Georg Kreisler Forum

Diskussionen => Gesellschaft => Thema gestartet von: Sandra am 13. Oktober 2004, 16:08:53

Titel: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 13. Oktober 2004, 16:08:53
Ein Bewohner des "Big Brother"-Containers hat live im Fernsehprogramm des Abosenders Premiere antisemitische Witze erzählt. Der Sender habe seine Übertragung Anfang Oktober nicht abgebrochen, als der Kandidat vier solcher Witze erzählte, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch. Premiere-Chef Georg Kofler habe die beiden verantwortlichen Redakteure mittlerweile fristlos entlassen. Kofler sagte dem Blatt, dies sei ein "beschämender Vorfall". Dennoch werde der Sender weiter aus dem Container senden. Er vergleiche den Vorgang mit einem Flugzeugabsturz, sagte der Senderchef. "Deswegen legt man doch nicht gleich die ganze Flugzeugindustrie still." Laut Kofler haben 50.000 Kunden "Big Brother" abonniert.

Die Privatsender RTL 2 und Tele 5, die in Ausschnitten aus dem Container berichten, strahlten die umstrittenen Szenen laut "SZ" nicht aus. Die für die Beaufsichtigung von Premiere verantwortliche Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) stuft den Vorgang nach Angaben des Blatts als "Verletzung der Menschenwürde" ein. Die BLM-Jugendschutzbeauftragte Verena Weigand sagte, das werde auf jeden Fall streng geahndet. Man müsse nun insgesamt eine Diskussion über das so genannte Reality-TV führen. (APA/AFP)
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 13. Oktober 2004, 16:47:10
Und warum haben die den Typen nicht rausgeschmissen? Ich meine, das wär ja das Mindeste, was sie hätten tun müssen - nicht "nur" die Redakteure.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Guntram am 14. Oktober 2004, 08:39:22
Toll, damit kommt Big Brother mal wieder in die Schlagzeile.

Mal ehrlich, was will, man von solchen Hirnis die sich ein Jahr lang vor einer Kamera leben und hirnlose Spiele zur Belustigung ebenso hirnloser Zuschauer (WOW! 50.000 die dafür auch noch bezahlen - Gute Nacht Deutschland) machen anderes erwarten. auf jeden Fall nicht über die Witze nachdenken die sie erzählen. Da ist doch der unterste intellektuelle Bodensatz auf einem Haufen versammelt. Da finde ich die letzten Wahlergebnisse im Osten schlimmer.

Ich will es nicht verharmlosen, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus sind nicht zu tolerieren, aber mal provokant:
Hätte es den gleichen Wirbel um Türken- oder Polenwitze gegeben?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 14. Oktober 2004, 09:57:52
Nein, hätte es nicht (und HAT es vermutlich auch nciht,) - aber damit hast du auch schon das ganze Problem. Es hätte natürlich den gleichen Wirbel geben MÜSSEN. Aber weil es den DA nciht gibt, kommen dann irgendwann später auch die Judenwitze - es ist ein weiterer Beitrag zur Subjektivierung, zur Entmenschlichung von Menschengruppen - und es ist mit ein Grund, WARUM es dann solche Wahlergebnisse gibt: weil die Menschen nicht mehr RECHTZEITIG lernen, was sie da tun.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Guntram am 14. Oktober 2004, 11:01:58
Zitatweil die Menschen nicht mehr RECHTZEITIG lernen, was sie da tun.

Ich finde der Satz müßte heißen:

"nicht lernen, was sie da tun"


Hätten sie es früher rechtzeitig gelernt hätte es das 3. Reich nicht gegeben.

Wir sind wieder bei dem Punkt Schule/Bildung das haben wir schon öfters diskutiert.

Aber das stimmt so nicht ganz. Das Schema ist bei uns ähnlich wie in der Weimarer Republik (nur halt noch keine 50 %) oder in momentan anderen europäischen Ländern, mit Wirtshausparolen (die sind einfach zu verstehen) werden die, denen es wirtschaftlich schlecht geht (und das werden immer mehr) angesprochen und die reagieren drauf, weil die etablierten keine "einfache, leicht verständliche" Lösung bieten. Letztendlich ist alles Neidgesteuert gegen das vermeindlich "Andersartige"/"Unbekannte" (Ausländer, Großkapital etc.). Es kommt dann noch ein Gruppenreflex (Abgrenzung/Zusammenhalt gegen das fremde Rundel) dazu.

Das eher neuere ist, das das ganze von immer großer werdenden Masse von cleveren Leuten (Abi, Studium) richtig intelligent gesteuert wird. Früher gab es einen kleine intelligenten inneren Kreis der die große Masse gesteuert hat und der Kreis wird immer großer. Was der ursprünglichen Meinung vom ungebildeten braunen Mob wiederspricht. also nicht nur Bildung.

Es fehlt die wirtschaftliche Sicherheit die jeder braucht um sein Lebensziele zu verfolgen. Wer Monat für Monat, trotz Zweitjob, an der Schwelle zur Pleite steht oder dessen Existenz und seiner Familie durch durch Verlußt des Arbeitsplatzes vor dem Ruin steht, sucht nach Alternativen die ihm diese Sicherheit versprechen und seien die Argumente noch so abstrus.

Die Großkonzerne mit ihrer Entlassungspolitik (Karstadt, VW, Opel etc.) treiben ihrer Mitarbeiter geradezu in diese Richtung, da auch keine anderen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Die gesamte Wirtschaft entzieht sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und argumentiert nur noch mit dem Kostenfaktor Mensch. Die Politiker haben längst ihre agierende Position verlassen. Es wird nur noch auch aktuelle Ereignisse reagiert anstatt eine vorausschauende Politik zu betreiben, die eine Perspektive  für den einzelnen aufzeigt.

Ginge es den Menschen wirtschaftlich gut würde der ganze Extremismus als Bodensatz untergehen. Ganz verschwinden würde er nie - ein paar gibt es immer - aber der gesellschaftliche Rückhalt würde fehlen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 14. Oktober 2004, 11:42:02

ZitatIch finde der Satz müßte heißen:

"nicht lernen, was sie da tun"


Hätten sie es früher rechtzeitig gelernt hätte es das 3. Reich nicht gegeben.

Und heute sollen sie es nicht "rechtzeitig" lernen, bevor noch Schlimmeres passiert? Ich verstehe die Argumentation nicht.

Aber jedenfalls: in der Sache hast Du natürlich Recht, all das trägt massgeblich zur Radikalisierung einer Gesellschaft bei - vor allem, wenn diese Gesellschaft einen Anteil an jugendlichen Männern ohne Perspektive aufweist, der 20% übersteigt (so haben jüngste Studien behauptet) wird die Gesellschaft als ganzes gewaltbereiter. Sieht man gut in den rückständigen teilen der muslimischen Gesellschaft  - irak, Iran, Palästinenser...

Aber, ich glaube, es gibt mehrere Ansätze, die alle ein bisschen helfen könnten, das Problem zu entschärfen. Natürlich, am Besten wäre, man gibt den Leuten etwas, das sie zu verlieren haben - dann überlegen sie sich Gewalt vorher.
Aber verbale Gewalt zielt darauf ab, dass die ausgegrenzten Minderheiten weniger Chancen haben, im Berufsleben, auch im Sozialen - es ist der Anfang. Noch BEVOR die Gewalt, die aus unsicherheit erwächst, zum Tragen kommt, erzeugt die verbale Gewalt die Feindbilder.
Ich glaube, nachdem wir wenig bis nichts dazu beitragen können, dass die jungen Leute heute Perspektiven haben, (wir können das Schulsystem, das ökonomische System nur sehr bedingt verändern, und vor allem: es ist viel langfristigere Überzeugungsarbeit nötig) können wir wenigstens versuchen, dazu anzuhalten, mit Sprache und mit öffentlichen Aussagen etwas vorsichtiger zu sein.
Es ist einfach eine weitere Schutzfunktion, wenn Du so willst.

Auch in reichen und vergleichsweise sicheren Gesellschaften werden Schwule, Juden und Zugewanderte ausgegrenzt - und wenn diese Gesellschaften dann WIRKLICH destabilisiert sind - was in Europa (noch) nicht der Fall ist - dann wird genau diese Saat gefährlich.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Guntram am 14. Oktober 2004, 12:18:53
Die Argumentation ist "sie" lernen es immer noch nicht!
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 14. Oktober 2004, 12:26:08
 :D ::)
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Guntram am 14. Oktober 2004, 12:36:58
Man könnte hier noch die Frage stellen wie tiefgreifend muß ein Ereignis sein, um eine Gesellschaft auf immer davon abzuhalten einen Fehler nicht wieder zu begehen.

Der 2. Weltkrieg mit seinen Folgen hat bei uns wohl nicht gereicht um den Antisemitismus zu beeenden.

Nagasaki und Hiroshima waren auch nicht ausreichend um die Finger von Atombomben zu lassen.

Also wie groß muß die Katastrophe sein?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 14. Oktober 2004, 15:14:44
na, das ist eine einfache Frage: so gross, dass keiner mehr übrigbleibt, um dieselben Fehler zu wiederholen....


Aber es gibt dann doch auch immer wieder Grund, die Hoffnung nicht aufzugeben:

"Fairer Handel mit "Dritter Welt" boomt
Der Absatz von fair gehandelten Produkten aus Entwicklungsländern boomt. Die Import-Organisation EZA, die ihre Österreich-Zentrale bald von Bergheim nach Köstendorf verlegt, hat ihren Umsatz in vier Jahren um 85 Prozent gesteigert."
Steht in ORF.online
Und die EZA Produkte sind schon a bissel teurer als die normalen - trotzdem: immer mehr Menschen scheinen Wert auf auf eine "anständige" Herkunft ihrer Nahrung zu legen.


    
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dorian am 14. Oktober 2004, 15:37:52
ZitatDie Großkonzerne mit ihrer Entlassungspolitik (Karstadt, VW, Opel etc.) treiben ihrer Mitarbeiter geradezu in diese Richtung, da auch keine anderen Arbeitsplätze zur Verfügung stehen. Die gesamte Wirtschaft entzieht sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung und argumentiert nur noch mit dem Kostenfaktor Mensch. Die Politiker haben längst ihre agierende Position verlassen.
Wohl wahr. Karstadt macht allein in Essen vier Häuser dicht. Und grad kam die Nachricht das Opel allein in Bochum schon  nächstes Jahr 3000 Leute nach Hause schickt.  Ich mache mir da große Sorgen wo das hinführt.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 15. Oktober 2004, 01:31:49
Die mache ich mir auch! Sehr sogar! Und ich frage mich immer wieder, was kann ich, was können wir dagegen tun? Kann man diese Entwicklungen aufhalten? Wie?

Dieser Mensch hat ja in der besagten Sendung nicht "nur" antisemitische Witze erzählt, sondern auch noch in gleichem Atemzug frauendiskriminierende und anti-türkische Witze. Das ist bitte nicht zu vergessen! Kofler gab dazu zum Besten, dass aus seiner Sicht, das einzig Tröstliche daran sei, dass von den etwa 50.000 Abonnenten höchsten 50 die Sendung geguckt haben.

Ich finde es unerheblich wie nur etwas, wieviele Leute das geguckt haben, ich kann da auch nichts Tröstliches finden - dass so etwas überhaupt in der Form möglich ist, ist das eigentlich Erschreckende.

Tumbe Dumbe gab und gibt es immer und wird es immer geben. Das ist so. Wenn denen allerdings sehenden Auges gesellschaftliche Plattformen geboten werden, dann finde ich DAS auch äußerst bedenklich, verwerflich und gefährlich. In diesem Fall ist es ein kommerzielles Medienunternehmen, dass vor dem Hintergrund der Gewinnmaximierung eine Plattform bietet. Die Dusseligkeit, Schusseligkeit aber auch Borniertheit der verantwortlichen Innenministerialen hat es aber auch verhindert, dass seinerzeit die NPD verboten werden konnte und damit eine Plattform hätte entzogen werden können. Und nun stehen sie da und jammern, dass der geplante Zusammenschluss von NPD und DVU sehr ernst genommen werden muss und nicht verharmlost werden darf.

Was macht aktuell Kofler: Verharmlosen! Die Meldung über den ganzen Vorfall erscheint bald 2 Wochen später auf den hinteren Seiten der Gazetten und findet in der Öffentlichkeit mäßige Aufmerksamkeit.

Was tut man dagegen? Heute abend war ich sehr lang bis zu später Stunde auf meiner Probe. Die wenigste Zeit haben wir gespielt, die meiste Zeit diskutiert: Darf man solche und andere Gefahren als Kulturschaffender deutlich und dann auch sicherlich hart präsentieren? Ist das nicht schwarz-weiß-Malerei, polarisierend und damit nicht hilfreich? Ändert es überhaupt etwas oder drehen sich die Leute bei so einem Programm dann nicht sowieso angeödet weg?

Alle diese Probleme, die da zur Zeit um uns herum sind, sind komplex, nur Komplexität will kaum noch jemand durchdenken. Verzichtet man dann lieber vornehm oder muss man nicht sehr deutlich werden, dabei auch Komplexitäten reduzieren, weil kaum wer eine Abhandlung hören will? Begibt man sich mit derartiger Komplexitätsreduktion nicht auf die gleiche tumbe dumbe Stufe und pusht wohlmöglich noch die Gefahr, gegen die man eigentlich wirken wollte?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 15. Oktober 2004, 01:34:01
Zitatdass seinerzeit die NPD verboten werden konnte und damit eine Plattform hätte entzogen werden können.

Vorsicht, Dagmar, das ist undemokratisch! Man soll nciht verbieten. man sollte durch eigene überzeugungskraft dagegen arbeiten können. Dass die NPD so einen Zulauf hat, ist nciht Schuld der NPD oder ihrer Existenz, sondern Schuld der etablierten Parteien. Verbieten bringt garnichts - eher im Gegenteil. Nur weil unsere Volksvertreter zu blöd sind, um wirksame Mittel gegen die Radikalisierung zu finden, heisst noch nciht, dass wir deshalb undemokratisch werden sollen. Dann sind wir auch nciht besser als die.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bastian am 15. Oktober 2004, 01:44:54
Na, ist es undemokratisch, wenn man eine verfassungsfeindliche Partei verbietet? Dann wäre es also demokratisch, wenn man zulässt, dass sie die Demokratie bekämpft?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 15. Oktober 2004, 01:53:11
eigentlich ja. Wenn sie eine partei ist,  fügt sie sich ausserdem zumindest bis zu diesem Grad den demokratischen Spielregeln.
Demo-kratie. Herrschaft des volkes. (Wenn man es bis zum letzten Punkt danach definiert, möchte ich allerdings auch nciht mehr in ihr leben ::)) Aber ein Teil der Demokratischen Spielregeln ist eben, dass man politische Parteien zulässt, und sie mit demokratischen Mitteln bekämpft. Dazu gehört verbieten nicht. Ganz davon abgesehen, dass man die partei dadurch nur noch viel interessanter machen würde.
Mir geht es auch contre coer, wenn man Arschlöcher reden lassen muss - und wegen dieser Regeln ist die Linke ja auch etwas schwächer  als die Rechte. Aber wenn sie diese Regeln nicht mehr einhält, ist sie keine Linke mehr.
Alles nur aus Jux und Dolleranz. Oder so.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bastian am 15. Oktober 2004, 02:07:01
Was ist denn am Verbieten undemokratisch? Es ist vielleicht nicht schön, aber es hat mit Demokratie nichts zu tun. Morden ist verboten, Feuerwehrzufahrten Zuparken ist verboten und es ist übrigens auch verboten, gegen das gläserne, videoüberwachte Portal der Staatskanzlei des "Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein- Westfalen" zu pinkeln. Selbst wenn es sehr dringend ist. Ein Parteiverbot IST ein demokratisches Mittel. Nämlich dann, wenn andere nicht anschlagen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: christian am 15. Oktober 2004, 03:27:52
(hurrah, ich melde mich auch mal wieder zu wort...)

Im allgemeinen stimme ich sandra vollkommen zu,  dass rechtsradikale (oder andere... ;-)) parteien zu verbieten - obwohl sie natürlich sozusagen verboten gehören - keine wirksame maßnahme ist. Natürlich muss man ihnen, und zwar gesellschaftspolitisch den boden entziehen. Es gibt immer wieder vollidioten, die solche parteien wählen, unterstützen oder ihnen klammheimlich beifall spenden. Und da sind natürlich sowohl die medien als auch die politiker in der pflicht, etwas vernünftiges zu unternehmen.

Das, was sie unternehmen, ist allerdings genau das gegenteil. Als in d.land in den 90ern nach der 'wi(e)dervereinigung' die schlimme rechte hetze (samt brandanschlägen und ich weiß nicht wie vielen toten) losging, wurde vorher zwecks änderung des asylparagraphen die stimmung gezielt geschürt, und zwar von regierungspolitikern. (Der berühmte spruch: "Das boot ist voll..." wurde von dem damaligen deutschen innenminister ausgegeben). Diese damen und herren haben seit jahren die herrlich dämliche taktik gefahren, den rechten die programmpunkte zu stehlen und sie in gesetze zu verwandeln, so dass man am ende gar keine offen rechtsradikalen mehr wählen brauchte, weil die sog. bürgerlichen rechtsradikal genug waren.

Das gleiche konnte man in einigen anderen euro-ländern sehen, wie in frankreich, italien, spanien und bestes beispiel ist dänemark, wo eine konservative regierung mal flugs alle asylbewerber nach schweden abschob, um den rechtsradikialen das wasser abzugraben.

Also, wenn ich stimmen höre, man sollte diese oder jene partei verbieten - wie von O. Schily, der gleich mal danach auffanglager für flüchtlinge in afrika einrichten will - läuten bei mir, wenn auch leise, gleich die alarmglocken. Wer kommt danach dran?!

Letztendlich glaube ich, dass es ziemlich wurscht ist, ob man solche parteien verbietet oder nicht - wichtig bleibt, dass man ihnen den braunen boden entzieht, auf dem sich sich bilden.

Ich denke, was wirklich hilfreich wäre, und womit man dann auch iene gesetzliche handhabe gegen rechtsradikale jeder art hätte, (auch wenn sie bei big brother auftreten), wäre ein ANTI-DISKRIMINIERUNGS-Gesetz - in dem falle wären z.b. die amis mal positives beispiel.

Natürlich schafft das nicht die diskriminierung ab, aber ich glaube, dass es u.a. jede menge menschen im ganz normalen alltag mal ans denken bringen würde.

ufff, so, das musste ich loswerden - @sandra - ich hab ein ganz schlechtes gewissen, dass ich mich noch nicht bei dir hinsichtlich weihnachtsprogramm gemeldet habe...  ;D aber das gehört ja auch nciht ganz hier her - also melde ich mich bei dir per määäl.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Guntram am 15. Oktober 2004, 09:47:53
Als in Frankreich Le Pen seine ersten große Erfolge hatte, sagte ein Kommentor, daß eine gesunde Demokratie ein gewisses Maßan radikalen Parteien/Elementen vertragen kann und muß ohne gleich kaputt zu gehen. Das gilt für Linke und Rechte, Frankreich und Deutschland (wir hatten damals glaube ich Schönhuber). Das Glaube ich auch.

Man muß diesen Parteien die Grundlage entziehen, wie Sandra schreibt und ich habe auch schon ähnliches geschrieben. Die anderen Parteien müssen so gut sein, daß die Radikalen in die Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Verbote doktern an den Symptomen herum und nicht an den Ursachen.

Verbote sind dann gerechtfertig wenn die Parteien kriminelle Mittel anwenden. Es bringt nichts sie in den Untergrund zu drängen es macht es nur schwerer sie im Auge zu behalten und ist ein Zeichen der Ohnmacht unseres Staates.

So lange die radikalen Parteien sich auf demokratische Mittel beschränken gibt es keinen Grund sie zu verbieten nur weil sie eine andere Meinung haben. Den unsere Demokratie garantiert mir ein eigen Meinung zu haben und auch zu vertreten, das ist mir sehr wichtig. Einem anderen die Meinung zu verbieten ist undemokratisch. Denn wo fangen wir an und wo hören wir auf? NPD DVU DKP SED FDP Grüne CSU SPD CDU??????

Auf der anderen Seite muß der Staat konsequent reagieren wenn mit illegalen, gewalttätigen Mitteln gearbeitet wird. Ein Staatstheoretiker hat mal sinngemäß geschrieben:

"Ein toleranter Staat muß intoleranten Elementen intolerant begegnen."

Dem stimme ich voll und ganz zu. Die Kunst ist zu erkennen wo ist die Grenze um von tolerant auf intolerant unzustellen.

Das offene agieren der radikalen Parteien ist ein Preis für unsere Demokratie in der (im Rahmen unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten - leider) tun und lassen können was wir wollen. Im Idealfall wie es Kant in seinem berühmten kategorischen Imperativ schreibt: "Handle so, daß Dein Handeln Grundlage eines allgemeinen Gesetzes sein kann." Der Wille sei unmittelbar durch das moralische Gesetz bestimmbar. Nur ein Handeln aus Pflicht, das von äußeren Bestimmungen und inneren Neigungen frei ist, sei sittlich.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 15. Oktober 2004, 10:03:08
Das freut mich, dass Ihr mir Recht gebt.  :-*
Klar ist es mühsam - aber wenn man seinen Grundsätzen auch bei starkem Gegenwind treu bleiben kann, rennt einem zumindest die eigene Klientel nicht weg.

Wenn man - wie christian sagt -  versucht, den Rechten die Grundlage zu entziehen, indem man sie und ihre Ideen zu sehr umarmt, dann sagen sich die Leute, nicht ganz unberechtigt: ich gehe lieber zum Schmied, statt zum Schmiedl. (=ösi-sprichwort, etwa soviel wie: zum Meister statt zum Lehrling)

Und wenn man sie verbietet, dann werden sie nur noch viel interessanter. Siehe Haschisch. Dort, wo es nicht verboten ist, ist die Zahl der über Haschischgenuss zu härteren Drogen Umgestiegenen (und dadurch auch die Begleitkriminalität) stark gesunken.  Da kifft eine bestimmte Zahl der Menschen halt so vor sich hin, und diese Zahl bleibt weitgehend gleich.

Oder siehe Frankreich: Nach einem kurzen Aufschwung ist die Front national jetzt weitgehend marginalisiert. Nur in Marseille  und den pariser Aussenbezirken gibt's noch gröbere Probleme - und die gibt es, weil dort die Schwierigkeiten der Integration nicht ausreichend bearbeitet werden.
Aber vor allem: wenn es ZU bunt wird, steht die Zivilgesellschaft richtig auf und TUT was. Hierzulande? Fehlanzeige. Wozu sollen sie aufstehen, wenn jemand etwas, das die Regierung sowieso sagt, nur schärfer formuliert?

Klar, wie gesagt: die natürliche Reaktion ist: Verbieten, abschaffen, Ausweisen - weg weg weg.
Aber ich glaube: das ist kurzsichtig und schwach.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 16. Oktober 2004, 01:19:40
Ich bin heute nacht echt ziemlich mies gelaunt und sehr sehr schlecht drauf, um hier etwas Durchdachtes von mir zu geben. Ich geh' mal besser schlafen - morgen ist ein neuer Tag, da scheint erfahrungsgemäß wieder die Sonne. Dann kann ich auch etwas besser antworten.

Vorab: Ich bin weitgehend Bastis Meinung: Ist es demokratisch, zu sagen ...

Ach nee - jetzt fange ich an, polemisch werden zu wollen  :( - ich versuche es morgen zu den Thema nochmal in sicherlich besserer Verfassung  :-/

Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 16. Oktober 2004, 10:46:14
Solange eine Partei REDET, ist sie nicht undemokratisch. Wenn sie mehr tut - also den Boden der Verfassung verlässt, ist das eine andere Sache. Aber SAGEN muss man in einer Demokratie alles dürfen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 16. Oktober 2004, 14:28:12
ZitatI- morgen ist ein neuer Tag, da scheint erfahrungsgemäß wieder die Sonne.

In der Tat, das tut sie! :-*

Irgendwie will mir nicht ins Hirn, wie es möglich ist, daß die Menschen aus der Freiheit heraus sich wieder in eine Diktatur pressen lassen. Da sind dann auf einmal die Lieder nicht mehr erlaubt, die man sonst immer gesungen hat (man singt ja aber kaum noch - siehe "Kunst und Kultur"), man darf plötzlich nicht mehr alles lesen oder bestimmte Sender im Radio hören. Hallo? Mit welchem Recht denn?? Spannende Frage: wie war denn das in den 30er Jahren? Wie frei waren die Menschen an einem "normalen" Sommertag im Jahre 1931? Und wie kam es, daß sie sich das plötzlich klaglos und beschwerdefrei von irgend einem hergelaufenen Massenhypnotiseur haben wegnehmen lassen? "Arbeit und Brot" allein?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 16. Oktober 2004, 15:54:59
Es geht schleichend. Man merkt es kaum, wenn man nicht aufmerksam ist. Erst wird man überredet, manche Dinge eh nicht zu wollen, dann sind es kleine Verbote, und kleine Ausgrenzungen - die spüren die Meisten nciht, und reagieren daher auch nciht. Die paar Behinderten- oder Frauenverbände, die sich aufregen, werden als marginal ignoriert. Und dann geht es weiter. Die Bevölkerung ist ziemlcih geduldig mit ihren Herrschern. die Meisten sagen sich: Sie sind Regierung, sie werden schon wissen...und so geht's dahin. Bis sie selbst plötzlcih betroffen sind - aber da ist von Solidarität nix mehr, und jeder steht nur noch für sich allein, und kann nix mehr dagen tun - ausser mitmachen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 16. Oktober 2004, 16:01:34
Auf ein Neues  :):

Ich sehe das mit dem Verbieten anders. Es gibt Regeln, die helfen sollen, das Zusammenleben so zu gestalten, dass alle in größtmöglicher Freiheit leben können. Die eigene Freiheit endet nämlich da, wo sie sie anfängt andere dann in ihrem Lebensraum erheblich einzuschränken. Zugegeben: Das ist eher idealtypisch betrachtet: Es gibt mittlerweile soviele Regeln, dass bereits die Tatsache der Regulierung an und für sich eine übertriebene Einschränkung darstellt. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Ich parke nicht mitten auf der Straße oder auf einem Behindertenparkplatz (es sei denn ich bin mit Andrea unterwegs, gelle  ;)) oder im Garten meines Nachbarn, weil es asozial ist, sich so aufzuführen. Ich mache es aber auch deshalb nicht, weil es verboten ist. Natürlich kann man sagen, das Verbot gehört abgeschafft, man muss dann eben mit Leuten, die sich so benehmen über das Thema Asozialität diskutieren. Ich glaube aber nicht, dass das so funktionieren würde.

Natürlich hilft das Verbot nur begrenzt, genügend Leute parken trotz Verbot da. Aber den meisten entzieht es doch die Plattform für ein solches Handeln, dadurch dass es das Verbot gibt.

Ich habe bewußt ein harmloses Beispiel gewählt. In einer Demokratie hat man sich auf Regeln geeinigt, die die Demokratie als Form schützen. Sonst wäre sie noch weniger lebbar als ohnehin schon. Ich bin nicht der Meinung, dass es hingenommen werden muss, dass Gruppierungen eine Plattform bilden, auf die dann viele aufsteigen,  die gegen die Grundwerte der Demokratie in ganz erheblichem und grundsätzlichem Maße verstossen. Ich halte dies tatsächlich für einen gefährlich falsch verstandenen Liberalismus. Wenn heute einer käme, sich auf die Straße stellt und dort Parolen von sich gibt, die zum Beispiel sittenwidrig sind oder kriminell, dann ist das eben verboten. Der Grundsatz einer Demokratie, das Recht auf freie Meinungsäußerung, gilt für den dann einfach nicht mehr. Das finde ich richtig so.

Deshalb finde ich beim eindeutigen Nachweis von Verfassungsfeindlichkeit gehören solche Gruppierungen dann auch verboten. Das finde ich genauso wenig undemokratisch, wie das Verbot, Leute offen zu beleidigen, körperlich zu attackieren oder ähnliches.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 16. Oktober 2004, 16:44:01

ZitatSolange eine Partei REDET, ist sie nicht undemokratisch. Wenn sie mehr tut - also den Boden der Verfassung verlässt, ist das eine andere Sache. Aber SAGEN muss man in einer Demokratie alles dürfen.

Wie gesagt. ich bin nicht gegen Verbote ganz grundsätzlich. Es kommt darauf an. Aber eine  eingetragene Politische partei, die nicht durch TATEN den Verfassungsbogen verlässt, sollte nciht verboten werden - das wäre undemokratisch. Man muss alles denken dürfen - und diskutieren.
Noch einmal: es geht mir in allzuvielen Fällen auch totaaaal gegen den Strich. Aber das sind die demokratischen Grundregeln.

ZitatDer Grundsatz einer Demokratie, das Recht auf freie Meinungsäußerung, gilt für den dann einfach nicht mehr.

Da hast du aber unrecht. Die freie Meinungsäusserung ist unveränderbar. Wo kämen wir denn da hin, wenn man das einfach aufheben kann? Heute sind es die Rechten, morgen sind es aber dann vielleicht die Behinderten, weil sie sich aufregen, dass man ihnen Geld wegnimmt, und übermorgen sind es die Juden, und überübermorgen bist es Du.
Noch einmal: Meinungsäusserung! REDEN. Nicht TUN.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Gluehwuermchen am 16. Oktober 2004, 18:51:05
Nein, man darf nicht alles reden:
Man darf Auschwitz nicht leugnen, nicht beleidigen, nicht verleumden. Der Unsinn, dass man seine Meinung frei äussern dürfe geistert leider in viel zu vielen Köpfen herum.
Zuhause unter der Dusche kann natürlich jeder tun was er will (und am Stammtisch wahrscheinlich auch). Für Politiker und Parteien gibts aber sicherlich noch grössere Einschränkungen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 16. Oktober 2004, 20:26:31
Exakt. Und das ist auch richtig so. Man darf nicht jede Meinung, die man hat, äußern. Und zwar dann nicht mehr, wenn sie zum Beispiel die Menschenwürde anderer mit Füßen tritt. Wenn ich der Meinung bin, dass mein Nachbar mit den übelsten Schimpfworten zu belegen ist, weil ich der Meinung bin, dass diese auf ihn zutreffen, dann darf ich das jederzeit DENKEN, nur SAGEN ist schlicht nicht erlaubt. Das kann ich zwar machen, aber dann habe ich die Konsequenzen in Form einer Klage des Nachbarn wegen Beleidigung zu tragen. Und dann muss ich, weil es nicht erlaubt ist, so zu agieren, dann auch die Folgen des Gerichtsurteils tragen. Dieses Urteil wird immer dann auch die Auflage der Unterlassung beinhalten. Das heißt nichts anderes, als dass mir verboten wird, solche Dinge noch eimal zu sagen.

Das Recht auf freie Meinungsäußerung heißt eben nicht das Recht auf Beleidigung anderer.
Titel: Es kommt näher u. geht schleichend
Beitrag von: christian am 16. Oktober 2004, 23:11:12
Wow - dieser thread ist aber mehr als lebendig!!

Das ganze scheint ein interessantes thema zu sein, wenn man, ich glaube unter ausgemachten antifaschisten und demokraten, darüber so geteilter meinung sein kann.

darauf würde ich gerne nochmal zurückkommen:
ZitatEs geht schleichend. Man merkt es kaum, wenn man nicht aufmerksam ist. Erst wird man überredet, manche Dinge eh nicht zu wollen, dann sind es kleine Verbote, und kleine Ausgrenzungen - die spüren die Meisten nciht, und reagieren daher auch nciht. Die paar Behinderten- oder Frauenverbände, die sich aufregen, werden als marginal ignoriert. Und dann geht es weiter. Die Bevölkerung ist ziemlcih geduldig mit ihren Herrschern. die Meisten sagen sich: Sie sind Regierung, sie werden schon wissen...und so geht's dahin. Bis sie selbst plötzlcih betroffen sind - aber da ist von Solidarität nix mehr, und jeder steht nur noch für sich allein, und kann nix mehr dagen tun - ausser mitmachen.

Und soweit sind wir natürlich längst - das passiert tagtäglich. Man kann ernsthaft angst haben, dass sich unsere angeblich so bewährten sog. "demokratien" beginnen in diktaturen zu verwandeln. Ich denke, das zeigen ganz gut auch die geringen wahlbeteiligungen.  Mittlerweile haben wir uns an einige krasse eingriffe in unsere freiheitsrechte gewöhnt:

Die "lauschangriffe" (ob jetzt kleiner oder großer)  sind längst kein thema mehr, wenn mal wieder irgendwo ein triebtäter rumläuft, ist es auch längst kein thema mehr, sich die gene kartieren zu lassen, private sog. securtiy mit scharfen hunden (mich verunsichern sie eher) in öffentlichen räumen gehören ins bild jeder großstadt, von einer komplettüberwachung mit kameras mal ganz zu schweigen, fingerabdrucksautomatenm, irisprüfer etc. etc. etc.
Was uns droht, zeigt der sog. "patriot act", den die USA mittlerweile haben.
[Ich glaube, diese liste ist leider unendlich fortsetzbar...]

Und was hat das mit dem verbot rechtsradikaler parteien zu tun?!
Gut, die leute wünschen sich mehr sicherheit - angeblich - weil sie u.a. durch diverse kampagnen (siehe BILD: "Misstraue deinem nachbarn!") und durch geschürte hetze verunsichert sind, wünschen sich endlich mal ne starke hand, die endlich "mit dem ganzen chaos aufräumt" - und wählen natürlich u.a. deshalb rechtsradikal.

Das problem ist, das sich (auch) den politikern, die diese ganze stimmung schüren keinen meter vertraue - und auch nicht, weil die geister, die sie gerufen haben, dann verbieten wollen... Scheinmoralisch!

Vermutlich wollen sie die verbieten, um dann eben jene politik selbst machen zu können.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 16. Oktober 2004, 23:39:50
ZitatUnd dann muss ich, weil es nicht erlaubt ist, so zu agieren, dann auch die Folgen des Gerichtsurteils tragen. Dieses Urteil wird immer dann auch die Auflage der Unterlassung beinhalten. Das heißt nichts anderes, als dass mir verboten wird, solche Dinge noch eimal zu sagen.

Ja. Klar. Und, was hat das mit dem Verbot der partei zu tun?
Wenn man was menschenverachtendes propagiert, wird man zur rechenschaft gezogen werden, und diese Dinge werden im Zuge dessen dikutiert. Das ist Demokratisch.
Solange aber - ich bleibe dabei - eine politische Partei mit ihren TATEN nicht den Verfassungsbogen sprengt, solange ist sie nciht zu verbieten.

ZitatVermutlich wollen sie die verbieten, um dann eben jene politik selbst machen zu können.  
Das ist garnicht sooo weit hergeholt. Etwas überspitzt, etwas kabarettistisch gesagt, aber GANZ falsch ist es nicht.

Im Übrigen ist es zum Beispiel in alten, gewachsenen Demokratien - wie zB England - erlaubt, ALLES zu sagen. Und die stehen auch heute noch, diese Demokratien.

Aber die Deutschen, wenn sie Gutmenschen sind,  haben in einer Mischung aus Angst und vorauseilendem Gehorsam immr gleich Fracksausen, wenn jemand Scheisse redet.
Wenn sie indes ein bissel kreativer wären, und ein bissel aktiver, könnten sie schon inzwischen eine Demokratie haben, die sogar das Auschwitz-Leugnen verträgt, ohne zu verfallen.

Aber in Deutschland wird - siehe Karstadt&Opel - nur wie das Kaninchen auf die Schlange gestarrt, anstatt sich zu BEWEGEN.


Titel: Re: Es kommt näher u. geht schleichend
Beitrag von: Dagmar am 16. Oktober 2004, 23:48:14
ZitatVermutlich wollen sie die verbieten, um dann eben jene politik selbst machen zu können.

Sorry, aber diesen Satz halte ich für etwas polemisch  :-/ Für den Rest sehe ich das aber ähnlich. Das Riesenproblem ist: Wo fängt die Grenze an, an der man sagt, dass etwas verboten oder kontrolliert gehört. Die Beispiele, die Du aufzählst, sind allesamt Beispiele für unzulässige Eingriffe in ein freiheitliches System. Da wird das Kind dann gleich mal eben schnell mit dem Bade ausgeschüttet. Man will Terroristen oder Schwerverbrecher dingfest machen und greift dann vor lauter (nachvollziehbarer) Panik zu Kanonenmethoden, die Demokratien hart in die Nähe von Überwachungsstaaten kommen lassen. Wehret den Anfängen und verbietet besser nix, ist eine (auch sehr nachvollziehbare) Haltung. Andererseits kann man eben auch nicht so naiv sein zu glauben, dass sich Radikale mit Diskussionen irgendwie wohin bewegen lassen. Das ist so nicht, die Geschichte kennt viele Beispiele, die zeigen wie schief dieser Ansatz gegangen ist. Es wäre wünschenswert, dass das funktioniert. Aber es funktioniert nicht. Was dann? Ich bin der Meinung, dass man reden reden reden muss - und zwar mit den Mitläufern und Draufspringern, mit den Stammtischbrüdern und den Kegelschwestern. Da gehört auch nix überwacht und nix verboten. Aber mit den Plattformbietern, den Radikalen kann man nichts mehr diskutieren. Rechtsradikale bedrohen die Redefreiheit wie alle Radikalen. Da darf man nicht daneben stehen und dem Verlauf der zerstörerischen Agitationen zugucken. Man steht ja auch nicht daneben, wenn einer ein Kind verprügelt oder eine Frau vergewaltigt (ich weiß, ich weiß, das tun viele, aber auch das ist ein anderes Thema). Ich würde da nicht sagen: Du, lass uns mal darüber diskutieren, was Du da gerade tust", sondern ich würde ihm mit aller Kraft eins auf die Nase hauen oder jemanden herbei holen, der ihm eins auf die Nase haut oder es sonst irgendwie unterbinden bzw. verbieten lassen. Danach kann man ja dann vielleicht reden - aber wahrscheinlich nicht mal dann.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 16. Oktober 2004, 23:57:35
ZitatAndererseits kann man eben auch nicht so naiv sein zu glauben, dass sich Radikale mit Diskussionen irgendwie wohin bewegen lassen.

Darum geht's ja auch garnicht. Jede industrialisierte Gesellschaft hat einen Bodensatz von 10 - 15% Radikalen.  Das ist so - egal ob man sie sieht, weil sie erlaubt sind, oder ob man sie nicht sieht, weil sie heimlich agieren müssen.  Es geht darum, dass es nicht mehr werden. (Wobei sie dann meistens schneller mehr werden, wenn sie noch dazu den Reiz des Verboten bekommen, anstatt den Mief des Paria. )

Warum werden es in Deutschland mehr, aber in England oder (bis auf einen kurzen Ausfall vor ein paar Jahren) Frankreich oder Dänemark oder Schweden nicht?
Weil da anders reagiert wird. Das sind alles Länder, in denen zB das Auschwitz-Leugnen nicht verboten ist - aber geächtet wird.

10 - 15% muss man ertragen können, denn die sind sowieso da, ob man sie jetzt erträgt oder nicht.

Und: du mischt ständig Fisch mit Fleisch.
Es ist ein Unterschied, ob jemand VERBAL scheisse baut, oder mit TATEN.
Du kannst nicht das tätliche Vergewaltigen einer Frau mit dem Aussprechen von Unerwünschtem vergleichen. Und schon gar nciht behaupte ich, dass man sie "lassen" soll. Natürlich muss man Taten dagegen setzen. Aber verbieten ist die dümmste und kurzsichtigste dieser Taten. Man macht es sich nur leicht damit, das ist alles. Aber das Problem löst man nicht.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 01:01:32
Achso - sorry - ich hab dich glaub ich noch garnicht begrüsst, glühwürmchen! Schön, dass Du bei uns bist!!!!
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 17. Oktober 2004, 01:10:07
Oh ja - hab' ich auch vergessen im Eifer des Engagements der Debatte hier:

Herzlich willkommen Gluehwürmchen, bleib' uns erhalten!

ZitatUnd: du mischt ständig Fisch mit Fleisch.
Es ist ein Unterschied, ob jemand VERBAL scheisse baut, oder mit TATEN.  

Stimmt, das letzte Beispiel war eine unzulässige Vermischung. Trotz dieses argumentativen Fehlers ändert es aber nichts an der Tatsache, dass man alles denken, aber eben nicht alles sagen darf.

ZitatAber verbieten ist die dümmste und kurzsichtigste dieser Taten.

Nein, ist es nicht. Es ist das letzte Mittel der Wahl, wenn nichts anderes mehr geht.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 17. Oktober 2004, 01:15:37
Man darf alles sagen. Es kommt nur darauf an, wie man es verpackt. Du kannst jedem Hundebesitzer sagen, dass du ihn für engstirnig hälts. Das darfst du noch. Du darfst es aber nicht so machen wie ich, dass du einem Hundebesitzer sagst, dass er genauso blöd ist wie sein Hund. ;-), auch wenn ich damit recht hatte. Im Alltag beschimpfen Menschen einander doch, weil kaum jemand sich die Mühe macht, deshalb vor Gericht zu ziehen. Klar, wenn dein Nachbar dich täglich diskriminiert usw., ziehst du vor Gericht. AAber nicht wegen kleiner verbaler Auseinandersetzungen. Ich meine, da hätte meine Rechtsschutzversicherung viel zu tun, wenn ich alle Menschen hier verklagen würde, die mich schon diskriminiert haben. Also darf man im Grunde immer alles, was man denkt, auch sagen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 17. Oktober 2004, 01:26:04
Nein Andrea, das darf man nicht. Sorry, aber da bin ich stur! Weil es sich nicht lohnt, wegen einer Beleidigung vor Gericht zu ziehen, rechtfertigt dies nicht die Beleidigung. Sie bleibt immer noch verboten und unzulässig. Derjenige, der beleidigt hat, hat halt "Glück" gehabt, für etwas das nicht erlaubt ist, nicht die Konsequenzen tragen zu müssen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 01:27:11
ZitatEs ist das letzte Mittel der Wahl, wenn nichts anderes mehr geht

Da könnten wir uns treffen. Nur, so wie es im Moment läuft, ist es das eben nciht - sondern das ERSTE Mittel der Wahl. Wenn WIRKLICH nichts anderes mehr nützt, soll sein, dann halt verbieten.
Aber zuerst möchte ich schon sehen, dass andere Mittel zumidnest versucht werden. Denn wie ja die anderen Demokratien um uns herum zeigen, nützt relativ schnell alles andere auch - und wie gesagt: lieber die 15% SEHEN, als dass sie im verborgenen agieren. Nur so KANN man auch rechtzeitig andere Mittel einsetzen.

Schaut Euch die Schweiz an - eine vorbildliche Demokratie. Der herr Blocher ist gewählt worden - und wurde eingebunden. Nun sind die tatsächlichen Abläufe in der Schweiz anders als bei uns. Hierzulande den Schönhuber oder den haider oder wie sie alle heissen einzubinden hielte ich für einen Fehler. Aber in der Schweiz wurde er jedenfalls nciht verboten. Seit er "dabei" ist, ist er ziemlcih still - denn da geht's nicht mehr nur ums gross reden. Sogar die Haiderpartei ist komplett marginalisiert - reden allein ist eben nciht genug.
ich will damit nur sagen: Es gibt fast immer eine andere Wahl - verbieten ist die schlechteste.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 17. Oktober 2004, 01:43:41
Ja das ist ein gemeinsamer Punkt in unseren Haltungen: Verbieten, das ist auch meine Meinung, ist wirklich das letzte Mittel, wenn nix anderes mehr hilft. Und ich finde auch, dass es zu oft das erste Mittel ist. Chris hat genügend Beispiele dafür genannt.

Vielleicht bin ich zu besorgt, wenn ich die rechtsradikalen Bewegungen in der bundesdeutschen Gesellschaft im Moment so beobachte. Das ist alles schon einmal so fatal verharmlost worden. Vielleicht geht es noch ein bissel weiter mit der Methode des Redens, des Diskutierens und des Lautseins dagegen. Vielleicht aber auch nicht. Ich mache mir da grosse Sorgen. Ich will keine Rechtsradikalen in deutschen Parlamenten haben. Alle reden davon, dass Weimar weit weg ist. Mag sein, ist vieleicht wirklich so. Aber alles Unheil fängt mal irgendwo klein und wenig beachtet an. Geschichte wiederholt sich nicht - ist auch ein alter Grundsatz. Und doch wiederholen sich in den Kernpunkten betrachtet die immer gleichen Untaten.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 17. Oktober 2004, 01:06:09
Die Frage muß doch lauten: wer darf entscheiden, was gesagt werden darf und was nicht. JEDER Mensch ist einzigartig, auch in dem, was er als Beleidigung empfindet und was nicht. Siehe die vielen Skandälchen um "sexuelle Belästigung", bei manchen reicht schon ein falscher Blick, bei anderen mußt du schon handgreiflich werden, ehe da was passiert.

Ähnlich gilt das für den Überwachungsstaat: Wer darf hier wen beobachten und überwachen? rechts wie links sind das Menschen. (GK:" Er beobachtet mich. Ganz genau wie ich ihn ... bis man zwischen uns keinen Unterschied märrrrken kann!" aus "Beobachtung", sehr feines Lied!)

Die NPD-Mitglieder, die ich bisher im Fernsehen sah, machten auf mich nicht den Eindruck einer "Faust, die Ordnung in das Chaos bringt". Die Auftritte waren eher lächerlich - oder wurden von den Medien so gestaltet. Die Moderatorin war auch nicht so super fit. Die machen mir weniger Angst. Das Desinteresse im Volk ist da schon schwieriger.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bastian am 17. Oktober 2004, 01:14:35
aus wsw.org, was auch immer "wsw" sein mag. Nennt mich faul, weil ich hier was reinkopiere, aber ich leiste mir heute mal die Meinung eines anderen:

"Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung vertritt die Auffassung: "Ginge es nur um braune Ideologie - die deutsche Demokratie müsste die NPD aushalten. Streitbare Demokratie streitet nämlich, so lange es irgend geht, mit Argumenten, nicht mit Verboten." Dennoch tritt er vehement für ein NPD-Verbot ein. Seine Begründung: es gehe um den Schutz von Menschen, die von Rechtsextremisten geschlagen, gehetzt und getötet werden. "Zum Schutz der Opfer vor Schlägern, nicht zum Schutz der Demokratie vor Spinnern, ist die NPD zu verbieten."

Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Zum einen verläuft die Trennlinie zwischen Meinung und Gewalt keineswegs so eindeutig, wie Prantl glauben macht. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen darüber, ob es sich bei Sitzblockaden vor Atomkraftwerken und Raketendepots um Nötigung oder friedliche Demonstrationen handelte, haben das zur Genüge gezeigt.

Um illegale Gewalttaten und Angriffe auf Personen zu ahnden, reicht das Strafgesetzbuch aus, dazu ist kein Parteiverbot nötig..."

Dazu kommt aber auch die Parteienfinanzierung. Und man darf sich schon fragen, ob wir Parteien finanzieren müssen, die offen gegen die Verfassung arbeiten, wie es die NPD tut. Das ist ja völlig absurd.

Auf der anderen Seite könnte man auch der Auffassung sein, dass z.B. ich ein Verfassungsfeind bin, weil ich mich für etwas einsetze, das im Grundgesetz noch nicht geregelt ist, Plebiszite. Wenn ich also meiner Meinung bleibe, muss ich mich selbst verbieten, und das ist ehrlich gesagt auch absurd.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 17. Oktober 2004, 01:35:59
ZitatAuf der anderen Seite könnte man auch der Auffassung sein, dass z.B. ich ein Verfassungsfeind bin, weil ich mich für etwas einsetze, das im Grundgesetz noch nicht geregelt ist, Plebiszite. Wenn ich also meiner Meinung bleibe, muss ich mich selbst verbieten, und das ist ehrlich gesagt auch absurd

Nee Basti, die Argumentation hinkt: Du setzt Dich für etwas ein, dass im Grundgesetz nicht geregelt ist. Plebiszite sind nirgendwo ausdrücklich verboten, sie sind nicht sittenwidrig, verletzten nicht die Menschenwürde und verstossen gegen keine Strafgesetze. Sie sind nicht vorgesehen, und Du setzt Dich dafür ein, dass sie vorgesehen wären.

Bei der NPD sprechen wir von Leuten, die eindeutig verfassungsfeindliche Positionen vertreten, welche gegen eine vorliegende Verfassung verstossen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bastian am 17. Oktober 2004, 01:57:35
Na, dann glaub ich dir mal.  :D :-* Ich denke, man muss in der Diskussion unterscheiden zwischen

1. staatlichen Sanktionen,
2. gesetzlichen Sanktionen, wie Strafen und
3. gesellschaftlichem Umgang mit unliebsamen Gruppen

Wenn eine Partei die Verfassung bekämpft, dann hat das oberste Gericht die Möglichkeit die Verfassungswidrigkeit/-"feindlichkeit" und die Anträge der anderen Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat...) zu prüfen. Dann folgt eine Sanktionierung nach Gesetz, zu der das Verfassungsgericht nicht nur berechtigt ist, sondern auch verpflichtet, vorausgesetzt natürlich, die Bedingungen für ein Verbot sind erfüllt.

Gesellschaftlich können wir es anders handhaben. Wir können diskutieren, uns austauschen, Verständnis aufbringen oder hassen. Ebenso z.B. mit Mördern: Sie werden bestraft, weil Morden in Deutschland und Österreich nicht erlaubt ist, und weil wir dafür Gesetze haben. Trotzdem können wir gesellschaftlich diskutieren, uns austauschen, Verständnis aufbringen oder hassen. Und wir dürfen resozialisieren wollen, weil wir Menschen sind und vielleicht auch schon gemordet haben.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bastian am 17. Oktober 2004, 02:01:10
(https://www.georgkreisler.net/proxy.php?request=http%3A%2F%2Fwww.my-smileys.de%2Fsmileys1%2Fshuffle.gif&hash=f09ae05d2f556e2e932d67a92f5bcc4b38fa6ee4) äh...
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 17. Oktober 2004, 02:12:51
Wieso: Äh...?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 10:15:59

ZitatDazu kommt aber auch die Parteienfinanzierung. Und man darf sich schon fragen, ob wir Parteien finanzieren müssen, die offen gegen die Verfassung arbeiten, wie es die NPD tut. Das ist ja völlig absurd.  

Ja - ich hab mich schon mal was ähnliches gefragt: Ich, als Ausländerin zahle die gleichen Steuern wie alle anderen. Also geht ein Teil meiner Steuern in die Parteienfinanzierung. Ich darf aber nicht wählen. Also zahle ich für einen Dienst, den ich nciht in Anspruch nehmen darf. Und daher könnte ich ja vielleicht jenen Prozentsatz meiner Steuern  zurückfordern.

Ich hab mit einem Anwalt gesprochen. Und der  hat gesagt - und ich musste ihm zustimmen: Mit diesem Geld zahle ich zwar unmittelbar die parteienförderung, aber mittelbar zahle ich auch für das Privileg, dass ich in einer Demokratie lebe. Und das IST ein dienst den ich in Anspruch nehme.

Genauso ist es mit den Rechtsparteien. man zahlt auch für Meinungsvielfalt. Und wenn man diese Vielfalt irgendwo eindämmt - ist das ein erster Schritt. Und dem folgen weitere, so sicher wie das Amen im Gebet. Es ist ein erster Sündenfall, wenn man so will.

Auch das ist ein "Wehret den Anfängen", Dagmar, dass man nciht zulässt, dass die eigene Weltanschauung ausgehöhlt wird, indem man Menschen, die nicht meine Meinung haben, verbietet. Damit macht man genau das, was DIE eigentlich wollen. Und auch genau das, was DIE propagieren, nur halt mit anderen Vorzeichen. DIE wollen die Linken verbieten, stattdessen verbieten wir die Rechten - krass ausgedrückt.

Wenn sie verboten werden, heisst das ja nicht, dass sie nicht mehr agieren. Im gegenteil. Und wenn sie stärker werden, kriegen wir es nur später mit, das ist der einzige Unterschied.
Und wenn sie dann G*ttbehüte an die Macht kommen, haben sie schon ein paar Gesetze in ihrem Sinne, die sie benützen können, und damit dann zumindest in der ersten Zeit den Beschwichtigern in die Hände arbeiten: "wieso ist es so schlimm, dass wir die Rechten an der Macht haben - sie befolgen  ja unsere Gesetze..."

so fängt es an.

Deshalb ist der Rechts-'Terrorismus auch der einzige, der "funktioniert" die Rechten wollen mehr staatliche Kontrolle, mehr Verbote&gebote, mehr Polizei. Und dann machen sie einen Anschlag, und daraufhin KOMMEN mehr Kontrolle, mehr Verbote&Gebote, mehr Polizei....
Das ist eine Krux, dagegen kann man nix machen. Aber man kann versuchen, sie nicht noch durch Verbote ihrer parteien zu stärken. Und das würde man ohne Zweifel tun.

Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 10:29:07
Noch etwas:

ZitatVielleicht bin ich zu besorgt, wenn ich die rechtsradikalen Bewegungen in der bundesdeutschen Gesellschaft im Moment so beobachte.

Ich bin auch besorgt. Ziemlcih sogar. Aber weniger um die Rechten, als darum, dass nichts strukturelles getan wird, um ihren Zulauf zu verringern.
Da geht es ja nicht um Weltanschauungen - da geht es um Ängste. Modernisierungsängste, materielle Ängste, Zukunftsängste. Und DIE werden nicht abgebaut, von den etablierten parteien. Das Kaninchen-auf-Schlange- Prinzip darf weiter föhliche Urständ feiern. Strukturelle Änderungen, die Bevölkerung ausbilden, Fantasie stärken, Gesetze eindämmen - mehr erlauben, an Unternehmertum, an Eigeninitiative, mehr fördern an Eigeninitiative - all das könnte helfen.

Stattdessen ist es völlig okay, wenn man den Deutschen sagt: ihr müsst jetzt 5 euro für den Arztbesuch zahlen, weil es nciht anders geht, dass ein grosses Wehgeschrei einsetzt: OJE!!! FÜNF Euro! Og*ttoG*tt! wie werden wir das überleben? Und dann gehen sie zum Arzt, jedesmal wenn es ums Nägelschneiden geht. Und alle haben das Gefühl, als würden ihre Sicherheit und ihr gesamtes leben auf's Spiel gesetzt, weil niemand sie auslacht, wenn sie so brüllen. Die Leute haben mehr Unsicherheit als sie haben müssten - und DESHALB rennen sie den heilsversprechern nach. Und DA ändert niemand was daran. Aber verbieten, gebieten - DAS können sie....
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 17. Oktober 2004, 12:34:25
Und genau an dem Punkt setzt meine Frage an: In einer Diktatur würden die Menschen dan ohne zu Murren die Praxisgebühr (sind übrigens 10 Euro, ZEHN! :P ;) :-*)
bezahlen und sagen "Jawohl, Herr Führer, Sie meinen es ja nur gut mit uns!" ? ? ?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 13:48:11
Also, komm. 10 euro, nebbich. Und noch nciht mal jedes mal, das man da ist - nur pro Krankheit!

Da ist Germanien schon ziemlcih verwöhnt. Klar, es wird gespart, und - wie in allen grösseren Institutionen - nicht immer an den richtigen Stellen. Da kann man diskutieren und so. Es war ja auch nur ein Beispiel. Aber immr gleich nach VERBIETEN schreien, oder Protestgeheul anstimmen, anstatt mit vernünftigen Alternativen anzufangen, ist auch nicht das Gelbe vom Ei.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 17. Oktober 2004, 14:57:39
Jetzt haste mich aber mißverstanden. Das mit den ZEHN Euro sollte ironisch sein.
Ich geh sowieso nur zum Arzt, wenn nichts mehr geht und außerdem denke ich, daß gute Arbeit auch gut bezahlt werden soll.

Mir ging es um das klaglose Abnicken von Obrigkeitsentscheidungen und meine frage war ursprprünglich, ob und warum sich ein Mensch, der einmal frei war, so etwas gefallen läßt und der Obrigkeit blind vertraut.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 17. Oktober 2004, 15:24:51
10,-- Euro pro Quartal, und für die anderen Ärzte kann man sich von dem Arzt, der die 10,-- Euro gekriegt hat, Überweisungen holen. Tut man das nicht, zahlt man eben nochmal 10,-- Euro. Der Zahnarzt kriegt die, glaub ich, immer auch zusätzlich.
Ich denke, dadurch, dass die Leute ihre Existenz vierlieren, Hartz 4 usw., all die Dinge, die hier eh schon genannt sind, suchen sie sich ein Ventil, um sich aufzuregen. Das dankbarste Ventil sind Ausländer etc. Auch wenn ich das aber weiß, frage ich mich, woher die den Zusammenhang zwischen z.B. ihrem Jobverlust und dem Ausländer, dem Juden, dem Blinden nehmen, der hier lebt. Wenn die alle nicht da wären, all diese Randgruppen, also wir, dann würde das doch an der Situation desjenigen, der sich das Ventil gesucht hat nichts ändern.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 17. Oktober 2004, 18:53:09
Aber es ist auch in vielen Fällen nur wirre panikmache. SOOO viele Leute kommen wegen Hartz 4 nicht in's strudeln, aber ALLE glauben es - und durch die Panikmache GEHT dann auch plötzlich nix mehr. Das ist wie ein Strudel, der alle hinabzieht...
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 17. Oktober 2004, 21:29:49
Klar. Für mich ist das einfach ein Beispiel dafür, dass je weniger die Leute haben oder zu haben meinen, umso mehr reagieren sie ausländerfeindlich (Hätten die nicht so viel Geld vom Staat, dann wären wir jetzt nicht so weit...). Aber eben das ist eine Milchmädchenrechnung, denn es liegt nicht an den Ausländern - also an uns -, dass Hartz 4 eingeführt wird. So Sätze wie: "Warum hast du denn als Österreicherin solche Schwierigkeiten, während doch den anderen Ausländern die Kohle in den Arsch geschoben wird?" hab ich nicht nur einmal gehört undzwar auch von Leuten, von denen ich das nicht erwartet habe. Jetzt hab ich die Schwierigkeiten ja nicht mehr. Jetzt hab ich ja eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. Ich glaube aber auch nicht, dass andere Ausländer es einfacher haben oder hatten als ich.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 18. Oktober 2004, 01:42:38
Doch das glaube ich schon (Das ist jetzt ganz unabhängig von Dir, Andrea)! Es ist  eine Tatsache, dass in Krisenzeiten Menschen ihre Ängste auf das Andersartige projizieren. Wenn gesagt wird "den Ausländern wird das in den Hintern geschoben", dann denken solche Leute an Farbige, an Russlanddeutsche, an Türken, an anders Wirkende. Österreicher wirken auf Deutsche dieser Gattung wie Deutsche. Tumb und dumb stellen sie fest: Die sehen genauso aus, haben die gleiche Hautfarbe und sprechen die gleiche Sprache - also sind sie wie Deutsche. Der dahinten ist dunkel, spricht so'nen komischen Akzent, den versteht man ja gar nicht, der hat 'ne andere Religion, der hat keine Arbeit, der lebt von meinen Steuergeldern, der ist schuld, dass ich keine Arbeit hab' ". So - oder so ähnlich.

Die eigenen (übertriebenen ?) Ängste lassen die Leute nach Verantwortlichen suchen - DIE Ausländer sind die Andersartigen, und die sind schuld.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 18. Oktober 2004, 08:39:37
Dabei hat der "Dunkle" doch selber keine Arbeit und wenn der nicht hier wäre, würden die paar Sozialarbeiter, die diese Menschen betreuen, auch noch arbeitslos.
Titel: natürlich, sie sind da...
Beitrag von: christian am 19. Oktober 2004, 06:01:35
Sooo, ich muss nochmal drauf zurückkommen - wer soll auch diesem so schnell explodierendem thread noch folgen?!

Zitat... Verbieten, das ist auch meine Meinung, ist wirklich das letzte Mittel, wenn nix anderes mehr hilft. Und ich finde auch, dass es zu oft das erste Mittel ist...

Eine annekdote dazu aus dem echten leben (und meiner echten umgebung):

In köln meldete ein rechtsradikaler 'kampfbund' in einem stadtviertel, das kultutrell nett durchmischt ist, eine demo an. Letztendlich kamen 160 rechtsradikale und 1.500 gegendemonstranten. Der Kölner polizeipräsident konnte die demo aus irgendwelchen juristischen gründen nicht mehr verbieten lassen - und deshalb kam er auf die idee, die demo zu erlauben, ABER bei dort keine rechtsradikalen symbole zuzulassen. Was zur folge hatte (und das ist jetzt kein witz), dass polizeibeamte den nazis müllsäcke auf die bomberjacken und hakenkreuze klebten. Skinheads durften auch keine springerstiefel tragen, sondern mussten in ebendiesen müllsäcken über die straßen schlurfen; was natürlich ein absolut lächerliches bild abgab.

Das ist natürlich schon wieder so etwas wie karneval, aber zeigt auch auf schöne art, dass man mit verbieten nicht überall zum ziel kommt, aber mit ein wenig mehr fantasie den gegner durch seine eigene idiotie herrlich diskreditieren kann.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: christian am 19. Oktober 2004, 06:27:29
so, jetzt habe ich den rest auch schon mal gelesen... wir sind also mittlerweile bei de verbindung zwischen sozialraub und wachsendem rassismus angelangt - und die gibt es, auch meiner meinung nach.

ZitatAber es ist auch in vielen Fällen nur wirre panikmache. SOOO viele Leute kommen wegen Hartz 4 nicht in's strudeln, aber ALLE glauben es...

Hmmm, sandra, teils teils, es gibt dinge, die die damen und herren in den letzten jahren verabschiedet haben, die (sagen wir mal im ansatz) ganz vernünftig sind, wie z.b. einige (aber auch nur einige wenige) aspekte bei bildung und gesundheit, die irgendwie sein müssen - aber leider nicht greifen werden, weil diese bereiche einfach für die politik unterste (un-)priorität sind. Und deswegen werden diese sog. reformen auch nix positives bringen, weil die gesellschaftl. rahmenbedingungen andere sind (mäuse statt menschen).

Auch glaube ich, dass man einen ANDEREN sozialstaat braucht, wie den, den wir von früher kennen oder den, den wir heute noch in restbeständen haben. Das heißt ja aber auch nicht wieder, dass wir jede gesellschaftlich geregelte solidarität total über bord werfen sollten - und in diese richtung geht es leider (siehe kopfpauschale der cdu: millionäre und arbeitslose zahlen die gleiche krankenversicherung)

Was ich überhaupt nicht einsehen kann, ist dass es gesellschaftliche bereiche gibt, wo die größten gewinne aller zeiten erwirtschaftet werden, die steuerverflüchtigt dann in die taschen einer weniger manager und gewissenloser zocker an internationalen börsen gehen - und gleichzeitig mitteleuropäer ihre kinder in schulgebäude ohne fenster (is halt kein geld da...) shcicken müssen...

Natürlich kommt auch der rechtsradikalismus der heutigen zeit - auf der einen seite, wie dagmar sagte, durch die bedrohung und dann feindbilder etc. zustande - aber ist, so wie ich ihn sehe, einfach dumpfer egoismus. Nach dem motto: ich teile nicht mit schmarotzern.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 19. Oktober 2004, 11:06:15
Zitatmillionäre und arbeitslose zahlen die gleiche krankenversicherung

Meiner Information nach wird das aber durch interne zahlungsumschübe dann schon wieder irgendwie ausgeglichen - aber klar, die Botschaft ist dieselbe. Und deswegen sägen sie ja jetzt auch die Merkel ab.

Klar, es ist viel Blödsinn auch dabei - und vor allem, das sit sicherliche die Hauptkrux wie Du sagst: Es ist alles keine STRUKTURELLE Veränderung - und die müsste es eigentlich geben.
Allein schon die Trennung in Arbeit-habende und Arbeitslose müsste sich ändern, weil es in der technologisierten Welt einfach imemr weniger Arbeit GIBT - daher ist dieses "Wir oben Ihr unten" nicht mehr funktionstüchtig. Ich hab auch keine Ideen für Alternativen, leider. Aber es krankt an der Struktur - dass man nämlich "Leistung" in Kategorien empfindet, die nicht mehr lange halten - und so diese Schmarotzer-Geschichte Zulauf kriegt.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 19. Oktober 2004, 11:10:47
In Österreich - das sich mehr auf die Dienstleistungen stützt, geht's sogar nocht, denn Diestleistungen boomen. In Deutschland ist Dienstleistung keine mögliche kategorie, denn sogar die, die im Dienstleistungsgewerbe sind, empfinden sich als Gnädig, weil sie tun, was sie tun... Und hier baut man Dienstleistungen aus - daher ist die Arbeitslosigkeit bei uns auf mageren 7% - aber hier kommt es auch.

Leider: revolutionen hat es auch in Deutschland schon eine ganze Weile nicht mehr gegeben - die Verordnungen kommen von oben. In deutschland war es ja historisch so, dass das Volk eine Veränderung angemahnt hat, die dann von oben realisiert wurde. In Frankreich hat das volk immer SELBST verändert, und die oberen danach ausgesucht. Undin ösiland haben sie immer geguckt, was machen die anderen für Veränderungen, und dann - ohne dass das volk irgendwas davon wusste oder wollte oder sagen konnte - diese Veränderung dann auch bei uns durchgezogen. Hirstorisch gesehen. Wenn's jetzt wieder so ist, müssma die Franzosen motivieren, sonst geht hier nie was weiter  ;)
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 19. Oktober 2004, 14:01:46
Zitat
weil es in der technologisierten Welt einfach imemr weniger Arbeit GIBT - daher ist dieses "Wir oben Ihr unten" nicht mehr funktionstüchtig. Ich hab auch keine Ideen für Alternativen, leider. Aber es krankt an der Struktur - dass man nämlich "Leistung" in Kategorien empfindet, die nicht mehr lange halten - und so diese Schmarotzer-Geschichte Zulauf kriegt.


Darin sehe ich genau das Problem - in der Verflechtung  von Erwerbsarbeit und sozialen Leistungen. Praktisch gesagt: der Arbeiter ist zu teuer. Und dann  - weiter gedacht - überhaupt in der Verflechtung von Arbeit und Davon-Leben-Können. Denn die meiste Arbeit, die der Mensch macht  ist keine mehr im eigentlichen Sinne. Er läßt nur noch Maschinen für sich arbeiten. Wie entwickelt man nun ein System, das den Menschen nun auch in den Genuß seiner selbstgeschaffenen, lebenserleichternden Technologien bringe, ohne, daß er dabei um seine Existenz bangen muß? Alles kaputtschlagen, wie es Radikale und Revolutionäre mitunter tun, löst das Problem nicht.

Zur Naziproblematik hatte ich gestern ein hoch spannendes gespräch mit meiner Oma, einer der wenigen Menschen, die darüber nicht schweigen. Evtl machen wir noch ein richtiges Interwiew, weil die letzten, die das noch live miterlebt haben wohl nicht mehr lange auf der Welt sein werden...
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 19. Oktober 2004, 14:02:43
Das ist spannend!!! Erzähl mehr darüber, bitte!
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 19. Oktober 2004, 17:03:08
Worüber? Über das Strukturproblem? Da denke ich selber schon seit Jahren dran herum, ohne eine befriedigende Lösung zu finden. Denn noch kann nicht ALLE Arbeit von den Maschinen übernommen werden, ein wenig bleibt immer noch für uns übrig. Vor allem das uns-einig-werden.

Oder über meine Oma und die Nazizeit?
Sie hat halt so´n paar geschichten aus ihrer Jugend erzählt, aus ihrer - ganz persönlichen - Sicht, die es mir schwer machen, mit der pauschalisierenden Herangehensweise ("sie waren ALLE Verbrecher") umzugehen. Das Volk ist ganz schön dumm gehalten worden, denen wurden vor allem die schönen Seiten des Lebens gezeigt, plötzlich hatten viele Arbeit, es gab Organisationen wie "Kraft durch Freude", die Reisen organisiert haben und so weiter.

Ich habe meine Großmutter das Selbe gefragt, wie Euch hier auch, wie denn die Menschen damals die Freiheitsbeschränkungen aufgenommen haben -  überraschenderweise antwortete sie mir, daß man es damals nicht so empfunden hat. Selbst JUDEN, die gewarnt worden waren, sie sollten Deutschland doch verlassen, haben das nicht gean, nach dem Motto "so schlimm wirds schon nicht" Erst gegen ENDE des Krieges gab es das böse Erwachen.

Für mich ergibt sich daraus die Frage:

Was nehmen wir heute alles nicht wahr mit unserem zugemüllten Geist? Was ist da möglicherweise schon fertig in der Schublade der Mächtigen und wovor verschließen wir die Augen? Daß es genau so wird wie bei Hitler, das glaube ich nicht, das wäre zu einfach.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sue am 19. Oktober 2004, 18:09:36
Nee, haargenauso eher nicht. Aber genau diese Frage beschäftigt mich auch, wenn ich mir die derzeitige Lage so anschaue.
Wenn man in den Bau wandert dafür, dass man bestimmte Dinge äussert ist es zu spät, wir alle müssen einfach sehr wachsam sein.
Ich finde es beim Blick in die Geschichtsbücher immer unheimlich schwer nachzuvollziehen, dass nicht urplötzlich Menschen umgebracht wurden, sondern dass es auch damals ein schleichender Prozess war.
Titel: Re: Es kommt näher....Nicht
Beitrag von: Bassmeister am 19. Oktober 2004, 18:32:48
Wachsam sein ist sehr gut. Und wie umgehe ich, daß ich meine Wachsamkeit auf die falschen Dinge lenke und genau die Entscheidenden übersehe? Glück? Glaube? Scharfsinn? Die richtigen Menschen zur richtigen Zeit treffen? Kommunizieren ohne Ende?
Auf jeden Fall zuerst mal: Nicht zu sehr fürchten. Denn Furcht verstellt den Blick.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 19. Oktober 2004, 20:56:17
Das ist wohl wahr, Bassmeister.
ich denke, vor allem in Punkto Überwachungsstaat muss man beosnders achtsam sein. Denn wir kriegen es ja nicht so mit, wenn anfangs einzelne Menschen einfach verschwinden - oder wir sagen: Sie werde schon irgendwas angestellt haben. Aber vielleicht waren die auch nur "unbotmässig" oder zu weit von der Norm oder was weiss ich. Und der Datenschutz ist eine der gefährlichsten Entwicklungen der neuzeit, finde ich - denn der gläserne Menschen heisst automatisch auch: dem sich "wohlverhaltenden" passiert nix. Und was ist jetzt Wohlverhalten? Immer nur das, das gerade en vogue ist....
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Gluehwuermchen am 19. Oktober 2004, 21:40:58
Wie kommt ihr zu der Annahme, wir müssten uns derzeit wieder fürchten? Oder sprecht ihr die ganze Zeit nur hypothetisch?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 19. Oktober 2004, 22:23:06
Zitat. Denn wir kriegen es ja nicht so mit, wenn anfangs einzelne Menschen einfach verschwinden

Genau das war es, was meine Oma im Nachhinein am meisten betroffen macht. Sie hatten drei Jüdinnen in der Klasse. Mit einer von den dreien war sie gut befreundet. Eines Tages waren sie weg. Auf die Frage, wohin, kam nur "die sind nach London gezogen". Alle drei? Und - wenn es ne freundin ist, warum hat sie nichts gesagt? Diese fragen hat sie sich leider erst hinterher gestellt.

Datenschutz und so: hier scheint der Mensch, insbesondere der deutsche Mensch mal wieder der Illusion zu erliegen, es könnte eine Sicherheit geben. Man bedenke dabei (ich sags immer wieder), daß auf der anderen Seite der Kamera ebenso Menschen sitzen. Auch die können korrupt und machtgeil und wasweißich was noch alles sein. Sicherheit oder auch Freiheit  oder Sozialismus oder nimm was du willst, setzt immer einen "besseren" Menschen voraus und den gibt es nun mal nicht. Und wenn welche sich einbilden, sie seien besser, dann geht das über kurz oder lang schief. Ich wiederhole meine (rhetorische) Frage: Wer entscheidet, was gesagt und getan werden darf? Wer beobachtet und überwacht wen? Zu welchem Zweck?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 20. Oktober 2004, 01:26:06
ZitatWie kommt ihr zu der Annahme, wir müssten uns derzeit wieder fürchten? Oder sprecht ihr die ganze Zeit nur hypothetisch?

Herzlich willkommen in unserer Mitte Glühwürmchen - falls ich das noch nicht gesagt habe.

Ich für meinen Teil spreche hier absolut gar nicht hypothetisch. Ob man sich gleich fürchten muss - weiss ich nicht. Aber sehr ernsthaft besorgt sein und sehr sehr wachsam sein, muss man auf jeden Fall in den momentanen Zeiten, finde ich.

Dass was Bassmeister zuletzt anspricht z.B.: Bei der neuen Gesetzgebung eines Otto Schily zum Beispiel, die ja aktuell schon gilt, weisst Du nicht genau, wessen Telefon gerade abgehört wird, und was mit den Daten passiert. Das finde ich sehr heftig. Muss ich demnächst bei jedem Gespräch vorsichtig sein, was ich sage? Sehr bedenklich sowas.

Oder dass in einem deutschen Fernsehsender übelst diskriminierende "Witze" von sich gegeben werden, ohne dass der Sender die Live-Schalte sofort stoppt. Das Ganze kommt dann mit fast zwei Wochen Verzögerung überhaupt erst in die Print-Presse.

Vielleicht muss man tatsächlich den geplanten Zusammenschluss von NPD und DVU nicht so bedrohlich sehen, weil eine Demokratie das tragen kann. Die hohe Anzahl von Wählerstimmen, die die bei den letzten Wahlen bekommen haben, finde ich aber schon sehr zum Fürchten. Die Stimmung in diesen Bundesländern in Sachen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist - zumindest nachdem was ich da erlebe, mehr als übel. Ich bin mit meiner knapp achtjährigen farbigen Tochter durch die Fußgängerzone von Dessau gelaufen. Das war ganz furchtbar - und das habe ich mir in keiner Weise eingebildet (ich lauf' ja auch sonst überall mit ihr herum und habe das so krass noch nirgendwo erlebt). Der kurze Weg durch die Fußgängerzone kam einem Spießrutenlauf gleich. Ich bin kein besonders ängstlicher Typ - ganz im Gegenteil. Aber da habe ich Angst gehabt und zwar richtig. Ich habe die ganze Reise abgebrochen und bin auf schnellstem Wege noch am selben Abend da weg. Das finde ich auch sehr zum Fürchten, vor allem wenn ich mich frage, wie das weiter geht. In welcher Gesellschaft meine Tochter zurecht kommen muss, wenn sie mal erwachsen ist.

Gestern abend habe ich eine Dokumentation im WDR gesehen über Bandenkriege im Kölner Nachtleben. Nicht im Rotlichtmillieu - nee nee, im ganz normalen Nachtleben: Discos, Kinos, Cafes und so. Ich war entsetzt: Da tobt ein Krieg (und ich meine das Wort, was ich benutze: Kriegszustand mit schweren Waffen, Pistolen, pumpguns, Handgranaten, die auf den Kölner Ringen regelmässig zum Einsatz kommen) zwischen Arabern und Türken darüber, wer die Macht hat. Das ist nichts anderes als ein Rassenkrieg im kleinen. Auch das finde ich eigentlich zum Fürchten.

Ich könnte noch mehr Beispiele bringen.

Nicht bös' sein, Glühwürmchen, aber das ist genau das Problem: "Wieso fürchten, was gibt's denn hier zu fürchten? Soooo schlimm, ist es ja nun nicht."

Und Bassmeister, wenn ich das richtig verstanden habe, was Du aus den Gesprächen mit Deiner Großmutter berichtest, dann ging das den Menschen damals ähnlich.

Die Verharmlosung - davor habe ich total Angst. Ich möchte nicht eines morgens aufwachen und feststellen müssen, dass lange schon schreckliche Dinge passieren, die ich "bloss" nicht mitbekommen habe. Ich habe Angst davor, meine Wachsamkeit zu verlieren, eingelullt zu sein in der Informationsüberflutung und in den Bildern einer Wirklichkeit, die von Medien gemacht ist, zu glauben "soo schlimm ist es ja auch nun wieder nicht". Genauso Angst habe ich davor, dass Wachsamkeit schleichend verwechselt wird mit rigider Überwachung und Kontrolle. Dann würde ich eines morgens aufwachen und feststellen müssen, dass ich zwischenzeitlich in einem Überwachungsstaat mit ein paar verbliebenen Scheinfreiheiten lebe.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Gluehwuermchen am 20. Oktober 2004, 01:40:34
Zitat

Herzlich willkommen in unserer Mitte Glühwürmchen - falls ich das noch nicht gesagt habe.

Nicht bös' sein, Glühwürmchen, aber das ist genau das Problem: "Wieso fürchten, was gibt's denn hier zu fürchten? Soooo schlimm, ist es ja nun nicht."

Keine Sorge, ich bin nicht böse, im Gegenteil, vielleicht spiele ich tatsächlich nur gerne des Teufels Anwalt.
Das Zitat, das Du mir da in den Mund legst, würde ich aber so nicht von mir gegeben haben.
Meine Zweifel habe ich eher a) an Diskussionen in einer solchen Pauschalität allgemein - da tun wir uns doch schwer
und  b) an dieser "Es kommt näher..." These, die mir ebenfalls etwas zu pauschal ist.
Ich fände es dann doch sinnvoller, wenn man die Diskussion auf Antisemitismus (anlässlich von Big Brother), gläserne Bürger oder das finstere Treiben von Genosse Otto Schily begrenzen würde. (Bezüglich letzterem liegst Du im übrigen falsch, wenn Du meinst, er würde wahllos Telefone abhören - mein letzter Stand zu dem Thema ist das Verfassungsgerichtsurteil, wenns noch neuere Entwicklungen gibt klärt mich bitte auf).
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Dagmar am 20. Oktober 2004, 16:16:01
ZitatBezüglich letzterem liegst Du im übrigen falsch, wenn Du meinst, er würde wahllos Telefone abhören

Wahllos vielleicht nicht. Aber die Frage von Bassmeister bleibt doch:

ZitatIch wiederhole meine (rhetorische) Frage: Wer entscheidet, was gesagt und getan werden darf? Wer beobachtet und überwacht wen? Zu welchem Zweck?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Gluehwuermchen am 20. Oktober 2004, 21:05:46
Das sind doch Fragen, die sich genau so auch konkret stellen lassen - die Entscheidung wird von Richtern getroffen, die wegen Arbeitsüberlastung die Überwachung leichtfertig genehmigen (das allerdings darf uns nachdenklich stimmen). Aber es ist doch immer noch so, daß sich die Beteiligten an das geltende Recht halten müssen, und über das kann man sich informieren. Im letzten Jahr gab es ca. 24.000 Telefonüberwachungen. Und weil im Moment gerade heiß diskutiert wird, wie lange Verbindungsdaten aufbewahrt werden, hier noch ein Bonmot:"Der internationale Terrorismus investiert 20 Cent, um an die Telefonzelle zu gehen, und hebelt damit die Vorkehrungen aus."
Mein Standpunkt: Über diese ganzen Vorgänge wird berichtet, und man kann sich informieren - warum pauschale Befürchtungen, wenn ich auch konkrete haben kann?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 21. Oktober 2004, 01:32:50
Zitatwarum pauschale Befürchtungen, wenn ich auch konkrete haben kann?

hähä. ein wahres Wort.
Aber leider: Es gibt auch bei den konkreten genügend Beschwichtiger....
Und vor allem: Es gibt, wie immer, wie damals (wie auch immer) genügend, die zwar was sagen - aber nix tun - und sich vor allem im konkreten Fall - wo sie vielleicht sogar aufstehen KÖNNTEN - plötzlich still verhalten...

es sind die Tuer garnicht so gefährlich, wie die geschehen-lasser.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 21. Oktober 2004, 01:35:04
Oh je - dann kann ich mich ja sogleich einsargen lassen, damit ich durch mein Geschehen lassen (aus Angst blockiert, nicht oder zu spät mitgekriegt, mit irgend was gaanz anderem beschäftigt. . . ) nicht noch mehr Schaden anrichte.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Andrea am 21. Oktober 2004, 11:14:13
Warum siehst du dich selbst als Geschehenlasser?
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 21. Oktober 2004, 16:23:28
Ich erinnere mich nicht, jemals bei einer Pöbelei durch Nazis, rassistischen Worten und dergleichen mehr liebevoll-kreativ eingegriffen zu haben. Also habe ich es geschehen lassen.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Sandra am 21. Oktober 2004, 18:38:10
Aber ich bin sicher, in sinnvollen diskussionen (und das sind die mit solchen Menschen denn doch eher selten) hältst Du nciht mit Deiner Meinung hinter dem Berg. Und wenn es hart auf hart geht - würdest Du einem Verfolgten helfen? Würdest Du Unterschriftenlisten mit Deinem richtigen Namen beglücken - ohne Rücksicht darauf, ob es jemand lesen könnte, der Dir dann schaden könnte? Versuchst du, in Deinem persöncihen Umfeld auch meinungsbildend aufzutreten?
Dann bist du kein Geschehenlasser.
Titel: Re: Es kommt näher....
Beitrag von: Bassmeister am 01. Mai 2005, 16:44:51
Heute marschieren sie wieder in Leipzig.
Nicht nur, daß diese Menschen durch die Stadt und durch die linken Viertel (!) marschieren dürfen, die Polizei spült ihnen den Weg auch noch mit Wasserwerfern frei... Kann man eigentlich nur noch auswandern?

http://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/1937073.html