Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Kunst => Thema gestartet von: Martin am 11. September 2003, 17:59:01

Titel: Kunst und Provokation
Beitrag von: Martin am 11. September 2003, 17:59:01
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.arcdetriomphe.at%2Fdata%2Fimg_2610.jpg&hash=4377a8555e4c425d050bf538244a453aa569f2f2)

Wie weit soll die Freiheit der Kunst reichen und was ist von Aktionen zu halten, bei denen man das Gefühl nicht los wird, dass nicht die Kunst, sondern Provokation und Profilierungsgelüste im Vordergrund stehen? Natürlich lebt die Kunst von Provokationen, aber wo setzen wir die Grenze, bzw. soll es Grenzen geben?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 23. September 2003, 11:31:05
Ich denke, man müsste wohl ein neues Genre benennen: "Kunst als Provokation" - so wie der "Penis-mann" oder manche Schlingensief-Geschichten, wo gerade die Rezeption das Kunstwerk erst komplett macht. Aber, wenn man es so benennt, dann kann es nciht mehr funktionieren.
          Prinzipiell finde ich es schade, dass es immer mehr Kunst gibt, die NICHT verändern, anregen, Grenzen aufzeigen will - meinem persönlichen Verständnis nach sollte das doch zumindest HÄUFIGER ein wesentlicher Antrieb der Künstler sein, nicht nur zu "unterhalten und Geld verdienen". Wir haben jetzt schon zuviele "künstlerische Produkte" bei denen gerade dieser Anspruch auf kritische Reibung mit dem Publikum nicht mehr gegeben ist - und irgendwann gibt es dann nur noch Oper und "Deutschland sucht den Superstar"? (überspitzt gesagt) Natürlich ist es schön (und auch wichtig) dass die Künstler ihr HANDWERK verstehen - dass also zB Statuen nicht nur provokativ sondern auch gut gemacht sind. Aber im Zweifelsfalle ist es mir lieber, etwas ist schlecht gemacht, und bringt Diskussionen, als etwas ist perfekt gemacht und bringt nur (letztlich schulterzuckende) Bewunderung und aus.
Klar, es ist im Moment schwierig "Grenzen zu sprengen" - weil vorgeblich alles erlaubt ist. Aber es gbit in der Gesellschaft weiss G*tt genug, was aufzuzeigen, was zu verändern sich lohnt - und dass sich immer mehr Künstler auf die "sichere Seite" begeben, und nur noch ihr Publikum bedienen ist schade!
      Zu Zeiten eines Egon Friedell war es noch eine Wahrheit, dass die Künstler die Welt der Zukunft vorwegnehmen - optisch& inhaltlich - heute nimmt  neben der Werbung und der Industrie bestenfalls die Filmindustrie manche Dinge der Zukunft vorweg - und das meist nur aus pekuniären Gründen. ("Kitt, das sprechende Auto" - ich glaube, die Serie heisst: Knight Rider -  wurde von der Industrie bezahlt, damit die Lust auf Autos mit Sprachmodulen geweckt wird, wenn sie dann auf den Markt kommen, bei Matrix2 brauche ich sowieso nix dazu zu sagen - die dazugehörigen Taschen&Sonnenbrillen wurden noch VOR der Serie produziert)
Wenn Künstler mit Provokationen (schon Goya hat provoziert) das wieder verstärkt übernehmen, ist die Gesellschaft vielleicht ein klein bisschen weniger Spielball der TNCs - oder vielleicht bin ich nur blauäugig und es ist eh schon zu spät....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bassmeister am 05. Februar 2004, 13:01:54
Gerade bei Matrix finde ich das sehr traurig, denn dieser Film hatte wirklich Substanz!
Wer sind denn TNCs?

Generell finde ich es gut, wenn KünstlerInnen in die Wunden fassen, irgendwie werden sie ja auch dafür bezahlt und genießen als Einzige in der Gesellschaft eine gewisse ,,Narrenfreiheit". Dennoch finde ich, sollten in Zeiten zunehmenden allgemeinen Desinteresses die Provokationen schon sehr gut gemacht sein, damit sie die entsprechende Aufmerksamkeit erregen. Das Bild oben scheint mir da ganz gut gelungen. Wohingegen so Sachen wie DSDS nicht viel mit Kunst zu tun haben. Da werden menschen dem Volk zum Fraß vorgeworfen. Wann führen wir eigentlich Gladiatorenkämpfe wieder ein?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Lanie am 05. Februar 2004, 16:41:36
Die meisten Menschen von heute sind wahrscheinlich sehr schwer zu provozieren, denn Gewalt, Sex und Kriegsopfer hat ja jeder schon mal irgendwie gesehn und wenn sich dann tatsächlich ein Fünckhen in Herzen abschweißen lässt, so zeigt man das wohl selten. Na klar, die obligatorische Ekelgrenze wird immer mal vorgeheuchelt, man muss ja politisch korrekt sein und
will ja nicht abartig sein.
Provozieren kann man schließlich nur Leute, die gegen etwas sind oder sich gegen etwas verschließen? Isn't it?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 06. Mai 2004, 17:54:01
Ich finds lustig, dass hier im Kunstthread so wenig steht.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 06. Mai 2004, 23:19:38
Kunst, Schmunst...

TNCs, Bassmeister, sind TransNationale Companies, Also Nestlé oder Shell oder so. Alle grossen, die dann nämlich auch zwangsläufig Dreck am Stecken haben.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 06. Mai 2004, 23:56:50
ZitatIch finds lustig, dass hier im Kunstthread so wenig steht.

Na ja - kann man ja vielleicht ändern (aber nicht gleich wieder hauen  :-*):

Das Foto erinnert mich an diese unsägliche Ausstellung "Körperwelten" von diesem durchgeknallten Fritzen, der unter dem Deckmäntelchen von Wissenschaft die Leichen Hingerichteter in China aufgekauft hat - und das soweit ich weiß immer noch ungestraft tut. Da haben abertausende vor den Austellungshallen gestanden. ICH NICHT! Und zwar schon bevor ich von der Geschäftsgeilheit dieses sogenannten Professors wußte.

Ist das Kunst? Oder ist das Perversion?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 01:29:31
Wir hauen jetzt gemeinsam. Nein. wir hauen nicht! >:( Ich bin auch genau so bewusst nicht in diese Ausstellung gegangen, nicht weil ich keine Toten sehen kann. Das geht schon. Sondern weil ich sie nicht so sehen will, und der Herr "von Hagens" nicht an mir verdienen soll. Das reicht erstmal. Mein Pulver brenne ich jetzt langsamer ab... ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 10:31:34
Ich war da. Und fand's toll. Informativ, erhellend, zum Nachdenken anregend, lebendig, spannend, hervorragend gemacht. Nicht nur für Ärzte und solche die es werden wollen - für die natürlich besonders.
Aber auf jeden fall dazu beitragend, das Wunder Leben wieder zu bestaunen. Würde meinen Körper jederzeit für sowas zur Verfügung stellen.

Aber die Obige Figur war eine Pappmachefigur eines Mannes, der sich selbst in den Mund pinkelt, und war, ganz im Stile Schlingensiefs, nicht über die Qualität der Skulptur her zu verstehen, sondern wegen und durch die Provokation. Fand ich übrigens auch fein.
Es gibt etliche Statuen, wo Bronze-Frauen aus ihren Brüsten Wasser "speien".
Mal über die Darstellung von Frauen und Männern in der Kunst nachzudenken.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 11:07:47
Konnte man die Figuren anfassen? Wahrscheinlich nicht. Läuft die Ausstellung jetzt noch irgendwo? Ich wollte vor Jahren zur EXPO und war nicht dort, und genauso ging's mir mit dieser Ausstellung. Ich verschludere sowas immer irgendwie.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 11:29:25
Meine Entscheidung, ob ich mir die Ausstellung Körperwelten anschaue oder nicht fußt auf einem ganz kleinen Unterschied. Und der macht es aus. Wenn man öffentlich Leichen ausstellt, warum dann nicht schlicht, sondern mit der eigenen Haut über dem Arm und zerfleddert beim Schachspiel. Der wissenschaftliche Mehrwert dieser Darstellung ist gleich Null. Weniger noch als null, denn, während Wissenschaftler sich weltweit bemühen, mit Toten so umzugehen, dass ein dabeistehender so wenige Probleme wie möglich hat, darf Herr "Hagens" tote Menschen drappieren, und sich mit Beuys- Hut davor ablichten lassen. Das finde ich schwer zu ertragen.

Ich finde es gut, dass in der Öffentlichkeit Einblicke in unser physisches Innerstes gestattet und "gewährt" werden. Es dient der Aufklärung. Man soll es machen, ich bin aus vollem Herzen dafür. Aber es kommt doch sehr darauf an, aus welchen Beweggründen der Aussteller dies tut. Und wenn er mich an seinen Beweggründen zweifeln lässt, weil er Leichen in entfremdende Posen rückt, und sich selbst publikumsgeil in den Vordergrund stellt, fühl ich mich nicht wohl dabei.
Hier ein Bild, zu dieser Diskussion ich hab es als Link getarnt, damit jeder selbst entscheiden kann, ob er es sehen will oder nicht:http://www.koerperwelten.com/Downloads/Wallpaper_Basketb_800x600.jpg
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 11:35:09
Ach ja, für diejenigen, die es aus vielerlei Gründen nicht sehen können :): Auf dem Photo ist ein Mann ohne Haut mit offenem Schädeldach beim Basketballspielen dargestellt. Er geht "dynamisch in die Hocke", als wolle er den Ball abspielen und hat dabei seinen Mund geöffnet.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 11:47:24
Danke, Basti, für die nachgeschobene Erklärung. Wie sieht jemand mit offener Schädeldecke aus? Sieht man da die Innereien vom Gehirn? Und: Ohne Haut, das sieht dann also ziemlich fleischig aus und fühlt sich wahrscheinlich an wie rohes Fleisch. Oder?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 12:04:36
Normalerweise schon, aber in diesem Fall denk ich eher wie Gummi, er ist ja "plastiniert". Und der Schädel ist- nun ja- er ist leicht nach hinten aufgeklappt, wie eine... ... schwierig... ...eine verzehrfertige Esskastanie. Eine "heissi Maroni", wie wir Eidgenossen dazu sagen...
So würd ich das beschreiben :-/. Und man sieht ein seltsam dunkles Gehirn durch die Öffnung...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 07. Mai 2004, 12:34:19
 ;DLustige Beschreibung. Vielleicht setzt die ja noch jemand fort...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 15:27:17
Also, die Ausstellung war schon vor Jahren in Wien - möglicherweise hat sich da inzwischen auch einiges geändert. Aber die Figuren, die nicht nur herumstanden waren nur ein paar, um es farbiger zu gestalten. total in der Minderheit. Die meisten waren ganz normal aufgestellt - aber die interessieren natürlich die Medien nicht so.
Dazu kommt: Es ist schon was anderes, ob jemand in der Hocke ist oder steht - die Muskelhaltung macht auch etwas aus.
Und noch etwas: Gerade dass einige wenige Figuren in Alltagspositionen waren hat viel beigetragen dazu, dass ich es so spannend fand. Denn man sah Menschen, in Alltagspositionen - aber eben immer einen anderen Teil des Innenlebens bei dieser oder jener Tätigkeit. Das heisst, man fühlte sich dem Lebenden wesentlich mehr verbunden als dem Toten - es war eben nciht so, dass man LEICHEN sieht, das war ja das spannende. Man hatte nicht das Gefühl, man sieht einen Haufen Tote, die mal gelebt haben. Man hatte das Gefühl, aha, so sehe ICH aus, wenn ich das und jenes tue, oder so sieht mein Freund, Vater, Mutter aus. Man bezog (oder vielleicht besser: ICH bezog) das was ich sah mehr auf sich (mich) und auf das Leben als auf den Tod. Obwohl man natürlich WEISS, das sind Tote, die mal so ganz richtige Menschen waren - das hat aber für mich eher dazu beigetragen, dass es tiefer ging, als wenn das nur Plasikfiguren gewesen wären. Hatte einfach grösseren Impact.

Andrea, ich denke, das wäre vielleicht eine Anregung, dass man versucht, mit den Veranstaltern Führungen für Blinde auszumachen, wo sie unter Anleitung alles ansehen/anfassen können. Ich könnte mir vorstellen, wenn das nicht hunderte sind, die die Figuren anfassen, und es unter Aufsicht ist, kann auch nichts "abgegriffen" oder kaputt werden - und für die Veranstalter ist es auch gut: Da gehen dann die Zuseher-fördernden Diskussionen ob man das denn "dürfe" weiter.

Witzig, ich habe auch hier den Eindruck, dass in katholischen Ländern weniger Diskussion um diese Ausstellung ist als in evangelischen. Bzw: weniger heftige. Ein paar Pfarrer regen sich auf, und das war'
s dann. In Deutschland geht diese Diskussion schon seit Ewigkeiten durch alle möglichen Zeitungen, in Österreich wurde eigentlich nur lobend darauf hingewiesen. Vielleicht wegen der Seele/Körper Dualität, ist bei den Evangelen der Körper wichtiger als bei den Katholen, wo es ja soviel ich weiss nur um die Seele geht? Vielleicht liegt es aber auch daran, dass wir Ösis mit Morbidem viel mehr Erfahrung haben? Wir haben ja auch den Narrenturm, wo man sich in Formaldehyd eingelegte Missgeburten ganz offiziell betrachten kann....

wer das übrigens sehen möchte, auf der HP von meinem Exmann  http://www.julian-kenning.com/prints.htm (der Maler ist) gibt's Fotos.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 15:30:56
@Andrea: Ich bin mal aus der Kunsthalle/ D- dorf geflogen, weil ich einige dieser weißen Skulpturen von Hans Arp angedatscht hatte. Arp hätte nix dagegen gehabt, nur die Wächterin...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Mai 2004, 15:43:04
Die Holländer sind was das öffentliche Zeigen von Toten angeht auch wesentlich offener. Als ich ein Kind war, gastierte mal ein Panoptikum in Middelburg. Da gabs Fehlgeburten in Formaldehyd, eine Mumie und krankhafte Körperteile. Allesamt mit Erklärungen und Historie. Es war allerdings nicht Jahrmarktmäßig aufgemacht, sondern schlicht und ruhig. Auch hieß es da nicht "Het groote Panoptikum van Piet" oder Henk, oder Klaas. Um die Aussteller gings nicht. Bei Herrn "von Hagens" scheint mir ein guter Batzen Mediengeilheit und wenn ich so sagen darf: Manie im Spiel zu sein.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 07. Mai 2004, 20:28:29
Ja, aber wie gesagt: Als die Ausstellung in Wien war, war das alles noch nicht so. Klar gab es grosse ankündigungen - aber vor allem einfach weil grosse Ausstellung, die Ankündigungen waren vor allem im Kulturteil der Zeitungen. Erst der Stern hat da plötzlich so einen Hype drum gemacht, dass auch Leute angefangen haben, zu diskutieren, die det Janze garnicht gesehen haben - davor war das garnicht so schlimm. Jetzt ist es eine Gelddruckmaschine geworden - und wer wollte ihm verübeln, da er plötzlich auf sowas stösst, da nicht weiter zu machen, und immer weiter zu bohren - das ist doch in unserer Gesellschaft ganz normal, oder?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 01:58:55
Ich finde den von Hagen einen Skandal! Ich verstehe überhaupt nicht, warum man den Typen nicht endlich irgendwie dingbar machen kann. Der gehört außerdem in mindestens psychologische Behandlung, weil der eine narzißtische Störung vom allerfeinsten hat.

Jeder kann bestimmen, was mit dem eigenen Körper passieren soll, nachdem man das Zeitliche gesegnet hat, meinetwegen auch Aufstellen in einer Ausstellung. Das ist jederfraus gutes Recht. Plastiniert oder nicht. Jedermann kann meinetwegen auch verfügen, dass sich von Hagen daran eine goldene Nase verdienen darf.

Der gravierende Unterschied (@Bastian: ich finde, es ist kein KLEINER Unterschied, sondern ein großer) ist für mich folgender:

Der Typ behauptet, er mache Wissenschaft für die Allgemeinheit, damit man mal lernt, wie denn so der Körper von innen aussieht, außerdem sei es Kunst. In Wirklichkeit ist das aber so (zugegebnermaßen kam das erst nach und nach ans Tageslicht):

Es geht nur um Kohle und nur um den Narzißmus des Herrn von Hagen. Mittlerweile ist zweifelsfrei nachgewiesen, dass seine "Ausstellungsstücke" zusammengesetzt sind aus verschiedenen Körperteilen. Da die zum Teil nicht so verfügbar sind, ordert Herr von Hagen in großem Stil "Ersatzteile" überwiegend in China (das war nur zu Beginn der 'Stern', Sandra, später hat der 'Spiegel' ziemlich gut recherchiert). Der Spiegel hat Teile seines Mailverkehrs mit seinen Mitarbeitern in China in die Hände bekommen und veröffentlicht - unsäglich!

Auch da könnte man ja noch sagen: Ist doch egal, wie der plastinierte Körper da so herum steht. Ob als ganzes oder vereint mit Körperteilen anderer. Die haben ja alle ihre Einwilligung gegeben.

Ist aber nicht so: Von Hagen kauft jede Leiche auf, die er irgendwo in der Welt kriegen kann. So zum Beispiel auch illegal die Leichen Hingerichteter aus China. Die haben keine Einwilligung zu irgendwas gegeben.

Da hört es dann auf. Kunst? Wissenschaft? Kommerz? Narzißmus pur? Wohl eher die letzten beiden Aspekte. Und das bediene ich nicht!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 02:19:56
Wieso ist sein Verhalten eigentlich nicht strafbar? Dürfte ich einen Toten in meiner Wohnung ausstellen? Ich meine: Ist er denn gerade kein Mediziner mehr, der sich an Richtlinien halten muss? Und wenn er doch ein honorabler Pathologe ist, warum darf er das tun?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 02:30:33
Ich verstehe das auch nicht! Keine Ahnung! Es hat vor einigen Monaten einen Zusammenschluß von Medizinern gegeben, überwiegend Pathologen, die in großen Anzeigen in der FAZ usw. sich von der sog. 'Wissenschaftlichkeit' von Hagens distanziert haben. Danach habe ich nichts weiter davon gehört.
Ich verstehe das echt nicht. Du darfst natürlich KEINE Leiche in Deinem Wohnzimmer ausstellen. Soweit ich weiß, verstößt das gegen irgendeine Vorschrift, wie und wo Tote zu bestatten sind.

Von Hagen hat das umgegangen, weil er 'Kunst' macht mit 'Wissenschaft' - und dann ist ziemlich viel erlaubt. Du darfst ja auch im Pathologie-Seminar an der Uni Leichen öffnen, weil die Leute ja schließlich irgendwie lernen müssen, wie der menschliche Körper funktioniert. Von Hagen war zur Zeit der Erfindung seiner Plastilin-Methode ein relativ anerkannter Pathologe an seiner Klinik (Heidelberg? Weiß nicht mehr so genau wo). Die von ihm erfundene Methode war bahnbrechend, und die Medizinerwelt stürzte sich darauf.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Guntram am 08. Mai 2004, 02:37:56
Von Hagen ist eine Person die polarisiert und spaltet.

Seine Geschäftspraktiken sind sicher fragwürdig und das Geschäft das er um die Ausstellung und sein Plastinationsmethode aufgebaut hat ist aus wissenschaftlicher Sicht sicher bedauerlich.

Für die Methode der Plastination zur dauerhaften Konservierung von (um es neutral zu sagen) Körpergewebe sollte er mit Preisen berhäuft werden.

Mit der Plastination lassen sich auch uralte Präparate die in Alkohol oder Formalin in Pathologieschen Instituten existieren für immer konservieren. Es wäre ein Gewinn für Forschung und Lehre, da es teilweise Präparate von Krankheiten sind die heute nicht mehr vorkommen. Leider kann nur er plastinieren. Andere können, wollen und vermutlich dürfen (vermutlich ist die Methode auch patentiert) es nicht, leider.

Die Ganzkörperplastinate verfolgen alle in ihrer Darstellung einen anatomischen Zweck (wo die Grenzen ist Geschmackssache) um bestimmte Funktionszusammenhänge o. Ä. herauszustellen. Die Ausstellung zeigt aber wesentlich mehr einzelne Organe - gesund und mit krankhaften oder altersbedingten Veränderungen. Was auch für medizische Laien interessant ist.

Der Run auf die Ausstellung hat im übrigen erst eingesetzt, nachdem sich die katholische Geistlichkeit über die Mannheimer Ausstellung aufgeregt hat und das durch die Presse ging.

Seitdem geht es nach dem Schema, je mehr Auflagen, Verbotsversuche durch Lokalpolitiker, Proteste von Seiten der Kirche, desto mehr Besucher wollen die Skandalausstellung sehen. Und damit wurde die Ausstellung seit Mannheim auch kommerziell richtig interessant. Hätte keiner versucht die Ausstellung verbieten zu lassen, wäre es heute sicher eine äußerest interessante anatomische Wanderausstellung mit mäßigen Besucherzustrom von medizinisch Interessieren und kein Megaerfolg der Millionen bringt.

Übrigens warum hat man in Rom Johannes den XXIII ausgegraben, angezogen und ausgestellt. Doch nur weil man ein Zugnummer brauchte um mehr Gläubige in die Kirche zu locken, da die Besucherzahlen rückläufig waren. Im Kölner Dom sollen auch genügend Skelette stehen. Wo ist der Unterschied?

Wer ohne Sünde ist werfe den ersten Stein ...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 02:42:17
Nein nicht den Stein. Ich werf jetzt endlich die Leiche aus der Wohnung...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 02:53:30
Die "angenagelte"?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 02:57:19
Aua!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 08. Mai 2004, 03:20:41
Ihr seid ja schon ein wenig schwierig, nicht wahr  ;)

Na ja lassen wir das.

@Guntram

Die bahnbrechende Methode des Herrn von Hagen hatte ich ja schon erwähnt. Respekt vor jeder Erfindung, zumal wenn diese eine derartige Revolution z.B. in der Ausbildung von Medizinern darstellt. Da sind wir uns ganz einig.

Aber sorry Guntram, das rechtfertigt nicht, dass man die Leichen von aus politischen Gründen Hingerichteter aus China aufkauft (Besorge Dir mal aus dem Spiegelarchiv den Mailverkehr zwischen von Hagen und seinen Mitarbeitern in China - unsäglich, zynisch und menschenverachtend!), nur weil man geil auf Presse ,auf "ich-bin-der-neue-Beuys", und auf Kohle ist.

Dann den Leuten zu erzählen, das sei Kunst und Wissenschaft, ist mehr als Volksverdummung, das ist schon der Versuch der Volksverblödung. Das hat nullkommanull mit Katholen zu tun. Das hat überhaut nichts mit Kirche zu tun. Das ist einfach eine Frage der Ethik - egal welcher Verein da was zu kommentiert.




Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 08. Mai 2004, 09:51:21
Der klassische Fall: Ein Typ hat eine gute Idee, und macht auch alles ganz ordentlich, bis er durch Medien, Öffentlichkeit und Kohle darauf hingewiesen wird, dass das auch in grossem stil geht - und dann überschreitet er Grenzen.

Basti, Du darfst Deine Leiche in meinem Sarg ablegen. Wirst sie wohl zerschneiden müssen. Es ist ein Kindersarg. Hab ich zum Geburtstag bekommen. War ein alter wunsch von mir.

Was habt ihr alle für eine Panik vor dem Tod???????????????????????????????? ::)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 12:37:28
Ich hab Panik vor Herrn Hagens!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 08. Mai 2004, 14:36:13
hihi. Puttputt, kommkomm, liebes vögelchen...du darfst Dir auch meine Briefmarkensammlung anschauen...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 18:09:38
Panik vor Herrn Hagens? Warum? Der bringt für seine Ausstellung ja niemanden um. Den Sinn dieses Statements verstehe ich gerade nicht. Ich hab schon oft darüber nachgedacht, meinen Körper nach dem Tod der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Ich habe mich nur aufgrund der üblichen Papierkramscheuheit noch nicht darum gekümmert. Und wenn man Wissenschaft mit Kunst verbinden kann - wie der Typ das wohl getan hat -, warum nicht? Ich gehe davon aus, dass ich, wenn ich tot bin, keine körperlichen Empfindungen mehr haben werde. Wie's mit den seelischen Empfindungen aussieht weiß ich nicht. Vielleicht komm ich - durch meine Seele - nochmal, weil ich immer noch nicht alles gelernt habe, was für mich bestimmt ist... Aber der Körper, mit dem sollen die Forscher gern tun, was sie wollen.
Die Leichen in China - okay, die haben ihre Einwilligung vor dem Tod nicht gegeben. Und vielleicht ist da wirklich was passiert, was nicht wirklich in Ordnung war. Aber dazu, umd das zu beurteilen, fehlt mir das Hintergrundwissen.
Sandra, was machst du mit dem Kindersarg? Welche Symbolik hat er für dich? Warum wolltest du ihn haben?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 08. Mai 2004, 18:21:18
Ich fand einfach, das ist eine schöne Truhe. Am Anfang waren meine Steuerpapiere drin, jetzt die Hausbar.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 18:29:47
 ;DWie war unser kreierter - oder besser, der von Basti kreierte - Spruch? Da kllingelt's in Holland, oder so ähnlich. -
Lach mich grad echt kaputt. Muss mir das Ding mal anschau'n. Auf jeden Fall hat der Sarg in seiner Laufbahn an Qualität gewonnen, denn wenn man von der Buchhaltung in die Kantine wechselt, steigt man auf jeden Fall um eine Tarivgruppe :-).
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 22:52:52
@sandra: Wer sagt, dass ich ein Vögelchen bin... har har!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 23:03:50
Wieso Huuuch?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 23:07:49
Ich hab hier übers Wochenende den Leibhaftigen neben mir sitzen. Ist geflüchtet von Hern Hagens, weil er Panik vor ihm hat. Und ab und zu greift er mir in die Tastatur.  ::) Ich schick ihn besser ins Bett...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 08. Mai 2004, 23:13:01
Kater? Vogel? Hund? Kann mir mal einer von der Leitung runter helfen?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 08. Mai 2004, 23:16:06
ER! Der Gevatter, Freund Hein, Väterchen Tod himself, der Gärtner...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 09. Mai 2004, 01:09:01
 :-/Dann erklär uns doch bitte mal, wie das so ist...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 09. Mai 2004, 03:24:12
ZitatIch hab hier übers Wochenende den Leibhaftigen neben mir sitzen. Ist geflüchtet von Hern Hagens, weil er Panik vor ihm hat. Und ab und zu greift er mir in die Tastatur.

Kann ich nachvollziehen! Von Herrn von Hagen habe ich auch Panik - wahrscheinlich wäre, dass der mich bei bester Gesundheit und lebendigen Leibes abmurksen würde, damit er dann meine Leiche in Plastilin verwurstet für seinen Kommerzwahn benutzen kann.

@Basti:

Gevatter Tod sitzt auch oft neben mir - ich frag ihn dann, ob's jetzt schon sein muß und kann verhandeln!

Ist übrigens sehr ernst gemeint!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 09. Mai 2004, 10:09:41
up, up, and oy vey!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 09. Mai 2004, 14:12:19
Ja, er ist eigentlich recht kooperativ...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 09. Mai 2004, 16:31:19
...der Tod ist jeden Tag bei mir zum Essen, er unterhält sich nämlich gern mit (m)einer  Frau, wäscht das Geschirr und macht mir dampfende Kompressen....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 09. Mai 2004, 23:02:56
... ist von wem?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Maexl am 09. Mai 2004, 23:13:38
wüsst ich auch gern, von wem...

gefällt mit von den Musik-Demos am besten....

wer weiß außerdem, von wem "Der Letzte meiner Art" ist?

Maexl
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 09. Mai 2004, 23:14:27
Von Georg Kreisler - wenn ich mich nicht irre :-). - Ich kenn's ja wieder nur von Sandra, und die singt auch Lieder von anderen Leuten. Der Lacher auf einer Kreisler-Homepage ist jetzt also auf unser BEIDER Seite.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 09. Mai 2004, 23:52:46
Zu Hause ist der Tod

Georg Kreisler


Komm mit mir, schöne Dame, in die Anden nach Peru
Ich bin frei und um die Ecke steht mein Boot
Komm, ich zeige dir die Zulus und die schönsten Honululus
Aber nicht nach Hause, denn zu Hause ist der Tod

Komm mit mir, schöne Dame, in den Dattelpalmenhain
Auch in der Südsee gibt's ein Überangebot
Komm wir fliegen nach Kentucky, nach Paris, nach Nagasaki
Nur nicht nach Hause, denn zu Hause ist der Tod

Der Tod ist jeden Tag bei mir zum Essen
Er unterhält sich nämlich gern mit meiner Frau
Wäscht das Geschirr und macht mir dampfende Kompressen
Er hat die Küche frisch gestrichen grau in grau

Und wenn ich komm, spendiert er eine Runde
Und gegen neun schläft er vorm Fernseher ein
Er liebt Prinzessinnen, Schlagersänger, Hunde
Ich möchte nicht zuhause sein

Komm mit mir, schöne Dame, komm wir fliegen nach Hawaii
Gleich im Nebenzimmer wartet mein Pilot
Oder fändest du es schicker in New York, in Costa Rica?
Aber nicht nach Hause, denn zu Hause ist der Tod

Die Ruhe dort ist wie im Grabe
Mein Wohnzimmer, das ist ein Labyrinth
Am Küchenofen sitzt bei uns ein Rabe
Und in der Ecke schreit ein unbekanntes Kind

Die Bilder fangen abends an zu brüllen
Die Wasserleitung singt das alte Lied
Der Tod sitzt da und kaut Pastillen
Man freut sich fast, wenn man ihn sieht

Ich hab so Angst, ich schüttle seine Hände,
Und sag: "Wie geht's dir, Kumpel, bist du auch gesund?"
Er blickt mich an, und glaube mir, sein Blick spricht Bände
Und meine Frau kommt herein, und küßt mich auf den Mund

Komm mit mir, schöne Dame, wünsch dir alles, was du willst
Ich bin zugänglich für jedes Angebot
Komm wir fliegen in den Süden, zu den fernsten Latitüden
Laß dich küssen unter Palmen und auf Salzburgischen Almen

Ich bin überall zu Haus, nur nicht zu Hause,
Denn zu Hause ist der Tod
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 10. Mai 2004, 01:53:46
Wow! Kannte ich noch nicht!

Muß dringend mal ALLES an CD's bestellen, was man so kreislermäßig kriegen kann.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Guntram am 24. Mai 2004, 08:01:32
@Dagmar

Ich gebe dir Recht wenn es um die Herkunft der Toten geht. Das muß legal sein.

deswegen habe ich vorneweg auch geschrieben: "Seine Geschäftspraktiken sind sicher fragwürdig und das Geschäft das er um die Ausstellung und sein Plastinationsmethode aufgebaut hat ist aus wissenschaftlicher Sicht sicher bedauerlich."

Es fallen mir zwei Sprüche ein die auf ihn zutreffen könnten, jeder kann sich den aussuchen den er für passender hält.

"Genie und Wahnsinn liegen eng zusammen"

oder (etwas abgewandelt von dem mit der Macht)

"Viele Geld macht korrupt, sehr viel Geld macht sehr korrupt"
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Sandra am 24. Mai 2004, 11:32:36
Genau. Und mein "Wahlspruch" im Forum, der jetzt verschollen ist: "Anfangs macht man Konzessionen, um zu essen und zu wohnen, später macht man Konzessionen...etc"
Erfolg und Macht korrumpieren. Da muss man höllisch aufpassen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 03. Februar 2006, 13:18:03
Da es um Satire geht, passt die Debatte um den "Karikaturenkrieg", die im Witzethread begann (http://www.georgkreisler.net/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?num=1070626948/500#511), am besten hier rein.

Es war klar, dass das nun kommen mußte:  :-/
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=9784967&forum_id=91759
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 03. Februar 2006, 13:52:34
Hier heises Beitrag dazu: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21920/1.html

Auszug:
"HaGalil ist seit langem bereits Angriffsziel für Neonazis und Rechtskonservative, Hassmails sind nichts Neues. Diesmal allerdings könnte der Angriff auch aus einer ganz anderen Ecke kommen, wie David Gall im telefonischen Gespräch bemerkte. Denn haGalil hatte gestern die umstrittenen Mohammed-Karikaturen (Islam - Pressefreiheit 1:0) veröffentlicht. Insofern ist es für David Gall ein "komischer Zufall", dass gerade jetzt die kompletten Daten des Servers gelöscht wurden.

Inwiefern Daten nur gelöscht oder vorher kopiert wurden, ist bislang unklar. Gleiches gilt für das Vorhandensein von Backups. Da haGalil stets mit wenig personellen und finanziellen Resourcen auskommen muss und insbesondere, so David Gall, der Kampf um die weitere Förderung des Webmagazins viel Zeit verschlingt, werden ab und an technische Aspekte schon einmal gezwungenermaßen klein geschrieben. Welchen Schaden die Angreifer also nun genau verursacht haben und aus welcher Ecke sie kamen bleibt abzuwarten.

Update: Angeblich hätten die Angreifer eine IP-Adresse gehabt, die Gall in Verbindung mit Katar bringt. Dem Fernsehsender n-tv sagte er, dass Hagalil aus politischen Gründen zerstört wurde. Es ist doch verrückt, dass in Jemen 150.000 Menschen auf die Straße gehen, nur weil eine Zeitung in Aarhus ein paar Karikaturen veröffentlicht. Die dürften kaum wissen, wo Aarhus liegt. Ich weiß es selber nicht." Zur Verfolgung des Hacks wurde das Landeskriminalamt eingeschaltet. "

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 03. Februar 2006, 14:35:37
Zu den Karikaturen und den Folgen erinnerte ich mich an eine ähnliche Diskussion, die wir hier hatten. Auch in diesem Fall ging es um Religionskritik, die auf einer Theaterbühne geäußert worden war. Und sie zeitigte ähnliche Folgen, wenn auch in wesentlich kleinerem Rahmen:

http://www.georgkreisler.net/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?num=1083530044/1#1
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 03. Februar 2006, 14:57:43
Danke, Basti!
Leider ist die Erklärung von David Gall etwas wirr.  :(
Die Karikaturen der dänischen Zeitung waren nur für einige Stunden in haGalil im Eingangsportal zu Dokumentationszwecken publiziert und abends gab es statt dessen einen längeren Bericht über die Reaktionen - ohne Karikaturen. Ich hoffe nur, dass es ein aktuelles Backup gibt und haGalil bald wiede online ist.

@ whoknows: Ich bin übrigens sehr dafür, daß Stahlhelme nicht mehr getragen werden. Da sie wesentlich schwerer als seidige Kopftücher sind, schaden Sie imho dem Denkvermögen mehr als die Tücher. 8-)

Basti - Dein Beitrag #15 im "Lieder- und Theaterthread" ist mal wieder köstlich zu lesen!  :-*

Und falls sich Peter Silie mal wieder hierher verirrt: Im christlichen Dogma bzw. der Theologie ist die "Auferstehung" (zumindest nach Peter de Rosa "Der Jesus-Mythos") umstritten. Eben deshalb krallt man sich an der Leiche am Kreuz fest, macht einen Totenkult damit, der insbesondere zum Zweck repressiver Erziehung benutzt wird...
Wir sprachen ja auch irgendwann irgendwo schon mal über den Kruzifix-Streit in Bayern...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: michael am 03. Februar 2006, 23:26:33
Die Heise-Foren sind wirklich erschütternd. Besser gesagt, die Besucher / Autoren vieler Beiträge. Wenn das ein repräsentativer Querschnitt durch die Bevölkerung wäre: Ein Albtraum. Der Anteil an rechtsradikalen / verharmlosenden Beiträgen ist extrem hoch, es ist iin den Heise-Foren "normal".



Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 04. Februar 2006, 19:26:46
Michael, es wirkt auf mich so, als hätten sich die Nazis spezifisch für Themen zu USA, Nahost, Israel, Juden registriert und immer wenn es um das Thema geht, stürzen sie  in die Debatte und veranstalten eine Schlammschlacht.  >:(

Mir fällt mal wieder auf, dass die SZ mit am besten recherchiert. So auch zum Thema "Karikaturenkrieg":
Ein Sturm der Empörung, gezielt entfesselt (http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/562/69493/)

Bezüglich der neueren Entwicklung schreibt die FAZ am ausführlichsten. (http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E32772E084B424B83BE28557C89A5F981~ATpl~Ecommon~Scontent.html)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 04. Februar 2006, 21:58:40
Wie auffallend, just zB USA und andere, die gerne heimlich die Pressefreiheit selber ein bissel einschränken würden, am deutlichsten gegen die karikaturen reden. Obwohl - eigentlich logisch, schüren sie doch damit ein Klima, in dem sie mit ihren Einschränkungen weiter kommen werden...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 05. Februar 2006, 22:02:49
Aber hier ist doch der Thread. :)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: michael am 05. Februar 2006, 23:14:46
@Angel: Zumindest in den Heise-Foren ist es leider nicht so: Sie sind IMMER da- bei jedem Thema.
Und das ist noch erschreckender, als wenn sie nur zu bestimmten Themen da wären.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 06. Februar 2006, 01:04:24
ZitatSie sind IMMER da- bei jedem Thema
:P
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 06. Februar 2006, 16:21:08
Der "Karikaturenstreit" hat wirklich eine sonderbare Dynamik. Mittlerweile gibt es die ersten Toten. Die Demonstranten sind offensichtlich tief verletzt, und das, obwohl die Bilder von den Sendern islamischer Länder gar nicht gezeigt werden- weil es eben nicht erlaubt ist, Bilder vom Propheten zu zeigen...

So haben sie die Bilder nicht gesehen, würden aber bis aufs Blut gegen sie kämpfen, weil die Propaganda funktioniert. Auf der anderen Seite wird wieder einmal klar, dass Kabarett/ Karikatur innerhalb totalitärer Strukturen unweigerlich den Tod des Kabarettisten/ Karikaturisten bedeuten. Also kann Satire nur in einer "freien" Gesellschaft existieren... eine bedrückende Abhängigkeit.

Das alles durcheinandert mich ein wenig.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 06. Februar 2006, 17:04:43
Dazu fällt mir eine Anekdote ein, die van Veen gerne erzählt. Sein Opa erzählte ihm, als er ein kleines Kind war, von Johan Buziau, dem bekanntesten niederländischen Komödianten der "Zwischenkriegszeit":

Buziau soll kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges mit einem Portrait von Adolf Hitler auf der Bühne des Carré- Theaters hin- und hergerannt sein. Dabei fragte er das Publikum: "Wo sollen wir ihn aufhängen?"

Buziau kam nach dem Einmarsch der Deutschen im Jahre 1942 ins Internierungslager in Haaren. Er überlebte zwar, trat aber danach nie wieder auf.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 06. Februar 2006, 23:33:05
ZitatAuf der anderen Seite wird wieder einmal klar, dass Kabarett/ Karikatur innerhalb totalitärer Strukturen unweigerlich den Tod des Kabarettisten/ Karikaturisten bedeuten. Also kann Satire nur in einer "freien" Gesellschaft existieren... eine bedrückende Abhängigkeit.

Das alles durcheinandert mich ein wenig.
"Totalitäre Strukturen" ist wieder so ein Gummibegriff, der für alles mögliche herhalten muss: vom Nationalsozialismus über religiösen Fundamentalismus bis hin zum "real existierenden Sozialismus".
Immerhin für den letzteren dürfte gelten, was Wolf Biermann (!) seinen zaghafteren DDR-Schriftsteller-Kollegen einst ins Stammbuch schrieb: "Leben steht nicht auf dem Spiele, euer Wohlleben ja nur!"

Von Heiner Müller gibt es die schöne Geschichte, dass er nach dem Verbot seiner "Umsiedlerin" und dem darauf folgenden Ausschluss aus Partei und Schriftstellerverband - um sein künstlerisches Überleben bangend - Hilfe beim großen Hanns Eisler suchte, der ihm kühl erklärte: "Müller, seien Sie froh, in einem Land zu leben, wo man Kunst noch so ernst nimmt!"

Solche Worte an den Autor der "Satanischen Verse" gerichtet wären natürlich ein übler Zynismus, und manch unbeugsamer Spötter landete im KZ/Gulag/Stasi-Knast; trotzdem glaube ich nach wie vor, die größte Gefahr für die Satire selbst ist immer noch der totale Meinungspluralismus sog. "freier" Gesellschaften, wo unterhaltsame Kunst nicht mehr ist als eben: Unterhaltungskunst.

Was wiederum keineswegs heißen soll, dass ich massenhafte blutige Ausschreitungen einiger Karikaturen wegen für ein gutes Zeichen hielte - irgendwie durcheinandert es halt auch mich...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 07. Februar 2006, 09:51:44
Ihr Beiden findet kluge Worte.
Aufregung ist auf jeden Fall immer AUCH was Gutes - denn es kann mehr zur Veränderung führen, als Gleichgültigkeit.

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Februar 2006, 12:49:20
Hast vollkommen Recht, Has Been. Gute und differenziertere Beispiele auch. Es gibt verschiedene Grade von Aufregung, und Gesellschaften mit unterschiedlichen Toleranzschwellen. Da kann das, was hier keinen mehr hinterm Ofen hervorlockt, anderswo riesige Wellen schlagen.

Beim Karikaturenstreit verhält es sich ehrlicherweise noch etwas anders. Da wird eine Karikatur, die speziell und ausschließlich Muslime aufregt, im sicheren, christlichen Dänemark gezeichnet und veröffentlicht. Brennen tut es in Jakarta.

Wegen dieser Dynamik glaube ich nicht an den aufrüttelnden Effekt dieser Bilder. Die Karikaturen können nicht, wie üblich, an die Selbstironie appellieren. Sie haben, weil sie von weit her kommen den Charakter einer Attacke, und als diese werden sie offensichtlich auch empfunden. Wäre ich Karikaturist, ich hätte sie wahrscheinlich nicht veröffentlicht.

Aber darüber steht bei mir die Überzeugung, dass man sie veröffentlichen dürfen muss.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Guntram am 07. Februar 2006, 13:16:12
ZitatBeim Karikaturenstreit verhält es sich ehrlicherweise noch etwas anders. Da wird eine Karikatur, die speziell und ausschließlich Muslime aufregt, im sicheren, christlichen Dänemark gezeichnet und veröffentlicht. Brennen tut es in Jakarta.  

... und dann kommt noch dazu das die Karikaturen an denen sich alles entzündet hat gar nicht veröffentlicht waren ... :-/

http://www.n-tv.de/631124.html
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 07. Februar 2006, 16:15:03
Und zuerst wollte so gar nix zünden. "Die Bombe brauchte viele Zünder...KOPENHAGEN taz  Sie wollte zunächst einfach nicht explodieren. Die Bombe im Turban des Propheten. Groß auf der Titelseite der Jyllands-Posten vom 30. September 2005 wurde die Seite mit den bunten Karikaturen "Bilder Mohammeds" angekündigt. Und dann blieben die Reaktionen aus. So rief die Redaktion bei radikal bekannten Imamen an, präsentierte die Aktion und bat um Stellungnahmen." mehr.... (http://www.taz.de/pt/2006/02/06/a0150.1/text)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 07. Februar 2006, 16:41:09
Schon interessant, wer alles ein Interesse an dieser Eskalation hat. Divide et impera auf allen Seiten...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 08. Februar 2006, 17:54:24
Zuerst einmal wirkt es so, als hätten die jeweiligen Eskalations-Fronten Stimmung für sich machen d.h. Leute hinter sich bringen wollen. Der Karikaturen-Vorstoß der dänischen Zeitung wirkt auf mich so, als hätten sie einen Tabubruch und Skandal inszenieren wollen, um sich populistisch ins Gespräch und aus dem Auflagen-Tief herausbringen wollen.
Mittelerweile ist dieses Blatt tatsächlich weltweit bekannt, berühmt und berüchtigt. Wir sollten - auf Basis des Motives und der Herangehensweise der Chefredaktion - aber jeglichen Anspruch, der nun da hineininterpretiert wird, für die Meinungsfreiheit zu kämpfen negieren.

Die Islamisten - auf der anderen Seite - zündelten eifrig mit. Auch ihr Motiv dürfte klar sein: eine Front gegen den "dekadenten Westen" aufzubauen und Gläubige für ihren Kampf zu rekrutieren.

Immer, wenn Religionen politisiert oder politisch instrumentalisiert werden, wird's gefährlich. Dies auch, weil von reellen sozialen und politökonomischen Problemen damit abgelenkt wird.

Auf der einen Seite versinkt die Welt im Wackelpudding des Meinungspluralismus - auf der anderen Seite kämpfen fanatisierte Haßprediger um die Hegemonie über alle Meinungen. Mich bestärkt das darin, sowohl die Meinungen wie auch die Religionen zu negieren.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bassmeister am 08. Februar 2006, 21:06:55
Andererseits hat die Verbindung von Politik und Religion hier in Leipzig vor noch nicht allzulanger Zeit Dinge geschehen lassen, die wunderbar waren und an die hier zunächst niemand so recht glauben wollte.
Darum werde ich die Religion nicht negieren, sondern weiterhin an Wunder glauben. Das wären natürlich keine Wunder, wenn sie alltäglich wären.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 09. Februar 2006, 00:03:06
ZitatMich bestärkt das darin, sowohl die Meinungen wie auch die Religionen zu negieren.
Dieser Meinung bin ich nicht. :P

Ich verstehe nicht so recht, wieso der von euch so genannte "Meinungspluralismus" ein Problem sein soll. Für den Kabarettisten mag es wegen der vermeintlichen Beliebigkeit so sein (obwohl ich das auch nicht so sehe), aber für eine Gesellschaft ist er auch ungemein stabilisierend. Vorausgesetzt ich verstehe euren Begriff von "Meinungspluralismus" richtig... Was wäre denn die Alternative? "Meinungstotalitarismus" oder "Meinungspartikularismus"?

Gäbe es keinen "Meinungspluralismus", wär ich der erste, der anderer Meinung wäre!

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 09. Februar 2006, 01:21:42
Bravo, Basti! Kann ich nur 100%ig unterschreiben.

Und sonst:
Welturaufführung eines Textes von Wortfront: "Beim Gotteswort da kann man ziemlich schnell den Kopf verlieren, weil Fundamentalisten meistens ungern diskutieren".  :P
Titel: Wunder und Meinung
Beitrag von: angel am 09. Februar 2006, 06:57:17
@ Bassmeister

Die sog. "Revolution" war in Wirklichkeit ein Zusammenbruch des Ostblockes auf Basis ihrer "Tonnenökonomie" und der Hochrüstung. Desweiteren haben hinter den Kulissen z.B. Schalck-Golodkowski und F.J. Strauß für eine Vereinigung gekämpft und Strauß die DDR in die Kreditfalle gelockt, in der sich auch Polen, Ungarn etc. befanden.
Alle Analysen die ich gelesen habe bzw. meine Forschungen auf dem Gebiet der "Wende" haben ergeben, daß es keineswegs ein "Wunder" war, was sich im Ostblock ereignete. Und in der "Heldenhauptstadt" lief "das Volk" auf den Montagsdemonstrationen plötzlich rechts um den Ring herum...

@ Bastian und whoknows
>>Meinung ist die wie immer auch eingeschraenkte Setzung eines subjektiven, in seinem Wahrheitsgehalt beschränkten Bewusstsein als gueltig. Sagt jemand, er meine, das neue Fakultaetsgebaeude sei sieben Stockwerke hoch, so kann das bedeuten, er habe das von Dritten gehoert, wisse es aber nicht  genau. Ganz anderen Sinnes ist, wenn jemand sagt, er jedenfalls meine, dass die Juden eine mindere Rasse von Schaedlingen seien. [oder auch: dass fast alle Asylbewerber/innen nur wegen der Sozialhilfe nach Deutschland kommen...(Einfuegung von mir)] wie in Sartres instruktivem Beispiel von Onkel Armand, der darum sich als etwas fuehlt, weil er die Englaender verabscheut. Hier schraenkt das 'ich meine' nicht das hypothetische Urteil ein, sondern unterstreicht es. Indem so einer seine untriftige, durch keine Erfahrung erhaertete, durch keine Ueberlegung buendige Meinung als die sein proklamierte, verleiht er ihr, mag er sie auch scheinbar einschraenken, gerade durch die Beziehung auf ihn selbst als Subjekt Autoritaet, die des Bekenntnisses.
(...)
Bei harmlosen Meinungen, wie der dessen, der nicht genau weiss, wie viele Stockwerke das neue Gebaeude hat, bleibt es selten. Zwar kann das Individuum an seiner Meinung Reflexion ueben und sich hueten, sie zu hypostasieren. Die Kategorie der Meinung selbst aber, als eine objektive Stufe des Geistes, ist gepanzert gegen solche Reflexion. Das laesst zunaechst auf Tatbestaende der individuellen Psychologie sich zurueckfuehren. Wer eine Meinung hat ueber eine Frage, die einigermassen offen ist, nicht vorentschieden; deren Beantwortung nicht ebenso leicht zu sich ueberpruefen laesst wie die Anzahl der Stockwerke eines Gebaeudes, neigt dazu, sich in dieser Meinung festzumachen oder, nach der Sprache der Psychoanalyse, sie affektiv zu besetzen.
Toericht waere, wer immer von dieser Neigung sich freispraeche. Sie beruht auf Narzissmus, also darauf, dass die Menschen bis heute dazu gehalten sind, ein Mass iher Liebesfaehigkeit nicht etwa geliebten Anderen zuzuwenden, sondern sich selber, auf eine verdrueckte, uneingestandene und darum giftige Weise zu lieben. Was einer fuer eine Meinung hat, wird als Besitz zu einem Bestandstueck seiner Person, und was die Meinung entkraeftet, wird vom Unbewussten und Vorbewussten registriert, als werde ihm selber geschadet. Rechthaberei, der Hang der Menschen, toerichte Meinungen selbst dann hartnaeckig zu verteidigen, wenn ihre Falschheit rational einsichtig geworden ist, bezeugt die Verbreitung des Sachverhalts
.<<
Adorno, T.W.; Meinung-Wahn-Gesellschaft; in: "Eingriffe - Neun kritische Modelle", Frankfurt 1963,  S. 148 ff)

Ohne Negation der Meinung (der subjektiven Wahrnehmung bzw. "Bauernregeln") gäbe es keine Wissenschaft. Mehr zu Meinung auf Basis von Hegel, an dem sich Adorno bekanntlich auch abgearbeitet hat:

Meinung:
http://hegel.net/werkstatt/artikel/grundkonzepte/meinung.htm

Pluralismus:
http://hegel.net/werkstatt/english/pluralism.htm

Begriff statt Meinung:
http://hegel.net/werkstatt/artikel/logik/begriff.htm


Im übrigen - sofern man Meinungsfreiheit und -pluralismus affirmieren will - ist Jyllands Posten nun bei Selbstzensur ertappt worden. ""Jyllands-Posten" lehnte Jesus-Satire ab:

"Mit zwölf Mohammed-Karikaturen wollte die dänische Zeitung "Jyllands-Posten" ein Signal gegen Selbstzensur setzen. Nun kommt heraus, dass sie Jesus-Karikaturen abgelehnt hat - aus Sorge um die Gefühle der Leser." mehr dazu im Spiegel OnLine (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,399818,00.html)

Vielleicht deutet dies aber auch nur darauf hin, daß in der Meinungsfreiheit und dem Meinungspluralismus immer auch den Relativismus impliziert und dieser wesentlich im Begriff der Meinung steckt?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 09. Februar 2006, 12:04:40
Also: schon wieder lauter Links und Zitate, die kein Mensch lesen kann oder will.
Wie wär's mit ner kurz und prägnant gefassten EIGENEN Meinung? ("Was sagst Du?")

Klar sind Meinungen gesteuert. Aber Du hilfst dem nicht ab, indem Du Orchideen durchforstest, sondern nur, indem Du lernst, klar und kurz Dinge zu sagen, die überzeugen können. Dadurch macht man Meinung, nicht durch Suadas.  ;)
Und dass alle Dinge passieren, weil irgendwer irgendwo in irgendeine Richtung schiebt, ist doch wohl klar....

ich finde es zwar interessant, wenn man die Herkunftsgeschichte von etwas erfährt - aber so prägnant wie möglich - und dann einen Succus hört, den der jeweilige Sprecher SELBST gezogen hat.
Und am Interessantesten ist es, über mögliche Entwicklungen zu reden, anstatt Vergangenes wiederzukäuen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Katinka Koschka am 09. Februar 2006, 12:06:04
Ich hab als Kind mal eine Geschichte gelesen - Nimmerklug in Knirpseland-, die fatal an das derzeitige erinnert, nämlich die fehlende Selbstkritik.
Nimmerklug mal Bilder von seinen Freunden. Er stellt sie aus. Die Freunde kommen, lachen über alle Bilder ausser das eigene. Sie wollen das jeweils "eigene" Bild abhängen lassen. Bald ist die Ausstellung leer und Nimmerklug gibt das Malen auf.
Lustig, nicht? :-/ :'(
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 09. Februar 2006, 12:09:20
Ja. Gute Geschichte.

Es wird allerdings auch viel zu wenig darauf hingewiesen, wie sehr wir hier auch Kritik ertragen wollen/können/müssen - wenn zB was Christliches karikiert wird - aber eben keine Gewalt.

die Amis sind froh, den Europäern den Sündenbock zuzuschieben.... und alle beknirschen sich aus lauter Angst vor Attentaten. (und weil sie Angst um Öllieferungen haben)
Ich hab echt die Schnauze voll von jenen, die unsere Toleranz ihnen gegenüber fordern, und selbst nicht bereit sind, tolerant zu sein.


In der Zeit steht heute sehr nett "Die europäische Reaktion erinnert ein wenig an das Schmähen des eigenen Dealers durch den Süchtigen"
oder Igel-Sex: Vorsichtig, sehr vorsichtig....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 09. Februar 2006, 12:49:35
whoknows,
ich mag halt Adorno und finde das, was er zur Meinung sagte klug. Die "Hegel-Werkstatt" - zu der ich links setzte - entstand durch lange Kontroversen zum Thema in der Mailingliste Hegel-Marx-Adorno.

Kurz und klar: Meinung ist Pinkelei in den Wind. Meinungspluralismus ist, wenn jeder seine eigene Duftnote behält, aber man die eigene für die Beste ansieht.

@ Katinka
Es existieren auch in der islamischen Welt viele Bilder von Mohammed:
http://www.welt.de/data/2006/02/07/842031.html

Über Google findet man Tausende:  :P
http://images.google.de/images?q=Bilder+von+Mohammed&svnum=10&hl=de&lr=lang_de&start=0&sa=N

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 09. Februar 2006, 15:32:44
ZitatVorausgesetzt ich verstehe euren Begriff von "Meinungspluralismus" richtig... Was wäre denn die Alternative?
Mir geht es nicht um eine Alternative, sondern darum, dass es bei der "Freiheit des Andersdenkenden" nicht aufhören darf.
Alle reden immer von "Toleranz", aber so lange keine aktive Auseinandersetzung mit dem wie auch immer "Anderen" stattfindet, bleibt bloße Toleranz einfach nur dumm, borniert und folgenlos.
Das ist auch eine Frage der Streitkultur, der Bereitschaft, nicht nur verbissen den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern sich auf eine andere Perspektive einzulassen und davon zu lernen.
Da ist der Mangel, den es zu beklagen gilt, im UMGANG mit der Freiheit.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 09. Februar 2006, 17:12:34
Ah, ich verstehe jetzt was ihr mit diesem Wort... ...meint. Es geht wohl in Richtung "Indifferenz".

Ich kann nicht den Hegel'schen Jargon übernehmen, weil ich in ihm nicht firm bin. Hab meinen eigenen Jargon. Ich verstehe, dass es beispielsweise Unterschiede zwischen "Meinung", "Auffassung", "Haltung" und "Überzeugung" gibt. Ich bezweifele allerdings, dass man zu "objektiveren Stufen des Geistes" (Adorno) gelangt, ohne zuerst eine bloße Meinung (untere Stufe) gehabt zu haben. Ähnlich, wie ich auch bezweifele, dass ein vorurteilsfreier Mensch (also einer, der diesem Vorurteil- nämlich vorurteilsfrei zu sein- unterliegt) je zu einem Urteil gelangt. Vorurteile sind Stufen und Mittel der Urteilskraft. Und so ist die vorläufige "Meinung" die unterste Stufe einer Auseinandersetzung. Jedenfalls, so man sich bewusst ist, dass sie vorläufig zu sein hat, und aus ihr etwas erwachsen muss, damit "objektivere Stufen des Geistes" erreicht werden.

Versteht mich noch wer? Ich hab den Faden verloren...

Ah! Schlagt die Meinung nicht, für das, was sie ist. Sondern für das, was sie nicht ist.

ZitatMeinung ist Pinkelei in den Wind.
OK. Da magst du Recht haben, Angel. Aber unverrückbare Überzeugung ist Pinkelei mit dem Wind.
Nur so als Ergänzung.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 10. Februar 2006, 01:19:10
Basti, Du siehst das schon sehr richtig. Aber es war mehr Hegel denn Adorno, der diese Bewußtseinsstufen zu einem System machte. Hegel spricht von Meinung als unmittelbare Gewißheit oder subjektive Wahrnehmung, Adorno von Annahme im Sinne von ehr glauben statt wissen.
Man kann sie nicht verallgemeinern, aber es kann durchaus Wahres darinstecken. Wenn z.B. ein Bauer drei mal hintereinander schönes Wetter bei der Kartoffelernte hatte, macht er ggf. eine Regel daraus und sagt: "Immer wenn der Bauer zur Kartoffelernte schreitet, ist Sonnenschein", obwohl es in anderen Teilen der Welt, wo auch geerntet wird, gerade regnet(e)...
Doch nehmen wir mal die Aussage: "Alle Gegenstände fallen auf der Erde auf den Boden." Sie stimmt, auch wenn derjenige, der diese Aussage macht nicht alle Dinge aufgehoben zu Boden fallen gelassen hat und scheinbar ein mit Helium gefüllter Ballon dieser Aussage widerspricht. Erst wenn die Naturgesetze erkannt sind (im Kontext mit dem Beispiel: Schwerkraft, Rotation und Gravitation) wird die Meinung auf eine wissenschaftliche Stufe gehoben und ist damit verifizierbar und so lange allgemeingültig, bis auch sie widerlegt/falsifiziert ist.

ZitatAber unverrückbare Überzeugung ist Pinkelei mit dem Wind.
Dies deutet an, dass die meisten sich ihre Meinung gern bestätigen lassen und/oder dem Mainstream anpassen. Überzeugung ist ggf. eher die Pinkelei gegen den Wind?  ;)
Ich pflege bei solch einem Verhalten zumeist zu sagen: "Ich brauchen nicht ÜBERzeugt zu werden, es reicht mir, daß ich gezeugt wurde."  8-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 10. Februar 2006, 07:39:12
Erfrischend zum Thema war eben ein Beitrag im Deutschlandradio:
>>Wir lassen uns nicht beleidigen
Vom Verlust einer alten Kulturtechnik
Von Burkhard Müller-Ullrich

Es ist einfach grauenhaft, und vermutlich begann das Grauen vor genau vierzig Jahren in Frankfurt am Main. Jedenfalls konnte man es dort zu ersten Mal betrachten, erfahren und erleben. Auf der Bühne standen vier zornige junge Männer und brüllten einen kompletten Theaterabend lang nichts als Beleidigungen in den Saal. Ein gewisser Claus Peymann hatte das Stück inszeniert, es stammte von einem Österreicher namens Peter Handke, und sein Titel sagte ganz genau, worum es ging: "Publikumsbeschimpfung". <<
Der gesamte Beitrag (auch nicht zuuuu laaaaang  ;) ) unter:
http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesfeuilleton/467729/

Beim seinem Schlußsatz vergaß er jedoch, daß Kabarett und gute Satire auch Kunst ist... 8-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 14. Februar 2006, 09:15:14
Ein kleines Interview mit Robert Gernhardt zum Karikaturenstreit:
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5220160_TYP6_THE5209304_NAV_REF1_BAB,00.html

Und hier ein paar Karikaturen, die in arabischen Medien erschienen sind, gegen die niemand auf die Straße gegangen ist:
http://memri.de/uebersetzungen_analysen/2006_01_JFM/cartoons_09_02_06.html
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 14. Februar 2006, 12:46:00
Gernhardts Kernaussage ist leider: "Die Moslems sind zu doof, unsere Satire zu verstehen." Wenn aber Satire nicht oder falsch verstanden wird, kann es dann nicht auch sein, daß sie einfach schlecht gemacht war?  

Bezüglich der antisemitischen Karikaturen, die auch ausführlich in "Die Saat des Hasses" von Gal Ben-Ari (http://www.nahost-politik.de/hetze/ben-ari.htm) beschrieben wurden, gibt es von den Ceiberweibern einen dem entsprechenden Kommentar, der mit der Frage einleitet: "Wo bleibt der Aufschrei gegen islamistische Judenhetze?" (http://www.hagalil.com/archiv/2006/02/060209a.htm)
Es scheint so zu sein, als hätte sich die sog. Weltöffentlichkeit daran schon gewöhnt? :-[

Nicht jedoch Sonja Mikich. Sie schreibt sich in "Was nun, ferner Bärtiger?" (http://www.hagalil.com/archiv/2006/02/060206.htm) ihren Zorn von der Seele: "Ich bin beleidigt. Eiferer nageln den Schleier an die Gesichter meiner Schwestern in Afghanistan und Pakistan fest und hängen fleißig Frauen, Homosexuelle, Ehebrecher und Ungläubige."

Doch auch das christlich geprägte und angeblich säkulare "Abendland" kommt in meinen Recherchen nicht so gut weg wie z.B. bei Dagmar.
Robert Fisk macht mich in "diese dänischen Cartoons" (http://www.zmag.de/artikel.php?id=1731) darauf aufmerksam, daß es in Frankreich 1988 gewalttätige Proteste gegen den Film "Die letzte Versuchung Christi" gab. 4 Kinos wurden niedergebrannt und mehrere Menschen dabei verletzt. In der Schweiz wurden Kinobesitzer, die diesen Film zeigen wollten, mit Telefonterror bedacht ...

Nach dem 11. September 2001 gab es zahlreiche gewalttätige Übergriffe gegen Muslime in den USA. Nach dem Mord an Theo van Gogh brannten in den Niederlanden zahlreiche moslemische Einrichtungen (Moscheen und Schulen).

Zum Thema Toleranz bzw. Intoleranz in D-Land sollte man hin und wieder auch mal diese Seite besuchen:
http://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/artikel.php?id=5&kat=82&artikelid=1323

Und bezüglich der politischen Instrumentalisierung von Religionen und Gottheiten im Sinne von heiligen Kriegen (btw: der Irak war eines der säkularsten Regime im arabischen Raum) sagt dieses Bild mehr aus als viele Worte:
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.internetweekly.org%2Fimages%2Fbush_wmd_jesus.jpg&hash=57ec00868473e5b3756008efbcbaf2cdb122f730)



Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 14. Februar 2006, 14:56:04
ZitatGernhardts Kernaussage ist leider: "Die Moslems sind zu doof, unsere Satire zu verstehen." Wenn aber Satire nicht oder falsch verstanden wird, kann es dann nicht auch sein, daß sie einfach schlecht gemacht war?
Dazu passt auch dieses:

"Tagesspiegel" bedauert Reaktion auf Karikatur
Dienstag 14. Februar 2006, 13:48 Uhr

 
Berlin (AFP) - Die Chefredaktion des Berliner "Tagesspiegel" hat die iranische Reaktion auf eine Karikatur bedauert, die in der Zeitung abgedruckt war und zu Protesten der iranischen Botschaft in Berlin geführt hat. "Wir bedauern die iranischen Reaktionen auf diese Karikatur und können sie uns nur mit mangelnder Vertrautheit mit der innenpolitischen Debatte in Deutschland erklären", hoben die Chefredakteure des "Tagesspiegel" Stephan-Andreas Casdorff und Lorenz Maroldt hervor.

Die Karikatur des Zeichners Klaus Stuttmann, die zuerst am vergangenen Freitag im "Tagesspiegel" veröffentlicht worden war, zeigt vier iranische Fußballspieler mit umgeschnallten Sprengstoff-Gürteln in einem Fußballstadion und vier Bundeswehr-Soldaten. Darüber steht: "Warum bei der WM unbedingt ... die Bundeswehr zum Einsatz kommen muss". Die iranische Botschaft in Berlin hatte eine schriftliche Entschuldigung gefordert.

Die Chefredakteure teilten weiter mit, Stuttmann habe die Diskussion über einen Einsatz der Bundeswehr "ironisch-überspitzt" und ins Absurde gewendet. "Selbstverständlich wollten weder Herr Stuttmann noch der Tagesspiegel die Integrität der iranischen Fußballer in Frage stellen", heißt es in der Erklärung weiter. Stuttmann hat nach eigenem Bekunden per E-Mail drei Mordrohungen bekommen und ist sicherheitshalber von zu Hause ausgezogen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 14. Februar 2006, 16:45:14
Um nicht missverstanden zu werden:
Wollte die Frage damit nicht beantworten, sondern ihr nur neue Nahrung geben, weil ich das gerade las.
Im Grundsatz hat Gernhardt natürlich recht, es ist ja nicht nur eine Frage der Intelligenz, sondern vor allem eines gemeinsamen Wertesytems, innerhalb dessen Satire nur funktionieren kann.
Ob man dabei dabei nun immer den "aufgeklärten" Westen dem "fundamentalistischen" Rest der Welt gegenüberstellen muss, ist eine ganz andere Sache.

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 14. Februar 2006, 17:53:02
Has Been,
mir ging es um die Zielgruppe der dänischen Karikaturen und warum die Bosse von Jylland Posten Islamisten nachgestiefelt sind und sie ihnen unter die Nase gerieben haben. Daß diese keinen Humor haben, dürfte bekannt sein. Daß sie ihre gläubigen Schäfchen aufgehetzt haben und außerdem noch 3 weitere Karikaturen daruntermischten, ist ebenfalls bekannt. Dies wurde jedoch von Gernhardt nicht reflektiert, sondern er bläst ins gleiche Horn der Pauschalierungen, wie dies gerade an deutschen Stammtischen zu hören ist, die das Abendland in Gefahr wähnen...

Nun zur Karikatur im Tagesspiegel:
Daß ausgerechnet das iranische Mullah-Regime sich beleidigt fühlt, ist eine zynische Realsatire.

Hier hat ein Karikaturist zwecks ökumenischem Dia- und Trialog eine multikulturelle Feder geschwungen:

(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.cagle.com%2Fnews%2FMuhammad%2Fimages%2Flauzan.gif&hash=c2ba2b90c3ca32247cd43656f08596cb6ed87923)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 14. Februar 2006, 18:33:12
Na, da bin ich mal auf die jeweiligen Reaktionen gespannt...

(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.world-of-smilies.com%2Fhtml%2Fimages%2Fsmilies%2Fstarwars%2Fshowimgluke0.gif&hash=cc91990f836caf0986ddf31e2b48ff6acf436e35)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 14. Februar 2006, 18:47:35
Muß man jetzt mittelerweile 'ne Art von Disclaimer auf Karikaturen schreiben, so nach dem Motto: "Die Moderatoren und Admins dieser Webseite bzw. dieses Forums entschuldigen sich im Vorab für alle Mißverständnisse, die durch Satire und Cartoons und vor allem Humorabstinenz ausgelöst werden könnten und bedauern alles Leid sowie jegliche Beleidigung seitens der Originale, ihrer Epigonen sowie der künstlerischen Vor-, Ent- und Nachstellungen."  ;)

Deinem gif kann ich nur zurufen: "Vater, Vatter, Gevatter, Attentatter, verlaß mich bitte bald!"  ;D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Guntram am 15. Februar 2006, 08:05:12
Nach der veröffentlichung, werden Forumsmitglieder vom Papst exkommuniziert, Aliens protestieren vor der deutschen Botschaft auf dem Saturn, Fidel Castro veröffentlicht einen Mordaufruf, wir bekommen Hausverbot in Disney World, werden beim Besuch eines buddistischen Landes gesteinigt und die Smilies werden eine Virenattaken gegen die PC der User und den Forumsserver starten.

Also alles in allem, bis auf das mit den PC und dem Server, wir werden damit leben können.  :-X






PS: Wie geht das mit den Fotoupload?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dorian am 15. Februar 2006, 09:21:12
Das sind keine Uploads sondern Links auf Bilder auf externen Seiten.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Guntram am 15. Februar 2006, 10:27:40
Links? Ich dachte da wird dann die URL des Bildes angezeigt. D. h. wenn das Bild vom Quell-Server verschwindet ist es auch hier weg  :-[
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 15. Februar 2006, 10:31:32
[img ]www.Bild.jpg[ /img]
(ohne Leerzeichen)

Heute früh klingelts an der Tür. Ich geh hin, mach sie auf, und was glaubt ihr, wer da steht?

Genau: ein Alien und seine Mutter! Hab ich einen Schreck bekommen!

Der Kleine schaute mich sehr böse an und schwankte immer bedrohlich vor und zurück, als wolle er mir an den Hals springen. Als er mich dann fragte, ob ich zwei Wochen lang kostenlos die NRZ testen wollte, hab ich ihn ausgelacht und die Tür zugeknallt.

Was für ein Trottel, so wird das doch nie was...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 15. Februar 2006, 15:16:45
Pass bloß auf!
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.world-of-smilies.com%2Fhtml%2Fimages%2Fsmilies%2Falien%2Fsoucoupe.gif&hash=6f641b4993f0f02f173e9ac3ad1572167fcaa2f2)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 15. Februar 2006, 15:52:07
Hehe, aber davor hab ich keine Angst. Die machen mit einem doch angeblich ganz nette Dinge in diesen Raumschiffen...


Zu der Karikatur der iranischen Fußballmannschaft:

Solidarität mit Stuttmann

Karikaturisten schreiben an den Tagesspiegel

Mit Bestürzung haben wir von den einschüchternden E-Mails und Anrufen, ja sogar Morddrohungen erfahren, denen sich Ihr Zeichner Klaus Stuttmann aufgrund seiner Karikatur vom letzten Freitag ausgesetzt sieht und die allem Anschein nach dem Protestaufruf eines iranischen Sportmagazins folgen.

Im Fall des gegenwärtigen Streites um Mohammed-Karikaturen galt schon, dass Reaktionen, die zu Gewalt auffordern oder sich ihrer bedienen, absolut intolerabel waren; hier aber gingen die Drohbriefschreiber noch einen Schritt weiter, denn die betreffende Zeichnung hat keine religiöse, sondern eine sehr weltliche, dazu rein innenpolitische Zielrichtung und operiert mit der Ironie, ein Szenario darzustellen, das eben gerade nicht der Realität entspricht. Diese Ironie wurde entweder nicht verstanden oder aber bewusst übersehen und fehlinterpretiert, um als Trittbrettfahrer des Karikaturenstreits die Stimmung weiter anheizen zu können. Und selbst wenn die Zeichnung missverständlich wäre: Dürfen wir von nun an – nach dem Propheten – auch die iranische Fußballnationalmannschaft nicht mehr karikieren, ohne um unsere Sicherheit fürchten zu müssen?


Gerade aber dies zeigt, auf welch gefährlichem Weg wir uns befinden, wenn wir hinnehmen, dass die Tabuzonen der Satire und Meinungsäußerung je nach politischem Kalkül und Interesse (denn um nichts anderes handelt es sich dabei) willkürlich immer stärker ausgeweitet werden. Als Karikaturisten haben wir die Aufgabe, alle Probleme und Konflikte, die die Öffentlichkeit und somit auch uns bewegen, zu kommentieren, seien sie politischer, gesellschaftlicher oder auch kultureller Art. Und wir bedienen uns dabei jener Mittel, die eine Karikatur per definitionem erst zur Karikatur machen: nämlich der Kritik, Polemik, Übertreibung und Ironie. Würden wir durch den Druck von außen oder auch durch die eigene ihm vorauseilende Selbstzensur ständig wachsende Zugeständnisse bei der Wahl der Themen oder der Mittel machen müssen, so wären wir, so wäre das Medium Karikatur bald am Ende.

Umso mehr und einhelliger begrüßen wir es, wie deutlich und offensiv Sie Ihrem Zeichner den Rücken stärken, denn Sie verteidigen damit auch unser Recht, frei und unzensiert zu arbeiten. Wir alle sind darauf angewiesen, dass die Redaktionen unserer Zeitungen sich in einem ähnlichen Fall ebenso verhielten. Klaus Stuttmann ist einer der erfahrensten und besten Karikaturisten Deutschlands, und er verteilt seine Kritik ohne ideologische Beschränktheit auf alle, die es verdient haben: Er hat die Kirche ebenso kritisiert wie die politischen Parteien, er hat Karikaturen ebenso gegen islamistischen Terror gezeichnet wie gegen den Krieg im Irak, und er wird auch in Zukunft hoffentlich die Möglichkeit und geistige Freiheit haben, sich beispielsweise mit dem iranischen Atomprogramm auseinander zu setzen, wenn es ihm geraten scheint. Klaus Stuttmann verdient und erhält unsere, seiner Kollegen, Solidarität.



Es unterzeichnen:

Gerd Bauer, Harm Bengen, Gabor Benedek, Peter Butschkow, Thomas Richter Eigenhufe, Klaus Espermüller, Ulf Graupner, Greser + Lenz, Burkhard Fritsche, Pepsch Gottscheber, Utz Peter Greis, Horst Haitzinger, Walter Hanel, Dieter Hanitzsch, Barbara Henninger, Wolfgang Horsch, Tom Körner, Erik Liebermann, Eckart Löser, Luff, Dirk Meissner, Gerhard Mester, Til Mette, Burkhard Mohr, Nel, Andreas Nicolai, Thomas Plaßmann, Ari Plikat, Marlene Pohle, Andre Poloczek, Bernhard Prinz, Albert Radl, Tassilo Rau, Peter Ruge, Stephan Rürup, Andreas Rulle, Heiko Sakurai, Diana Sasse, Gerhard Schlegel, Karlheinz Schönfeld, Reiner Schwalme, Berndt A. Skott, Peter Thulke, Jan Tomaschoff, Jürgen Tomicek, Ernst Volland, Goetz Wiedenroth, Freimut Wössner, Yavou


Quelle: http://www.tagesspiegel.de/dritte-seite/archiv/15.02.2006/2354644.asp
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 15. Februar 2006, 18:17:40
Es hätte heißen müssen: "Dürfen wir von nun an – nach dem Propheten – auch die iranische Fußballnationalmannschaft und die deutsche Bundeswehr nicht mehr karikieren, ohne um unsere Sicherheit fürchten zu müssen?
 
Bezügl. der oben von mir geposteten Karikaturen: Es könnten auch Kerzen mit Dochten sein... und wenn man sich den Kitschmarkt so anschaut: Solche gibt es sicherlich. Auch der Vatikan handelt damit...  ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 16. Februar 2006, 01:25:39
Warum stellt hier keiner die offensichtliche Frage: cui bono?
Das ist doch nicht zufällig, was hier passiert.


Und: es hat nix damit zu tun, ob "zu doof" um Satire zu verstehen - es ist einfach ein Kulturkreis in dem das Instrument der Satire nicht bekannt ist - von wegen der nicht stattgefunden habenden Aufklärung und so. (so habe ich auch Gernhardt verstanden) Aber DAS ist das Kulturgut, dass der Westen tatsächlich exportieren könnte - (ich meine jetzt die Errungenschaften, mit der Aufklärung einher kamen, Menschenrechte etc) und der Westen versäumt es sträflich (auch im Zusammenhang mit der Türkei/EU Debatte) die hier bereits bis zu einem gewissen Grad integrierten Muslime zu instrumentalisieren um genau dieses Kulturgut, das der Westen anzubieten hätte, etwas mehr zu propagieren. Stattdessen werden auch die Muslime, die "zu uns helfen" könnten, ausgegrenzt oder bestenfalls ignoriert. Diese Borniertheit wird noch schlimme Folgen zeitigen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 16. Februar 2006, 15:00:54
Ein dänisches Fischerboot in Jerusalem:
Manchmal ist es sehr schwer ein Mensch zu sein

Gestern brachten wir einen Text Einsteins über neue Medien und Chancen wahrer Demokratie. Heute möchten wir auf einen zweiten Text Einsteins hinweisen.
Hier geht es um den Umgang mit einer totalitären Bedrohung, um Zivilcourage und um ein kleines Land, dessen Bevölkerung sich erfolgreich daran machte,
seine jüdische Bevölkerung zu retten.

Die Geschichte vom dänische König, der den gelben Stern als erster trug und dessen Beispiel alle Dänen nachahmten, nachdem die deutschen Besatzer die Juden
zur Kennzeichnung zwingen wollten, ist wohl nur eine Legende, die den Widerstand der Dänen symbolisch und inspirierend festhalten wollte.
In Wahrheit brauchten die Dänen keinen beispielhaften König, der ihnen den Weg gewiesen hätte. Sie nutzten ihre eigene Phantasie und Courage, um fast alle
Juden erst zu verstecken und danach mit Booten ins freie Schweden zu retten.

In Jerusalem gibt es deshalb einen Platz, den Kikar Dänemark. Dort befindet sich neben dem Supermarkt mit der besten rumänischen Pastrami und einer der
ältesten Filialen von "Sami Burekas" ein aus Eisen nachgebildetes Boot.

Nach dem Einkauf haben wir uns hier gerne eine Kartoffel- oder Spinattasche in Blätterteig gegönnt, während unser Sohn auf dem dänischen Fischerboot schon
mal auf sein adriatisches Kapitänsdiplom übte.

Dänische Beschaulichkeit also, am Freitagmittag, mitten in Jerusalem, kurz vor dem Wettkampf um einen Sitz- oder mindestens Stehplatz in einem der mit Einkaufskörben
und Menschen vollgestopften Stadtbusse der Linien 13, 20, 23 oder 27 nach Kirjath haJowel. Alle gleich gut und alle gleich voll.

Vollgestopfte Busse in Jerusalem sind übrigens etwas wunderbares, und zu verdanken haben wir dieses Wunder unter anderem dem Mut der Dänen.
Daran habe ich mich erinnert, als die Rufe "Tod den Dänen" immer lauter wurden, als die dänische Flagge vor der Al-Aksa Moschee zum Fußabstreifer wurde
und dänische Mitarbeiter in internationalen Hilfsorganisationen von der Regierung in Kopenhagen aufgefordert wurden, ihre rot-weiße Flagge am Revers zu
verstecken.

Deshalb haben wir unsere Eingangsseite während der Notausgabe mit dem "Dannebrog" geschmückt. Und deshalb haben wir die Karikaturen der Aarhuser "Jyllands
Posten" gezeigt.
Nicht weil diese Karikaturen so gelungen sind. Sie sind plump und dumm und die Motive im Stab der "Jütländer Post" waren sicher nicht ehrenwert. Könnte
ich dänisch, wäre ich wohl kaum ein Leser dieser konservativen Tageszeitung. Wären sie mir aufgefallen, hätte ich die Karikaturen genervt weggeblättert,
vielleicht kritisiert. Ein billiger Gag ist es nicht Wert, Menschen zu beleidigen, und beim Thema Selbstmordattentäter empfinde ich grundsätzlich einen
Würge- und keinen Lachreiz.

Als aber vier Monate nach der Veröffentlichung in der Jyllands Posten, drei Monate nach Veröffentlichung in Al-Fajr und zwei Tage nachdem sich der Herausgeber
der "Post" entschuldigt hatte, die Wogen so hoch schlugen, dass Dänen in der gesamten islamischen Welt um ihr Leben bangen mussten, galt es nicht mehr
auf religiöse Empfindsamkeiten hinzuweisen, sondern auf die Gefährdung menschlichen Lebens.

Diese Relationen scheinen viele aus den Augen zu verlieren. Im Osten wie im Westen. Es geht nicht um Bilder - und das ist der Grund für das Gebot "Du sollst
Dir kein Bild machen". Der Mensch soll sich eben nicht niederwerfen, denn der höchste Wert ist nicht G'ttes Heiligkeit sondern das menschliche Leben. So
sieht es jedenfalls G'tt, der Heilige, gelobt sei er. Und so lesen wir im Talmud, dass wir, sollten wir uns je entscheiden müssen, zwischen den Geboten,
die den Dienst an G'tt befehlen und jenen, die den Dienst am Menschen befehlen, wir uns für den Dienst am Menschen entscheiden müssen.

Albert Einsteins Rede über Dänen und andere Gerechte unter den Völkern der Welt können Sie hier  als mpg anhören oder als Text nachlesen:

http://www.hagalil.com/archiv/2006/02/060215.htm
http://www.juedische-musik.de/sound/geschichte/einstein/denmark.mp3

www.hagalil.com
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 16. Februar 2006, 18:10:13
Ein guter Kommentar. Er zeigt auch auf, daß diese Karikaturen keine gute Kunst im Sinne guter Satire waren, beantwortet aber die Frage von whoknows nicht.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 16. Februar 2006, 18:36:30
Die Antwort auf die Frage "Cui bono?" ist doch offensichtlich. Ich hab dazu heute mittag schon einmal einen langen Beitrag geschrieben, dann ist mir kurz vor dem Abschicken die Kiste abgestürzt und alles war weg.

Jetzt kann ich nur noch darauf hinweisen, dass er wirklich ein sehr guter Beitrag war. Umfassend, ausgleichend und von höchster Präzision...

Tja... :'(
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 16. Februar 2006, 20:51:20
Oh je! Das tut mir aber leid  :'(

Hinter die moralisch herumtobende Erscheinung geguckt ist es doch bemerkenswert, daß  das gesamte Unterfangen "Clash Of Cultures", an dem die Islamisten eifrig mitzündeln, der Militärindustrie dient. Klar spielt darin auch die Psychopathologie niederer Beweggründe, wie primitive und brutale Machtinstinkte [Habermas nannte dies das GMS-Syndrom (GMS= Geld, Macht, Sex)] eine bedeutende Rolle.

Wer sich für Psychoanalyse/Psychologie interessiert, dem sei der Aufsatz von Robert Bösch "Zwischen Allmacht und Ohnmacht" empfohlen:
http://www.krisis.org/r-boesch_allmacht-und-ohnmacht_krisis23_2000.pdf
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 16. Februar 2006, 22:15:34
Ich habe übrigens eben die Seite entdeckt, auf der zahlreiche Mohammedbilder des Mittelalters aufgelistet sind. Voila:
http://www.zombietime.com/mohammed_image_archive/islamic_mo_full/

Und hier sind - zusätzlich zu den 12 Karikaturen von Jyllands Posten - die drei Karikaturen, die diesen beigefügt wurden:
http://www.zombietime.com/mohammed_image_archive/jyllands-posten_cartoons/
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 16. Februar 2006, 23:40:23
Zitat von angel:
beantwortet aber die Frage von whoknows nicht.
Stimmt. Ich wollte ihn nicht erst dann posten, sobald jemand Whoknows' Frage beantwortet hat. Man weiß ja nicht, wann...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 17. Februar 2006, 00:31:22
Sorry, wegen den vielen Bildern, Andrea! Soll ich sie Dir beschreiben?

Es hat zumindest im Mittelalter kein Verbot der Darstellung von Mohammed gegeben! Natürlich sind dies keine Karikaturen, sondern kunstvoll angefertigte Bilder, die zumeist in Museen ausgestellt sind.

Hat Dir jemand diese 12 dänischen Karikaturen beschrieben? Die drei zusätzlichen Cartoons zeigen (von der Aussage her):
1. jemanden mit einer Schweinsmaske, der in ein Mikrophon singt und als "Mohammed" bezeichnet wird
2. ein betender Muslim, der während des Gebetes von einem Hund gef* wird und auch als "Mohammed" bezeichnet wird
3. einen angeblichen "Mohammed" als Kinderschänder

Da diese 3 zusätzlichen und besonders beleidigenden Karikaturen von Islamisten beigefügt den anderen beigefügt und einer breiteren Öffentlichkeit damit zugänglich gemacht wurden, zeigt dies auf, daß diese Islamisten nicht nur selbst gegen das Bilderverbot verstießen, sondern noch schlimmere Verächtlichmacher von Mohammed und des Islam sind als die Karikaturisten des Jylland Posten!

Es wird immer verrückter. Eben fand ich noch folgendes:
"A Danish paper publishes a cartoon that mocks Muslims.
An Iranian paper responds with a Holocaust cartoons contest -
- Now a group of Israelis announce their own anti-Semitic cartoons contest!"

Quelle: http://www.boomka.org/
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 17. Februar 2006, 02:04:15
ZitatWarum stellt hier keiner die offensichtliche Frage: cui bono?
Da mangelt es ja nun nicht an Verschwörungstheorien, die teilweise publiziert, teilweise indiziert, teilweise in fiktional entschärfter belletristischer Form sogar Bestseller sind und alle eins gemeinsam haben: eine Handvoll streng verborgen operierender und geheimbündlerisch organisierter Strippenzieher, die mit geschickt manipulierten prominenten Marionetten (Politikern, Bänkern, Wirtschaftsbossen, religiösen Führern, Meinungsmachern etc.) und gezielt geschürten Konflikten unerkannt jahrhundertealten Plänen zur Erlangung der absoluten Macht folgen und die Geschicke der Menschheit in ihrem Sinne lenken.

Solche Nebelgebilde haben bei aller Faszination natürlich vor allem den Nachteil, dass sie sich nicht konkret bekämpfen lassen und daher zur Passivität verleiten.
Also halten wir uns ans Konkrete.
Halten wir uns an Politiker, Bänker, Wirtschaftsbosse, religiöse Führer, Meinungsmacher etc., denn denen allen nützt es, wenn Völker sich in blinder Wut gegenseitig die Köpfe einschlagen, egal wo und unter welchem Vorwand.

Gerade ist eine 20 Jahre alte Polit-Satire aus der Hinterlassenschaft von George Harrisons Firma HAND MADE FILMS auf DVD wiederveröffentlicht worden, der Kultstreifen "Wasser".
Darin geht es um eine vergessene weil touristisch und auch sonst uninteressante Karibik-Insel unter britischer Krone, auf der ein US-Ölkonzern eine gigantische Quelle feinsten Mineralwassers entdeckt.

Plötzlich erwacht im fernen London Sympathie für die örtliche Unabhängigkeitsbewegung, mit der man nach einer erfolgreichen Revolution lieber teilen würde, als den Amerikanern das Geschäft zu überlassen.

Die singende Insel-Guerilla hat ihrerseits schon einen Deal mit den Kubanern, Frankreich sieht seine Vormachtstellung auf dem Tafelwasser-Weltmarkt in Gefahr, und alle schicken ihre schwer bewaffneten und zum Äußersten bereiten Truppen (incl. Fernseh-Teams) in das eben noch so friedlich-langweilige Kiffer-Paradies...

Sagte ich Polit-SATIRE???
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 17. Februar 2006, 02:53:35
ZitatHat Dir jemand diese 12 dänischen Karikaturen beschrieben? Die drei zusätzlichen Cartoons zeigen (von der Aussage her):
1. jemanden mit einer Schweinsmaske, der in ein Mikrophon singt und als "Mohammed" bezeichnet wird  
2. ein betender Muslim, der während des Gebetes von einem Hund gef* wird und auch als "Mohammed" bezeichnet wird  
3. einen angeblichen "Mohammed" als Kinderschänder

Diese drei "Karikaturen", Andrea, haben zunächst einmal (jedenfalls von der Ursprungsintention) überhaupt nichts mit den 12 dänischen Karikaturen zu tun. Ich verstehe nicht, warum Angel nur diese drei beschreibt statt zuerst die zwölf anderen  :-/

Im übrigen: Sowohl Verschwörungstheorien als auch die Theorie "Bänkern" und "Wirtschaftsbossen" nutzt es, halte ich persönlich für restlosen Quatsch! In erster Linie wurde aus meiner Sicht hier ein ziemlich bekanntes Phänomen der Massenhysterie und frei floatenden Massendynamik in Gang gesetzt: Durch Fanatiker, hüben wie drüben- wie immer zu allen Zeiten der Weltgeschichte! Deren Interessen sind leicht durchschaubar: In den islamischen Ländern haben einige Regierungen einige nicht zu kleine Probleme mit ihrer Bevölkerung. Da kamen die Karikaturen gerade recht, um die Massen abzulenken von enormen Mißständen im eigenen Land und die Aggressionen auf die Straße gegen den sogenannten Westen zu kanalisieren. Das ist nicht meine Weisheit, diese Einschätzung habe ich x-mal in x Zeitungen in den letzten Wochen gelesen. Ich persönlich denke, dass an dieser Sichtweise sehr viel dran ist. Im sogenannten Westen wird spätestens seit dem 11.9. ein ähnliches Massenphänomen sichtbar (ziemlich angeheizt durch die amerikanische Politik, wie ich finde): Eine Art Angst-pushing, alle zwei Minuten könnte eine Bombe am nächsten Busbahnhof hochgehen oder ein Flugzeug in das örtliche Rathaus fliegen - von Islamisten gesteuert, versteht sich. Ängste kanalisieren sich bekanntermaßen rasch in Abwehr, daraus resultierenden Feindbildern und dem folgenden Aggressionen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 17. Februar 2006, 07:02:19
Hier die Zusammenfassung meines verschütteten Postings:

Die Fanatiker wollen nicht nur Angst machen, sondern auch Europa knacken.

Dabei halten sie die hier lebenden Muslime für einen Brückenposten für die Islamisierung. Ich hab wirklich großen Respekt vor den hier integrierten Muslimen, die sich nicht instrumentalisieren lassen. Welchen Anfeindungen sind sie hier bisweilen ausgesetzt, wie lange schon wird auf ihrem Rücken Politik gemacht...? Wenn da jemand nicht auf schlichte Demagogie reinfällt, ringt mir das Respekt ab.

Auch das muss man sehen und aussprechen, sonst droht man selbst den Demagogen in die Hände zu spielen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es für die religiösen Eiferer ein Dorn im Auge ist, dass wir hier recht friedlich zusammenleben. Wenn sie ein Exempel statuieren wollten, dann werden sie versuchen dies in Europa zu tun.

Bei allen Differenzen und Konflikten, die wir hier haben, sollten wir hohorieren, dass sie Differenzen und Konflikte sind und keine Jihads. Wir alle haben tatsächlich gemeinsam etwas zu verteidigen. Nicht nur die Aufklärung, Menschenrechte und unsere diversen Freiheiten, sondern auch unser Zusammenleben.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 17. Februar 2006, 10:19:29
Zitat...die Theorie "Bänkern" und "Wirtschaftsbossen" nutzt es, halte ich persönlich für restlosen Quatsch!
Das überrascht insofern, als Du doch anschließend so genau beschreibst, WIE es (u.a.) funktioniert!? :-?

Angst verkauft ja nicht nur Waffen, sondern auch Versicherungen, Riester-Renten und Anti-Vogelgrippen-Wirkstoffe.
Aus Angst sind wir sogar bereit, flächendeckende Überwachung, Demonstrationsverbote und Lohnkürzungen zu akzeptieren.

Wir haben tatsächlich alle gemeinsam etwas zu verteidigen, denn wir haben im Unterschied zu anderen Teilen der Weltbevölkerung auch viel zu verlieren.
Dass uns nach jedem vergleichsweise kleinen Verlust dann auch immer noch vergleichsweise Vieles bleibt, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass "wir" gegen "deren" Interessen genau so instrumentalisiert werden wie umgekehrt; und damit natürlich jeder, der es zulässt, immer auch gegen sich selbst.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 17. Februar 2006, 12:02:53
Wenn man sich diesem "divide et impera" widersetzen will, hilft meines Erachtens leider nur.. äh,... "convenite et defendete" (anwesende Lehrer bitte nachsichtig sein). Und im Verteidigen sind wir offenbar nicht sehr erfahren. Es tut mir immer in der Seele weh, wenn ich sehe, wie mir verhältnismäßig sympathische Politiker wie z.B. der Ströbele herumdrucksen und lavieren, statt extremistische Tendenzen wirklich zu verurteilen. Ich glaube, dass eine klare Haltung in der Karikaturensache, dem Iran, der Türkei, usw, von den Gegenseiten wesentlich stärker respektiert würde, als das Wischiwaschi...

Ihr wisst wohl wie ich's meine... Seit langer Zeit haben wir nur die Wahl zwischen gehässigen, rechten Polemikern auf der einen, und kritiklosen Träumern auf der anderen Seite. Dabei war die multikulturelle Gesellschaft, die wir haben, immer schon  mehr als eine Gänseblümchen- Ringelreihe- Angelegenheit. Sie bedeutet Arbeit, Auseinandersetzung und Dazulernen. Notfalls brauchts auch einmal ein klares "nein". Aber damit tun wir uns offenbar alle schwer...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 17. Februar 2006, 17:25:27
Dagmar, ich gehe davon aus, daß sich Andrea in ihrer WG oder durch anderweitige soziale Konktakte über die dänischen Karikaturen informiert hat bzw. sich hat beschreiben lassen und deshalb über diese "im Bilde" ist. Das sagt mir irgendwie meine Intuition, denn sonst hätte sie hier ja nachgefragt...

Deine Analyse bezüglich der Ablenkung von inneren Problemen und der Staatskrise im Zeitalter der Globalisisierung stimme ich Dir zu. Komplettiert wird dies durch die Darstellung von Has Been - aber ich halte es für notwendig, eine Staatsanalyse mit einzubeziehen und natürlich das Gewaltmonopol darin zu berücksichtigen, d.h. man muß auch eine politiökonomische Erforschung des militärindustriellen Sektors mit einbeziehen.
Die Terrorhysterie, die mit dem 11. September 2001 begann, dient auch dazu, den Staat zu stärken, da dieser Schutz verspricht.

Doch es existiert diesbezüglich bekanntlich ein Lied:
[edit]EIN FEIND, EIN GUTER FEIND,
das ist das Beste, was es gibt auf der Welt
EIN FEIND, EIN GUTER FEIND
...und wenn die ganze Welt zusammenfällt...
ein Feind, ein guter Feind,
das ist das Beste auf der Welt!!![/edit]

Basti, wenn ich Dich so reden höre, dann habe ich das Gefühl, Du gibst die Stimmung an deutschen Stammtischen wieder... :-[

Klar wollen die Islamisten Zulauf - aber im Wesentlichen geht es ihnen zunächst strategisch darum, den arabischen Raum in einen Gottesstaat unter der Scharia zu verwandeln, die US-Stützpunkte bzw. den verhaßten Feind USA dort zu vertreiben und Israel zu zerstören. Klar wollen sie auch die Staaten schwächen, die an der Seite Israels stehen und einen Zwist zwischen Europa und den USA schüren. Die Attentate z.B. in Madrid zielten darauf ab, Spanien aus dem Bündnis mit den USA herauszubrechen.
Aber es geht ihnen meines Erachtens primär um Spendengelder der europäischen Muslime und die Karikaturen waren deshalb ein "gefundenes Fressen" für sie...

Die Frage ist für mich viel mehr "Was tun?" und da habe ich auch schon ein paar Ideen, doch jetzt muß ich zum Chor und schreibe morgen etwas mehr.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 17. Februar 2006, 20:25:58
ZitatBasti, wenn ich Dich so reden höre, dann habe ich das Gefühl, Du gibst die Stimmung an deutschen Stammtischen wieder...
Wenn dem so wäre,
hättest du mich verstanden... (https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.my-smileys.de%2Fsmileys2%2F45.gif&hash=768a4f2f2fb298821090f7e21c8235967b7956f6)
(Sorry, aber es juckte so)

Es hängt übrigens auch immer davon ab, mit wem man am Tisch sitzt:

- in Bayreuth mit Sepp, Hans und Rudolf,
- in Ratingen mit Kevin, Ayshe und Milosz,
- in Sömmerda ohne Ayshe
oder in Tüüübingen in der Teestube der Asta mit Karl, Friedrich und Erich

So, ich könnt auch noch etwas Kluges sagen, ich geh jetzt aber aus. ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 17. Februar 2006, 23:43:02
ZitatEs wird immer verrückter. Eben fand ich noch folgendes:
"A Danish paper publishes a cartoon that mocks Muslims.
An Iranian paper responds with a Holocaust cartoons contest -
- Now a group of Israelis announce their own anti-Semitic cartoons contest!"

das lese ich jetzt erst. Finde ich grossartig. DAS nenne ich Humor.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 18. Februar 2006, 01:01:39
Insbesondere das "special secret 11th commandment" hat mehr "schwarzen Humor" als die "Tauben" und "brennenden Zirkusse" von GK. Die Karikatur spielt auch auf den 9/11th an (da das ja angeblich - verschwörungsidiotisch angenommen -  ein Werk des Mossad war) ...

Basti, Du hast schon so viel Kluges gesagt, Du darfst auch gern mal ausgehen und austreten (kI) ohne daß Du deshalb als Auslaufmodell von Bohlen entdeckt wirst.  ;D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 18. Februar 2006, 01:05:34
Ich bin schon so Bohlen, dass ich das nicht kapiert hab... :-/
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 18. Februar 2006, 01:08:17
Macht nix!  :-*
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 18. Februar 2006, 01:39:19
Ich bin auch nicht mehr ganz nüchtern, Basti... ;)  - wir haben nach der Chorprobe noch geschlemmt und getrunken und Lenas neue Wohnung eingeweiht! War ein wunderbarer Abend!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 18. Februar 2006, 20:37:46
"Was tun" muß noch etwas "behirnt" werden, wie es hier schön heißt. Ich warte noch auf Feed Back von Freund/innen...  8-)

Ansonsten "behirne" ich gerade, wie man "wortfront" anschieben könnte. Ich werde diesbezüglich mal einen guten alten Freund mit vielen Kontakten und PR-Begabung aufsuchen, der solche Art der Kultur sicherlich auch gern (fördern) mag...

Basti - nur fallst Du immer "auf Bohlen" bist  ;); es ging um diese Karikatur:
http://www.boomka.org/entries/moses-daniel-higgins-s.jpg



Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 18. Februar 2006, 21:33:23
ZitatBasti - nur fallst Du immer "auf Bohlen" bist ...
Wenn ich Bastian richtig verstanden habe, war er nicht "auf Bohlen", sondern einfach nur "Bohlen", was bei ihm vermutlich (es schaudert mich bei dem Gedanken) in etwa gleichbedeutend mit "brahms" ist...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 18. Februar 2006, 22:14:07
Stimmt.

Beinahe jedenfalls, denn Bohlen als Zustand war mir bis gestern unbekannt, und hat mit brahms eigentlich nichts zu tun. Es war eher der Versuch, Angels Schriften eine mir sinnvol erscheinende Bedeutung zu geben. Brahms ist übrigens keineswegs negativ belegt- es kann sogar sehr inspirirerend sein. Beispielsweise Frühstück auf Hausboot, während man brahms ist, ist sogar wirklich schön. Die Zeit verfliegt dabei nicht, sie steht. Dabei reicht es völlig, wenn man unausgeschlafen ist. Es bedarf dazu keiner "Fremdeinwirkung" es ist primär eine endogene Angelegenheit. Ah, jetzt bekommt die Sache sogar noch ein edles Vokabular, sehr schön!

Ich vermute, zwischen Bohlen und der exogen erzeugten Form von brahms liegen (wie soll es auch anders sein) mehrere Zwischenstufen, über die ich mir aber noch nie Gedanken gemacht hab. Die letzte vor dem Einschlafen könnte man Bukowski nennen, aber danach ists bestimmt nix mehr mit Frühstück...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 18. Februar 2006, 22:29:20
Ah, es geht ja um Kunst und Provokation:
Gerade lesen Peter Bichsel und Durs Grünbein in meiner ehemaligen Stammbar (Heine Geburtshaus) Texte von Harry H. Die Bar ist jetzt nämlich eine Buchhandlung, und nennt sich "Heine Haus". Der Sieg der Archivaren über die Künste.

Und ich?
Ich geh nicht hin.

Da werden Peter und der Durs sich aber schwarz ärgern. 8-)

Für die Interessierten: Wer es schafft, ein Gedicht mit den Worten:
Peter,
Grünbein,
Harry,
Bichsel

und

Durs

zu schreiben, vor dem ziehe ich hier feierlich meinen Hut.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 18. Februar 2006, 22:59:41
Oba späta
war Peter
mit mia in dürnstein.
Er warf das Gebein
vom Grünstein
hinein.
Dann war i
mi'n Harry
im Internet
es is jaWinter, net?
Und dann hab i an Lauf (=wienerisch für glück)
und verkauf
a mille Pixel
an einen Schweizer. :P

Hoffentlich verlangt der kan Rekurs.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 18. Februar 2006, 23:09:12
Als der Peter sah sein Grünbein
wunderte sich Harry sehr,
weil der Peter, blaß und klein
schrie "wo kommt das grüne Bein denn her?"

Da sprach der Harry "ei der Durs,
wo zum Bichsel lebt der Peter?"
Grüne Beine vom Diskurs
kriegt ein jeder im Gezeter.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 18. Februar 2006, 23:10:27
 :P Whoknows war 10 Minuten schneller  8-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 18. Februar 2006, 23:31:32
"Wos hülft des Lamentieren,"
sprach Harry einst, der Frosch
"I greif ma jetz mei Bichsel
und schieß da in de Gosch!"

Dem ins Gesicht er's sagte,
Storch Peter konnt's nicht schrecken
Er schnappte einmal müde und
- ließ sich das Grünbein schmecken.

Nur ein Gedanke blieb noch
dem Rebelln auf Magenkurs:
[edit]"Wann kummt jetz mei Räquäquiem[/edit]voll schönster Molls und Durs?"
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 19. Februar 2006, 00:45:21
Zitat:P Whoknows war 10 Minuten schneller  8-)

und mindestens genausoviel schlechter. :-*
Aber immerhin: ich hab als Einzige tatsächlich alle Namen gereimt - wenn auch nicht rasend begabt....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 19. Februar 2006, 00:45:33
Der Peter
kommt später
zu seinem Rendezvous.
Er trinkt mit Harri Grünbein
Glühwein.
Davon is er zu.
Beim Zahlen muss er trickseln,
er hat kein Geld, sondern nur Bichsel
oder kann spielen ein paar Lieder
und zahl'n in Molls und Durs.
Der Kellner hört das immer wieder.
Er hat nur solche Kunden.
Er resigniert nach Stunden
und geht dann in Konkurs.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 19. Februar 2006, 00:54:43
ZitatAber immerhin: ich hab als Einzige tatsächlich alle Namen gereimt - wenn auch nicht rasend begabt....

Meine Süße, das stimmt nun wirklich nicht: Du hast den Durs nicht, aus dem Grünbein hast Du einen Grünstein gemacht, den Pixel lass ich Dir meinetwegen als Bichsel durchgehen... :P
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 19. Februar 2006, 02:28:02
Peter versteckte gerade den archivierten Hut von Bastian
da kam der Grünbein herein und fing das das Betteln an:
"Peter - gib mir sofort den Hut von Bastian heraus,
sonst durchsuchen Harry, Bichsel und ich das Haus!"

Peter beruhigte Grünbein und gab ihm ein Glas Wein
"Trink erst mal", sagte er und schenkte ihm schon das nächste ein.

Grünbein trank dann gewaltig einen über den Durst,
und ihm wurde der Hut von Bastian plötzlich völlig Wurst

Bastians Hut blieb in Peters Gewahrsam
der eifersüchtig darüber wachte und ihn an sich nahm,
weil er will, daß dieser nur vor ihm gezogen wird
zieht Basti ihn vor jemand anderem, ist er irritiert.

Und so blieb Bastians Kunstverstand unbehütet
und diese Foren-Gedichte wurden nicht vergütet.

Der Sieg des Archivars über die Künste dauert an.
Es ist klar, daß man das nicht so belassen kann!

Und siehe da: als Bastian nicht zur Lesung kam,
da packte sie plötzlich Gram und den Peter auch Scham.

Am nächsten Tag brachte Peter Bastian den Hut,
sie beschlossen Kunst zu machen und alles wurde gut:
Der Buchladen verwandelte sich wieder in ein Bar
und dort versammelte sich täglich eine fröhliche Künstlerschar.

Es gab auch einen PC mit Internet in einem Eck
und dort schrieb Bastian ganz keck
ein Gedicht über

Peter,  
Grünbein,
Harry,  
Bichsel
und
Durs


das stand bei allen Gästen anschließend hoch in Kurs.

Und sie zogen feierlich ihre Hüte vor Bastian,
der bekanntlich sehr gut dichten kann.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 19. Februar 2006, 03:43:29
ZitatOba späta
war Peter
mit mia in dürnstein.
Er warf das Gebein
vom Grünstein
hinein.
Dann war i
mi'n Harry
im Internet
es is jaWinter, net?
Und dann hab i an Lauf (=wienerisch für glück)
und verkauf
a mille Pixel
an einen Schweizer. :P

Hoffentlich verlangt der kan Rekurs.
Guten Morgen.
MUSS ich auf Rekurs und auf Pixel noch reimen, oder ist es doch nicht so weit her mit der Zwischen-den-Zeilen-les-Kunst der Germanen?  ;)
Nachdem der liebe Herr Bichsel Schweizer ist, ist ja wohl klar, was kommt - und WER da Rekurs verlangt doch auch, oder?
Guten Morgen.
Allerdings,  guten Morgen auch mir, denn verjudet habe ich ihn, versehentlich, den Herrn Gebein, das geb ich zu.
Aber das lässt sich ändern:

Er warf Gestein
auf den Grünbein.
Zum Bleistift.

Oder doch lieber:
Ich trank dort Glühwein
mit dem Grünbein.
Und wir assen zusammen ein Hühnerbein.
Für Vogelgrippe.
Und damit die Dagmar wieder riskier'n kann a Lippe. :P :-*

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 19. Februar 2006, 05:51:05
[size=18]Hui!![/size]

Ihr wart ja richtig kreativ. Und so viele... Was mach ich jetzt mit meinem einen Hut?

Inter scriptem:
(Ich komme gerade aus der Stadt, und ich hab (Stunden nach der Lesung) durchs verschlossene Fenster gesehen, in welchem Schuppen Durs und Peter haben lesen müssen...

Da hat die Stadt wegen des Termindrucks kurzfristig Plastikstehtische in einen ansonsten unrenoviert- leeren Raum gestellt, und dort das Heine- welcome "gefeiert". Es hatte den Charme einer Wohnungseinweihung oder eines Gartenfests: Bloß kein Bild an der Wand, bloß keine echten Möbel, besser wir lassen den Saal leer und weiss. Peinlich für Düdo! Morgen früh gibt Christian Brückner eine Matinée... der Arme.)

Aber was solls? Die Frage ist, was mach ich Depp jetzt mit meinem einen Hut?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 19. Februar 2006, 05:57:54
Da!
Das müssten genug Hüte sein... für jeden einen:
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.stadthalle-bielefeld.de%2Fdeu%2Fstadthalle%2Fbilder%2Fbild_herman_van_veen.jpg&hash=e1a688f99fa1997f2431732a7cfdb3f2fb7c61f8)

... nur wie ich sie alle ziehen soll ist mir noch schleierhaft. Vielleicht zieht jeder sich selbst nen Hut... ? :-/
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 19. Februar 2006, 12:08:21
Naja. vielleicht hatten sie ja Tischtücher und Bliemelachs drauf - und das war alles schon weggeräumt?

Hüte machen die Frisur kaputt. Überhaupt meine. ;D
NEIN NICHT MEINE HÜTE-meine FRISUR. :P


aber - sorry, es ist stärker als ich - ich muss schon anmerken, wenn mir jemand sagt: Wer kann auf "xxx" reimen - dann erwarte ich schon, dass das Genannte auch das Reimwort sein muss.
Anders, zum Beispiel, wenn jemand sagte: Bilde einen Satz mit...

Für die Wiener unter uns eine alte Sache: Der Satz mit Finanzlandesdirektion.

Ziagts den Delfin anz land des Dir (Tier) regt sie onehin nimmer.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 19. Februar 2006, 12:10:03
Und was hat das alles mit Kunst und Provokation zu tun? ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 19. Februar 2006, 12:29:02
Es war doch wohl der Versuch, "Kunst" zu provozieren, übrigens mit der Aufgabenstellung
ZitatWer es schafft, ein Gedicht mit den Worten [...] zu schreiben...
Wo steht was von Reimen auf die Worte? :P

Aber gut, hab's noch mal überarbeitet:

Ein Fröschlein namens Harry
rief keck: "Dem Storch erspar' i
das Mahl, drum duck dich, Peter!
Hier kommt mein Bärentöter."

Der Storch sprach: "Du willst kühn sein?
Das wird mir schmecken, Grünbein!"
Und Frosch samt Bärentöter
verschwanden flugs im Peter.

Ein letzter Wunsch noch schließlich packt
den Frosch im Storchverdauungstrakt:
Ein Requiem aus Molls und Durs
begleite ihn auf seinem Kurs...

Und die Moral von alledem
belanglosen Gekricksel:
Bist du ein Frosch, lies nie Karl May
oder nimm's Silberbichsel!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Alexander am 19. Februar 2006, 16:13:18
Einsam und verlassen steht er,
dieser gottverdammte Peter!  
Mordete den alten Grünbein,
wollte ohne dessen Sicht sein.
Steht und faselt Larifari.
Nähert sich ihm Kumpel Harry.
Dieses weise Urgewüchsel
zitiert diesmal keinen Bichsel,
singt in allen Molls und Durs:
"Nimm das Grünbein-Geld. Verhur´s!"
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 19. Februar 2006, 16:29:48
Die vorgegebene Regel von Basti war, ein Gedicht mit den Worten "....." zu schreiben. Er hat nicht  gesagt, daß man auf jedes Wort bzw. jede Person einen Reim machen soll. Also kann auch geschrieben werden:

"Denk ich an Peter, Grünbein, Harry,  Bichsel und Durs am Tag,
fällt mir sofort ein, wen ich lieber mag"

und:

"Denk ich an P., G., H., B. und D. in der Nacht
wünsch' ich mich, Brahms hörend, auf ein Hausboot in der Heerengracht."

oder

"Seh' ich Grünbein, Harry,  Bichsel, Durs  und Peter
weiß ich: Jetzt kommt keine Dichtung, sondern nur Gezeter"

oder auch:

"Sieht Basti die oben Genannten, wird sein Herz ganz schwach
doch völlig anders als bei den lieben Bekannten in Strümpfelbach"

;D

Das sind jetzt noch einmal vier Hutzieher auf einen Streich!  
Und ich glaube, ich mag lieber provokative Streiche statt dieser Reim-Vergleiche.  ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 19. Februar 2006, 16:41:01
ZitatEs war doch wohl der Versuch, "Kunst" zu provozieren, übrigens mit der Aufgabenstellung
ZitatWer es schafft, ein Gedicht mit den Worten [...] zu schreiben...
Wo steht was von Reimen auf die Worte? :P

Warum reimst Du dann? Wär's ohne Reim nur Lyrik und kein Gedicht?  ;)

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 19. Februar 2006, 17:09:23
Will mal so sagen:
Hinter der Reimform verbirgt sich manchmal auch einfach nur ein Mangel an echter lyrischer Begabung...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 19. Februar 2006, 18:08:09
@ Has Been

*Applaus*  [smiley=dankk2.gif]
Wahrscheinlich kann man daran auch den Unterschied zwischen Kitsch und Kunst ergründen?

@ Basti #129
das sind wirklich antiquierte Hüte (sagt Dir die Tochter einer "Putzmacherin")! ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 19. Februar 2006, 21:14:33
Aber der Sänger, der drunter steckt, der ist cool.
Und wenn es NICHT darum gegangen wäre, die Worte SELBST zu reimen, wär's ja nicht  schwer gewesen, ja es wäre nicht mal wert gewesen, darum zu bitten - hätte ich von unser aller Bast NIE angenommen....

Da kann ich auch sagen: macht mal ein Gedicht, wo Silber vorkommt - und jeder hätt's gekonnt. 8-)

Ich ziehe meinen Hut, übrigens, vor den letzten Reimen - vor allem das Durs auf Verhur's - das ist nett. :D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 19. Februar 2006, 21:39:18
Zitat
Ich ziehe meinen Hut, übrigens, vor den letzten Reimen - vor allem das Durs auf Verhur's - das ist nett. :D

Mir ging das unter die Haut, weil ich gerade kurz vorher die CD von Konstantin Wecker "Am Flußufer" mit dem Song "Präposthum" gehört hatte. Darin wird ein alter Mann von seinen eigenen Kindern langsam (verschwindend untergebracht) umgebracht... und sein Geld von ihnen verhandyt und versoffen wird, weil dieser in seinen alten Tagen nicht gedurt, sondern gehurt hat...

Insofern bin ich eher für die Kausalkette (die Hur' auf das Dur):
Laß fahren all die Schnulzen-Reime im Pop-Dur
Mach lieber gute Lyrik mit einer klugen Hur'

(Übrigens, nur mal so ganz nebenbei: Die Wortfront-Texte sind sprachlich-poetisch - trotz der Reime - sehr gelungen, was wiederum aufzeigt, daß "postmodernes" Reimen nicht immer bzw. nur kitschiges Anschleimen bedeutet) ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 20. Februar 2006, 00:41:19
Das liegt daran, dass beim Roger auch der Unterbau stimmt. Er ist kein Reimer, sondern ein Poet.
oder wäre Dir aufgefallen, dass das "Herbstmanöver" vor allem deshalb nicht trieft, weil nur martialische worte verwendet werden.... Der Junge achtet extrem auf das "Dahinter". Bewundernswert.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Alex am 20. Februar 2006, 01:11:34
Peter
Grünbein,
Harry,  
Bichsel
Durs
Peter bichselte Harry durchs grün ans bein. [smiley=old_mata.gif]
einsatzgedicht. kein gedicht und reimt sich nicht.
--Doch Basti hat völlig recht, tote Buchläden statt lebendiger Kneipenkultur- Heine rotiert wohl im Grab!

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 20. Februar 2006, 04:06:39
Zitat Dagmar:
aus dem Grünbein hast Du einen Grünstein gemacht,
Jaja, sie sieht eben ,,nur" den Stein ;D. Irgendwo schrieb sie auch so was ähnliches wie: ,,Ich muss in meinen Stein." ;-) Den Satz hab ich bis heute noch nicht – oder besser: bestimmt anders als er gemeint war - verstanden.:-*


Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 20. Februar 2006, 06:13:19
"Herbstmanöver": Besonders marialisch ist: "der Herbst rammt dem Sommer seine Farben in die Flanken" und anschließend kommt "die Welt wird wieder bunter und trennt sich vom Ballast"....
In D-Land ist bei Worten wie "Das wird mir jetzt aber zu bunt!" immer "Herbstmanöver" und das Bunte wird durch's Anschwärzen überschattet und verdunkelt. Ständige, alltägliche, Verdunkelungsgefahr.
                     
Du sprachest vom "auffallen". Damit dies auf-fällt, müssen die Menschen wieder das Aufhorchen und Aufhören statt dem be(k)langlosen [Zu]Hören lernen. Das Zuhören entsteht durch interessenlose Wissensanhäufung in den bürgerlichen Bildungsanstalten. Dem Lehrer/Professor muß in seinen Monologen zugehört werden, aber der Stoff geht zum einen Ohr herein und zum anderen wieder heraus. Schule / Paukerei macht "zu" - d.h. unoffen für Wissen und das Interesse vergilbt im und mit dem Stundenschein.

Die Wortfront-Texte machen dies bewußt und aus Bastis "Nachlese" sprach sehr schön der Wunsch zum Dialog. (Deshalb muß dieser Satz von ihm auch wieder mit rein!)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 20. Februar 2006, 06:46:26
@ Andrea,
vor dem Auftritt in Strümpfelbach hatte er primär mit "Lampenfieberprophylaxe" zu tun, oder? ;)

Aber ich lese vieles eher mehrdeutig und manchmal schreibe ich auch so, was oft jedoch als verwirrend empfunden wird. Laß uns doch einfach mal assoziieren:

Stein steht für Ewigkeit und Unvergängliches. Stein bietet Schutz. Winzig kleine Steine können sehr wertvoll sein.
Es ist besser einen Stein im B(r)ett zu haben, als Stein des Anstoßes zu sein. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen und wer im Steinhaus sitzt, kein Glas zertrümmern.
Doch gerade ist mir wieder nach Reimen zumute:
Ich schwöre niemals Stein und Bein auf die Elf vom Niederrhein.
Einstein und Zweistein trafen Dreistein und witzelten über Grünbeins Fußballerbein.  
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 20. Februar 2006, 11:06:13
Na, zuerst war der Satz in Strümpfelbach so gemeint, dass ich mich wie eine Assel fühlte: krank und so, und tatsächlich unter einen Stein kriechen wollte. Dann ging mir die Doppelbedeutung auf. Aber mein Stein war ja in Berlin.
Der Satz mit dem Stein im B(r)ett - den klau ich Dir, Angel, der ist super! ;D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 20. Februar 2006, 11:06:52
ZitatUnd was hat das alles mit Kunst und Provokation zu tun? ;)
Titel: Wulst ohne Prävention
Beitrag von: Dunkelblaue Dille am 20. Februar 2006, 11:08:48

Oh, Anna - eine Dichtung... :-))


Durs Gelbstein trifft Grünbein
(der möcht gerne blau sein)
und bittet ihn: "Harry,
please carry me heim!"

Drauf sagt ihm der Grünbein:
"This cannot dein Ernst sein:
Ich hör nur noch Pixel!
Nee, frag doch den Bichsel."


Irgendwie ein bischen autistisch, wenn ich mich nur dergestalt äußere, deshalb:

Schöne Grüße!


P.S.:
ZitatUnd was hat das alles mit Kunst und Provokation zu tun?

Muss denn immer alles mit allem etwas zu tun haben?

[/color]
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Maexl am 20. Februar 2006, 14:30:50
ah, oh freude o freude - schön mal wieder was von dir zu lesen, auch wenn es ein gedicht ist, das sonderbare namen enthält.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 20. Februar 2006, 15:36:20
@ whoknows #145
Ich hatte den Satz und Zusammenhang auch nicht mehr so im Kopf und wußte auch nicht, daß Du schon in Strümpfelbach warst. Mir ging's aber ähnlich mit der Mehrdeutigkeit der Aussage wie Dir, weil Du ja auch schriebest: "Ich habe heute abend einen Auftritt"
Andrea sprach von "in den Stein" und dazu paßt ggf. "zeiT": "Wir brauchen Zeit / Um ganz in uns zu fliessen". Ich habe mich übrigens doch dafür entschieden, zunächst "zeiT" als mein Lieblingslied auszuwählen. "Worte", was ich auch sehr gut fand, ist ja leider nicht auf der CD. "Kein Beweis" gehört auch mit zu meinen Favoriten.

Den Satz schenke ich Dir, dann brauchst Du ihn nicht zu klau(b)en.  ;)

#146
Natürlich sind wir am Thema dran. Können Buchhalter Kunst machen?
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.heinehaus.de%2Fi%2Fpresse_wz.jpg&hash=cdf96f81c936b6abab6bbb0d7bc6a66814fff325)

Basti fühlte sich provoziert und rief zur Kunst gegen die Buchhaltermentalität auf. Oder habe ich ihn wieder mal nicht verstanden?  :-/

@DD
Klasse! Angel-Sächsisch zwischen all die "sonderbaren Namen" hineingewebt!  [smiley=dankk2.gif]
Sei lieb zwischen Tür und Angel von mir gegrüßt !  [smiley=engel017.gif]
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 20. Februar 2006, 16:30:23
Nun ja, ich spreche den jetztigen Pächtern des Heine Geburtshauses nicht ab, dass sie den Künsten aufgeschlossen sind. Die Buchhandlung Müller ist in Düdo wirklich eine der besseren, und hat auch früher schon Autorenlesungen veranstaltet. Ich wünsche ihnen für die Zukunft sogar das Beste. Vielleicht lesen dort ja auch mal weniger bekannte Künstler...

Mein Zugang zu der ganzen Sache ist ausnahmsweise eher mürrisch als intellektuell... Ich muss schamfrei zugeben, dass ich mich noch immer aus meinem Stammcafé verdrängt fühle- das ist alles. Aber so ist es ja auch, drum darf ich mürrisch sein. Auch wenn das neue Etablissement vielleicht sogar ganz nett wird. (Stell dir vor, whoknows, sie schlössen die Broadway Bar und eröffneten dort ein Bronner- Archiv,... sicher, der Vergleich hinkt, aber immerhin ein Vergleich.)

Tja, nachdem die Bücherhalter hinten einen Durchbruch in die ehemalige Mata Hari- Passage gemacht haben, sieht es sogar danach aus, als ob sie auch tatsächlich Platz für Veranstaltungen haben. Warten wir es ab...
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.literaturmueller.de%2FImages%2Faktuell%2FHeineHaus.jpg&hash=74a64e845af3ba937953974f81399ae15b42ca71)

http://www.heinehaus.de/
http://www.literaturmueller.de/
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 20. Februar 2006, 23:25:33
Also, die Maxeln auf den Foto sehen doch eher lustfeindlich aus - aber der Raum dahinter ist supernett.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 21. Februar 2006, 01:35:37
Ja, finde ich auch - könnte man glatt eine Halle für Bands daraus machen (kI) - Basti: Wie sind die Chancen für ein take over?  :P
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Alex am 21. Februar 2006, 02:41:23
Hallo Dagmar, das mit den takeover wird wohl eher schwierig. >:( Hab im Schnabelewobski, wies früher hieß, als es noch eine "Intellektuellen-" und Knalltütenkneipe war, 6 Jahre gekellnert. Müller und seine Frau- Sie- ein echtes Mistvieh- haben über Jahre versucht den Laden zu übernehmen. Nachdem sie in der Lokalpolitik sich genug eingeschleimt hatten, kamen sie irgendwann ins Lokal- mit Architekten- und benahmen sich wie Großgutsherren. Er ging ja noch, aber Sie- ein Mistvieh!!! Bäh. Nach dem Motto: ja, ja ihr dürft ja NOCH in unserem baldigen Buchladen sein- aber bald ist Schluß! Diese Kneipe- sorry da hängt ganz viiiieeel Herzblut bei mir drann- war wirklich in der Heineschen Tradition. Multikulti im besten Sinne. Menschen von 17 bis 91 Jahren als Stammgäste, Wichtige und unwichtige, schlaue und doooofe, gebildete und leere Staffeleien, der Chef der Westdeutschen Zeitung, der Feldmann vom Feuillton der Rheinischen Post, der Kasperspieler, der schon auf der Documenta spielte und bei "uns" seine neuen Bühnenbilder malte und hinterher wurde gekritzelt bis um 5 Uhr in der Früh. Herrlich!!! Und das alles auf der Bolker Straße der Altstadt in Düsseldorf, wo die Prolls 3 Millimeter über der Kotze fliegen und der Ballermann alle fest im Griff hält. Es war Heines Prinzip des laisse faire auf hohem Niveau!!! ES GAB SOGAR KÖLSCH!!! Ja Holla! Wenn Cheffe kein Bock mehr hatte hieß es: Schlüssel an die Gäste; zapfft und schreibt Euren Scheiß doch selber (auf). Sprich: Kellner weg, Gäste noch da, Fete geht weiter. Am nächsten oder übernächsten Tag wurden die Deckel braf mitgebracht und gezahlt. Verrückt? Ja, aber es  klappte! Bestens. Ich weiß nicht, ob Du mal dort warst, aber es war DIE Oase in der Altstadt. Es gab ein Meiersches Lexikon von 1924- bissken alt aber lustig, das mindestens einmal am Abend belästigt wurde um irgend etwas nachzuschlagen-  Wette gewonnen- oder auch nicht- 'Lokalrunde´ Tätä... Es ist soo traurig- ein lebendiger, pulsierender Ort wird plastiniert. Tot- für die Ewigkeit. Ich kotz gleich! Schade. Nu gibts Bücher, die- hach wie lustig, mit dem Buchrücken nach hinten stehn. Toll, toll, toll- aber tot, tot, tot. Dank an unseren Oberbürgermeister Erwin. Kunst als lukrativer Wirtschaftsfaktor- Danke. Ende. Tot. Wohl der lauf der Dinge... :-X
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Alex am 21. Februar 2006, 03:02:40
@Basti. Nein, ich wünsch ihnen die Hölle an den Hals. >:(
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 21. Februar 2006, 10:41:43
Ja, so isses oft. Meinem Lieblings-Elefantenfriedhof in Wien wird's auch irgendwann nicht anders gehen - weil solche Lokale sich meist so gerade mal eben über die Runden bringen, und da isses dann leicht, sie aufzukaufen. Der Weg alles Irdischen - und dann liest man irgendwann über die legendären Lokale - Strohkoffer, Fledermaus, Vanilla, Opus, das alte U4, Monte, blablabla (das sind nur ein paar, und nur die aus Wien - ich schätze mal, in jeder halbwegs lebendigen Stadt gibt's da Beispiele.

Andererseits: Das braucht es auch, dass man etwas nachweint - sonst würde es nie Kultstatus erlangen, oder? ;)
Ich bin immer sehr hin und hergerissen: Wenn man über Ausgrabungen liest, was alles mal wo war und längst nicht mehr ist - und was dann danach kam...Veränderung ist auch gut, weeste, wenn auch ziemlcih schmerzhaft.
Ich seh's ja bei mir: Ich weine extrem vielen Dingen nach, die ich in Wien hatte - von Nahrung über Lokale über Menschen und Jobs - andererseits tut es mir einfach gut, auch im Ungewissen zu sein, und alles neu bauen zu müssen. Nur aus Tod kann Neues entstehen, Sinnspruch so zwischendurch. :P
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: mmeixner am 21. Februar 2006, 13:32:30
ZitatIch weine extrem vielen Dingen nach, die ich in Wien hatte - von Nahrung über Lokale über Menschen und Jobs - andererseits tut es mir einfach gut, auch im Ungewissen zu sein, und alles neu bauen zu müssen. Nur aus Tod kann Neues entstehen, Sinnspruch so zwischendurch. :P

Der Samuel Beckett (den ich heiß verehre) hat einmal auf die Frage, warum er denn jetzt französisch schreibe (er war ja im Englischen extrem virtuos) hat er gesagt: "Um mich arm zu machen..."
Zuviel zu können ist manchmal fast schon hinderlich (obwohl: meistens nicht, wenn ich so nachdenk...)

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 21. Februar 2006, 14:41:51
Seit ich in Köln wohne, kann ich sagen, dass ich mich erst in den letzten Monaten hier richtig zu Hause fühle. Das macht auch das Tanzprojekt. Durch die Schauspieler und Tänzer merke ich, dass es auch hier Künstler gibt, mit denen ich mich austauschen kann. Da entstehen gerade schöne Freundschaften. Das macht viel aus. In Wien kannte ich ja auch viele Leute aus der Musikszene. Das hat mir in den letzten Jahren irre gefehlt, dieses sich miteinander auszutauschen und einander zu helfen. Klar machen wir das hier im Forum auch. Aber in der eigenen Stadt ist das genauso wichtig. Jetzt will ich nicht mehr weg. Außer die gehen alle mit nach Berlin ;-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 21. Februar 2006, 15:37:48
@ Alex

Das liest sich, als hätte dieses "Buchverkäuferpärchen" ein regelrechtes "Herbstmanöver" inszeniert. Die früheren Betreiber und Gäste des "Schnabelewobski" wurden dabei in die "Winter(r)eise" geschickt.  >:(  In DüDo scheint es dadurch extrem kälter geworden zu sein.  :-[

Ich kann Dich gut verstehen, habe Ähnliches auch schon oft erlebt...
Und Kunst wird zum erstarrten Ladenhüter (um hier noch einmal auf die Hutmetapher von #126 einzubringen), bewacht von den Buchhaltern.

Doch ich habe ein Idee: Vielleicht magst Du ja eine Bohème-Gruppe namens "Die Schnabelewopskis" (mit den Gästen des "Schnabelewobski") begründen, Ihr streift dann durch die Düsseldorfer Kneipen und tragt darin Eure Gedichte vor? Dabei könnt Ihr die Betreiber des Heine-Hauses und seine neue "Kultur" auch schön auf die Schippe nehmen... Das ist doch besser, als wenn jeder von Euch einzeln für sich in sich hineingrollt und Flüche ins Leere spricht, oder?

Meine philosophische Lieblingsstelle aus dem Heine-Text:
"Was ist Traum? Was ist Tod? Ist dieser nur eine Unterbrechung des Lebens? oder gänzliches Aufhören desselben? Ja, für Leute, die nur Vergangenheit und Zukunft kennen und nicht in jedem Momente der Gegenwart eine Ewigkeit leben können, ja für solche muß der Tod schrecklich sein! Wenn ihnen die beiden Krücken, Raum und Zeit, entfallen, dann sinken sie ins ewige Nichts."

Eine Bohème-Gruppe dieses Namens kann sich also nicht an einen Raum binden (hör' also auf der Bar nachzujammern!), sondern sollte zeit- und heimatlos querfeldein agieren und GegenwartsTräume leben und (sie) nicht mehr (nur) warten. Ich habe mal gegoogelt. Eine Gruppe dieses Namens (weder mit "p" noch mit "b") existiert - selbst in Düsseldorf - noch nicht.  [smiley=happy.gif]
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 21. Februar 2006, 18:01:36
Gar keine schlechte Idee. Ich habe vor einiger Zeit gesagt, dass Du, angel, im Gegensatz zu den meisten von uns zu den wirklich wertvollen Mitgliedern (ohnegliedern) der Gesellschaft gehörst, weil die anderen gerne motzen und meckern, aber Du gehst dann tatsächlich und TUST was. Das finde ich grossartig!!

ZitatZuviel zu können ist manchmal fast schon hinderlich (obwohl: meistens nicht, wenn ich so nachdenk...)
doch, meistens schon. Inzwischen. Früher war es bewundernswert, wenn wer viele vierschiedene Sachen beherrschte - heute ist es für die meisten Menschen eher verdächtig. Wenn jemand Regisseur, Autor, Schauspieler und vielleicht g*tt behüte noch Maler ist, da muss er/sie schon über 70 sein, dass die Vielseitigkeit lobend erwähnt wird. Aber Jobs kriegen die Leute, die eindeutig EINE "Sache" sind, soll heissen einen Beruf haben. Man schubladisiert eben gern. Ich kenne etliche Mehrbegabungen, die aus dem Druck von aussen heraus sich spezialisieren mussten, sonst wären sie in nix ernst genommen worden.

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 21. Februar 2006, 18:54:53
Jetzt muß ich Dich aber mal rügen, whoknows. Jede/r hier tut das, was er/sie kann und bringt positive Impulse und Inspirationen (das Atmen der Musen, ohne die unser Leben verdorren würde) ein! Deshalb liebe ich dieses Forum ja so!
Und jeder hier läßt auch mal "Dampf ab" - das habe auch ich schon zeternd hier gemacht.

Ich hatte mich - als ich mich mit der verlorengegangenen Bar und Bastis und Alex Zorn beschäftigte - an meine Bohème-Zeit erinnert. Es kam dabei oft so viel Begeisterung auf, daß Wirt und Gäste uns oftmals zum Rezitieren auf einen Tisch stellten, es hagelte Applaus, Getränke und Spenden. Einige unserer Texte haben wir auch auf Demonstrationen vor Tausenden von Menschen gesprochen... und einige wurden publiziert.
Entstanden sind sie in Kneipen u.a. zwischen und mit Prol's und Huren.

Eine durch die Kneipen streifende Bohème-Gruppe täte Düsseldorf sicher gut!  :)
Am besten fängt man mit den Kneipen an, wo man sicher ist, daß der Wirt damit einverstanden ist und das Kneipenpublikum so was mag, bekommt darin Übung und Sicherheit ... und wagt sich dann in andere Gefielde...  [smiley=evil.gif]

Man kann es auch noch mit anderem kombinieren. Ich habe z.B. Briefe mit selbstgemalter Briefmarke verschickt, die durch die Post gingen und keine Nachgebühr kosteten. Viele wollten z.B. auch gern solch einen Brief bekommen. Denen habe ich dann angeboten, ihnen eines der Gedichte in solch einem Briefumschlag zuzuschicken; das hat zusätzlich Spenden gegeben.  :)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Alex am 21. Februar 2006, 21:07:51
Durch Düsseldorf streifende Boheme Gruppe? Das hört sich ja an wie TKKG ;D Quatsch: ich hab da gekellnert und umsonst mein Bier bekommen! Boheme, ts ts ts... :-?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 21. Februar 2006, 22:36:44
Ähäm - was spräche dagegen? Basti und Du wärt' (und noch 1-2 weiterer) wärt doch  bestimmt ein gutes Gespann...  8-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 21. Februar 2006, 23:44:19
Siehste Angel, da hat Whoknows doch was ganz Richtiges gesagt!
Das "Man kann halt nicht alles ändern, was einem nicht gefällt" ist oft so viel stärker als das "Hier ist EINE Sache, die ICH ändern KANN", und Du gehörst zu den viel zu wenigen Menschen, die nach dem letzteren Motto leben.
Das verdient (allen Protesten zum Trotz :P) höchsten Respekt - und beschämt mich gelegentlich ein bisschen...

Zum Thema "Kunst und Provokation" gibt's übrigens einen neuen Fall, der hier noch nicht erwähnt wurde:

ZitatAufruhr in der Theater-Szene

Frankfurt/Main (ddp-hes). Die Vertragsauflösung des Frankfurter Schauspielers Thomas Lawinky wegen eines Übergriffs auf den Kritiker Gerhard Stadelmaier hat eine lebhafte Diskussion in der Theaterszene entfacht. Das Berliner Ensemble (BE) bot Lawinky am Montag «theatralisches Asyl» an. Intendant Claus Peymann ging Stadelmaier zugleich scharf an, ebenso wie Regisseur Christoph Schlingensief. Mäßigend, aber ebenfalls kritisch zur Reaktion der Stadt Frankfurt und ihres Schauspielhauses äußerten sich die Intendanten der Münchner Kammerspiele und des Hamburger Thalia Theaters, Frank Baumbauer und Ulrich Khuon.

Stadelmaier selbst bekräftigte derweil, wie empört er über den Vorfall am vergangenen Donnerstag ist. Je länger er darüber nachdenke, desto fassungsloser sei er. «Als ich das Theater verließ, rief mir der Schauspieler nach: ´Hau´ ab du Arsch, verpiss dich´», berichtete Stadelmaier. Er sei beleidigt und in seiner bürgerlichen Ehre gekränkt worden. Der Vorfall, bei dem ihm Lawinky auch den Notizblock entrissen hatte, sei ein «Angriff auf die Pressefreiheit» gewesen.

«Im Gegensatz zu Frankfurt sind im Berliner Ensemble die Haupttugenden des Theaters ausdrücklich erwünscht: Fantasie und Improvisation, Frechheit und Toleranz, Selbstironie, Sex, Geschmacklosigkeit, Subversion, Blasphemie und so weiter bis ans Tor der Hölle», sagte der Intendant des Berliner Ensemble, Peymann. Er bot Lawinky an, als festes Mitglied ins BE einzutreten. Peymann fügte hinzu, wenn der «selbstherrliche Theaterverletzer» und «Theaterkaputtschreiber» Stadelmaier wegen eines Engagements von Lawinky künftig auf die Besuche im BE verzichten würde, so werde das BE dies verkraften.

Regisseur Schlingensief beklagt, dass Lawinky aus dem Ensemble ausschied, ohne dass sich die Intendantin Elisabeth Schweeger den Vorgang selbst angesehen habe. Mit der Intervention von Stadelmaiers Zeitung wegen der Attacke habe sich der Kritiker «selbst entzaubert», sagte Schlingensief. Er sieht Stadelmaiers «Zeiten als Starkritiker» vorbei.

Der Münchner Intendant Baumbauer hält den gesamten Vorgang für eine Ansammlung von Überreaktionen auf allen Seiten. «Es wäre darum gegangen, erst mal die Emotionen aus dem Fall rauszunehmen und den Ball flach zu halten», sagte Baumbauer. Natürlich müssten sich Schauspieler und Intendantin bei dem Kritiker entschuldigen. Aber damit müsse «es auch gut sein». «Ansonsten hätte sich die Intendantin Elisabeth Schweeger zunächst schützend vor ihren Schauspieler stellen müssen», sagte Baumbauer.

Ähnlich äußerte sich Thalia-Intendant Khuon. Die Entschuldigung des Schauspielers und der Intendantin sei «angemessen und erwartbar». Alles andere an dem Fall sei problematisch. «Und der Kritiker, der beim Austeilen extrem drastische und verletzende Worte wählt, muss sich fragen lassen, ob seine überempfindliche Reaktion angemessen ist», sagte Khuon.

siehe auch:
http://de.news.yahoo.com/060220/12/4vjuo.html

Kunst oder nicht: Um DIESEN Auftritt beneide ich den Schauspieler!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 22. Februar 2006, 00:43:43
ZitatGar keine schlechte Idee. Ich habe vor einiger Zeit gesagt, dass Du, angel, im Gegensatz zu den meisten von uns zu den wirklich wertvollen Mitgliedern (ohnegliedern) der Gesellschaft gehörst, weil die anderen gerne motzen und meckern...
Hm, whoknows, höre ich da ganz leise jemanden motzen...? ;)

Aber ist ja wurscht, kann jedem mal passieren.

Zitataber Du gehst dann tatsächlich und TUST was.
Äh,... tun sollten es in diesem Falle Alex und ich, wenn ich mich recht entsinne...

Es ehrt dich, Angel, dass du die Düsseldorfer Altstadt nicht kennst. Wirklich! Und die Idee der herumziehenden Bohémiens ist per se entzückend. Nur, ich sehe mich nicht im Pizza Hut, dem Oberbayern oder dem Ballermann auf dem Tisch stehen und mit hochrotem Kopf Gedichte vorschreien. Es geht auch weniger ums Vortragen, sondern darum mit Freunden und lauter interessanten schrägen Vögeln beisammensitzen zu können. Diesen Ort, an dem man alle treffen kann gibt es nun halt nicht mehr. Ersatzlos. Da kann man moppern, oder gemeinsam im Viereck springen und den Erlkönig skandieren- C'est fini, passé, tot ziens... So ist es jetzt eben.

ZitatDer Samuel Beckett (den ich heiß verehre) hat einmal auf die Frage, warum er denn jetzt französisch schreibe (er war ja im Englischen extrem virtuos) hat er gesagt: "Um mich arm zu machen..."
Stimmt, Michi. Weißt du was ich lustig finde: Derselbe Beckett schrieb dann in Folge in seinem besten Französisch:
"Quand on est dans la merde jusqu'au cou, il ne reste plus qu'à chanter."
[smiley=old_cheesy.gif]

Zum Theateraufruhr hab ich auch schon was gelesen und gehört, aber hab noch keinen richtigen Senf dazu. Später bestimmt.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 22. Februar 2006, 00:49:41
ZitatÄh,... tun sollten es in diesem Falle Alex und ich, wenn ich mich recht entsinne...
In DIESEM Falle... ;)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 22. Februar 2006, 01:22:23
Ich hab diese ganze Geschichte nicht mitgekriegt. Was war: der Kritiker hat schlecht geschrieben, und der Schauspieler gemotzt und dem Kritiker eine geknallt und ist daraufhin gefeuert worden? hab ich das richtig verstanden?

Wo ist die Frau in der geschichte?
(KarlKraus und Marc Henry wegen der Maria Delvard - zuerst hat Kraus gut geschrieben, weil er die Delvard wollte, dann hat die gesagt, sie will ihn nicht, dann hat er schlecht geschrieben, darauf hat ihn der Henry verprügelt - Altenberg beschreibt das sehr schön - gefeuert wurde keiner, übrigens.)

Und: wohin will der Peymann engagieren, wo der Hochhut ihm doch die Miete aufkündigen will?



ZitatEs kam dabei oft so viel Begeisterung auf, daß Wirt und Gäste uns oftmals zum Rezitieren auf einen Tisch stellten, es hagelte Applaus, Getränke und Spenden.
Ich indes, habe in Berlin nur erlebt, wie eine Frau in die U-Bahn stieg und sagte: wenn mir jeder 5 cent gibt, lese ich meine Gedichte NICHT vor - und hat tatsächlich von jedem sofort Geld angeboten gekriegt.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 22. Februar 2006, 01:26:32
Basti, DüDo besteht doch nicht nur aus der Altstadt, oder? Und von wegen der Kopfbedeckung (Be- und Verhütung): da hatte ich doch nix angeraten - gar nicht zu empfehlen ist z.B.: sich Federn toter Vögel ins Haar zu stecken...  8-)


Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 22. Februar 2006, 01:30:36
Zitatwenn mir jeder 5 cent gibt, lese ich meine Gedichte NICHT vor - und hat tatsächlich von jedem sofort Geld angeboten gekriegt

*kicher*  ;D Coole Idee!!

@Has Been: Ich bin zu faul, um zu googeln: Kennst Du die Hintergründe? Was hat der Stadelmaier denn geschrieben, bzw. woher wusste der Schauspieler bereits von der Bühne aus und während der Premiere, was da auf seinem Notizblock steht. Das Ganze hat doch sicher eine Vorgeschichte, oder? Weisst Du was darüber?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 22. Februar 2006, 01:42:44
Hier mehr dazu - auch Video:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_18627740

Interessant an dieser Geschichte ist, daß hier die Kunst- und die Pressefreiheit miteinander bzw. gegeneinander hadern...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: mmeixner am 22. Februar 2006, 08:27:51
Zitat
ZitatWeißt du was ich lustig finde: Derselbe Beckett schrieb dann in Folge in seinem besten Französisch:
"Quand on est dans la merde jusqu'au cou, il ne reste plus qu'à chanter."
[smiley=old_cheesy.gif]

Respekt! Hab erst mein Wörterbuch konsultieren müssen, bevor ich antworten konnte... aber der Ausspruch kommt in die Sammlung!
Was mir ja noch so gefällt von Beckett: "Alle Literatur strebt den Zustand der Musik an." (Oder so ähnlich; bin nicht gut im Zitieren aus dem Gedächtnis.)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: mmeixner am 22. Februar 2006, 09:00:05
ZitatHier mehr dazu - auch Video:
http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_18627740

Interessant an dieser Geschichte ist, daß hier die Kunst- und die Pressefreiheit miteinander bzw. gegeneinander hadern...

Also ich hab mir das Ganze jetzt angehört / angesehen und mir kommt vor, dass Überlegungen zu Kunst- und Pressefreiheit ein allzu feierliches Mäntelchen für eine Geschichte von ein paar heissgelaufenen Egos sind...(hätte ma halt ein paar Tage warten müssen, dann muss niemand unnötig sein Gesicht verlieren, der's vielleicht nicht verdient hat)

...aber ich war nicht dabei, und deshalb ist das eine strengstens subjektive Ansicht...

[ Mich ärgert immer, wenn wichtige Grundrechte inflationär herangezogen werden in Geschichten, die es nicht verdient haben; oder wie manche Regierungen dazu neigen, Mehrheitsverhältnisse zum Betonieren halbwichtiger Angelegenheiten durch Gesetzgebung im Verfassungsrang zu mißbrauchen  :(  ]

Oder eben, wenn die Pointe wichtiger als die Wahrheit wird...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 22. Februar 2006, 09:46:47
...oder der Reim wichtiger als das Gedicht? ;)

Aber ich denke auch, dass diese Kategorien hier nicht anwendbar sind.
Wenn die persönliche Beleidigung eines Journalisten tatsächlich schon ein Angriff auf die Pressefreiheit wäre, was ist dann die fortgesetzte gewerbsmäßige Beleidigung von Kunst, Künstlern UND PUBLIKUM durch deutsche Kritiker?

Da ich selbst kein FAZ-Leser bin, kann ich nicht beurteilen, ob es hier wirklich den Richtigen getroffen hat - aber seine Reaktion lässt es mich stark vermuten.

Interessant an der Debatte fand ich die Argumentation, Kunst hätte sich gefälligst ausschließlich auf den ihr zugewiesenen Raum - in diesem Falle die Bühne - zu beschränken und dürfe keinesfalls "belästigend" auf den geschützten Bereich des Publikums übergreifen...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 22. Februar 2006, 10:19:25
Ich hab jetzt nirgends gelesen, was der SCHAUSPIELER dazu sagt. Nach diesem Artikel scheint es mir, es sei doch in der Inszenierung gelegen, dass man das Publikum irgendwie "angeht" - aber die hatten dann Angst vor eigenen Courage, als der Schauspieler nicht Otto Plebs angegangen ist - kann das sein?

Aber solange der Schauspieler nicht aus einer Rolle herausgetreten ist, und als Privatperson angefangen hat, während des Stückes wen zu beschimpfen - in diesem Fall fände ich eine Entlassung rechtens, egal wen er beschimpft hat. Wenn es aber Konzeption war, irgendwen im Zuschauerraum anzugehen, und er jemanden wählte, der mit dem Theater in Interaktion lebt, dann kann man ihn beiseite nehmen und sagen: Du Depp, wir wollen doch dem sein Wohlwollen! - aber kündigen? Das ist Duckmäuserisch zur Potenz.

im Übrigens stimme ich voll mit Michi überein, dieses "let's make a scandal" ist einfach nur blöde, und untergräbt  Gewicht&Wirkung, die ein Skandal haben könnte.

Auch diese Bemerkung von HasBeen, dass die meinten, Kunst habe nicht zu verstören, verstört mich doch einigermassen. Schon Aristide Bruant beschimpfte sein Publikum , und Handke glaubte, fast hundert Jahre später noch modern zu sein, als er es ebenfalls tat, damals war das schon nicht so RICHTIG skandalös, aber es war doch einige Aufregung wert ---- mir scheint, es hat sich nix verändert.....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: mmeixner am 22. Februar 2006, 10:56:12
ZitatInteressant an der Debatte fand ich die Argumentation, Kunst hätte sich gefälligst ausschließlich auf den ihr zugewiesenen Raum - in diesem Falle die Bühne - zu beschränken und dürfe keinesfalls "belästigend" auf den geschützten Bereich des Publikums übergreifen...

Wobei ich auch dankbar wäre, nicht auf diese Art von der Bühne angegangen zu werden, ohne dass deswegen mein Kunstverständnis damit kompromittiert wäre...
(weiss nicht, ob das ein klarer Satz ist jetzt, aber ich bin zu faul neu zu formulieren jetzt gerade :-)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 22. Februar 2006, 11:47:07
ZitatMich ärgert immer, wenn wichtige Grundrechte inflationär herangezogen werden in Geschichten, die es nicht verdient haben
Daran erkennt man ja meist den "Schuldigen". Wem das fachliche Argument abhanden gekommen ist, der hängt sich eben gleich ans Grundrecht.

Ich hab ebenfalls den Eindruck, dass da mehreren Leuten "die fachlichen Argumente" ausgegangen sind:
"forderte Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) das Vertragsverhältnis mit Lawinky sofort zu beenden. Das Verhalten des Schauspielers sei ein Angriff auf die Pressefreiheit und unverzeihlich."
Na das ist doch drollig. Welches Süppchen hat denn die Frau Oberbürgermeisterin da zu kochen... ;D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 22. Februar 2006, 11:59:11
ZitatWobei ich auch dankbar wäre, nicht auf diese Art von der Bühne angegangen zu werden, ohne dass deswegen mein Kunstverständnis damit kompromittiert wäre...
Das ist ja eine gerade bei Kritikern sehr beliebte Technik:

Man formuliere einen Anspruch, möglichst pauschal, um ihm die Akzeptanz der Allgemeingültigkeit zu verschaffen, und weise dann nach, dass dieser Anspruch im ganz speziellen Falle grob missachtet wurde.
So wird der subjektiv selbstgesetzte Standard des Autors zum scheinbar objektiven Maßstab des Lesers.

Im Übrigen bin ich durch meine eigenen Erlebnisse mit Vertretern jener Zunft durchaus befangen in der Sache, frei nach Wolfgang Neuss "zu sehr MENSCH, um Humanist zu sein".

Mir wäre eine unkontrollierte öffentliche Entgleisung des Schauspielers sogar fast NOCH sympathischer weil menschlich verständlich, wenn sie im vollen Bewusstsein der möglichen Konsequenzen eben NICHT unter dem schützenden Deckmantel der Kunst stattgefunden hätte.

Ob dem so ist, da widersprechen sich die Berichte und scheiden sich folglich die Geister...
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Andrea am 22. Februar 2006, 12:45:16
Ich hab bisher nur den artikel gelesen. Mir scheint, da haben einige Leute überreagiert. Wär interessant, was der Schauspieler selbst zu der Sache sagt. Jedenfalls finde ich es unangemessen, ihn wegen dieses Vorfalls zu kündigen. Hätte es jemanden aus dem Publikum getroffen, der KEIN Theaterkritiker wäre, hätte das nicht so eine Welle geschlagen.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 22. Februar 2006, 13:22:48
Für mich steht und fällt die ganze Sache damit, ob es inszeniert war jemanden aus dem Publikum irgendwie anzugehen oder nicht. Also: die Rechtmässigkeit der Entlassung.
Ich habe als Theaterdirektor und Regisseur das Recht, mich auf meine Schauspieler verlassen zu können, im sinne von: sie steigen nicht plötzlich aufgrund irgendeiner Regung aus dem Stück aus.

Klar, ich gehöre auch zu den Mitmach-HASSERN, und setze mich daher lieber nach hinten, um nicht plötzlich zum mitsingen oder sonstwie -tun aufgefordert zu werden. Aber das war offenbar ein modernes Stück, und da muss man mit sowas eben rechnen, und wenn's denn passiert, irgendwie gute Miene machen oder sich ärgern und punkt.
Alles andere ist Hengstbissigkeit und Profilierungssucht.  :P


Und ich finde es bemerkenswert, dass es offenbar kein Statement vom Schauspieler gibt.....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Has Been am 22. Februar 2006, 14:15:46
ZitatHengstbissigkeit und Profilierungssucht.  :P
Wem gilt denn jetzt die Zunge? *aggressiv schnaubend mit den Hufen scharr* ::)
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 22. Februar 2006, 14:51:44
Kommt drauf an, wie Du sie auslegst. ;D
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 22. Februar 2006, 17:37:46
Auslegungssage oder Auslegware?  [smiley=old_huh.gif]
Das liest sich hintergründig jetzt, wie das "Zünglein an der Waage" ... - doch kommt es vielleicht eher darauf an, ob es jemand vermag, scharfzüngig zu argumentieren? Da mir diese Eigenschaft nachgesagt wird, werde ich mich mal wieder darin üben:

Also: dieser Theaterkritiker hätte wissen müssen, daß dies ein Provo-Stück ist, in das das Publikum mit involviert ist und es außerdem beschimpft wird. Aber er konnte scheinbar aus seiner starren Rolle als THEATERKRITIKER nicht heraus und wollte keinesfalls die Rolle des schnöden und banalen (scheinbar kritiklosen) PUBLIKUMS annehmen.  

Als Kinder haben wir solche Persönlichkeiten "Spielverderber" genannt. Und exakt diese Rolle scheint der Herr zusätzlich zu der als "THEATERKRITIKER" gespielt zu haben.

Er hätte ja auch - als er gefragt wurde, was er da geschrieben hätte - antworten können: "Ich habe geschrieben, daß das Stück eine Beleidigung von Ionescos Anliegen ist und Sie ein schlechter - da eitler - Provokateur sind".  ::)

Tja, in einem solchen Stück könnten die Individuen des Publikums zu Darstellern werden, d.h. Rollentausch praktizieren. Da hat ein Kritiker (s)eine Chance verpaßt, seine Kritik in den Mittelpunkt des Stückes zu stellen und hätte zum Star des Abends und damit wirklich zu einem STARKRITIKER werden können...  8-)
Statt dessen blieb er sturer Blockhalter und hat seine Rolle - sowohl als Publikum, wie auch als Kritiker - vermasselt bzw. zeigte mit seinem Verhalten seine ihm innewohnende Blockwartmentalität auf.

Wenn ich der Schauspieler wäre, würde ich genAU DAS sagen und damit die Bemerkungen der mit Lawinky sympathisierenden Intendanten sowie Schlingensiefs Kritik der Theaterkritik toppen...  ;)
Doch diese Kritik ginge zu weit. Sie würde das bürgerliche Theater und die Trennung sowie Hierarchie zwischen den Darstellern auf der Bühne und dem Publikum/Auditorium im Saal in Frage stellen und damit alle Rollen aufheben.

Insofern wird es bei dem wutschnaubenden Hufgescharre in den Ställen des Medien- und Kulturbetriebes bleiben und die Gestelle und Stellungen weder angetastet noch angekratzt.
Die beleidigten und eitlen Zungen werden bald verstummen und das Skandälchen der bornieren Egomanen verläuft  (sich) - wie gewohnt - im Alltagstrab und -trott des betretenen Grundrechts bzw. landet im ihm zugewiesenen Regal auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten im Kleinkrämerladen namens "Meinungsfreiheit".


Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 23. Februar 2006, 00:21:17
Jetzt habe ich mich mal so weit wie möglich über die ganze Sache informiert (Dank an alle, die hier diesbezügliche links hinein gestellt haben). Mir geht zu der Angelegenheit folgendes durch den Kopf:

Ich habe viele Jahre interaktives Theater gespielt und beabsichtige ja auch, das in Zukunft wieder verstärkt zu tun. In unseren Vorstellungen an der Kölner Playback-Bühne haben wir seinerzeit IMMER bei der Plakatierung usw. deutlich darauf hingewiesen, dass es sich um interaktives Theater handelte. Die Leute wussten also, worauf sie sich einlassen, wenn sie in die Vorstellung kamen, bzw. haben durch die Vorankündigung "gewarnt", die Möglichkeit gehabt, sich in ein kleines hinteres Eckchen zurück zu ziehen, wenn sie lieber nicht involviert werden wollten. Außerdem - und das war ein großer und aufwendiger Schwerpunkt meiner diesbezüglichen Ausbildung: Wir sind sehr trainiert worden darin, bereits mit Beginn der Vorstellung permanent die Reaktionen möglichst vieler Menschen im Publikum genau wahrzunehmen und richtig zu deuten. Es gilt im Bereich des Stegreif-Schauspiels eigentlich als unerlässlich für einen professionellen Anspruch, nur Leute zu involvieren, deren latente Bereitschaft man dafür auch wahrnimmt. Klar, man kann daneben hauen - das passiert. Aber in der Regel gilt doch: Wer dieses Genre vernünftig beherrscht, involviert nicht Leute aus dem Publikum, von denen zu erwarten ist, dass sie anschliessend schreiend das Theater verlassen. Ich spreche da aus vielen Jahren Theatererfahrung: Es kann passieren, dass man bei der Auswahl eines Menschen aus dem Publikum daneben greift, nobody is perfect. Eigentlich aber sollte da jeder Profi, der sich an diese doch eher schwierige Kunst interaktiven Theaters wagt, soviel Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen, dass er nicht jemanden in das Stück involviert, der anschließend deshalb ohnmächtig zusammen bricht. Dann finde ich, sollte man besser als Schauspieler diese sehr spezielle Theaterform nicht spielen. Aus Sicht derjenigen, die auf der Bühne stehen und die Vorstellung spielen, kann ich sagen: Das lernt man bei dieser Theaterform - eine vernünftige Ausbildung voraus gesetzt - : Genau und überwiegend richtig wahrzunehmen, wer im Publikum wie drauf ist (kleine und von diesem Thema völlig unabhängige Randbemerkung: DIESE Fähigkeit ist dann anschliessend sehr hinderlich, wenn man Chansons singen will - was ganz anderes - und bei jedem Augenzucken eines Menschen im Publikum dessen persönliche Reaktion auf die Nummer abschätzt   ::) - kI-) Selbst wenn ein "Eklat" im Stück geplant war, ist das im interaktiven Theater immer ein GEPLANTE Aktion - womit wir wieder bei geschulter Wahrnehmung der Schauspieler auf der Bühne für dies Art von Theater wären.

Fazit für mich: Ich frage mich schon, was der Schauspieler sich denn dabei gedacht hat, ausgerechnet diesen Stadelmaier auszuwählen, und ob er sich überhaupt etwas gedacht hat. Er müsste ihn erkannt haben - Stadelmaier gilt als sehr bekannter Kritiker, der alles in Grund und Boden schreibt, als arroganter, höchst narzisstischer Mensch, dessen eigene Profilierung sein einziges Interesse ist. Das muss der Schauspieler eigentlich gewusst haben. Unabhängig davon und egal ob er das gewusst hat oder nicht: Er hätte dessen persönliche Energie, Reaktion und Ausstrahlung WAHRNEHMEN müssen während der Vorstellung als guter interaktiver Schauspieler. Da ist ihm eine eklatante Fehleinschätzung unterlaufen, was mich zu der Frage bringt, ob er oder wahrscheinlich der Regisseur sich vielleicht ein wenig verhoben hat mit der ganzen Aktion (was generell meine Erfahrung ist *ärger  :( : Interaktives Theater traut sich jeder Provinz - Schauspieler und jeder Dorf-Regisseur zu, egal ob er je dazu was gelernt und trainiert hat. Das ist aber oft eine völlige Selbstüberschätzung, vor allem Regisseure inbegriffen!!!) Der Regisseur hat für mich schon die Verantwortung dafür, darüber nachzudenken, ob seine Schauspieler die geforderte Leistung überhaupt bringen können, und das auch professionell abschätzen zu können. An dieser Stelle frage ich mich also: Wenn überhaupt Entlassung, wieso hat man denn nicht den Regisseur entlassen???

Was die Intendantin betrifft: Ich bin nahezu entsetzt über ihre Statements dazu und frage mich, ob sie das Stück überhaupt je gesehen hat während der Proben? In ihren Statements findet sich keinerlei Bezug auf das Stück, auf die Intention, auf gar nichts diesbezüglich. Entweder kümmert sie sich nicht um die Stücke an ihrem Theater, oder aber ihre Amtszeit läuft aus und demnächst steht eine Wiederwahl an (ich vermute Letzteres). Dann braucht sie die Politik, um ihren Job zu behalten - es erklärt sich damit ihre Reaktion.

Fazit für mich: Als Intendantin ist sie allerdings damit eine Totalkatastrophe!

Was den Kritiker bertifft: Der Stadelmaier schreibt unsäglich seit Jahren. ich weiß nicht, wie oft ich mich über den schon geärgert habe. Als ich so seine Statements zu der ganzen Angelegenheit auf mich habe wirken lassen, dachte ich spontan und ehrlich erstaunt: "Sieh mal an, der hat das ganze Stück tatsächlich nullkommanull begriffen." Ich glaube ernsthaft, der hat einfach gar nichts verstanden. Der hat nicht kapiert, was das für ein Stück ist, den interaktiven Ansatz nicht, nix eben. Vor DEM Hintergrund ist ein Mensch natürlich schwer beleidigt, wenn er beschimpft wird. Ich habe immer mal wieder in der Vergangenheit beim Lesen irgendwelcher Stadelmaier-Kritiken gedacht: "Na, das hört sich aber komisch an. Ob der das verstanden hat, um was es da wirklich ging?" Ich dachte dann immer, dass ich ja nicht da war und mir kein wirkliches Urteil erlauben kann.

Fazit für mich: Der Stadelmaier hat weniger Ahnung als es scheint. Vielleicht ist er sogar ein Volltrottel, der nirgendwo nix kapiert und sich nur bislang äußerst geschickt verkauft hat.

Was die CDU - Tante betrifft: Ich verstehe ernsthaft nicht, wieso die sich da eingemischt hat. Es wäre nicht zu einem solchen Eklat gekommen, wenn die sich nicht ganz offiziell da in allen Medien zu geäußert hätte. Es wäre normaler Theaterdonner geblieben, ein wenig Presse hier und da, und das wäre es gewesen.

Also Fazit: Was war denn deren Interesse (normalerweise interessieren sich Oberbürgermeister null für Kultur)? Eine mögliche Antwort auf die Frage fällt mir nicht ein.

Dann noch: Es ist auch nicht auszuschliessen, dass die ganze Geschichte mit dem interaktiven Theater eine NACHTRÄGLICHE Erfindung ist, um eine emotionale Entgleisung eines Menschen auf der Bühne zu rechtfertigen. Es gibt nicht genügend Informationen über die Hintergründe für mich, um erkennen zu können, ob diese Vermutung auch eine Option oder völlig abstrus ist.

Insgesamt denke ich: Viel Fehlreaktionen und viel Profilierungsbemühen und viel Eigeninteressen und viel Unprofessionalität auf allen Seiten. Aber DAS ist nach meiner Erfahrung an Theatern so etwas von super - normal... :-?

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 23. Februar 2006, 00:30:36
Ich hatte beim Lesen der Artikel nicht den Eindruck, dass es sich in "Deinem Sinne" um Interaktives Theater handelte, sondern eher, dass es eine Art provokante Stehgreifgeschichte war, wo das Publikum nicht "einbezogen" wurde, sondern "benützt" um einen Punkt zu machen. Was ich für durchaus legitim halte, im Rahmen der Gewaltlosigkeit, eh klar.
Modernes theater darf viel - WENN (wie Du ja auch richtig sagst) man im Vorfeld weiss, worauf man sich einlässt, wenn man dahin geht. Und genau das ist mir bis jetzt nicht klar. Schade, dass da nur so wenige Informationen darüber rauskommen. Warum wohl?


Aber - nach allem, was ich über diesen Kritiker von Dir höre (ich kannte den nicht) habe ich schon etwas Schadenfreude, dass es ihn "erwischt" hat, und er sich jetzt so entlarven muss. Ich hoffe, das hat Konsequenzen der Entzauberung? Weiss irgendwer, wie's weiterging?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 23. Februar 2006, 00:37:23
Tja, ich finde das auch extrem bemerkenswert, dass man nicht wirklich Hintergrundinfos kriegen kann. Ich habe heute mal einen Kulturfritzen der ARD (der eigentlich sonst immer sehr gut informiert ist) nebenbei in einem Satz zu der Angelegenheit befragt, was er so wüsste dazu, usw. Antwort: Wenig!

:-?

Zitatsondern eher, dass es eine Art provokante Stehgreifgeschichte war, wo das Publikum nicht "einbezogen" wurde, sondern "benützt" um einen Punkt zu machen

DAS ist aber eigentlich ein relativ bedeutsamer und auch bekannter Teil interaktiven Theaters - insbesondere und gerade des Stegreiftheaters!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Zyankalifreund am 23. Februar 2006, 00:51:39
ZitatIch hab bisher nur den artikel gelesen. Mir scheint, da haben einige Leute überreagiert. Wär interessant, was der Schauspieler selbst zu der Sache sagt. Jedenfalls finde ich es unangemessen, ihn wegen dieses Vorfalls zu kündigen. Hätte es jemanden aus dem Publikum getroffen, der KEIN Theaterkritiker wäre, hätte das nicht so eine Welle geschlagen.

Ach... In diesem Falle hat der Schauspieler das doch wohl getroffen, "Asyl" beim BE zu bekommen, kann einem denn etwas Besseres passieren ?   8-)

In Döbeln gab es auch mal eine Theaterproduktion, die aber in Schulklassenzimmer ging. Sie thematisierte den Holocaust und so gab es im Stück auch einen Teil in dem einer der Schauspieler das Schulfenster weit öffnen musste und sowas im Sinne von "Ich knall euch alle ab, ihr Judenschweine" schreien musste. Ich möchte mal nicht wissen was das den vorbeilaufenden Passanten für einen Eindruck vermittelt hat, die ja in diesem Moment nur passiv involviert waren.

Diese Sache da mit dem Kritiker in Frankfurt... Ich kann da aus diesem Artikel rein gar nicht klug werden über die Motivation des Schauspielers das zu tun und was das für eine Produktion so richtig war... entsprechend kann und will ich das nicht beurteilen. Im Falle eines interaktiven Theaters sollte es aber im Bereich des Möglichen liegen, den Zuschauer (und was anderes war er ja auch nicht) so in das Stück einzubeziehen. Schief gehen kann das natürlich, klar.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 24. Februar 2006, 14:49:51
ZitatDie Frankfurter Inszenierung des Stücks "Das große Massakerspiel oder Triumph des Todes" von Eugene Ionesco wird künftig unter dem Titel "Being Lawinky" und ohne Nennung des Autors gespielt. Das teilte das Schauspiel Frankfurt heute mit.

lese ich in orf.online heute.
Aber da steht dann auch, dass das sehr willkommen war, da der Verlag monierte, dass höchstens 20% Ionesco in der Aufführung zu finden gewesen seien....

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bassmeister am 25. Februar 2006, 15:31:35
Ganz, ganz heiße Sache: "Hänsel und Gretel" von Giancarlo del Monaco.
Lief im Erfurter Theater. Weiß allerdings nicht, ob dieses Jahr und wenn, dann wann.

http://www.opernnetz.de/seiten/rezensionen/erf_haen.htm
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 26. Februar 2006, 03:00:34
@ whoknows

Ich fand auch in der FR was dazu:
http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=814751

Jetzt geht's also um das "geistige Eigentum", das von den Verlagsdirektoren bewacht wird?  :-?

Es gab auch eine humorvolle Aktion:
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.hr-online.de%2Fservlet%2Fde.hr.cms.servlet.IMS%3Fenc%3Dd3M9aHJteXNxbCZ0Ymw9aW50X3hyZWRpbWFnZSZjb2w9eHJlZF9maWxlJmhlaWdodD0zMDAmd2lkdGg9NDAwJmFnZT0xMDAwMDAwMCZxdWFsPTAmaWQ9MTg5MjY5MTYma2V5PTE4OTI2OTE2&hash=9f3eeccfc5c92ec4c18425b19f512ecd25745625)
Vor dem Theater: Ein "Büro für theatrale Hygiene" überklebte den Namen der U-Bahn-Station "Willy-Brandt-Platz" mit dem Hinweis "Gerhard Stadelmaier-Platz" (Bild: dpa)

Ausführlicheres zum "Theaterskandal": http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_18926486
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 26. Februar 2006, 11:28:33
@ Bassmeister

Was hat das Theaterstück mit "Provokation" zu tun?
BTW: Ich habe gelernt, zwischen "Pädophilie", "Pädosexualität" und "Pädosadismus" zu differenzieren.

Ich finde das Thema sehr wichtig. Die Realität "provoziert" dazu, daß dieses oder ein ähnliches "Theaterstück gegen ERwachsene" wieder aufgeführt werden sollte.

Hier nur eine der brutalen (Vorsicht; Euphemismus!--->) "Kindesvernachlässigungen" mit Todesfolge:
http://www.tagesspiegel.de/brandenburg/archiv/20.02.2006/2365713.asp

Man könnte dieses "Stück" aus der Realität sarkastisch "heimliche Kindesvereisung" nennen. Auch unter dem Titel: "Der kleine Junge ohne Schwefelhölzer" eignet es sich nicht für ein "Märchen" ... - oder doch?
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bassmeister am 28. Februar 2006, 11:42:21
Provokation muß doch nicht immer nur negativ besetzt sein. "Hänsel und Gretel" provoziert zum Nachdenken. Auf eine Art, der man sich eigentlich nicht entzeihren kann.
Es ist eben was anderes als die Wald-Hexenhaus-Holzfäller-Idylle, es hat wieder Bezug zum Leben heute und hier und das ist es, was ich von guter Kunst erwarte.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 01. März 2006, 00:41:52
Kunst sollte anregen und inspirieren und zur menschlichen Entwicklung beitragen.

Was ist Provokation?
Skandalisieren? Benutzen? Ionesco vernutzen?

Aber jetzt mag ich "wortfront" und "sommerkind" mit einem lieben freund hören!
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 01. März 2006, 02:07:49
Zitatprovoziert zum Nachdenken
Find ich auch. Wenn man sich anguckt, woher das Wort Provozieren kommt - pro - vocare,  dann ist klar, dass es nicht immer nur gleich skandalisieren heissen muss.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 01. März 2006, 02:15:11
Ganz im Gegenteil: Es muss "bloss" anregen zum Nachdenken, was ja heutzutage auch bereits eine sehr große Kunst ist....
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: whoknows am 01. März 2006, 10:54:07
Wenn du das "bloss" mit "zumindest" ersetzt, sind wir d'accord. Denn ich finde schon, dass es (auch) eine Aufgabe von Kunst ist, etwas ...äh..."aufzubrechen". Und das wird oft als "Skandalös" empfunden, oder? Viele sogenannte Skandale entstehen ja nur dadurch, dass jemand irgendwas nicht gewöhnt ist, dass irgendwo Grenzen verschoben werden. Im Übrigen ist in den meisten Fällen der Kunst-Skandal gerade etwas, dass ohne Investition nicht zu haben ist. Sehr selten gibt es Skandale bei unbekannten Künstlern.
Wenn wir zB---wasweissich--- der Gähnemeyer wären, dann wäre der Schwanzersatz ein Skandal geworden - und hätte sich riesig verkauft, oder? Und bei dem Schauspieler/Kritiker-Skandal waren auch eher prominente Protagonisten involviert.
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Bastian am 01. März 2006, 15:33:06
Es fällt mir als Karnevalsverächter sehr schwer, ihn als etwas künstlerisches anzusehen. Aber was soll's, man muss auch mal Dinge tun, die einem nicht gefallen. Also los...:

Im Düsseldorfer Karneval fuhren keine islamistenkritische Wagen mit. Auch von Seiten der hiesigen Religionsgruppen ist gefordert worden, auf religionskritische Wagen zu verzichten. Hat der rheinische Karneval jetzt einen seiner Hauptzwecke aufgegeben? Nämlich den, Adel und Klerus aufs Korn zu nehmen. Oder haben die Organisatoren Recht, wenn sie sich um die Sicherheit der Karnevalisten sorgten? Wie ist das, wenn man die Religion eines anderen aufs Korn nimmt? Gilt da dasselbe, wie für die Eigene? Ist es überhaupt möglich zu differenzieren, was "Gotteslästerung" ist und was Religionskritik?

http://www.wdr.de/themen/freizeit/brauchtum/karneval_2006/session/_themen/tilly/index.jhtml?rubrikenstyle%3Dpolitik

http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=773&sid=142
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 01. März 2006, 15:57:45
mecker mecker mecker
mekkA meckA meckA

sach ma:

Wer hat "Tal der Wölfe" gesehen. Soll ein Kunst/produkt sein.
Schiller u. Beethoven
werden zu Micky / Maus im Haus
ohne Applaus

============================

Nu ja, die Muslime die ich kenne, lassen ihre Kinder zumindest
nicht verhungern und packen die leichen in tiefkühltruhen.

diese M's werden mir immer sympathischer,
wenn ich sie mit diesen deutschen Schlampen

vergleiche


=======

@ Rilke u. Basti:
Deine Dinge morde(te)n  W-ORTE

s' ist besser, einem auf den Schwanzersatz
zu hau'n
und keine waffen zu bau'n

w-orte kreieren
sollt' uns dann nicht mehr genieren

@ Basti und Magritte
ein bild ist keine pfeife

ich reife :)

und schenk Dir eine ge-dank-schleife: 8
Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: angel am 01. März 2006, 16:17:56
Zitat
Zitatprovoziert zum Nachdenken
Find ich auch.

da kommt dann P(r)OST raus
ich saus
nach haus

warum nach und niemals vor?

in D-Land gehen die menschen
geduckt rück-wärts

ich seh' schon wieder roT ;)

ich LIEBE kunst als POESIE
und kuss der Musen

Titel: Re: Kunst und Provokation
Beitrag von: Dagmar am 02. März 2006, 13:07:57
ZitatIm Düsseldorfer Karneval fuhren keine islamistenkritische Wagen mit

Ja in Köln und Bonn war das auch so. Bei Monitor in der ARD haben sie letzte Woche einen längeren Beitrag dazu gemacht. Es wurden u.a. die Wagenzeichner und Karrikaturisten interviewt. Und die sagten überwiegend, dass sie Angst um Leib und Leben hätten und deshalb auch nichts zeichnen wollten. Irgend so ein Obermac der Stunksitzung in Köln sagte, sie hätten eine sehr islamkritische Nummer im Programm, überlegen aber ob sie die aus Sicherheitsgründen heraus nehmen.