Hauptmenü

Kunst und Provokation

Begonnen von Martin, 11. September 2003, 17:59:01

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

Bastian

#150
Nun ja, ich spreche den jetztigen Pächtern des Heine Geburtshauses nicht ab, dass sie den Künsten aufgeschlossen sind. Die Buchhandlung Müller ist in Düdo wirklich eine der besseren, und hat auch früher schon Autorenlesungen veranstaltet. Ich wünsche ihnen für die Zukunft sogar das Beste. Vielleicht lesen dort ja auch mal weniger bekannte Künstler...

Mein Zugang zu der ganzen Sache ist ausnahmsweise eher mürrisch als intellektuell... Ich muss schamfrei zugeben, dass ich mich noch immer aus meinem Stammcafé verdrängt fühle- das ist alles. Aber so ist es ja auch, drum darf ich mürrisch sein. Auch wenn das neue Etablissement vielleicht sogar ganz nett wird. (Stell dir vor, whoknows, sie schlössen die Broadway Bar und eröffneten dort ein Bronner- Archiv,... sicher, der Vergleich hinkt, aber immerhin ein Vergleich.)

Tja, nachdem die Bücherhalter hinten einen Durchbruch in die ehemalige Mata Hari- Passage gemacht haben, sieht es sogar danach aus, als ob sie auch tatsächlich Platz für Veranstaltungen haben. Warten wir es ab...


http://www.heinehaus.de/
http://www.literaturmueller.de/

whoknows

Also, die Maxeln auf den Foto sehen doch eher lustfeindlich aus - aber der Raum dahinter ist supernett.

Dagmar

Ja, finde ich auch - könnte man glatt eine Halle für Bands daraus machen (kI) - Basti: Wie sind die Chancen für ein take over?  :P
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Alex

#153
Hallo Dagmar, das mit den takeover wird wohl eher schwierig. >:( Hab im Schnabelewobski, wies früher hieß, als es noch eine "Intellektuellen-" und Knalltütenkneipe war, 6 Jahre gekellnert. Müller und seine Frau- Sie- ein echtes Mistvieh- haben über Jahre versucht den Laden zu übernehmen. Nachdem sie in der Lokalpolitik sich genug eingeschleimt hatten, kamen sie irgendwann ins Lokal- mit Architekten- und benahmen sich wie Großgutsherren. Er ging ja noch, aber Sie- ein Mistvieh!!! Bäh. Nach dem Motto: ja, ja ihr dürft ja NOCH in unserem baldigen Buchladen sein- aber bald ist Schluß! Diese Kneipe- sorry da hängt ganz viiiieeel Herzblut bei mir drann- war wirklich in der Heineschen Tradition. Multikulti im besten Sinne. Menschen von 17 bis 91 Jahren als Stammgäste, Wichtige und unwichtige, schlaue und doooofe, gebildete und leere Staffeleien, der Chef der Westdeutschen Zeitung, der Feldmann vom Feuillton der Rheinischen Post, der Kasperspieler, der schon auf der Documenta spielte und bei "uns" seine neuen Bühnenbilder malte und hinterher wurde gekritzelt bis um 5 Uhr in der Früh. Herrlich!!! Und das alles auf der Bolker Straße der Altstadt in Düsseldorf, wo die Prolls 3 Millimeter über der Kotze fliegen und der Ballermann alle fest im Griff hält. Es war Heines Prinzip des laisse faire auf hohem Niveau!!! ES GAB SOGAR KÖLSCH!!! Ja Holla! Wenn Cheffe kein Bock mehr hatte hieß es: Schlüssel an die Gäste; zapfft und schreibt Euren Scheiß doch selber (auf). Sprich: Kellner weg, Gäste noch da, Fete geht weiter. Am nächsten oder übernächsten Tag wurden die Deckel braf mitgebracht und gezahlt. Verrückt? Ja, aber es  klappte! Bestens. Ich weiß nicht, ob Du mal dort warst, aber es war DIE Oase in der Altstadt. Es gab ein Meiersches Lexikon von 1924- bissken alt aber lustig, das mindestens einmal am Abend belästigt wurde um irgend etwas nachzuschlagen-  Wette gewonnen- oder auch nicht- 'Lokalrunde´ Tätä... Es ist soo traurig- ein lebendiger, pulsierender Ort wird plastiniert. Tot- für die Ewigkeit. Ich kotz gleich! Schade. Nu gibts Bücher, die- hach wie lustig, mit dem Buchrücken nach hinten stehn. Toll, toll, toll- aber tot, tot, tot. Dank an unseren Oberbürgermeister Erwin. Kunst als lukrativer Wirtschaftsfaktor- Danke. Ende. Tot. Wohl der lauf der Dinge... :-X

Alex

@Basti. Nein, ich wünsch ihnen die Hölle an den Hals. >:(

whoknows

Ja, so isses oft. Meinem Lieblings-Elefantenfriedhof in Wien wird's auch irgendwann nicht anders gehen - weil solche Lokale sich meist so gerade mal eben über die Runden bringen, und da isses dann leicht, sie aufzukaufen. Der Weg alles Irdischen - und dann liest man irgendwann über die legendären Lokale - Strohkoffer, Fledermaus, Vanilla, Opus, das alte U4, Monte, blablabla (das sind nur ein paar, und nur die aus Wien - ich schätze mal, in jeder halbwegs lebendigen Stadt gibt's da Beispiele.

Andererseits: Das braucht es auch, dass man etwas nachweint - sonst würde es nie Kultstatus erlangen, oder? ;)
Ich bin immer sehr hin und hergerissen: Wenn man über Ausgrabungen liest, was alles mal wo war und längst nicht mehr ist - und was dann danach kam...Veränderung ist auch gut, weeste, wenn auch ziemlcih schmerzhaft.
Ich seh's ja bei mir: Ich weine extrem vielen Dingen nach, die ich in Wien hatte - von Nahrung über Lokale über Menschen und Jobs - andererseits tut es mir einfach gut, auch im Ungewissen zu sein, und alles neu bauen zu müssen. Nur aus Tod kann Neues entstehen, Sinnspruch so zwischendurch. :P

mmeixner

ZitatIch weine extrem vielen Dingen nach, die ich in Wien hatte - von Nahrung über Lokale über Menschen und Jobs - andererseits tut es mir einfach gut, auch im Ungewissen zu sein, und alles neu bauen zu müssen. Nur aus Tod kann Neues entstehen, Sinnspruch so zwischendurch. :P

Der Samuel Beckett (den ich heiß verehre) hat einmal auf die Frage, warum er denn jetzt französisch schreibe (er war ja im Englischen extrem virtuos) hat er gesagt: "Um mich arm zu machen..."
Zuviel zu können ist manchmal fast schon hinderlich (obwohl: meistens nicht, wenn ich so nachdenk...)


Andrea

Seit ich in Köln wohne, kann ich sagen, dass ich mich erst in den letzten Monaten hier richtig zu Hause fühle. Das macht auch das Tanzprojekt. Durch die Schauspieler und Tänzer merke ich, dass es auch hier Künstler gibt, mit denen ich mich austauschen kann. Da entstehen gerade schöne Freundschaften. Das macht viel aus. In Wien kannte ich ja auch viele Leute aus der Musikszene. Das hat mir in den letzten Jahren irre gefehlt, dieses sich miteinander auszutauschen und einander zu helfen. Klar machen wir das hier im Forum auch. Aber in der eigenen Stadt ist das genauso wichtig. Jetzt will ich nicht mehr weg. Außer die gehen alle mit nach Berlin ;-)
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

angel

#158
@ Alex

Das liest sich, als hätte dieses "Buchverkäuferpärchen" ein regelrechtes "Herbstmanöver" inszeniert. Die früheren Betreiber und Gäste des "Schnabelewobski" wurden dabei in die "Winter(r)eise" geschickt.  >:(  In DüDo scheint es dadurch extrem kälter geworden zu sein.  :-[

Ich kann Dich gut verstehen, habe Ähnliches auch schon oft erlebt...
Und Kunst wird zum erstarrten Ladenhüter (um hier noch einmal auf die Hutmetapher von #126 einzubringen), bewacht von den Buchhaltern.

Doch ich habe ein Idee: Vielleicht magst Du ja eine Bohème-Gruppe namens "Die Schnabelewopskis" (mit den Gästen des "Schnabelewobski") begründen, Ihr streift dann durch die Düsseldorfer Kneipen und tragt darin Eure Gedichte vor? Dabei könnt Ihr die Betreiber des Heine-Hauses und seine neue "Kultur" auch schön auf die Schippe nehmen... Das ist doch besser, als wenn jeder von Euch einzeln für sich in sich hineingrollt und Flüche ins Leere spricht, oder?

Meine philosophische Lieblingsstelle aus dem Heine-Text:
"Was ist Traum? Was ist Tod? Ist dieser nur eine Unterbrechung des Lebens? oder gänzliches Aufhören desselben? Ja, für Leute, die nur Vergangenheit und Zukunft kennen und nicht in jedem Momente der Gegenwart eine Ewigkeit leben können, ja für solche muß der Tod schrecklich sein! Wenn ihnen die beiden Krücken, Raum und Zeit, entfallen, dann sinken sie ins ewige Nichts."

Eine Bohème-Gruppe dieses Namens kann sich also nicht an einen Raum binden (hör' also auf der Bar nachzujammern!), sondern sollte zeit- und heimatlos querfeldein agieren und GegenwartsTräume leben und (sie) nicht mehr (nur) warten. Ich habe mal gegoogelt. Eine Gruppe dieses Namens (weder mit "p" noch mit "b") existiert - selbst in Düsseldorf - noch nicht.  [smiley=happy.gif]

whoknows

Gar keine schlechte Idee. Ich habe vor einiger Zeit gesagt, dass Du, angel, im Gegensatz zu den meisten von uns zu den wirklich wertvollen Mitgliedern (ohnegliedern) der Gesellschaft gehörst, weil die anderen gerne motzen und meckern, aber Du gehst dann tatsächlich und TUST was. Das finde ich grossartig!!

ZitatZuviel zu können ist manchmal fast schon hinderlich (obwohl: meistens nicht, wenn ich so nachdenk...)
doch, meistens schon. Inzwischen. Früher war es bewundernswert, wenn wer viele vierschiedene Sachen beherrschte - heute ist es für die meisten Menschen eher verdächtig. Wenn jemand Regisseur, Autor, Schauspieler und vielleicht g*tt behüte noch Maler ist, da muss er/sie schon über 70 sein, dass die Vielseitigkeit lobend erwähnt wird. Aber Jobs kriegen die Leute, die eindeutig EINE "Sache" sind, soll heissen einen Beruf haben. Man schubladisiert eben gern. Ich kenne etliche Mehrbegabungen, die aus dem Druck von aussen heraus sich spezialisieren mussten, sonst wären sie in nix ernst genommen worden.


angel

#160
Jetzt muß ich Dich aber mal rügen, whoknows. Jede/r hier tut das, was er/sie kann und bringt positive Impulse und Inspirationen (das Atmen der Musen, ohne die unser Leben verdorren würde) ein! Deshalb liebe ich dieses Forum ja so!
Und jeder hier läßt auch mal "Dampf ab" - das habe auch ich schon zeternd hier gemacht.

Ich hatte mich - als ich mich mit der verlorengegangenen Bar und Bastis und Alex Zorn beschäftigte - an meine Bohème-Zeit erinnert. Es kam dabei oft so viel Begeisterung auf, daß Wirt und Gäste uns oftmals zum Rezitieren auf einen Tisch stellten, es hagelte Applaus, Getränke und Spenden. Einige unserer Texte haben wir auch auf Demonstrationen vor Tausenden von Menschen gesprochen... und einige wurden publiziert.
Entstanden sind sie in Kneipen u.a. zwischen und mit Prol's und Huren.

Eine durch die Kneipen streifende Bohème-Gruppe täte Düsseldorf sicher gut!  :)
Am besten fängt man mit den Kneipen an, wo man sicher ist, daß der Wirt damit einverstanden ist und das Kneipenpublikum so was mag, bekommt darin Übung und Sicherheit ... und wagt sich dann in andere Gefielde...  [smiley=evil.gif]

Man kann es auch noch mit anderem kombinieren. Ich habe z.B. Briefe mit selbstgemalter Briefmarke verschickt, die durch die Post gingen und keine Nachgebühr kosteten. Viele wollten z.B. auch gern solch einen Brief bekommen. Denen habe ich dann angeboten, ihnen eines der Gedichte in solch einem Briefumschlag zuzuschicken; das hat zusätzlich Spenden gegeben.  :)

Alex

Durch Düsseldorf streifende Boheme Gruppe? Das hört sich ja an wie TKKG ;D Quatsch: ich hab da gekellnert und umsonst mein Bier bekommen! Boheme, ts ts ts... :-?

angel

Ähäm - was spräche dagegen? Basti und Du wärt' (und noch 1-2 weiterer) wärt doch  bestimmt ein gutes Gespann...  8-)

Has Been

#163
Siehste Angel, da hat Whoknows doch was ganz Richtiges gesagt!
Das "Man kann halt nicht alles ändern, was einem nicht gefällt" ist oft so viel stärker als das "Hier ist EINE Sache, die ICH ändern KANN", und Du gehörst zu den viel zu wenigen Menschen, die nach dem letzteren Motto leben.
Das verdient (allen Protesten zum Trotz :P) höchsten Respekt - und beschämt mich gelegentlich ein bisschen...

Zum Thema "Kunst und Provokation" gibt's übrigens einen neuen Fall, der hier noch nicht erwähnt wurde:

ZitatAufruhr in der Theater-Szene

Frankfurt/Main (ddp-hes). Die Vertragsauflösung des Frankfurter Schauspielers Thomas Lawinky wegen eines Übergriffs auf den Kritiker Gerhard Stadelmaier hat eine lebhafte Diskussion in der Theaterszene entfacht. Das Berliner Ensemble (BE) bot Lawinky am Montag «theatralisches Asyl» an. Intendant Claus Peymann ging Stadelmaier zugleich scharf an, ebenso wie Regisseur Christoph Schlingensief. Mäßigend, aber ebenfalls kritisch zur Reaktion der Stadt Frankfurt und ihres Schauspielhauses äußerten sich die Intendanten der Münchner Kammerspiele und des Hamburger Thalia Theaters, Frank Baumbauer und Ulrich Khuon.

Stadelmaier selbst bekräftigte derweil, wie empört er über den Vorfall am vergangenen Donnerstag ist. Je länger er darüber nachdenke, desto fassungsloser sei er. «Als ich das Theater verließ, rief mir der Schauspieler nach: ´Hau´ ab du Arsch, verpiss dich´», berichtete Stadelmaier. Er sei beleidigt und in seiner bürgerlichen Ehre gekränkt worden. Der Vorfall, bei dem ihm Lawinky auch den Notizblock entrissen hatte, sei ein «Angriff auf die Pressefreiheit» gewesen.

«Im Gegensatz zu Frankfurt sind im Berliner Ensemble die Haupttugenden des Theaters ausdrücklich erwünscht: Fantasie und Improvisation, Frechheit und Toleranz, Selbstironie, Sex, Geschmacklosigkeit, Subversion, Blasphemie und so weiter bis ans Tor der Hölle», sagte der Intendant des Berliner Ensemble, Peymann. Er bot Lawinky an, als festes Mitglied ins BE einzutreten. Peymann fügte hinzu, wenn der «selbstherrliche Theaterverletzer» und «Theaterkaputtschreiber» Stadelmaier wegen eines Engagements von Lawinky künftig auf die Besuche im BE verzichten würde, so werde das BE dies verkraften.

Regisseur Schlingensief beklagt, dass Lawinky aus dem Ensemble ausschied, ohne dass sich die Intendantin Elisabeth Schweeger den Vorgang selbst angesehen habe. Mit der Intervention von Stadelmaiers Zeitung wegen der Attacke habe sich der Kritiker «selbst entzaubert», sagte Schlingensief. Er sieht Stadelmaiers «Zeiten als Starkritiker» vorbei.

Der Münchner Intendant Baumbauer hält den gesamten Vorgang für eine Ansammlung von Überreaktionen auf allen Seiten. «Es wäre darum gegangen, erst mal die Emotionen aus dem Fall rauszunehmen und den Ball flach zu halten», sagte Baumbauer. Natürlich müssten sich Schauspieler und Intendantin bei dem Kritiker entschuldigen. Aber damit müsse «es auch gut sein». «Ansonsten hätte sich die Intendantin Elisabeth Schweeger zunächst schützend vor ihren Schauspieler stellen müssen», sagte Baumbauer.

Ähnlich äußerte sich Thalia-Intendant Khuon. Die Entschuldigung des Schauspielers und der Intendantin sei «angemessen und erwartbar». Alles andere an dem Fall sei problematisch. «Und der Kritiker, der beim Austeilen extrem drastische und verletzende Worte wählt, muss sich fragen lassen, ob seine überempfindliche Reaktion angemessen ist», sagte Khuon.

siehe auch:
http://de.news.yahoo.com/060220/12/4vjuo.html

Kunst oder nicht: Um DIESEN Auftritt beneide ich den Schauspieler!

Bastian

#164
ZitatGar keine schlechte Idee. Ich habe vor einiger Zeit gesagt, dass Du, angel, im Gegensatz zu den meisten von uns zu den wirklich wertvollen Mitgliedern (ohnegliedern) der Gesellschaft gehörst, weil die anderen gerne motzen und meckern...
Hm, whoknows, höre ich da ganz leise jemanden motzen...? ;)

Aber ist ja wurscht, kann jedem mal passieren.

Zitataber Du gehst dann tatsächlich und TUST was.
Äh,... tun sollten es in diesem Falle Alex und ich, wenn ich mich recht entsinne...

Es ehrt dich, Angel, dass du die Düsseldorfer Altstadt nicht kennst. Wirklich! Und die Idee der herumziehenden Bohémiens ist per se entzückend. Nur, ich sehe mich nicht im Pizza Hut, dem Oberbayern oder dem Ballermann auf dem Tisch stehen und mit hochrotem Kopf Gedichte vorschreien. Es geht auch weniger ums Vortragen, sondern darum mit Freunden und lauter interessanten schrägen Vögeln beisammensitzen zu können. Diesen Ort, an dem man alle treffen kann gibt es nun halt nicht mehr. Ersatzlos. Da kann man moppern, oder gemeinsam im Viereck springen und den Erlkönig skandieren- C'est fini, passé, tot ziens... So ist es jetzt eben.

ZitatDer Samuel Beckett (den ich heiß verehre) hat einmal auf die Frage, warum er denn jetzt französisch schreibe (er war ja im Englischen extrem virtuos) hat er gesagt: "Um mich arm zu machen..."
Stimmt, Michi. Weißt du was ich lustig finde: Derselbe Beckett schrieb dann in Folge in seinem besten Französisch:
"Quand on est dans la merde jusqu'au cou, il ne reste plus qu'à chanter."
[smiley=old_cheesy.gif]

Zum Theateraufruhr hab ich auch schon was gelesen und gehört, aber hab noch keinen richtigen Senf dazu. Später bestimmt.

Has Been

ZitatÄh,... tun sollten es in diesem Falle Alex und ich, wenn ich mich recht entsinne...
In DIESEM Falle... ;)

whoknows

#166
Ich hab diese ganze Geschichte nicht mitgekriegt. Was war: der Kritiker hat schlecht geschrieben, und der Schauspieler gemotzt und dem Kritiker eine geknallt und ist daraufhin gefeuert worden? hab ich das richtig verstanden?

Wo ist die Frau in der geschichte?
(KarlKraus und Marc Henry wegen der Maria Delvard - zuerst hat Kraus gut geschrieben, weil er die Delvard wollte, dann hat die gesagt, sie will ihn nicht, dann hat er schlecht geschrieben, darauf hat ihn der Henry verprügelt - Altenberg beschreibt das sehr schön - gefeuert wurde keiner, übrigens.)

Und: wohin will der Peymann engagieren, wo der Hochhut ihm doch die Miete aufkündigen will?



ZitatEs kam dabei oft so viel Begeisterung auf, daß Wirt und Gäste uns oftmals zum Rezitieren auf einen Tisch stellten, es hagelte Applaus, Getränke und Spenden.
Ich indes, habe in Berlin nur erlebt, wie eine Frau in die U-Bahn stieg und sagte: wenn mir jeder 5 cent gibt, lese ich meine Gedichte NICHT vor - und hat tatsächlich von jedem sofort Geld angeboten gekriegt.

angel

Basti, DüDo besteht doch nicht nur aus der Altstadt, oder? Und von wegen der Kopfbedeckung (Be- und Verhütung): da hatte ich doch nix angeraten - gar nicht zu empfehlen ist z.B.: sich Federn toter Vögel ins Haar zu stecken...  8-)



Dagmar

Zitatwenn mir jeder 5 cent gibt, lese ich meine Gedichte NICHT vor - und hat tatsächlich von jedem sofort Geld angeboten gekriegt

*kicher*  ;D Coole Idee!!

@Has Been: Ich bin zu faul, um zu googeln: Kennst Du die Hintergründe? Was hat der Stadelmaier denn geschrieben, bzw. woher wusste der Schauspieler bereits von der Bühne aus und während der Premiere, was da auf seinem Notizblock steht. Das Ganze hat doch sicher eine Vorgeschichte, oder? Weisst Du was darüber?
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

angel

#169
Hier mehr dazu - auch Video:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_18627740

Interessant an dieser Geschichte ist, daß hier die Kunst- und die Pressefreiheit miteinander bzw. gegeneinander hadern...

mmeixner

Zitat
ZitatWeißt du was ich lustig finde: Derselbe Beckett schrieb dann in Folge in seinem besten Französisch:
"Quand on est dans la merde jusqu'au cou, il ne reste plus qu'à chanter."
[smiley=old_cheesy.gif]

Respekt! Hab erst mein Wörterbuch konsultieren müssen, bevor ich antworten konnte... aber der Ausspruch kommt in die Sammlung!
Was mir ja noch so gefällt von Beckett: "Alle Literatur strebt den Zustand der Musik an." (Oder so ähnlich; bin nicht gut im Zitieren aus dem Gedächtnis.)

mmeixner

ZitatHier mehr dazu - auch Video:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_18627740

Interessant an dieser Geschichte ist, daß hier die Kunst- und die Pressefreiheit miteinander bzw. gegeneinander hadern...

Also ich hab mir das Ganze jetzt angehört / angesehen und mir kommt vor, dass Überlegungen zu Kunst- und Pressefreiheit ein allzu feierliches Mäntelchen für eine Geschichte von ein paar heissgelaufenen Egos sind...(hätte ma halt ein paar Tage warten müssen, dann muss niemand unnötig sein Gesicht verlieren, der's vielleicht nicht verdient hat)

...aber ich war nicht dabei, und deshalb ist das eine strengstens subjektive Ansicht...

[ Mich ärgert immer, wenn wichtige Grundrechte inflationär herangezogen werden in Geschichten, die es nicht verdient haben; oder wie manche Regierungen dazu neigen, Mehrheitsverhältnisse zum Betonieren halbwichtiger Angelegenheiten durch Gesetzgebung im Verfassungsrang zu mißbrauchen  :(  ]

Oder eben, wenn die Pointe wichtiger als die Wahrheit wird...

Has Been

#172
...oder der Reim wichtiger als das Gedicht? ;)

Aber ich denke auch, dass diese Kategorien hier nicht anwendbar sind.
Wenn die persönliche Beleidigung eines Journalisten tatsächlich schon ein Angriff auf die Pressefreiheit wäre, was ist dann die fortgesetzte gewerbsmäßige Beleidigung von Kunst, Künstlern UND PUBLIKUM durch deutsche Kritiker?

Da ich selbst kein FAZ-Leser bin, kann ich nicht beurteilen, ob es hier wirklich den Richtigen getroffen hat - aber seine Reaktion lässt es mich stark vermuten.

Interessant an der Debatte fand ich die Argumentation, Kunst hätte sich gefälligst ausschließlich auf den ihr zugewiesenen Raum - in diesem Falle die Bühne - zu beschränken und dürfe keinesfalls "belästigend" auf den geschützten Bereich des Publikums übergreifen...

whoknows

Ich hab jetzt nirgends gelesen, was der SCHAUSPIELER dazu sagt. Nach diesem Artikel scheint es mir, es sei doch in der Inszenierung gelegen, dass man das Publikum irgendwie "angeht" - aber die hatten dann Angst vor eigenen Courage, als der Schauspieler nicht Otto Plebs angegangen ist - kann das sein?

Aber solange der Schauspieler nicht aus einer Rolle herausgetreten ist, und als Privatperson angefangen hat, während des Stückes wen zu beschimpfen - in diesem Fall fände ich eine Entlassung rechtens, egal wen er beschimpft hat. Wenn es aber Konzeption war, irgendwen im Zuschauerraum anzugehen, und er jemanden wählte, der mit dem Theater in Interaktion lebt, dann kann man ihn beiseite nehmen und sagen: Du Depp, wir wollen doch dem sein Wohlwollen! - aber kündigen? Das ist Duckmäuserisch zur Potenz.

im Übrigens stimme ich voll mit Michi überein, dieses "let's make a scandal" ist einfach nur blöde, und untergräbt  Gewicht&Wirkung, die ein Skandal haben könnte.

Auch diese Bemerkung von HasBeen, dass die meinten, Kunst habe nicht zu verstören, verstört mich doch einigermassen. Schon Aristide Bruant beschimpfte sein Publikum , und Handke glaubte, fast hundert Jahre später noch modern zu sein, als er es ebenfalls tat, damals war das schon nicht so RICHTIG skandalös, aber es war doch einige Aufregung wert ---- mir scheint, es hat sich nix verändert.....

mmeixner

ZitatInteressant an der Debatte fand ich die Argumentation, Kunst hätte sich gefälligst ausschließlich auf den ihr zugewiesenen Raum - in diesem Falle die Bühne - zu beschränken und dürfe keinesfalls "belästigend" auf den geschützten Bereich des Publikums übergreifen...

Wobei ich auch dankbar wäre, nicht auf diese Art von der Bühne angegangen zu werden, ohne dass deswegen mein Kunstverständnis damit kompromittiert wäre...
(weiss nicht, ob das ein klarer Satz ist jetzt, aber ich bin zu faul neu zu formulieren jetzt gerade :-)