Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Gesellschaft => Thema gestartet von: Heiko am 11. Juni 2013, 23:24:36

Titel: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 11. Juni 2013, 23:24:36
Nein, nicht die in Istanbul. Zahlreiche Forscher kritisieren Polizeibrutalität gegen Blockupy-Proteste in Frankfurt und warnen vor einer Aushebelung des Demonstrationsrechts.

http://www.publikative.org/2013/06/10/blockupy-forscher-kritisieren-polizeigewalt/

ZitatJenseits des konkreten Falles in Frankfurt fordern wir:
•   die individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamt*innen, um Gesetzesübertretungen verfolgen zu können,
•   die Schaffung (polizei-)unabhängiger Kontroll- und Beschwerdeinstanzen zur Untersuchung solcher Vorfälle,
•   eine unabhängige Forschung zu sozialen Bewegungen, Protest und staatlichem Umgang mit diesen Phänomenen.

Zumindest die ersten beiden Punkte sollten für eine demokratisch verfasste Gesellschaft selbstverständlich sein.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Bastian am 13. Juni 2013, 16:59:22
Und umsetzbar allemal. In den meisten EU-Staaten ist eine Kennzeichnung der Polizisten Pflicht:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kennzeichnungspflicht_f%C3%BCr_Polizisten#Andere_Staaten
Ich hätte mir das in mancher Situation auch schon gewünscht.
Titel: A. A. C. B.?
Beitrag von: Heiko am 24. Juni 2013, 02:37:36
Nein, natürlich sind nicht alle Cops Bastards (bzw. beautiful). Solch pauschale Aussage ist durchaus beleidigend und als These weit weniger haltbar als beispielsweise Tucholskys berühmtes Soldaten-Urteil, welches ja auf das unwiderlegbare, konstitutive Selbstverständnis der Gewaltausübung bis hin zur Tötung zielt.
Aber 1800,-€ Strafe für eine Buchstabenkombination (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=sp&dig=2013%2F06%2F22%2Fa0071&cHash=f37072f2638ed67704bb96e468726bc0) auf einem Käppi, die lediglich Antipathie gegenüber einer systemisch und ungerecht empfundenen Polizeigewalt ausdrückt? Die Empfindlichkeit von Justiz und Polizei gegenüber dieser Aussage ist doch etwas übertrieben. Ich erwarte da einfach mehr Souveränität. Wer sich zu den Schlagstöcken der Herrschaft machen lässt, braucht nicht rumheulen, wenn man sie nicht liebt.

Die Polizei verursacht das bisher ungelöste Problem, dass ihr Anspruch auf das Gewaltmonopol geradezu magnetisch und systematisch autoritäre Charaktere anzieht. Und dass diese dann unter dem anonymen Schutz der Gruppe ihre (Ab-)Neigungen ausleben können und es auch tun. Überzogener Einsatz von Pfefferspray ist bereits Normalität. Um das kennenzulernen braucht man nicht nach Istanbul oder Brasilien zu fahren.

Dazu eine schleichende Legalisierung ihrer Repressionsmöglichkeiten. In Hamburg wurde zum 01.06. ein ganzes Viertel dauerhaft zum Gefahrengebiet erklärt. Mit der Rechtfertigung Drogenhandel auf der Straße bekämpfen zu können, aber mit der Folge, dass jetzt jeder jederzeit verdachtsunabhängig kontrolliert, mit Platzverweis belegt und in Gewahrsam genommen werden kann. Insofern stimmt die Bezeichnung "Gefahrengebiet": Auf einmal wird es tatsächlich gefährlich das Schanzenviertel zu betreten, wenn man "verdächtig" aussieht.

Ich wünsche mir eine Besinnung auf die Wortbedeutung von Polizei, die sich bekanntermaßen von der Polis ableitet. Das heißt: Ich fordere eine Polizei, die nicht einen abstrakten Staat (und asoziale Kapitalinteressen), sondern den Menschen und die Demokratie schützt.
Titel: N.A.C.A.B.?
Beitrag von: Bastian am 25. Juni 2013, 00:42:21
In dem Artikel wird das Gericht sinngemäß zitiert: "Der Angeklagte sei gezielt auf eine Gruppe Polizisten zugegangen und habe diese herabwürdigen wollen."
Ist natürlich schwer zu beurteilen, ob jemand gezielt oder ungezielt auf eine Gruppe von Polizisten zugeht. Oder ob er in diesem Moment willentlich wollte, was auf der Mütze akronym festgeschrieben stand. Wenn das Gericht sich das zutraut, bitte. Also ich könnte da nur einen Zweifel dagegenhalten. Und 1800 Ocken Geldstrafe scheinen mir auch exempelverdächtig weit ausgeholt.

Abgesehen von der Tatsache, dass ich den Spruch aus ganz anderen Gründen nicht gut finde, wüsste ich gerne, ob ein salvatorisches "N.A.C.A.B." anders bewertet würde. Ich finde, das wäre sogar recht subversiv und hätte im konkreten Aufeinanderzugehen so etwas Versöhnliches und zum Dialog Einladendes...

Ber eben abgesehen von... Nicht gut finde ich den Ausspruch nämlich, weil er offensichtlich voraussetzt, dass ein "Bastard" (z.B. in der Bedeutung von "Mischling") etwas Negatives ist. Da würde ich mir "Links"-Intern tatsächlich etwas mehr Bewusstsein und Hinterfragung wünschen. Oder ist "Rassenreinheit" jetzt auch schon ein linkes Ideal?

(Ohne Widerspruch zu dem, was Du übers Schanzenviertel und "Polis" geschrieben hast. Mindestens Letzterem stimme ich voll zu. Das Schanzenviertel kenne ich leider nur aus ähnlichen Erzählungen, hab es aber selbst noch nicht erleben dürfen/müssen.)
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 25. Juni 2013, 16:17:24
Moment mal, das Gericht hat "Bastards" als Beleidigung gewertet, nicht der Mützenträger.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Bastian am 28. Juni 2013, 01:18:10
Ja, für den Mützenträger waren eh nur "alle Farben schön".
Und, ernsthaft, wenn er das sagt, dann glaube ich ihm das auch. Auch wenn es zum Spiel gehört, glaube ich ihm das.

Aber "A.C.A.B." hat eine Schattenseite, die in Kauf genommen wird. Nicht ohne Grund pappen sich auch Rechtsextreme die Abkürzung ans Revers. Diese Verwendung von "Bastards" ist für mich ählich, wie die Verwandlung von "Jude" oder "schwul" zu Schimpfworten. Auf Kritik heißt es dann ja auch "Wieso? Schwul- oder Judesein ist doch gar nichts Schlimmes.", demnach könne es ja keine Beleidigung sein. Diese Ausrede finde ich nur feige. Und wenn ihr geglaubt wird, halte ich das für naiv, denn gemeint war es anders. Warum nicht dazu stehen?
(Womit ich mir nicht anmaßen möchte, zu beurteilen, wie es in diesem fall unterhalb der Mütze tatsächlich gemeint war.)

Für einen kurzen Moment wurde heute, nach der Knüppelei von Westerburg, die Kennzeichnungspflicht debattiert. Leider in der Glotze, so dass ich beim Spülen zu spät aufmerksam wurde. Einen Artikel dazu habe ich leider nicht gefunden...

Dafür begegnete mir ein schönes Zitat von Karl Kraus:
"Der Skandal fängt an, wenn die Polizei ihm ein Ende macht."
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 29. Juni 2013, 21:24:40
Moin, moin,

polizeiliche Gewaltbereitschaft ist einfach zunehmend festzustellen. Und mißachtende Aushöhlung von bürgerlichen Rechten ebenfalls. In Frankfurt bei Blockupy haben sie ja auch brutal draufgehalten, mit Pfefferspray und Knüppeln. Jutta Dithfurth teilt mit, der jüngste so abgewehrte Störer sei 2 Jahre alt gewesen...

Offenbar gibt es Gewalttäter in Uniform, die vor wenig zurückschrecken. Und eine Politik, die die einsetzt.

Bastard gehört auch nur bedingt zu meinem aktiven Wortschatz, in Bezug auf Menschen jedenfalls. Offenbar ist da auch ein rassistisches Menschenbild Voraussetzung. Ob alle amerikanischen Benutzer dieses Wortes das jeweils aktuell mitdenken, weiß ich nicht genau. Ob aber A.C.A.M.F. besser wäre, weiß ich auch nicht. Das Problem ist wohl einfach das erste A.... Dann stimmt's nicht mehr, egal, was hernach noch abgekürzt wird.

Besser wäre so ein Verein: "Bürger beobachten die Polizei", dessen Mitglieder einschreiten und fragen, ob hier eine Belästigung durch die Beamten vorliegt und sie gegebenenfalls dokumentieren und zur Anzeige bringen... Sowas gibt es, und erscheint mir sinnvoll.

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 30. Juni 2013, 00:06:22
Ich dachte, wir sollen die Polizei schützen. Von beobachten war nicht die Rede.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 30. Juni 2013, 07:37:17
Moin Burkhard,

moderner Polizeischutz muss auch den Schutz der Polizei vor sich selber und den Exzessen einzelner Beamter umfassen. Das gibt sonst ganz schlechtes Karma...

http://www.buerger-beobachten-polizei.de/ , zum Beispiel.

Außerdem kann und muss Polizeischutz auch den Schutz vor der Polizei bedeuten...

Im Kampfblatt für ganz- und allseitige Totalitarismuseinstimmung gab es zum Obamabesuch fast eine ganze Seite über die Sicherheitsfachleute zur Show... Sonnenbrille, Funk im Ohr, Scharfe Langwaffen, ziemlich automatisch aussehend, Hightecwarriors eben. Mitten in Berlin. Mir eher unheimlich... Jemanden, der mich persönlich besuchen wollte und dabei solchen Aufwand treiben, bäte ich, daheim zu bleiben.

Außerdem hatte ich immer in dem Polizeischutzlied eine gelinde ironische Brechung gemutet...

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 30. Juni 2013, 11:01:22
Kreisler ironisch? Du erschütterst mein Weltbild.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 30. Juni 2013, 12:12:13
Moin Burkhard,

da kannst Du mal sehen, wie vernagelt man doch in seiner polizeikritischen Haltung sein kann! Schrecklich! Ich bereue zutiefst!

Aber Du hast recht: Kreisler konnte noch gar nicht ironisch sein; zu der Zeit, die ihn prägte, und auch, als er das Lied schrieb, gab es doch noch gar keine Ironiesmilies...!

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 01. Juli 2013, 02:14:38
Die Bezeichnung Pfefferspray  (http://de.wikipedia.org/wiki/Pfefferspray)ist auch irgendwie verharmlosend. Klingt nach lecker Gewürz zum Sprühen. Salz und Pfeffer-Streuer waren gestern. Probieren sie auch das neue Muskatspray.
"Reizstoffe", wie es in Polizeisprech heißt, kommt der Sache zwar näher, könnte aber noch mit Reizwäsche verwechselt werden. Warum es nicht Kampfgift nennen? Sicher, Capsaicin ist kein Sarin, aber
Wikipedia:
ZitatDer Einsatz durch die Bundeswehr im Auslandseinsatz auch für Feldjäger ist nach dem Protokoll über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege kurz Genfer Protokoll verboten.
Aha, im Krieg verboten, aber gegen Demonstranten ok.

Derweil fordert der Berliner CDU-Henkel weitere Polizei-Aufrüstung in Form von Taser genannten Elektrockschock-Pistolen, damit verwirrte, nackte Menschen nicht mehr erschossen werden müssen, weil ja nicht alle Polizisten zu Scharfschützen ausgebildet werden könnten, wie ein Polizeigewerkschafter erläutert.
http://www.taz.de/Polizei-erschiesst-nackten-Mann-in-Berlin/!118994/
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Bastian am 01. Juli 2013, 10:59:03
Zitat von: Burkhard Ihme am 30. Juni 2013, 00:06:22
Ich dachte, wir sollen die Polizei schützen.
Bei der Tragödie vom Neptunbrunnen frage ich mich tatsächlich, wieso der Polizist sich nicht selbst geschützt hat. Ich stelle mir vor, dass ein Brunnenrand eine "natürliche" Barrière ist, die man so lange wie möglich zwischen sich und dem anderen lassen kann und sollte. So hatte er das Hindernis im Rücken, was die Notlage für beide wohl verschärft hat.
Aber was weiß ich, wie es begonnen hat? Mir fällt es schwer, diese Situation umfassend einzuschätzen. Ich finde es einfach grauenhaft.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 01. Juli 2013, 12:18:12
Moin, moin,

das Video habe ich nicht gesehen, und ich glaube nicht, dass ich es mir noch anschauen werde. Grauenhaft ist das Ereignis sicher. Und richtig wohl ist mir bei solchen Videos höchstens in der Öffentlichkeit des Gerichtsaales. Da gehören sie hin und dort sollten sie gewürdigt werden und können der Wahrheitfindung dienen. Facebook/Youtube... Wenn das Gericht versagt, ist das eine Möglichkeit. Wenn es aber noch nicht einmal wirklich Ermittlungen gibt, und es ist schon alles im Netz zu sehen... Da ist mir zu viel Schaulust und Sensationsgier im Spiel.

Ich glaube aber nicht, dass weiteres Arsenal da einen echten Ausweg bietet. Weniger wäre mehr. Vielleicht kann man wirklich nicht alles durch Reden lösen, und durch nachgehendes Schlauschwätzen sicher nicht. Andererseits ist eine gezogene Waffe gegenüber einem offenbar verwirrten und ausgerasteten Mann nicht wirklich geeignet, ins Gespräch zu kommen...

Zumindest aber kann ich hier, anders als in Frankfurt etwa, einen Anlass für polizeiliches Enschreiten mit dem Ziel, den Mann zur weiteren Klärung festzunehmen, erkennen.

-

Kampfgifte gegen Demonstranten... Das ist was anderes. Und ich fürchte, diese Taser, die da nun gleich jemand beschaffen will, würden nicht nur für Fälle wie diesen angeschafft, vielleicht gar nicht mal vorrangig. Ob er hier nützlich gewesen wäre, steht ja eh noch dahin. Nackte, nasse Haut... wenn das Ding zum Einsatz gegen bekleidete Menschen konzipiert ist, ist es vielleicht auch tödlich?

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 21. Dezember 2013, 14:57:52
Bizarr: Polizei in Bolivien geht gegen Kinder und Jugendliche, die für ihr Recht auf Ausbeutung demonstrieren, mit Tränengas vor.

http://blogs.taz.de/latinorama/2013/12/19/traenengas-gegen-arbeitende-kinder-konflikt-um-neues-kinder-und-jugendgesetz-in-bolivien/
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Bastian am 02. Juli 2014, 18:19:36
Aus der Videobeschreibung:
ZitatAm 1. Juli räumten Berliner Polizisten an der Reichenberger, Ecke Lausitzer Str. in Kreuzberg eine Straßenblockade. Unter den Blockierern waren auch Minderjährige. Für den Presseausweis, den ein Kameramann zeigte, interessierten sich die Beamten nicht.


Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 03. Juli 2014, 22:55:12
Don't drink and demonstrate!   ;)

Was war denn überhaupt der Anlass? Erkenne viel harmlose, wenn auch nervige Hysterie seitens einzelner Demonstraten, doch nur wenig Gewalt beiderseits. Die verbeamtete Arroganz bleibt trotzdem erkennbar.

Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 04. Juli 2014, 03:06:19
Moin Heiko,

der Anlass wird wohl gewesen sein, dass da in Berlin in einer ehemaligen Schule protestierende Flüchtlinge sich aufhalten und die Behörde die räumen wollte und dazu bis zu 1700 Beamte zusammenzog. Teils schwer bewaffnet, und (Bürger-)rechtsfreie Räume schaffend... Das fühlt sich so an:http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/kreuzberg-blog/drama-um-fluechtlinge-in-berlin-kreuzberg-ein-kiez-lebt-unter-staendiger-polizeikontrolle/10121306.html . Inzwischen gibt es wohl eine Einigung. Das Machtspielchen hat etwa 5 mio gekostet, las ich. Dies war nach meinem Eindruck ein Versuch, Solidarität zu demonstrieren und die Räumung zu blockieren. Besonders erbosend wird wohl auch gewirkt haben, dass die zuständige Bezirksbürgermeisterin, die die Räumung betrieb, den Grünen angehört. Das erwartet man nicht.

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 06. Juli 2014, 23:13:40
Moin Clas,
danke, hatte die Berliner Entwicklung nur so halbherzig verfolgt, weil ich von der Hamburger Lampedusa-Bewegung schon fast zuviel Input bekomme.
Zitat von: Clas am 04. Juli 2014, 03:06:19dass die zuständige Bezirksbürgermeisterin, die die Räumung betrieb, den Grünen angehört. Das erwartet man nicht.
Würde fast vermuten, wichtige Andere erwarten genau dieses Verhalten von den Grünen, weswegen sie es auch brav umsetzen.

Grüße Heiko

Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: romy am 11. Juli 2014, 16:10:55
In Berlin scheint die Lage im Moment häufiger zu eskalieren. Hier noch ein Artikel (http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Panorama/d/5041766/neues-video-heizt-diskussionen-an.html) über einen anderen Vorfall von Polizeigewalt, der aber auch im Zusammenhang mit der Räumung der Schule in Kreuzberg steht. Ich finde, dass es gerade bei (mehr oder weniger geschnittenen) Privatvideos immer schwer ist, sich eine Meinung zu bilden. Allerdings habe ich schon selber die Erfahrung gemacht, dass die Polizei in einigen Situationen ein wenig zu schnell und zu heftig zu Schlagstock und Wasserwerfer greift.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 12. Juli 2014, 12:31:24
Moin, moin,

also, mehrere Beamte, die einen einzelnen, ihnen vielleicht lästigen Mann zu Boden werfen und schlagen und treten und ihm die Gliedmaßen verdrehen: Da fällt es mir nicht schwer, mir eine Meinung zu bilden. Sie stellt sich spontan ein, diese Meinung, auch wenn ich nicht sicher bin, ob eine vorangegangene Beamtenbeleidigung weggeschnitten wurde.

Propagandavideos werden werden von vorne bis hinten gespielt und gedreht. Dieses hier zeigt doch offenbar reale Beamte bei dem, was sie für legitime Amtshandlung halten. Darauf läuft ja auch die Stellungnahme von GdP und Behörde hinaus.

Diese Auffassung teile ich nicht. Und nein: Das ist nicht etwas überzogen, das ist total daneben. Geht so nicht und darf nicht sein.

Kann sein, dass das wichtige Andere von den guten braven Grünen erwarten, aber die, die sie gewählt haben, ja sicher nicht.

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 12. Juli 2014, 15:01:52
Moin Clas,
schönes Statement.
Zum letzten Satz: Habs zwar geschrieben, glaube aber nicht wirklich, dass die Grünen etwas brav umsetzen, sondern eher, dass sie in Verantwortung glauben mittragen zu müssen, was polizeilich geschieht. Denn üben sie Kritik, wird man ihnen zurecht vorhalten: Ändert was! Versuchen sie's, machen sie Bekanntschaft mit der Polizei-Lobby. Also Augen zu und in der Öffentlichkeit den Schein der formalen Ordnung aufrecht halten.
Insofern nicht brav, sondern konfliktscheu. Das mag im Einzelfall sich je nach Karriereambition graduell unterscheiden.

Gruß Heiko
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 17. August 2014, 23:48:12
Eines trotzigen CDUlers ernst gemeintes Argument gegen die Kennzeichnungspflicht:
,,Tragen künftig auch die Straftäter Namensschilder?"
http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/176/versprochen-gebrochen-2384.html

Echt jetzt? Kindergartenniveau? Kaum witzig, dass die Polizei ihr Verhalten an dem ihrer Antagonisten orientieren soll. Straftäter beanspruchen halt nicht demokratische Funktionen unterm Schutz eines behaupteten Gewaltmonopols auszuüben.

Wieso Demonstranten im Polizeibewusstsein quasi schon Straftäter vorgelagerten Grades sind, erklärt Rafael Behr, (erfreulich kritischer) Professor an der Hochschule der Polizei in Hamburg.
http://www.kontextwochenzeitung.de/politik/120/atmosphaere-der-hoerigkeit-1303.html
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 18. August 2014, 08:54:32
Moin Heiko,

der Strobl referiert ja bloß, was sich der Polizist so denken mag, in seiner Angst, wenn er auch noch gekennzeichnet werden soll... Stigmatisiert, mit Zeichen, die zu seiner Person führen können. Er referiert das, weil er möchte, dass ihn der Polizist wählt.

Und die Antagonisten der Polizei, im Falle einer Demonstration, beanspruchen im Regelfall schon, demokratische Funktionen auszuüben, tun dies auch und sollten dabei unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stehen. Dass sie Straftäter seien, ist in dem Fall eine polizeiliche Zuschreibung, weil sie irgendeine Weisung nicht beachtet hätten, wie Herr Behr es gut auf den Punkt bringt.

Insofern ist also die Polizei ein Kriminalitätsgenerator, wenn man denn im Nichtbefolgen einer Weisung eine Straftat sehen möchte. Das möchte man aber, weil man sonst nicht hauen dürfte. Darf man so zwar auch nicht, aber eine Aufklärungs- und Verfolgungsmöglichkeit wie die Kennzeichnung ist natürlich nicht im Interesse (polizeilicher) Täter. Wenn man die Gewalttat nicht nachweisen kann, ist das Verbot nicht so griffig.

Als Politiker, zumal der CDU oder der SPD oder der FDP oder ... braucht man aber offenbar die Bereitschaft einer Polizei, gewalttätig zu werden.

Vor einiger Zeit saß ich mal mit unter anderm auch alten Polizisten in einem Kettensägekurs. Da erzählten die von ihrer Ausbilung an Maschinengewehr und mit Handgranaten... Das Maschinengewehr sei halt alt und eigentlich unbrauchbar gewesen und habe Ladehemmungen gehabt und nur ungefähr in die gezielte Gegend geschossen...

Wenn man dann noch hört, in USA haben die Polizeien Equipment, das in Irak und Afghanistan nicht mehr gebraucht wurde, übernommen und auf die Frage, wozu eine Kleinstadtpolizei einen schwergepanzerten Transporter benötige geantwortet, der sei nötig, um das jährliche Kürbisfest mit seinen Gefahrensituationen zu bewältigen, dann fragt sich doch, was der Große Kürbis dazu sagen würde...

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 19. August 2014, 13:07:28
Moin, moin,

hier ist ein recht guter John Oliver dazu:https://www.youtube.com/watch?v=KUdHIatS36A .

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 04. November 2014, 22:57:07
Neulich bei einem Konzert einer russischen Ska-Formation traf ich den Sänger derjenigen Band, die die Parole A.C.A.B. in Deutschland bekannt gemacht hat. Nach einem kurzen Geplänkel, in Erinnerung an diesen Thread und darauf hinaus wollend, ihm das N.A.C.A.B. bekannt zu machen, fragte ich: "Wirklich alle?" Woraufhin ich angeschnauzt wurde: "Komm mir nicht so! Natürlich alle! Die verteidigen freiwillig das System."
Titel: Ausgewählte Lieder des Themas Polizei (ohne Kreisler), Folge 1
Beitrag von: Heiko am 04. November 2014, 22:59:26



Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: klärchen am 20. Januar 2015, 14:14:36
Neulich noch gelesen: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/polizeigewalt-in-usa-protest-bei-trauerfeier-in-new-york-a-1011217.html
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 20. Januar 2015, 19:38:44
Reßpekt einfordernde Zustände des Beleidigtseins - scheinen eine wichtige Koordinate für die psychische Disposition von potentiellen Gewalttätern zu sein.


Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 20. Januar 2015, 23:15:51
Moin Heiko,

von tatsächlichen auch, und wenn man so Leserbriefe von Moslems zu Karikaturen liest, scheint sogar das Beleidigtsein in Stellvertretung gut zu funktionieren...

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 21. Januar 2015, 05:50:19
Ich frag mich auch, warum ein Muslim deswegen (http://cdn2.spiegel.de/images/image-797999-galleryV9-cgqo.jpg) beleigt sein muß.
Es gibt zwar ein Bilderverbot (das allerdings nichts mit dem Koran zu tun hat – ist wohl so ähnlich wie die Jungfräulichkeit Marias), aber ein Verstoß dagegen ist doch keine Beleidigung.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 21. Januar 2015, 08:11:35
Moin, moin,

ganz offensichtlich gibt es da diesen Zwang, beleidigt zu sein, bei sehr vielen. Nur belassen sie es ja nicht bei einer Klage oder einem mürrischen Gesichtsausdruck, sie werden bedrohlich und es gibt Tote, Verletzte und Sachschäden.

Moderatere bewerten das offenbar wie eine persönliche Beleidigung und reagieren auf Unverständnis mit Einfühlungsübungen wie: "Deine Mutter ist eine Hure! Ich ficke die! Du bist ein Hurensohn!" Damit man mal versteht, wie schlimm das ist. Ich verstehe es immer noch nicht, aber mir schwindet die Lust, es zu diskutieren.

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 21. Januar 2015, 10:22:56
Würde meinen, das stellvertretene Beleidigtsein ist sogar der Normalfall und dabei keineswegs ein Monopol vom Muslimen. Auch Jugendliche namens Anton halten Mütterbeleidigung schon mal für einen akzeptablen Grund zur Gewalt. Oder Erwachsene namens Uwe oder Beate, die sich ihren Deutschfühlungen beleidigt wähnten und deswegen fremde Menschen töteten.

Gebe auch zu, selber beleidigt zu sein. Beispielsweise durch gesellschaftliche Verhältnisse, die meinem Sinn für sozialästhetische Vernunft zutiefst widersprechen. Da Gewalt das aber ebenso würde, stellt sie selbstverständlich keine Option dar.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 21. Januar 2015, 12:03:09
Moin Heiko,

nun ja... dazu gehören aber auch noch Unterschiede in der inneren eigenen  und der von außen kommenden fremden Bewertung, sowie der Unwille, das als interessant zu erleben... Auffällig ist zudem, und da wird es vielleicht wirklich spezifisch, eine sich durch viele mühsam gelesene Leserzuschriften, in dem Fall einer österreichischen Zeitung, ziehende Bereitschaft, das Morden wie das Gemordetwordensein als Schuld derer zu sehen, die gemordet wurden und zuvor provoziert hätten... Genau das provoziert gehabt hätten. Und nun durch den Nachdruck wieder provozierten. Zum Teil wirklich im Tone eines Vaters, der nunmehr die doch bewußt in Kauf genommene Prügelstrafe vollstrecken muss. Beängstigend ist sowas schon.

Beängstigend auch die Allgemeinheit, die da in Haftung genommen wird: Was, bitte haben Christen in Niger  oder in Nigeria mit den Achtungsmängeln der vermutlich nicht sehr fromm christlichen Zeichner in Paris oder Jütland zu tun?

Auch so Zuschriften nach dem Muster:"Ich bin gut integriert und lehne grundlosen Terror ab. Aber wenn man unseren Propheten beleidigt, braucht man sich über die Reaktion nicht zu wundern..." Schon grausig.

Und es gab nicht nur eine Zuschrift, die die Bereitschaft bekundete, Darstellungen des Propheten Isa genau so beleidigend zu finden...

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 21. Januar 2015, 20:15:56
Moin Clas,

keine Frage, das ist furchtbar beängstigend, ohne jedes aber. Eine Kritik der faschistoiden Tendenzen des Islam ist absolut notwendig. Die Erkenntnis, dass islamistisch begründeter Terrorismus auch auf "westlichen" Boden getragen wird, ist zwar nicht neu, erschütternd ist sie allemal.

Auf deutschen Boden müssen sich trotzdem zuvorderst dunkelhäutige und erkennbar migrantische Menschen fürchten. Brennende Asylbewerberheime Anfang der 90er, NSU-Exekutionen über Jahre hinweg, Polizeitote durch erzwungenen Brechmitteleinsatz, Abschiebungsfolter, der Fall Oury Jalloh, ...
Wie viele Tote in Deutschland durch islamistischen Terror gab es in den vergangenen 25 Jahren? Wie viele durch Nationalterrorismus?

Letztlich geht es um Identitäten. Sowas darf und soll man haben pflegen, aber es sind Relativierungsübungen angeraten. Da hat der islamische Diskurs sicherlich etwas Nachholbedarf. Ich glaube aber nicht, wie so manche tapfere Kommentatoren, dass die Probleme des Islams in dessen Wesen liegen sollen. Stattdessen dürfte er nach einer antiautoritären Häutung, deren Abschluss wohl noch auf sich warten lassen wird, nicht weniger kompatibel mit Demokratie und Menschenrechten sein, als es auch der größte Teil der Deutschen geworden ist.

grüßt Heiko
Titel: Sonntagsimpressionen
Beitrag von: Heiko am 25. Januar 2015, 22:41:24
Umstieg am Bahnhof Barmbek. Setze mich beim Bäcker den Starrungen eines bulligen Shirtträgers aus, auf dem weiß auf schwarz droht: " LOVE VIOLENCE - HATE CRIME".

100 Meter weiter ein Wahlplakat der Piraten (http://wiki.piratenpartei.de/Datei:PPHH_BUEHH_WAHL_2015_Bezahlbar-wohnen.png) mit dem Slogan "Wo finde ich bezahlbaren Wohnraum?", das fettrot mit "In deiner Heimat. In Afrika!!!" kommentiert wurde.

Netter Abend mit Freunden. Alle haben Hautfarben.

Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 25. Februar 2015, 08:58:16
Und wahrscheinlich wundern sich die Freunde der Polizei, warum der Polizeivertreter hier als absolutes Arschloch rüberkommt.
http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/westart/westart_talk/videowestarttalkdeinfreundundhelferpolizeizwischenanspruchundwirklichkeit102.html
Titel: Gericht rügt Hamburger Polizeirecht
Beitrag von: Heiko am 14. Mai 2015, 23:12:06
Hamburger Oberverwaltungsgericht urteilt, "Gefahrengebiete" waren und sind verfassungswidrig. Die Einschränkung der Freiheit dürfe nicht in das Ermessen der Verwaltung gestellt werden. Eine Revision gegen die Entscheidung wurde nicht zugelassen.

http://www.heise.de/tp/artikel/44/44931/1.html

Grund zur Freude dürfte jedoch erst entstehen, wenn das Urteil von der Polizei verstanden und angenommen würde. Bis dahin schadet sicher nicht, eine Kopie vom Urteil bei sich zu tragen.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 15. Mai 2015, 08:56:15
Moin Heiko,

das Urteil ist gut und wichtig, allein... ich zweifle so ein wenig, ob das sinnentnehmende Lesen des Urteilstextes und die richtige Einordnung in das Aktionsmuster sowie in das Welt- und Verdächtigenbild den einzelnen Beamten in der Situation des Einschreitens diesen nicht doch fallweise würde überfordern können...?

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 15. Mai 2015, 12:26:32
Moin Clas,
Überforderung könnte im Einzelfall immerhin zu Zweifel und damit zu Zurückhaltung führen. Für das polizeiinterne Gesamtbewusstsein ist sicher nicht davon auszugehen, dass dieser abertausendfache Grundrechtseingriff auch als solcher gesehen wird. Eher wird dort das Wegfallen einer Arbeitserleichterung bedauert, die von der lästigen Aufgabe entbunden hat, für Personenkontrollen halbwegs glaubwürdige Verdachtsmomente zu konstruieren.

grüßt Heiko
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: h-j-urmel am 15. Mai 2015, 14:43:59
Kontrollen und Verhaftungen der geschilderten Befugnisse für die Polizei erinnern an Zustände wie sie über die ehemalige DDR beschrieben wurden und weiter zurück an das nationalsozialistische Deutschland.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 16. Mai 2015, 08:51:58
Moin Heiko,

könnte, theoretisch; praktisch kommt es eher zum Durchgreifen, in nicht wenigen Fällen. Vielleicht kommt hinterher der Zweifel...

Moin Urmel,

nö, also davon denn doch noch ein ganzes Ende entfernt... Zum Beispiel hat in beiden Vergleichsfällen kein OVG zeitnah die fehlende Rechtmäßigkeit festgestellt.

Das hindert nicht, dass ich das Argument in Frageform einem Verteidiger polizeilichen Waltens vorhalten würde, jedenfalls den ersten Teil. Hier aber...?

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 16. Mai 2015, 15:36:15
Moin Clas,
hat sowat nicht auch irgendwie mit déformation professionnelle zu tun?

Moin Urmel,
solche Assoziationen können bei allen Unterschieden schon kommen. Mir steigt eher das Unwesen Noskes in den Sinn. Laut Gremliza war Noske das größte sozialdemokratische Vorbild Helmut Schmidts, welcher wiederum nicht unerheblichauf das Hamburger und Deutsche Sicherheitswesen wirkte. Gremliza weiter zu dieser Kontinuität:

ZitatUnter [dem Hamburger Polizeisenator Helmut] Schmidt konnten alle alten Nazis, aus denen die Hamburger Polizeiführung bestand, im Amt bleiben. Auch die Mitglieder der Polizeibataillone, denen tausende Morde an in Juden in Polen vorgeworfen werden konnten. Vom Hamburger Reservepolizeibataillone 101 hieß es, es habe bei der Vernichtung von Juden so gewütet, dass es sogar die SS grauste.

Nein, von denen lebt keiner mehr, ist keiner mehr im Einsatz. Sagen lässt sich nur, dass die bis heute wie bis gestern leitenden Polizeioffiziere von diesen Leuten ausgebildet worden sind. Und dass das was heute Hamburger Polizeiführung ist, wiederum von diesen Schülern ausgebildet wurde. Ein Bruch nämlich zwischen Denen und Diesen hat nie stattgefunden. Und das führt unter anderem dazu, dass auch heute wie vor 50 Jahren ein Bürger, der sich der Übergriffe wehrt und etwa eine Anzeige wegen Körperverletzung erstattet, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt und auf der Basis von fünf kameradschaftlichen Meineiden verurteilt wird.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 16. Mai 2015, 16:09:16
Moin, moin,

man muss da, glaube ich, unterscheiden zwischen der personellen und strukturellen Kontinuität, die Gremliza meint, und dem heutigen, professionell deformierten Beamten, der privat ein umgänglicher Mensch ist... Mancher vielleicht auch nicht.

Dennoch: im Vergleich zu DDR oder NS-Zeit ist das Umfeld anders. Mancher mag das bedauern, und ich glaube, eine Polizeiführung ist nicht per se ein besserer Verlierer einer rechtlichen Auseinandersetzung. Die Beamten haben ohnehin nicht selten eine spezifische Form der Justizkritik an sich...

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 17. Mai 2015, 14:58:17
Moin Clas,
klar, Unterscheidbares muss unterschieden werden ... und die Kritik am Hier und Heute sollte nicht durch falsche Gleichsetzungen unglaubwürdig werden.

Und doch ist das Kritisierte ja aus Etwas entstanden und geworden, das nicht abgeschüttelt wurde. Die personelle Kontinuität bei der Polizei ist auch die Kontinuität eines Selbstverständnisses.

Dein letzter Punkt wurde vom Polizeisprecher bereits bestätigt. Man werde an den Gefahrengebieten festhalten.

Gruß Heiko
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: h-j-urmel am 17. Mai 2015, 22:35:53
Meine Vergleiche beziehen sich auf die Berichte, dass ohne konkrete Verdachtsmomente kontrolliert werden kann und Gewahrsamnahme durch die Polizei möglich ist.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 19. Mai 2015, 13:08:23
Hallo Urmel,
so hattest du es geschrieben, so wurdest du verstanden und so stimmt es ja auch.

Derweil werden aus einer Hannover Polizeiwache "Einzelfälle" (nämlich stets ein einzelner vieler vergleichbarer) von "Misshandlung" (Folter kann es ja nicht sein) bekannt. Die nichtdeutschen Opfer hatten sich so schwerer Vergehen wie ner fehlenden Fahrkarte schuldig gemacht. Bisweilen fehlte auch die Fahrkarte für Deutschland, was der Staatsanwaltschaft etwas erleichtert, das Recht nicht beschädigt zu sehen. Die ermittelt stattdessen, weil ein beteiligter Polizist einem anderen Polizisten die Waffe an die Stirn gehalten hat. Denn da hört der Spaß ja nu wirklich auf, nicht wahr?

Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 19. Mai 2015, 13:24:02
Moin Heiko,

sie ermittelt ja auch wegen der Misshandlungen der nichtdeutschen Opfer und sieht da ein verletztes Recht... Erstaunlich finde ich, was da als Scherz unter Kollegen offenbar doch eine ganze Zeitlang so durchgegangen ist und nun im Rahmen dieser Ermittlungen plötzlich an Tage austritt. Fünf Zeugen, aber unmittelbar aufgehört hat da der Spaß ja denn auch noch nicht, wenn ich recht verstehe.

Immerhin, in diesem Fall spricht man von Mutmaßlichkeiten, was sonst nicht immer so gehalten wird. Sollten sich die Medienmenschen vielleicht mal grundsätzlich wieder angewöhnen.

Gruß Clas
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 19. Mai 2015, 13:56:15
Moin Clas,
stimmt, da war ich falsch informiert. Dass solche Scherze nicht außen dringen, finde ich hingegen kaum erstaunlich, eher ärgerlich. Rafael Behr erklärt das so:
ZitatIch betrachte solche Polizeigruppen häufig als Gefahrengemeinschaften, in denen auch eine gegenseitige Abhängigkeit besteht, weil jedem im Laufe seiner Dienstzeit einmal etwas passiert, bei dem er auf die Diskretion der Kollegen angewiesen ist. Das können Kleinigkeiten sein. Aber alle Polizisten wissen etwas von einander, was nicht an die Öffentlichkeit dringen soll - und das macht die Sache so schwierig.

Für die Politik gab es mal eine Idee von Rotation, um gewissen Gefahren vorzubeugen. Ob auch für die Polizei denkbar ... weiß nicht -  aber mehr Transparenz, mehr öffentliche Überwachung über polizeiliche Vorgänge sind dringend notwendig. Mutmaße ich.

Gruß Heiko
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Clas am 29. Mai 2015, 11:43:19
Moin Heiko,

erstaunlich finde ich, dass es so lange dauert, bis da eine Anzeige kommt. Als Beamter muss einer unverzüglich anzeigen, wenn er Kenntnis erhält, sonst hat er schon angefangen, zu vereiteln, und da scheint mir die Leitung der nunmehr doch schließlich angezeigt habenden Beamten arg lang, oder es lag zuviel falsch verstandene Kollegialität drauf, mutmaßlich.

Gruß Clas
Titel: Bier statt Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 30. August 2015, 12:18:36
Das Werben mit politischen Identitäten und Motiven ist nicht ganz neu, ein ACAB-Bier schon, auch wenn das eh schon nicht eindeutige Akronym zusätzlich noch zahlencodiert wurde. Das neueste Bier des Berliner Spent Brewers Collective (http://www.spentcollective.de/), das 1312 Sabotage Pils (http://www.1312pils.de/), verbreitet sich zusehends.

Waren die vorigen Sorten eher genußorientiert und die Etiketten weniger krawallig, wird jetzt offensichtlich versucht, auch für Punks politisch korrektes Saufen zu ermöglichen.

Sinnvollerweise warnt das Etikett: DON'T DRINK AND RIOT, dessen bürgerliche Variante hier bereits in #16 formuliert wurde.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 31. August 2015, 01:35:11
ACAB ist für mich ein Reimschema. Natürlich eines, daß ein echter Kreisler-Fan erstmal argwöhnisch betrachtet.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 02. September 2015, 10:36:33
Moin,
bei einem reinen Vierzeiler würde man es aber doch ABAC nennen, oder? Und hättest du ein populäres Beispiel?
Titel: BVG: Bürger dürfen Polizisten filmen
Beitrag von: Heiko am 15. Oktober 2015, 21:50:42
... ohne dass deswegen die Personalien aufgenommen werden dürften.

ZitatDabei hat Karlsruhe das Filmen der Polizei nicht nur aus konkretem Anlass für rechtmäßig erklärt, etwa wenn ein Polizist mutmaßlich illegal handelte, sondern generell.
http://taz.de/Kommentar-Polizisten-fotografieren/!5240544/
http://www.publikative.org/2015/10/08/verfassungsgericht-staerkt-rechte-von-demo-beobachtern/

War im der Sinne der demokratischen Staatstransparenz zwar längst überfällig. Doch ob dieses Urteil angenommen und umgesetzt wird, muss sich wie immer erst noch zeigen.



Titel: Isch hab Polizei
Beitrag von: Heiko am 28. November 2015, 03:03:09
Jan Bohmermann bekennt sich bei 1:44 zum N.A.C.A.B.

Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 07. Mai 2016, 09:09:30
Zitat von: Heiko am 02. September 2015, 10:36:33bei einem reinen Vierzeiler würde man es aber doch ABAC nennen, oder?
Nein, das wäre ja ein anderes Reimschema.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 07. Mai 2016, 12:34:55
Schön, dass du nach 8 Monaten eine Antwort gefunden hast. Begründung ist auch gar nicht wichtig. Dir glaube ich das natürlich so.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Burkhard Ihme am 07. Mai 2016, 13:43:56
Zitat von: Heiko am 07. Mai 2016, 12:34:55Schön, dass du nach 8 Monaten eine Antwort gefunden hast.
Ich geb mir eben beim Formulieren mehr Mühe als du.
Titel: Re: Polizeigewalt
Beitrag von: Heiko am 07. Mai 2016, 17:38:51
Daher immer so anstrengend?