Bleibt heute mehr an der Oberfläche?

Begonnen von Sandra, 10. Juli 2003, 18:37:19

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Sandra

Ich habe den Eindruck, dass seit ungefähr 10,15 Jahren ein allgemeiner Trend zu beobachten ist, Dinge nur an ihrer Oberfläche zu behandeln.
(Vielleicht mit einer der Gründe, warum  eher die lustigen und schwarz-humorigen Kreisler-Chansons am Leben bleiben, als die, die konkrete Fragen aufwerfen, oder die so richtig zum Nachdenken anregen?)
Also, zum Beispiel:
a.) bei der Irak-Diskussion ging es vorrangig um "Krieg oder kein Krieg?" oder "Hat er nun Massenvernichtungswaffen oder nicht?"
b.) bei der Israel-Palästinenser Debatte vertieft sich kaum ein Kommentator in die Geschichte des Disputs, es geht immer nur darum, wer vor zwei Tagen geschossen hat - man versucht auch nciht Hintergründe aufzudecken - wer wen warum wie indoktriniert - oder die cui bono Frage zu stellen.
c.) Musikgruppen, die Hits landen, die leicht kritisch gefärbt sind, wird von den Kritikern "total tiefe Aussagekraft" bescheinigt, auch wenn sie nur leicht wasweissich den Konsumismus ansprechen...
Ich habe das Gefühl, dass man sich doch noch vor gar nciht allzulanger Zeit viel eingehender mit aktuellen Themen befasst hat, heute kommt mir vor, dass auch nur Hintergründe anzudeuten schon dazu führt, dass jeder sich entnervt abwendet.
In Amerika endet das schon in totaler Schwarzweiss-Malerei, aber bei uns ist das auch nciht mehr so weit weg, fürchte ich.
Man ist zu ungeduldig, man ist so überfrachtet mit Infos, dass man nicht mehr bereit ist, sich nur einige wenige Inhalte rauszupicken und die dafür genau zu untersuchen, sondern lieber von allem weiss, dafür aber nur wenig. Nämlich: nicht nur "die breite Masse" sondern ganz allgemein, auch die sogenannten Intellektuellen.

freek

Also,

ich denke, dass man sich schon auf mehreren Gebieten auskennen sollte. Weil, was willst du machen, wenn du z.B. Georg Kreisler in und auswendig kennst, mir auf Anhib alles über ihn erzälen könntest, und dafür null Ahnung von Politik hast????
Is doch auch scheiße. Besser n bisschen Politik und n bisschen Kreisler, oder??


Und natürlich muss man sich irgendwann zwischen den Sachen entscheiden. Aber erst bei ca.20-30.
Weil es ab da dann wirklich unübersichtlich wird..

mfg

freek

Lanie

Ein netter Alkholiker hat mir einmal gesagt:

"Früher war alles besser, und heute ist es nicht.
  Doch geändert hat sich nichts, außer die Farbe vom Gesicht."


Ich möchte damit nicht meinen das ich gegen eure Meinung. Manchmal denke ich, die Medien versuchen die Menschen umzubilden. Langsam, stetig und unauffällig.

Martin

#3
Was ich immer wieder von Leuten gehört hab, die ein bisschen älter sind als ich, ist, dass es ab einem gewissen Alter immer schwieriger wird bei allen Dingen auf dem Laufenden zu bleiben. Wirklich gut und auf dem neuesten Stand ist man folglich nur, bei Dingen die einen interessieren, oder die beruflich wichtig sind. Wenn man wenig Zeit hat, ist es sicherlich verständlich, sich nicht eingehender mit einem Thema wie Politik zu beschäftigen, wenn es einen nicht wirklich interessiert. Obwohl das natürlich bei diesem Thema ein großer Fehler ist. Einer meiner Lehrer hat uns gegen Ende unserer Schullaufbahn immer wieder (in etwa folgendes) gesagt:
ZitatIhr könnt ziemlich alles vergessen, was ihr in den acht Jahren gelernt habt..., nur am Ende dieses Jahres bekommt ihr einen Wisch, wo draufsteht "Maturazeugnis". Am Ende der achten Klasse werdet ihr auf die Menschheit losgelassen und da solltet ihr zumindest eine Ahnung von Politik haben und wissen warum ihr eure Kreuzchen auf die Wahlzettel setzt. Es ist völlig egal was man wählt, man sollte nur wissen warum..."
Politik ist sicher ein Thema, bei dem dieser Trend (des Mehr-an-der-Oberfläche-Bleibens) sehr bedenklich ist, leider ist er in diesem Bereich mit am stärksten zu erkennen.

Lanie

Haben die Menschen einfach nicht mehr genug Zeit oder sind sie betäubt von Massenmedienoverkill?
Haben andere Menschen genau das geplanet
Plant man den Menschen zu verdummen, war es schon immer so, oder passiert es ohne Grund?

Sandra

Sprach der Kaiser zum Kardinal: "Halte Du sie dumm, ich halte sie arm" ... uralter Spruch.

Andrea

Meine persönliche Erfahrung:
In Zeiten, in denen ich viel gearbeitet habe und eine Arbeit getan habe, die von außen bestimmt war, hatte ich das Gefühl, alles um mich herum ist oberflächlich geworden. Ich habe mich selbst in solchen Zeiten fast oberflächlich gefühlt, obwohl ich denke, dass ich versuche, es nicht zu sein. Dann hatte ich noch Schwierigkeiten mit den Menschen, mit denen ich gearbeitet habe, und die Freizeit verbrachte ich damit, zu VERarbeiten. In solchen Phasen fühle ich mich wie durch den Fleischwolf gedreht und spüre - wie soll ich sagen - die Maschinerie, in die ich durch den Job eingebunden bin.  Und vieles, was ich mir vorgenommen hatte, konnte ich in solchen Phasen nicht einmal denken, geschweige denn tun.
In Zeiten, in denen ich selbstbestimmt lebe, in Zeiten, in denen ich mich mit mir, meiner Musik, meinen Freunden, den Aussagen von Menschen beschäftigen kann, merke ich, alles wird tiefer und intensiver, und ich bin glücklicher. Ich habe Zeit, genauer zu beobachten, mir über die Beobachtungen Gedanken zu machen, mehr niveauvolle Gespräche zu führen... Und in solchen Zeiten empfinde ich mich und mein Umfeld nicht oberflächlich. Ich nehme viel mehr wahr, und ich kann angemessener reagiern und dem, was um mich herum passiert gerecht werden.
Ich denke, dass der Zeitfaktor eine ganz wesendliche Rolle dafür spielt, ob man das Gefühl hat, dass alles an der Oberfläche bleibt, oder nicht.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Das ist eine ziemlich kluge Sichtweise, danke Dir!!
Die Menschen werden wohl immer mehr in diese Tretmühle geschmissen, und sie haben auch keine Wahl, sie müssen schon aus Kraftgründen oberflächlicher werden - weil man sich ja heutzutage garnichtmehr beschränken DARF - man MUSS von so vielem ein bissel was wissen. Man kann nciht sagen - ich bin zu müde, ich interessiere mich eben nur noch für DAS eine - und so muss man von allem nur ein bissel kratzen, damit man wenigstens halbwegs noch in der Welt steht... Und so hat man werder Zeit noch Kraft, sich auf andere menschen, andere Gefühle, andere Inhalte so richtig einzulassen.
Das ist sicher einer der Vorteile von künstlerischen Berufen, oder freiberuflicher Arbeit - schon von Berufs wegen lässt man sich mehr ein, auf wenigstens einige Dinge....

Bassmeister

genau! Aber es ist auch ein wenig eine Frage des Menschen selbst - es gibt welche, die können sich sehr schnell sehr weit auf ihr Gegenüber einlassen, sich einfühlen.  Intuitiv und ohne drüber nachzudenken. Anderen gelingt es nicht so gut , aber sie bemühen sich sehr und mehr oder weniger erfolgreich. Und einige können oder wollen es gar nicht, die wirken dann eher oberflächlich. Und die meisten durchlaufen wohl während ihrer Lebenszeit alle drei Stadien.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

Wobei es mir ja eher nicht ausschliesslich darum ging, dass man sich auf MENSCHEN nicht mehr so einlässt - das scheint mir relativ leicht erklärbar. Aber auch alle Informationen, oder der Blick auf Zeitströmungen, Bücher, Diskussionen - alles wird nur so schnell gestreift, niemand überlegt sich WIRKLICH etwas - also, selten jedenfalls...

Andrea

Stimmt. So hab ich dich auch verstanden. Ich wollte nur noch einen Aspekt hinzufügen, der mit dem von dir angeführten Hand in Hand geht.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Dagmar

Ich erlebe den Zeitfaktor als etwas ganz Wesentliches dabei. Aber nicht nur. Es kommt noch etwas dazu, was ich am ehesten mit "Beschleunigung" beschreiben möchte: In einer relativen Zeit, die zur Verfügung steht, werden einzelne Aspekte in meinem Erleben immer schneller.

Ein simples Beispiel (dererlei es viele gäbe): Früher haste 'nen Brief geschrieben, das hat eine Stunde gedauert. Dann haste den zur Post getragen, das hat 30 Minuten gedauert. Dann haste gewartet und nach einer Woche eine Antwort im Briefkasten gehabt. Heute lese ich hier einen Beitrag, der in 5 Minuten vor 1 Stunde geschrieben wurde und antworte 1 Stunde später in 4 Minuten.

Ich erlebe die Zeit extrem viel dichter dadurch als z.B. vor zwanzig Jahren. Und dadurch beschleunigt sich auch meine Wahrnehmung (was ja - by the way - in Kindergehirnen eine neurophysiologisch nachgewiesene Anpassungsreaktion ist). Ich muß viel mehr in viel kürzerer Zeit in schnellerer Dynamik und höherem Tempo als früher wahrnehmen und verarbeiten.

Da ich kein Kindergehirn mehr habe, das sich da offensichtlich anpassen kann, geht das glaube ich zu Lasten der Tiefe - bei mir erlebe ich das jedenfalls so.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

Und trotz all diesem technischen Schnickschnack habe ich das Gefühl, ich brauche zu allem viel länger als andere. Z.B. dauert es, bis ich hier all die Links runtergescrallt bin, bis ich endlich zu den Antworten komme, die ich noch nicht gelesen habe, oder ich sccralle nach oben (ist jetzt nur ein Beispiel). Wenn ich mir im Internet eine Zeitschrift durchlesen möchte, dann muss ich mich dazu überwinden, denn es dauert soooo entsetzlich lange, bis die schreckliche Stimme... Und dann muss ich ja auch erst mal die Artikel raussuchen, die mich wirklich interessieren... Und gleichzeitig erlebe ich, wie schnell alle anderen Leute irgendwas erfassen und wie informiert sie sind. Oder bis ich mal alle Klamotten zusammen habe, die ich anziehen möchte, bis ich da draußen den richtigen Weg gefunden habe (wenn er unbekannt ist). Damit will ich sagen, dass ich das Gefühl habe, je schnelllebiger die Zeit wird, umso mehr läuft alles um mich herum in einer Affengeschwindigkeit ab, während ich eine Sache zuende bringe, machen andere mindestens 10 Sachen auf einmal. Da muss das Koordinationssystem erst mal mit und das Hirn sich sagen: Bleib entspannt! Du musst nicht alles so schnell machen und können wie andere.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Exakt! Was du auch vielleicht nicht so schnell mitkriegst ist, dass es gerade heute eine unglaubliche Qualität ist, wenn man sich trotz dem ganzen Druck um  einen herum einfach trotzdem die Zeit NIMMT, die man braucht.
Das ist eine Qualität, die sowohl Dir Nutzen bringt - weil Du dadurch alles etwas intensiver machen, erleben, bedenken etc kannst - als auch Deinen Mitmenschen: ich merke zum Beispiel, dass ich Anfangs mit Dir manchmal ungeduldig werde - und dann plötzlich erkenne, dass nur ich mir völlig blödsinnig Stress mache, und dass ich mir gut genauso die Ruhe gönnen könnte. Das tut dann unheimlich gut.
Es ist ähnlich wie beim Autofahren: Man presst sich wie der Wahnsinnige, wechselt Spuren, um schneller zu sein - und bei der nächsten Ampel steht man dann genau neben dem Radfahrer, den man vor Ewigkeiten schon überholt hat: Der war langsamer, aber stetig, schafft die gleiche Strecke in der gleichen Zeit und hat mehr von seiner Umgebung. Und genau diese Qualität bringst Du wieder in das Leben ein. Man merkt es nämlich nicht so leicht, dass man sich vom umgebenden Druck so sinnlos anstecken lässt.
      Ob Du jetzt wegen irgendwas mit irgendwem 8 mal in einer Stunde telefonierst, weil da doch noch was war, was man besprechen musste - oder ob Du den Menschen einfach in Ruhe eine Stunde auf einen Kaffee triffst, und da alles behirnst: Der Zeitaufwand ist derselbe - nur das Gefühl dabei ist ein anderes.

Andrea

Glaub nur ja nicht, dass ich mich nicht von diesem Druck anstecken lasse. Das genau hab ich im Job gemerkt, dass ich tue. Und irgendwann widersetzt sich was in mir, und ich werde iiimmer laaaangsaaamer. Ich werde, je mehr Druck die Kollegen machen, wegen irgendeiner Recherche, deren Antwort nicht meinetwegen noch nicht da ist, manchmlan angepisst, und dann werde ich erst recht super entspannt langsam und denke mir: Leckt mich. Das ist cool für mich, sobald ich erkannt habe, dass ich etwas, was nur bedingt in meiner Hand liegt, nicht lenken kann.
Ja, ja, wenn du mit mir ungeduldig wirst, das kenn ich schon, dann werde ich auch kurzfristig mit mir ungeduldig, aber irgendwann löst sich das auch wieder auf.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Bassmeister

Liebe Sandra, dieser Beitrag ist Balsam auf meine größte, schwärendste Wunde! Das macht mir echt Mut, daran weiter zu arbeiten, denn ich dachte bisher oft, ich mach da  was falsch. Ich bin nämlich so´n richtiger Chaos-Typ, der immer so rum wuselt und sich regelrecht zwingen muß, sich die Zeit zu nehmen, die er braucht. Aber das lohnt sich, echt! Und jetzt habe ich -Sandra sein Dank- endlich auch Argumente, das vor mir und der Welt zu rechtfertigen.
Ich konvertiere zu den Sandrinern! (siehe Religions-Thread)
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Sandra

Hehe. Und das wiederum ist Balsam auf MEINE Wunden - ich bin nämlich auch manchmal einfach zu schnell für mich selber... ::)

Andrea

Und ich bin mir oft wirklich viel zu langsam, obwohl Freunde behaupten, sooo langsam bin ich nicht, wie ich mich fühle. Ich mag schnelle Menschen. Ich mag keine hektischen Menschen, aber, Sandra, hektisch bist du nicht.  Du koordinierst, glaub ich, alles ziemlich gut und bist dadurch schnell. Ich kann auch ziemlich gut koordinieren, das geht am Schnellsten. Aber in praktischen Dingen bin ich eben langsam, und das treibt mich manchmal echt zur Weißglut.
Jetzt muss ich mal im Religions-Thread gucken, was es mit den Sandrinern auf sich hat.  :D
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Naja...
Ich habe das Glück und den Fluch, dass ich irre schnell denke. Man sieht beim Schreiben, was das mit mir macht: Ich denke die Worte schneller als ich sie schreibe und verwechsele ch ständig, verdrehe die Buchstaben - dabei tippe ich eh irre schnell.
Manchmal nehme ich automatisch so vieles gleichzeitig wahr, dass ich mich null zentrieren kann - daher liebe ich es auf der Bühne zu stehen - denn da MUSS ich mich auf eine Sache konzentrieren - also, eher: "nur" auf zwei: Text und Gefühl.
so schnell sein kann ziemlch fies enden - denn man ist überall zugleich und nirgends richtig. Dann übersieht man aber auch viel.
Ich habe mit Hilfe einer Pischologin studiert, wie ich langsamer werden kann. Hat auch geholfen, in vielem - aber eben: Es ist letztlich besser, wenn man sich nciht so leicht stressen lässt, und sich Zeit nimmt. Speed kills.

Sandra

irgendwer sollte mal wieder Ordnung in die Threads bringen, hihi, da sieht man's wieder: So'n ordentliches Gespräch kommt vom hundertsten in tausendste... :D

Andrea

Den Zusammenhang kann ich aber schon noch erkennen :-), denn wir haben damit versucht die Frage zu beantworten, ob Schnelligkeit (schnelles Denken usw.) oberflächlicher macht. Und: War nicht dein Satz gestern noch: Scheiß aufs Thema? Hihi!
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Dagmar

Da fällt der mir das Buch "Die Entdeckung der Langsamkeit" ein. Als ich's dann endlich gekauft hatte (ich ahnte schon beim Titel Böses), konnte ich's nicht aushalten, das zuende zu lesen. Ich mache auch immer alles gleichzeitig und hab' ewig 88 Baustellen parallel laufen. Das ist auch der Grund für mein Nudelsiebhirn - und zwar jetzt mal ohne Witz: Ich muß mir soviele Sachen merken, dass ich oft das Gefühl habe, alles fällt aus dem proppenvollen Kopf wieder raus.

Wenn ich mir Zeit für was nehme (apropos: @Sandra: Deinen Zeitsong finde ich genial! Ganz tolles Stück!), hab' ich durchaus alle Ruhe der Welt und bin mit anderen und mir sehr sehr ruhig und geduldig. Das kann ich auch genießen.

Wenn ich keine Zeit habe, oder meine, keine zu haben, macht mich Langsamkeit wahnsinnig. Wenn mein Mann am PC tippt ("wo ist das 'a' - ach ja da, und das 'c' - ach hier - wie kann ich denn jetzt löschen") muss ich rausgehen oder ich gehe hoch wie Rumpelstielzchen, was natürlich total daneben ist.

Ich hab' das einige Jahre sehr klasse gefunden, dass mein Leben wie eine Achterbahn verlief. In der letzten Zeit finde ich das nicht mehr so klasse. Ich habe deshalb einiges aus meinem Leben rausgeschmissen, damit es nicht mehr so voll ist - und genieße das und zahl' auch gerne den Preis dafür (z.B. weniger zu verdienen o.ä.).

Um auf das thread-Thema zurück zu kommen: Das kann ich für mich so regeln, wenn's mir gut tut. Der Welt um mich rum ist das allerdings piepegal. Die dreht sich im mörderischen Tempo und zwar im wahrsten Wortsinne. Ich war heute mit dem Auto in Düsseldorf - einmal hin und zurück. Ich bin ganz früh losgefahren, ganz gemütlich ohne Streß. Und was habe ich dabei erlebt:
- mehrere Lichtblinker hinter mir, die fanden, dass ich zu langsam bin
- einen Autofahrergruß, weil ich nicht schnell genug die Kreuzung geräumt habe
- einen beinahe-Unfall mitten in der Stadt, weil mich einer abgedrängt hat um eher an der Ampel zu stehen, woraufhin ich mich so erschrocken habe, dass ich das Lenkrad verrissen habe und eben beinahe gegen eine Laterne gefahren wäre.

Ich hab' manchmal einen kleinen Traum: Ich stell' mir vor, wie es wäre, wenn ich die ganze Welt anhalten könnte. Alles bleibt da, wo's gerade ist und STEHT. Nur ich nicht: Ich könnte endlich mal ganz gemütlich herum spazieren und mir alles ausführlich angucken.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

"Die Entdeckung der Langsamkeit" zu lesen nehme ich mir vor, seit es dieses Buch gibt - schon allein der Titel meint, er ist für mich geschaffen. Ich weiß nicht einmal mehr, worum's darin genau geht.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Ich sag's ja - Deutsche Autofahrer ::)...sag mal: woher hast Du denn den ZeiT. Song??

Andrea

Wenn mich nicht alles täuscht, haben wir ihn bei mir im Wohnzimmer gehört :-). Aber er hängt auch auf deiner Homepage.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das