Synästhetiker, bekloppt und doch normal?

Begonnen von Bastian, 13. Oktober 2005, 03:56:37

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angel

#50
whoknows, ich denke, ABSTRAKTION liegt daran, dass sich Wahrnehmung/Gefühl und Verstand/Rationalität auseinanderentwickelt haben. Dies manifestierte sich auch auch in der Geschlechtertrennung.
Gerda Lerner hat 8 Jahre dazu geforscht und dann das Buch "das Patriarchat" geschrieben, worin sehr interessante Hinweise zu diesem Phänomen sind.

Aber der Beginn der Abkoppelung des Menschen aus der Natur entstand mit der Herstellung von Werkzeugen, mittels denen er die Natur bearbeitete. Das ist bekanntlich auch der Ursprung von Kultur.

Bastian

#51
Tja, das scheint mir ein künstlich verengter Begriff von Natur zu sein, wie man ihn nur bei Geisteswissenschaftlern beobachtet... Angst vor Synthese? ;)

Gehört Sprache nicht zur Natur? Die Signale der Tiere: bellen, miauen, quaken, stinken und zwitschern? Der Werkzeuggebrauch bei Menschen und anderen Affen? Das Spiel der Vögel? Die Duftspur der Ameisen? Deren Kultivierung von Pilzen zum Verzehr? Wo soll da die Grenze zwischen Natur und Kultur sein?

Ich halte es auch für beidseitig degradierend, wenn "Wahrnehmung/Gefühl und Verstand/Rationalität" jeweils Frau und Mann zugedichtet werden. Sektiererisch im besten Sinne. Um das zu erkennen brauch ich keine 8 Jahre.

angel

#52
Basti, die Synthese als Negation der Negation ist ein Ziel, d.h. Produkt der Dialektik, d.h. einer KONKRETEN Allgemeinheit, in der Spezifisches und Individuelles zusammengefaßt ist. Und ich bin Dialektikerin.

Gerda Lerner beschrieb den historischen Entwicklungsprozess des Phänomens des Abstrakten/der Abstraktion und seiner Auswirkung auf die Zivilisation.

Ich empfinde z.B. den Staat mit seiner Bürokratie als sehr unästhetisch. Aber stimmt: Für diese Empfindung braucht man die Geisteswissenschaften bzw. das "Über-Haupt" (bzw. Hegels Weltgeist) nicht, sondern ich halte mehr davon, wenn wir unser Hirn wie ein Sinnesorgan zur Schaffung von Sinn benutzen.  

Mir bereitet gerade das Gespräch hier große Freude. Ich bemerke SINN  :-*
Ich entdecke darin nämlich gerade, dass es doch so etwas wie einen guten kollektiven - sinnig-sinnlichen - Intellekt gibt. [smiley=happy.gif]


Bastian

#53
Zitatdie Synthese als Negation der Negation ist eher ein Ziel, d.h. Produkt der Dialektik, d.h. einer KONKRETEN Allgemeinheit, in der Spezifisches und Individuelles zusammengefaßt ist.
Diese These mag innerhalb der Dialektik (wessen auch immer) gelten, und innerhalb der Tradition aller Philosophiestudenten und Germanisten als unumstößlich freudig hochgehalten und hin- und hergeschwungen werden... Sie trifft allerdings nicht per se auch im Fächerübergreifenden Dialog zu.

Eine Synthese zwischen den Disziplinen fordert neue Perspektiven. Leider gibt es nur wenige Leute, die ihr Gelerntes mit den neuen Gegebenheiten abgleichen. Ich kann nicht nach Hegel'scher Dialektik eruieren, ob das Ribosom X nun richtig translatiert hat oder nicht. Ebensowenig kann ich das Schneiden von Blättern, wie es Blattschneiderameisen praktizieren, und das Züchten von leckeren, fädigen Pilzkulturen auf diesem Laub, vom Begriff der "Kultur" ausnehmen- nur weil Philosoph X geschrieben hat, dass Kultur nunmal das Gegenstück zu Natur sei, und den Menschen zu etwas anderem als dem Tier gemacht habe. Das "Basta" dieses Philosophen X betrifft weder mich noch diese seltsamen Insekten. Nein, die Ameisen machen es genauso wie wir. Nur dass sie nicht soviel darüber reden...

Interessanterweise wird die Hirnforschung im Moment zum größten Joint Venture der Wissenschaftsgeschichte. Nach den Büchern von Oliver Sacks lese ich gerade das Buch "Eine kurze Reise durch Geist und Gehirn" von Vilayanur Ramachandran. Dagmar hat's mir geschenkt, und ich fresse es jetzt auf. Den Geisteswissenschaften kann nichts besseres passieren, als dass sie Feedback von den Neurowissenschaften bekommen. Und vieles über das man Jahrhunderte hin- und herdiskutiert und argumentiert hat, bekommt Hand und Fuß- oder bekommt beides abgehackt... Aber die ganzen Diskussionen über den freien Willen, die Gott- Spielerei des Menschen (bei der PID), das Besondere des Menschen, oder die Kultur bekommen neues Futter.

Ich verliere gerade den Faden, muss mal pausieren...

Dies noch:
"Kultur" ist nicht erst seid Henscheid ein Unbegriff. Wenn jeder ihn anders definiert (Urbarmachung der Erde, Sprache, Theaterbesuch), eignet er sich nicht besonders, um Unterschiede aufzuzeigen. Wenn er selbst hin- und herwackelt, ist er keine Stütze für anderes.

angel

#54
Basti, Deine Antwort hat sich mit meinen schreibenden "Work in Progress" überschnitten. Ich hatte noch etwas umformuliert und Neues hinzugefügt. Ggf. magst Du ja Deinen Beitrag auch noch etwas bearbeiten?

Übrigens: Wenn ich von "Dialektik" spreche, dann gehe ich kritisch von Hegel, Marx, Adorno aus.

Bastian

#55
Nö.

Ich schreibe eh haarscharf an allem anderen vorbei.

Soviel zu meiner Dialektik...



Aber diesen Beitrag ändere ich auf deine Änderung hin.

Also:
[edit]
ZitatUnd ich bin Dialektikerin.

Oh, aber das ist doch beim heutigen medizinischen Stand kein Problem mehr! Viele sind heutzutage Dialektiker, aber wenn sie gut eingestellt sind... :P [smiley=old_cheesy.gif][/edit]
Sorry, es juckte so. [smiley=old_kiss.gif]

angel

"Henscheid war anno 1996 Mitunterzeichner der Frankfurter Erklärung zur Rechtschreibreform. Im Februar 2006 setzte er sich gemeinsam mit Helmut Markwort, Arnulf Baring und Alexander von Stahl in einer Unterschriftenaktion für die nationalkonservative Zeitung Junge Freiheit ein, zu dessen regelmäßigen Autoren er seit einigen Jahren gehörte [1]"

http://de.wikipedia.org/wiki/Eckhard_Henscheid

Setzt Du wirklich Henscheid gegen Hegel-Marx-Adorno?  :o

Bastian

#57
:o Naja, ich meinte eher diesen Henscheid:

"Zusammen mit Robert Gernhardt, F.W. Bernstein, Chlodwig Poth, F.K. Waechter, Peter Knorr, Bernd Eilert und Hans Traxler (be)gründete Eckhard Henscheid die sogenannte Neue Frankfurter Schule, deren Publikationsorgan das Satiremagazin Titanic wurde. Dort schreibt er auch, in Abwechselung mit Gernhardt, unter dem Pseudonym "Hans Mentz" die Rubrik "Humorkritik"."
http://de.wikipedia.org/wiki/Eckhard_Henscheid

In der Titanic schrieb er auch gegen all die unsäglichen ...-kultur Komposita (Leitkultur, Hineinfühkultur etc...) Drum brachte ich ihn ein.

Dass er für das Arschlochblatt JF schrieb, war mir bis jetzt nicht bekannt. Ich kann es auch nicht nachvollziehen.

Also, gegen Hegel und Adorno setze ich ihn nicht.

angel

#58
Apropos Henscheid: Frage Dich doch mal, warum er bei der JF und den Nationalkonserven gelandet ist und z.B. Nina Hagen (Frau Huntz) am 9. November 2000 in einem Interview der Zeitung "Welt" Deutschland bzw. die BRD als "tolles patriotisches Land" bezeichnete.

Irgendie muss das doch mit ihrem nicht vorhandenen oder barbarischen Kulturbegriff sowie Dialektikmangel zu tun haben, oder?

Apropos Mediziner aller Art und Neurologen insbesondere: Ich war jahrelang in der medizinethischen Mailingliste der Ruhr-Uni Bochum. So viel Menschenverachtung wie ich darin erlebt habe, ist mir selten in einer "wissenschaftlichen" Mailingliste begegnet.

Bastian

#59
ZitatIrgendie muss das doch mit ihrem nicht vorhandenen oder barbarischen Kulturbegriff sowie Dialektikmangel zu tun haben, oder?  
Tja, mir scheint, da sind wir uns tatsächlich einig.

Aber früh dich nicht zu freu! Ich hab dir oben noch einen schlechten Scherz reingedrückt. :D

angel

#60
Wir sind uns einig?
Warum aber machst Du "schlechte Scherze"? Je ne compris pas...  :-[ :-X
Okay, I've got it now!  ;)
Dialekte werden ja auch von einigen als Sprachfehler empfunden...  :D

Du bist mir aber auch ein Schlingelchen!!!  

Alex

Hinke leider etwas hinterher, weil meine flatrate die letzten Tage eher eine platte Ratte war. Jetzt bin ich wieder online... Wie schön.  Zu Synästhetiker und scharfer roter Pfeffer fällt mir fogendes ein: Der amerik. Neuropsychiater Oliver Sacks  bewschreibt in einem seiner -sehr lesendswerten- Büchern, die Geschichte eines Mannes, der -infolge eine Schlaganfalles o. Ä. Teile seines Gehirns "verlor". Nur wars bei ihm nicht typischerweise die Motorik, bzw. die Aus-sprache, sondern das Verständnis oder besser Erkennung der Spache. Da unser Gehirn viele tausende Jahre Zeit hatte, sich zu entwickeln, hatts natürlich auf Dezentralisierung, und nicht Globalisierung, gesetzt. D. h. es gib mehrerere Sprach- und Sehzentren. Wenn eins davon ausfällt, kann immer noch ein andres einspringen. So weit, so gut, das führt aber manchmal, zu skurilen Konstellationen :) Z. B. Fällt dirs "Seh-Bewegungsehzentrum" aus, läufst du gegen fahrende Autos, die du NICHT! sehen kannst-obwohl du jedem Parkenden Auto ausweichen kannst. Ists "Standsehzentrum" defekt, läufst gegen parkende Karren, siehst aber alle Flitzer etc.  Lösung: Die Patienten weden angehalten mit dem Kopf zu wackeln, bevor sie die Straße überqueren- dann bewegt sich kurzzeitig alles :D Der Herr mit dem Schlaganfall verlor den Teil seines Sprachzentrums, der ihn verstehen ließ. Also: Ein Handschuh ist nicht eine Röhre mit 5 Austülpungen- wie ein Hirngeschädigter beschreiben würde, nein ein Handschuh. Das Erkennen der Worbedeutung- nicht das Buchstabenverständnis- ist zerstört. Sagte nun Die Gattin zum Gatten: rasier Dich!--- nix. Schaltet Madame aber dabei den Rasierapparat ein: brummmmm- bingo! Er rasiert sich, wie immer. Derlei Beispiele ziehen sich durch den gesamten Tagesablauf, was vor allem in Gesellschaft- schwierig sein kann, wenn erst Gerüche oder Geräusche eine Person in Gang setzen . Synästhesie liegt also auch beim "Nichtsynästhetiker" vor, wird aber, in der Regel, wenn nix ausfällt, nicht wahrgenommen, weil selbstverständlich. Synst. wie Basti haben da wohl die ein oder andere LUXUSSYNAPSE! Ha! Scheiß Angeber! Was mich nur interessiert: Riecht J. S. Bach besser als W. Petri? Hölle, hölle, hölle ;D

Alex

#62
Oder, anders gefragt: gibts eine eindeutige! -nicht medizinische- Abgrenzung zur Epilepsie- die ja auch als Gewitter im Gehirn beschrieben wird, und zu Schizophrenie- wo sich auch Ereignisse ihren Weg überalhinnbahnen, die normlalerweise vom Gehirn getrennt gedeckelt werden... :o

Bastian

#63
Hä?
Na, du kennst mich ja. Welchen Eindruck hast du von diesem Kasus? Hab ich mich in deinem Beisein schon mal spontan auf den Boden geworfen oder wollte ich Karthago mit Haubitzen zerstören?

(Falls ja, dann gabs bestimmt einen anderen Grund...)

Nö, ich habe kein Gewitter im Gehirn. Mir geht es gut, und weder der andere noch ich haben etwas schizophrenes an mir.
Ist also so weit- so gut, alles OK. ::)

Ich weiß nicht wie Bach riecht. Bei der elendslangen Lagerzeit dürfte er grundsätzlich weniger riechen als der Petry. Obwohl letzterer noch lebt.

whoknows

Na, nu tu man nich so. Du weisst Dein auf-den-boden-werfen-und-herumbrüllen einfach nur gut zu verstecken. :P
;D ;D ;D

(wieso ist das forum noch da? Ist doch Mittwoch? ich fürchtete schon, heute mit entzugserscheinungen leben zu müssen..)