AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!

Begonnen von Lanie, 17. Mai 2007, 14:18:33

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Guntram

#50
Drücken wir es mal so aus. Die Rechten haben im Hintergrund ein paar sehr intelligente Köpfe - neben der Masse die die Wirtshausparolen verbreitet - und sind sehr professionell organisiert. Der professionelle Überbau fehlt den Linken, so mein Eindruck.

Außerdem sind sie sehr diszipliniert. Ich wette bei der Großdemo in Schwerin werden die sich so mustergültig verhalten wie eine Gruppe aus einem katholischen Internat. Und hinterher werden sie groß verkünden bei uns war es friedlich, die Krawalle waren anderswo. Egal was sie an andere Demo-Orten machen. Das ist öffentlichwirksam.

Abgesehen davon ist es paradox, die Rechtren sind gegen Globalisierung sind aber selbst International perfekt organisiert. Was natürlich NICHT an die große Glocke gehängt wird.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

whoknows

Ja, genauso geht's mir auch - schon seit einiger Zeit, seit die linken das Palästinenser-Thema auf eine Art und Weise umarmten, die stellenweise schon erschreckend antisemitische Züge annahm. Plötzlich war die Rechte (ok, also die Konservativen) weniger antisemitisch als die Linke - da fing bei mir ein Nachdenkprozess an - der inzwischen endete bei der Erkenntnis: diese alten Kategorisierungen funktionieren heute einfach nicht mehr. Unter Anderem deshalb, weil der Linken die Klientele im Westen abhanden gekommen ist - den "normalen ARBEITER" gibt es kaum noch - die Mittelschicht wurde immer breiter, auf Kosten der "Unterschicht" - leider nicht auf Kosten der Reichen. Also müsste sich die Linke neue "Underdogs" suchen, die unterstützenswert sind. Genau das hat sie aber grossteils versäumt, kommt immer noch mit derselben Rhetorik daher, obwohl sich die Produktionsbedingungen und die Bedrohungsszenarien  - und damit die Überlebensstrategien  - deutlich verändert haben. Die Gewerkschaft zB arbeitet häufig deutlich am Zukunftsorientierten vorbei.

Die rechte indes wird leider immer schlauer, immer mehr Wolf im Schafspelz - und eben durch die geänderten Bedingungen treffen sie hin und wieder sogar einen richtigen Kern - wie peinlich und ärgerlich.
Oft genug kommen da Punkte, gegen die, wie es im Artikel heisst, man eigentlich garnicht sein kann - das ist einfach eine geniale Strategie - und die Linke ist da viel zu empfindlich, viel zu "anständig" wenn ihr so wollt - jedenfalls leider eben nicht erfolgversprechend.
Ausserdem ist natürlich eine der grössten Achillesfersen der Linken, dass sie so zersplittert ist. Das ist die Rechte nicht, die lassen, um ihre Ziele zu erreichen, auch mal fünfe grade sein. Das ist eine definitive Stärke und die Linke will daraus nicht lernen - es gilt immer noch der alte Wecker-song mit "halblinks-mitte und mittelinksrechts und so (ich weiss nicht genau den Text) es endet mit "Und der Nazi lacht sich eins, denn das weiss auch er - gegen diese Linke hat er es nicht schwer."

Guntram

@whoknows
Weil du auf Israel kommst, ich will jetzt nichts falsches schreiben, aber Einwanderer in Israel aus Rußland (also vermutlich Juden) sollen teilweise sehr rechtsradikal und teilweise antisemitsch(!!!) sein. Wie ich diese Aussage werten soll oder wie das insgesamt zu werten ist weiß ich noch nicht. Aber manche Mensche scheinen alles unter ihren geistigen Hut zu bringen. Die Quelle halte ich übrigens für zuverlässig.
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Werner

Zitat... aber Einwanderer in Israel aus Rußland (also vermutlich Juden) sollen teilweise sehr rechtsradikal und teilweise antisemitsch(!!!) sein.
Fehlt nur noch schwarz und atheistisch..

whoknows

#54
Ja, aber das ist ein alter Hut - erstens: es gibt immer wieder Angehörige einer Minderheit, die genau diese Minderheit nicht mögen (siehe Michael Jackson, der lieber weiss wäre) - krank und blöd, aber was soll man machen.
Zweitens: Gerade in Russland ist Antisemitismus, Antihomosexualität und Frauenfeindlichkeit (die sehr sehr häufig Hand in Hand gehen, da gibt inzwischen schon Studien dazu) in weiten Kreisen nachgerade tradionell - und es gibt einen ganzen Haufen ziemlich faschistoider Menschen - das ist also nicht verwunderlich, wenn jemand in so einem Umfeld aufwächst und nicht "aufwacht", dass da Tendenzen einfach weiter schwelen,
und drittens: es gibt ziemlich viele Russen, die nach Israel einwandern und einfach nur behaupten, Juden zu sein - es gab natürlich vor dem Fall des eisernen Vorhangs viel mehr, das war eine Chance aus dem Land zu kommen - Israel ist ein reiches Land, und wenn man Jude ist, wird man ohne wenn und aber aufgenommen - und viele Russische Juden können/konnten nicht beweisen, dass sie Juden sind, weil sie es über Generationen versteckt haben - ein leichtes also für Schwindler, sich da hineinzuschummeln.
Der antisemitismus in Russland ist extrem, bis heute - und wenn man aufwächst in dem allgemeinen Verständnis, das Juden was Schlimmes sind.... In Rumänien ist es heute so mit den Roma und Sinti - als ich da war, war ich echt fassungslos, dass auch hochgebildete, links stehende und liberal denkende Menschen - in allem, ausser dem - unfassbar Anti-roma und sinti waren. Bis hin zu "Die stinken, die stehlen" - ganz offen und als Fakt vorgebracht, so wie wir heute beispielsweise sagen: ja, Rauchen ist ungesund.
Es kann auch noch was sein - die ultra-orthodoxen Juden provozieren Nichtorthodoxe und wenig reflektierte Menschen  immer wieder zu Äusserungen, die mit einiger Rhetorik  auch als antisemitisch zu werten sind - und sogar faschistoid, indem sie beispielsweise das Lebensrecht der ultraorthodoxen in Frage stellen - auch das könnte es sein. oder die Provozierer selbst können so verstanden werden Beispielsweise kann es passieren, dass in einem ultraorthodoxen Viertel jemand einen Draht quer über die Fahrbahn spannt, falls jemand am Schabbes mit Fahrrad oder Motorrad fährt (gilt als religiös verboten) - was natürlich zu üblen Verletzungen führen kann - das kann man auch als antisemitisch und faschistoid auslegen - denn es sind ja Juden, die da durchfahren....

Jedenfalls:  Menschen machen  immer wieder die unglaublichsten Dinge, und Juden sind da auch keine Ausnahme - wer das denkt, ist letztlich auch nicht frei von Vorurteilen....

Andrea

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es zu großen Veranstaltungen wie den G8 "automatisch" Demos geben "muss". Ich meine, wenn man konsequent ist, könnte man auch sagen: Nicht nur dieser G8-Gipfel, sondern auch die Demo kostet Geld. Ich will damit nicht sagen, dass man nicht demonstrieren soll. Ich war selbst früher oft auf Demos, sofern ich die Beweggründe kapiert habe. Ich bin zu wenig informiert über die G8-Punkte, ich kriege überall mit: Gipfel findet statt, Demo auch, aber mir fehlen die Teil-Stücke, um generell "dagegen" zu sein.
Irgendwie erinnern mich derlei Demos an den Opernball und die Demo dazu in Wien. Ich wollte immer mit. Meine Freunde meinten aber, für mich als Blinde wär das zu gefährlich. Wenn man rennen muss, dann bin ich vielleicht zu langsam. Jahre später denke ich: Ich MUSS da nicht dabei gewesen sein. Wenn die Reichen feiern wollen, wenn sie es jedens Jahr tun, kann ich das mit einer jährlichen Demo nicht verhindern. Und mittlerweilen denke ich auch: Wenn's ihnen Spaß macht....
OK, Klar, G8 ist da was anderes, weil politisch. Und ich finde auch, wenn jemand sich total informiert hat und demonstrieren will, ist das legitim. Ich hätte mitfahren können, aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich zu wenig weiß.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Burkhard Ihme

#56
Ein bißchen Gewalt


Unsre Erde ist in keiner sehr beneidenswerten Lage,
sie versinkt schon bald in Terror und Gewalt.
Und so stellt sich nun die Frage: wie vermitteln wir die Werte,
die uns Jesus einstmals lehrte und die Dylan schon besang
an unsre Kinder ohne Folter oder Zwang.

Unsre Kinder sind die Zukunft dieses sterbenden Planeten,
sie bestimmen sein Verderben und Gedeihn.
Drum nehmt den Kindern die Pistolen aus der Hand und lehrt sie treten,
wo ein Fußtritt völlig reicht, da muß ein Kopfschuß doch nicht sein!

Ein bißchen Hauen, doch nur Größere und Stärkre,
ein bißchen Hauen in gerechtem Zorn und Grimm,
ein bißchen Hau'n, wenn ich mich ärgre, ist im Grunde legitim,
ein bißchen Hauen ist doch gar nicht mal so schlimm.

Ein bißchen Bomben, nur auf ausgewählte Ziele
Ein bißchen Bomben, wenn du unzufrieden bist.
Ein bißchen Bomben, nicht zu viele und in angemessner Frist
Ein bißchen Bomben, wenn es unvermeidlich ist.

Ein bißchen Krieg, doch nur für eine gute Sache!
Ein bißchen Krieg, nur für das Wohl der ganzen Welt!
Ein bißchen Krieg, doch nicht aus Rache, nicht aus Angst und nicht für Geld:
Ein bißchen Krieg, damit der Frieden länger hält!

Ein bißchen Tod, doch nur für die auf unsren Listen,
Ein bißchen Tod, damit die Erde nicht mehr bebt.
Ein bißchen Tod für den Statisten, der die Sterberate hebt,
ein bißchen Tod, damit die Menschheit überlebt.

Ein bißchen Hölle, aber nicht in meinem Garten,
ein bißchen Hölle, nicht auf unserm Kontinent.
Ein bißchen Hölle, denn wir warten schon so lang aufs Happy end,
ein bißchen Hölle, daß der Himmel nicht verbrennt.

niels

Gefällt mir gut.

Nur das Wort "Anarchie" ist in diesem Zusammenhang etwas seltsam. "Anarchie" meint die befreite, herrschaftslose Gesellschaft. Du meintest wohl Chaos, Strukturenlosigkeit, Faustrecht o.ä. Das hat mit Anarchie aber nichts zu tun.

Die Gleichsetzung von Anarchie und Chaos ist eine alte und bewährte Diffamierungsstrategie gegen die Anarchisten, der wir nicht aufsitzen sollten.

Burkhard Ihme

#58
Ich habs geändert, auch wenn der korrekte Gebrauch des politischen Begriffs "Anarchie" in einem so unkorrekten Lied eigentlich eh unpassend wäre.

P.S. Noch mal geändert. "Anarchie", aber auch "Apathie" kommen nicht mehr vor (work in progress eben).

whoknows

Aber Apathie ist jedenfalls, finde ich, viel besser, weil es tiefer greift.

whoknows

Hier noch mal ein ziemlich interessanter Artikel zum thema Globalisierung:
http://blog.zeit.de/herdentrieb/?p=171

Dagmar

#61
Ich bin schon sehr müde um die Uhrzeit, um noch alle Beiträge sorgfältig zu lesen in diesem thread. Bar Kenntnis also der bis hierher geschrieben Beiträge meine Meinung:

Man wird tagen und verhandeln müssen, um weiter zu kommen. Per se und grundsätzlich "gegen" eine derartige Konferenz zu sein, ist für mich deshalb komplett idiotisch - und ich habe bislang auch noch keinen Beitrag gehört oder gelesen (wo auch immer), der mich überzeugt hat, dass ein solcher Gipfel per se unterbunden gehört. Nix miteinander reden soll also besser sein..?!?!???? Aha..........

Man wird aber auch demonstrieren und auf die Mißstände der Weltwirtschaft und Globalisierung aufmerksam machen müssen, damit die acht Leutchen samt Corona dort nicht "vergessen", um welche dramatischen Konsequenzen der Globalisierung es geht. Das wird aber kaum Auswirkungen haben, wenn man meterhohe Zäune zieht und das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung derart einschränkt, dass niemand der Gipfelteilnehmer von Gegenmeinungen und Warnungen etwas mitbekommen wird.

Hoffentlich also entscheidet kurzfristig genug das BVG für eine Aufhebung der Bannmeile!
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

whoknows

Jetzt nimma.
Ich finde es irre schade, dass ein paar Arschlöcher immer dabei sind, die dann den Menschen, die ein echtes Anliegen haben, den Weg versperren.

Im Übrigen leiden beide Seiten unte einem schweren Kommunikationsdefizit.
Wenn die Veranstalter die Sicherheitsmassnahmen (zumindest offiziell) auf die Angst vor Terroristen schieben würden, anstatt auf die Demonstranten, und wenn die Demonstranten der Öffentlichkeit klar machen könnten, dass sie tatsächlich ganz konkrete Anliegen haben, und eben  nicht " nur gegen g8 & den Gipfel an sich" sind, wäre vielleicht manches leichter zu erreichen.

Guntram

#63
Ein Vertreter der Veranstalter hat die Polizei beschuldigt die Demonstranten provoziert zu haben. Kann ich nicht gelten lassen, da Molotow-Cocktails flogen. Die waren mitgebracht und mir kann keiner erzählen das einer der Molotow-Cocktails mitbringt die wieder mit nach Hause nimmt. Die wären immer geflogen auch wenn im Umkreis von 10 km kein einziger Polizist gewesen wäre.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
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whoknows

Ich bin immer wieder auf's Neue empört und verblüfft, wenn mir wieder mal vor Augen geführt wird, dass es letztlich die Medien sind, die die Macht im Staate haben, und die Journalisten immer weniger Anstand haben, mit dieser Macht wenigstens halbwegs anständig umzugehen.
Ich komme drauf, weil man zB hier in den Berliner Medien nur hört, dass "Alle Veranstalter die Ausschreitungen auf's Schärfste verurteilen, sie seien durch nichts zu entschuldigen" - das heisst nicht, dass Deine Quelle oder meine Quelle jetzt falsch sind, es heisst nur: die Journalisten geben weiter, was ihnen in den Kram  (oder zu ihrem Medium) passt, verstärken und verändern so Aussagen, und das einzige, das wir wissen können, ist, dass keine Information, die wir kriegen, uns ein halbwegs objektives Bild vermittelt. Ich finde das ist letztlich untragbar. Medien gestalten unseren Alltag noch viel mehr, als das Politik oder sogar Wirtschaft können. Denn die Informationen, die sie uns liefern, sind die Grundlage für unser Denken und Handeln, und wenn man die Gabe hat, mit den Medien zu "spielen", kann man ein Bild in den Köpfen der Menschen verankern, dass dem entgegen kommt, das man sich wünscht.

Alexander

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Volker2

#66
Märchenstunde: die Polizei hat die Ausschreitungen provoziert ...
Und auch wenn das so wäre, die Antwort ist also, Pflastersteine auf Menschen zu werfen, Autos anzuzünden und sogar Feuerwehrwagen zu attakieren. Und der sogenannte "schwarze Block" fährt nach Rostock, um friedlich zu demonstrieren ...

Das Schlimme – mal ganz abgesehen von den vielen, vielen Verletzten – ist, dass das eigentliche Anliegen in den Hintergrund rückt und der Gerechtigkeit, Afrika etc. ein Bärendienst erwiesen wird.
(siehe meinen ersten Beitrag zum Thema)
Und das beweist, die Gewalttäter (Autonome?) sind keine Kämpfer für eine bessere Welt, sondern linke Hooligans mit einer absurden Ideologie, die sie jedermann aufzwingen möchten. Wahnsinnig demokratisch.


Werner

Demokratisch wäre z.B. "der Marsch durch die Institutionen", eine überwiegend aussichtslose Sache, da allein schon vom Zeitaufwand her absurd. Gewalt als Ausdruck der Hilflosigkeit durch sog. Autonome kann ich daher z.T. nachvollziehen und finde  die sinnlosen Entladungen mit der Staatsgewalt trotzdem unproblematischer als eine bewaffnete Terrorristengruppierung, die sich frustriert in den Untergrund zurückzieht. Das der Polizeiapparat diesen Personenkreis bei jeder Demo "aufs Neue" kennenzulernen scheint sieht für mich schon eher etwas märchenhaft aus. Die Leute sind doch bestens bekannt und werden m.E. zur Auslösung gewalttätiger Konflikte an der langen Leine gelassen. Wie wären den sonst Knüppel, Wasserwerfer und Schläger in Uniform (ja, auch die gibts reichlich) zu rechtfertigen? Auffällig ist jedenfalls, das der deutsche Michel nach dem Gipfeltreffen nichts von Politik, Hunger in der Welt oder seiner Macht als Konsument mitgekriegt hat, nur diese grellen Bilder im TV von irgendwelchen Chaoten mit schwarzen Sturmhauben, die hat er verinnerlicht bevor er wieder alles vergessen wird. Im Sinne unserer politischen Anführer zielführend, oder? Für mich genauso echt wie die Klimaoffensive dieses G.W. oder der Reformwillen der Kanzlerin. Genaugenommen ist die Crux, das eigentlich nur noch die aus demokratischem Blickwinkel zu verabscheuende Gewalt etwas bewirken kann (wenn sie von mehr als nur einer Handvoll Chaoten ausgeht), irritierend und erinnert mich an Interviewversuche mit Intellektuellen vor der Intervention der Nato in Serbien. Denen ist schlicht nichts mehr eingefallen, geschweige denn eine Alternative zur Gewalt. Was die G8 Staaten an Gewalt in der 3.Welt zu verantworten hätten - wenn sie das müssten - wäre ein vielfaches dessen, was anlässlich des Gipfeltreffens von irgendwelchen Autonomen zelebriert wurde. Aber diese Gewalt ist weit weg und stört uns ja (noch) nicht.

Volker2

Also diese Argumentation legitimiert ja sogar jeden von der deutschen Bürokratie "verarschten" Bundesbürger Behörden und Ämter zu stürmen und Selbstjustiz zu üben. Dass die Polizei den schwarzen Block an der langen Leine hält, ist ja wohl nicht mehr als eine Verschwörungstheorie.

Also der Weg durch die Institutionen ist absurd, welches Ziel ist denn nun durch die gewalttätigen Proteste zu erreichen? Den deutschen Michel wachrütteln - oder ihm noch mehr Angst machen?
Am besten auch noch Verständnis für Randale der Fußball-Hooligans, die ja auch nur Ausdruck sozialer Schieflagen sind.

Man macht es sich auch ziemlich einfach, alle Ungerechtigkeiten auf unserer Erde nur auf die G8 abzuwälzen, obwohl sie natürlich keine weißen Westen haben und sehr viel zum Besseren verändern könnten.

Vielleicht kennt ihr Katrin Rohde, eine ehemalige Buchhändlerin aus Plön, die ihr Leben in Deutschland aufgegeben hat, um ein Waisenhaus in Burkina Faso zu errichten. Dieses Engagement, diese Konsequenz einer Person hat mehr Menschen in Afrika geholfen als es tausende G8-Randal-Touristen jemals könnten.

Das liest sich jetzt wahrscheinlich ziemlich zusammenhanglos, aber ich habe mich mal wieder provozieren lassen ... ist wohl auszuhalten, sind ja nur ein paar Wörter. Aber ich bin hin- und hergerissen zwischen diesen Weisheiten "Schweigen ist auch eine Antwort" oder "Schweigen ist Zustimmung".

whoknows

ZitatAuffällig ist jedenfalls, das der deutsche Michel nach dem Gipfeltreffen nichts von Politik, Hunger in der Welt oder seiner Macht als Konsument mitgekriegt hat, nur diese grellen Bilder im TV von irgendwelchen Chaoten mit schwarzen Sturmhauben, die hat er verinnerlicht bevor er wieder alles vergessen wird.
Damit triffst du den Nagel auf den Kopf, finde ich. Aber ebenso wahr ist, dass reden und reden und reden am "deutschen Michel" (und allen anderen) leider ebenso vorbeigeht, weil die Menschen einfach langen Reden nicht zuhören.
Was also wäre zu tun, um wirklich was zu ändern?

Und angesichts der Millionen und Milliarden, die die g8 Staaten für andere Dinge als Fairness in der Welt ausgeben scheint es mir ein wenig lächerlich, zu sagen, sie könnten nicht "alle Ungerechtigkeiten dieser Welt" wesentlich effizienter lösen, als jedes noch so wichtige und löbliche Einzelengagement.

Volker2

#70
Wenn nun bekannt ist, dass dem deutschen Michel nichts in Erinnerung bleibt als die Randale, warum wird dann randaliert und nicht anders auf das eigentliche Problem aufmerksam gemacht?
Auch die Bundesregierung erweist dem Problem einen Bärendienst: Hätte man den Gipfel auf dem Bonner Petersberg durchgeführt, hätte man nicht nur zig Millionen sparen können, man hätte auch mit der Diskussion um Zäune und Sicherheit nicht von den Gipfel-Themen abgelenkt.


Was ich sagen wollte war: Wer sich wirklich für eine bessere Welt einsetzen will, tut das mit anderen Mitteln. Der nimmt Steine nur in die Hand, um damit Waishäuser zu bauen – nicht um schlecht bezahlten Polizisten die Knochen zu zertrümmern.

Und: Die G8 sind nicht für alle Ungerechtigkeiten auf der Welt verantwortlich, können aber natürlich eine Menge dafür tun, dass die Welt gerechter wird.

Dagmar

#71
ZitatGewalt als Ausdruck der Hilflosigkeit durch sog. Autonome kann ich daher z.T. nachvollziehen

Aha  :o Also wenn dann ein Fussballfan im laufenden Spiel irgendwie persönlich oder sonstwie speziell frustriert ist, sich hilflos fühlt ohne Ende, weil der dämliche Schiedsrichter gegen die persönlich favorisierte Mannschaft pfeift, dann darf der also moralisch legitimiert auf den Platz stürmen und Leute k.o hauen??

Gegen Globalisierung sein, ist ja dann wohl was anderes?? Aha?!? Gewalt, weil man sich persönlich gerade mal hilflos fühlt, ist Gewalt, egal wo - aus individueller Perspektive betrachtet!!

Gewalt war und ist für mich immer nur ein Ausdruck von "weicher Birne" oder etwas qualifizierter ausgedrückt: Von der Unfähigkeit zu angemessener Frustrationstoleranz bei gleichzeitiger Unfähigkeit, angemessene und wirkungsvolle Antworten auf primär unlösbar erscheinende Probleme zu finden. Und vor allem: Gewalt scheint mir in diesem Zusammenhang etwas zu sein, dass die Erreichung erheblich höherstehende Ziele gerade verunmöglicht. Und deshalb kann ich absolut nicht "nachvollziehen, dass Gewalt ein legitimiertes Mittel als Ausdruck der Hilflosigkeit" sogenannter Autonomer sein soll. Wer mit Molotow-Cocktails und Brandbomben anreist, erscheint mir gerade mal wenig hilflos - zumal ich solche Waffen nicht spontan (weil ich mich gerade so hilflos und frustriert fühle) kurz um die Ecke zusammen basteln kann. Das muss man schon ziemlich lange vorher geplant und vorbereitet haben. Wieso bitte und mit welcher Motivation???

Ich empfinde die ganze Rostock-Geschichte, die da vom "schwarzen Block", also irgendwelchen Superchaoten und wahrscheinlich komplett Durchgeknallten lange geplant, sorgfältig vorbereitet und dann inszeniert wurde als eine unglaubliche Sauerei, die mich bis Unterkante Oberlippe wütend macht. Ich hatte - naiv vieleicht - gehofft, dass es den Globalisierungsgegnern, die auf die Folgen der Globalisierung aufmerksam machen wollten, gelingen könnte laut, sehr laut, wahrnehmbar mit viel Presseecho, aber friedlich, zu demonstrieren.

Und was die Medien betrifft:

Das war Zufall: Ich habe mit den ö-r. Berichterstattern vor Ort (der NDR ist regional z.Zt dort zuständig) die ganze letzte Woche in einem ganz anderen Zusammenhang beieinander gehockt. Die Leute, die für G8 abgestellt waren, mussten meinen Workshop wegen G8 eher, also bereits am Freitagabend verlassen. Ich habe letzte Woche viel, heftig, engagiert und sehr persönlich mit den Journalisten über G8 und deren Berichterstattung, deren Verantwortung, deren Macht auf die Meinungsbildung, usw. diskutiert dort. Die waren mir - aus ganz anderen Gründen - nicht nur sympatisch, um das gleich zu sagen. Trotzdem und allerdings: Alle dort waren extrem bemüht, objektiv und fair und entsprechend der journalistischen Ethik berichten zu wollen. Die Beiträge von denen habe ich auch zwischenzeitlich gesehen. Man kann die finden, wie man will. Nur: Meinungsmache in irgendeinem subjektiv-manipultaivem Sinn haben die sicher definitiv nicht machen wollen. Allerdings ist mir schon in den vielen Gesprächen auch aufgefallen: Alle hatten eine wie immer geartete Meinung zum Thema: Der eine Journalist war Globalisierunggegner, der nächste Befürworter und Neoliberalist, der Dritte komplett unglücklich, weil er für die "Bannmeile" zuständig war, und befürchtete, nix berichten zu können, der Vierte komplett gestresst, weil für die Berichterstattung aus Rostock zuständig und in Erwartung von Superterror und in Angst um die eigene Sicherheit. Ich will damit sagen bzw. fragen: Gibt es das - die "objektive" Berichterstattung?? Niemand von meinen Gesprächspartnern war gewillt zu manipulieren, aber alle hatten natürlich auch eine sehr persönliche Haltung zum Thema. Journalisten müssen die eigene persönliche Haltung differenzieren können vom Berichterstattungsinhalt - aber ist das wirklich bei einem so emotionalisiertem Thema bis in letzter Konsequenz möglich??? Das bezweifle ich - bei allem persönlichen Wollen und Bemühen der Beteiligten. Man kann denen natürlich "vorwerfen", dass sie gefälligst besser im Vorfeld recherchieren sollten, um darstellen zu können, wer "Freund" und wer "Feind" ist - nur da habe ich wahrgenommen, dass die Aufdeckung wegen extrem guter "Tarnung" quasi unmöglich ist.

ZitatUnd angesichts der Millionen und Milliarden, die die g8 Staaten für andere Dinge als Fairness in der Welt ausgeben scheint es mir ein wenig lächerlich, zu sagen, sie könnten nicht "alle Ungerechtigkeiten dieser Welt" wesentlich effizienter lösen, als jedes noch so wichtige und löbliche Einzelengagement

Da hast Du wohl 100% Recht - nur darauf aufmerksam zu machen, verlangt dass die Vertreter der G8 - Staaten diese Notwendigkeit vernehmen können. Dies wird nicht mehr möglich sein, wenn irgendwelche Totalbekloppten, genannt "Autonome" (??) die öffentliche Diskussion tutti completti bestimmen.

Ich ärgere mich gelb über die Arschlöcher, Frustrierten und Totalneurotiker, die sich wahrscheinlich aufgrund von Selbstwertdefiziten und persönlichem Lebensfrust in eigenartige Kostümierungen schmeissen, um in der Masse ja bloss nicht erkannt zu werden, und die dann andere in Leib, Leben und Eigentum attackieren, wobei denen das Thema scheissegal ist. Die würden auch auch auflaufen, wenn es um etwas ganz anderes ginge. Ich nehme wahr, dass es denen nur um Randale und "Aufmischen" geht - das Thema ist wurscht (dass das so ist, kann man übrigens in deren Internet-Foren nachlesen!)
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

niels

Hier möchte ich doch wieder einmal um etwas Vorsicht bitten, derlei Urteile kommen mir schon sehr voreilig vor. Ganz gewiss kamen auch unpolitische gewaltgeile Hohlköpfe nach Rostock, über die ich mich wohl nicht extra auslassen muss. Aber da gabs auch eine Menge Leute, die aus schierer Verzweiflung und ohnmächtiger Wut über die immer barbarischer werdende Ausbeutung und Repression zur Gewalt griffen (dafür muss die Gewalt nicht spontan sein, man kann auch aus Verzweiflung einen Molotovcocktail basteln, ja eine ganze Revolution organisieren). Und von denen sprach Werner. Er hat auch nichts gesagt über ein "legitimiertes Hilfsmittel"(bitte richtig zitieren), er sagte, dass er Gewalt als Ausdruck von Hilfslosigkeit z.T. nachvollziehen könne. Das ist keine Rechtfertigung.

Für mich bleibt Gewalt auch dann kontraproduktiv und verwerflich, wenn sie in der Verzweiflung gründet. Entsprechend hab ich mich auch tierisch aufgeregt über den Verlauf der Demo. Aber wir sollten uns deswegen nicht zu solchen Beschimpfungen hinreissen lassen. Es ist schlicht falsch, dass der "schwarze Block" ein unpolitischer Haufen von dumpfen Krawallmachern ist, die sich einen Dreck um die Anliegen der Globalisierungskritiker scheren (was um Himmels willen sind das für Foren, auf die du dich beziehst?). Ebensowenig bekunden die "Autonomen" mit ihrem Widerstand gegen die neoliberale Zerstörung eine irgenwie geartete Ideologie, die sie jedermann aufzwingen wollen (das Wort "aufzwingen" passt schon eher auf die andere Seite, denken wir etwa an den IWF mit seinem Reformdruck auf die Entwicklungsländer).

Es nützt nichts, diese Leute lächerlich zu machen oder, umgekehrt, zu dämonisieren. Der Widerstand mit Gewaltmitteln ist zwar äusserst ärgerlich und durch nichts zu legitimieren, aber er ist angesichts der grassierenden neoliberalen Zumutungen nicht verwunderlich und vor allem ein Phänomen, mit dem wir uns ernsthaft -ohne Gehässigkeit- auseinandersetzen müssen.    

whoknows

Also, ganz unbesehen der angeblichen Foren und sonstiger Hintergründe im sogenannten "schwarzen Block" - wer übrigens zählt die Randalierer zu dieser Gruppe? Sie selbst? Die Anderen? - jedenfalls:
Mir scheinen die Randalierer bei Demos, bei 1-Mai-Feiern und dergleichen in absolut einer Linie mit den Schlägern bei Fussballspielen zu sein: Das ist für die eine Spielwiese pubertierender Männlichkeit und nichts weiter. Manche bemänteln das dann mit halbgaren Argumenten (wären sie gar, wüssten sie, dass Gewalt nur kontraproduktiv sein KANN) - aber ich bin absout überzeugt davon, dass kein einziger der Randalierer, derer, die zu Demos gehen, UM zu randalieren (aber auch jene, die hingehen, und nicht von vornherein ausschliessen, sich an Randale zu beteiligen) - dass keiner von denen auch nur halbwegs nachdenkt, was es BRINGT - die denken nur daran, was SIE tun. Und das ist pubertäres "Wir gegen die"-Gedankengut, eins zu eins beispielsweise auch in den Gang-Wars in Slums zu finden - reines Kinderspiel, das ausartet. Und notabene - bei den Randalierern von Demos geht's noch nicht einmal um tatsächliche Gewinne, wie in Slums, und auch nicht um tatsächliche "Herrschaften" über etwas. Da gehts nur um fight. "Die" schlagen wir in die Fresse. Alles, was da als Hintergrund behauptet wird, ist schlicht falsch. Wären diese Jungs (und es SIND hauptsächlich Jungs) auch nur ein klitzekleines Bisschen an ihren Inhalten interessiert - und hätten sich daher informiert, würden sie eben genau NICHT randalieren.
Das sind einfach Störmanöver ohne Sinn und Ziel, nur mit  'argumentativer Behübschung'. Und ich fände es gut, wenn die Demonstranten mit Verstand zielgerichtet gegen diese Randalierer was tun - nur dann können sie sich gegen undifferenziertes ein Bild in den Medien wehren.
Weil ich glaube absolut nicht, dass
Zitateine Menge Leute, (die) aus schierer Verzweiflung und ohnmächtiger Wut über die immer barbarischer werdende Ausbeutung und Repression zur Gewalt griffen
- ich glaube, es ist schiere Dummheit, Event-Geilheit und Uninformiertheit. Wären sie wirklich verzweifelt über die Zustände in der Welt, griffen sie woanders an. Ich schlage ja auch nicht im Bücherladen an der Ecke die Scheibe ein, weil zwei Häuser weiter im dritten Stock mein Ehemann fremd geht.


Und, Dagmar - das ist ja genau mein Punkt (allerdings: ich spreche in erster Linie von Tageszeitungs-Journalisten, da ist es nämlich am Schlimmsten.)Ein  Journalismus-Studium sollte ja genau lehren, Fakt und Meinung in seinen Worten trennen zu können. Aber heutzutage wird diese Trennung immer seltener verlangt, daher auch kaum noch geboten. Ich glaube, dass Deutschland g'ttlob  noch etliche andere Medien hat - Wochenzeitungen, die halbwegs fundiert sind, auch öff-rechtl-Sender, die sich noch (teilweise) um Qualität bemühen - mehr als beispielsweise in England oder Österreich. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn Politiker UND Journalisten beginnen zu begreifen, dass die Herrschaft der Verleger immer stärker wird, und dass das eine grosse Bedrohung für ein demokratisches System ist - denn sie  haben es in der Hand, dagegen etwas zu tun.

niels

#74
Ein sorgfältiges Studium der einschlägigen Foren schafft in der Frage nach der politischen Motivation schon viel Klärung.

In der Geschichte gab es übrigens immer wieder revolutionäre Kämpfer, die fanden, der Widerstand gegen den Kapitalismus mit Gewalt sei sinnvoll (Lenin, Guevara, Castro, Sartre, Mao, Engels, Camus, Büchner usw. usf.). Wie schon oft gesagt, nicht meine Meinung. Aber waren das denn auch dumme, eventgeile, uninformierte, pubertierende Idioten, die kein klitzekleines Bisschen an ihren Inhalten interessiert waren?