Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Kunst => Thema gestartet von: whoknows am 12. Oktober 2005, 11:33:45

Titel: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 12. Oktober 2005, 11:33:45
Ich habe mir gerade diesen Woody Allen Link angeschaut, den Angel im anderen Thread gepostet hat, und bin zu meiner Belustigung draufgekommen, dass er etliche Sprüche von Karl Kraus und Fritz Grünbaum geklaut hat.  Nur ein Beispiel: Der Satz: "Ich möchte in keinem Club Mitglied sein, der mich als Mitglied will" ist von Karl Kraus.

Und da kam ich auf den Gedanken, dass das ja SO häufig ist, und vielleicht wäre es lustig, hier auch eine lose Sammlung von Geklautem anzulegen?

Allein schon, was Brecht alles geklaut hat!! (oder GK, oder Bronner, oder, oder, oder...)

Gut geklaut - versteht mich Recht! - ist auch gut. Aber trotzdem ist es doch immer wieder nett, wenn man sowas rausfindet, oder?

Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Peter Silie am 13. Dezember 2005, 02:13:59
Helmut Qualtinger soll einmal den Unterschied zwischen Deutschem und Österreichischem Kabarett so erklärt haben:
In Deutschland kommt ein Mann auf die Bühne und sagt: "Der Bundeskanzler isn Arsch." In Österreich kommt ein Orschloch auf die Bühne und sagt: "Der Bundeskanzler is leiwand."
Ernst Stankonvski hat dieses Zitat in seinem neuesten Programm Gerhard Bronner zugeschrieben, in einer beschönigten Fassung, ohne Arsch.
Wer ist der Urheber? Wer sind die Quellen? Ich hab vergessen wo ich das Qualtinger-Zitat gelesen hab. War es in "Die alten bösen Lieder"?
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 13. Dezember 2005, 12:54:15
Also, ich weiss das nicht. Ich kenne das Zitat auch als Bronner - und vor allem: ich würde es seiner mangelnden Pointiertheit wegen auch eher dem Bronner zuschreiben.




Übrigens: meiner Erfahrung nach sind die allermeisten Witze, die auf Bühnen oder in diversen comedysendungen gebracht werden, vom Farkas oder vom Grünbaum geklaut. Was ich mich frage: von wem haben DIE sie geklaut?  ;D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dunkelblaue Dille am 13. Dezember 2005, 16:56:40
ZitatErnst Stankonvski hat dieses Zitat in seinem neuesten Programm Gerhard Bronner zugeschrieben, in einer beschönigten Fassung, ohne Arsch.

Letzte Woche hat er's in dem Programm "Abschied vom Brettl" gebracht, allerdings auch in einer gemäßigten Fassung...einen Verfasser hat er da nicht genannt (zumindest kann ich mich nicht erinnern, aber vielleicht war ich auch schon zu gut konserviert :-))
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dagmar am 13. Dezember 2005, 18:34:23
Hihi, und am Sonntag in Düsseldorf hat er's gar nicht mehr gebracht..... :)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Peter Silie am 13. Dezember 2005, 19:40:22
Zitatseiner mangelnden Pointiertheit wegen
Meinst du? Ich finde, es trifft den Nagel auf den Kopf.[/color]
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 14. Dezember 2005, 00:10:21
na, im Moment zB ist es eher umgekehrt. Alle streuen dem Merkelchen Rosen, und die Schüssel ist in allen Kommentaren unten durch.


Übrigens: hallo, Dille, long time no see! Schön, Dich wieder hier zu haben!! :D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Andrea am 14. Dezember 2005, 02:31:08
Schade! Da hab ich doch glatt zum zweiten Mal den Ernst Stankovski verpasst... Aber ich war an dem Tag auch im Westerwald.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 17. Dezember 2005, 17:35:34

ZitatIch habe mir gerade diesen Woody Allen Link angeschaut, den Angel im anderen Thread gepostet hat, und bin zu meiner Belustigung draufgekommen, dass er etliche Sprüche von Karl Kraus und Fritz Grünbaum geklaut hat.  Nur ein Beispiel: Der Satz: "Ich möchte in keinem Club Mitglied sein, der mich als Mitglied will" ist von Karl Kraus.
Schau an, kannte den bisher nur von Groucho Marx, und dem wird er auch von Martin Buchholz immer zugeschrieben.
Da zeigt sich doch gleich, was ein Frischling hier alles lernen kann und warum es lohnenswert scheint, ein wenig zu verweilen.
Werde mich jetzt erstmal systematisch (ha, ha...) durch die Themenstränge wühlen und ggf. dann noch offene Fragen für spätere Belästigungen aufsparen.
In diesem Sinne neugierige Grüße aus Berlin, schätze wir hören voneinander!
Uwe
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 17. Dezember 2005, 18:42:24
Hallo Uwe, willkommen in unserem Elfenbein-Turm!!!
Man müsste jetzt herausfinden, wer früher dran war, Farkas oder Marx - ich bin sicher, auch Farkas war dem Klauen (wie alle grossen Künstler) nicht abgeneigt ;-)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 17. Dezember 2005, 19:40:16
Vielen Dank für das freundliche Willkommen! :)
Das Marx-Zitat müsste sich ziemlich genau datieren lassen, da es aus einem Brief stammt, der auch in der veröffentlichten Briefe-Sammlung enthalten ist.
Diese wiederum vermute ich in einem der noch nicht ausgepackten Umzugskartons, was die Klärung der Sache etwas verzögern dürfte...
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 17. Dezember 2005, 23:49:52
Uije. Du auch mitten im Umzug? Ich kenne das Problem. Bei mir ist alles halbverpackt und zur Einlagerung bzw endgültigen Übersiedlung bereit... Von Wien nach Berlin. Und bei Dir? Innerhalb Berlins oder auch zugezogen?
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 17. Dezember 2005, 23:52:42
Muss mich gleich schon wieder korrigieren:
Das prompt gefundene Buch (The Groucho Letters) enthält leider NICHT den datierten Brief an den Präsidenten eines Hollywood-Clubs, sondern nur besagtes Zitat daraus im Vorwort - ohne Datum:
"Bitte nehmen Sie meinen Austritt an. Mir liegt nichts daran, einem Club anzugehören, der mich als Mitglied hat."
Da ziehe ich mich wohl besser erst mal wieder diskret zum Studium der diversen Foren zurück... :-[
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 18. Dezember 2005, 00:00:29
Oh, hatte die zwischenzeitliche Antwort gar nicht bemerkt!
Lange Geschichte, die vom Umzug. Unendliche Geschichte.
Vielleicht später mal in der Abteilung "Hochs und Tiefs" oder so, für den Moment nur soviel: innerhalb Berlins!
Schon immer übrigens, und immer im Osten bisher.

PS: Habe irgendwie Probleme beim Laden der Seiten hier, brauche meistens mehrere Anläufe, trotz DSL und Firefox. Kommt das jemandem bekannt vor?

Noch'n PS: Hey, da kann ich mich ja gleich mit einem Willkommensgruß revanchieren! (Spätzünder, aber von Herzen!)

Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Zyankalifreund am 18. Dezember 2005, 00:29:53
Ja hallo auch von mir, schön dass du den Weg hier her gefunden hast, Uwe!!! Ein Berliner also... Na dann bist du ja in guter Gesellschaft  ;)

Eric.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 18. Dezember 2005, 12:01:11
Stimmt, wir Berliner erobern die Welt. (Jedenfalls die Welt des Forums ::) ;)) ich bin jedenfalls in Kreuzberg, und zwar direkt an der Grenze zu Friedrichshain und Treptow. Fast Osten. (ist Friedrichshain denn in seiner heutigen Form überhaupt dem Osten zuzurechnen? ;))
Und von wegen Marx oder Farkas - wurscht. Waren die Marx-brothers nicht auch irgendwelche osteuropäischen Juden? Also es bleibt in der Familie. 8-)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dagmar am 19. Dezember 2005, 00:22:03
[highlight]Herzlich willkommen, Uwe!![/highlight]

... und Entspannung und Ruhe und "eines-nach-dem-anderen" - Denken für alle, die gerade umziehen  :-*
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 19. Dezember 2005, 05:37:08
Hui.
das klingt aber heilig.
Nagut, ich gebe zu: ich kann grad vor lauter "das muss noch alles gemacht werden" nicht schlafen, ich Depp.  ::);D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 19. Dezember 2005, 08:55:43
Relativ nette Leute hier... :-*

@whoknows: Kreuzberg an der Grenze zu Fr'hain und Treptow?
Also, im Moment pendele ich ja noch zwischen wo ich bin und wo ich eigentlich hingehöre.
Da hofft man dann immer, dass das Pendel nicht irgendwann auf halber Strecke stehen bleibt, aber wenn das in meinem Fall geschähe, wäre ich wohl - lokal betrachtet - ungefähr dort, wo Du jetzt bist.
Liegt genau in meiner sehr langen Einflugschneise zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz.

Was uns elegant zum Thema zurück bringt, denn da ist doch auch die "Arena" ganz in der Nähe, stimmts?
Und wer tritt dort seit ein paar Jahren regelmäßig auf? Bob Dylan!
Na und wenn DER nicht eine ganze Karriere auf grandios "Geklautem" aufgebaut hat...
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 19. Dezember 2005, 10:44:52
Hehe. Und auf falsch singen. Du schlägst bei mir in die richtige Kerbe - ich gehöre zu dem einen Menschen meines Alters auf der Welt, die nie sooo rasend von ihm begeistert war...

Ich  finde, der Wrangelkiez ist die absolut netteste Gegend Berlins. Viel Park, viel nette leut, viel günschtige Lokale.... Ein meschuggenes Dorf in der Stadt.
Wenn Du im Januar im Wrangelkietz ne Alte siehst mit zwei blonden Ratten-Minihunden ohne Leine - that's me! :D


Aber Deine Meldungen zu neben und Hauptwohnsitz - das klingt alles reichlich kryptisch. Ist das verkwulzte beziehungskiste oder was steckt da dahinter? (no offence - ich will Dir da nicht zu nahe treten!!)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 19. Dezember 2005, 16:56:18
Wie schön, dass man hier offenbar lockerer mit dem Beim-Thema-bleiben umgeht als in anderen Experten-Foren!
Aber zu Kreisler kommen wir ja vielleicht auch noch, irgendwann. ;)

Verkwulzte Beziehungskiste? Nö, jedenfalls nicht, was man sich darunter vorstellen würde.
Selbst dem Finanzamt ist schwer zu erklären, warum vorübergehend getrennt lebende Ehepartner ihre emotionale und sonstige Bindung aneinander als stark, ausdauernd und weitgehend ungefährdet erachten.

Dabei gab es nachvollziehbare Gründe für den Plan der Tochter meiner Schwiegermutter, zwecks Pflege derselben zunächst allein in deren Haus umzusiedeln, um dann in Etappen erst Katze, später Kind und schließlich auch Mann dort heimisch zu machen.

Brecht'sch abgekürzt: "Und mach dann noch nen zweiten Plan, gehn tun se beide nicht".

Wer's nicht kennt, hat nämlich keine blasse Ahnung, wie ein alter, kranker, nur noch um sich selbst kreisender Mensch seine Umwelt tyrannisieren kann.
Da bräuchte es die ebenfalls geduldig kreisenden Blutsverwandten mit der panischen Angst vor Nachteilen in der Erbfolge schon fast gar nicht mehr für ein beeindruckendes Höllenszenario.

Nun ist die alte gemeinsame Wohnung gekündigt und verlassen, ein harmonischer 3-Generationenhaushalt unter den gegebenen Umständen reine Utopie, und weil den Letzten immer die Hunde beißen, hat der sich ein Teilzeit-Exil gesucht und pendelt vorerst zwischen Sehnsucht und Bestimmung. Oder so.

Fortsetzung folgt.

Wobei ich mal irgendwo gehört habe, KLUGE Hunde bissen immer den Fett'sten...
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dorian am 19. Dezember 2005, 17:10:07
Tach Uwe.
Wo du schon mal so 'nen Diskussionskeim in die Runde wirfst: Wo hat denn der Zimmerman so seine Nägel geklaut?  :-?
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 19. Dezember 2005, 17:59:45
Au wei, da gibt's dicke Wälzer drüber, z.B. von Greil Marcus, wo die ganzen Zitate aus dem "Great American Songbook" aufgelistet sind, Bluesfloskeln, genretypische Redewendungen, Songtitel, bis hin zu konkreten Songinhalten und häufig verwendeten Frauennamen.

Im Booklet zu World Gone Wrong schreibt der Zimmy über seine "Vorbilder", und einigen (wie Woody Guthrie und Blind Willie McTell) hat er sogar Lieder gewidmet.
Muddy Waters wäre zu nennen (wegen "Rolling Stone"), Charlie Patton, der auf Love and Theft verewigt wurde, Leute wie Hank Williams und Robert Johnson, um nur ein paar der bekannteren zu nennen.
 
Bin nun kein Dylanologe, aber wenn ich von GRANDIOS "Geklautem" schrieb, war das nicht so negativ gemeint, wie es whoknows anscheinend besser gefallen hätte. :P
Manchmal muss man halt ein bisschen zuspitzen, um irgendwie den Bezug zum Thema zu retten... ;)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 19. Dezember 2005, 19:05:59
Da fällt mir nach einem Blick in den anderen Plagiats-Strang unter "Werkbesprechung" doch glatt noch Heinz Rudolf Kunze ein.
Der hat mal Randy Newmans "Lover's Prayer" Wort für Wort übersetzt und sogar ins gleiche Versmaß gezwängt, eigene Musik dazu geschrieben, das Ganze "Männergebet" genannt und mit der Autorenangabe Kunze/Kunze versehen!
:o
Steht bis heute so auf Platten, CDs und in gedruckten Textsammlungen, und selbst die Macher seiner Webseite wurden vom "Meister" persönlich zurückgepfiffen, als sie einem entsprechenden Hinweis folgend den Copyright-Vermerk ändern wollten.

Spätestens da wird die Sache dann wirklich fragwürdig, aber ich wollte doch eigentlich endlich mal auf Kreisler kommen... :-[
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Bastian am 19. Dezember 2005, 19:18:26
Dylan hat oft reale Geschehen in seinen Liedern verarbeitet, wie z.B. beim ""The Lonesome Death Of Hattie Carroll". Dort heißt es: "William Zanzinger killed
poor Hattie Carroll With a cane that he twirled around his diamond ring finger..."

Es geht um einen damals real existierenden reichen Kerl, namens Zanzinger, der für sechs Monate in den Knast musste, weil er eine Schwarze Frau erschlagen hatte... Diese Geschichte hat er in all ihrer Schrägheit (die damals noch alltäglich war) in seinem Lied beschrieben:

http://bobdylan.com/songs/hattie.html

Ist natürlich kein "Plagiat an der Wirklichkeit", denn soweit kann man nicht gehen... Viel schlimmer, als Dylan's "Anleihen" finde ich die Tatsache, dass BAP Dylans Lieder ins Kölsche übersetzt haben.  >:(
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Bastian am 19. Dezember 2005, 19:19:00
Ach, willkommen Uwe!
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dorian am 19. Dezember 2005, 19:25:32
ZitatDa fällt mir nach einem Blick in den anderen Plagiats-Strang unter "Werkbesprechung" doch glatt noch Heinz Rudolf Kunze ein.
Der hat mal Randy Newmans "Lover's Prayer" Wort für Wort übersetzt und sogar ins gleiche Versmaß gezwängt, eigene Musik dazu geschrieben, das Ganze "Männergebet" genannt und mit der Autorenangabe Kunze/Kunze versehen!

Na das ist schon dreist, wobei der ... Plagiatkönig ist für mich ein anderer Kunze.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 20. Dezember 2005, 01:30:04
Nagut. Kreisler hat auch geklaut. Aber er hat auch viel bewusst zitiert, und viel Kreislersch' verarbeitet.
Die grosse Tragik ist - mE - dass er heute vor allem für ein einziges Lied aus seinem reichhaltigen und genialen Oevre bekannt ist - ein Lied, mit dem er immer wieder verbunden wird - und just dieses ist nicht von ihm.

Was Deine in kurzen Worten geschilderte private Geschichte angeht (dass Du sowas überhaupt so kurz und prägnant schildern kannst, ist schon toll) möchte ich sagen, dass es mir scheint, Du hast Glück mit Deiner Famile, und Deine Familie mit Dir - denn mit so einer schwierigen Situation so umzugehen, dass es KEINE Trennung gibt, ist eine echte Leistung und zeugt von tiefer Herzensweisheit auf (fast) allen Seiten.

Und ich hab schon befürchtet, dass Du das mit dem Dylan nicht so negativ gemeint hast - der wahre Dylan-hasser (also meines Wissens weltweit nur ich ::)) erwähnt ihn einfach nciht - wer ihn erwähnt, mag ihn meist. 8-) :D
Und sogar ich habe eine Ausnahme: Storming of the Hurricane (auch nach einer wahren Geschichte) hat definitv Kraft. Er jeiert es nur so fürchterlich. ;) ;D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Bastian am 20. Dezember 2005, 08:11:38
Nagut. Kreisler hat auch gestohlen. Aber er hat auch vieles bewusst kopiert, und vieles Kreisleresk verarbeitet.
Das Traurige ist - v.A. - dass er heute meines Erachtens für ein einziges Lied aus seinem vielfältigen und abstrusen Werk bekannt ist - ein Lied, mit dem er immer wieder verbunden wird - und just dieses ist von Lehrer.

Und ich hab schon befürchtet, dass Du das mit dem Dylan nicht so böse gemeint hast - der wahre Dylan-kenner (also meines Wissens weltweit nur ich und whoknows) erwähnt ihn einfach nicht - wer ihn erwähnt, mag ihn meist.  
Und sogar ich habe eine Ausnahme: "Quinn the Eskimo" (vielleicht auch nach einer wahren Geschichte) ist noch schlimmer. Er jeiert beinahe so fürchterlich, wie Neil Young bei "Like A Hurricane".

[smiley=old_kiss.gif] Na, wer ist hier Plagiatkönig? 8-)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Dorian am 20. Dezember 2005, 11:42:45
Zitat
Und sogar ich habe eine Ausnahme: Storming of the Hurricane (auch nach einer wahren Geschichte) hat definitv Kraft. Er jeiert es nur so fürchterlich. ;) ;D
Du meinst "(Story of the) Hurricane", die Geschichte des Boxers Rubin Carter. Ganz nett, nur ein bisschen lang geraten.  Überhaupt ist "Desire"meine Lieblings-LP. "Nashville Skyline"mag ich auch, ein bei den Dylanologen verhasstes Album, genau wie "Slow Train".

@Basti: Die Herkunft von "Quinn the Eskimo" ist unklar. Es gibt jedenfalls einen Film in dem Anthony Quinn einen Eskimo spielt. Immerhin hat der Song Manfred Mann zweimal! einen Hit beschert. Wie überhaupt viele Songs super sind, wenn Dylan sie nicht selber singt.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 20. Dezember 2005, 12:01:06
Den letzten Satz könnte ich unterschreiben. :)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Uwe am 20. Dezember 2005, 12:17:17
Da deutet sich Konsens an, wo ein neuer Thread über tropische Wirbelstürme drohte.

Zitatwer ihn erwähnt, mag ihn meist.
Das gilt aber nicht für Kunze!!!

Und @whoknows wegen der "privaten" Geschichte:
Vielleicht reicht es ja schon, sich der Gefahr bewusst zu sein, um ihr wirkungsvoll zu begegnen.
Danke für die netten Worte!
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Alexander am 20. Dezember 2005, 14:58:36
Etwas verspätet auch von mir HERZLICH WILLKOMMEN an Uwe.
Wie mancher weiß, kenne ich mich bei Konstantin Wecker recht gut aus (und lasse über sein Gesamtwerk alles in allem nichts kommen). Er hat da einen Satz, der ihn bei Geklautem bequem rechtfertigt: "Von wem soll man es denn lernen, wenn nicht von den Vorbildern?" Musikalisch und textlich schlagen seine Vorbilder durch. Ein paar deutliche Beispiele:
Texte:
"Leben ist Brücken schlagen über Ströme die vergehn." (Wecker-Lied "Stürmische Zeiten, mein Schatz", Textzitat nach Gottfried Benn)
"Ich hab Angst ... um die seitlich Umgeknickten." (Lied "Ich habe Angst", Textzitat nach Hanns Dieter Hüsch)
"... im totgesagten Park am Flußufer steh´n" (Lied "Schlendern", Textzitat nach Stefan George)
Musik:
Die ganze LP "Das macht mir Mut" ist inspiriert und zitiert deutlich Carl Orffs "Carmina burana".
"Das Auge naß" aus dem Musical "Ludwig2" "würdigt" eindeutig Schuberts "An die Musik".
Wecker "inhaliert" das Fremdmaterial in seine eigene Kunst so kongenial, dass das Ergebnis den Originalen auf neue Art gerecht wird.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Guntram am 21. Dezember 2005, 08:30:27
Wenn Künstler schon klauen dann sollen sie es doch offen zugeben, warum denn nicht. Was vergibt sich Heinz Rudolf Kunze wenn er sagt: Das habe ich von dort und dort ... das hat mich inspiriert ... das habe ich als Vorbild genommen ... etc. Es gibt rein theoretisch nur keine unendlich viele Möglichkeiten (vielleicht rechnets mal einer aus  ;D  )die Noten in zu kombinieren und immer was absolut Neues zu schreiben. Ist doch nicht schlimm wenn man sich an großen Vorbildern orientiert, damit ehrt man letztendlich den "Beklauten".

Übel wirds nur wenn ein Künstler behauptet es ist von ihm und erst ein Gericht muß klären wieviel % der Noten übereinstimmen und ob es ein Plagiat ist oder nicht. Siehe Ralph Siegel  ;D ist zwar ein Scheißbeispiel, aber vor fast jeder GrandPrix-Teilnahme hatte der doch Plagiatsprozesse laufen  :)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 21. Dezember 2005, 11:01:21
Ich denke, es gibt einen klaren Unterschied zwischen Zitieren, sich inspirieren und klauen. Vielleicht sind da und dort die Grenzen fliessend - aber meistens kriegt man genau mit, in welcher Absicht bestimmte Noten, Texte oder Motive in das fragliche Werk eingeflossen sind.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Guntram am 21. Dezember 2005, 12:32:34
Egal wo die Grenzen sind. Wenn GK wie z. B. im Musikkritiker oder Bach in Boogie Woogie alte Meister verwendet ist das ein Genuß auch wenn ich nur ein paar Sachen davon überhaupt erkenne. ;)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 21. Dezember 2005, 15:10:31
Ja klar, aber da sind es ja auch ganz deutlich Zitate.
Wenn aber Disney immer als Urheber von Bambi genannt wird, ist das eine Frechheit.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Guntram am 22. Dezember 2005, 13:10:52
Fällt mit gerade spontan ein:

"Please, Shoot Your Husband" ist unumstritten von GK, ist ja von 1947

Bronner singt "Bitte, erschieß deinen Gatten" auf einer alten Platte sind Bronner und Kreisler angegeben. Vermutlich hat GB den Text übersetzt. Auf neueren CDs ist Bronner als Komponist und Autor angegeben.  ;D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 22. Dezember 2005, 14:16:50
Ja, das ist typisch Bronner. Die Nummer IST von Kreisler, im Original englisch. Bronner hat es - nach Absprache, wie er sagte - übersetzt.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Guntram am 22. Dezember 2005, 14:34:27
Er wird es den Preiser-Leuten nicht gesagt haben.  ;) ;D
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 27. Juni 2007, 10:52:19
Zitat
Wie mancher weiß, kenne ich mich bei Konstantin Wecker recht gut aus (und lasse über sein Gesamtwerk alles in allem nichts kommen). Er hat da einen Satz, der ihn bei Geklautem bequem rechtfertigt: "Von wem soll man es denn lernen, wenn nicht von den Vorbildern?" Musikalisch und textlich schlagen seine Vorbilder durch. Ein paar deutliche Beispiele:
Texte:
"Leben ist Brücken schlagen über Ströme die vergehn." (Wecker-Lied "Stürmische Zeiten, mein Schatz", Textzitat nach Gottfried Benn)
"Ich hab Angst ... um die seitlich Umgeknickten." (Lied "Ich habe Angst", Textzitat nach Hanns Dieter Hüsch)
"... im totgesagten Park am Flußufer steh´n" (Lied "Schlendern", Textzitat nach Stefan George)
Musik:
Die ganze LP "Das macht mir Mut" ist inspiriert und zitiert deutlich Carl Orffs "Carmina burana".
"Das Auge naß" aus dem Musical "Ludwig2" "würdigt" eindeutig Schuberts "An die Musik".
Wecker "inhaliert" das Fremdmaterial in seine eigene Kunst so kongenial, dass das Ergebnis den Originalen auf neue Art gerecht wird.
Ist nicht auch die berühmte Titelmusik für "Kir Royal" in Wahrheit von Franz von Soupé?
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 27. Juni 2007, 11:08:57
ZitatNagut. Kreisler hat auch gestohlen. Aber er hat auch vieles bewusst kopiert, und vieles Kreisleresk verarbeitet.
Das Traurige ist - v.A. - dass er heute meines Erachtens für ein einziges Lied aus seinem vielfältigen und abstrusen Werk bekannt ist - ein Lied, mit dem er immer wieder verbunden wird - und just dieses ist von Lehrer. )
Da streiten wir ja schon in einem anderen (dem Lehrer-) Thread.
Lehrer ist deutlich jünger als Kreisler, hat 1953 eine LP herausgebracht, auf der das Lied nicht enthalten ist, die, auf der es drauf ist, erschien 1959 ("Taubenvergiften" 1956)
Kreisler verließ Anfang 1955 die USA und Lehrer trat nie (?) in New York auf.
Die Indizien sind also ebenso dünn, wie die Behauptung, Groucho Marx könnte bei Grünbaum/Farkas geklaut haben.

Allerdings ist "Die Hand" (http://www.georgkreisler.net/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?num=1123784877/44#44) (bei Lehrer 1953, bei Kreisler 1956 veröffentlicht) eine wörtliche Übersetzung von "I Hold Your Hand in Mine".

Ich "entdecke" übrigens grad Dylan für mich (da mein Englisch zu schlecht ist, um Sprachebenen zu erkennen, hab ich mich nie sonderlich mit ihm befaßt). Zumindest hab ich die Autobiographie gelesen. Dort nennt der Meister auch "Die Dreigroschenoper" als großes Vorbild (immerhin vier Seiten lang - Phil Ochs wird im ganzen Buch nicht nicht einmal erwähnt). Vielleicht ist ja "When the Ships Comes in" seine Bearbeitung der "Seeräuberjenny" ...

Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 28. Juni 2007, 21:49:08
Und auch ein schönes Beispiel für "geklaute Kunst" - die Dreigroschenoper meine ich. Obwohl das ja noch dazu sozusagen "offiziell geklaut" ist, verbindet es kein Mensch mehr mit dem Ursprung.....
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 28. Juni 2007, 21:51:42
Suppé - aber sonst hast du glaube ich Recht. Ausserdem: gut geklaut ist auch gut. solange ein "eigenes Kreatives" dabei ist, oft genug merkt man die Inspiration gar nicht, und trotzdem ist sie von woanders - wo will man denn die Grenzen ziehen? Übrigens sind ja noch dazu Zitate nicht geklaut, sondern zitiert. 8-)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 29. Juni 2007, 00:39:01
Bei Texten kann man wohl eher von Klauen ausgehen, aber bei Musik ist das meist ein unglücklicher Zufall. Wecker stand z.B. bei Kir Royal unter Zeitdruck, nachdem Dietl alle seine Vorschläge abgelehnt hatte und pfiff ihm eine Melodie vor, die ihm grad durch den Kopf ging.

Oder glaubt wirklich jemand ernsthaft, George Harrison habe bewußt "My Sweet Lord" bei "You're so Fine" abgekupfert? Der hatte sicher einfach den netten Akkordwechsel E-moll - A-Dur gefunden und darauf herumimprovisiert.

Man sollte übrigens mal versuchen, Tom Lehrer zu befragen, wann er "Poisoning Pigeons" geschrieben hat. Würde eventuell einiges klären.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Franz08 am 29. Juni 2007, 09:43:30
Zitat[...] Man sollte übrigens mal versuchen, Tom Lehrer zu befragen, wann er "Poisoning Pigeons" geschrieben hat. Würde eventuell einiges klären.
Aber warum denn?
Alle Seiten leben doch vom "Streit" recht gut und so bleibt jede/r im Gespräch  8-)
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 29. Juni 2007, 11:43:20
ZitatBei Texten kann man wohl eher von Klauen ausgehen, aber bei Musik ist das meist ein unglücklicher Zufall

Das halte ich für etwas blauäugig - auch aus eigener Erfahrung. Nicht nur dass man sich natürlich beim Komponieren, wenn man wo ansteht,  erst mal andere Sachen anhört, und dann ganz bewusst eine Phrase übernimmt und halt einen Ton daran ändert,oder es einfach in Moll setzt oder so  (zum Teil extrem dreist: ein Wiener Tonstudiobesitzer hat ein Vermögen verdient mit der Werbesignation von "You are the Sony of my life" - die nichts anderes als "Samba pa' ti" von Santana  mit einem anderen Ton ist), inzwischen werden in der Popmusik zum Beispiel ganze Basslinien übernommen. Klar kann es auch passieren, dass man eine Musik irgendwie im Ohr hat, und nicht merkt, dass es die schon gab - aber wenn ich mir heute Pop im Radio anhöre, ist so etwas eher die Ausnahme - den Unterschied hört man nämlich schon, ob etwas bewusst ist oder nicht - jedenfalls meistens. Und heute höre ich IRRE viel, wo man genau mitkriegt, von welchem Lied die Basslinie, das Schlagzeug oder die Bläser geklaut wurden.

Nicht nur das allerdings, ich bin ziemlich verblüfft, wie viele neue Bands sich nicht entblöden, einfach irgendeinen Hit aus den 60ern eins zu eins neu aufzunehmen - nicht mal Rythmus oder so verändern - und es wird sofort wieder zum Hit gestyled. Die machen nicht mal was Neues, und die Radiomoderatoren sagen dann: Wir spielen jetzt "A Lovely Day" von der Gruppe Blabla - kein Hinweis auf den Ursprung. Nach dem Motto: das blöde Publikum erinnert sich eh nicht....

Bei dem vorliegenden "Streit" Lehrer vs Kreisler kann ich allerdings nur wiederholen: beide Künstler haben so dermassen viel unbestritten Eigenes und richtig Gutes geschrieben, dass es mir jedenfalls wirklich wurscht ist, ob und wer jetzt was geklaut hat.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 29. Juni 2007, 22:20:37
Grad im NDR gesehen: Maria Helwig hat 1966 einen hochdeutschen Jodler gesungen, den später der Fredl Fesl wortwörtlich übernommen hat.
Ich bin sicher nicht der einzige, der geglaubt hat, Fesl habe das selber "übersetzt" (ob die Kredits auf der Platte korrekt sind, weiß ich nicht - wahrscheinlich weiß er gar nicht, wo es herkommt. So wie Tucholskys "Auf Wiederseh'n Marie" ins Volksliedgut eingegangen ist.). Übersetzer war offenbar der Mann von Maria Helwig.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 25. August 2007, 20:22:39
Gestern gab's im Radio einen Beitrag über Tobi Reiser (mir bis dahin unbekannt und vermutlich auch kein echter Verlust :o ),
da ging es um eine seines wohl bekanntesten Stücke, den Zigeunermarsch.

http://www.br-online.de/land-und-leute/sendungen/landundleute/

,,Maxl Glan aus Maxglan
Nachdenken über einen ,,Zigeuner-Faschingsmarsch"
Von Ulrich Enzensberger

Er gehört zu den beliebtesten Melodien der österreichisch-bayerischen Volksmusik - der ,,Maxglaner Faschingsmarsch", der ,,Maxglaner" oder ,,Max Glaner Zigeunermarsch", oder auch der ,,Maxlglaner". Entdeckt hat ihn der berühmte Schöpfer des ,,Salzburger Adventsingens", Tobi Reiser. Er hat ihn 1971 unter dem Namen ,,Maxglaner Zigeuner-Faschingsmarsch" bekannt gemacht.

Bei der Eröffnung der Fußball-WM 2006, beim Einzug der Nationen, wurde eineinhalb Milliarden Zuschauern der ,,Max-Glaner-Marsch" als bayrisches Brauchtum, als Marschplattler, präsentiert. Zünftigen Musikern war peinlich bewusst, dass die für den alpenländischen Raum ungewöhnliche Weise in Moll nicht aus Bayern, sondern aus dem Salzburger Vorort Maxglan stammt.

Wer aber weiß, dass dort 1940 ein Konzentrationslager errichtet wurde? Von ,,Zigeunern" und für ,,Zigeuner"? Leni Riefenstahl rekrutierte aus dem ,,Zigeunerlager Maxglan" Komparsen, so auch den dreizehnjährigen Josef Reinhardt und den zwölfjährigen Engelbert Schöpf, dem gestattet wurde, sich auf eigene Kosten bei einem Salzburger Trödler eine gebrauchte Ziehharmonika zu kaufen. - 1943 wurde das Lager aufgelöst. Die Sinti und Roma wurden in Marsch gesetzt, in das KZ Lackenbach und nach Auschwitz-Birkenau, Abschnitt B IIe ...

Es wird von manchen Leuten angenommen, dass er sein Zigeunerlied über den Zaun dieses KZ gehört und aufgenommen habe.
Darin sehe ich eigentlich gar kein Problem, denn das hat er ja schließlich in der Namensgebung zum Ausdruck gebracht.

Schlimmer finde ich dabei, dass er offenbar während der ganzen Nazizeit ein Mitläufer und gewissermaßen auch Mittäter war, der gegen alles Fremde gewettert hat. Und später wurde er dann ausgerechnet mit dem Zigeunerlied so berühmt, dass es sogar für den bayerisch-österr. Raum auf der WM gespielt wurde ...  >:(

http://www.drehpunktkultur.at/txt07-3/0197.html
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 25. August 2007, 22:13:29
Versteh ich das richtig? Reiser soll das Lied über den Zaun gehört haben? Ein Lied, dessen Existent nur im Rückschluß postuliert wird? Das halte ich wirklich für gewagt.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 26. August 2007, 23:13:13
ZitatVersteh ich das richtig? Reiser soll das Lied über den Zaun gehört haben? Ein Lied, dessen Existent nur im Rückschluß postuliert wird? Das halte ich wirklich für gewagt.
Es soll dafür auch quasi Zeugen gegeben haben, soweit ich das verstanden habe.

Immerhin benannte TR diesen Marsch ja "Zigeuner" sowie nach dem Ort "Maxglan", in dem das Zigeuner-KZ stand. Warum sollte er das sonst gemacht haben, wenn er es nicht von Zigeunern und aus diesem Ort hatte? Dass in dem KZ musiziert werden durfte, geht ja aus dem Bericht hervor. In dem o.z. Artikel steht "entdeckt" - falls das nicht eine reine Interpretation des Autors ist, dann ...
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 27. August 2007, 10:22:42
Karsten Troyke hat eine ganze CD gemacht mit Liedern, die ihm eine alte Frau, die kaum noch einen Ton getroffen hat, vorgesungen hat - diese Frau hatte die Lieder noch in Erinnerung von ihrer Grossmutter - die sie als kleines Kind verloren hat. Das ist ebenso "weit hergeholt" - aber es gibt ganze Archive, die davon leben, dass sich irgendwo Grosseltern an Lieder erinnern, die deren Grosseltern gesungen haben. Lieder wurden bekanntlich über Jahrhunderte mündlich tradiert. Wie sehr sie dann tatsächlich mit dem "Original" übereinstimmen, ist jedem klar, der als Kind "stille Post" gespielt hat - trotzdem.

Und dass ein Nazi-Mitläufer ausgerechnet mit etwas Erfolg hat und reich wird, dass von Juden stammt - auch das gibt es in jeder erdenklichen Variante. Disney hat schliesslich Bambi auch von einem Juden - und Disney war vielleicht kein Nazi, aber immerhin sehr sehr weit von einem Philosemit und Sozialdemokrat entfernt.

Ich denke, es ist schon sinnvoll, immer wieder auf die Herkunft von Liedern hinzuweisen - und ich finde es durchaus ehrenwert und schön, so wie Karsten Troyke eine Cd mit "vergessenen Liedern" zu machen. Aber andererseits ist es eben immer wieder der Lauf der Dinge, dass Lieder ihr "Elternhaus" verlieren. In Europa ist diese verlieren  dann aufgrund der Geschichte des Kontinents immer wieder nachgerade ein perfider Treppenwitz der Geschichte. Wer kennt heute noch Leo Fall? Aber seine Wienerlieder werden von allen Mündern gesungen, ungeachtet der Gesinnung des Sängers.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Marlene am 27. August 2007, 14:57:15
Hallo, ich will hier zwar gar nichts zum Thema schreiben, aber den Satz

Dass in dem KZ musiziert werden durfte, geht ja aus dem Bericht hervor.

kann ich in gar keinem Fall hier unommemtiert stehen lassen: Ich kenne zwar nicht die detaillierte Geschichte dieses KZs, aber ich weiß aus vielen anderen Konzentrations- und Vernichtungslagern, daß es dort Häftlingsorchester gegeben hat. Dies hatte allerdings mit "musizieren dürfen" rein gar nichts zu tun: diese Orchester waren quasi Arbeitkommandos, in denen Häftlinge dazu gezwungen wurden, Musik aufzuspielen, während andere Häftlinge zur Arbeit getrieben wurden oder von dort zurückkamen. Vor allem am Abend ging es dabei um Häftlinge, die teilweise ihre toten Mithäftlinge mit ihrer letzten Kraft ins Lager trugen (damit man sie beim Apell mitzahlen konnte...) Diese Orchester waren Teil des Vernichtungsprogramm und eine besonders perfide Art, die Häftlinge zu quälen und zu ernierigen. Die Überlebende Fania Fenelon hat ein Buch dazu geschrieben: Das Mädchenorchester von Auschwitz
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 28. August 2007, 11:38:53
Hallo Marlene,

du hast natürlich leider Recht mit dem, was du über die "musizierenden Insassen von KZs" schreibst.  :'(

Ich hatte das etwas verkürzt - aber zugegeben missverständlich - dargestellt:

ZitatLeni Riefenstahl rekrutierte aus dem ,,Zigeunerlager Maxglan" Komparsen, so auch den dreizehnjährigen Josef Reinhardt und den zwölfjährigen Engelbert Schöpf, dem gestattet wurde, sich auf eigene Kosten bei einem Salzburger Trödler eine gebrauchte Ziehharmonika zu kaufen.

Gruß,
Anke
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 29. August 2007, 13:25:34
ZitatWer kennt heute noch Leo Fall?

Ich, ich, ich!  8-)

Und zum Glück gibt es noch andere, die ihn sogar noch aufführen, hier z.B.:
http://www.theater-erfurt.de/repertoire/content_dollar.html
http://www.neukoellneroper.de/archiv/rosevonstambul/pressemappe.pdf
http://www.dillingen-saar.de/kultur/ktermin.htm

Aber du hast sicher Recht, ein normaler und vermutlich sogar ein musikalisch überdurchschnittlich gebildeter Jugendlicher wird nicht im Regelfall den Namen Leo Fall kennen.  :-? Dabei sind einige der populärsten Operettenarien von ihm.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 29. August 2007, 14:02:47
Woher ist diese Aufnahme denn geklaut?  8-)

http://www.youtube.com/watch?v=m0oKYVHGw8Y

Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: whoknows am 29. August 2007, 16:24:08
Klingt irgendwie ungarisch für mich.

Anke, Du faszinierst mich: hast Du sooooo viel Zeit? :o
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 29. August 2007, 20:44:40
ZitatKlingt irgendwie ungarisch für mich.

Anke, Du faszinierst mich: hast Du sooooo viel Zeit? :o

Möchtest du damit andeuten, whoknows, dass dich mein Geschreibsel zu viel dünkt?

Das würde mich ehrlich betrüben ... :'(
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Guntram am 29. August 2007, 22:23:13
Falsch Anke - schreib so viel wie du willst und noch mehr - es ist der pure Neid. Zeit ist etwas was whoknows deutlich zu wenig hat.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Anke am 29. August 2007, 22:42:48
ZitatFalsch Anke - schreib so viel wie du willst und noch mehr - es ist der pure Neid. Zeit ist etwas was whoknows deutlich zu wenig hat.
Moanst?  :-?

Also, es hat alles seinen Preis im Leben, youknow.  8-)

Es ist wie mit dem Glück im Spiel und dem Glück in der Liebe. ;) Man kann nicht beides haben. Sagt man jedenfalls.  
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Stroganoff am 29. August 2007, 23:21:34
Vom Thema abweichende Antworten wurden in [link=http://www.georgkreisler.net/cgi-bin/yabb/YaBB.cgi?num=1188422495]dieses Thema verschoben.[/link]
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Katinka Koschka am 29. August 2009, 16:33:54
Wie sagte doch schon Harald Nielsen? Wo alles klaut kann ich allein nicht dichten [smiley=old_grin.gif]
Ich finde es immer wieder faszinierend wie Musiker es anstellen Melodien zu schreiben, die offenbar noch nicht geklaut sind. Oder wenn Lieder untereinander Ähnlichkeit haben, wo man so ziemlich genau weiß, dass die jeweiligen Interpreten sich eigentlich nicht kennen dürften. Ich glaube z.B. nicht, dass Semisonic je von den Puhdys gehört haben, dennoch erinnert mich der Gitarrenlauf in "Chemistry" irgendwie an die Keyboardmelodie in "Rockerrente" :mata
Oder wie erzählte Guy Garvey; er hat mal eine schöne Textzeile gedichtet: "Kiss me like a final meal, kiss me like we die tonight" und hat gegooglet was das Zeugs hielt um herauszufinden ob es das schon gibt. Er fand nix. Nachdem der Text vertont worden war und nun "One day like this" heißt (übrigens zu meinem leichtem Befremden musikalisch ziemlich heftig bei "Hey Jude" von den BEATLES bedient!!) merkte er beim Ipodhören mit Schrecken, dass Howe Gelb von Giant Sand etwas sehr ähnliches gedichtet hatte, es diese Textidee also doch schon gab!
Nun würde mich bloß noch interessieren, ob die frappierende Ähnlichkeit des Liedes zu "Hey Jude" eine Hommage ist, denn Guy Garvey mag die Beatles... :o
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 29. August 2009, 20:45:03
Das  oder es ist ihm gar nicht aufgefallen.
Ich hab auch mal ein Lied komponiert (es ging dabei um Bundeswehrveteranen) und nach 20 Jahren (!!!!) fiel mir plötzlich auf, daß die Bridge aus "Der Graben" von Kurt Tucholsky/Hanns Eisler war. Musikalische Ähnlichkeiten sind manchmal wie diese Vexierbilder, wo man entweder die Vase oder die Mädchenköpfe sieht.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Bastian am 30. August 2009, 01:39:03
Was Akkordfolgen angeht, ist es natürlich kaum möglich, noch nie Dagewesenes zu fabrizieren (Ich glaube, Du, Burkhard, hattest irgendwo im Forum mal einen "My Sweet Lord"- Variante erörtert. Ich weiß nur den Zusammenhang nicht mehr.) In Punkto Melodien sieht es unwesentlich besser aus. Hat man die berühmten drei Akkorde, kann man davon ausgehen, dass jeder Melodieweg bereits von jemand anderem begangen worden ist. Die schiere Menge machts, dass man Ähnlichkeiten findet.

Hat man eine etwas kuriosere Akkordfolge, wird es insgesamt weniger an Vergleichbarem geben. Da aber die Variationsbreite der möglichen (einigermaßen lauschbaren) Melodien durch die Akkordfolge eingeschränkt wird, werden Ähnlichkeiten wiederum umso deutlicher. Da mag man eher ein echtes Plagiat vermuten, aber möglicherweise ist die Ähnlichkeit genau so unbeabsichtigt. Unser Gehör beherrscht Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Noch vor vierzig Jahren hat es eine ziemliche Weile gedauert, bis beispielsweise eine amerikanische Platte Europa erreichte. Heute, durchs Internet, ist alles ad hoc verfügbar. Letztlich kann man den Plagiatsvorwurf konstant aufrechterhalten, es wird immer etwas geben, das ähnlich klingt. Man muss nur lange genug suchen...

Ich bin dafür, das "retrograde Plagiat" (AT) einzuführen. Ich kann gar nicht sagen, was Gernhardt und Kreisler schon bei mir geklaut haben. Außerdem würde "Twist and Shout" gegenüber "La Bamba" rehabilitiert.
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Burkhard Ihme am 30. August 2009, 10:44:13
Zitatch glaube, Du, Burkhard, hattest irgendwo im Forum mal einen "My Sweet Lord"-Variante erörtert.
Das war in diesem Thema, Beitrag 44:
ZitatBei Texten kann man wohl eher von Klauen ausgehen, aber bei Musik ist das meist ein unglücklicher Zufall. Wecker stand z.B. bei Kir Royal unter Zeitdruck, nachdem Dietl alle seine Vorschläge abgelehnt hatte und pfiff ihm eine Melodie vor, die ihm grad durch den Kopf ging.

Oder glaubt wirklich jemand ernsthaft, George Harrison habe bewußt "My Sweet Lord" bei "You're so Fine" abgekupfert? Der hatte sicher einfach den netten Akkordwechsel E-moll - A-Dur gefunden und darauf herumimprovisiert.

Man sollte übrigens mal versuchen, Tom Lehrer zu befragen, wann er "Poisoning Pigeons" geschrieben hat. Würde eventuell einiges klären.

Der arme Gary Moore ist ja gerade wegen eines Plagiats verurteilt worden. Das Gitarrensolo in "Still got the blues" (http://www.zeit.de/online/2008/50/gary-moore-plagiat) soll geklaut sein. Und das mit der dämlichen Begründung, daß Stück sei vor dreißig Jahren mindestens einmal im Radio gespielt worden und Moore sei ja immer wieder in Deutschland unterwegs ...
Titel: Re: "Geklautes", Wiederverwendetes
Beitrag von: Bastian am 30. August 2009, 12:57:14
ZitatWinters Werk Nordrach aus dem Jahre 1974 war nicht auf Tonträgern erhältlich, sondern lediglich in Konzerten seiner Band Jud's Gallery und mindestens einmal im Radio zu hören.

so ab Minute 9:
http://www.youtube.com/watch?v=hqudqHsrQaY

Ja, wirklich dämlich. Wenn ich mir vorstelle, man legte mir diese Akkordfolge von mollen und maj7en vor, und ich sollte eine Melodie drüberlegen, würde ich nach einigem Feilen wahrscheinlich zu einem sehr ähnlichen Ergebnis kommen. (Da ich die Songs kenne, natürlich erst recht...)

Noch so einer, der an diesem Tag das Radio angehabt hat. Er hat nur nicht aufmerksam genug hingehört, drum hakt die Melodie ein wenig...:
Carlos Moore spielt "Still got the Nordrach" (http://www.youtube.com/watch?v=weoGpyvIqP8&hl=de)

Nachtrag:
(Hehe, achtet mal drauf, wie hilflos er dasteht und immer aufs Griffbrett schielt, dieser Kopist! Und wie er sich zu den anderen umdreht! Er will "Nordrach" kopieren, weiß aber nicht mehr wie's geht. Drum wurde es nie ein echtes Plagiat.)