toll leben können!!) werden faul, blöd, krank und letztlich auch gefährlich (weil gewalttätig aus Langeweile & Leere).
Hier einen tragfähigen Ausgleich zu schaffen - zwischen einer Öffnung des Marktes und einem klugen Schutz der eigenen Bürger - ist die Politik gefordert. Ebenso selbstverständlich, dass dafür gesorgt ist, dass kleine und mittelständische Unternehmen überleben können - gar keine Frage. Aber eben: diese Angst geht seit Jahrzehnten um, und natürlich ändert sich die Welt - aber bei weitem nicht in dem Masse, in dem es angedroht/befürchtet wurde. Und überdies: auch die Vergangenheit - und die Diskussion gegen/um freie Märkte gibt es ja nicht seit gestern - zeigt, dass es immer noch kleine und mittelständische Unternehmen gibt. Man muss weiter aufpassen, und man muss weiter kämpfen, das ist klar - aber gegen eine Abschaffung von protektionistischen Massnahmen (Importbestimmungen betreffend!) zu sein, ist schlicht unfair.

Zu hoffen oder zu wünschen, dass sich gar nichts ändern wird, ist erstens eine Illusion und zweitens wird dann jeder Anspruch auf Solidarität mit schwächeren Ländern zu einer glatten Lüge.Denn den sogenannten Drittweltländern hilft ausschliesslich eine Änderung der protektionistischen Haltung der westlichen Länder, um selbst ein tragfähiges und "erwachsenes" Land werden zu können.

Aber - let's face it: Es gibt seit etlichen Jahrzehnten die Möglichkeit, weitgehend freien Handel (leider eben nur in eine Richtung!) zu führen, und es hat immer noch kein schrankenloser Wettbewerb um Sozialabgaben oder niedrige Arbeitsstandards stattgefunden. Wäre die Gefahr so gross, wie manche behaupten, so hätten wir in den letzten Jahrzehnten ganz andere ölonomische Veränderungen erleben müssen.

Und übrigens: NUR dann, wenn die sogenannten Drittweltländer ihre eigene Agrarwirtschaft, ihre Industrie etc aufbauen können (weil sie nämlich Waren produzieren können, die auch jemand kauft) - nur dann werden sich dort auch Gewerkschaften und eine repräsentative Demokratie die den Namen verdient herausbilden können. Das hängt nämlich auch damit zusammen, dass Menschen Rechte einfordern können, weil sie (durch ihre benötigte Arbeitskraft) auch die Macht haben, das zu tun. Solange des sowohl Wirtschaft als auch Politikern dieser Länder wurscht ist, wie der "ich baue ein bissel Mais für meine Familie an -" Bauer lebt, so lange wird er auch nicht besser leben. Aber wenn er exportiert, wenn seine Arbeitskraft für die Allgemeinheit gebraucht wird, wird man ihn hätscheln müssen. So war es bei uns, so war es in allen Ländern, die sich entwickelt haben: als die Leute mehr produziert haben, sind auch die Arbeitsbedingungen besser geworden, die Demokratie hat sich entwickelt.

niels

Die Reformen, die IWF und Weltbank von den Entwicklungsländern verlangen, richten sich ja nicht einfach gegen den Protektionismus des Westens, sondern gegen staatliche Regulation partout, also vor allem Zollbeschränkungen, Gewerkschaftsnormen und sozialstaatliche Einrichtungen, die die jeweiligen Länder aus eigener Kraft erkämpft haben. Und solche Reformen zerstören dann eben diese Möglichkeit, die Auswirkungen der Kapitalsmobilität abzufedern.

Und was Europa betrifft: Dass es uns heute besser geht denn je, das möchte ich glatt bestreiten. Der ständig wachsende Wettbewerbsdruck auf dem Arbeitsmarkt hat auch bei uns zu Verarmung, Stressbelastung usw. geführt, wie es zu Zeiten des Keynesianismus, etwa in den 60ern, nicht denkbar war.

Und: Die Macht, Rechte einzufordern, weil die Arbeitskraft benötigt wird, genau diese Macht schwindet ja ständig. Denn erstens gibt es ja immer weniger Jobs, und zweitens ist dies genau eine der Auswirkungen der Kapitalmobilität: Wenn die Arbeiter einer Grossinvestoren-Fabrik in Nicaragua sich beschweren und ihre Rechte einfordern, nu, dann zieht der Grossinvestor halt um an einen Ort, wo die Menschen nicht murren können über miese Arbeitsbedingungen.

whoknows

Ich habe nie behauptet, dass IWF und Weltbank NICHT Handlanger des Westens seien.
Das ist es ja, was ich anprangere - dass sie eben nicht den Protektionismus des Westens zumindest anzukratzen versuchen.

Und Du kannst gerne bestreiten, dass es uns heute besser geht denn je - aber ein Blick in die Zahlen und ein bissel genaueres Hinterfragen wird Dir zeigen, dass Du aus rein subjektiver Sicht einen klaren Fakt bestreitest. Ja, die Stressbelastung ist gestiegen - aber das hat nichts mit dem Wohlstand an sich zu tun. Verarmung? Die Definition von Verarmung im Westen hat sich angepasst. Oder hätte man vor 50 Jahren als arm gegolten, wenn man im Besitz eines Fernsehers, einer Waschmaschine, einer Spülmaschine und eines Autos ist?

Und das mit den ständig wandernden Grossinvestoren ist ein Gefahr, die uns seit 20 Jahren immer wieder beschworen wird - es findet auch statt, hin und wieder - aber bei weitem nicht in dem Ausmass, in dem es uns angedroht wird - genau das sage ich auch weiter oben.
Natürlich, mit der Verlagerung der ART von Arbeit, weg von Mittelständischer hin (oder besser: zurück!) zu reiner Arbeiter-Arbeit, aufgrund von Computerisierung etc, hat sich einiges verändert, und darauf muss man reagieren - gar keine Frage. Aber  sich durch Verweigerung wieder in die alten und endgültig vergangenen Zeiten zu wünschen nützt genau nix.
Auch wenn es so wirkt, als würde der "Klassenkampf für Arbeiter" wieder zurückkommen, dem die Linke so orientierungslos nachgeweint hat - es sind trotzdem neue Feindbilder, und es wird Zeit dass man auf anders gelagerte Mechanismen auch mit anders gelagerten Forderungen reagiert.

niels

Da hast du sicher recht, der ganze Klassenbegriff ist ja gar nicht mehr haltbar, da kann es auch keinen Klassenkampf im marxistischen Sinne mehr geben.

Mit der Verweigerung des Neoliberalismus signalisiert man nicht, dass man sich den Fordismus oder sonst irgendein älteres Stadium des Kapitalismus zurückwünscht. Man signalisiert lediglich, dass man die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse nicht billigt. Freilich ist solche Verweigerung nur ein Teil der nötigen Arbeit, es braucht auch Kritik, Vorschläge, Projekte usw., also Arbeit die nicht zurück-, sondern vorwärtsgerichtet ist.

Wenn ich im Weiteren behaupte, dass es uns heute nicht besser geht denn je, dann durchaus nicht aus dem Bauch heraus. Da gabs schon ein paar Blicke in die Zahlen und ein bissel genaues Hinterfragen. Kommt halt drauf an, welche Zahlen man berücksichtigt. Pro-Kopf-Einkommen, BIP, "Wohlstand" usw., das ist fast ständig gestiegen. Nur sagen für mich diese Fakten wenig aus darüber, wie gut es den Menschen geht. Höhe der Sozialleistungen und Kulturausgaben, reale Arbeitslosenrate, Anzahl von Billiglohnstellen, Kriminalitätsrate, Selbstmordrate usw. sind da schon aufschlussreicher. Und halt auch eine Menge qualitativer, kaum messbarer Veränderungen, wie eben zunehmende Stressbelastung oder Orientierungslosigkeit, muss berücksichtigt werden. Und das ist wohl auch nicht ganz ohne "Subjektivität" zu haben, das Wohlergehen kann gar nie ein "klarer Fakt" sein.

Ich finde ausserdem, dass der Streit darüber, ob es jetzt besser oder schlechter ist als noch vor sagen wir zehn Jahren, zwar nicht unwichtig ist, aber doch an der wichtigsten Sache vorbeizielt: Die jetzige Situation in der Welt ist ganz einfach in höchstem Masse alarmierend und es besteht dringender, tiefgreifender Handlungsbedarf. Ob da jetzt die schlimmsten Befürchtungen eingetroffen sind oder nicht, finde ich nebensächlich.

whoknows

Jein. Denn es ist schon nicht ganz uninteressant, ob sich Befürchtungen bewahrheitet haben oder eben nicht - für die zukünftigen Strategien. Es hat ja wenig Sinn, immer vor einem Risiko zu scheuen, wenn sich schon längst erwiesen hat, dass die Bedrohungen woanders liegen.
Und ich glaube, dass sich ja nicht unbedingt  die Zahl zB der Depressions oder Stress-kranken erhöht haben muss - die Messungen haben sich verändert, was wir als Krankheit (an)erkennen und mitrechnen das sollte man nicht unterschätzen. Ich glaube nicht, dass  - zumBeispiel - nur, weil es heute mehr Scheidungen gibt, deswegen notwendiger Weise auch die Zahl der unglücklich verlaufenden Beziehungen gestiegen ist. Aber Du hast natürlich Recht: es hat keinen Sinn, zu streiten, ob wir ärmer oder unglücklicher sind oder nicht - wichtig ist, DASS es Arme und Unglückliche gibt.

Noch etwas treibt mich immer wieder um: Klar, man muss dafür sorgen, dass die Menschen Jobs, Lebensqualität und arbeitsrechtliche Mindestbestimmungen behalten können - aber: wenn wir dafür sind, dass die sogenannte "dritte Welt" sich verbessert, dann müssen wir zugleich in Kauf nehmen, dass sich die Qualitäts-standards ANGLEICHEN - dh es kann nicht gehen, dass es uns weiter immer besser und besser geht, und den menschen in Afrika auch - logischer weise werden wir etwas von unserem Wohlstand abgeben müssen - und Wohlstand heisst eben auch: die Untergrenze der arbeitsrechtlichen Mindeststandards wird hier wohl etwas sinken, wenn sie sich "drüben" etwas anhebt - um der Konkurrenzfähigkeit Willen. Gerade die Linke, die laut schreit, wie schlecht es den Menschen in den Schwellenländern geht ( 1 Fünftel der Menschheit muss von weniger als 1 Dollar am Tag leben - im Vergleich dazu hat 1 Fünftel der Menschheit 98% des weltweiten Wohlstands!!!) schreit dann eben genauso laut, wenn unseren verhältnismässig reichen Menschen was weggenommen wird, das wir aber AUF KOSTEN der armen Länder haben, nicht TROTZ ihnen.... Also: wir müssen uns wohl oder übel etwas einschränken, wenn wir teilen wollen. Auch wenn's schwer fällt.

niels

#120
Glaube ich auch.

Für mich ist indes nicht ein Lebensstandard im Durchschnitt zwischen Westen und dritter Welt das realistische und wünschenswerte Ziel, sondern ein deutlich höherer. Denn es gibt nicht einfach soundsoviel Ressourcen, die z.Z. falsch verteilt sind; Unmengen von Ressourcen werden auch einfach vergeudet, ohne dass irgendjemand etwas davon hat. Und dies ist m.E. der kapitalistischen Produktionsweise geschuldet, die ich als höchst ineffizient und irrational einstufe (mein ceterum censeo, hoffentlich gehts euch noch nicht auf die Nerven...). Wenn wegen dem Marktdruck täglich tonnenweise Lebensmittel auf dem Müll landen und Produkte in unsinnig langen Transportwegen von Firma da zu Firma dort gekarrt werden, bis sie fertiggestellt sind, dann ist das alles andere als vernünftige Ressourcennutzung.
Bei einer Produktionsweise, in der die Menschen entscheiden, was hergestellt wird, und nicht die gespenstische "unsichtbare Hand der Märkte", stünden also viel viel mehr Mittel zur Verfügung, um für alle einen guten Lebensstandard zu sichern. (Laut einer Studie der Welternährungsorganisation produzieren wir genügend Essen für 12 Milliarden Menschen, stellt euch das mal vor!).

Auch abgesehen davon finde ich es legitim, die (relative) Verarmung im Westen anzuprangern, solange es Leute gibt, die mit ihrem Einkommen ganze Landstriche ernähren könnten und stattdessen in blödsinnigem Pomp ihr Dasein fristen.

whoknows

Du hast Recht.
Ausser:
ZitatBei einer Produktionsweise, in der die Menschen entscheiden, was hergestellt wird, und nicht die gespenstische "unsichtbare Hand der Märkte"
Die Märkte - das SIND alles einzelne Menschen.
Wer war das, der gesagt hat, es ist nicht nötig, sich ein überirdisches "Das Böse" vorzustellen - die Menschen sind absolut fähig, das alles ganz allein hinzukriegen.

Es sind die Menschen, die ein System erschaffen, von dem sie profitieren. Irgendwann kommen dann ein paar dieser Menschen drauf, wie SIE noch besser von dem jeweiligen System profitieren können - auf Kosten von vielen anderen Menschen, die ja denen unbekannt und daher auch wurscht sind. Und solche - nämlich die, die gerne auf Kosten von anderen profitieren - wird es immer wieder geben. Eine Sysiphos Arbeit. Natürlich könnten wir alle gut leben, und natürlich könnte es längst viel mehr Resourcen-schützende Energie geben etc pp - WENN da nicht immer irgendwo Menschen dazwischen stünden, die daran mehr verdienen, dass es das alles nicht gibt. Und es gilt eben, die Systeme weitgehend auf Druck der VERLIERER so zu gestalten, dass die paar GEWINNER nicht mehr so locker agieren können. Aber: Veränderungen von Systemen kommen nicht auf leisen Füssen daher - nie. Und ein Pendel schlägt immer erst mal in die "andere" richtung zu sehr aus, bis es sich einpendeln kann.

niels

#122
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischendrin. Freilich sind es Menschen, die das wirtschaftliche System reproduzieren, und in manchen Fällen spielt wohl auch die Profitgier von einzelnen eine Rolle (da hab ich vielleicht auch ein paar blinde Flecken...). Und doch hat der ökonomische Apparat eine Eigendynamik und Eigengesetzlichkeit, die zu einem Gutteil hinter dem Rücken der Menschen abläuft. Unternehmer beuten ihre Angestellten meistens nicht deshalb aus, weil sie böse und geldgierig sind, sondern weil sie Profit machen müssen, um auf dem Markt zu bestehen. Und das Essen wird nicht aus Grausamkeit oder Ignoranz weggeworfen, sondern weil sonst alle bis Ladenschluss warten würden, und die Nahrungsmittelverarbeiter pleite machen würden.

Und -mein Hauptargument- hergestellt wird grundsätzlich nicht in erster Linie das, was benötigt wird, sondern wofür sich ein Absatzmarkt finden lässt. Wohnungen werden nicht gebaut, wenn das Bedürfnis danach besteht, sondern wenn "es sich rechnet". So entsteht die skurrile Situation, dass es nicht genug Wohnungen gibt, während im Supermarkt tonnenweise sagen wir Geburtstagsgrusskarten mit eingebautem Ventilator rumstehen, die dann auch noch gekauft werden, weil die zahlungskräftigeren Leute dank Nonstopwerbung meinen, sie bräuchten so etwas.

Deswegen meine ich, dass im jetzigen System die Menschen nicht darüber entscheiden, was benötigt wird und daher hergestellt werden muss, sondern sich nach dem Diktat des Marktes richten. Das zeigt sich auch im ewigen Wettbewerbs- und Sachzwanggeschwafel der Politiker ("wir müssen den Standort soundso verbessern" u.dgl.). Und in den Gesetzen des Marktes spielen menschliche Bedürfnisse nur eine Nebenrolle.

Solcherlei Kritik darf natürlich nicht dazu führen, dass man im Markt oder sonst einem System das transzendentale "Böse" sucht. Denn, eben, er ist ja menschengemacht. Mir ist einfach der Blick für Strukturen wichtig, denn diese sind m.E. mächtiger sind als persönliche Willkür.

whoknows

So ist das mit Systemen - und meistens ist es so, dass sie sich "irgendwie eingebürgert" haben, oder man als Einzelner garnicht aussscheren KANN - oder  zumindest nur mit so massiven Nachteilen, dass man nicht will.  Oder man GLAUBT, man kann nicht ausscheren, hat Angst, in's Hintertreffen zu geraten.
        In der Nazizeit war das ja auch so - alle haben mitgemacht, zB bei den Wehrmachts-Erschiessungskommandos, und haben dann gesagt: wir mussten! Aber - nein, es gab immer wieder mal einzelne, die sich geweigert haben, und denen ist auch nix passiert.

solche Wirtschaftssysteme  sind einfach Massenbewegungen - und sie funktionieren auf diesen Parametern. Ja, oft genug ist es tatsächlich so, dass der einzelne nicht oder nur schwer ausscheren kann - aber meistens geht es genau dem Einzelnen um noch ein klein bissel mehr Profit. Kein Mensch - und auch kein System - verlangt von Zuckerproduzenten, dass der Zucker drei mal um den Erdball reisen muss, bevor er beim Konsumenten landet. Aber es gibt Subventionen abzustauben. Und dann sagt man: Jaaa - aber die Umpack-Firma in Marokko verdient ja auch daran, das sind Arbeitsplätze! Was für eine Augenauswischerei.

Ähnlich wie auf der Autobahn im Stau: erst steht man ne Weile, dann fährt der erste über den Pannenstreifen, und schon sind es viele, die das tun - und wenn man Pech hat, ist dann auch der Pannenstreifen ein Staustreifen. Und alle, die NICHT über den pannenstreifen fahren, sind die Verlierer.
Anständig sein rechnet sich eben nicht - oder selten oder kaum. Und das sind aber dann sehr wohl einzelne, die alle ihr schlechtes Benehmen rechtfertigen mit irgendwas von "sonst würden wir ja untergehen".

Bassmeister

Ja. Wenn es einen plötzlich selbst betrifft, dann ist es gaaaanz was anderes. Als Allgemeinplatz läßt es sich wunderbar schwadronieren. Da nehm ich mich selbst nicht aus und frage mich: was mach ich dagegen??
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]