Abmahnung wegen Pressekritik

Begonnen von h-j-urmel, 26. Juli 2013, 21:34:30

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h-j-urmel


Hier ein Bericht über eine Abmahnung gerichtet an eine Künstlerin (Scarlett-O), die auf ihrer Internetseite eine Kritik über sie eingestellt hat. Wenn das Erfolg haben sollte, ist allergrößte Vorsicht für Zitierer und evtl. gar für Verlinker geboten!!??

http://www.scarlett-o.de/presse.htm
http://www.chanson.de/abmahnungen

Clas

Moin, moin,

das Problem bei sowas ist ja, dass das selten wirklich geklärt wird, und in der Regel der Anwalt das als Geschäftsmodell betreibt. Dass sie sich da wehren will, finde ich ehrenwert und hoffentlich ist es erfolgreich.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

Wenn ich den Text auf ihrer HP richtig verstehe, hatte sie das Einverständnis des Autors eingeholt. Wie kann es sein, dass das Einverständnis eines Autors ungültig ist, ohne dass er es zuvor (vor einer Klage) widerruft?

Burkhard Ihme

Weil sich die Zeitungen (ohne dafür mehr zu bezahlen) die ausschließlichen Rechte sichern.

Clas

Moin, moin,

aber auch die Zeitung hatte sie ja wohl gefragt. Problem ist nur: wenn der Autor jetzt klagt, und sie hatte das Einverständnis mündlich, dann ist sie in Beweisnot, dass sie das Einverständnis wirklich hatte. Denn der Jurist sieht in dem Umstand, dass er klagt, einen klaren Hinweis darauf, dass sie es eben nicht gehabt hätte... sonst würde der Autor doch nicht klagen, denkt der.

Wenn aber die Zeitung die Rechte hat, kann der Autor gar nicht klagen, oder verstehe ich das falsch?

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

... und unter Pseudonym...
(?)

[Edit (nach dem Gang zum Kiosk): Geklagt hatte wohl der Autor, nicht die Zeitung. Das irritiert mich auch.
Zumal mir bekannt ist, dass Zeitungen in der Regel ihr Copyright drüberlegen.
Was ich noch nicht verstehe, ist, ob es ein Vollzitat gewesen ist oder nur ein paar Sätze. Letzteres zumindest sollte doch durch das Zitierrecht gedeckt sein. Wenn dem nicht so wäre, stellte das alles auf den Kopf, worauf Zeitungen, Disussionsforen, Blogs etc. aufbauen.
Irgendwie reimt sich das für mich noch nicht.]

Clas

Moin Bastian,

reimt sich schon... der Anwalt macht sowas wohl öfter, und ich weiß nicht, wie er an seine Mandanten kommt... Freie Journalisten können in Geldnot geraten...

Reimen tut sich das. Wie es wirklich ist, bleibt noch ein wenig offen.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

h-j-urmel


Der Sänger Peter Schöne musste 1 400.-- Euro an die Süddeutsche und die FAZ bezahlen. Er hatte 6 Kritiken über sich auf seiner Homepage eingestellt. Siehe Link zu diesem Fall, von 3-Sat berichtet.

http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/160212/index.html

Es war eine kluge Entscheidung von Bastian, die Kreisler-Texte, die früher mittels dieser Seite alle nachlesbar waren, nicht mehr zugänglich zu machen. Der vorherige Zustand bot eine breite Angriffsfläche für Abmahnungen.




Clas

Moin, moin,

da steckten demnach offenbar Geschäftsführung und Hausjuristen der Zeitungen dahinter, die also Inhaber der Rechte waren... Dennoch aus meiner Sicht klar rechtsmissbräuchlich. Und schließlich belegt er doch mit den Zitaten seine Auffassung, dass man ihn buchen sollte. Ob er das also zahlen musste, oder sich dahingehend verglichen hat? Ich halte das für einen aufgenötigten Vergleich, der ihm billiger vorkam, als ein Streit mit ungewissem Ausgang, aber sicherem Nervenverschleiß.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Anke

Zitat von: Bastian am 28. Juli 2013, 22:41:52
Was ich noch nicht verstehe, ist, ob es ein Vollzitat gewesen ist oder nur ein paar Sätze. Letzteres zumindest sollte doch durch das Zitierrecht gedeckt sein. Wenn dem nicht so wäre, stellte das alles auf den Kopf, worauf Zeitungen, Disussionsforen, Blogs etc. aufbauen.
Irgendwie reimt sich das für mich noch nicht.
So einfach ist das nicht. Es darf überhaupt nur zitiert werden, wenn es in einen Zusammenhang mit eigenen Aussagen des Autors/der Autorin gestellt wird und/oder mit eigenen Worten kommentiert wird. Deswegen geht das in Blogs und Diskussionsforen meistens als legal durch.

Wenn es aber nur wiedergegeben wird, damit es wiedergegeben ist und andere es lesen können - wie eben gute Kritiken über einen selber -, dann ist es m.W. eben leider offiziell nicht legal.

Ich empfinde es aber als legitim (nicht legal), Kritiken auf der eigenen Homepage zu wiederzugeben, und finde es albern, dass so etwas verboten und dann noch kostenbewehrt bestraft wird.  >:(

Bastian

In dem Zusammenhang mit Deiner Aussage ist auch das folgende Video interessant.
Ab Minute 21 geht es ums Zitierrecht:

re:publica 2013 - Thorsten Feldmann, Henning Krieg: Saisonrückblick Social Media Recht


h-j-urmel

Die Rechtsanwältin Anja M. Neubauer gibt auf der unten verlinkten Seite ausführlich Auskunft zum Urheberrecht. Was ist erlaubt - wo drohen Strafen?

Verlinken ist erlaubt. Bilder einstellen, die von anderen Seiten übernommen wurden, bei denen Urheberrechte bestehen, das darf nicht sein.

Die vier Comik-Zeichnungen, die ich im Tread "Neues und Ankündigungen" am 19.7.2013 bei meinem Beitrag  hinzugefügt habe, dürfen nicht sein.

Ich bitte Dich Bastian, diese zu entfernen, denn ich habe heute dazu keine direkte Möglichkeit.

Danke und schönen Gruß - h-j-urmel

http://www.kerstin-hoffmann.de/pr-doktor/2010/11/23/zitieren-verlinken-bilder-veroffentlichen-urheberrecht-was-ist-erlaubt-wo-drohen-strafen/

Bastian

Danke, Urmel, jetzt hab ich Kenntnis.

Ist vielleicht eine Gelegenheit eine frühere Bitte aufzuwärmen:
Wie Ihr wisst, habe ich nach der Übernahme des Forums 2010 mein Bestes versucht, die damals bereits ca. 25 000 Beiträge nach Volltext-Zitaten (vornehmlich nach Liedern) zu durchforsten und zu löschen, bzw. auf erforderliches Maß zu kürzen.

Naturgemäß ist es fast unmöglich, in einem dynamischen, sich ständig umkrämpelnden Forum systematisch nach solchen Beiträgen zu suchen, bzw. sie zu finden. Erst recht, wenn man viele Jahre im Nachhinein aufarbeiten muss. Es gibt ja nicht einmal gemeinsame Schlüsselworte, nach denen ich suchen könnte. Ich müsste also zigtausende von Beiträgen lesen. Und das, während die Threads sich, dank neuer Beiträge, immer wieder neu sortieren...

Wenn Ihr also zufällig etwas findet, schickt mir gerne einen Link via PN.
Petzt! Und wenn Ihr es selbst wart, petzt erst recht! Dann lösche ich den Kram, und alles ist gut.

Grüße
Bastian

Bastian

Die Diskussion auf FB ist mittlerweile offen. Auch gibt es auf chanson.de einen offenen Brief, den man unterzeichnen kann.

Allerdings enthält er die Forderung, Texte aus der Presse vollständig und genehmigungsfrei übernehmen/zitieren zu dürfen - was mich bis dato vom Unterzeichnen abhält.

Was ist davon zu halten?

Clas

Moin Bastian,

viel ist davon zu halten. Es geht nicht um Texte schlechthin zu übernehmen von wem und wozu auch immer, sondern darum, Texte über das eigene Schaffen und Veranstalten in eine moderne Pressemappe übernehmen zu dürfen, also sie, mit Quellenangabe, vollständig auf der eigenen Seite zu zeigen. Was gibt es da zu überlegen? Links zur Seite der Zeitung sind keine Alternative, die sind ziemlich sterblich.

Unberührt bleibt die Benimmfrage, ob man nicht doch besser anfragt...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

Oder verschenkt keine Rezensionsexemplare und Konzertkarten mehr an die Presse.
Abgesehen, daß daß die Autoren von den Zeitungen enteignet wurden (aber ich wiederhole mich), ist da doch ein zu thematisierendes Ungleichgewicht.

Bastian

Zu überlegen gibt es da, dass eine Konzertkritik eines Autors XY das Werk dieses Autors XY ist.

Und das von Betroffenen als Argument empfundene "Der Text betrifft mich, also hab ich da ein Verwertungsrecht." ist ein klassisches non sequitur. Ich teile die Empfindung ja selbst, als Empfindung, aber logisch gesehen das ist einfach Quatsch. Aus dem einen folgt nicht das andere. Bilder, auf denen ich zu sehen bin, sind, wenn ein anderer sie geschossen hat, nicht meine Bilder. Da muss ich anfragen, ob ich sie verwenden darf.

Ich finde die Forderungen der Anwälte hochgradig überzogen. Und die Abmahnpraxis als stillos und zersetzend. Aber "genehmigungsfrei und vollständig" läuft aufs gleiche hinaus, wie Lieder anderer ohne Genehmigung als Mp3 zum Download anzubieten.

Ich muss zugeben, ich finde das nicht einfach.

Clas

Moin Bastian,

es geht ja nicht um logische Kategorien, es geht um die Frage, wie etwas rechtlich geordnet ist oder sein sollte... Oder, in biologischen Kategorien: Es sollte da eine Symbiose vorliegen, aber nichts parasitäres und erst recht nichts parasitoides davon leben können.

In eine papierene Pressemappe durfte man sich Zeitungsausschnitte seit je legen, und die auch zur Selbstdarstellung und Eigenwerbung benutzen. In vollem Umfang, und mit Angabe der Zeitung und des Erscheinungsdatums. Das war symbiotisch.

Das Netz ist halt die moderne Form davon.

Hinnehmbar, wenn auch nicht unproblematisch fände ich, wenn der Autor einen Auspruch hätte, den Text dort zu entfernen... (Ich mag es nicht, wenn Texte, die ich mal wo gefunden habe, dort nicht mehr sind, wenn ich nachlesen will.)

Streitwerte von 20000,- für eine alte Zeitungskritik, deren Rechte zudem für geschätzt 30,- auf den Zeitungsverlag übergegangen waren, sind jedenfalls Ausdruck der Absicht, sich ungerechtfertigt zu bereichern. Das finde ich problematischer, als die Nutzung des Textes auf der HP des Künstlers... Deutlich.

Was nun das Beispiel mit dem Bild betrifft: Der Autor muss da mich auch fragen, ob ich auf seinem Werk zu sehen sein will. Da könnte ich mir als Bedingung durchaus vorstellen, einen Abzug zu bekommen, den ich zu meiner Freude verwenden kann, wenn mir das Bild gefällt. Wenn es zu meiner Freude in der Zeitung steht, kann ich es doch ausschneiden und rahmen und an die Wand hängen.

Wenn es mir nicht gefällt, könnte ich mir andererseits vorstellen, die Verwertung und Veröffentlichung gegen meine Persönlichkeitsrechte abwägen zu lassen.

Wenn ich den einlade, mich zu fotografieren, oder über meine Veranstaltung zu berichten, konnte ich die Verwendung der Kritik oder des Werkes bis dahin als Gegenleistung für das Rezensionsexemplar oder die Freikarte ansehen. Die Annahme der Freikarte wäre dann der Vertragsabschluss. Vielleicht sollte man das einfach in 2pt und mittelgrau hinten auf die Karte drucken... oder, bei elektronischer Übermittlung als Lauftext in ein 5X5 Pixelfenster schreiben... Oder  eben in ein Gesetz, damit das, sequitur oder non, jedenfalls klar geregelt ist. Und bis dahin in einen offenen Brief...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Anke

Wer da unterschreibt, sollte erstmal auf allen seinen Medien solche Kritiken entfernen - denn ich vermute, die Unterschreiber werden auf jeden Fall von diesen Anwälten unter die Lupe genommen.  ::)

Ich finde das auch nicht richtig, dass man die Kritiken, die über einen geschrieben wurden, nicht mehr veröffentlichen darf. Das widerspricht jeglichem gesunden Empfinden. Die Leser wollen doch erfahren, wie Kritiker das beurteilt haben, und die Künstler wollen es doch ihren potenziellen Besuchern mitteilen.

Alternativ: Es sollte generell erlaubt werden, und zusätzlich eine einfache, den Künstlern zumutbare Preisstruktur ausgehandelt werden.

Bastian

Ich finde die Idee, die Verwertung von Text (und evtl. Bild) vertraglich an die Einladung zu koppeln, auch recht gut.
Im Sinne von: Kostenfreier Zugang zum Konzert/Auftritt nur unter der Bedingung, dass dem Künstler eine (auszugweise) Nutzung des Geschriebenen und des Bildes gestattet werden. Ansonsten kostenpflichtiger Zugang, Karte kaufen, gerne was Gutes schreiben, aber z.B. keine Fotos (ätsch). Eine Einladung zur Symbiose.

Das ließe sich vermutlich sogar im Rahmen der Vertragsfreiheit umsetzen. Man ginge dann aber das Risiko ein, dass unter diesen Bedingungen kein Kritiker kommt. Gerade weniger bekannte Künstler können sich ja glücklich schätzen, wenn überhaupt etwas über sie erscheint...

Wenn aber alle das täten, könnte es aber was werden.

Alternativ, als Workaround, sollte man als Künstler vielleicht das Zitat/Zitierrecht rechtskonform anwenden. Indem man immer erst einen Satz, bzw. Kontext einflicht, in dem das (dann kurze) Pressezitat als solches einen Sinn ergibt.

Z.B.: "Um dem Zitatrecht genüge zu tun, muss ich darauf hinweisen, dass ich in meiner Freizeit bisweilen kurze Hosen und Sandalen trage. Dass ich auch an kleineren, unklimatisierten Auftrittsorten zur Sandale greife, bestätigt Hartmut Becker in der WAZ:

ZitatBastian Kopp begann den musikalischen Kreisler-Abend im Rahmen der ,,Melange"-Reihe in der Gaststätte Pollmeier am Freitag gleich mit einer Entschuldigung: ,,Normalerweise erscheine ich stilecht zum Kreisler-Programm im Frack, doch angesicht der tropischen Temperaturen ziehe ich diemal T-Shirt und Sandalen vor".

Von Frühlingsgefühlen und vergifteten Tauben im Park | WAZ.de - Lesen Sie mehr auf:
http://www.derwesten.de/staedte/letmathe/von-fruehlingsgefuehlen-und-vergifteten-tauben-im-park-id8274407.html#401252968

Hartmut Becker in der WAZ: http://www.derwesten.de/staedte/letmathe/von-fruehlingsgefuehlen-und-vergifteten-tauben-im-park-id8274407.html "

Man müsste auf den eigenen Seiten auf die Tücken des Rechts aufmerksam machen, könnte dann aber einigermaßen rechtsbemüht zitieren, um dem Leser die hochinformativen Inhalte, die da in der Zeitung stehen, zu präsentieren.





(Interessant und das eigentliche Thema verwirrend ist,
1. dass ich da auch noch falsch zitiert werde. Ich habe garantiert nie von einem Frack gesprochen, da ich nie einen Frack trage.
2. Außerdem liefert die Seite beim Kopieren des Links gleich einen Textschnipsel mit (der innerhalb des Zitatblocks), den man beim Einfügen auf einer anderen Seite zwangsläufig mitveröffentlicht.)

Clas

Moin, moin,

und außerdem sind solche Links manchmal schon tot, wenn man noch keine neue gute Kritik aufzuweisen hat. Dadervon mal abgesehen, sind manche Quellen einfach beeindruckender, wenn man die beeindruckt hatte...

Sonntag sprach ich mit einer Journalistin, und die fand die Abmahnungen auch absurd; jedoch fand sie es gehörig, mit dem Urheber der Kritik zuvor Einvernehmen zu erzielen...

Warum sollte sich ein Journalist weigern, ein Konzert zu besuchen und darüber zu schreiben, wenn der Gegenstand der Kritik die dann im Gegenzug verwenden möchte? Ich würde das einfach auf die Freikarten drucken und durch konkludentes Handeln annehmen lassen. Wer nix schreibt, hebt auch nix ur und kann auch nix beanspruchen. Ist also für ihn nicht besser. Kriegt auch kein Honorar, ist also für ihn sogar schlechter. Das heißt: wenn er nicht will, will er eh nicht. Und das, was die Abmahneriche hinterher haben wollen, würde ja niemand zahlen... Davon abgesehen, ist die Zahlung eines Honorares an einen Kritiker durch den Kritisierten für die Kritik ziemlich odoröse... Wie auch die Zahlung eines Honorares durch den Kritisierten an den Kritiker.

Das würde die Vorstellung, es handele sich um eine Rezeptions- und Bewertungsleistung des Dargebotenen doch derbe konterkarieren und dem journalistischen Berufsethos zuwider sein...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

N'amd Clas,

was das angeht haben ja schon Freikarten ein gewisses Geschmäckle. Manchmal soll sogar Torte gereicht werden, ohne dass der Kritiker einen Verzehrbon gekauft hat...
Aber ich verstehe den Einwand "Künstler zahlt Kritiker" schon und finde ihn elegant formuliert. Wirklich odorös wäre das aber nur, wenn es um hohe Summen ginge, die zur Nutzung des Geschriebenen gezahlt würden. So hoch, dass sie in ihrer Höhe mehr vermuten ließen, als zwei-drei Sätze Zitat es hergäben. Ich denke mal, dass so eine Form der Bestechung - unterstellen wir sie mal - viel leichter unter der Hand in der Garderobe zu bewerkstelligen wären und sind, als via offener Rechnung an Autor/Zeitungsverlag. Drum finde ich den Einwand zwar sehr elegant, aber er zündet meiner Ansicht nach bei näherem Besehen nicht wirklich.

Ja, digitale Pressemappe: Im Unterschied zu Pressemappen, demo-CDs und anderem Krempel, den man an Veranstalter schickt, sind diese Veröffentlichungen auf Homepages öffentlich und für jeden einsehbar. Da sehe ich einen Knackpunkt, wenn es um Nutzungs- bzw. Verwertungsrechte geht.

Und dann ist da noch die Zeitung/der Verlag. Ich kann mir schon vorstellen, dass die einer durch den Journalisten konkludent eingewilligten Reste Rechteverwertung nachträglich widersprechen können. Aufgrund ihrer Rechte. Oder sie machen sich 'ne Notiz (Künstler XY stellt Bedingungen), schicken den oder die Kritiker oder -In an diesem Tag zu einer anderen Veranstaltung und merken sich eventuell gar den Künstler XY zur zukünftigen Vernachlässigung vor. Letzteres ist mir zwar echt 'ne Nummer zu paranoid, aber im Ergebnis gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Wie oft hatte ich schon einen Samstagabend-Auftritt im Ruhrgebiet vor anwesender Presse? Sagen wir in Bochum. Und es stand nachher nichts in der Zeitung, weil irgendwo eine A-irgendwas eine Vollsperrung hatte oder ein anderer Künstler in - sagen wir Dortmund - aufgetreten ist... Dann steht da eine irgendwas-Vollsperrung, bzw- irgend so ein Roger Hodgson auf der Titelseite, und der Text, den Herr oder Frau Kritiker über mich verfasst hat, verschwindet im Papierkorb. Ich hoffe doch, bezahlt.
Es gibt so viele Faktoren, die da eine Rolle spielen, wenn es darum geht, ob eine Kritik erscheint oder nicht. Da kann ich mir schon vorstellen, dass eine Rechteforderung im Vorfeld zur Folge hat, dass der Schreiber zu einer anderen Veranstaltung geschickt wird. Im Nachhinein kann es, denke ich, auch sein, dass derjeinge den Zuschlag für Seite vier bekommt, der der Zeitung keinen weiteren Verwertungskummer macht.

Alles Dinge, die mich jetzt nicht waahaahnsinnig bewegen. Ich denke immer: Wenn was kommt, freue ich mich. Wenn nicht, setze ich mich wieder an die Arbeit. Aber in der Suche nach einer angemessenen Regelung müsste man das bedenken, find' ich.


Clas

#23
Moin Bastian,


BAT in der Garderobe schützt aber vor Abmahnung nicht, da Kreisler schreibt: "...wenn, gibt es keine Belege." Also kann man auch in diesem Fall nur "zermürbt seiner Wege zergehen." Wie Kreisler - kennen Sie Kreisler? - anmerkt. In dem Fall allerdings der Künstler und nicht der "Kritiker," wie Kreisler ihn nennt. {(Edit: Kreisler nennt andernorts auch den Künstler den "Künstler", und ich kann auch nicht ausschließen, dass irgendwer den ersten nun folgenden Halbsatz schon mal geschrieben hatte... :) (Ich meinte nicht dieses Pfannkuchengesicht, ich wollte einen Doppelpunkt setzen und die Klammer schließen. Wie das der Tante verständlich machen? Wenn ich Pfannkuchen wollen sollte, ginge ich nach oben an die Pfannkuchenbar und holte mir dort einen. Pfannkuchen ist weg. Nee, beim ändern guckt er mich wieder an. Nun noch nicht plenken zwischen . und :, und also den den Umbruch vor hatte!)} Irgendwo wird es doch albern, und ich muss doch hier das Zitat aus dem "Zyniker" nicht wirklich kennzeichnen, um deutlich zu machen, dass es eines ist. Wir wissen das doch.

Dazu kommt, dass die Abmahnungen ja gar keines Mandanten bedürfen. Es ist doch so: Da sieht nun so ein Anwalt, dass schreiendes Unrecht begangen wird und nicht §§§konform zitiert. Dann kann der abmahnen. Ein Mandat braucht er dazu nicht. Nur ein Geldbedürfnis. Und kann dann ohne Auftrag die Geschäfte des Geschädigten zu Lasten des Schädigers führen und von diesem die Kosten beitreiben. In Deutschland und Österreich geht das so. In der Schweiz nicht, da zahlt der Mandant, und muss dazu den Auftrag erteilt haben.

Um dieser Geschäftsidee ein wenig Brillianz zu nehmen, hat man doch unlängst hierzulande die vom Übeltäter zu tragenden Kosten auf 150,- Euro begrenzt... Das hat 2 Seiten: Zum einen ist es bezahlbarer, zum anderen bleibt es im Streitfall bei einer Instanz, und vermutlich wenig originellen juristischen Überlegungen, wie das abzuwehren sein könnte. Und 150,- für einen Serienbrief aus Textbausteinen: Der Geschäftsidee ist damit Nachhaltigkeit verliehen. Verbraucherschutz nach Art der FDP...

Kann schon sein, dass die Zeitung einer konkludenten Handlung ihres Beauftragten widersprechen kann. Das muss sie aber ausdrücklich tun, bevor sie abmahnen kann. Wenn mir der Journalist dieses Recht belegbar eingeräumt hat, und die Zeitung es dann mit erwirbt und mir nicht gönnen will, kann sie mich daraufhin anschreiben und mir ihren Rechteerwerb mitteilen. Dann kann ich das Geschreibsel löschen oder aufbereiten, so dass es eine Argumentation von mir stützt und einen Text über Rechteinhaber verfassen, der sich gewaschen hat, aber ich bin nicht ruiniert. Wobei ich nicht mal weiß, ob die Zeitung dieses eingeräumte Recht infolge ihres Rechterwerbs einfach einziehen kann. Das riecht für mich nach einem Geschäft zu Lasten dritter, also in diesem Fall zu meinen Lasten.

Immerhin, die Andichtung eines Frackes ist doch eindeutig eine gehobene Ur... Prost Urzeit! Andererseits folgt natürlich aus dem Umstand, dass Du nie einen Frack trägst, nicht zwingend, dass Du nicht behauptet haben könntest, sonst immer einen zu tragen... Von wegen sequitur ut non.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...