Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Politik => Thema gestartet von: Lanie am 17. Mai 2007, 14:18:33

Titel: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 17. Mai 2007, 14:18:33
Heidiho.

Dies ist ein Mobilisierungs und Diskussionthread zur AntiG8 Demo in Heiligendamm 2007. Hier sollen etwaige Beweggründe mitzumachen, es zu ignorieren oder zu verteufeln diskutiert und ausgewertet werden. Ich für meinen Teil werde da sein und würde mich freuen auch Leute aus diesem teilweise hochwertigen Forum dort zu treffen.

Hier ersteinmal an paar Links zum allg. Verständniss.

Wer oder was sind die G8?
http://de.wikipedia.org/wiki/G_8

Die G8 sind 8 Staaten die der Meinung sind sie müssten über das wirtschaftliche und damit auch soziale Schicksal der Welt allein entscheiden. 8 Menschen über ein paar Millarden dafür bis auf die Zähne schwer bewaffnet sind, stinkreich, vorbreiten Propaganda übelster Art gegenüber jede Form von Widerstand und voller verschönender Verallgemeinerungen über das globale Ausbeutungssystem. So ziemlich jedem 3. Welt Land schlägt das auf dem Magen und jeder halbwegs rational denkende Mensch kann sich denken das an den G8 was nich ganz richtig sein kann. In Deutschland werden die Hintergrunde der Proteste und auch der vorrangegangen Gewalttaten nicht oder schlimmer: halbgar thematisiert. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Forenbeiträge bei YouTube, Spiegel, Shortnews und vielen Anderen. Es wird beleidigt, es wird pauschalisiert, ja es wird zur Gewalt gegenüber Demonstranten aufgerufen. Immer wieder werden Fragen gestellt die man sich, mit etwas Lesearbeit, selbst beanworten kann. Unwissenheit über die Gründe der Teilnahme und der Gewalt ist überall zu finden. Die wenigsten Nichtdemostranten scheinen sich mit der Thematik ernsthaft zu beschäftigen aber trotzdem wollen alle kräftig mitreden. Und das ist ganz natürlich, es ist Befriedigung für einige Menschen im Schutz der Anonymität mit Scheisse auf andere Leute zu werfen und man ist nicht allein: Nein! Fast das gesamte Parteienspektrum, die Nationalsozialisten und die bürgerliche Mitte stehen vereeint gegen die "Krawallmacher" und "Chaoten".  Dass "Links" durch seine geschichtliche Entwicklungs vor allem hier in Europa eben keine Einheitlichkeit bedeutet wird oft vergessen und das Repressionen gegen die Teilnehmer bereits im Vorfeld auf massive Art und Weise stattfinden wird meines Wissen so gut wie gar nicht thematisiert genau wie die noch nie eingehaltenen Versprechungen in Richung Afrika.
Die G8? Das sind auch deren Bürger die sich nicht erheben.

http://www.youtube.com/watch?v=hC3RAo5bdjo
http://www.youtube.com/watch?v=rsKryWZ69bM

http://www.move-against-g8.de/
http://www.attac.de/heiligendamm07/pages/gipfelproteste-2007/sonderzuege.php
http://www.hedonist-international.org/
http://www.antifa.de/cms/
http://www.block-g8.org/

Über meine Beweggründe im Laufe des Thread mehr.

Es gibt noch viel zu sagen-bis neulich!
Lanie
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 17. Mai 2007, 20:03:51
Mal abgesehen davon, dass es Wahnsinn ist, den Gipfel in Heiligendamm stattfinden zu lassen, ist es leider eine Tatsache, dass die Argumente der G8-Gegner regelmäßig im Steinhagel gewalttätiger Vandalisten und Kleinterroristen Demonstranten untergehen.

Ich bin mir sicher, das einzige, was von diesem Gipfel im Gedächtnis der Menschen haften bleiben wird, ist das Bild vom Zaun und von den Zerstörungen der Krawallmacher. Schon jetzt einmal dazu an alle Seiten: Herzlichen Glückwunsch!

(Mit dem Geld, das da verpulvert wird, hätte man vielen Menschen in Afrika helfen können)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 17. Mai 2007, 20:10:58
Zitatteilweise hochwertigen Forum
hallo?  Wie meinen? ;)


Ich finde es immer wieder verblüffend - etwa im Zusammenhang mit den Razzien auf g8-Gegner - dass die Straftaten der Linken immer mehr abnehmen - aber die Angst vor ihnen und die Gewalt GEGEN sie nicht.
Ausserdem finde ich es - wie immer bei Verkürzungen - nachgerade strafbar, dass man immer von "Globalisierungs-Gegnern" redet. Die sind selber ziemlich global vernetzt, können also keine Gegner der "Globalisierung" sein (ausserdem wäre das, als wäre man Gegner des Regens) - sie sind nur gegen ganz bestimmte Ausformungen der Ungerechtigkeit, die sich im Zuge der Globalisierung ereignen, und Überhand zu nehmen drohen. Jedenfalls die Meisten. Sicherlich gibt es auch "Berufsgegner", die einfach so dagegen sind, und garnicht wirklich wissen, worum es geht - aber die gibt es immer, und dadurch darf der Inhalt des Protestes nicht verwässert werden.
Ganz grundsetzlich ist es immens wichtig, auf die Macht hinzuweisen, die die G8 nicht zuletzt aufgrund der Globalisierung haben - und die sie auch in positivem Sinne nützen könnten.
Schuldenerlass für die sogenannten Entwicklungs- und/oder Schwellenländer ist da bestenfalls der erste Schritt. (bzw.: gewesen/sollte gewesen sein) Diese Macht und ihre eigentlich inerte Verantwortung sollte immer wieder zur Sprache gebracht werden.
Trotzdem ist es für mich auch schade, dass es ganz sicher auch zu viele Menschen unter den Demonstranten geben wird, die vor allem, um Gewalt auszuüben dort hin gehen - das spielt den Verbietern natürlich in die Hände - klar, die wollen eh nicht an ihre pflichten erinnert werden, und das gibt ihnen dann genau den Vorwand, um die Demonstranten möglichst weit weg zu halten.

Nebenbei: ich finde es allerdings zwar blöd, diese Razzien und Angstmache - aber das Argument, jemand, der 68 ist würde keine Bomben mehr werfen, ist auch blöd - unabhängig davon, ob DIESER Mensch es würde, das auf das Alter zu reduzieren ist ziemlich hirnrissig.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 17. Mai 2007, 20:46:51
Ich lass mich gerne als Globalisierungsgegner bezeichnen, weil nämlich mit "Globalisierung" bei näherer Betrachtung kaum je die (erfreuliche) globale kulturelle Vernetzung gemeint ist, sondern fast immer die Globalisierung des Kapitals, also der neoliberale Feldzug gegen jegliche staatliche Regulation, die weltweite Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen usw. Und diese "Globalisierung", so wir denn überhaupt an diesem doofen Begriff festhalten wollen, ist dermassen zerstörerisch, dass ich mich schon als einer ihrer Gegner betrachte.

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 17. Mai 2007, 22:39:20
Naja es gibt einen Unterschied zwischen Globalisierungsgegnern und Globalsierungskritikern. Gegner, das sind meistens diese Leute mit den Hackenkreuzflagen.

Die Globalisierung an sich kann man ja nicht verurteilen. Internet, Handel, ja globale Netzwerke das alles schließt ja Globalisierung ein. Was aber hier passiert ist und das  hat Niels schon korrekt erfasst, ist das durch die globalen Möglichkeiten die Ausbeutung an neue Qualität gewinnt.
Durch die Auslagerung der Produktion und Umweltausbeutung/Vernichtung/Vergiftung werden die negativen Aspekte zudem och von den Konsumierenden ferngehalten. Durch Marketing und Medien werden Produkte dann noch soziol assoziert um einen Schein von Notwendigkeit zu  erwecken. In den unteren Bildungschichten, z.B. an den Schulen merkt man sehr deutlich an was sich die Menschen orientieren: Markenklamotten, Autos, andere Dinge die Erfolg suggerieren.


Gewalt auf Demos

Die wenigsten Menschen die auf eine linke Demo gehen neigen im Alltag sonderlich zur Gewalt. Ja das Prinzip, der Hintergrund es Linken ist ja schlichtweg die Freiheit. Aber Freiheit muss sich behaupten können und hier stellt sich nunmal die Frage wo die Selbstbehauptung anfängt bzw. wo sie aufhört. Geht man wenn die Polizei mal wieder zum Xten mal von Planänderung spricht und löst die vieleicht langgeplante Demo auf? Bleibt man friedlich wenn wahllos Menschen gefangen genommen werden, die Medien instrumentalisiert und man wieder im Tränengas steht? Das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf die eigenen Informationen all das wird bereits mit Füßen getreten und wir sollen fein artig und fromm bleiben. Tagtäglich bin ich umgeben von weiterer sozialer Gewalt die das System der gemeinsamen Gleichgültigkeit immer weiter stärkt und den Einzelnen auf ein friedliches und vor allem unschädliches passendes Teilchen reduziert. Seien wir mal ehrlich. Gewalt herrscht überall, jeden Tag. Auf der Arbeit, im Einkaufszentrum, im Fernsehn, auf Werbetafeln ja sogar im Freundeskreis begegne ich sexistischindoktrinierender Gewalt. Ich brauche auch hier nur bestimmte Threads zu lesen, Gewalt tritt überall auf. Die Liste ist endlos lang.

Wir sind ja alle, alle Terroristen...

Gehen wir mal einen Schritt weiter. Selbstverständlich gehört Gewalt abgeschafft (!) aber wie bitte willst du dich zumindestens einem gewaltgeilen System erwehren das dir die Stimme schon genommen hat bevor du sprichst, ohne Gewalt selbst anzuwenden? Kommt da jetzt jemand mit M. Gandhi? Klar das ist eine tolle Geschichte aber wir sind keine Hindus, haben völlig andere Ausgangspunkte und werden es sicher auch niemals sein, es gibt hier keine Besatzer. Um den Mythos das friedlichen Hindu gleich zu vernichten: in Indien würden unser Durschnittspolitiker mit Stöcken und Steinen aus der Stadt gejagt, ich erinnere hier an die Versuche von Monsata einen Fussbreit auf indischen Bauerngebieten zu bekommen, die haben es nichtmal geschafft ein Feld zu pflanzen weil die Menschen an vielen Orten dort aus den 80er Jahren gelernt haben. Bophal wird deswegen so nichtnochmal stattfinden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Bhopalungl%C3%BCck

Nein das Problem kommt aus der Mitte der westlichen Gesellschaft, aus der Mitte der Staaten die sie representatieren und uns lenken.


"Jeder Einzelne von uns ist nur ein Dübel, in dem der Staaten den Nagel seiner Allmacht schlägt"


Gewalt gegen den Staat ist keine Lösung, sie ist ein Teil der Lösung. Es muss viel mehr geschehen als brennende Autos und fliegende Steine aber es ist doch zumindstens ein Zeichen das einige von uns noch Leben, das ein paar noch zeigen was eine Harke ist, nicht aus Gewaltgeilheit sondern aus dem Willen zur Bekenntniss der eigenen freiheitlichen Bestrebungen ist sich gefälligst so oft wie möglich gegen Gewalt jeglicher Art zu wehren. Und ja : Bitte schön auch kreativ in Wort und Ton aber auch die Lautsprecherwagen, die Künstertruppen wollen auf einer Demo verteidigt sein sonst werden sie schlichtweg von der Polizei in gewahrsam genommen/weggedroschen.

Der sehr lange angekündigte Sternmarsch nach Rostock wurde kürzlich verboten mit dem Argument das die Krankenwagen dann möglicherweise nicht mehr effektiv nach Rostock durchkommen. Also ob dies irgendwann, auf irgendeiner Demo geschehen wäre. Ich kenne da nur Genua, da haben Polizisten die Notärzte geprügelt... Die Idee dahinter ist eindeutig. Hier geht es eben nicht daram dem geliebten Demonstranten was Gutes zu tun sondern darum das Recht auf Demo mit allen verfügbaren Mittel zu untergraben. Für dieses Recht darf und muss meines Erachtens mit allen Mittel gekämpft werden.

In Leipzig haben dieses Jahr keine Nazis mehr demonstriert. Die Demos der letzten Jahre waren ein Erfolg. Eine Mischung aus Sitzblockaden und autonomen Aktionen hat die Nazidemonstranten keine 200 Meter mehr kommen lassen. Alles stand still. In Frankreich passieren solche Sachen in noch in viel größeren Maßstab aber in Deutschland ist man in den Augen der bürgerlichen Mitte ein gewaltgeiler Bösewicht. Naja da ist der deutsche noch schon auf "Ordentlich, Artig und Fromm" geeicht. Man tut so als gäbe in Sachen Gewalt keine Unterschiede und schmückt sich fein mit Gewaltlosigkeit um dann wieder in seinen scheiss Alltag einzukehren der diesem System als Fundament dient. Doch Gleichheit an Gewalt und Mensch gibt es nicht, das weiß der Deutsche spätestens seit Nietzsche sehr gut, nur passt es halt grad so schlecht ins dauerkonsumierende Neobidermeierleben voller getunter Autos, Fernsehshows und geiler PC Spiele. Man müsste es ja doch aufgeben.


Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 17. Mai 2007, 22:54:17
Ich hab halt immer ein Problem, wenn im Rahmen von gewalttätigem Demonstrieren dann Autos angezündet und Fensterscheiben eingeschmissen werden - denn die Autos gehören meistens irgendeinem Normalo, der dann superstress kriegt (und sich sicher nicht mehr auf "unsere Seite" stellen wird), wo die Versicherung dann nicht zahlt etc,  und die Fensterscheiben sind oft genug irgendwelche Einzelhandelsläden, die halt das Pech hatten, am Weg zu liegen.....
Bei Gewalt kommen IMMER die am Schlimmsten "zum Handkuss", die garnix dafür können.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 17. Mai 2007, 23:01:39
Die meisten Autos sind dagegen versichert aber ich sehe das Problem auch. Dennoch frage ich mich wer sein Auto in ein Demogebiet stellt. Das macht soviel Sinn wie sein Auto in der Mitte des Oktoberfestes abzustellen und zu hoffen das niemand da dranrennt, was kaputtmacht oder drauf bricht. :)

(eigentlich passiert das ja sehr sehr selten das Autos brennen, Mülltonnen sind ohnehin besser)

Bei den Scheiben sehe ich kein Problem. Mich interessiert es nicht ob die Scheiben der Sparkasse zerbrechen oder von Karstadt, die haben genug Geld. (und wir wissen woher es kommt ) Ehrlich gesagt habe ich nochnie erlebt das privatgelände wirklich mutwillig beschädigt wurde. z.B. Häuserscheiben hier in Leipzig von Anwohnern. Was angegriffen wird sind Banken und teure Autos. Wer braucht teure dicke fette Autos? Mh?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 18. Mai 2007, 00:35:45
Grundsätzlich gebe ich Volker recht. Der Ort ist Wahnsinn und Geld das allein für den Zaun verpulvert wird [ch8211] ca. 12,5 Mio [ch8364] von Gesamtkosten ca. 100 Mio [ch8364] - auch die Summe ist irre und eine Ohrfeige für jeden Bundesbürger der Steuern zahlt. Ganz abgesehen davon was die Anwohner wohl durchstehen müssen. Das hat mit Bürgerrechten nichts mehr zu tun.

Auch ist das Demo-Verbot ein Frechheit und wiederspricht meiner Meinung nach allen Regeln unseres GG, mal sehen was die Gerichte sagen.

Die sollten auf einem Schiff irgendwo mitten auf dem Ozena tagen. Das würde billiger sein.

Auf der anderen Seite nutzen viele [ch8222]Gegner/Kritiker[ch8220] (was soll die Spitzfindigkeit Lanie) die Gipfel gezielt um Randale zu machen. Ob das in der Vergangenheit Rechte oder Linke waren ist mir egal. Es wurde gezielt Privat- oder Allgemeineigentum zerstört das ist mit meinem Verständnis von Demokratie auch nicht vereinbar. Dagegen muß sich eine Demokratie schützen. Leider bleiben unsere Bürgerrechte dabei inzwischen immer mehr auf der Strecke, da unseren Politiker immer nur und mehr Poizeistaatmethoden einfallen. Das kann nicht in unserem Sinn ein. Es muß intelligentere Methoden geben Demonstrationen gegen den Gipfel (das muß Politik aushalten) zu ermöglichen, aber Gewalt zu unterbinden.

Davon abgesehen die Globalisierung ist nicht zu verhindern sie ist da, sie ist unabänderlicher Fakt unserer Zeit. Das sollten die Gegener endlich erkennen. Aufgabe ist die Globalisierung so zu gestalten das alle was davon haben. Hier sind die Politiker und die Kritiker gefordert. Beide Seiten sollten gewillt sein die gegenseitigen Argumente anzuhören und versuchen gemeinsam etwas zu gestalten. Dagegen spricht das die 8 Regierungschefs sich nicht einig sind und versuchen möglichst ihre eigenen Schäfchen ins trockene zu bringen und sich generell auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner einigen. Anschließend macht doch jeder was er will. Auf der anderen Seite zersplittern sich die Gegner/Kritiker in unzählige Gruppen mit eigentlich nur einen gemeinsamen Nenner haben [ch8211] dagegen sein. Einzig ATTAC scheint eine gewissen Richtung und Gewicht zu haben.

Also außer Spesen und Randale wird nichts rauskommen. Traurig aber wahr.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 18. Mai 2007, 09:06:52
Schlüssig und klar gesagt, und janz meene Meinung.  :D
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 18. Mai 2007, 11:03:54
ZitatGrundsätzlich gebe ich Volker recht. Der Ort ist Wahnsinn und Geld das allein für den Zaun verpulvert wird – ca. 12,5 Mio € von Gesamtkosten ca. 100 Mio € - auch die Summe ist irre und eine Ohrfeige für jeden Bundesbürger der Steuern zahlt. Ganz abgesehen davon was die Anwohner wohl durchstehen müssen. Das hat mit Bürgerrechten nichts mehr zu tun.

Wer sagt das sich die G8 um Bürgerrechte scheren? Da gehts klar um Prestige und Geld . Der Steuerzahler scheint sich dagegen auch nicht sonderlich zu wehren außer zu Hause zusitzen und auf die bösen Demos zu schimpfen...

Zitat
Auf der anderen Seite nutzen viele ,,Gegner/Kritiker" (was soll die Spitzfindigkeit Lanie) die Gipfel gezielt um Randale zu machen. Ob das in der Vergangenheit Rechte oder Linke waren ist mir egal. Es wurde gezielt Privat- oder Allgemeineigentum zerstört das ist mit meinem Verständnis von Demokratie auch nicht vereinbar.

Zum einen Stelle ich hier mal die Behauptugn auf das Unterschiede zwischen linker und rechter Gewalt gibt und zum Anderen macht die Unterscheidung zwischen Kritikern und Gegner sehr wohl Sinn, wie du ja im folgenden auch andeutest:


"Davon abgesehen die Globalisierung ist nicht zu verhindern sie ist da, sie ist unabänderlicher Fakt unserer Zeit. Das sollten die Gegener endlich erkennen. Aufgabe ist die Globalisierung so zu gestalten das alle was davon haben. Hier sind die Politiker und die Kritiker gefordert."


Plötzlich gibt es doch einen Unterschied. Niemand will die Globalisierung verhindern und davon spricht auch keiner außer die erklärten Gegner wie Nazis etc. sie ist zu Kritisieren das sie im Moment auch globale Ausbeutung bedeutet. (Das du Politiker und Kritiker in einem Satz nennst finde ich spannend.)

Zitat
Dagegen muß sich eine Demokratie schützen. Leider bleiben unsere Bürgerrechte dabei inzwischen immer mehr auf der Strecke, da unseren Politiker immer nur und mehr Poizeistaatmethoden einfallen. Das kann nicht in unserem Sinn ein. Es muß intelligentere Methoden geben Demonstrationen gegen den Gipfel (das muß Politik aushalten) zu ermöglichen, aber Gewalt zu unterbinden.
Diese Aussage suggeriert schon wieder das Gewalt etwas sehr einfaches sei und kein Produkt eines soziologisch-systematischen Wechselsspiels und sie suggeriert das Gewalt auf Demos an der Tagesordnung ist was sie in der Regel aber nicht ist. Wer oft auf Demos geht wird feststellen das dem eben nicht so ist und die Initialgewalt vor allem von polizeilicher Seite ausgeht. Das lehrt die Geschichte, man sieht es auf Videos im Internet und trotzdem hällt sich das Argument ganz hervorranged in der bürgerlichen Mitte. Vieleicht aus Angst ums wertvolle Eigentum das doch eher sehr sehr selten Ziel von Angriffen wird?

Zitat
Anschließend macht doch jeder was er will. Auf der anderen Seite zersplittern sich die Gegner/Kritiker in unzählige Gruppen mit eigentlich nur einen gemeinsamen Nenner haben – dagegen sein. Einzig ATTAC scheint eine gewissen Richtung und Gewicht zu haben.

Nein eigentlich wollen die Meisten das Selbe. Von Attac über Solid bis zum Anarchisten wollen alle den Kapitalismus überwinden, die Missstände kritisieren und beseitigen. Ich weiß nicht warum du es spalten nennst wenn es dafür verschiedene Ansätze gibt und ich sehe auch keine Spaltung. Die Bewegung ist nunmal nicht homogen, na und? Alle stehen trotzdem für eine Richtung ein.Der Gipfel (und seine Vielfältigkeit) ist der beste Beweis dafür.

Zitat
Also außer Spesen und Randale wird nichts rauskommen. Traurig aber wahr.

Für dich oder für mich?

dekonstruierende Grüße.
Lanie




ps. die Idee mit dem Schiff gabs schonmal, das war der Flugzeugträger vor Genua. Trotzdem wurden rechte automome Schägertrupps mit Polizeibussen angefahren, wurden Reporter, Ärzte, Frauen und Kinder wahllos verdroschen nur damit es zur Eskalation kam. Sogar eine Halle mit schlafenden Demonstranten wurde gestürmt, Menschen krankenhaus reif geprügelt. Einfach so. Aber wir sollen friedlich bleiben damit die bürgerliche Mitte nicht soviel zahlt? Ehrlich gesagt zahlt die bürgerliche Mitte damit nur ihren eigenen Schutz und verfestigt, ignoriert, ja zementiert weiter die bestehenden Probleme.
(Das alles gibt es inzwischen ziemlich gut mit Interviews von Polizisten, Demonstranten und Politkern als WDR Reportage: "Die blutigen Tage von Genua". Kann ich in der Hinsicht nur empfehlen. )



there is no justice, there is no peace
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 18. Mai 2007, 14:26:33
Dass Attac die einzige Organisation mit Richtung und Gewicht ist, stimmt einfach nicht. Das ist genau die Einstellung, welche die massive Diffamierung der zahlreichen globalisierungskritischen Bewegungen bewirken soll. Attac ist einfach eine besonders grosse Organisation der Bewegung. Und es ist auch nicht weiter verwunderlich, dass Attac im bürgerlichen Bewusstsein noch am ehesten "ernstgenommen" wird, weil nämlich die Verlautbarungen aus der Organisation zumeist sehr handzahm und defensiv sind. Die Attac kritisiert ja kaum je die kapitalistische Vergesellschaftung, sondern beklagt lediglich die bösen Machenschaften der Unternehmen und schimpft über den neuen "Raubtierkapitalismus" (als ob es jemals einen Kuscheltierkapitalismus gegeben hätte). Damit ist sie sich ja sogar mit den Sozialdemokraten einig und daher dem linksliberalen Mainstream durchaus anschlussfähig.

Ich bin übrigens dafür, den Begriff der Globalisierung ganz zu verabschieden. Es ist ein Propagandabegriff und äusserst irreführend. Die Neoliberalen benutzen ihn, um ihre wirtschaftspolitischen Monstrositäten rechtzufertigen. Diese werden mit der weltweiten kulturellen, medialen und politischen Vernetzung zur "Globalisierung" zusammengepanscht, welche dann ja doch schön ist und ausserdem unabwendbar. Wer sich dann gegen die Globalisierung des Kapitals wendet, macht sich als Wettergegner lächerlich. So wird jeder kritischen Debatte die Basis entzogen.
Transnationale politische und kulturelle Vernetzung ist, da sind wir uns wohl alle einig, tatsächlich oft eine tolle und fortschrittliche Sache. Aber da brauchen wir keinen neuen Begriff für, das gibts nämlich schon seit vielen hundert Jahren und ist auch viel zu kompliziert für ein einziges Wort.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 18. Mai 2007, 17:45:26
Gute Nacht Deutschland.

Da ist jedes weitere Wort wohl überflüssig. Weiterhin viel Spaß beim Scheibeneinwerfen, Autosabfackeln und Managerjagen. Wir bomben uns in eine bessere Welt, das hat ja immer schon so gut funktioniert.

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Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 18. Mai 2007, 17:59:13
Managerjagen?
Bomben??
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 18. Mai 2007, 20:03:08
??

Volker: Denken.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 19. Mai 2007, 00:50:44
ZitatWeiterhin viel Spaß beim Scheibeneinwerfen, Autosabfackeln und Managerjagen. Wir bomben uns in eine bessere Welt, das hat ja immer schon so gut funktioniert.

Meintest du "Deutschland im Herbst"? Das hat wirklich nicht funktioniert. Aber Alternativen - ein Marsch durch die Institutionen etwa? Klingt wie Hundertmeterlauf mit Skistiefeln, aber mir fällt wirklich nichts besseres ein, im Moment zumindest nicht.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 19. Mai 2007, 01:01:24
Ein letztes Wort: Gewalt ist dumm und primitiv. Wer glaubt mit Gewalt etwas zu ändern der disqualifiziert sich selbst und der ist in meinen Augen für niemanden ein Verhandlungspartner.

Die ideologische Phrasendrescherei vernebelt doch nur die eigene Inhaltslosigkeit und das spitzfindige zerpflücken von Argumenten soll doch nur von der eigenen Argumentlosigkeit ablenken.

Das beste Beispiel das Gewalt zu nichts führt ist doch Nordirland. Erst als nach wirklich Jahrzehnten die Gewaltbereiten auf beiden Seiten begriffen haben das Gewalt zur neue Gewalt erzeugt und sie diesen Teufelskreis durchbrochen haben, sprich sie haben miteinander geredet auch wenn es zäh war und gedauert hat, so stehen die Nordiren endlich an der Schwelle zu einer friedlichen Zukunft.

So und damit Diskussionsende - zumindest für mich.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 19. Mai 2007, 09:31:59
Wenn es um etwas geht, dann doch darum, die Welt für die armen Menschen besser und gerechter zu machen. Das erreicht man nicht ideologischen Eifer oder Verteufelung des Kapitalismus. Die Ideen dieser Linken führen wieder nur zu Ungerechtigkeit und Unfreiheit. Zu viel denken scheint manchmal ungesund zu sein.

@Lanie: Die Frage der Gewalt zeigt, wes Geistes Kind du bist. Und mehr möchte ich dazu nun wirklich nicht sagen.

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Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 19. Mai 2007, 11:14:31
Es ist schon erstaunlich, wie schnell man manchmal in einer Schublade landet. Ich für meinen Teil habe im Verlauf dieser Diskussion kein einziges Wort über die Legitimation von Gewalt verloren, und doch scheint dir, Volker, völlig klar zu sein, wie ich dazu stehe und wes Geistes Kind ich daher bin. Bei mir liegst du gründlich falsch, ich bin Pazifist, seit ich denken kann, und ganz dem gewaltfreien Widerstand verpflichtet. Damit bin ich übrigens in der globalisierungskritischen Bewegung in guter Gesellschaft, und nicht zuletzt deswegen wende ich mich gegen pauschalisierende und vorurteilsbehaftete Abqualifizierungen der Bewegung.

Den Vorwurf der Ideologie finde ich auch etwas seltsam, ist doch Kritik ziemlich genau das Gegenteil von Ideologie, sie hinterfragt ja gedankliche Verhärtungen aller Art, die zur Ideologie gerinnen können. Genausowenig wird hier irgendetwas verteufelt, Kritik ist das Infragestellen auf der Grundlage von Argumenten, nicht auf der Grundlage von unreflektierter Ablehnung (und von meiner Argumentlosigkeit und Inhaltslosigkeit bin ich leider noch nicht ganz überzeugt...).

Wenn wir uns aber darin einig sind, dass es darum geht, die Welt gerechter zu machen, dann ist doch die Feststellung erlaubt, dass der Kapitalismus die Welt in einen Zustand der Ungerechtigkeit und Ungleichheit von nie gekanntem Ausmass geführt hat. Freilich ist es mit dieser Feststellung nicht getan (meintest du das mit ideologischem Eifer?). Der Rest ist Diskussion, Widerstand und vor allem mühselige realpolitische Arbeit.

Alles andere als Diskussionsende - zumindest für mich.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 19. Mai 2007, 11:31:23
Warum fühlst du dich so angesprochen ? Ich bin mir nicht sicher, ob Volker das direkt auf dich bezog, Niels. Ich glaube nicht.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 19. Mai 2007, 12:11:36
Ach so. Vielleicht. Wär mir noch so recht. Ich dachte nur, weil Volker im Plural gesprochen hat und die politisch ätzenden Postings in diesem Thread fast nur von mir und Lanie kommen. Die Mehrzahlsform find ich halt ganz allgemein ein bisschen heikel, denn das wirkt unsachlich auf mich (und ich kann mir gut vorstellen, dass Lanie und ich auch unsere Differenzen haben...).
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 19. Mai 2007, 13:14:39
Hallo Guntram.

ZitatEin letztes Wort: Gewalt ist dumm und primitiv. Wer glaubt mit Gewalt etwas zu ändern der disqualifiziert sich selbst und der ist in meinen Augen für niemanden ein Verhandlungspartner.

Hiermit unterstellst du mir, bzw. vieleicht auch Niels und Anderen das Gewalt das Konzept dieser Demo, der Aktionen sei, bzw. der aktionistischen Linke allgemein sei.. Das ist nicht nur bösartig und flach sondern schlichtweg Unsinn. Niemand hat Gewalt als Konzept. Was aber im Konzept ist, ist das Recht auf Freiheit, das Recht auf Verteidigung der eigenen basisdemokratischen Werte mit angemessenen Mitteln.
Wenn diesen Werten ein gewalttätiges System gegenübersteht sind Auseinandersetzungen nunmal immer sehr wahrscheinlich. Klar man kann wegrennen und die Demo einfach auflösen nur löst sich damit auch die einhergehende Freiheit, hier an diesem Ort für etwas einzustehen sehr schnell auf. (auch wenn Freiheit, Liebe, etc. für dich linken Phrasen sind.)

Zitat
Die ideologische Phrasendrescherei vernebelt doch nur die eigene Inhaltslosigkeit und das spitzfindige zerpflücken von Argumenten soll doch nur von der eigenen Argumentlosigkeit ablenken.

Ich sehe hinter diesen 2 Sätzen weder logische Schlüsse noch rationale Argumentation mit Fakten. Inwiefern kritisches hinterfragen mit der eigenen "Argumentlosigkeit" zu tun hat begreife ich auch nicht. Bedeutet das man darf ohne Konzept nicht kritisieren? Das hatten wir schonmal und es bleibt Stammtischniveau: Einfach ein paar Thesen in den Raum werfen und sich dann verziehen.


Zitat
Das beste Beispiel das Gewalt zu nichts führt ist doch Nordirland.

Das hat jetzt wieviel mit G8, Gewalt auf Demos etc zu tun? Mh? Äh...du solltest anfangen zu differenzieren.

Zitat
So und damit Diskussionsende - zumindest für mich.

Die war von deiner Seite vermutlich schon vorher beendet. ;)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 19. Mai 2007, 13:18:43
ZitatWenn es um etwas geht, dann doch darum, die Welt für die armen Menschen besser und gerechter zu machen. Das erreicht man nicht ideologischen Eifer oder Verteufelung des Kapitalismus.

Wie dir vieleicht entgangen ist gibt es mehr Methoden zu kritisieren und zu gestalten als "ideologischer Eifer" und Verteufelungen. :)

Zitat
Die Ideen solcher Linken führen wieder nur zu Ungerechtigkeit und Unfreiheit. Zu viel denken scheint manchmal ungesund zu sein.

Das ist eine Mischung aus verkürzten Denken, mal wieder neuen Unterstellungen und Halbwissen. Ich bin mir nur nicht sicher ob es lohnt gegenzuargumentieren. z.B mit Beispielen die ihr euch nicht anschaut und gefließentlich ignoriert oder gar mit komplexeren Erklärungen. Es ist auch schwer da hier kein Beispiel von deiner Seite genannt wird. Du hängst einem einfach irgendetwas abstraktes an und meinst das wäe jetzt ein schlagendes Argument...naja "zuviel" Denken ist ja ungesund.

Zitat
Die Frage der Gewalt zeigt, wes Geistes Kind ihr seid. Und mehr möchte ich dazu nun wirklich nicht sagen.

Welches Geistes du Kind bist weiß ich jedenfalls jetzt zur Genüge. :egal
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 19. Mai 2007, 13:51:51
Aber Lanie...
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 19. Mai 2007, 13:56:12
Ja gut den letzten Kommentar hätte ich mir sparen können. Mich regt deren Verbohrtheit und ihre Unterstellungen unheimlich auf, wie albern von mir.  :-[

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 20. Mai 2007, 00:37:25
ZitatWenn diesen Werten ein gewalttätiges System gegenübersteht sind Auseinandersetzungen nunmal immer sehr wahrscheinlich. Klar man kann wegrennen und die Demo einfach auflösen nur löst sich damit auch die einhergehende Freiheit, hier an diesem Ort für etwas einzustehen sehr schnell auf.
Du tust so, als gäbe es nur die zwei Möglichkeiten: wegrennen oder zuschlagen (Steine schmeissen, wasauchimmer). Das ist aber NIE so, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt - NIE.
Man könnte sich zB auch einfach hinsetzen. Nur so als Gedankenspiel. ;)


Weisst Du, ich denke immer: Man möchte doch jemanden von etwas überzeugen. Oder will man nur egozentrisch einfach die eigene Meinung irgendwie loswerden? Und wenn ich überzeugen will, dann versuche ich zuerst einmal, mir die SYMPATHIE der Menschen, die ich zum nachdenken bringen will, zu sichern. Sonst lehnen die ja von vornherein ab, über das, was ich vertrete, nachzudenken. Und ich sichere mir die Sympathie eher, wenn ich NICHT Gewalt ausübe (egal, ob ich jetzt damit angefangen habe oder die anderen - das ist im outcome wurscht) - Wenn die "anderen" Gewalt ausüben, und ich aber trotzdem nicht, ist die Sympathie viel eher auf meiner Seite.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 20. Mai 2007, 09:43:09
So isses. Und wenn man dann noch bissel sachlich bleibt und vielleicht ein bisschen Rhetorik beherrscht, kann man vielleicht schon ein bisschen was erreichen, denn dan hört einem auch jemand zu und man kann ihn für sich gewinnen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 20. Mai 2007, 11:32:05
Zitat
Du tust so, als gäbe es nur die zwei Möglichkeiten: wegrennen oder zuschlagen (Steine schmeissen, wasauchimmer). Das ist aber NIE so, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt - NIE.
Man könnte sich zB auch einfach hinsetzen. Nur so als Gedankenspiel. ;)

Tut mir Leid das es so rübergekommen ist aber das war nicht meine Intention. Selbstverständlich gibt es, wie ich oben auch geschrieben habe, verschiedene Möglichkeiten. Dualistisches Denken, mit klaren schwarz - weiß Schemen sind indiskutabel. :)

Zitat
Weisst Du, ich denke immer: Man möchte doch jemanden von etwas überzeugen. Oder will man nur egozentrisch einfach die eigene Meinung irgendwie loswerden? Und wenn ich überzeugen will, dann versuche ich zuerst einmal, mir die SYMPATHIE der Menschen, die ich zum nachdenken bringen will, zu sichern. Sonst lehnen die ja von vornherein ab, über das, was ich vertrete, nachzudenken. Und ich sichere mir die Sympathie eher, wenn ich NICHT Gewalt ausübe (egal, ob ich jetzt damit angefangen habe oder die anderen - das ist im outcome wurscht) - Wenn die "anderen" Gewalt ausüben, und ich aber trotzdem nicht, ist die Sympathie viel eher auf meiner Seite.

Ja das mit der Sympathie ist so eine Sache. Natürlich wird Sympathie vieles erleichtern. Es macht auf Demos auch nicht viel Sinn mit den Bürgern und Teilnehmern viel über komplexe Themen zu reden weil die Demo einfach kein guter Ort dafür ist. Da kann Sympathie viel her- und wettmachen, dennoch wird sie in meinen trüben Augen niemals die Überzeugungskraft einer rational-logisch gut konstruierten Kette von Argumenten erreichen. (mal davon abgesehen das der Mensch ja meistens sowieso lieber mit Menschen spricht mit denen er sich versteht)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 20. Mai 2007, 11:49:37
Zitatdennoch wird sie in meinen trüben Augen niemals die Überzeugungskraft einer rational-logisch gut konstruierten Kette von Argumenten erreichen

Scheiben einschlagen scheint aber für einige der Szene das einzige "schlagkräftige Argument" zu sein. Wer schlagkräftige Argumente hat, braucht keine Gewalt. Deswegen höre ich auch denen, die auf solchen Demos Steine schmeißen oder sonstwie Gewalt ausüben, nicht näher zu.

Ich verstehe die Beweggründe der Menschen, gegen den G8-Gipfel als Sinnbild des Kapitalismus zu demonstrieren durchaus. Aber eben halt DEMONSTRIEREN, nicht Scheiben einschlagen, nicht Autos oder Mülltonnen anzünden, denn die, gegen die sich die Demo eigentlich richten soll, trifft das eh nicht. Und selbst wenn es sie träfe, wäre es nicht zu billigen.

Mit dem Kopf durch die Wand hat noch keiner was erreicht.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 21. Mai 2007, 11:01:35
Was ich mir gerade gedacht habe - allein schon den Titel dieses Threads, "fight the future" finde ich eigentlich ziemlich doof. Die Zukunft kann man gestalten, sich zumindest darum bemühen  - aber sie zu bekämpfen ist doch eher..... (und geht eigentlich nur, indem man sich umbringt ;D)
Naja. ich finde, zu dem Thema ist eh schon alles gesagt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Dorian am 21. Mai 2007, 11:43:48
Ja, ist mir auch aufgefallen. "fight for future" wäre besser gewesen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 28. Mai 2007, 20:33:40
ZitatWas ich mir gerade gedacht habe - allein schon den Titel dieses Threads, "fight the future" finde ich eigentlich ziemlich doof. Die Zukunft kann man gestalten, sich zumindest darum bemühen  - aber sie zu bekämpfen ist doch eher..... (und geht eigentlich nur, indem man sich umbringt ;D)
Naja. ich finde, zu dem Thema ist eh schon alles gesagt.


Dann kannst du ja auch aufhören zu trollen. :) Danke.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 28. Mai 2007, 23:46:49
Äh...pardon? Trollen? Was willst du jetzt damit sagen?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Burkhard Ihme am 29. Mai 2007, 02:42:03
Vielleicht ist das literarisch gemeint (http://www.klaus-hoffmann-online.de/index/Texte/album3.htm#So)?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 29. Mai 2007, 03:53:42
Eher so:

http://blog.oliver-gassner.de/archives/1927-Besser-trollen!!!1!-Torsten-Kleins-republica.html
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 29. Mai 2007, 04:35:19
Oder hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Troll_(Netzkultur)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 29. Mai 2007, 10:04:38
jaja, ich weiss schon, was ein Troll ist - ich versteh nur nicht, was ICH dazu getan haben sollte? Sollte ich was getan haben, was irgendwie Trollig ist, dann bitte ich, mir das zu erklären, es war sicher nicht bewusst und SORRY ich wollte niemanden provozieren oder ärgern. Ich habe (sollten die anderen Threads gemeint sein) nur auf falsche Anschuldigungen reagiert.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 29. Mai 2007, 11:46:15
wie immer whoknows
wenn die argumente ausgehen wird es persönlich, also min es wie eine eiche wenn sich ein wildschwein daran scheuert ......  ;)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 29. Mai 2007, 12:23:45
Zitatwie immer whoknows
wenn die argumente ausgehen wird es persönlich, also min es wie eine eiche wenn sich ein wildschwein daran scheuert ......  ;)


Ich wurde nicht persönlich, wie auch? Volker wurde z.B persöhnlich mit:

"@Lanie: Die Frage der Gewalt zeigt, wes Geistes Kind du bist. Und mehr möchte ich dazu nun wirklich nicht sagen. "

Aber es geht ja um "who knows"
In einen Thread zu schreiben das alles "eh schon gesagt dazu ist" ist nunmal schlichtweg vorsichhinreden,( das kann man gerne in einem persöhnlichen Disput als Stilmittel miteinbinden..) dann nochmal etwas schreiben oder ab und zu Leuten irgendwelche Dinge an den Kopf zu werfen ohne auf die Stellungsnahmen dazu einigermaßen zu reagieren, ja das ist und bleibt Getrolle. ;)

richtigstellende Grüße.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 29. Mai 2007, 12:57:06
Sorry Lanie, aber das stimmt einfach nicht. Erstens: wir HABEN alle Argumente und vor allem alle Meinungen ausgetauscht, alles andere wäre nur Wiederholung von "Gewalt ist ein Stilmittel" vs "nein, Gewalt ist kein akzeptables Stilmittel". Und zweitens: Trolling ist was anderes, als die Schnauze von einer Diskussion voll haben, weil sie sich im Kreis dreht, siehe Wiki. Und drittens: was sollte ich richtigstellen, was werfe ich wem an den Kopf? Ich finde das alles unlogisch und nicht nachvollziehbar - ich habe meine Argumente vorgebracht, habe in einem Nachsatz noch einen neuen nebenbei-Gedanken (den über den Titel) eingebracht und habe auch rein didaktisch das Recht zu finden "alles ist schon gesagt worden".
Ich finde, es ist VIEL persönlicher, jemandem zu Unrecht Trolling vorzuwerfen, als ein Argument mit  "es zeigt, wes Geistes Kind Du bist" zu qualifizieren - denn das TUN Argumente nun mal, alle, sofern sie ehrlich gemeint sind. Sie zeigen das Denken des Sprechers.
Allerdings - die Wildschwein-Sache ist schon ein bissel unter der Gürtellinie, finde ich. Trotzdem danke für die "Rückendeckung", Guntram, ich denke, Du hast es nicht so giftig gemeint, wie es für mich rüberkommt.
:-*
Ausserdem finde ich: ich diskutiere gern. ich diskutiere gern mit sehr jungen Menschen, einfach weil Diskutieren immer gut ist - regt den Denkapparat auf beiden Seiten an. Aber irgendwann kommt ein Punkt, da finde ich es sinnlos, weiter zu diskutieren - wenn nämlich die Standpunkte auf beiden Seiten so tief eingegraben sind, dass man nicht weiterkommt - weil keiner sich ein bissel bewegen möchte. Und das war  mE einfach hier der Fall. Ich würde allerdings sehr gerne die gleiche Diskussion mit Lanie noch mal führen, in sagen wir 20 jahren. Das fände ich interessant.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 29. Mai 2007, 15:48:49
In dieser Diskussion gabs aber weit mehr als nur zwei Seiten, oder? Es ging auch um mehr als nur um die Gewaltfrage.
Ich persönlich bin überdies noch nie einem Thema begegnet, zu dem irgenwann einmal alles gesagt war oder sein wird. Das mit den eingegrabenen Positionen ist freilich etwas anderes, da kommt manchmal schon der Punkt, wo man sich im Kreis dreht und besser mal eine Verschnaufpause einlegt bzw. jeder für sich seine Hausaufgaben macht. Aber das Ende der Diskussion bedeutet das keineswegs. Wäre ja schade, wenn wir auf unseren festgefahrenen Positionen sitzenbleiben müssten.
Was genau erwartest du übrigens von der Fortsetzung der Diskussion mit Lanie in 20 Jahren?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 29. Mai 2007, 17:01:42
Ich hatte es schon vorrangig als Sinn/Unsinn/Legitimation von Gewalt  am g8 Gipfel verstanden, und  ich hatte auch einfach schon alles gesagt, was ich dazu zu sagen hatte  - ich hab ja niemandem verboten, weiter zu diskutieren, aber ich habe mich einer absolut gängigen Ausdrucksweise bedient, (einer stehenden Redewendung, wenn die missverstanden wurde, wenn hier Erbsen gezählt werden, dann schade -Jedenfalls nehme ich mir einfach das Recht heraus, nix mehr dazu sagen, denn ich empfand einen Gutteil der Argumente, die Gewalt  hier (! also: beim Gipfel! ) in irgendeiner Weise legitimieren als schlicht unreif, ich empfand vieles an der Kritik am g8 Gipfel als uninformiert und zu eng gesehen oder gar zu kurz gedacht, ebenso wie ich die Sprache, in der das stellenweise geschah, nicht mag, weil sie sich für mich unecht angezogen und pseudointellektuell anfühlt. Das mag falsch sein, es mag subjektiv sein, es mag strunzdumm sein - bitteschön. Es ist nun mal meine Meinung. Und deshalb habe ich es vorgezogen, nicht mehr zu diskutieren - vielleicht habe ich schon geahnt, dass die Argumente irgendwann tiefer fliegen als sie sollen, wer weiss. Man MUSS nicht immer noch einmal und noch einmal und noch genauer alles sagen und erklären, was man denkt, oder? Man kann auch einfach mal keinen Bock mehr haben.
Das alles ist übrigens noch dazu schon etliche Postings her - ich HATTE mich aus der Diskussion verabschiedet und niemanden hat's gestört, bis ich auf die Idee kam, den Titel des Threads zu kritisieren - was ja nix mit der Diskussion an sich zu tun hat.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Dorian am 29. Mai 2007, 17:13:15
Gewalt ist keine Lösung wenn man nur drüber redet.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 29. Mai 2007, 17:14:42
 ;D
Du Fiesling Du. ;)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 29. Mai 2007, 18:45:13
Nanana, nicht persönlich werden !  ;D
:-*
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 29. Mai 2007, 19:21:44
Wir müssen uns einfach vor Augen halten, dass sich die Diskussion, kaum war die Demonstration in Rostock angesprochen, ziemlich zielstrebig zur Frage der linken Gewalt hin bewegt hat. Dieser Reflex kam von verschiedenen "Seiten". Und ich meine, dass wir damit ein Stück weit den medial und öffentlich vorherrschenden Automatismus mitgemacht haben, der linke Demonstrationen hauptsächlich mit Gewalttätigkeit assoziiert. Dieser (oft bewusst geförderte) Automatismus führt dazu, dass die Diskussion um Inhalte völlig abhanden kommt.

Wie ich schon in einem früheren Posting gesagt habe, ist Gewalt für mich immer abzulehnen, da bin ich mit Lanie wohl ganz und gar uneins. Entsprechend ätzend finde ich die Gewaltdiskussion, und da verstehe ich alle sehr gut, die  sich entnervt aus der Diskussion zurückziehen.

Wegen dem besagten Reflex bedeutet das aber auch den Rückzug aus der ganzen Diskussion um den G8 und den Widerstand dagegen. Diese Diskussion wäre aber bitter nötig. Deshalb hätte ich mich gefreut, wir hätten unsere Differenzen in der Gewaltfrage (welche so gewaltig ja nicht sind, es scheinen sich alle ausser Lanie einig zu sein, und auch der ist sich nicht ganz sicher, wenn ich richtig gelesen habe) einfach beiseite gelassen, und hätten uns über so wichtige Dinge wie den G8, die dazugehörige Weltsicht und die Demo unterhalten.

Hab deine Bemerkung mit dem "alles ist gesagt" übrigens auch falsch verstanden, sorry.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 30. Mai 2007, 00:25:30
Zitatziemlich zielstrebig zur Frage der linken Gewalt hin bewegt hat.
Also, ich hatte das auch anders verstanden. Ich habe mich von vornherein der Frage der Gewalt an und pfirsich zugewandt - egal ob nun linke oder rechte Demonstranten. (wobei: die einzigen, die ihre Ziele tatsächlich durch Gewalt erreichen könnten, sind ja unglücklicherweise die Rechten - denn es folgt auf Gewalt mehr Kontrolle und mehr Polizei - das, was ja die Rechten wollen. Ich persönlich habe da auch gar keinen Automatismus, und wenn, dann eher anders - ich denke bei Gewalt erst mal an die Rechten, und bin auch tief empört, wenn ich merke (was leider allzuoft passiert) dass die Polizei und Staatsgewalt allzu häufig auf diesem Auge blind sind.

Zitatund hätten uns über so wichtige Dinge wie den G8, die dazugehörige Weltsicht und die Demo unterhalten.
Mir ist allerdings die Frage: Diskutieren wir über das g8 Treffen, Weltsicht und Demo  auch viel zu schwammig, das sind nämlich zwei RIESIGE Brocken, die extrem vielschichtig sind, und Demo - ws gibt's da zu diskutieren? Man muss demonstieren dürfen, man muss Gewaltfrei bleiben - zwischen diesen Polen muss das Ding ablaufen und die Staatgewalt hat da die Entscheidung, wie sie da durchlaviert. Diese Entscheidung ist naturgemäss manchen rechter als anderen.
Aber was wollt Ihr "über das g8 Treffen" diskutieren? Kanns noch ein bissel undeutlicher sein? ÜBER das Treffen diskutieren?
Es steht ja wohl ausser Frage, dass es nicht a priori schlecht sein kann, wenn die Regierungen der stärksten Industriestaaten einander treffen und Strategien verhandeln- man kann also letztlich nicht GEGEN den gipfel sein, man kann nur (und tut es ja auch) gewisse Punkte genau betrachten, und höchst skeptisch sein, WIE sie verhandeln und wohin das alles führen wird.
Das bin ich ja auch, gar keine Frage, und als gebranntes Kind setze auch ich voraus, dass zu wenig Sinnvolles beschlossen wird, dass die Reichen weiter reich und die Armen weiter arm sein werden, dass den Lobbyisten die Macht nicht entzogen und dass die alternative Energiegewinnung bei weitem nicht genügend gefördert wird, bzw Umwelt und Menschenkiller nicht genügend bestraft werden. ich bin sicher, dass sowohl die Reform vom GAP verschoben  als auch GATS immer noch hochgeachtet und unreformiert bleibt, etc pp.
ABER: Ich habe echt keine Lust, darüber zu diskutieren, ob der Gipfel an sich jetzt toll ist, oder die Sicherheitsmassnahmen gerechtfertigt , oder dass wir skeptisch sind - das scheint mir einfach sinnlos.

Gerne diskutiere ich über einzelne Punkte, zB über Stärkung oder Schwächung der EU, über Freihandelszonen und was sie schaden oder bringen können, über den Status von Amerika im Vergleich zur restlichen "westlichen Welt" und im Vergleich zur sogenannten 3. Welt, über Türkei als EU Mitglied, überhaupt über das "Problem" der Muslime im Westen und Osten  - das alles sind Einzelpunkte, wo es mE Sinn macht, eine Meinung, eine Strategie zu äussern - diese Einzelpunkte sind teilweise, aber bei weitem nicht alle eng miteinander verwoben und verdienen alle einer besonderen Diskussion. Aber über das GANZE Ding? Da sehe ich echt keinen Nutzen drin, und ergo scheint mir die Fragestellung auch schlicht falsch zu sein.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 30. Mai 2007, 10:15:24
Hier übrigens ein recht interessanter artikel zum thema:
http://www.zeit.de/online/2007/22/rechte-globalisierungsgegner
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 30. Mai 2007, 11:33:27
Der Gipfel an sich liefert doch reichlich (konkreten) Gesprächsstoff: Die Zusammensetzung, die Interessen, das Sicherheitsdispositiv, die Propaganda usw.
Und die Demo genauso: wie zum Beispiel können wir mit dem Problem umgehn, das in diesem Zeit-Artikel beschrieben wird? Was bedeutet dieses Phänomen für unser Verständnis von rechts und links?
Und die Weltsicht, die möglichen Strategien: klar, das ist reichlich weitläufig. Aber warum nicht eine weitläufige Diskussion führen? Das tun wir doch in anderen Threads auch.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 30. Mai 2007, 11:49:55
Genau, was ich meine: Du gibst konkrete Ansätze, über die man reden kann - wenn mir jemand sagt: "diskutieren wir doch über den Gipfel" - dann ist mir das nicht Anreiz, um etwas zu sagen.
Über zB die verschwimmenden Unterschiede der klassischen Rechts/Links kategorisierung kann man aber gut reden - zum Beispiel.
Eine vernünftige Diskussion entsteht doch meistens so: einer beginnt,  und wirft einen konkreten "Köder" aus, beispielsweise indem er behauptet: Die Rechten und die Linken sind einander total ähnlich, ich seh da keinen Unterschied mehr.
Und dann springen alle auf den Knochen und eine Diskussion entsteht. Aber wenn ich sage: "Reden wir über den Gipfel" - wo soll man da ansetzen?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 30. Mai 2007, 18:18:01
Leuchtet mir ein.

Den Artikel find ich übrigens ausgesprochen beunruhigend. Eine clevere und erfolgversprechende Strategie der Rechten.  :(

Allerdings nicht nur das. Es wirft auch für die Linken unangenehme Fragen auf. Zum Beispiel, was los ist mit der linken Rhetorik, wenn sich darin so viele Anknüpfungspunkte für Rechtsradikale befinden.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 30. Mai 2007, 18:41:22
Drücken wir es mal so aus. Die Rechten haben im Hintergrund ein paar sehr intelligente Köpfe - neben der Masse die die Wirtshausparolen verbreitet - und sind sehr professionell organisiert. Der professionelle Überbau fehlt den Linken, so mein Eindruck.

Außerdem sind sie sehr diszipliniert. Ich wette bei der Großdemo in Schwerin werden die sich so mustergültig verhalten wie eine Gruppe aus einem katholischen Internat. Und hinterher werden sie groß verkünden bei uns war es friedlich, die Krawalle waren anderswo. Egal was sie an andere Demo-Orten machen. Das ist öffentlichwirksam.

Abgesehen davon ist es paradox, die Rechtren sind gegen Globalisierung sind aber selbst International perfekt organisiert. Was natürlich NICHT an die große Glocke gehängt wird.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 30. Mai 2007, 18:48:07
Ja, genauso geht's mir auch - schon seit einiger Zeit, seit die linken das Palästinenser-Thema auf eine Art und Weise umarmten, die stellenweise schon erschreckend antisemitische Züge annahm. Plötzlich war die Rechte (ok, also die Konservativen) weniger antisemitisch als die Linke - da fing bei mir ein Nachdenkprozess an - der inzwischen endete bei der Erkenntnis: diese alten Kategorisierungen funktionieren heute einfach nicht mehr. Unter Anderem deshalb, weil der Linken die Klientele im Westen abhanden gekommen ist - den "normalen ARBEITER" gibt es kaum noch - die Mittelschicht wurde immer breiter, auf Kosten der "Unterschicht" - leider nicht auf Kosten der Reichen. Also müsste sich die Linke neue "Underdogs" suchen, die unterstützenswert sind. Genau das hat sie aber grossteils versäumt, kommt immer noch mit derselben Rhetorik daher, obwohl sich die Produktionsbedingungen und die Bedrohungsszenarien  - und damit die Überlebensstrategien  - deutlich verändert haben. Die Gewerkschaft zB arbeitet häufig deutlich am Zukunftsorientierten vorbei.

Die rechte indes wird leider immer schlauer, immer mehr Wolf im Schafspelz - und eben durch die geänderten Bedingungen treffen sie hin und wieder sogar einen richtigen Kern - wie peinlich und ärgerlich.
Oft genug kommen da Punkte, gegen die, wie es im Artikel heisst, man eigentlich garnicht sein kann - das ist einfach eine geniale Strategie - und die Linke ist da viel zu empfindlich, viel zu "anständig" wenn ihr so wollt - jedenfalls leider eben nicht erfolgversprechend.
Ausserdem ist natürlich eine der grössten Achillesfersen der Linken, dass sie so zersplittert ist. Das ist die Rechte nicht, die lassen, um ihre Ziele zu erreichen, auch mal fünfe grade sein. Das ist eine definitive Stärke und die Linke will daraus nicht lernen - es gilt immer noch der alte Wecker-song mit "halblinks-mitte und mittelinksrechts und so (ich weiss nicht genau den Text) es endet mit "Und der Nazi lacht sich eins, denn das weiss auch er - gegen diese Linke hat er es nicht schwer."
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 30. Mai 2007, 21:20:52
@whoknows
Weil du auf Israel kommst, ich will jetzt nichts falsches schreiben, aber Einwanderer in Israel aus Rußland (also vermutlich Juden) sollen teilweise sehr rechtsradikal und teilweise antisemitsch(!!!) sein. Wie ich diese Aussage werten soll oder wie das insgesamt zu werten ist weiß ich noch nicht. Aber manche Mensche scheinen alles unter ihren geistigen Hut zu bringen. Die Quelle halte ich übrigens für zuverlässig.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 30. Mai 2007, 21:35:22
Zitat... aber Einwanderer in Israel aus Rußland (also vermutlich Juden) sollen teilweise sehr rechtsradikal und teilweise antisemitsch(!!!) sein.
Fehlt nur noch schwarz und atheistisch..
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 30. Mai 2007, 23:07:35
Ja, aber das ist ein alter Hut - erstens: es gibt immer wieder Angehörige einer Minderheit, die genau diese Minderheit nicht mögen (siehe Michael Jackson, der lieber weiss wäre) - krank und blöd, aber was soll man machen.
Zweitens: Gerade in Russland ist Antisemitismus, Antihomosexualität und Frauenfeindlichkeit (die sehr sehr häufig Hand in Hand gehen, da gibt inzwischen schon Studien dazu) in weiten Kreisen nachgerade tradionell - und es gibt einen ganzen Haufen ziemlich faschistoider Menschen - das ist also nicht verwunderlich, wenn jemand in so einem Umfeld aufwächst und nicht "aufwacht", dass da Tendenzen einfach weiter schwelen,
und drittens: es gibt ziemlich viele Russen, die nach Israel einwandern und einfach nur behaupten, Juden zu sein - es gab natürlich vor dem Fall des eisernen Vorhangs viel mehr, das war eine Chance aus dem Land zu kommen - Israel ist ein reiches Land, und wenn man Jude ist, wird man ohne wenn und aber aufgenommen - und viele Russische Juden können/konnten nicht beweisen, dass sie Juden sind, weil sie es über Generationen versteckt haben - ein leichtes also für Schwindler, sich da hineinzuschummeln.
Der antisemitismus in Russland ist extrem, bis heute - und wenn man aufwächst in dem allgemeinen Verständnis, das Juden was Schlimmes sind.... In Rumänien ist es heute so mit den Roma und Sinti - als ich da war, war ich echt fassungslos, dass auch hochgebildete, links stehende und liberal denkende Menschen - in allem, ausser dem - unfassbar Anti-roma und sinti waren. Bis hin zu "Die stinken, die stehlen" - ganz offen und als Fakt vorgebracht, so wie wir heute beispielsweise sagen: ja, Rauchen ist ungesund.
Es kann auch noch was sein - die ultra-orthodoxen Juden provozieren Nichtorthodoxe und wenig reflektierte Menschen  immer wieder zu Äusserungen, die mit einiger Rhetorik  auch als antisemitisch zu werten sind - und sogar faschistoid, indem sie beispielsweise das Lebensrecht der ultraorthodoxen in Frage stellen - auch das könnte es sein. oder die Provozierer selbst können so verstanden werden Beispielsweise kann es passieren, dass in einem ultraorthodoxen Viertel jemand einen Draht quer über die Fahrbahn spannt, falls jemand am Schabbes mit Fahrrad oder Motorrad fährt (gilt als religiös verboten) - was natürlich zu üblen Verletzungen führen kann - das kann man auch als antisemitisch und faschistoid auslegen - denn es sind ja Juden, die da durchfahren....

Jedenfalls:  Menschen machen  immer wieder die unglaublichsten Dinge, und Juden sind da auch keine Ausnahme - wer das denkt, ist letztlich auch nicht frei von Vorurteilen....
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Andrea am 31. Mai 2007, 04:16:56
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es zu großen Veranstaltungen wie den G8 "automatisch" Demos geben "muss". Ich meine, wenn man konsequent ist, könnte man auch sagen: Nicht nur dieser G8-Gipfel, sondern auch die Demo kostet Geld. Ich will damit nicht sagen, dass man nicht demonstrieren soll. Ich war selbst früher oft auf Demos, sofern ich die Beweggründe kapiert habe. Ich bin zu wenig informiert über die G8-Punkte, ich kriege überall mit: Gipfel findet statt, Demo auch, aber mir fehlen die Teil-Stücke, um generell "dagegen" zu sein.
Irgendwie erinnern mich derlei Demos an den Opernball und die Demo dazu in Wien. Ich wollte immer mit. Meine Freunde meinten aber, für mich als Blinde wär das zu gefährlich. Wenn man rennen muss, dann bin ich vielleicht zu langsam. Jahre später denke ich: Ich MUSS da nicht dabei gewesen sein. Wenn die Reichen feiern wollen, wenn sie es jedens Jahr tun, kann ich das mit einer jährlichen Demo nicht verhindern. Und mittlerweilen denke ich auch: Wenn's ihnen Spaß macht....
OK, Klar, G8 ist da was anderes, weil politisch. Und ich finde auch, wenn jemand sich total informiert hat und demonstrieren will, ist das legitim. Ich hätte mitfahren können, aber ich habe mich dagegen entschieden, weil ich zu wenig weiß.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Burkhard Ihme am 01. Juni 2007, 06:33:06
Ein bißchen Gewalt


Unsre Erde ist in keiner sehr beneidenswerten Lage,
sie versinkt schon bald in Terror und Gewalt.
Und so stellt sich nun die Frage: wie vermitteln wir die Werte,
die uns Jesus einstmals lehrte und die Dylan schon besang
an unsre Kinder ohne Folter oder Zwang.

Unsre Kinder sind die Zukunft dieses sterbenden Planeten,
sie bestimmen sein Verderben und Gedeihn.
Drum nehmt den Kindern die Pistolen aus der Hand und lehrt sie treten,
wo ein Fußtritt völlig reicht, da muß ein Kopfschuß doch nicht sein!

Ein bißchen Hauen, doch nur Größere und Stärkre,
ein bißchen Hauen in gerechtem Zorn und Grimm,
ein bißchen Hau'n, wenn ich mich ärgre, ist im Grunde legitim,
ein bißchen Hauen ist doch gar nicht mal so schlimm.

Ein bißchen Bomben, nur auf ausgewählte Ziele
Ein bißchen Bomben, wenn du unzufrieden bist.
Ein bißchen Bomben, nicht zu viele und in angemessner Frist
Ein bißchen Bomben, wenn es unvermeidlich ist.

Ein bißchen Krieg, doch nur für eine gute Sache!
Ein bißchen Krieg, nur für das Wohl der ganzen Welt!
Ein bißchen Krieg, doch nicht aus Rache, nicht aus Angst und nicht für Geld:
Ein bißchen Krieg, damit der Frieden länger hält!

Ein bißchen Tod, doch nur für die auf unsren Listen,
Ein bißchen Tod, damit die Erde nicht mehr bebt.
Ein bißchen Tod für den Statisten, der die Sterberate hebt,
ein bißchen Tod, damit die Menschheit überlebt.

Ein bißchen Hölle, aber nicht in meinem Garten,
ein bißchen Hölle, nicht auf unserm Kontinent.
Ein bißchen Hölle, denn wir warten schon so lang aufs Happy end,
ein bißchen Hölle, daß der Himmel nicht verbrennt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 01. Juni 2007, 14:11:31
Gefällt mir gut.

Nur das Wort "Anarchie" ist in diesem Zusammenhang etwas seltsam. "Anarchie" meint die befreite, herrschaftslose Gesellschaft. Du meintest wohl Chaos, Strukturenlosigkeit, Faustrecht o.ä. Das hat mit Anarchie aber nichts zu tun.

Die Gleichsetzung von Anarchie und Chaos ist eine alte und bewährte Diffamierungsstrategie gegen die Anarchisten, der wir nicht aufsitzen sollten.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Burkhard Ihme am 01. Juni 2007, 22:29:18
Ich habs geändert, auch wenn der korrekte Gebrauch des politischen Begriffs "Anarchie" in einem so unkorrekten Lied eigentlich eh unpassend wäre.

P.S. Noch mal geändert. "Anarchie", aber auch "Apathie" kommen nicht mehr vor (work in progress eben).
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 02. Juni 2007, 00:40:50
Aber Apathie ist jedenfalls, finde ich, viel besser, weil es tiefer greift.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 02. Juni 2007, 11:18:24
Hier noch mal ein ziemlich interessanter Artikel zum thema Globalisierung:
http://blog.zeit.de/herdentrieb/?p=171
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Dagmar am 03. Juni 2007, 03:05:49
Ich bin schon sehr müde um die Uhrzeit, um noch alle Beiträge sorgfältig zu lesen in diesem thread. Bar Kenntnis also der bis hierher geschrieben Beiträge meine Meinung:

Man wird tagen und verhandeln müssen, um weiter zu kommen. Per se und grundsätzlich "gegen" eine derartige Konferenz zu sein, ist für mich deshalb komplett idiotisch - und ich habe bislang auch noch keinen Beitrag gehört oder gelesen (wo auch immer), der mich überzeugt hat, dass ein solcher Gipfel per se unterbunden gehört. Nix miteinander reden soll also besser sein..?!?!???? Aha..........

Man wird aber auch demonstrieren und auf die Mißstände der Weltwirtschaft und Globalisierung aufmerksam machen müssen, damit die acht Leutchen samt Corona dort nicht "vergessen", um welche dramatischen Konsequenzen der Globalisierung es geht. Das wird aber kaum Auswirkungen haben, wenn man meterhohe Zäune zieht und das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung derart einschränkt, dass niemand der Gipfelteilnehmer von Gegenmeinungen und Warnungen etwas mitbekommen wird.

Hoffentlich also entscheidet kurzfristig genug das BVG für eine Aufhebung der Bannmeile!
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 03. Juni 2007, 10:10:44
Jetzt nimma.
Ich finde es irre schade, dass ein paar Arschlöcher immer dabei sind, die dann den Menschen, die ein echtes Anliegen haben, den Weg versperren.

Im Übrigen leiden beide Seiten unte einem schweren Kommunikationsdefizit.
Wenn die Veranstalter die Sicherheitsmassnahmen (zumindest offiziell) auf die Angst vor Terroristen schieben würden, anstatt auf die Demonstranten, und wenn die Demonstranten der Öffentlichkeit klar machen könnten, dass sie tatsächlich ganz konkrete Anliegen haben, und eben  nicht " nur gegen g8 & den Gipfel an sich" sind, wäre vielleicht manches leichter zu erreichen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 03. Juni 2007, 11:04:36
Ein Vertreter der Veranstalter hat die Polizei beschuldigt die Demonstranten provoziert zu haben. Kann ich nicht gelten lassen, da Molotow-Cocktails flogen. Die waren mitgebracht und mir kann keiner erzählen das einer der Molotow-Cocktails mitbringt die wieder mit nach Hause nimmt. Die wären immer geflogen auch wenn im Umkreis von 10 km kein einziger Polizist gewesen wäre.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 03. Juni 2007, 11:54:43
Ich bin immer wieder auf's Neue empört und verblüfft, wenn mir wieder mal vor Augen geführt wird, dass es letztlich die Medien sind, die die Macht im Staate haben, und die Journalisten immer weniger Anstand haben, mit dieser Macht wenigstens halbwegs anständig umzugehen.
Ich komme drauf, weil man zB hier in den Berliner Medien nur hört, dass "Alle Veranstalter die Ausschreitungen auf's Schärfste verurteilen, sie seien durch nichts zu entschuldigen" - das heisst nicht, dass Deine Quelle oder meine Quelle jetzt falsch sind, es heisst nur: die Journalisten geben weiter, was ihnen in den Kram  (oder zu ihrem Medium) passt, verstärken und verändern so Aussagen, und das einzige, das wir wissen können, ist, dass keine Information, die wir kriegen, uns ein halbwegs objektives Bild vermittelt. Ich finde das ist letztlich untragbar. Medien gestalten unseren Alltag noch viel mehr, als das Politik oder sogar Wirtschaft können. Denn die Informationen, die sie uns liefern, sind die Grundlage für unser Denken und Handeln, und wenn man die Gabe hat, mit den Medien zu "spielen", kann man ein Bild in den Köpfen der Menschen verankern, dass dem entgegen kommt, das man sich wünscht.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Alexander am 03. Juni 2007, 15:34:48
Diesen Link bekam ich heute von www.chanson.de ins Postfach:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/25/25426/1.html
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 03. Juni 2007, 17:38:28
Märchenstunde: die Polizei hat die Ausschreitungen provoziert ...
Und auch wenn das so wäre, die Antwort ist also, Pflastersteine auf Menschen zu werfen, Autos anzuzünden und sogar Feuerwehrwagen zu attakieren. Und der sogenannte "schwarze Block" fährt nach Rostock, um friedlich zu demonstrieren ...

Das Schlimme – mal ganz abgesehen von den vielen, vielen Verletzten – ist, dass das eigentliche Anliegen in den Hintergrund rückt und der Gerechtigkeit, Afrika etc. ein Bärendienst erwiesen wird.
(siehe meinen ersten Beitrag zum Thema)
Und das beweist, die Gewalttäter (Autonome?) sind keine Kämpfer für eine bessere Welt, sondern linke Hooligans mit einer absurden Ideologie, die sie jedermann aufzwingen möchten. Wahnsinnig demokratisch.

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 03. Juni 2007, 19:51:56
Demokratisch wäre z.B. "der Marsch durch die Institutionen", eine überwiegend aussichtslose Sache, da allein schon vom Zeitaufwand her absurd. Gewalt als Ausdruck der Hilflosigkeit durch sog. Autonome kann ich daher z.T. nachvollziehen und finde  die sinnlosen Entladungen mit der Staatsgewalt trotzdem unproblematischer als eine bewaffnete Terrorristengruppierung, die sich frustriert in den Untergrund zurückzieht. Das der Polizeiapparat diesen Personenkreis bei jeder Demo "aufs Neue" kennenzulernen scheint sieht für mich schon eher etwas märchenhaft aus. Die Leute sind doch bestens bekannt und werden m.E. zur Auslösung gewalttätiger Konflikte an der langen Leine gelassen. Wie wären den sonst Knüppel, Wasserwerfer und Schläger in Uniform (ja, auch die gibts reichlich) zu rechtfertigen? Auffällig ist jedenfalls, das der deutsche Michel nach dem Gipfeltreffen nichts von Politik, Hunger in der Welt oder seiner Macht als Konsument mitgekriegt hat, nur diese grellen Bilder im TV von irgendwelchen Chaoten mit schwarzen Sturmhauben, die hat er verinnerlicht bevor er wieder alles vergessen wird. Im Sinne unserer politischen Anführer zielführend, oder? Für mich genauso echt wie die Klimaoffensive dieses G.W. oder der Reformwillen der Kanzlerin. Genaugenommen ist die Crux, das eigentlich nur noch die aus demokratischem Blickwinkel zu verabscheuende Gewalt etwas bewirken kann (wenn sie von mehr als nur einer Handvoll Chaoten ausgeht), irritierend und erinnert mich an Interviewversuche mit Intellektuellen vor der Intervention der Nato in Serbien. Denen ist schlicht nichts mehr eingefallen, geschweige denn eine Alternative zur Gewalt. Was die G8 Staaten an Gewalt in der 3.Welt zu verantworten hätten - wenn sie das müssten - wäre ein vielfaches dessen, was anlässlich des Gipfeltreffens von irgendwelchen Autonomen zelebriert wurde. Aber diese Gewalt ist weit weg und stört uns ja (noch) nicht.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 03. Juni 2007, 20:49:29
Also diese Argumentation legitimiert ja sogar jeden von der deutschen Bürokratie "verarschten" Bundesbürger Behörden und Ämter zu stürmen und Selbstjustiz zu üben. Dass die Polizei den schwarzen Block an der langen Leine hält, ist ja wohl nicht mehr als eine Verschwörungstheorie.

Also der Weg durch die Institutionen ist absurd, welches Ziel ist denn nun durch die gewalttätigen Proteste zu erreichen? Den deutschen Michel wachrütteln - oder ihm noch mehr Angst machen?
Am besten auch noch Verständnis für Randale der Fußball-Hooligans, die ja auch nur Ausdruck sozialer Schieflagen sind.

Man macht es sich auch ziemlich einfach, alle Ungerechtigkeiten auf unserer Erde nur auf die G8 abzuwälzen, obwohl sie natürlich keine weißen Westen haben und sehr viel zum Besseren verändern könnten.

Vielleicht kennt ihr Katrin Rohde, eine ehemalige Buchhändlerin aus Plön, die ihr Leben in Deutschland aufgegeben hat, um ein Waisenhaus in Burkina Faso zu errichten. Dieses Engagement, diese Konsequenz einer Person hat mehr Menschen in Afrika geholfen als es tausende G8-Randal-Touristen jemals könnten.

Das liest sich jetzt wahrscheinlich ziemlich zusammenhanglos, aber ich habe mich mal wieder provozieren lassen ... ist wohl auszuhalten, sind ja nur ein paar Wörter. Aber ich bin hin- und hergerissen zwischen diesen Weisheiten "Schweigen ist auch eine Antwort" oder "Schweigen ist Zustimmung".
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 03. Juni 2007, 23:04:03
ZitatAuffällig ist jedenfalls, das der deutsche Michel nach dem Gipfeltreffen nichts von Politik, Hunger in der Welt oder seiner Macht als Konsument mitgekriegt hat, nur diese grellen Bilder im TV von irgendwelchen Chaoten mit schwarzen Sturmhauben, die hat er verinnerlicht bevor er wieder alles vergessen wird.
Damit triffst du den Nagel auf den Kopf, finde ich. Aber ebenso wahr ist, dass reden und reden und reden am "deutschen Michel" (und allen anderen) leider ebenso vorbeigeht, weil die Menschen einfach langen Reden nicht zuhören.
Was also wäre zu tun, um wirklich was zu ändern?

Und angesichts der Millionen und Milliarden, die die g8 Staaten für andere Dinge als Fairness in der Welt ausgeben scheint es mir ein wenig lächerlich, zu sagen, sie könnten nicht "alle Ungerechtigkeiten dieser Welt" wesentlich effizienter lösen, als jedes noch so wichtige und löbliche Einzelengagement.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Volker2 am 04. Juni 2007, 00:11:01
Wenn nun bekannt ist, dass dem deutschen Michel nichts in Erinnerung bleibt als die Randale, warum wird dann randaliert und nicht anders auf das eigentliche Problem aufmerksam gemacht?
Auch die Bundesregierung erweist dem Problem einen Bärendienst: Hätte man den Gipfel auf dem Bonner Petersberg durchgeführt, hätte man nicht nur zig Millionen sparen können, man hätte auch mit der Diskussion um Zäune und Sicherheit nicht von den Gipfel-Themen abgelenkt.


Was ich sagen wollte war: Wer sich wirklich für eine bessere Welt einsetzen will, tut das mit anderen Mitteln. Der nimmt Steine nur in die Hand, um damit Waishäuser zu bauen – nicht um schlecht bezahlten Polizisten die Knochen zu zertrümmern.

Und: Die G8 sind nicht für alle Ungerechtigkeiten auf der Welt verantwortlich, können aber natürlich eine Menge dafür tun, dass die Welt gerechter wird.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Dagmar am 04. Juni 2007, 00:51:48
ZitatGewalt als Ausdruck der Hilflosigkeit durch sog. Autonome kann ich daher z.T. nachvollziehen

Aha  :o Also wenn dann ein Fussballfan im laufenden Spiel irgendwie persönlich oder sonstwie speziell frustriert ist, sich hilflos fühlt ohne Ende, weil der dämliche Schiedsrichter gegen die persönlich favorisierte Mannschaft pfeift, dann darf der also moralisch legitimiert auf den Platz stürmen und Leute k.o hauen??

Gegen Globalisierung sein, ist ja dann wohl was anderes?? Aha?!? Gewalt, weil man sich persönlich gerade mal hilflos fühlt, ist Gewalt, egal wo - aus individueller Perspektive betrachtet!!

Gewalt war und ist für mich immer nur ein Ausdruck von "weicher Birne" oder etwas qualifizierter ausgedrückt: Von der Unfähigkeit zu angemessener Frustrationstoleranz bei gleichzeitiger Unfähigkeit, angemessene und wirkungsvolle Antworten auf primär unlösbar erscheinende Probleme zu finden. Und vor allem: Gewalt scheint mir in diesem Zusammenhang etwas zu sein, dass die Erreichung erheblich höherstehende Ziele gerade verunmöglicht. Und deshalb kann ich absolut nicht "nachvollziehen, dass Gewalt ein legitimiertes Mittel als Ausdruck der Hilflosigkeit" sogenannter Autonomer sein soll. Wer mit Molotow-Cocktails und Brandbomben anreist, erscheint mir gerade mal wenig hilflos - zumal ich solche Waffen nicht spontan (weil ich mich gerade so hilflos und frustriert fühle) kurz um die Ecke zusammen basteln kann. Das muss man schon ziemlich lange vorher geplant und vorbereitet haben. Wieso bitte und mit welcher Motivation???

Ich empfinde die ganze Rostock-Geschichte, die da vom "schwarzen Block", also irgendwelchen Superchaoten und wahrscheinlich komplett Durchgeknallten lange geplant, sorgfältig vorbereitet und dann inszeniert wurde als eine unglaubliche Sauerei, die mich bis Unterkante Oberlippe wütend macht. Ich hatte - naiv vieleicht - gehofft, dass es den Globalisierungsgegnern, die auf die Folgen der Globalisierung aufmerksam machen wollten, gelingen könnte laut, sehr laut, wahrnehmbar mit viel Presseecho, aber friedlich, zu demonstrieren.

Und was die Medien betrifft:

Das war Zufall: Ich habe mit den ö-r. Berichterstattern vor Ort (der NDR ist regional z.Zt dort zuständig) die ganze letzte Woche in einem ganz anderen Zusammenhang beieinander gehockt. Die Leute, die für G8 abgestellt waren, mussten meinen Workshop wegen G8 eher, also bereits am Freitagabend verlassen. Ich habe letzte Woche viel, heftig, engagiert und sehr persönlich mit den Journalisten über G8 und deren Berichterstattung, deren Verantwortung, deren Macht auf die Meinungsbildung, usw. diskutiert dort. Die waren mir - aus ganz anderen Gründen - nicht nur sympatisch, um das gleich zu sagen. Trotzdem und allerdings: Alle dort waren extrem bemüht, objektiv und fair und entsprechend der journalistischen Ethik berichten zu wollen. Die Beiträge von denen habe ich auch zwischenzeitlich gesehen. Man kann die finden, wie man will. Nur: Meinungsmache in irgendeinem subjektiv-manipultaivem Sinn haben die sicher definitiv nicht machen wollen. Allerdings ist mir schon in den vielen Gesprächen auch aufgefallen: Alle hatten eine wie immer geartete Meinung zum Thema: Der eine Journalist war Globalisierunggegner, der nächste Befürworter und Neoliberalist, der Dritte komplett unglücklich, weil er für die "Bannmeile" zuständig war, und befürchtete, nix berichten zu können, der Vierte komplett gestresst, weil für die Berichterstattung aus Rostock zuständig und in Erwartung von Superterror und in Angst um die eigene Sicherheit. Ich will damit sagen bzw. fragen: Gibt es das - die "objektive" Berichterstattung?? Niemand von meinen Gesprächspartnern war gewillt zu manipulieren, aber alle hatten natürlich auch eine sehr persönliche Haltung zum Thema. Journalisten müssen die eigene persönliche Haltung differenzieren können vom Berichterstattungsinhalt - aber ist das wirklich bei einem so emotionalisiertem Thema bis in letzter Konsequenz möglich??? Das bezweifle ich - bei allem persönlichen Wollen und Bemühen der Beteiligten. Man kann denen natürlich "vorwerfen", dass sie gefälligst besser im Vorfeld recherchieren sollten, um darstellen zu können, wer "Freund" und wer "Feind" ist - nur da habe ich wahrgenommen, dass die Aufdeckung wegen extrem guter "Tarnung" quasi unmöglich ist.

ZitatUnd angesichts der Millionen und Milliarden, die die g8 Staaten für andere Dinge als Fairness in der Welt ausgeben scheint es mir ein wenig lächerlich, zu sagen, sie könnten nicht "alle Ungerechtigkeiten dieser Welt" wesentlich effizienter lösen, als jedes noch so wichtige und löbliche Einzelengagement

Da hast Du wohl 100% Recht - nur darauf aufmerksam zu machen, verlangt dass die Vertreter der G8 - Staaten diese Notwendigkeit vernehmen können. Dies wird nicht mehr möglich sein, wenn irgendwelche Totalbekloppten, genannt "Autonome" (??) die öffentliche Diskussion tutti completti bestimmen.

Ich ärgere mich gelb über die Arschlöcher, Frustrierten und Totalneurotiker, die sich wahrscheinlich aufgrund von Selbstwertdefiziten und persönlichem Lebensfrust in eigenartige Kostümierungen schmeissen, um in der Masse ja bloss nicht erkannt zu werden, und die dann andere in Leib, Leben und Eigentum attackieren, wobei denen das Thema scheissegal ist. Die würden auch auch auflaufen, wenn es um etwas ganz anderes ginge. Ich nehme wahr, dass es denen nur um Randale und "Aufmischen" geht - das Thema ist wurscht (dass das so ist, kann man übrigens in deren Internet-Foren nachlesen!)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 04. Juni 2007, 11:18:54
Hier möchte ich doch wieder einmal um etwas Vorsicht bitten, derlei Urteile kommen mir schon sehr voreilig vor. Ganz gewiss kamen auch unpolitische gewaltgeile Hohlköpfe nach Rostock, über die ich mich wohl nicht extra auslassen muss. Aber da gabs auch eine Menge Leute, die aus schierer Verzweiflung und ohnmächtiger Wut über die immer barbarischer werdende Ausbeutung und Repression zur Gewalt griffen (dafür muss die Gewalt nicht spontan sein, man kann auch aus Verzweiflung einen Molotovcocktail basteln, ja eine ganze Revolution organisieren). Und von denen sprach Werner. Er hat auch nichts gesagt über ein "legitimiertes Hilfsmittel"(bitte richtig zitieren), er sagte, dass er Gewalt als Ausdruck von Hilfslosigkeit z.T. nachvollziehen könne. Das ist keine Rechtfertigung.

Für mich bleibt Gewalt auch dann kontraproduktiv und verwerflich, wenn sie in der Verzweiflung gründet. Entsprechend hab ich mich auch tierisch aufgeregt über den Verlauf der Demo. Aber wir sollten uns deswegen nicht zu solchen Beschimpfungen hinreissen lassen. Es ist schlicht falsch, dass der "schwarze Block" ein unpolitischer Haufen von dumpfen Krawallmachern ist, die sich einen Dreck um die Anliegen der Globalisierungskritiker scheren (was um Himmels willen sind das für Foren, auf die du dich beziehst?). Ebensowenig bekunden die "Autonomen" mit ihrem Widerstand gegen die neoliberale Zerstörung eine irgenwie geartete Ideologie, die sie jedermann aufzwingen wollen (das Wort "aufzwingen" passt schon eher auf die andere Seite, denken wir etwa an den IWF mit seinem Reformdruck auf die Entwicklungsländer).

Es nützt nichts, diese Leute lächerlich zu machen oder, umgekehrt, zu dämonisieren. Der Widerstand mit Gewaltmitteln ist zwar äusserst ärgerlich und durch nichts zu legitimieren, aber er ist angesichts der grassierenden neoliberalen Zumutungen nicht verwunderlich und vor allem ein Phänomen, mit dem wir uns ernsthaft -ohne Gehässigkeit- auseinandersetzen müssen.    
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 04. Juni 2007, 11:51:52
Also, ganz unbesehen der angeblichen Foren und sonstiger Hintergründe im sogenannten "schwarzen Block" - wer übrigens zählt die Randalierer zu dieser Gruppe? Sie selbst? Die Anderen? - jedenfalls:
Mir scheinen die Randalierer bei Demos, bei 1-Mai-Feiern und dergleichen in absolut einer Linie mit den Schlägern bei Fussballspielen zu sein: Das ist für die eine Spielwiese pubertierender Männlichkeit und nichts weiter. Manche bemänteln das dann mit halbgaren Argumenten (wären sie gar, wüssten sie, dass Gewalt nur kontraproduktiv sein KANN) - aber ich bin absout überzeugt davon, dass kein einziger der Randalierer, derer, die zu Demos gehen, UM zu randalieren (aber auch jene, die hingehen, und nicht von vornherein ausschliessen, sich an Randale zu beteiligen) - dass keiner von denen auch nur halbwegs nachdenkt, was es BRINGT - die denken nur daran, was SIE tun. Und das ist pubertäres "Wir gegen die"-Gedankengut, eins zu eins beispielsweise auch in den Gang-Wars in Slums zu finden - reines Kinderspiel, das ausartet. Und notabene - bei den Randalierern von Demos geht's noch nicht einmal um tatsächliche Gewinne, wie in Slums, und auch nicht um tatsächliche "Herrschaften" über etwas. Da gehts nur um fight. "Die" schlagen wir in die Fresse. Alles, was da als Hintergrund behauptet wird, ist schlicht falsch. Wären diese Jungs (und es SIND hauptsächlich Jungs) auch nur ein klitzekleines Bisschen an ihren Inhalten interessiert - und hätten sich daher informiert, würden sie eben genau NICHT randalieren.
Das sind einfach Störmanöver ohne Sinn und Ziel, nur mit  'argumentativer Behübschung'. Und ich fände es gut, wenn die Demonstranten mit Verstand zielgerichtet gegen diese Randalierer was tun - nur dann können sie sich gegen undifferenziertes ein Bild in den Medien wehren.
Weil ich glaube absolut nicht, dass
Zitateine Menge Leute, (die) aus schierer Verzweiflung und ohnmächtiger Wut über die immer barbarischer werdende Ausbeutung und Repression zur Gewalt griffen
- ich glaube, es ist schiere Dummheit, Event-Geilheit und Uninformiertheit. Wären sie wirklich verzweifelt über die Zustände in der Welt, griffen sie woanders an. Ich schlage ja auch nicht im Bücherladen an der Ecke die Scheibe ein, weil zwei Häuser weiter im dritten Stock mein Ehemann fremd geht.


Und, Dagmar - das ist ja genau mein Punkt (allerdings: ich spreche in erster Linie von Tageszeitungs-Journalisten, da ist es nämlich am Schlimmsten.)Ein  Journalismus-Studium sollte ja genau lehren, Fakt und Meinung in seinen Worten trennen zu können. Aber heutzutage wird diese Trennung immer seltener verlangt, daher auch kaum noch geboten. Ich glaube, dass Deutschland g'ttlob  noch etliche andere Medien hat - Wochenzeitungen, die halbwegs fundiert sind, auch öff-rechtl-Sender, die sich noch (teilweise) um Qualität bemühen - mehr als beispielsweise in England oder Österreich. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn Politiker UND Journalisten beginnen zu begreifen, dass die Herrschaft der Verleger immer stärker wird, und dass das eine grosse Bedrohung für ein demokratisches System ist - denn sie  haben es in der Hand, dagegen etwas zu tun.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 04. Juni 2007, 12:07:53
Ein sorgfältiges Studium der einschlägigen Foren schafft in der Frage nach der politischen Motivation schon viel Klärung.

In der Geschichte gab es übrigens immer wieder revolutionäre Kämpfer, die fanden, der Widerstand gegen den Kapitalismus mit Gewalt sei sinnvoll (Lenin, Guevara, Castro, Sartre, Mao, Engels, Camus, Büchner usw. usf.). Wie schon oft gesagt, nicht meine Meinung. Aber waren das denn auch dumme, eventgeile, uninformierte, pubertierende Idioten, die kein klitzekleines Bisschen an ihren Inhalten interessiert waren?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 04. Juni 2007, 12:14:41
Georg Kreisler soll gesagt haben, man könne gegen Kapitalismus nur mit Gewalt vorgehen ? Na das erkläre mir mal bitte. Belege ?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 04. Juni 2007, 12:27:55
Hoppla, du hast es gelesen. Ich hab den Kreisler schon wieder rausgenommen, bevor ich deinen Beitrag gesehen hab, weil ich nicht diese Diskussion führen wollte. Mein Argument hat ja mit Kreisler nichts zu tun. Ich dachte v.a. an seine Begeisterung für den Maoismus in den Siebzigern und, weniger beweiskräftig, das "vorletzte Lied". Aber wie gesagt, lass uns die Diskussion mit den klaren Fällen führen, davon gibts ja reichlich. Wegen GK lass ich mich gern ein andermal auseinandernehmen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 04. Juni 2007, 12:58:36
ZitatIn der Geschichte gab es übrigens immer wieder revolutionäre Kämpfer, die fanden, der Widerstand gegen den Kapitalismus mit Gewalt sei sinnvoll
Das bestreitet auch keiner - aber die haben alle nicht 12 km entfernt Fensterscheiben eingeworfen und Autos angezündet.

GK hat übrigens in den späten 70ern immer wieder tatsächlich so nebenbei manche (!!!!)Gewalt legitimiert. "Und deshalb bleibt als letzter Schluss, dass sich das alles ändern muss, wenn's sein muss, mit Gewalt" - aber ich vermute, dass er da auch eher daran dachte, Tyrannen zu erschiessen oder jedenfalls direkt an die Machthaber heranzutreten.

Ich finde es ziemlich absurd, ehrlich gesagt, dass man extra an  eine Stätte reist, wo Demonstrationen angekündigt und erlaubt sind, notabene eben eine Stätte, wo klar ist, dass man an die Objekte seiner Wut abersowasvonnicht herankommt, und dort plant, irgendwas kaputt zu hauen.
Wenn ich finde, dass ich nur noch mit Gewalt näher an meine Ziele komme, dann überlege ich mir doch auch, wo ich diese Gewalt  zielorientiert einsetzen kann. Dann plane ich wasweissich ein Attentat auf ein Flugzeug, wo die Rice fliegt, oder warte am Flughafen auf sie oder gehe gezielt gegen den Boss von Nestlé  oder Nike oder Unilever oder Vattenfall oder sonst ein Objekt meines Hasses vor.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 04. Juni 2007, 13:17:26
Insofern haben beispielsweise Al Quaida "vernünftig" gehandelt: sie haben sich überlegt, was tatsächlich eine weltweite Wirkung erzielen kann - und haben erstaunlich viel erreicht. Denn die Diskussion, die nach 9/11 einsetzte, war alles andere als islamkritisch. Im Gegenteil, zunächst ist mal der anitsemitismus gestiegen, verblüffenderweise. (oder, eigentlich gar nicht verblüffend, aber vielleicht auf den ersten Blick unerwartet) Dann der Antiamerikanismus. Und in jedem Fall haben die Menschen wahrgenommen, was ihre Anliegen sind, und spätestens nach dem Karikaturenstreit haben etliche Europäer brav zurück zur Politik des Appeasement zurückgerudert, und lassen sogar im eigenen Land "fünfe gerade sein", wenn die Kultur nur fremd genug daher kommt.
Das ist bei den g8 Chaoten nicht so - sogar hier im Forum wo wir doch durchaus alle ziemlich kritisch gesonnen sind, wird unterschiedslos (und vor allem sachlich falsch) von "Globalisierungs-Gegnern" gesprochen., weit entfernt davon, dass jeder Bürger zumindest die Anliegen der Demonstranten auch nur halbwegs konkret benennen könnte.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 04. Juni 2007, 13:33:49
Womit wir auch schon bei einer weiteren spannenden Frage angelangt wären, nämlich, was denn Al Qaida mit den Anschlägen vom 9.11. zu tun haben.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 04. Juni 2007, 15:56:32
Hä? Osama bin Laden? Schon mal gehört?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 04. Juni 2007, 17:08:50
Mal zurück nach Rostock

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,486346,00.html
Der kleine Bericht am Rande zum Thema "Wir sind konsequent gegen Globalisierung". Oder doch etwa keine Globalisierung nur wenn es mich  nicht betrifft?

... und dafür das es Globalisierungsgegner sind, sind sie bemerkenswert international.
ZitatAn den gewalttätigen Krawallen waren laut Polizei auf Seiten der Autonomen auch viele Ausländer beteiligt. So seien unter den Festgenommenen aus dem Autonomen-Block auch Bulgaren, Österreicher, Japaner, Schweden, Spanier, Franzosen und Russen gewesen.

Aber das ist alles nichts Neues, es ist vielmehr menschlich.

Noch zu Niels, was ist denn die Antwort auf den Kapitalismus? Kommunismus kann es nicht sein. Lenin, Mao etc. und selbst Castro ist gescheitert. Der Kommunismus ist tot, töter geht es nicht. Ich kenne keinen Staat der dem Namen nach kommunistisch ist, auch in der Realität kommunistisch ist. Also was ist die real verwirklichbare Antwort auf den Kapitalismus?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 04. Juni 2007, 17:31:50
Zitatzum Thema "Wir sind konsequent gegen Globalisierung".
Na aber siehste - es geht ja garnicht "gegen Globalisierung" - die findet im übrigen seit der ersten Völkerwanderung statt, wäre bissel spät, da jetzt gegen zu sein. ;)
Letztlich haben einige der demonstrierenden Gruppen tatsächlich echte Anliegen, und teilweise sogar sinnvolle Lösungsvorschläge für Probleme, die Hand in Hand mit der Globalisierung kommen - nur kommen sie damit eben nicht durch, weil alle immer sagen: "Globalisierungs-Gegner, wasn blödsinn".

Der Artikel ist ziemlich lustig und bösartig  - spricht aber den Kern der Sache nicht an.
Dass nämlich genau WIR dafür sorgen könnten, dass eben nicht nur McDonalds und co (die, die sich eventuelle Schäden leisten können)  offen halten und an uns verdienen, nur zum Beispiel. Dass eben WIR es sind, die tagtäglich dazu beitragen, dass es solche Ungerechtigkeiten in der Welt gibt. Wir sind dagegen, und kaufen dann doch die Produkte, die genau das repräsentieren, achten nicht darauf, ob wir jetzt bei Unilever oder einem kleinbetrieb kaufen - können uns es oft genug auch schlicht nicht leisten, politisch korrekt einzukaufen! Aber wir könnten es uns leisten, im Winter keine Erdbeeren zu kaufen oder Obst, das weither gereist kommt, wir könnten uns einiges leisten, was klar macht, dass wir diese Ausbeutung von Mensch und Ressourcen nicht mehr so hinnehmen möchten - nur: wer nicht informiert ist, der kann auch nicht adäquat reagieren. Und - um wieder zu den Chaoten zurückzukommen: die sorgen ganz genauso dafür, dass niemand informiert wird - denn sie produzieren einfach "leichtere" news.

Muss allerdings für einige ziemlich entnervend gewesen sein, wenn sie sich überlegt haben, wo sie da einkaufen. ;D Schade, dass solche Dinge dann nicht zu einem Nachdenkprozess führen.....
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 04. Juni 2007, 19:16:44
Politische korrektes einkaufen, aber wie geht das?

Erdbeeren sind ein gutes Beispiel. Auf Erdbeeren im Winter kann man getrost verzichten. Erdbeeren bekommt man ab ca. März/April (nagelt mich da aber jetzt nicht drauf fest) bei Aldi und Co. nicht zu vergessen die ganz großen die zum Metro-Konzern gehören und auch die anderen Großmärkte. Ich könnte aber wetten bei kleinen spezialisierte Obst- und Gemüsehändlern (die zu keiner Kette gehören) kann man das fast das ganze Jahr Erdbeeren kaufen, auch wenn sie Unsummen kosten. Wer ist also schlimmer?

Jetzt werde ich mal gehässig. Was macht der kleine Bauer in Ägypten der weil er aufgrund schlechter Absatzmöglichkeiten anderer Produkte sich auf Erdbeeren (vielleicht im Rahmen einer Genossenschaft) umgestellt hat. Das Problem ist im Ägypten kann er sie nicht verkaufen weil sie sich die Masse der Ägypter keine Erdbeeren leisten kann und der einzige Markt die EU ist? Und jetzt kauft kein einziger Europäer mehr vor Mai Erdbeeren - da sind die Erdbeeren aus Ägypten schon verfault. Folge der ägyptische Bauer macht Pleite.

Das Gleiche gilt auch für alle andern Importgüter, insbesondere wenn sie aus der sog. 3. Welt kommen. Wenn wir die Waren kaufen schaffen wir dort Arbeitsplätze (ich weiß natürlich die nicht unbedingt mit unseren Arbeitsbedingungen vergleichbar ist, aber fragt mal eine Friseurin die in Deutschland 3,50 [ch8364]/h arbeitet - das gibt es). Die Menschen in Asien, Afrika, Südamerika sind auch froh wenn sie Arbeit haben und ich denke vielen ist egal ob sie an Waren arbeiten die für "uns" sind, Hauptsache sie können davon leben.

Konsequent Lebensmittel kaufen die in Deutschland produziert wurden? Milch, Butter und Jogurt aus dem Supermarkt sind zwar sicher aus Deutschland, aber hat etliche 1000 km auf dem LKW hinter sich. Einkaufen auf dem Bauernhof, geht bei uns auf dem Land, aber in Berlin? Wo ist vom Kudamm aus gesehen der nächste Biohofladen?

Noch mal zu den Erdbeeren, da gäbe es noch selberpflücken auf dem Bauernhof. Aber ist das eine Lösung? Ein Bauer in unserer Nähe hat es wieder bleiben lassen, weil nach eigener Aussage die Erdbeeren so schlecht waren das er sie niemanden mehr anbieten wollte. Es lag an der Sorte, so wie sie allgemein auf solchen Erdbeerplantage benutzt werden (weil nämlich sonst kein Gewinn bleibt), schnell wachsend, großer Ertrag, aber leider ziemlich geschmacklos.

Also was tun? Auf dem Balkon Kartoffeln selbst anbauen? Ökologisch und ökonomisch korrekt und dann verhungern? Aber wo kommt das Kartoffelsaatgut her? Vom Saatgutmulti natürlich. Denn wie ihr feststellen werdet lassen sich aus Kartoffeln vom Supermarkt (und auch aus denen vom Ökobauern) in der Regel KEINE neuen Kartoffelpflanzen ziehen. Das wurde mit Absicht so gezüchtet.

Und damit erstmal Schluß ...
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 04. Juni 2007, 20:35:39
Dein Beispiel zeigt anschaulich, dass die Portemonnaie-Guerilla (so nennt meine Mutter das), also eine typische Systemimmanente Massnahme, letztlich keine Lösung bringt. Klar, ich tu das auch, ich könnte es nie veratworten, Erdbeeren aus Ägypten zu kaufen, aber eben, die Bauern in Ägypten leiden darunter.

Es ist nun aber so, dass wir Lösungen finden müssen, wenn uns etwas an menschenwürdigem Leben, ja überhaupt an der Zukunft der Menschheit gelegen ist. Denn der Weltmarkt wird aus sich heraus immer barbarischer, und der Planet wird kollabieren, wenn wir so weiterwirtschaften. Diese Lösungen müssen zuletzt über das jetzige System hinausweisen, denn im System drin haben wir, übertrieben gesagt, nur die Wahl zwischen deutschen und Ägyptischen Erdbeeren.

Und wenn du mich nun fragst, wie diese Lösungen aussehen, dann mutest du mir ganz einfach zuviel zu. Ich kann es dir nicht sagen, und das ist auch gut so. Denn alle, die sich die Antwort auf diese Frage zugetraut haben, scheitern. Die Lösungen können wir nur erarbeiten (ich hab zu dem Thema in einem Thread weiter hinten bereits einen Haufen Worte gemacht).

Der Kommunismus übrigens ist keineswegs tot, genausowenig wie die Anarchie oder der Garten Eden. Es hat ihn nämlich noch nie gegeben. Was wir in der Sowjetunion erlebt haben, hatte mit der Konzeption des Kommunismus, also der klassenlosen, basisdemokratischen Gesellschaft, herzlich wenig gemein.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 04. Juni 2007, 20:46:04
ZitatWas wir in der Sowjetunion erlebt haben, hatte mit der Konzeption des Kommunismus, also der klassenlosen, basisdemokratischen Gesellschaft, herzlich wenig gemein.

Hätttest du nicht zu Lenin sagen dürfen, du wärst sofort erschossen worden.  :-/
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 05. Juni 2007, 00:47:41
Brrrrr. Stimmt genau.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 05. Juni 2007, 01:30:45
Und stimmt vor allem auch SO nicht. Es hat ihn nie in LÄNDERN gegeben, aber im Kleinen funktioniert er. Zum Beispiel in Kibbuzim. Wenn er auf Freiwilligkeit ALLER Beteiligten basiert, kann er sehr wohl funktionieren.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 05. Juni 2007, 10:07:48
Und auch wenn es kein definitives Konzept geben kann und darf, so geben uns mE die Ideen der Sozialisten (Kommunisten wie Anarchisten) wichtige Kriterien, wie es weiter gehen kann. Basisdemokratie, Organisation durch Räte, Bedürfnisproduktion, Arbeitsfächerung usw. sind für mich schon erstrebenswerte Modelle (teilweise ist ja auch der moderne Rechtsstaat, so unerfreulich er zur Zeit auch sein mag, aus solchen Ideen erwachsen).

Und genossenschaftliche Projekte wie die Kibbuzim und viele andere können auch mit eine Basis legen für kooperatives Handeln und Leben. Daher lohnt es sich auch sehr, Betriebe zu kollektivieren, Nonprofitunternehmen zu gründen usw., auch wenn man damit die Welt nicht aus den Angeln hebt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 05. Juni 2007, 11:39:10
Kolloektive Betriebe (VEBs) hatten wir hier in der DDR zur Genüge. Das hat nicht funktioniert. Und zwar deshalb nicht, weil die einzelnen Mitarbeiter das Material und die Einrichtungen nicht genügend respektierten. "Ist doch nur Volkseigentum".
Es mag sein, daß solch eine Sache mit wenigen Beteiligten und für einen begrenzten Zeitraum funktionieren kann. Mit "unserer" Alten Muik war es bis Mitte der 90er Jahre auch so. Wir waren wie eine große Familie.
Meiner Erfahrung nach greifen aber - sobald das länger geht und mehr Menschen im Boot sitzen - immer wieder die uralten Muster, daß einer den anderen anpissen will, weil er anders tickt und jede(r) seine oder ihre Schäfchen gerne im Trockenen haben möchte.
Jedes System, das das nicht mit einkalkuliert, muß scheitern.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 05. Juni 2007, 11:42:38
ZitatUnd stimmt vor allem auch SO nicht. Es hat ihn nie in LÄNDERN gegeben, aber im Kleinen funktioniert er. Zum Beispiel in Kibbuzim. Wenn er auf Freiwilligkeit ALLER Beteiligten basiert, kann er sehr wohl funktionieren.

Bemüht man die Wikipedia zu diesem Thema, kann man folgendes lesen:

ZitatDie beschriebenen Entwicklungen haben sich in den zurückliegenden Jahren eher beschleunigt; viele Siedlungen befinden sich wirtschaftlich und ideologisch unter Druck. Hinzu kommt das Problem einer zunehmenden Überalterung, weil die junge Generation den Kibbuz verlässt, um in die großen Städte zu ziehen.

Viele Kibbuzim haben versucht, sich den Herausforderungen zu stellen. Häufig wurden die zentralen Dienstleistungen reduziert oder aufgegeben, teilweise existiert nicht einmal mehr der Speisesaal. Privates Eigentum ist inzwischen selbstverständlich; die Chawerim beziehen ein Gehalt, über das sie verfügen können. Aus den Kinderhäusern sind meist Kindergärten geworden.

Erkennbar ist eine deutliche Entwicklung des Kibbuz hin zu einem ,,normalen" Dorf, von ,,sozialistischen" Siedlungen kann man kaum mehr sprechen. Eine weitere Auflösung der Kibbuzim und ihrer ursprünglichen Ideale in der Zukunft ist wahrscheinlich. Eine Gegenbewegung stellt der Versuch dar, die Grundidee des Kibbuz auf urbane Umgebungen zu übertragen

Auch diese Art des Sozialismus ist also fast tot, die jungen Menschen da wandern aus in größere Städte und entscheiden sich damit zwangsläufig für den Kapitalismus. Auch das funktioniert also nicht mehr so richtig.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 05. Juni 2007, 11:49:48
Tja, so ist das mit der Freiwilligkeit. Übrigens - warum sollte sich das Kommunistische Ideal nicht auch mit der Zeit wandeln, so wie Religionen es auch tun, und es auch der Kapitalismus tun sollte/kann. Am URbild einer Ideologie über Jahrzehnte hinweg festzuhalten - wo funktioniert denn das überhaupt?


Übrigens: schickes Bild, Bassmeister! :D
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 05. Juni 2007, 12:42:09
ZitatAber wo kommt das Kartoffelsaatgut her? Vom Saatgutmulti natürlich. Denn wie ihr feststellen werdet lassen sich aus Kartoffeln vom Supermarkt (und auch aus denen vom Ökobauern) in der Regel KEINE neuen Kartoffelpflanzen ziehen. Das wurde mit Absicht so gezüchtet.
Und damit erstmal Schluß ...

Und wie macht das der Saatgut-Multi? Daß er immer Nachschub zur Verfügung hat und der Endkunde nicht? Dann muß es ja Felder mit Spezial-Kartoffeln geben, sozusagen die "Originale", die immer wieder nicht-vermehrungsfähige Kartoffeln zum Essen abwerfen. Und wiederum Spzial-Sorten, die diese Originale vermehren können. Warum wurde auf derartigen Feldern noch nie gestohlen?

Aber zurück zum Thema: Die Komplexität der Materie (Welt-Wirtschaft, Ursachen und Folgen usw usf) ist so groß, daß es schon großen Überblicks und guter Kombinationsgabe bedarf, um überhaupt ansatzweise zu verstehen, was läuft. Wenn man es also wie Andrea halten wolle, müßten die Demos ziemlich leer sein.
Auch scheint das ganze System darauf angelegt zu sein, daß man von den elementaren Vorgängen möglichst wenig mitbekommt. Das regt mich immer wieder sehr auf. Warum wird absichtlich verschleiert, was zum Leben wichtig ist?? (deshalb greife ich das mit den Kartoffeln wieder auf) Auch Saatgutmultis bestehen aus Menschen!
Wie kann ich überhaupt bewußt sein, wo die Banane, die ich gerade esse, herkommt? Ich habe leider nur begrenzt Zeit, Kraft und Hirnkapazität und muß auch noch viele andere Dinge tun, außer Kartoffeln oder Bananen zu tracken.
Fazit für mich: Die heile Welt gibt es nicht. (=Binsenweisheit) Freiheit ist zum großen Teil Illusion (schon nicht mehr ganz so binsen-weise, leider) und das Einzige, was ich wirklich tun kann, ist, in meinem direkten Umfeld (Jesus hätte gesagt: meinem Nächsten, und das meine ich diesmal im Wortsinne) gegenüber so menschlich und "sozial" wie möglich zu sein.

Danke, whoknows!  :-*
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 05. Juni 2007, 13:54:17
Naja, ein klitzekleines Bisschen kann man schon auf Herkunftsländer und Hersteller gucken - und das bringt auch tatsächlich in kleinen Schritten was. Chiquita zum Beispiel war einer der ausnützerischsten Produzenten, die haben sich vor einiger Zeit medienwirksam mit Mindeststandards bei Bezahlung und Verschiffung und so zu Wort gemeldet, wollen jetzt "brave Bubis" sein - sicherlich nicht aus einfach gutem Willen - die wurden ne Zeitlang ziemlich massiv angeprangert.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 05. Juni 2007, 14:41:50
Zum Thema des Kollektivismus höre ich das immer wieder mal: "Denk mal an die DDR, das hat ja nicht funktioniert." Das hängt argumentativ einiges schief.

Erstens mal tönt das so, wie wenn das jetzige System irgendwie funktionieren würde. Angesichts der globalen Fehlverteilung und Entzivilisierung mutet das etwas seltsam an - kommt natürlich darauf an, was man unter "funktionieren" versteht, für eine verschwindende Minderheit "funktioniert" es ja durchaus.

Zweitens ist die DDR ein ziemlich unglückliches Beispiel, die DDR war ja ein staatskapitalistisches System, und als ganzes Gebilde reichlich seltsam. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch auf Betriebsebene fast alles schief ging.

Ein gutes Stück weit gilt das freilich auch für Kollektivbetriebe heute. Die müssen ja auch den Anforderungen der Marktwirtschaft nachkommen, was das Prinzip der Kooperation immer wieder sabotiert.

Es kann ja aber auch nicht darum gehen, irgendwelche Oasen zu schaffen, die dann ganz sozialistisch und befreit sind - ist ja unmöglich. Kollektivbetriebe können nur Versuche sein, der unmenschlichen Konkurrenz auf dem Markt einen anderen Entwurf entgegenzuhalten.

Was man auch immer wieder hört, ist, dass sozialistischen Entwürfe letztlich "an den Menschen" scheitern müssen, weil die halt egoistisch und intrigant sind. Nun werden aber erstens viele dieser Gemütshaltungen vom Kapitalismus stark unterstützt ("Geiz ist geil") und sind je nach Umfeld sehr wandelbar. Und zweitens sind sozialistische Ideen keine Heileweltfantasien mit noblem Menschenideal. Ich arbeite nun seit neun Jahren in Kollektivbetrieben und habe da in dieser Zeit weissgott sehr viele asoziale Arschlöcher und wüste Intrigen erlebt. Aber das war für den Geschäftsverlauf oder das Betriebsklima nicht verheerender als in konventionellen Betrieben, ich habe im Gegenteil die Erfahrung gemacht, dass in Kollektiven menschliche Katastrophen ziemlich gut aufgefangen werden, während sie bei hierarchischen Betrieben hoffnungslos verkrusten.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 05. Juni 2007, 17:00:58
Irgendwie habe ich den Eindruck, Ihr geht in Euren Argumenten immer von nahezu 100%igem "Funktionieren" aus - ja, dat jeht doch nie nüscht. Letztlich geht es doch darum, wo und wie mehr Menschen irgendwie zufrieden zu machen sind - glücklich, erstens muss das der Mensch selber machen, und zweitens - dat jeht doch nie nüscht.
8-)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 05. Juni 2007, 22:11:50
Etappen zufriedener Politik habe ich, eingeladen von grünen Aktivisten zu einem kleinen Sternmarsch, schon erlebt. Händchenhaltend in der Menschenkette, anschliessend wurden zur Diskussion über die beklagenswerte Entpolitisierung der deutschen Mehrheit Bio-Cracker zum Fencheltee gereicht - mir hats dann auch gereicht. Ich denke die Wahl der Mittel hängt von den Hindernissen auf dem Weg ab und muss nicht grundsätzlich im Knigge definiert sein. Wer in seinem Leben schon blinder Gewalt begegnet ist (da ist die Staatsmacht kein Stück besser wie der Hooligan) kennt auch die Wirkungslosigkeit des Wortes in solchen Momenten. Gewalt in speziellen Momenten ist per se kein Zeichen von Unkultur, und nicht nur darum, weil sie zu unseren genetisch fest verdrateten Konfliktstrategien gehört. Problematisch ist und bleibt die Dynamik der Gewalt in der Masse durch ihre Unberechenbarkeit. Die Unberechenbarkeit dieses Potentials macht den Beteiligten des Gipfels wohl auch das meißte Kopfzerbrechen, da in der öffentlichgemachten "Chaotenschlacht" auch der Blick des Bürgers auf andere Misstände fallen könnte, im schlimmsten Fall sogar ein Aufwachen und die Ablehnung der dahinterstehenden Politik zur Folge hätte. Ein Teufelskreis für "christlich-soziale" Volksvertreter, die nicht ungern die GSG 9 zur "Deeskalation" einsetzen würden. M.E. ein kurzer Weg zu einer Art Krieg. Die dann mal folgenden Bilder einer Auseinandersetzung würden sich vermutlich auf verheerende Weise von den jetzigen Gipfelbildern unterscheiden. Mich wundert das die Kausalkette von Staat total zu totalitär (wenns nach diesen "Christen" ginge) nicht für mehr Wirbel sorgt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 05. Juni 2007, 23:11:47
Ganz einfach deshalb, weils nichts Neues ist. Wenns ernst galt, war noch jeder Staat, auch der allerdemokratischste, stets gnadenlos repressiv. Da ist die GSG 9 kein Dammbruch.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 05. Juni 2007, 23:41:34
@Werner
Was willst du mit dem letzten Satz sagen ??? Ich kapier ihn einfach nicht.

Ich habe vorhin einen Bericht über den Sensationstourismus nach Rostock gesehen. Demoteilnehmer hatten nichts besseres zu tun als brennende Autos, fliegende Steine etc. zu filmen und ins Netz zu stellen. (jetzt verdienen einige wohl Geld damit weil für jeden Klick auf die Videos Geld fließt. Aber das nur nebenbei) Da war auch das einsam auf weiter Flur stehende Polizeiauto zu sehen wie es von den Randalierern attakiert wurde. Wenn das eine Provokation war kann ich nur lachen. Wäre da ein Panzer gestanden ja, aber ein simpler Streifenwagen mit zwei einsamen Polizisten. Die Beamtin ist wohl in psychiatrischer Behandlung, weil sie Angst hatte erschlagen zu werden. Ich gebe zu ich glaube obwohl ich mehr als friedfertig bin, ich hätte die Dienstwaffe benutzt um mich in der Situation zu schützen. Ein interviewter Demofilmer sagte die Polizei sei selbst schuld da sie kein, kurz gesagt, gepanzertes Fahrzeug da hin gestellt hätte und er hätte nur darauf gewartet das das Auto angegriffen wird. Welche verdrehte Argumentation. Mehr sage ich dazu nicht.

Aber jetzt ein anderes Szenario:
Demo-Teilnehmer wie gehabt. 30.000-80.000 friedliche Demonstanten. Vielleicht 1.000 potentielle Randalierer, einige mit Molotowcocktails. Die Polizei ist weil es der Veranstalter wünscht NICHT anwesend. Irgendwann während der Demo bittet ein Ordner eines privaten Dienstes (der vom Veranstalter beauftragt wurde um den Weg zu weisen oder auf korrekte Abfallbeseitigung zu achten oder Toilettenpapier in den Dixiklos aufzufüllent etc.) seine Zigarettenkippe in eine Mülleimer zu werfen und nicht auf die Straße. Der Demonstrant fühlt sich provoziert und schlägt den Ordner nieder. Dies ist der auslösende Funke. Molotowcocktails fliegen, Pflastersteine auch, in Ermangelung der Polizei wahlos in die Demo, angrenzende Häuser, Autos brennen. Anrückende Feuerwehr und Rettungsdienstfahrzeuge werden ebenfalls in Brand gesteckt. Die Einsatzkräfte werden durch fliegende Steine verletzt, verprügelt was auch immer. Mehrere Wohnungen/Häuser brennen, niemand löscht.

Bilanz: Hunderte von Verletzte, von denen viele sterben weil keine Helfer/Ärzte zu ihnen kommen können. Sachschaden in Millionhöhe, alle Geschäfte in Rostock Zentrum sind nicht mehr existent da geplündert oder abgebrannt und unzählige Privatwohnungen praktisch unbewohnbar, weil ebenfalls ausgebrannt. Die Existenzen der Geschäftsinhaber und Bewohner sind zerstört.

Was passiert jetzt in unserer Republik???
Alle Politiker verweisen übrigens jetzt einhellig und konsquent auf die alleinige Verantwortung des Veranstalters. Wem wird die Verantwortung letztendlich zugeschoben, was sagt die Presse, wie ist die Stimmung in der Bevölkerung?

Und behauptet jetzt nicht es ist unrealistisch weil die Randalierer wegen der fehlenden Polizei gar nicht erst gekommen wären.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 05. Juni 2007, 23:58:23
ZitatWenn ich finde, dass ich nur noch mit Gewalt näher an meine Ziele komme, dann überlege ich mir doch auch, wo ich diese Gewalt  zielorientiert einsetzen kann.

Da hast du Recht allerdings sind die meisten Autonomen sich einig das die Zielsetzung auch nicht mit Gewalt erreicht werden soll. Da liegen häufig andere Konzepte vor. z.B. das die Veränderung nur stattfinden wird wenn die Kritik da ansetzt wo die Probleme und krankhaften Wertvorstellungen anfangen. Beim Menschen bzw. vor allem bei seinen Bedürfnissen, Wünschen, Vorstellungen welche einhergehen mit diversen Konstrukten die es zu dekonstruieren gilt. Genderforschung und bewusst antisexistisches Verhalten um nur ein paar Ideen zu nennen.

ZitatGuntram schrieb:
Noch zu Niels, was ist denn die Antwort auf den Kapitalismus? Kommunismus kann es nicht sein. Lenin, Mao etc. und selbst Castro ist gescheitert. Der Kommunismus ist tot, töter geht es nicht. Ich kenne keinen Staat der dem Namen nach kommunistisch ist, auch in der Realität kommunistisch ist. Also was ist die real verwirklichbare Antwort auf den Kapitalismus?

Nach Adorno macht es nicht viel Sinn diese Utopie zu formulieren da sie an den bestehenden Verhälltnissen gemessen und jenen, aller Wahrscheinlichkeit, immanent ist. Da der Mensch aber nicht annähernd den "wahrhaft humanistischen Charakter" erreicht hat wird diese Utopie wohl (leider) hinfällig sein.

Ich möchte behaupten das es den Kommunismus nie gegeben hat. Es gab Leninismus, Stalinismus, Maoismus etc. aber die Kritieren oder gar die Ideale des Kommunismus habe ich bisher geschichtlich nicht entdecken können. Vieleicht weißt da mein Wissen eine interessante Lücke auf. Was es allerdings gibts sind z.B. autonome Gebiete in Mexico in denen die Menschen seit geraumer Zeit einen fairen Handel miteinander betreiben, Sachen tauschen und eine vollendete Basisdemokratie betreiben. Diese Basisdemokratie steht allerdings auf der Kippe da sie, wie bisher die meisten (relativ) herrschaftsfreien Gebiete, von der mexikanischen Regierung angriffen und boykottiert wird. Da spielen geschichtliche, wie rassistische Faktoren eine Rolle aber auch die schiere Lust auf Rohstoffe und Macht in dieser Region. Die Indigenengruppen organiesieren allerdings Widerstand in Form von Untergrundkämpfern wie den Zapatistas die auf eine lange Tradition und auf sehr breiten Rückhalt in den meisten mexikanischen Gesellschaftsschichten zurückgreifen können. Auch in Deutschland gibt es viele Unterstützer dieser kapitalismusfreien Region. In Leipzig kann man zapatistischen Kaffee zu fairtrade Preisen kaufen, die radikale Linke unterstützt hier viele Projekte in Mexico auch direkt mit Spenden. (auch wenn nicht viel Geld da ist)


ZitatWhoknows schrieb:
Muss allerdings für einige ziemlich entnervend gewesen sein, wenn sie sich überlegt haben, wo sie da einkaufen. Grin Schade, dass solche Dinge dann nicht zu einem Nachdenkprozess führen.....
Ob solche Dinge zu einem Nachdenkprozess führen kannst du von hier aus sehr schlecht beurteilen. Soviel zum Thema: Unterstellungen ....
Ich für meinen Teil finde es absolut erstaunlich, dass da einige zum McD und Co gehen/gegangen sind, bei Unilever einkaufen und dann noch mit Dichotomien gegen die G8 demonstrieren. Hier fängt das an was ich meinte mit der Kritik auf unterste Ebene, an sich selbst, an seinen Bedürfnissen und inwiefern man sich selbst nach Analye und Kritik umstellt. (den Autonomen wäre das übrigens nicht "passiert" ;) )

Zitatguntram schrieb:
Politische korrektes einkaufen, aber wie geht das?
[...]Erdbeerplantage benutzt werden (weil nämlich sonst kein Gewinn bleibt), schnell wachsend, großer Ertrag, aber leider ziemlich geschmacklos.
[...]
Also was tun? Auf dem Balkon Kartoffeln selbst anbauen? Ökologisch und ökonomisch korrekt und dann verhungern?
Das ist schwierig. Aber hier gibt es in der radikalen Linke schon seit sehr langem das Bewusstsein dass man in Deutschland, bzw. in Europa nicht völlig frei von der Teilnahme gegenseitiger Ausbeutung leben kann - dennoch gibt es Konzepte die einem schon die Möglichkeit geben sich davon größtenteils zu befreien.
In Leipzig gibt es Projekte bei denen an sogannte "Food Corps" bildet. Gruppen von Menschen, so 20 - 40, finden sich zusammen und gehen eine Art Grundnahrungsmittelflatrate beim Biobauern in der Nähe ein. Damit sind z.B.die meisten Lebensmittel schon gedeckt. Andere Sachen wie die leckere Tiefkühlpizza werden halt eben nicht mehr gekauft, dafür gibts Biotofusalat. etc. Die Konzepte sind da, es ist wieder die Frage in wieweit man bereit ist sich selbst radikal einzuschränken und seine Vorstellungen von Luxus oder Besitz zu ändern.
(für mich ist das auch eine gute Argumentation für Veganismus/Vegetarismus)

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 06. Juni 2007, 11:33:17
Danke, Dein Beitrag macht Hoffnung. Auch wenn ich immer wieder mal das Gefühl habe, wenn ich mich selbst radikal einschränke, daß ich dann nicht wirklich jemandem nutze (die Welt läuft trotzdem weiter), jedoch von den Menschen in meinem Umfeld sehr belächelt werde. Schon in meiner eigenen Partnerschaft gehts los. Ich war radcikaler und bin nun gemäßigter Autogegner. Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, kommt der Baß auf die Sackkarre und dann gehts autofrei durch die Welt. Meine Liebste versteht das überhaupt nicht, weil für sie die Nutzung des PKW selbstverständlich ist. Das macht das Organisieren mitunter zum Kraftakt.

ZitatIn Leipzig gibt es Projekte bei denen an sogannte "Food Corps" bildet. Gruppen von Menschen...

Die gibts nicht nur in Leipzig, sondern fast in jeder größeren Stadt. Wer beim Googlen allerdings "Food Coop" statt "Corp" eingibt, wird wesentlich mehr finden. Coop steht für Cooperative.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 06. Juni 2007, 11:45:59
ZitatSchade, dass solche Dinge dann nicht zu einem Nachdenkprozess führen.....

Ob solche Dinge zu einem Nachdenkprozess führen kannst du von hier aus sehr schlecht beurteilen.

Dazu reichen die Erfahrungswerte - die Meisten gehen ja nicht NUR dort zu McDonalds, und auch nicht zum ersten Mal.
Aber im grossen und ganzen hast Du natürlich Recht - letztlich geht es darum, Aufmerksamkeit zu erregen und Lust/Mut zu machen, die Dinge einfach mal auf andere Art und Weise zu probieren, und sich selbst zu hinterfragen, was notwendig ist und was nicht.
Übrigens, interessant, dass Du Mexico in's Spiel gebracht hast: ich habe immer wieder gelesen, dass es gerade in den südamerikanischen Ländern eine gewachsene Kultur gibt, die aus sich selbst heraus dem sozialismus wesentlich näher steht, als wir im Westen das kennen. Es scheint, dass es dort viel normaler ist, zu teilen und zu tauschen - und gerade dort ist das soziale Gefälle ja meist noch extremer unausgewogen als bei uns, auch weil die Usa aus Angst vor einem Überschwappen dieser Kultur so stark in die Politik dieses Teils des Kontinents eingreift. Ausserdem kann man nicht behaupten, dass Leute wie Chavez durch und durch "gut" sind, auch wenn sie sich "links" geben. Aber er wird von den Usa als "links" eingstuft und damit verdammt- wie Casto, wie Lula - letztlich sind sie nur "Ihrer-Kultur-gemäss-Populistisch", so wie bei uns die Populisten meist eher rechts stehen...
Ich denke, es ist ein Grundfehler, immer von unserem Verständnis von Politik auszugehen, um in anderen Ländern einzugreifen - einerseits. Andererseits aber muss man meiner Meinung nach eingreifen, wenn es Menschenrechtsverletzungen gibt. Wo setzt man da an? Ab wann ist es legitim, unser Verständnis von Politik, Ethik und Kultur einer anderen, nennen wir es: Gewohnheit zu oktroyieren?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 06. Juni 2007, 12:59:18
Ich finde: gar nicht. Genau wie das  Überstülpen einer Religion auf ein fremdes Volk sehr fragwürdig ist.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 06. Juni 2007, 13:55:58
Ich finde, es gibt Dinge, die gehören einfach bekämpft, überall. Frauenbeschneidungen zum Beispiel. Ich halte da fest an "universellen" Werten, Menschenrechten, wenn Ihr wollt. Aber ich  halte es für falsch, diese Auseinandersetzung als kulturellen Konflikt zu verstehen; keine Kultur hat die Menschlichkeit gepachtet. Auch der Westen nicht, auch wenn die formulierten Menschenrechte aus Europa kommen. Die Taten der westlichen Kultur gehören ja zu den grausamsten überhaupt.

Daher muss der Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen kein Überstülpen oder Oktroyieren sein. Es geht um die Verteidigung der Menschlichkeit, und für die gbt es mE überkulturelle Kriterien.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 06. Juni 2007, 16:55:09
Ja, Niels, das finde ich auch - ich finde es nicht unbedingt wünschenswert, JEDE "kulturimmanente Tradition" einfach unhinterfragt stehen zu lassen - denn da gehören eben Frauenbeschneidungen, diksrimierungen und anderes dazu, das sich nciht mit meiner ethischen Sicht deckt. Dennoch muss man sich klar sein, dass das auch eine Form von Kulturimperialismus ist, denn das sind eben kulturell gewachsene Eigenheiten, die zT daher rühren, dass es nie unsere Form der Aufklärung gegeben hat. Es IST so, dass wir damit unsere Form der Kultur anderen oktroyieren - aber diese würde sich mit wachsender wirtschaftlicher Eigenständigkeit häufig auch von selbst (nur viel viel langsamer) sicherlich auch einstellen - mit zunehmendem Reichtum wenden sich nun mal die Menschen sich selbst mehr zu als ihrer Tradition. Und  deshalb glaube ich wie Du, dass das klar europäisch-westliche Gebot der Achtung der Menschenrechte durchaus universell durchzusetzen ist.
Ausserdem: die Welt wird sich ob sie will oder nicht in ziemlich vielem kulturell einigen müssen - denn zunehmend gibt es nur noch eine Welt, und ist sie nicht einig, werden die Konflikte nur noch tödlicher. Und da ist es mir schon lieber, die Welt einigt sich auf MEINE Standards. 8-)
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Zyankalifreund am 06. Juni 2007, 17:55:50
Universalität menschlícher Werte, westliche Standards, Industriestaatenkultur... Nuja. Das sind Begriffe, die man mit Globalisierung unweigerlich in Verbindung bringt... Also sind wir Globalisierungsbefürworter !? Wäre vermutlich zu einfach, das auf diese Dinge zu beschränken...
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 06. Juni 2007, 20:14:11
Du stellst die falsche Frage - denn wir sind einfach alle - alle auf dieser Welt!!! - Globalisierungs-erleber.
Es kann in einer Diskussion nur um die einzelnen Aspekte und Auswirkungen der Globalisierung gehen - man kann nicht gegen etwas sein, das einfach IST. Und zwar seit Jahrhunderten ist - nur eben in der letzten Zeit immer schneller und immer spürbarer.
Die Kommunikation zwischen den einzelnen Kulturen - und die klassischen Fehler, die hier begangen werden - sind zB ein wichtiges Thema wenn man über Globalisierung spricht. Wir alle wissen viel zu wenig darüber, weil wir einfach zu gewohnt sind, in unserem eigenen engeren Umfeld schon verschiedene Kulturen zu haben, andere Sprachen, andere Sitten, und so merken wir nicht, dass das trotzdem unser eigenes Umfeld ist, nämlich der westlich-europäische Raum. Dessen Lebensart und Erfahrungshorizont  ist aber in so unglaublich vielem ganz fundamental anders - und wir merken es nicht.
Alleine, was das Lächeln in unterschiedlichen Kulturkreisen für Bedeutungen haben kann, macht extrem viel aus, und das ist nur ein winzigkleines Beispiel  - und wie wollen wir friedlich und Lebens-verbessernd  für alle "zusammenrücken", wenn wir nicht mal mit gleicher "Sprache" miteinander reden können?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 06. Juni 2007, 20:23:59
Hat hier -glaube ich - schon mal jemand geschrieben: Gegen die Globalisierung zu sein, ist, wie gegen den Regen zu sein. Die Entwicklung ist einfach so seit es die Seidenstraße gab - oder sogar noch früher...
Die Frage ist: wie stellen wirs an? Wie immer: Es gibt nicht zuwenig (Geld Labensmitel...) es ist nur schlecht verteilt. Und scho sind wir mitten in der Politik, will sagen in zwischenmernschlicher Interaktion. Der Teufel steckt im Detail.


ZitatIch finde, es gibt Dinge, die gehören einfach bekämpft,
Nils, das stimmt, aber bekämpfen müssen es die Betroffenen und nicht George Bush oder Europa oder sonst wer. Wenn diese es dann nicht schaffen und sich Hilfe holen, mag das okay sein, aber sie müssen erst mal den Anfang machen. Sonst ist der Kampf auch recht aussichtslos.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 07. Juni 2007, 11:59:33
Ein Hauptteil der Probleme, die die Welt heute hat (Klima ausgenommen) definiert sich letztlich über die Armut. Wenn wir beispielsweise die ganzen Beschränkungen und Schutzzölle aufheben würden, so dass die heute armen Länder auch Waren produzieren können, die sie verkaufen können, dann wäre das ein wesentlicher erster Schritt zu Allem. Länder wie Indien, Bangladesh, etliche afrikanische Länder könnten sehr wohl vor allem auf dem Agrar-Sektor genügend für den Export produzieren, und sich damit auch eine Grundlage für eigenen Wohlstand schaffen. Aber durch hohe Zölle und andere protektionistische Massnahmen wird das unmöglich gemacht.
Wenn man wohlhabend ist, dann hat man Zeit und Interesse, sein Leben auch in anderer Hinsicht (beispielsweise menschenrechte) zu verbessern, dann kommen Bildung und mit ihr der kampf um eigene Rechte quasi von selbst nach - nicht zuletzt auch wegen der Globalisierung: die Menschen haben die Möglichkeit, zu SEHEN, dass es etwas anderes gibt, dass man Unterdrückung, Frauenbeschneidung, Diskriminierung nicht hinnehmen muss.
Dabei aber gleichzeitig beispielsweise das Leben unserer Bauern im "Westen" auch zu sichern, ist eine Herausforderung. Man muss einfach die Aufteilung, wer was für wen produziert, verbessern und verändern. Klingt einfach, ist aber megakompliziert.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 07. Juni 2007, 12:00:05
ZitatNils, das stimmt, aber bekämpfen müssen es die Betroffenen und nicht George Bush oder Europa oder sonst wer. Wenn diese es dann nicht schaffen und sich Hilfe holen, mag das okay sein, aber sie müssen erst mal den Anfang machen. Sonst ist der Kampf auch recht aussichtslos.

Grundsätzlich stimmt das sicher. Aber Menschen, die in starker Unterdrückung leben (wie eben z.B. Frauen im Sudan), haben halt oft nicht die Kraft oder überhaubt die strukturellen Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Wenn die Unterdrückungsverhältnisse dann auch noch tief in der jeweiligen Gesellschaft verankert und tradiert sind, kann sich oft nicht einmal die Perspektive zum Widerstand entwickeln.

Dann braucht es eben überregionale Netze und Bündnisse. Und diese wiederum werden halt meistens von Leuten initiiert, die materiell usw. dazu in der Lage sind, also von Leuten aus dem Westen.

Unter http://www.woz.ch/artikel/2007/nr23/international/15047.html gibts übrigens einen kleinen Artikel über den friedlichen Teil der Demo in Rostock. Solls ja auch geben. 
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Lanie am 08. Juni 2007, 14:54:19
Niels schrieb:
ZitatGrundsätzlich stimmt das sicher. Aber Menschen, die in starker Unterdrückung leben (wie eben z.B. Frauen im Sudan), haben halt oft nicht die Kraft oder überhaubt die strukturellen Möglichkeiten, sich zur Wehr zu setzen. Wenn die Unterdrückungsverhältnisse dann auch noch tief in der jeweiligen Gesellschaft verankert und tradiert sind, kann sich oft nicht einmal die Perspektive zum Widerstand entwickeln.

Dann braucht es eben überregionale Netze und Bündnisse. Und diese wiederum werden halt meistens von Leuten initiiert, die materiell usw. dazu in der Lage sind, also von Leuten aus dem Westen.

"Wer sich heute Nacht darum sorgt was er seinen Kindern morgen zu essen geben kann wird sich nicht über die Schönheit des Universums freuen" - George Orwell.

Ich stimme Niels zu. Menschliche Werte sind Werte die unbedingt durchzusetzten sind. Egal welche Traditionen und Taten nun kulturimmanent sind, es stellt sich eigentlich nur eine einfache Frage: Sehnt sich der Mensch nach freier Entfaltung und wenn ja: wie?
Den Wunsch auf freie Entfaltung unterstelle ich dem Menschen, denn zum Einen findet man jenen in den unterschiedstlichen Systemen wieder und zum Anderen ist es geschichtlich gesehen die einzige Gegenbewegung zum Konzept Herrschaft, in allen seinen Formen, die ich sehe. (außer vieleicht noch dem Konzept der Unterordnung aber hier entspricht der Willen zur jenen meistens einer Indoktrinierung und eher selten einem freiem Wunsch daher sehe ich dies als ein Teil des herschaftlichen Erfolges an.)
Interessanterweise bedienen sich auch die herrschaftsbedingten Systeme der Produkte eines herrschaftsbefreiterem Denken. Es ist schlichtweg oft kreativer und spricht die Untertanen mehr an. Die Anfänge der Propaganda lassen sich damit gut erklären. Egal. Auf was ich hinnaus möchte ist dass keine Kultur die Freiheitsbehinderung irgendeiner Art rechtfertigt, sich im Gegenzug aber die unterstützung von Freiheitsbestrebungen rechtfertigen lassen. Wenn nun ein radikaler Muslim/Christ/Neoliberalist/whatever sagt, dass ich damit nun ein "Kulturimperalist" wäre, so hat er erstens die Geschichte des Westens nicht verstanden, reduziert mich auf ein reines unreflektiertes Produkt der westlichen Geschichte und projeziert meine Ideen und mein Sein in sein dichotomes Weltbild. Diese Argumentation, egal ob sie sich in völkische oder religiose Masken versteckt, hält einer rationalen Argumentation nunmal nicht stand - das tun nur noch die Ideologien welche weiterhin nach Gründen in ihren Büchern suchen um Frauen weltweit zu unterdrücken, um zu proklamieren dass wir uns blöde schuften sollen obwohl rechnerisch bereits erwiesen ist das es auch anders gehen kann. Jede dieser Ideologien, weltweit, dient nur der Erhaltung ihrer Macht. Dazu wurden in der menschlichen Geschichte, bewusst oder unbewusst, nunmal -zig Konstrukte geschaffen die es abzubauen gilt. Sicherlich sind jene teilweise sehr kompliziert z.B. das Genderkonstrukt, sicherlich sind viele geschichtlich so stark verankert, dass es Probleme geben wird. Aber all diese Tatsachen sprechen nur mehr dafür, dass sie abgeschafft gehören. Dieser Prozess wird den Leuten lokal weh tun, denn in Ländern wie im Sudan z.B. ist das Patriachat eine Grundsäule der Gesellschaft. Da helfen Schulen, da hilft Aufklärung aber im Endeffekt muss das Patriachat, die Religion, die alte Denkweise überwunden werden um den Keim der Verklärung wirklich auf kleinster Flamme zu halten. Hier werden nichtmal alle Frauen mitmachen denn auch die soziale Macht innerhalb einer Gruppe von Frauen baut ja auf der sozialen Gewalt des ihr übergeordneten auf. Sie hat begrenzte Macht und aus dieser bilden sich oft bestimmte gesellschaftliche Strukturen heraus welche das sie unterdrückende System sogar noch stützen. (aber auch teilweise pervertieren oder den Keim der gewaltsvollen barbarischen Vernichtung in sich tragen.) Der Sozialpsychologe Erich Fromm hat dies mit den verschiedenen Gesellschaftscharakteren sehr interessant erklärt. Die Frage lautet nun: wie kann man den Menschen zur Selbstemmanzipierung treiben? Mit dem Knüüel hat man es probiert und der Knüppe trug allzu oft das Gesicht des Demagogen. Was gefragt ist: Autoemanzipierung. Hier, dort in Ruanda, global.

Wie das pauschal zu erreichen ist? Da gibt es kein Pauschalkonzept aber was ich weiß ist:

(vorsicht subjektiver Ausfall inklusiv)

Gegen Autoemanzipierung gehen die Herrscher der Kleinarmeen mit brutaler Gewalt vor, bei uns sieht es ein wenig besser aus: hier werden die Strukturen teilweise von der Bevölkerung selbst getragen, teilweise durch den Rechtsstaat verwirklicht. Gewalt gegen Autome wird erst legitimiert - so passiert in Rostock mit schwarzgekleideten Polizisten, so geschehen auch in der DDR.
Schließlich geht es uns ja "ganz gut" und die sichern nur die "Ordnung". (der Ausbeutung)
Soziale Freiräume mussen aber auch hier immer wieder erkämpft werden und Rechte werden immer wieder abgebaut. Die Repressionen im Vorfeld von G8 sind quasi ein klassisches Beispiel. Auch sehe ich täglich sozialstrukturierte Gewalt. z.B die täglichen Leistungsforderungen in der Schule welche sich auf dem Arbeitsmarkt fortsetzten und in der Präsentation der Medien durch Formate wie "Deutschland sucht den  Superstar" ins Perfide ausweitet - zur Nachmittagsunterhaltung für den Abgespannten ausgebrannten Mitarbeiter. Den ganzen Tag aufpassen, kaputt ackern und unintersante Gespräche hinterlassen Spuren die betäubt sein wollen. Das jene Gesellschaft sich angegriffen fühlt wenn man ihre FussballWM kritisiert, wenn man sich gegen Polizeigewalt mit außerparlamentarischen Mittel wehrt ist klar. Hier spielen Neid, Vorurteile aber vorallem die Angst um die Erhaltung des hart umkämpften momentanen Zustandes eine Rolle. Mit der Bereicherung des Lebensumstände, mit dem Ansammeln von immer neuen Müll, den einhergehenden Versprechungen von einem besseren Leben, mehr Sex oder gar Freiheit hat die Indoktrination der Wirtschaft bereits die Kräfte der reinen alten Herrschaftsformen übersprungen. Die Herrschaft ? Die kommt aus der Gesellschaft im Westen selbst. Die in Menschen die in Werbeargenturen arbeiten weil "sie es nunmal gelernt haben", Leute auf dem Bau die den Neuling runtermachen um sich der Beförderung sicher zu sein und Bürger der Meinung sind wir brauchen einen Pizzadienst oder Wirtschaftswachstum rette uns alle. Meinungen sind in Deutschland ganz wichtig. Viel vertreten. Wie immer aber sehr selten fundiert. "Wenige denken, aber alle haben eine Meinung" Schopenhauer. Die Heuchelei ist doch unerträglich. Da finden sich ein paar Autonome in einer riesigen Demo mit anderen Demoteilnehmern zusammen die ein paar gewaltätige freiwillige Ordnungshüter einer ekelhaten Ordnung angreifen, keiner von ihnen sagt das wäre konstruktiv aber die Medien und die Herrschaften vom Bundestag ziehen sich daran auf als wäre das alles was von der Kritik übrig bleibt, als wären sie gar ein Problem für den Staat oder ein Problem der Gesellschaft.  Und wenn dann noch ein ein paar Gutmenschen kommen, die sich darüber aufregen, das das nicht sein darf weil die Medien die Autonomen dann so fokusieren weiß ich nicht mehr ob ich da lachen oder weinen soll. Als ob die Entscheidung Merkels und der Anderen annähernd davon beeinflusst werden würden, als ob Spiegel deswegen besser schreiben würde oder die Bild sich auflösen würden, als ob der Polizist gezwungen wurde als Polizist zu arbeiten. Hier versucht ein großer Teil der Gesellschaft das moralisch Richtige im völlig falschen zumachen. Das ist so lächerlich das mir klar ist warum so viele aus der Hippiegeneration heute das sind was sie nunmal sind.

(sorry für den subjektiven Ausfall. Jener kann auch unbeachtet bleiben. :) )
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 09. Juni 2007, 13:00:03
Ein wirkliches Ergebnis hat der Gipfel zumindest für Europa gebracht, das es ohne den Gipfel vermutlich nicht gegeben hätte (von den Pseudoergebnissen die unsere Kanzlerin verkündet hat rede ich nicht).

Putin hat Bush klassisch überfahren. Indem er bei dem Raketenschild für Europa Zusammenarbeit und die Benutzung bestehender russischer Radarstationen in Asien angeboten hat. Damit werden die neuen Radarstationen in Polen und Tschechien überflüssig und Bush wir erst mal kein Geld, ist näheres mit Rußland ausgehandelt ist, genehmigt bekommen. Und bis die Verhandlungen abgeschlossen sind ist bush nicht mehr im Amt.

Bushs Pläne brechen damit in sich zusammen. Insgesamt bedeutest das, das Putins Drohung wieder europäische Ziele für Nuklearraketen zu programmieren, sich erledigt hat und die Gefahr eines neuen Kalten Krieges vorerst zumindest abgewendet ist.

Natürlich wäre es besser, wenn es keine Atomwaffen gäbe, aber es ist immer noch besser wenn USA und Rußland in militärischen Fragen zusammenarbeiten als gegeneineander.

Hätten sich Bush und Putin nicht jetzt auf dem Gipfel getroffen, wäre es so schnell nicht zu so einem Angebot gekommen, vielleicht sogar nie. Und nachdem in den vergangen Wochen in der Presse stand hätte es böse ausgehen können. Ein neuer kalter Krieg ist das letzte was wir auf der Welt gebrauchen können. Den dann bleiben die Probleme in Afrika usw. erst recht auf der Strecke.

Was ich damit sagen will es ist wichtig das auch die Staatschefs miteinander reden. Reden ist wichtig und je öfters sie miteinander Reden desto eher kommt vielleicht auch was kleines dabei raus. Schließlich waren auch noch andere aus Afrika und Asien da.

Wenn sie nicht miteinander Reden kommt schließlich NICHTS raus.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 09. Juni 2007, 16:06:51
Wer gegen den Gipfel protestiert, wirft den Staatschefs ja nicht vor, DASS sie miteinander reden, sondern worüber und mit wem.

Zum mit wem: Warum sollen es ausgerechnet diese acht Staatschefs sein, die über weltpolitische Fragen entscheiden? Was qualifiziert sie?

Zum worüber: Neben der geostrategischen Diskussion (um die ich auch froh bin) und der klimapolitischen (welche erwartungsgemäss diplomatisch und folgenlos war) gabs ja noch andere Traktanden, die zwar weniger an die grosse Glocke gehängt wurden, aber für die globale Situation äusserst gravierend sind. Zum Beispiel die weitere Liberalisierung des Weltmarktes.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 09. Juni 2007, 16:44:03
Muß der Weltmarkt mehr liberalisiert werden oder wäre es besser den Handel eher zu erschweren?
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 09. Juni 2007, 17:33:07
Erschweren klingt ja so engstirnig, realitätsfern, negativ. Liberalisieren dagegen, das ist Freiheit, Fortschritt, ungeahnte Möglichkeiten...

Statt der Suggestionskraft dieser Begriffe zu erliegen, sollten wir uns für diese Diskussion vor Augen halten, was denn Liberalisierung des Weltmarktes meint. Wenn Märkte liberalisiert werden, wird die staatliche Regulation abgebaut. Schutzzölle, Kündigungsschutz, Mindestlohngesetze usw. werden reduziert oder abgeschafft, damit das Kapital ungehindert fliessen kann. Damit die Konzerne dort investieren können, wo es am günstigsten ist und wo sie nicht durch sozialstaatliche Einrichtungen oder gewerkschaftliche Schutzbedingungen behindert werden.

Dies alles geschieht auf dem Rücken der Armen. Je geringer der staatliche Schutz, desto mehr sind die Lohnabhängigen der Willkür der Konzerne ausgeliefert. Je weniger die einheimische Wirtschaft eines Landes durch Zölle geschützt ist, desto gnadenloser werden kleine Unternehmen von multinationalen Konzernen überrollt.

Das Credo des Marktliberalismus ist ja die Bedingungsgleichheit. Aber wenn ein Kleinbauer und ein Nahrungsmittelmulti zu gleichen Bedingungen sich auf dem Weltmarkt behaupten müssen, geht der Kleinbauer zugrunde, weil er niemals so billig produzieren kann wie der Multi.

Mit Freiheit hat Liberalisierung also gar nichts gemein, im Gegenteil, für die Schwachen der Gesellschaft bedeutet sie immer mehr Zwang und Verelendung.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 09. Juni 2007, 18:54:22
Ich halte das für ein klein wenig überbewertet - und vor allem wiegt es nicht den Vorteil auf, dass bei einer Abschaffung von beispielsweise Schutzzöllen endlich die wirklich armen Länder etwas produzieren könnten, von dem sie auch verdienen. Im Moment schieben wir denen Geld in den Arsch, und lassen es gleichzeitig nicht zu, dass dieses Geld auch nachhaltig für Verdienstfördermethoden wie Agrarproduktion für den Export und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt wird. Wir benehmen uns - eben genau durch diese protektionistischen Massnahmen - ganz genau wie die alten Eroberer der vergangenen Jahrhunderte: Wir schenken Glasperlen und lassen nicht zu, dass die Leute in diesen Ländern es selbst zu was bringen. Das ist Bigott hoch zehn.

In den vergangenen 20 Jahren haben  trotz der weltweiten gravierenden ökonomischen Veränderungen die europäischen Nationalstaaten ihre jeweils eigenen Sozialsysteme weitgehend beibehalten und sich nciht in Richtung "eines Modells" entwickelt, und der Wettbewerb der transnationalen Konzerne um vorteilhafteste Bedingungen ist auch nicht in einem Masse angestiegen wie es befürchtet wird und wurde.
Staaten, die eine starke Gewerkschaft haben, eine repräsentative Demokratie und eine gewachsene soziale Absicherung haben bewiesen, dass dass sie in der Lage sind, potentiell negative Auswirkungen der internationalen Kapitalsmobilität weitgehend abzufedern. Vor zwanzig Jahren haben alle schon den Teufel an die Wand gemalt - und trotzdem geht's uns heute besser denn je.
Wer allerdings erwartet, dass ein Verschenk-System, wie es Deutschland in den letzten Jahren seit dem Wirtschaftswunder praktiziert hat, weiter konkurrenzfähig bleibt, der irrt natürlich. Aber so ein System ist letztlich ja auch für den eigenen Staat kontraproduktiv, denn Menschen, die nicht arbeiten müssen (und trotzdem so richtig westlich- toll leben können!!) werden faul, blöd, krank und letztlich auch gefährlich (weil gewalttätig aus Langeweile & Leere).
Hier einen tragfähigen Ausgleich zu schaffen - zwischen einer Öffnung des Marktes und einem klugen Schutz der eigenen Bürger - ist die Politik gefordert. Ebenso selbstverständlich, dass dafür gesorgt ist, dass kleine und mittelständische Unternehmen überleben können - gar keine Frage. Aber eben: diese Angst geht seit Jahrzehnten um, und natürlich ändert sich die Welt - aber bei weitem nicht in dem Masse, in dem es angedroht/befürchtet wurde. Und überdies: auch die Vergangenheit - und die Diskussion gegen/um freie Märkte gibt es ja nicht seit gestern - zeigt, dass es immer noch kleine und mittelständische Unternehmen gibt. Man muss weiter aufpassen, und man muss weiter kämpfen, das ist klar - aber gegen eine Abschaffung von protektionistischen Massnahmen (Importbestimmungen betreffend!) zu sein, ist schlicht unfair.

Zu hoffen oder zu wünschen, dass sich gar nichts ändern wird, ist erstens eine Illusion und zweitens wird dann jeder Anspruch auf Solidarität mit schwächeren Ländern zu einer glatten Lüge.Denn den sogenannten Drittweltländern hilft ausschliesslich eine Änderung der protektionistischen Haltung der westlichen Länder, um selbst ein tragfähiges und "erwachsenes" Land werden zu können.

Aber - let's face it: Es gibt seit etlichen Jahrzehnten die Möglichkeit, weitgehend freien Handel (leider eben nur in eine Richtung!) zu führen, und es hat immer noch kein schrankenloser Wettbewerb um Sozialabgaben oder niedrige Arbeitsstandards stattgefunden. Wäre die Gefahr so gross, wie manche behaupten, so hätten wir in den letzten Jahrzehnten ganz andere ölonomische Veränderungen erleben müssen.

Und übrigens: NUR dann, wenn die sogenannten Drittweltländer ihre eigene Agrarwirtschaft, ihre Industrie etc aufbauen können (weil sie nämlich Waren produzieren können, die auch jemand kauft) - nur dann werden sich dort auch Gewerkschaften und eine repräsentative Demokratie die den Namen verdient herausbilden können. Das hängt nämlich auch damit zusammen, dass Menschen Rechte einfordern können, weil sie (durch ihre benötigte Arbeitskraft) auch die Macht haben, das zu tun. Solange des sowohl Wirtschaft als auch Politikern dieser Länder wurscht ist, wie der "ich baue ein bissel Mais für meine Familie an -" Bauer lebt, so lange wird er auch nicht besser leben. Aber wenn er exportiert, wenn seine Arbeitskraft für die Allgemeinheit gebraucht wird, wird man ihn hätscheln müssen. So war es bei uns, so war es in allen Ländern, die sich entwickelt haben: als die Leute mehr produziert haben, sind auch die Arbeitsbedingungen besser geworden, die Demokratie hat sich entwickelt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 09. Juni 2007, 19:30:27
Die Reformen, die IWF und Weltbank von den Entwicklungsländern verlangen, richten sich ja nicht einfach gegen den Protektionismus des Westens, sondern gegen staatliche Regulation partout, also vor allem Zollbeschränkungen, Gewerkschaftsnormen und sozialstaatliche Einrichtungen, die die jeweiligen Länder aus eigener Kraft erkämpft haben. Und solche Reformen zerstören dann eben diese Möglichkeit, die Auswirkungen der Kapitalsmobilität abzufedern.

Und was Europa betrifft: Dass es uns heute besser geht denn je, das möchte ich glatt bestreiten. Der ständig wachsende Wettbewerbsdruck auf dem Arbeitsmarkt hat auch bei uns zu Verarmung, Stressbelastung usw. geführt, wie es zu Zeiten des Keynesianismus, etwa in den 60ern, nicht denkbar war.

Und: Die Macht, Rechte einzufordern, weil die Arbeitskraft benötigt wird, genau diese Macht schwindet ja ständig. Denn erstens gibt es ja immer weniger Jobs, und zweitens ist dies genau eine der Auswirkungen der Kapitalmobilität: Wenn die Arbeiter einer Grossinvestoren-Fabrik in Nicaragua sich beschweren und ihre Rechte einfordern, nu, dann zieht der Grossinvestor halt um an einen Ort, wo die Menschen nicht murren können über miese Arbeitsbedingungen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 10. Juni 2007, 10:20:42
Ich habe nie behauptet, dass IWF und Weltbank NICHT Handlanger des Westens seien.
Das ist es ja, was ich anprangere - dass sie eben nicht den Protektionismus des Westens zumindest anzukratzen versuchen.

Und Du kannst gerne bestreiten, dass es uns heute besser geht denn je - aber ein Blick in die Zahlen und ein bissel genaueres Hinterfragen wird Dir zeigen, dass Du aus rein subjektiver Sicht einen klaren Fakt bestreitest. Ja, die Stressbelastung ist gestiegen - aber das hat nichts mit dem Wohlstand an sich zu tun. Verarmung? Die Definition von Verarmung im Westen hat sich angepasst. Oder hätte man vor 50 Jahren als arm gegolten, wenn man im Besitz eines Fernsehers, einer Waschmaschine, einer Spülmaschine und eines Autos ist?

Und das mit den ständig wandernden Grossinvestoren ist ein Gefahr, die uns seit 20 Jahren immer wieder beschworen wird - es findet auch statt, hin und wieder - aber bei weitem nicht in dem Ausmass, in dem es uns angedroht wird - genau das sage ich auch weiter oben.
Natürlich, mit der Verlagerung der ART von Arbeit, weg von Mittelständischer hin (oder besser: zurück!) zu reiner Arbeiter-Arbeit, aufgrund von Computerisierung etc, hat sich einiges verändert, und darauf muss man reagieren - gar keine Frage. Aber  sich durch Verweigerung wieder in die alten und endgültig vergangenen Zeiten zu wünschen nützt genau nix.
Auch wenn es so wirkt, als würde der "Klassenkampf für Arbeiter" wieder zurückkommen, dem die Linke so orientierungslos nachgeweint hat - es sind trotzdem neue Feindbilder, und es wird Zeit dass man auf anders gelagerte Mechanismen auch mit anders gelagerten Forderungen reagiert.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 10. Juni 2007, 12:35:08
Da hast du sicher recht, der ganze Klassenbegriff ist ja gar nicht mehr haltbar, da kann es auch keinen Klassenkampf im marxistischen Sinne mehr geben.

Mit der Verweigerung des Neoliberalismus signalisiert man nicht, dass man sich den Fordismus oder sonst irgendein älteres Stadium des Kapitalismus zurückwünscht. Man signalisiert lediglich, dass man die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse nicht billigt. Freilich ist solche Verweigerung nur ein Teil der nötigen Arbeit, es braucht auch Kritik, Vorschläge, Projekte usw., also Arbeit die nicht zurück-, sondern vorwärtsgerichtet ist.

Wenn ich im Weiteren behaupte, dass es uns heute nicht besser geht denn je, dann durchaus nicht aus dem Bauch heraus. Da gabs schon ein paar Blicke in die Zahlen und ein bissel genaues Hinterfragen. Kommt halt drauf an, welche Zahlen man berücksichtigt. Pro-Kopf-Einkommen, BIP, "Wohlstand" usw., das ist fast ständig gestiegen. Nur sagen für mich diese Fakten wenig aus darüber, wie gut es den Menschen geht. Höhe der Sozialleistungen und Kulturausgaben, reale Arbeitslosenrate, Anzahl von Billiglohnstellen, Kriminalitätsrate, Selbstmordrate usw. sind da schon aufschlussreicher. Und halt auch eine Menge qualitativer, kaum messbarer Veränderungen, wie eben zunehmende Stressbelastung oder Orientierungslosigkeit, muss berücksichtigt werden. Und das ist wohl auch nicht ganz ohne "Subjektivität" zu haben, das Wohlergehen kann gar nie ein "klarer Fakt" sein.

Ich finde ausserdem, dass der Streit darüber, ob es jetzt besser oder schlechter ist als noch vor sagen wir zehn Jahren, zwar nicht unwichtig ist, aber doch an der wichtigsten Sache vorbeizielt: Die jetzige Situation in der Welt ist ganz einfach in höchstem Masse alarmierend und es besteht dringender, tiefgreifender Handlungsbedarf. Ob da jetzt die schlimmsten Befürchtungen eingetroffen sind oder nicht, finde ich nebensächlich.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 10. Juni 2007, 14:13:31
Jein. Denn es ist schon nicht ganz uninteressant, ob sich Befürchtungen bewahrheitet haben oder eben nicht - für die zukünftigen Strategien. Es hat ja wenig Sinn, immer vor einem Risiko zu scheuen, wenn sich schon längst erwiesen hat, dass die Bedrohungen woanders liegen.
Und ich glaube, dass sich ja nicht unbedingt  die Zahl zB der Depressions oder Stress-kranken erhöht haben muss - die Messungen haben sich verändert, was wir als Krankheit (an)erkennen und mitrechnen das sollte man nicht unterschätzen. Ich glaube nicht, dass  - zumBeispiel - nur, weil es heute mehr Scheidungen gibt, deswegen notwendiger Weise auch die Zahl der unglücklich verlaufenden Beziehungen gestiegen ist. Aber Du hast natürlich Recht: es hat keinen Sinn, zu streiten, ob wir ärmer oder unglücklicher sind oder nicht - wichtig ist, DASS es Arme und Unglückliche gibt.

Noch etwas treibt mich immer wieder um: Klar, man muss dafür sorgen, dass die Menschen Jobs, Lebensqualität und arbeitsrechtliche Mindestbestimmungen behalten können - aber: wenn wir dafür sind, dass die sogenannte "dritte Welt" sich verbessert, dann müssen wir zugleich in Kauf nehmen, dass sich die Qualitäts-standards ANGLEICHEN - dh es kann nicht gehen, dass es uns weiter immer besser und besser geht, und den menschen in Afrika auch - logischer weise werden wir etwas von unserem Wohlstand abgeben müssen - und Wohlstand heisst eben auch: die Untergrenze der arbeitsrechtlichen Mindeststandards wird hier wohl etwas sinken, wenn sie sich "drüben" etwas anhebt - um der Konkurrenzfähigkeit Willen. Gerade die Linke, die laut schreit, wie schlecht es den Menschen in den Schwellenländern geht ( 1 Fünftel der Menschheit muss von weniger als 1 Dollar am Tag leben - im Vergleich dazu hat 1 Fünftel der Menschheit 98% des weltweiten Wohlstands!!!) schreit dann eben genauso laut, wenn unseren verhältnismässig reichen Menschen was weggenommen wird, das wir aber AUF KOSTEN der armen Länder haben, nicht TROTZ ihnen.... Also: wir müssen uns wohl oder übel etwas einschränken, wenn wir teilen wollen. Auch wenn's schwer fällt.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 10. Juni 2007, 16:45:22
Glaube ich auch.

Für mich ist indes nicht ein Lebensstandard im Durchschnitt zwischen Westen und dritter Welt das realistische und wünschenswerte Ziel, sondern ein deutlich höherer. Denn es gibt nicht einfach soundsoviel Ressourcen, die z.Z. falsch verteilt sind; Unmengen von Ressourcen werden auch einfach vergeudet, ohne dass irgendjemand etwas davon hat. Und dies ist m.E. der kapitalistischen Produktionsweise geschuldet, die ich als höchst ineffizient und irrational einstufe (mein ceterum censeo, hoffentlich gehts euch noch nicht auf die Nerven...). Wenn wegen dem Marktdruck täglich tonnenweise Lebensmittel auf dem Müll landen und Produkte in unsinnig langen Transportwegen von Firma da zu Firma dort gekarrt werden, bis sie fertiggestellt sind, dann ist das alles andere als vernünftige Ressourcennutzung.
Bei einer Produktionsweise, in der die Menschen entscheiden, was hergestellt wird, und nicht die gespenstische "unsichtbare Hand der Märkte", stünden also viel viel mehr Mittel zur Verfügung, um für alle einen guten Lebensstandard zu sichern. (Laut einer Studie der Welternährungsorganisation produzieren wir genügend Essen für 12 Milliarden Menschen, stellt euch das mal vor!).

Auch abgesehen davon finde ich es legitim, die (relative) Verarmung im Westen anzuprangern, solange es Leute gibt, die mit ihrem Einkommen ganze Landstriche ernähren könnten und stattdessen in blödsinnigem Pomp ihr Dasein fristen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 11. Juni 2007, 01:41:34
Du hast Recht.
Ausser:
ZitatBei einer Produktionsweise, in der die Menschen entscheiden, was hergestellt wird, und nicht die gespenstische "unsichtbare Hand der Märkte"
Die Märkte - das SIND alles einzelne Menschen.
Wer war das, der gesagt hat, es ist nicht nötig, sich ein überirdisches "Das Böse" vorzustellen - die Menschen sind absolut fähig, das alles ganz allein hinzukriegen.

Es sind die Menschen, die ein System erschaffen, von dem sie profitieren. Irgendwann kommen dann ein paar dieser Menschen drauf, wie SIE noch besser von dem jeweiligen System profitieren können - auf Kosten von vielen anderen Menschen, die ja denen unbekannt und daher auch wurscht sind. Und solche - nämlich die, die gerne auf Kosten von anderen profitieren - wird es immer wieder geben. Eine Sysiphos Arbeit. Natürlich könnten wir alle gut leben, und natürlich könnte es längst viel mehr Resourcen-schützende Energie geben etc pp - WENN da nicht immer irgendwo Menschen dazwischen stünden, die daran mehr verdienen, dass es das alles nicht gibt. Und es gilt eben, die Systeme weitgehend auf Druck der VERLIERER so zu gestalten, dass die paar GEWINNER nicht mehr so locker agieren können. Aber: Veränderungen von Systemen kommen nicht auf leisen Füssen daher - nie. Und ein Pendel schlägt immer erst mal in die "andere" richtung zu sehr aus, bis es sich einpendeln kann.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 11. Juni 2007, 13:20:53
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischendrin. Freilich sind es Menschen, die das wirtschaftliche System reproduzieren, und in manchen Fällen spielt wohl auch die Profitgier von einzelnen eine Rolle (da hab ich vielleicht auch ein paar blinde Flecken...). Und doch hat der ökonomische Apparat eine Eigendynamik und Eigengesetzlichkeit, die zu einem Gutteil hinter dem Rücken der Menschen abläuft. Unternehmer beuten ihre Angestellten meistens nicht deshalb aus, weil sie böse und geldgierig sind, sondern weil sie Profit machen müssen, um auf dem Markt zu bestehen. Und das Essen wird nicht aus Grausamkeit oder Ignoranz weggeworfen, sondern weil sonst alle bis Ladenschluss warten würden, und die Nahrungsmittelverarbeiter pleite machen würden.

Und -mein Hauptargument- hergestellt wird grundsätzlich nicht in erster Linie das, was benötigt wird, sondern wofür sich ein Absatzmarkt finden lässt. Wohnungen werden nicht gebaut, wenn das Bedürfnis danach besteht, sondern wenn "es sich rechnet". So entsteht die skurrile Situation, dass es nicht genug Wohnungen gibt, während im Supermarkt tonnenweise sagen wir Geburtstagsgrusskarten mit eingebautem Ventilator rumstehen, die dann auch noch gekauft werden, weil die zahlungskräftigeren Leute dank Nonstopwerbung meinen, sie bräuchten so etwas.

Deswegen meine ich, dass im jetzigen System die Menschen nicht darüber entscheiden, was benötigt wird und daher hergestellt werden muss, sondern sich nach dem Diktat des Marktes richten. Das zeigt sich auch im ewigen Wettbewerbs- und Sachzwanggeschwafel der Politiker ("wir müssen den Standort soundso verbessern" u.dgl.). Und in den Gesetzen des Marktes spielen menschliche Bedürfnisse nur eine Nebenrolle.

Solcherlei Kritik darf natürlich nicht dazu führen, dass man im Markt oder sonst einem System das transzendentale "Böse" sucht. Denn, eben, er ist ja menschengemacht. Mir ist einfach der Blick für Strukturen wichtig, denn diese sind m.E. mächtiger sind als persönliche Willkür.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 11. Juni 2007, 19:52:37
So ist das mit Systemen - und meistens ist es so, dass sie sich "irgendwie eingebürgert" haben, oder man als Einzelner garnicht aussscheren KANN - oder  zumindest nur mit so massiven Nachteilen, dass man nicht will.  Oder man GLAUBT, man kann nicht ausscheren, hat Angst, in's Hintertreffen zu geraten.
        In der Nazizeit war das ja auch so - alle haben mitgemacht, zB bei den Wehrmachts-Erschiessungskommandos, und haben dann gesagt: wir mussten! Aber - nein, es gab immer wieder mal einzelne, die sich geweigert haben, und denen ist auch nix passiert.

solche Wirtschaftssysteme  sind einfach Massenbewegungen - und sie funktionieren auf diesen Parametern. Ja, oft genug ist es tatsächlich so, dass der einzelne nicht oder nur schwer ausscheren kann - aber meistens geht es genau dem Einzelnen um noch ein klein bissel mehr Profit. Kein Mensch - und auch kein System - verlangt von Zuckerproduzenten, dass der Zucker drei mal um den Erdball reisen muss, bevor er beim Konsumenten landet. Aber es gibt Subventionen abzustauben. Und dann sagt man: Jaaa - aber die Umpack-Firma in Marokko verdient ja auch daran, das sind Arbeitsplätze! Was für eine Augenauswischerei.

Ähnlich wie auf der Autobahn im Stau: erst steht man ne Weile, dann fährt der erste über den Pannenstreifen, und schon sind es viele, die das tun - und wenn man Pech hat, ist dann auch der Pannenstreifen ein Staustreifen. Und alle, die NICHT über den pannenstreifen fahren, sind die Verlierer.
Anständig sein rechnet sich eben nicht - oder selten oder kaum. Und das sind aber dann sehr wohl einzelne, die alle ihr schlechtes Benehmen rechtfertigen mit irgendwas von "sonst würden wir ja untergehen".
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 11. Juni 2007, 20:51:27
Ja. Wenn es einen plötzlich selbst betrifft, dann ist es gaaaanz was anderes. Als Allgemeinplatz läßt es sich wunderbar schwadronieren. Da nehm ich mich selbst nicht aus und frage mich: was mach ich dagegen??
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 11. Juni 2007, 20:52:01
Damit, dass ja doch Arbeitsplätze geschaffen werden, scheint man ja heute fast alles legitimieren zu können. So entfällt dann auch die Frage nach Sinn oder Unsinn einer Betätigung.

Das Verhalten, das du beschreibst, also sich daneben zu benehmen, weils halt alle tun, wird ja vom aktuellen Zeitgeist noch kräftig unterstützt, mit Ich-AG, Sozialdarwinismus, Individualismuskult, homo oeconomicus usw. Der Mensch ist halt Durchschnittsegoist und jeder schaut für sich. Eine düstere Ideologie.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Guntram am 11. Juni 2007, 23:06:22
Was willst du eigentlich?

Jetzt die Ich-AG  und was heißt Individualismuskult. Ich finde es gut wenn jemand selbst etwas auf die Beine stellt und wenn es noch gefördert wird, ok. Wer unabhänig von einem Arbeitgeber arbeiten kann ist doch unabhänig von wenn alle so arbeiten könnten wäre das doch das Ende der bösen Großindustrie.

Ich bin gerne ein Individuum, das individuelle Entscheidungen treffen kann. Ich hasse im Gleichschritt marschierende Massen. Sieht zwar gut aus, aber der Durchschitts IQ ist solcher Massen tendiert eher nach unten. Die Fortschritte der Menschheit seit Urzeiten begründet sich auf individuelle Leistungen, also ein Hoch auf den Individualismus. Das ist kein Kult sondern Notwendigkeit. wir brauchen mehr Individualisten, das sind zumeist kreative Denker, Künster, Genies die die Ideen der Zukunft produzieren. Die Masse bringt das nicht, die rennt nämlich diesen Vordenkern nur hinterher. Leider manchmal auch den Falschen. Aber irren ist menschlich und man kann immer aus seinen Fehlern lernen.

"Gott denkt in den Genies, träumt in den Dichtern und schläft in den übrigen Menschen." (André Heller)

Ich finde das ist ein wares Wort
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Werner am 12. Juni 2007, 00:09:17
Über Heller muss man m.E. nicht allzuviele Worte verlieren, aber dieser Satz - falls er das wirklich so gesagt hat - ist in meinen Augen eine Frechheit, den ohne die "schlafenden Übrigen", bzw. deren Geld, würde sein Zirkus wohl recht zügig implodieren.
Die grössten Fortschritte der Menschheit - wiewohl fast nichts davon zu einer menschlicheren Gesellschaft beizutragen vermochte - "verdanken" wir leider der Kriegskunst, unwiderlegbar. Tröstlich wäre der Gedanke, wenn im Kern verminderte Intelligenz zugrunde läge - leider ist wohl das Gegenteil der Fall. Das gilt auch für die schönsten Bauwerke vergangener Zeiten, alle stehen auf unzähligen Knochen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 12. Juni 2007, 10:56:18
Ist leider so. Heisst aber nicht, dass das immer so bleiben muss.

@ Guntram:
Wir müssen unterscheiden zwischen dem Individualismus als philosophischem Anspruch und dem Individualismus als moderner propagandistischer Ideologie. Diese zwei Dinge in eins zu setzen finde ich ziemlich verheerend.

Ersterer fordert die freie Entfaltung des Individuums und seine Möglichkeit, selbständige Entscheidungen zu treffen unabhängig von Zwang oder Konformismus. Das gehört, so nehme ich doch an, zu den absoluten basics fortschrittlichen Denkens, und dass du annimst, dass ich dagegen argumentiere, finde ich befremdlich, nach alledem, was ich hier sonst so zusammengeschrieben habe.

Der Individualismus, von dem ich spreche und den ich eben als Kult bezeichne, ist aber etwas völlig anderes. Er gehört zusammen mit den anderen Begriffen, Ich-AG, homo oeconomicus usw. Er versteht den Einzelnen als prinzipiell egoistisches Konkurrenzsubjekt, das stets auf den eigenen Vorteil bedacht ist, und zu diesem Behuf alle anderen nach Möglichkeit aussticht. Die Rede von der Ich-AG legt nahe, dass ein jeder sich originell überlegen darf, wie er seine Haut am Besten zu Markte trägt. Die beste Ich-AG ist selbstverständlich jung, gesund, kreativ, flexibel, belastbar und so weiter. Hier wird bereits deutlich, dass dieses Begriffensemble mit freier Entfaltung wenig zu tun hat, sondern im Gegenteil eine neue Qualität der (Selbst-)Ausbeutung mit knusprigen Worten an den Mann bringt.

In der "Dialektik der Aufklärung" haben Adorno und Horkheimer sehr einleuchtend herausgearbeitet, dass im modernen Verständnis von Individualismus zudem eine brutale und umfassende Gleichmacherei angelegt ist. Das zeigt sich auch im Kulturbetrieb. Gerade heute, wo der grösstmögliche Pluralismus zu obwalten scheint, schmeckt einfach alles gleich. Jede Jugendkultur, die gegen die Verhältnisse protestieren und neue Perspektiven eröffnen will, wird umgehend absorbiert, vereinnahmt, vermarktet, gehypt etc. und damit wirkungsmächtig unschädlich gemacht. Zuletzt ist es dann wurscht, ob man jetzt Punk macht oder Pop oder freche Performancekunst oder anklagende politische Lieder, es sind bloss unterschiedliche Brands, Waren, Verkaufsobjekte.

Freie Individuen sind mir das wichtigste. Aber so, wie Individualismus heute zubereitet wird, führt er zur Vereinsamung (siehe Grossstadtalltag, psychiatrische Kliniken etc.). Egal wie frei wir sind, wir brauchen andere Menschen, Gemeinschaftlichkeit, Kooperation. Sonst vertrocknen wir.

PS: Zu welcher der drei Kategorien zählt sich eigentlich der Heller selbst?

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 12. Juni 2007, 12:33:12
ZitatDie Rede von der Ich-AG legt nahe, dass ein jeder sich originell überlegen darf, wie er seine Haut am Besten zu Markte trägt. Die beste Ich-AG ist selbstverständlich jung, gesund, kreativ, flexibel, belastbar und so weiter. Hier wird bereits deutlich, dass dieses Begriffensemble mit freier Entfaltung wenig zu tun hat, sondern im Gegenteil eine neue Qualität der (Selbst-)Ausbeutung mit knusprigen Worten an den Mann bringt
Schön gesagt, aber Du lässt aus, dass diese Form der Individualisierung vor allem eines propagiert: den Kampf gegen andere! Es ist eben nicht ein "Jeder für sich" sondern vielmehr ein "Jeder gegen alle", und das wird befördert durch den Quacksprech, den Du so treffend zitierst.
Individualismus ist was feines - wenn er nicht, wie eben  jetzt von den sogenannten "Kräften des Marktes" für eigene Ziele instrumentalisiert wird.
Ich halte es übrigens für ziemlich fatal, wenn sich der Staat zunehmend aus den wirtschaftlichen Verantwortungen stiehlt.

Übrigens: die Jugend, denke ich, weiss sich zu helfen, und das merkt man auch: Post Punk hat es eine Weile gedauert, bis sich eine neue "Jugendkultur" gebildet hat - HipHop - und nachdem auch diese sofort vereinnahmt wurde, zeigt sich wieder mal nix Neues am Horizont. Denn die Jugend, immer bereit nicht nur Grenzen zu sprengen, erkennt, dass sie seit Jahrzehnten von der etablierten Kulturindustrie dazu benützt wird, neue Ideen zu haben - die sich dann für den Konsumenten umsetzen lassen. Es war quasi die "Aufgabe" der Jugend, die Kultur voranzutreiben. Da die Jugend in eine bestehende Kultur hineingeboren wird, ist es klar, dass es ihr Anliegen werden muss, eine neue, eigene Kultur zu schaffen - die bestehende Kultur vereinnahmt diese - und ergo ist die klassische Verweigerungshaltung, die Jugend haben MUSS, obsolet - es sei denn: die Jugend verweigert sich der Erschaffung neuer Kulturen. Und ich habe den Eindruck, das passiert jetzt. Ergo sind Shell-Studie und andere Jugendforscher völlig ratlos, hehe.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: niels am 12. Juni 2007, 13:38:11
Das wäre dann die politische Brisanz der Entpolitisierung. Bin ich nicht so sicher, aber ganz so traurig, wie ich das eben dargestellt habe, steht es um die Jugendkultur auch wieder nicht, da hast du wohl recht.

Kommerz bleibt ja Kommerz und als solcher zum Glück immer erkenn- und auslachbar. Der vereinnahmte, kommerzialisierte Punkrock zum Beispiel stinkt ja gegen den Wind nach Geld, er ist immer etwas zu affektiert und aufgemotzt, und man wird ihn immer unterscheiden können vom wirklich dreckigen, kaputten Anarchopunkgeröhre. Und ähnlich verhält es sich auch mit den anderen gekauften Bewegungen. Das ist irgendwie wohltuend.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 12. Juni 2007, 14:54:14
Hier in Berlin Kreuzberg bekommt man ganz und garnicht den Eindruck, die Jugend sei "Entpolitisiert" - manchmal sind sie sogar für mich persönlich ein bissel ZU sehr im 80er-Demonstrier-Modus gefangen. ;)

Und du hast Recht: Die sogenannte Entpolitisierung, das angebliche politische Desinteresse - auch das macht Druck für Veränderungen in der Politik, und nicht zu knapp. Ich würde mir ja wünschen, dass man endlich das Wahlalter auf 15 oder 16 senkt - das würde sehr schnell sehr viel Resultate bringen.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 13. Juni 2007, 11:32:45
Zitat...Klar, man muss dafür sorgen, dass die Menschen Jobs, Lebensqualität und arbeitsrechtliche Mindestbestimmungen behalten können - aber: wenn wir dafür sind, dass die sogenannte "dritte Welt" sich verbessert, dann müssen wir zugleich in Kauf nehmen, dass sich die Qualitäts-standards ANGLEICHEN - dh es kann nicht gehen, dass es uns weiter immer besser und besser geht, und den menschen in Afrika auch - logischer weise werden wir etwas von unserem Wohlstand abgeben müssen - und Wohlstand heisst eben auch: die Untergrenze der arbeitsrechtlichen Mindeststandards wird hier wohl etwas sinken, wenn sie sich "drüben" etwas anhebt - um der Konkurrenzfähigkeit Willen. ... Also: wir müssen uns wohl oder übel etwas einschränken, wenn wir teilen wollen. Auch wenn's schwer fällt.

Nur wird das leider wieder mal die Falschen  treffen. Wer heute 5 bis 6 Euro in der Stunde verdient, bekommt dann vielleicht noch 4,50 oder so. Während einen Manager, den 10000 weniger im Jahr nicht so jucken würden, sich da wohl kaum wird ans Bein pinkeln lassen.
Der erwähnte Streßpegel wird noch mehr steigen und die Spannung im Lande wird noch größer werden.
Man wird insgesamt - hüben wie drüben - menschenfreundlicher denken müssen, wenn wir was in Richtung Überleben erreichen wollen.

Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: whoknows am 13. Juni 2007, 15:10:07
Das sind aber verschiedene Probleme (auch wenn alles natürlich immer zusammenhängt) aber dass die Schere zwischen Arm und Reich immer mehr aufgeht, ist eine völlig logische Folge.  Wenn es eine Schere gibt, geht sie weiter auf. (Eine einkommenssteigerung von 10% heisst bei gut Verdienenden eben viel mehr, also: Schere)
Und das muss man dann separat bearbeiten und versuchen, da entgegen zu wirken. Da ist dann eben eine staatlich geregelte Solidaritätsgegenmassnahme erforderlich. (hat ja niemand je gesagt, dass es einfach ist, Staaten zu lenken)

Ebenso übrigens mit der "Frauen-Frage". Das ist auch noch eine Schere.
Im Moment ist es nämlich nicht so, dass die Frauen, die im Westen mehr arbeiten, und also auf diesem (sic)  Gebiet langsam einer Gleichberechtigung entgegensehen können, auf Haushaltstechnischen Gebieten von den Männern entlastet werden. Entweder, sie haben eine Doppelbelastung - oder: sie engagieren andere Frauen, die diese Arbeit (Kindermädchen, Haushälterinnen) dann leisten - oft genug aus weit entfernten Ländern - so dass diese Frauen dann ihre eigenen Kinder zurücklassen müssen. Arbeitsmigration, so habe ich kürzlich gelesen, wird zu zwei Dritteln von Frauen geleistet, und zwar interessanter Weise meist relativ gut gebildeten Frauen, die dann Jobs im Westen machen, die eigentlich unter ihrem Niveau sind. Mit einem Wort: Das schadet ihren Herkunftsländern doppelt.  Und Gleichberechtigung bleibt nach wie vor ein Fremdwort - auch bei uns.
Titel: Re: AntiG8 Gipfel 2007 - Fight the future!
Beitrag von: Bassmeister am 19. Juni 2007, 20:14:11
noch zwei seeehr spannende Links zum Thema:

http://www.spiegelfechter.com/wordpress/158/der-grunschwarze-block

http://www.freace.de/artikel/200706/060607a.html