Der Papst ist tot

Begonnen von Nase, 03. April 2005, 01:59:12

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Dorian

ZitatDie Zeiten, in denen die (katholische) Kirche wirklich Macht ausübte, dürften eigentlich vorbei sein.

Macht im klassischen Sinne wohl nicht. Einfluss aber sicherlich. Schon Dschugaschwili fragte spötisch: "Wie viele Divisionen hat der Papst ?" On the long run hat er das Ganze aber doch unterschätzt.

Sandra

#26
Oh, ich glaube sehr wohl, dass die Kirche Macht hat - nur zeigt sie sich nicht so unmittelbar - ich glaube allerdings nciht, dass sie heutzutage tatsächlich weltbewegendes ANFANGEN kann. Aber sie kann extrem verstärken oder bremsen.

Und in katholischen Ländern, die noch nicht so rasend firm sind in dem, was sich Laizismus nennt, wie Österreich, haben sie auch ganz reale direkte Macht: die Kirchenmaxeln haben einen zu guten Kontakt zu den Regierenden....

Übrigens: IN the long run. Aber is wurscht.

Dorian

Ja, war hier auch so. Als der Ruhrbischof Hengsbach noch lebte (guter Freund von Karol) hatte er die Stadt ziemlich unter Kontrolle. Das Nachtleben lag damals ziemlich brach. Aber die Weihnachtsbelechtung wurde noch nicht im Oktober eingeschaltet.

kampmann

eben bekam ich hier in la Paz (Bolivien) aus Deutschland einen interessanten Beitrag aus der "jungewelt.de":

Sehr bedenkenswert, und: Sandra, Du hast Recht, zumindest eine schillernde Persoenlichkeit ist der Papst (obwohl das schon eine Weile her ist, und er vielleicht einen Lernprozess durchgemacht hat!!) - Also hier der Beitrag:

================================

Zitat
Subject: Fw: Der Papst bruellte: ´Ruhe´

Schlicht

     junge Welt vom 05.04.2005
       
     Feuilleton
     Der Papst brüllte: ´Ruhe!´
     Wie Johannes Paul II. einmal das revolutionäre Nikaragua in Ordnung
bringen wollte
     Reimar Paul  
       
     ´Willkommen im freien Nikaragua, dank Gott und der Revolution´. Dieser
Satz stand auf einem großen Transparent am Flughafen von Managua, als die
Maschine des Papstes am 3. März 1983 in der Hauptstadt Nikaraguas landete.
Dort
waren die Sandinisten knapp vier Jahre an der Macht, ihre Revolution hatte
die Diktatur des Somoza-Clans hinweggefegt. Kulturminister war damals der
Priester und Dichter Ernesto Cardenal, auch weitere Geistliche gehörten der
Regierung an.


     Zeigefingerprügel


     Johannes Paul II. war darüber nicht amüsiert. Im Vorfeld seines
Besuchs, erinnert sich Cardenal, habe der Papst darauf bestanden, daß keiner
der
Priester aus der Regierung ihn am Flughafen empfange. Die Regierung erklärte
zunächst, alle Minister müßten beim Empfang dabei sein. Als Kompromiß wurde
schließlich ausgehandelt, daß der Papst die Regierungsmitglieder von weitem
grüßen sollte. Doch er überlegte es sich offenbar anders. Nach der
protokollarischen Begrüßung durch Präsident Daniel Ortega, ging der Papst
auf die etwas
weiter entfernt stehende Ministerriege zu.


     Was dann geschah, beschreibt Ernesto Cardenal: ´Ich nahm ehrerbietig
die Baskenmütze ab und kniete nieder, um ihm den Ring zu küssen. Er erlaubte
nicht, daß ich den Ring küßte, und während er den Zeigefinger wie einen
Stock
schwang, sagte er in vorwurfsvollem Ton: >Sie müssen Ihre Situation in
Ordnung bringen<´. Die Fernsehkameras übertrugen die Demütigung in alle
Welt.


     Am nächsten Tag versammelten sich 700000 Menschen - ein Viertel der
Bevölkerung Nikaraguas - auf der Plaza de la Revolución in der Hauptstadt,
um
der Messe des Papstes beizuwohnen. Viele waren tagelang unterwegs gewesen,
auf
überfüllten Lastwagen kamen sie aus allen Ecken des Landes. Die Regierung
gab eine Million Dollar aus, um den Platz voll zu kriegen. Johannes Paul II.
aber sprach zu Beginn der Messe von Leuten, die an der Anreise gehindert
worden
seien.



     Nicht für die Armen


     Thema der päpstlichen Predigt war zunächst die Einheit der Kirche -
nach Cardenals Bewertung ein ´Angriff auf die Volkskirche´: ´Die
revolutionären
Christen wurden angeklagt, diese Einheit zerstören zu wollen . Er glaubte,
es gäbe eine unpopuläre Regierung, die von der großen christlichen Mehrheit
abgelehnt würde, und daß seine kämpferische Anwesenheit einen Aufstand des
Volkes gegen die Comandantes der Frente Sandinista provozieren würde´.


     War der Beifall der Menge während der Rede mehr und mehr verebbt, so
wandte sich die Stimmung vollends gegen den Papst, als er sich weigerte, 17
am
Vortag von der Contra getötete Jugendliche in seine Fürbitten einzubeziehen.
´Die Mütter der Ermordeten baten ihn um ein Gebet, aber er kümmerte sich
nicht darum´, erzählt Cardenal. Die Menschen hätten ´Queremos la Paz - Wir
wollen Frieden´, später auch ´Poder Popular´ und  ´No pasarán´ gerufen, der
Papst
daraufhin aus vollem Halse ´Ruhe!´ in das Mikrofon geschrieen. ´Das
irritierte
das Volk am meisten, denn sie waren es nicht gewohnt, daß jemals einer ihrer
Führer ihnen ´´Ruhe!´´ befahl´. Auf einem Video von der Messe hört man eine
Frau rufen: ´Das ist kein Papst der Armen, sieh' nur, wie er sich kleidet ´.
Cardenal: ´Am Ende der Messe konnte er kaum den päpstlichen Segen erteilen,
dreimal setzte er dazu an, vor einer Menschenmenge, die bereits die Hymne
der
Frente Sandinista sang´. Ein unerhörter Vorgang.


     ´Der Papst kam nach Nikaragua, um die Revolution zu destabilisieren´,
ist Cardenal im Rückblick überzeugt. ´Es war offensichtlich, daß der Papst
die sandinistische Revolution haßte und er nach Nikaragua gekommen war, um
gegen sie zu kämpfen´. Dabei habe dem Papst an der Revolution am meisten
mißfallen, daß sie nicht die Kirche verfolgte. ´Was er am wenigsten wollte,
war eine
Revolution, die massiv von den Christen unterstützt wurde wie die unsere und
die deshalb eine sehr populäre Revolution war. ´


     Einige Monate später verbreiteten Zeitungen ein geheimes Dokument, das
den Auftritt des Papstes in Nikaragua vorab festschrieb. Autoren sollen
US-Geheimdienstler sowie der Nikaraguaner Humberto Belli gewesen sein. Belli
war
ein rechter Fanatiker, der zunächst innerhalb Nikaraguas an der Seite der
katholischen Kirchenhierarchie gegen die sandinistische Revolution hetzte
und
später in den USA Diffamierungskampagnen gegen Nikaragua organisierte.
   
       
     -----------------------  
http://www.jungewelt.de
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Sandra

Das ist ein sehr interessanter Beitrag. Ich kann natürlich überhaupt nicht abschätzen, wie sehr auch dieser Beitrag gefärbt ist, aber der Grundtenor des Papstes war immer ein zutiefst amerikafreundlicher (bis auf den Irakkrieg, da war er schon älter und vielleicht etwas weiser - ausserdem hat Bush vielen bis dato amerikatreuen Ex-Kommunismus-Staatsangehörigen die Liebe etwas vergällt). Ein alter Hut, dass gerade die, die aus dem Kommunismus kamen, besonders amerikatreu waren. Und die  amerikanische Regierung hat immer versucht, die Contras zu stützen, weil ihnen der Unterschied von Lateinamerikanischem Kommunismus zu den Ostischen Kummerln nie aufgegangen ist. Lateinamerikanische Länder neigen häufig dazu, dass ihre Völker  eher als kommunistisch zu bezeichnende Staatsformen möchten - und den Amis ist das immer suspekt.
Auch in Cuba ist die Mehrheit für eine art kommunismus - Fidel ist sicherlich nciht der beste aller Führer, und in Cuba läuft extrem viel schief - aber grundsätzlich ist eine gerechtere Verteilung den Menschen lieber als der markt-kapitalismus. Andere Mentalität. Und die amis scheissen sich an bis über's Knie davor, weil sie die Unterschiede nicht erkennen. Diese Länder sind nämlich nciht notwendigerweise anti-amerikanisch, so wie die Russen es waren. Die Amis machen sie aber dazu.
Und der Papst hat sehr brav in dieses Horn geblasen, das war allen deutlich. Ganz Polen tut es bis heute...
Das ist eben eine Reaktion auf die Russen.
Schade, dass so wenig differenziert wird. Kummerl ist nicht gleich Kummerl.
Ich meine, es wäre ja evident, dass man die Staatsformen von Nordkorea und Nicaragua nicht unter einen Hut stecken kann. Die Amis tun aber alles dazu, dass genau das geschieht. Und der Papst - wie viele - hat es gefressen.

Bassmeister

Die "Junge Welt" ist eine in der DDR erschienene Jugendzeitung gewesen und stellt sich heute an den linken Rand der Presselanschaft.
Ich fand diesen Beitrag auch hochinteressant, vor allem, weil die Revolution in Nicaragua zu der zeit stattfand, als ich langsam anfing, mich mit dem politischen Geschehen auseinanderzusetzen (zunächst gezwungenermaßen).

Warum kann man sich nicht einfach gegenseitig leben lassen?? Mich nervt total dieses "du bist anders->du mußt weg!" Wenn ein Land gerne "kommunistisch" leben will - warum um alles in der Welt denn nicht?
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

#31
Hehe. Das ist eine liebe Frage. Klar. Erstens gibt es Länder, da wollen es die Völker, aber die Regierungen pervertierens. Zweitens gibt es Länder, da wollen's nur die Regierenden. Und drittens gibt es Länder, die sind garnicht kommunistisch, sondern  nennen sich nur so und um sich  auf die Seite von anderen Weltmächten als die Amis zu stellen, und das wollen die Amis nicht.

Aber auch klar: gerade bei Lateinamerikanischen Ländern, wo klar ist, dass gerade hier zb eine grundlegende Landreform nur Gutes bringen würde, wäre es nett, wenn man sie liesse.

Aber wir wissen ja: die Menschen sind Spiesser: Bist Du nciht so wie ich das will und kenne, dann bist du böse.

So wie das Krawattenträger zu Punks sagen und Punks zu Krawattenträgern, so sagen es auch Marktwirtschaftliche zu Kommunisten etc...

Ich habe widerwillig gelernt, zu akzeptieren, dass Menschen eben so sind. So richtig schlimm wird es aber dann, wenn die eine Gruppe die andere Gruppe nicht nur ablehnt, sondern auch missionieren will.


Dagmar

#32
Das mit dem Papst ist doch relativ einfach: Irgendwer, der dieses Amt gerade inne hat, redet was. Jeder kleinste Pieps wird notiert und weltweit verkündet. Die Menschen, die denken können und wollen, können relativ leicht Schwachsinn als Schwachsinn ausmachen und das Gesabbel von irgendeinem meist ziemlich uraltem Mann ad acta legen, und alles geht weiter wie bisher.

Viel viel schlimmer und sehr viel gefährlicher finde ich die Menschen "wie Du und ich". Hat jemand die letzte Sendung von der Maischberger in der ARD gesehen (Menschen bei mir oder so ähnlich heißt diese Sendung)? Eingeladen waren der Fendrich, Domian aus dieser Nachtsendung beim WDR, der Kühn, von dem ich weiter oben schon im Zusammenhang mit dem Spiegel-Artikel berichtet habe, irgendein Fürst, noch eine Sängerin UND eine Frau, die niemand kannte. Diese Frau präsentierte sich als 68erin, sprach von ihren "wilden Jahren" und wie sie dann schließlich zum Katholizismus kam und konvertierte.

So weit so schön, ist ja deren Sache...denkt man... Die Frau berichtete übrigens auch noch, dass sie mehrere Kinder hätte.

Danach drehte sich die ganze Diskussion um, nach dem Motto "alle gegen eine", was ich sehr gut nachvollziehen konnte: Die Frau sprach in einer Art und Weise über ihre Überzeugungen und über ihren Anspruch, dass alle Menschen auf der Welt gefälligst ihre Überzeugungen teilen sollten, die erschreckend war. Ihre Art, unbedingt und um jeden Preis missionieren zu wollen, erinnerte mich an allerschlimmste Sektenpraktiken. Es war nicht der Unsinn, den sie von sich gab. Es war die subtile und leise Art, die das Zwingende erahnen liessen, dass sie auf ihre Umwelt (und auf ihre Kinder) ausübt.

Mag da ein neuer Papst kommen, mag der alte so oder so beurteilt werden, das ist doch alles sehr öffentlich.

Mich ängstigen und empören viel viel mehr solche selbsternannten Missionare "wie Du und ich".Viel viel schlimmer und sehr viel gefährlicher finde ich die Menschen "wie Du und ich".

Die vielen kleinen Priester in vielen kleinen Pfarreien in St.Pumpelpu, die junge Menschen missionieren und zur Intoleranz bringen, die kleine Kinder mißbrauchen, die ihre Frauen und ihre leiblichen Kinder verstecken und verleugnen. Die Sonntags von der Kanzel mit ausgestrecktem Finger auf ihren Nächsten zeigen und ganz und gar unchristlich flammende deshalb nicht minder dümmliche Reden halten. Hetzreden, die Nachbar gegen Nachbar aufbringen. DIE fürchte ich, nicht den ollen Papst.

Ich bin seit Jahren sehr intensiv in der katholischen Bewegung "Kirche von unten" engagiert (Wen es interessiert: //www.ikvu.de) Von außen kann man wenig ändern, also versuche ich es halt als Mitglied. Dem gebe ich mehr Chancen). Vor ein paar Jahren haben mein Mann und ich in diesem Zusammenhang mal in Bonn auf einem der zentralen Plätze eine Unterschriftenaktion für Bonn initiiert und geleitet. Ziel war die Verhinderung des Verbotes von Frauen im Messdienerdienst (was wir mit vielen anderen in der Erzdiözese Köln am Ende auch geschafft haben und zwar gegen das Papstvotum). Wir standen da also ganz friedlich herum. Ich erinnere das noch sehr genau, weil es irre kalt war. Und sammelten unsere Unterschriften. Auf einmal schoss jemand auf mich zu in der Priesterkutte. Ich weiss nicht, wo der herkam. Der stand plötzlich vor mir und brüllte (im Ernst: Er brüllte über den ganzen Platz und jeder konnte das hören). Er brüllte mich 10 Minuten an, stach mit seinem Zeigefinger dabei ständig in meine Richtung. Er war ein Priester, und er hat mich auf diesem Platz öffentlich exkommuniziert und zwar in grösster Lautstärke. Er hat mich beleidigt und übel beschimpft.

Das hat mir sehr sehr viel ausgemacht und hat mich sehr verletzt und gekränkt. Ich bin eine religiöse Person, und ich bin Katholikin. Ich bin kritisch und ich engagiere mich öffentlich gegen Mißstände. Das werde ich tun bis an mein Lebensende. Ich werde niemals aufhören, gegen Ungerechtigkeiten und Unverschämtheiten, gegen Machtmißbrauch und Intoleranz in einer von vielen für mich gleichberechtigten Religions- oder Wertegemeinschaften zu kämpfen. Ich tue dies OHNE die Kirche zu verlassen, weil ich felsenfest daran glaube, dass man Verkrustungen nur von innen heraus verändern kann.

Dafür hat mich jemand exkommuniziert. Das machte mir was aus, weiß Gott! Ich habe das mittlerweile längst ad acta gelegt, weil ich am Ende nur meinem Gewissen schuldig bin. Aber es hat mich zu dem Zeitpunkt tief getroffen.

Angst und Empörung empfinde ich nicht gegenüber Päpsten, sondern gegenüber vielen "Nächsten" - egal welcher Konfession!
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Sandra

#33
Da hast Du natürlich Recht - es ist ja ein alter Hut: Die "Führer" sind nichts, solange sie nicht einen "Nachrenner" haben, und DIE sind viel gefährlicher.
Aber es ist schon auch so, dass die "Führer" eben bis zu einem gewissen Grad auch die art und Weise des "Nachrennens" beeinflussen können. Nicht immer, nicht alles, und Arschlöcher gibt's überall. Aber irgendwie trotzdem.
In Österreich hat sich der Papst ja sehr klar gezeigt, bei einer Affaire mit Kindesmissbrauch (häufigem!) und bei einem beibehalten eines unglaublich ungustiösen und lauten  und rechtsextremen (ja, wirklich!) Bischofs, einem gewissen Herrn Krenn. Dieser Krenn war ein guter Freund vom Papst und der hat auch seine Hand über ihn gehalten, solange, bis es wirklich unter keinen Umständien mehr zu vertreten war, also jahrelang. Der hat ausländer- und frauenfeindliche und rassistsiche Sprüche von sich geben dürfen ohne Ende...
Und wenn dann auch der "kleine Mönch auf der Strasse" sich das Recht herausnimmt, sich so zu benehmen, ist das kein Wunder. (Der Fisch stinkt vom Kopf - Sprichwörter sind Platitüden - aber sie kommen nicht aus Luft)

Ich kann gut verstehen, dass einen das berührt und trifft - egal, ob man sich sagt, dass solche Menschen nur sich selbst schlechtes tun oder nicht... es trifft, weil man sich unverstanden, und die geopferte Liebe für die Sache als ungesehen empfindet.

Gestern hab ich im Fernsehen gezappt. Und bin kurz hängengeblieben bei einem Interview am Petersplatz: ein junger Mönch aus Bayern, der sich recht abfällig über diese Begräbnisschau geäussert hat. Er hat gesagt, er fasst es nicht, dass jetzt auf einmal der Papst schon fünf Wunder vollbracht haben soll, und dass sie davon reden, ihn heilig zu sprechen, dabei ist er noch nicht mal unter der Erde. Und dass er das als eher unwürdig empfindet, diese Medienmacherei, und dass er das  für übertrieben und nicht christlich empfindet sondern als Medienwahnsinn und Hysterie, das hat er klar insinuiert.
Und dann hat er gesagt, er hat sich die ganze Zeit gedacht: oje, das Wetter trübt ein, hoffentlich fängt es nicht an zu regnen, dann sagen alle sofort "Der Himmel muss weinen".
Und dann habe ich weitergezappt. Um sofort drauf  im nächsten Kanal zu hören "In den späten Abendstunden fing es an zu regnen, als ob der Himmel weinen müsste..."


Wenn der Papst ein bissel offenener zu Frauen gewesen wäre, dann hätte auch Dein Bonner Mönch sich nciht getraut, sich so zu benehmen - auch wenn er anderer Meinung gewesen wäre, er hätte es nicht so geäussert. Und wie viele gute Christen, die in Frauen und Schwulendingen nicht so denken wie der Papst haben sich NICHT oder nicht vehement dazu geäussert, weil der Papst nicht ihrer Meinung war?

Dorian

#34
ZitatEr war ein Priester, und er hat mich auf diesem Platz öffentlich exkommuniziert

Geht das so einfach? So ohne Anhörung und schriftlichen Beschluß? Darf er das nach dem Kirchenrecht?

Nase

Vor ein paar Tagen hatte ich ein interessantes Erlebnis in unserer (katholischen Privat-)schule.

Anlässlich des Papsttodes wurden natürlich schwarze Fahnen aufgehängt und überall überdimensionale Bilder hingestellt.

Donnerstag gab es dann den Trauergottesdienst. Und weil ich in unserer Schule ja viel mache mit Theater und Kabarett und so, bin ich immer der Erste, der dazu gezwungen wird irgendwas vorzulesen. Diesmal war es eine Fürbitte für den Papst, aber eine, die mir recht sympathisch war: Ich sollte Gott darum bitten, ihm seine Sünden zu verzeihen.

Beim Vorlesen kam ich dann aber nicht umhin, den Text etwas anzureichern, und zwar mit der Erweiterung "..sowie seine Versäumnisse in der katholischen Kirche." worauf der Saal im Trott antwortete: "Herr wir bitten dich."

Ich dachte nachher, das Detail wäre unbemerkt geblieben. Aber der Pfarrer möchte sich jetzt "gerne mit mir unterhalten" und unser kommunistischer Bibliothekar hat mir die Hand geschüttelt  ;D
Was ich aber schlimmer fand: Es kamen tatsächlich einige Schüler zu mir, die das "sehr unangebracht" fanden.
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Bastian

Hehe, also WAR es angebracht. Das gefällt mir!

Hättest du den Text auf dem Zettelchen nicht ergänzt, dann würden ihm möglicherweise seine Versäumnisse in der katholischen Kirche NICHT verziehen! Da kann der Pfarrer doch stolz auf dich sein, dass du so geistesgegenwärtig gewesen bist.

Wir sollten früher auch immer vorgegebene Fürbitten von kleinen Zettelchen ablesen. (Die Zettelchen sahen irgendwie genauso aus, wíe diese kleinen, die auch in den Glückskeksen stecken.) Ich glaub ich war so acht oder neun, als ich das auch mal machen sollte. Ich hab dann auch etwas völlig anderes erzählt, vonn Robbenbabies und Pelzmänteln. ;D Also du kannst dich quasi auf eine heroische Tradition berufen...

Sandra

ZitatHehe, also WAR es angebracht. Das gefällt mir!

Kann mich nur vollinhaltlich anschliessen. Und das ist noch dazu nachgerade heldenhaft, heutzutage, Rückgrat zu zeigen! Ich gratuliere und bin (völlig unberechtigterweise, denn ich kann ja nix dafür ) stolz auf Dich. Auf jeden Fall bin ich stolz,  Menschen wie Dich zu kennen - und beruhigend ist es auch.

Wenn der Maxel Dich anquatscht - allein das Warten bei Groer und Krenn sind definitiv VERSÄUMNISSE, die er begangen hat...

Maexl

#38
wos is, wenn ich ihn anquatsch ???

Bastian

#39
Sandra differenziert da sehr differenziert  ::):

"der Maxel" = der Pfarrer (...der sich mit Nase unterhalten will)

"der Maexl" = Du


Zitat"..sowie seine Versäumnisse in der katholischen Kirche." worauf der Saal im Trott antwortete: "Herr wir bitten dich."
Da muss der Pfarrer sich wohl mit ALL seinen Schäfchen unterhalten... Unterschrieben ist unterschrieben. Hach, das freut mich immer noch, Nase!

Sandra

#40
Ja, sorry, Maexl. Bei mir sind nicht alle verwandt, die ich "Tante" nenne, und nicht alle DU, die ich "Maxel" nenne.
Das sind so Hilfsausdrücke für "Irgendwer", jeweils männlich oder weiblich.

Würde mich doch niemals  dazu versteigen, Dich so zu nennen. Mäxling, das ja. Aber Maxel - nein.

Dagmar

ZitatGeht das so einfach? So ohne Anhörung und schriftlichen Beschluß? Darf er das nach dem Kirchenrecht?

Ja geht - spricht ja auch für sich!

@Flo: Super gemacht und sehr geistesgegenwärtig und richtig obendrein!
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

Zitat:
worauf der Saal im Trott antwortete: "Herr wir bitten dich."
Das ist schön. Manche von den "Schäfchen" haben deine Bitte wahrscheinlich nicht wahrgenommen. Macht nix - sie haben darauf nicht mit: "Welche Versäumnisse?" reagiert.
Flo, super! Erzähl dem Pfaffen doch mal ein Bissel von unserem Forum und davon, was wir dazu sagen. Ich bin auch stolz auf dich.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

@Dagmar: Das heisst aber auch, dass man das mit dem Exkommunizieren überhaupt nicht ernst nehmen kann, wenn quasi jeder jeden exkommunizieren kann, dann kannst DU den auch exkommunizieren, oder? Muss der das dann auch nciht irgendwo eintragen, damit andere auch wissen, dass Du exkommuniziert bist. Wem und wie kommuniziert er Deine Exkommunizierung?
Oder gilt das eher wie "nach dem Gespräch" - Ex-Komunikation? ;D ::)

Überhaupt: gräm Dich nicht -  vielleicht wirst Du ja auch in der kleinigkeit von ein paar hundert Jahren wieder rehabilitiert, wie der Galileo. ;D

Dagmar

#44
Nee, das ist eben auch so ein Ding: Es kann NICHT jeder jeden exkommunizieren, sondern nur Geistliche können exkommunizieren. Ich kann das nicht. Ich kann das behaupten, dass ich das tue, aber zaubertechnisch betrachtet, bewegt das nix. Das muss auch nirgendwo eingetragen werden. Es reicht, dass ein Pope sagt: Du bist ab sofort exkommuniziert, weil Du so böse bist. Dann ist das "vor Gott" so. Also Fazit: Ein Machtinstrument, um Dir Angst einzujagen. Wenn Dich einer exkommuniziert, dann ist das so ziemlich das Schlimmste, was der an Fluch über Dich bringen kann. Weil: Du kannst dann zwar Sonntags in der Kirche mit zur Kommunion gehen, aber Du allein WEISST ja, dass Du es eigentlich nicht mehr darfst. Und allein dadurch, dass Du es trotzdem tust, reitest Du Dich noch tiefer rein. Denn dass darfst Du schon gar nicht (exkommuniziert zur Kommunion gehen).

Ich finde das zwischenzeitlich superalbern und habe ja oben schon geschrieben: Im Kern basiert das Ganze darauf, dass an mein Gewissen appelliert wird. Okay, wenn ich das mal ernst nehme, dann bin ich am Ende nur MEINEM Gewissen verpflichtet. Und so habe ich das dann damals auch gesehen.

So tief getroffen war ich mehr darüber, dass jemand mir so einen bösen Fluch auf den Hals hetzt. Exkommuniziert meint nämlich, jemanden aus einer Gemeinschaft ausschließen und ausgrenzen. Exkommunizieren ist deshalb so ziemlich das letzte und allerschlimmste Mittel in der kath. Kirche. Und das hat mir jemand gesagt, bloß weil ich ein paar Unterschriften gegen die Frauenfeindlichkeit in dem Verein gesammelt habe.

Also entweder werde ich in ein paar hundert Jahren tatsächlich rehabilitiert oder aber, mich meckert dann einer an, weil ich nun widerrechtlich die ganzen Hostien gefuttert habe.  Dann kann ich ja immer noch anbieten, ein paar Neue zu backen  :-X Außerdem wird "mein Register" ohnehin schon superlang sein - was da alles schon drauf steht: Verhütet, mit Männen und Frauen gepennt, nie zur Beichte gegangen, den Papst und seine Mannen an den Pranger gestellt, und was weiß ich noch. Bis die dann mit Vorlesen fertig sind, bin ich schon wiedergeboren  ;)
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Sandra


kampmann

mein Gott, da ist ja in den wenigen Tagen zwischen meinen Internetsitzungen (ich habe hier nur eine langsame Modem-Verbindung und das meist nur abends ...) eine Menge zusammen gekommen!!

Ich bin nun Protestant, und die Dinge, die ich eben las, erschuettern mich doch ganz erheblich.  Irgendwie bin ich schon froh, bei dem anderen "Verein" zu sein. Und wenn ich aus der Heimat bei Hannover die Margot Kaesmann hoere bzw. lese, bin ich wegen ihrer klaren und oft sehr mutigen Worte immer wieder begeistert ...

Hier in Bolivien werde ich auch mit einigen Dingen konfrontiert, die viel mit Armut, "disegualidad" und Reichtum zu tun haben. Bis zum Wochenende war der UNO-Mensch Ocampo (aus Kolumbien, ein Wirtschaftsfachmann) hier. In der hiesigen Presse gab es ein recht ausfuehrliches Interview - ging ueber zwei riesige Zeitungsseiten. Er stellte Bolivien ein recht gutes Zeugnis aus, vor allem, was die Bereitschaft zur Demokratie betraefe. Ich kenne allerdings auch andere Stimmen, die von einer "Unregierbarkeit" dieses Landes sprechen. Wenn ich Zeit habe und Interesse besteht, will ich das - uebersetzt - gerne irgendwo hier bei Euch veroeffentlichen, aber die Uebersetzung ist eine Menge Arbeit, vielleicht kann mir jemand dabei helfen ....

Dann habe ich auch so nebenbei mitbekommen, dass unser bundesrepublikanischen BMZ (Bundesministerium fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit) ueber die GTZ (Gesellschaft fuer technische Zusammenarbeit) in der Vergangenheit (war das noch unter Kohl???) einige Projekte hier in Suedamerika - sehr teure!!! - initialisiert hat, nach ca. 4 Jahren Betreuung dann "abgegeben" hat - und dann versandete alles, teilweise aus Korruption der Einheimischen, teilweise aus Unfaehigkeit. Das Schaerfste ist hier in Bolivien ein Stahlwerk in der Gegend von Oruru (im Sueden). Das ist eine wahrhaftige Investitionsruine ... Wir sollten uns schaemen ...

Dabei ist dieses Land sehr reich an Bodenschaetzen: Zinn, Edelmetalle, Eisen und vor allem Gas und Erdoel!

Aber was machen diese korrupten Hanseln hier?

Sie geben den Petroleos (BP etc.) die ganzen Rechte fuer Exploration und Ausbeutung fuer fast umsonst, mit dem Ergebnis, dass die gesamte weitere Verarbeitung ("Veredelung")  nicht hier, sondern in Argentinien stattfindet. Das Benzin und Diesel wird dann reimportiert und hier verkauft (Preis: ca. 3,7 Bolivianos = 37 Eurocents pro Liter) ... Nur das als kleines Beispiel. Und das bringt die Leute natuerlich auf die Palme, allerdings ist der Fuehrer der Armen (ein gewisser Morales) nicht mit der groessten Intelligenz begabt (sagen die Gebildeten hier), aber die Aermsten der Armen laufen ihm nach. schwierige Situation.

Aber es gibt auch schoene Dinge: ich habe mich selten so europaeisch wohlgefuehlt in der Welt wie hier, obwohl es hier in La Paz nur so von Indígenas wimmelt, mit ihren bunten Tragesaecken auf der Schulter etc. Wirklich sehr angenehm, allerdings sind die meisten hier natuerlich serh, sehr arm. Der allgemeine Lebensstandard liegt irgendwo zwischen 5 und 10 % des unsrigen .... Man wird sehr nachdenklich ... Woher allerdings dieses Wohlgefuehl kommt, vermag ich nicht zu sagen, aber es ist einfach so..

An Ostern war ich am Titicaca-See mit der Isla del Sol. Ein Erlebnis der besonderen Art, fast mystisch ...

Bis bald mal wieder ...

Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Bastian

Das liest sich sehr interessant, was du schreibst, Kampmann. Scheint als gingst du in deiner Aufgabe auf. Natürlich wär auch der Artikel interessant, nur leider kann ich kein Spanisch  :(. Aber, viele Grüße nach Südamerika!

Dagmar

#48
Von mir auch viele viele liebe Grüße nach Südafrika  :-*
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Sandra

Und von dort aus dann stille Post, und dann fragen wir, was bei Kampmann angekommen ist ;D