Was muss ein Künstler wissen?

Begonnen von Sandra, 16. Januar 2005, 10:03:45

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Sandra

Wie findet ihr das: hat jemand, der auf der Bühne steht, gewissermassen die Verpflichtung, wenn schon nciht gescheiter (wer misst das?) so doch belesener zu sein als das Gros seines Publikums?

Stefan

zumindest sollte jeder, der auf einer Bühne steht, wissen, wovon er singt/spricht/zitiert etc. Der Anspruch, immer schlauer als sein Publikum zu sein, kann allerdings auch nach hinten losgehen. Wesentlich ist, wie das Künstlerwissen verpackt und dem Publikum präsentiert wird (augenzwinkernd, mit Humor oder gemeinsam mit dem Publikum - dem Facettenreichtum einer Bühnenpräsentation sind da ja kaum Grenzen gesetzt). Am besten wäre es natürlich, das Publikum nicht merken zu lassen, dass man schlauer ist als die Zuschauer, sondern denen während der Aufführung/Konzert usw. "Aha-Erlebnisse" zu gönnen.

Sandra

Ja, das finde ich auch irgendwie. Aber gibt es auch für darstellende Künstler so etwas wie einen "Bildungsauftrag" - OHNE den erhobenen Zeigefinger, selbstverständlich.
Oder, andersrum gefragt: Darf man als darstellender Künstler sein Publikum BEWUSST verblöden wollen?

Bassmeister

Wie ist das mit Instrumentalisten??  :-/
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Haraldi

ZitatJa, das finde ich auch irgendwie. Aber gibt es auch für darstellende Künstler so etwas wie einen "Bildungsauftrag" - OHNE den erhobenen Zeigefinger, selbstverständlich.
Oder, andersrum gefragt: Darf man als darstellender Künstler sein Publikum BEWUSST verblöden wollen?

Ich glaube zwar, der Künstler darf das wollen - aber er sollte es nicht tun.
Es sei denn, das Publikum ist masochistisch genug es einzufordern.
Ein Künstler sollte (bei aller Rolle) so authentisch wie möglich sein - dann habe ich als sein Gast die Möglichkeit, das in mich hineinzulassen, was mich weiter macht und berührt.

Stefan

... und genauso sollte es sein. Nur dann klappt das auch mit dem Bildungsauftrag ;D

Sandra

Ich bin auch ein Fan von: Lieber etwas "zu kompliziert" für die Leute, als "das verstehen sie sicher nciht ,da müssen wir einfacher werden" - aber letzteres ist das, was immer und überall passiert - auch im TV, klar.

Je bekannter der Künstler, desto mehr hat er das, was er ursprünglich machte, für die "masse" gefärbt, erleichtert, vergröbert. oder?

Musiker auch: Fangen an mit Strawinsky, werden bekannt mit Mozart. Oder so.

Andrea

Ich komme gerade vom Liedermacherfestival. Da gab's alles: Ernste und traurige Texte - manche sogar mir zu viel Weltschmerz - und Blödel-Verblödel-Texte. Ich finde es okay, dass es die auch gibt, diese Texte, die ich nie schreiben wollte. Aber zum Entspannen - quasi als Auflockerung - warum nicht? Ich meine, wenn der flotte Totte "Ein entspannender Stuhlgang" singt, das hat keinen Bildungsauftrag. Das ist nur blöd. Ich möchte mir aber trotzdem nicht herausnehmen zu sagen: Deshalb darf es nicht sein. Das, was er da macht, bringt er gekonnt rüber. Vielleicht zentriert es sich für meinen Geschmack zu viel auf seine Person. Aber er hat schon viele lustige Passagen in seinem Programm. Blöd finde ich, dass jemand wie Katzeklose breit auf die Bühne geht, seinen Text vergisst und überhaupt nur alles irgendwie macht. Hauptsache, er steht auf der Bühne. Das finde ich peinlich für ihn und langweilig fürs Publikum. Überhaupt waren da ein paar Newcomer, die mir zu langweilig waren. Nur Gitarrengeschrammel und Gesang und die Texte haben mich nicht angesprochen.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Guntram

Hier klafft doch eine riesen Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit!!!

1. Was ist ein Künstler? Liedermacher, Chansonsänger, Schlagersänger, Rockmusiker, Popmusiker, Opernsänger, Kabarettist, Comedian, Stand-Up Komiker .....

2. Wer nennt sich alles Künstler und ist auch wirkliche einer? Guido Horn, Dieter Nuhr, Bully, Georg Kreisler, Dieter Hildebrand, Mundstuhl, Costa Cordales, Reinhard Mey, Stefan Raab, Rene Kollo, Dieter Bohlen, Wildecker Herzbuben (es folgen noch ca. 10000 Namen)

3. Wer ist
 - einfach blöd
 - eigenlich hochintelligent und gebildet - läßt aber auf der Bühne nur Schwachsinn ab
 - ist intelligent und macht auch noch ein anspruchsvolles Programm?
 - und ist zusätzlich noch eine integer bzw. hat nicht nur Geldverdienen im Sinn?

4. Wer von den vieren ist am populärsten?

5. 90 % des Publikums will seichte Unterhaltung ohne Anspruch die es ohne nachzudenken konsumieren kann.






Das reicht um 1000 Jahre zu diskutieren.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Sandra

Also, von den vieren ist - fürchte ich - nummer zwei am Populärsten.
Und darauf bezog sich meine Frage: ist das eine lässliche Sünde? Ist das OKAY, wenn jemand so ist? oder ist das moralisch verwerflich?

Alexander

#10
Andre Rieu, Vanessa Mae, Helmut Lotti - das sind für mich Menschen, von denen ich annehme, dass sie zu Nr. 2 gehören.
Die haben ihre Marktlücke gefunden und baden lustvoll darin.
Von Dieter Bohlen ganz zu schweigen.
Für die gilt: Solange ich damit Geld verdiene, habe ich recht.
Für sie gilt der Kapitalismus.
Sandra Kreisler, Dagmar Anuth, Andrea Eberl - das sind für mich Menschen, von denen ich annehme, dass sie zu Nr. 3 und Nr. 4 gehören.
Da fängt das Denken nicht an bei "Was könnte der Masse gefallen?", sondern bei "Ich spür´s, es muss raus ..." (oder so ähnlich).
SO ETWAS ist Kunst für mich.
Ich selbst habe ansatzweise die Verführung des Kommerzes gespürt. Mit "weniger Niveauvollem", "unter meiner Würde" Erfolg einheimsen.
(Ich habe einmal bei einer Party mit völlig Besoffenen eine Nacht lang nur einfachste Kinderlieder auf einem Keyboard gespielt und dabei so viel Trinkgeld verdient wie vorher und nachher nie wieder ...)
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Haraldi

ZitatHier klafft doch eine riesen Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit!!!

5. 90 % des Publikums will seichte Unterhaltung ohne Anspruch die es ohne nachzudenken konsumieren kann.

Und 6. 98% der Künstler und/oder Nichtkünstler sind dem Geld ebensowenig abgeneigt wie die unter Punkt 5.
Die anderen 2% machen Kunst mit Anspruch, den leider die wenigsten haben und für den es in diesen unseren Landen immer weniger einen Markt gibt.

Ergo: Der Bildungsauftag (ob vorhanden oder nicht) verfehlt die "Klienten" denen er wirklich nützen würde.

Die Frage ist: Zu welchem Preis verkauft der Künstler (oder Nichtkünstler) sich wem und wie? Was hält er selbst aus, wenn er mit sich in Klausur geht?

Dagmar

Zur Eingangsfrage:

Ich bin schon der Meinung, dass man sich mit dem, was man da auf der Bühne fabriziert, intensiv beschäftigt haben sollte. Wenn man covert - Brecht, Kreisler, Kästner oder wen auch immer - gehört für mich dazu, mich sehr intensiv mit dem oder den Künstlern zu beschäftigen, die das Stück geschrieben haben. Da weiß man dann sicher mehr als das Publikum und - so finde ich jedenfalls - hat auch, allein schon aus Respekt vor den Künstlern, denen das Stück "gehört", eine Art "Bildungsauftrag". Wenn man das denn so nennen will. Vermittlungsauftrag wäre vielleicht besser formuliert.

Ansonsten denke ich dazu: Ich mag nirgendwo im Leben Dinge oder Aspekte, die um der schnellen Vermarktung willen, dem Publikum oder den Konsumenten zum Frasse vorgeworfen werden: Trash, McDonalds, billigen Schund, Trendartikel - und eben auch keine Musik, die ohne Herz ist. Die nur schnell und um der Vermarktung willen zusammengehauen wurde. Der Bohlen ist sicher eine gutes Beispiel dafür. Das ist für mich auch keine Kunst im eigentlichen Sinne, sondern Vertrieb. Auch nicht blöd, aber eben keine Kunst.

WENN aber ein Künstler wirklich für seine Sache brennt, er oder sie in intensiver Auseinandersetzung mit dem Produkt ist, es wirklich seins oder ihres ist, es letztlich zweitrangig ist, ob die Sache vermarktbar ist, DANN finde ich es legitim auf die Verpackung zu achten. Etwas wertvolles so zu verpacken, dass es dann plötzlich besser zu vermarkten ist, finde ich nicht falsch, solange Authentizität im Mittelpunkt steht.

Auch da folgt der Künstler letztlich einem Auftrag - seinem inneren Auftrag (Vermittlungsauftrag scheint mir auch hier das bessere Wort). Er möchte dem Publikum etwas mitteilen, etwas vermitteln, von dem er zutiefst überzeugt ist.

Dann ZUSÄTZLICH auch zu gucken, wie ich möglichst viele Leute damit erreiche und vielleicht auch mein Auskommen damit habe, finde ich nicht ehrenrührig, sondern legitim und richtig.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Guntram

Von den 2% Künstlern die Haraldi anspricht werden ca. 90% verhungern weil sie mit dem was sie wollen/anbieten kein Geld verdienen und die finanziellen Reserven nicht reichen bis sie berühmt sind. :o
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Sandra

Das sind die mit Nebenjob.

dagmar und ich haben kürzlich in Berlin einen nachgerade GROSSARTIGEN Abend gesehen: klug, anrührend, innovativ, hervorragend gespielt, nicht eine Sekunde fad - eine Textcollage von Robert Walser, mit ein bissel schrägen Tönen auf diversen (zT selbstgebauten) Instrumenten. Ein-Personen-Stück.

Echt toll. Nicht jetzt RASEND intellektuell, aber schon nicht superleicht.

Ein Schweizer, Andreas Krämer. Der Abend hiess: "Für die Katz".
wir waren beide absolut hingerissen.
Ausser uns waren noch ca 10 Leute da. An einem Samstag!

Der wird wohl noch andere Sachen spielen,Ensemblesachen, so "ganz normale Theaterstücke" für Abonnement-Publikum. Und ab und zu findet er ein kleines Kellertheater, das ihn für die Abendeinahmen (einen Teil davon) engagiert. Das deckt vermutlcih nciht mal die Anreisekosten, weil er hat ein umgebautes Klavier dabei.

Der Abend war das, was ich unter einem guten, soliden, klassischen Theater verstehe - und trotzdem enorm avantgardistisch und modern.

Ich glaube, wenn das Publikum nicht hinten und vorne die Musikantenstadlkomödienpopglitzerscheisse reingeschoben kriegte, so dass sie garnicht mehr gewöhnt sind, einen Abend lang (was heisst: eine Stunde lang!) stillzusitzen, zuzuhören, mitzudenken, wenn es also mehr "intelligentes" Theater gäbe, auch im Fernsehen mehr "intelligente Unterhaltung" - dann wären an diesem Abend vielleicht 60 Leute im Publikum gesessen.

ich weiss nciht genau, was ich damit sagen will, übrigens.

Bassmeister

Darf ich meine Frage noch mal wiederholen (denn es ist mir ernst...)

Wie kann man sich als Künstler identifizieren, wenn man  Instrumentalist ist und zudem die meiste Zeit damit verbringt, Musik von Toten zu interpretieren, deren Lebensgefühl heute nimmermehr nachvollziehbar ist.
Wenn eben die "eigene" Musik (noch) nicht das ist, was man will, was man aussagen will oder rüberbringen will.
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Bastian

#16
Ich denke, als Instrumentalist, der die Musik von Toten spielt, steht man gar nicht übel da.

Man kann die Lebenswirklichkeit von damals nicht mehr so nachvollziehen, aber für das Publikum gilt ja dasselbe, also wird kaum ein Toter den Kopf schütteln. Gleichzeitig steht man mit der "reinen Kunst" (Ohgott!)da, losgelöst von den damaligen Zwängen und Umständen, und kann interpretatorisch eigentlich aus dem Vollen schöpfen. Das Werk zeigt sich heute so, wie es heute ist. Und heute spielt man es zum Beispiel so.

In der Instrumentalmusik werden ja auch ganz andere Dinge vermittelt: Es gibt keinen Text, der veralten kann, und keine Revolution, die die Stimme des Instrumentalisten braucht. Eigentlich eine interessante Frage: Welches Wissen braucht eine Flötistin, wenn sie bei einem Requiem mitspielt? Eigentlich ist dieses Wissen nicht an die damalige Zeit gebunden. Auch bei Pastoralen nicht und eigentlich auch nicht bei Tänzen...

Haraldi

ZitatDarf ich meine Frage noch mal wiederholen (denn es ist mir ernst...)

Wie kann man sich als Künstler identifizieren, wenn man  Instrumentalist ist und zudem die meiste Zeit damit verbringt, Musik von Toten zu interpretieren, deren Lebensgefühl heute nimmermehr nachvollziehbar ist.
Wenn eben die "eigene" Musik (noch) nicht das ist, was man will, was man aussagen will oder rüberbringen will.

Ich kann da nun nicht DIREKT was zu sagen, aber indirekt schon.
Wenn die Musik des toten J.S.Bachs in meine Ohren dringt und sie Zugang zu meiner lebendigen Seele findet, entsteht je nach Stimmung und Weihe eine neue Klangwelt, die mich auf ihre, dann ganz und gar lebendige, Weise berührt. :-*
Ich denke mir, dass der lebendige Künstler den toten Meister mit seinem So-Sein würzt und damit etwas Neues erstehen lässt, etwas Nie-So-Dagewesenes. ???


Maexl

#18
Was muss ein Künstler wissen?
nichts. wozu auch?
er behält sich nicht die eigenständigkeit, die ihn zum "künstler" macht und er begibt sich in vorgeformte interpretationsmuster... langweilig, wie gut auch immer.
neu, aufregend, eigen, abstrakt und glaubhaft solls sein.

egro:

bleibe unabhängig vorm abhang der abhängigkeit stehn
hier lohnt sichs bei Leibe nicht mehr weiter zu gehn
sei dein eigener held
in deiner eigenen welt

Alexander

#19
Zur Musik der Toten:

Ich habe am 17.12.2004 ein Konzert in München (vor wenigen Leuten) gegeben, mit eigenen Liedern. Aber im ersten Teil habe ich auch Franz Schuberts Impromptus op.90/1 gespielt. In keinem Augenblick des Konzerts habe ich mich so zu Hause gefühlt wie beim Spielen dieser Musik. Es waren die Momente in dem Konzert, wo ich intellektuell am allerwenigsten wußte. Meine eigenen Lieder waren mir lange nicht so nahe. Das ist sicher psychologisch erklärbar, aber es sagt auch viel aus über die Musik der Toten, von der hier geschrieben wurde. Bald danach war Pause. Einige haben geweint. Sage mir nie mehr jemand etwas über die Vergänglichkeit der Musik der Toten ...
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

Andre Rieux (oder wie der sich schreibt) spielt auch klassische Musik von toten Komponisten. Trotzdem glaube ich, dass ein Rachlin oder ein Bell mehr Verantwortung hinsichtlich des "Bildungsauftrages" übernehmen...

Dagmar

#21
ZitatWie kann man sich als Künstler identifizieren, wenn man  Instrumentalist ist und zudem die meiste Zeit damit verbringt, Musik von Toten zu interpretieren,

Ich persönlich glaube, dass es kein Unterschied ist, ob der Künstler instrumental spielt oder z.B. Sänger ist. Immer wird doch das Stück interpretiert: Mit der Stimme und genauso mit dem Instrument. Und ob der Komponist tot oder lebendig ist, ist nachrangig, denn:

In beiden Fällen finde ich gilt das, was ich schon hier gesagt habe: Ich finde es notwendig, sich mit dem Komponisten zu beschäftigen: Wer war oder ist das, wie hat der gelebt oder lebt der, was ist das für ein Stück in welchem Zusammenhang in welcher Phase seines Lebens ist das Stück entstanden, usw. Also wirklich etwas zu wissen über das Stück.

(
ZitatWas muss ein Künstler wissen?
nichts. wozu auch?
Sorry Maexl, aber das finde ich sehr falsch und leider  muss ich sagen :-* auch ziemlich unreflektiert!)

Auf der Basis dieser Beschäftigung entsteht doch Kenntnis und Verständnis, aber auch Abgrenzung, anders sein und anders sehen. Und daraus erwächst langsam langsam - ist zumindest meine Erfahrung - die eigene Interpretation. Diese hat eine Brücke zum Komponisten und eine Brücke über einen selbst hin zum Publikum. Also so erlebe ich das jedenfalls. Und der gute Brecht ist nun auch schon lange tot  ;)
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

Er sollte wissen, wie das, was er tut, auf sein Publikum wirken kann. Er sollte wissen, was er mit dem, was er darbietet, erreichen - oder besser - bewirken möchte. Ich glaube, eine Selbstreflektion ist das Wichtigste für einen Künstler, egal, für welches Programm, für welche Darbietung (klassische Darbietung, Chanson, Liedermacherei, Pop, Rock...) er sich entscheidet.
Ich kann mir nicht vorstellen, was in einem Volksmusikschaffenden vorgeht. Für mich ist das Prostitution pur. Kann es jemandem ein ernsthaftes persönliches Anliegen sein, Volksmusik oder volksmusikmäßig arrangierte Schlager zu singen, zu spielen... Okay, die Musiker werden dafür bezahlt, dass sie den Interpreten begleiten. Aber das ist doch so als müsste ich wieder als Zuschauerredaktörin arbeiten. Das wär für mich psychisch nicht gesund. Deshalb glaube ich, diese Art von musik zu spielen, kann für niemanden die Erfüllung sein. Aber vielleicht irre ich mich. Vielleicht wird derlei Musik von Leuten gemacht, die eben auf diesem Niveau sind.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Guntram

#23
Warum muß jemand der auf der Bühne steht/sitzt und etwas darbietet - Text, Gesang, Instrumentalvortrag, Tanz usw. - einen Bildungsauftrag haben?

Von wem hat er diesen Auftrag? Wohl vor von sich selbst oder?

Wieviel %o aller Künster/-innen beanspruchen das für sich?

Der Auftrag des Künsters - aus Publikumssicht  - ist zu unterhalten. Und das ist glaube ich seit Urzeiten so. Wenn bei "ursprünglicheren" Gesellschaften (bitte nicht falsch verstehen, aber mir fällt keine bessere Formulierung ein) gesungen und getanzt wird dann doch um zu feiern (sich zu unterhalten), um eine Gegenprogramm zu Alltag zu bekommen oder aus religiösen Motiven oder der Kombination aus beidem.

Warum muß ein Künstler ein IQ von 180 und ein Hochschulstudium mit exellenter Allgemeinbildung haben wenn er doch nur eins soll: unterhalten?

Das Publikum will im allgemeinen nur unterhalten werden. Wenn einige wenige Künstler auch noch zum nachdenken anzuregen wollen, dann weiß das das Publikum in vorraus.  Denn jeder geht doch nur zu einem Auftritt, wenn ihm das zu erwartende nicht von vorne herein interessiert.

Um sein Publikum zu unterhalten muß ein Künster also nur das können, was er darbietet. Hat er noch mehr Qualitäten ist das für ihn nur von Vorteil. Je besser er ist, desto mehr Publikum wird er haben und desto bekannter wird er (zumindest in der Theorie). Das ist harte Arbeit.

Das Fernsehen bietet inzwischen einige Abkürzungen (leider), aber nur wer wirklich gut ist - gut sein Publikum unterhält - wird über längere Zeit (mehr als 1-2 Jahre) auch bekannt bleiben.

Ich schränke das "er muß gut sein" noch ein. Er muß es schaffen SEIN Publikum an sich zu binden, damit es zu SEINEN Auftritten kommt und Geld dafür ausgibt um IHN/SIE zu sehen oder zu hören. Aber auch dafür braucht man ein Talent und muß gut sein.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Maexl

#24
guntram, schon eher meine meinung...

aber warum wird die kunst so penetrant eingeschränkt?

ein künstler macht doch nur das, was er nach seinen empirischen ansichtigen für wichtig hält.

was das publikum macht.... nicht seine sache
ob es ein publikum gibt .... uninteressant

wichtig ist, dass er das eigene macht.

künstler ist jeder.

ob mit wahrnehmenden volksorganen oder nicht.... der unbewunderte ist der größte.

stell dir vor....:

ein mensch sitzt
in einem raum
denkt nach
stellt sich was vor
hat sich gerade eine karrikatur über hitler ausgedacht.
wem nützt das?
jedem.
wer nimmt das wahr - nur er.
wer profitiert davon?
das ganze universum.

schrecklich falls nicht
wozu lebt man sonst?

gedanken & papier ist geduldig.
hohes ansehen und posten kurzweilig.

wenn sich das publikum schon zu lebzeiten daran ergötzt... pech gehabt. dann wird der künstler vielleicht wohlhabend, halst sich sorgen auf, neid.
lieber eigen (nicht arm - an integrität in der eigenen gesellschaft jedenfalls nicht. - für andere vll. schon).

pff: und zu eurer diskussion ob gut oder schlecht.
schlecht gibts nicht.... es ist alles eine einzige selbstverwirklichung... höchstens unglücklich, das schon eher.
schlechte musik? was ist das? gibts nicht!
alles andere ist selbstverschuldete unmündigkeit (kant). oder ein exibitionistisch exerziertes geltungsbedürfnis.

@Alex... das Stück finde ich auch wirklich toll. ich übe grad das 123? Nr.3, also das Rosamunde. Eigentlich etwas für kitschjäger wie brendel... aber schubert spielt er :-.? *lol* naja, was wäre die welt ohne kitsch? - nichts wäre sie.
wodurch hat schubert eigentlich die einzelnen stückarten voneinander abgegrenzt?
für mich sind impromptus, mom. musicaux, sonaten und phantasien alle das gleiche... man findet in allem teile aus liedern, alles genial... habe als mein onkel da war von ihm die letzten sonaten, die wanderer-phantasie, moments musicaux, 2 impromptus - müssten auch Nr. 3 und 4 aus dem Op.90 gewesen sein von ihm gehört ... alles fällt einem aus der form entgegen. => tötet die form.