Anti-Islamismus & Anti-Semitismus

Begonnen von Sandra, 03. Dezember 2003, 12:25:46

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Sandra

Mir fällt schon lange auf, dass seit 9/11 erstaunlicherweise der Antisemitismus mehr zu steigen scheint, als der Anti-islamismus. Heute lese ich in der online-Taz Folgendes:
Eine Studie der EU zeigt, dass Juden in Europa zunehmend von jungen Arabern bedroht werden. Das Papier wurde weggeschlossen. Das Problem bleibt
VON JAN FEDDERSEN
UND PHILIPP GESSLER
Israels Regierungschef Ariel Scharon war noch nie ein Freund sprachlicher Raffinessen: Zuerst warf er den Europäern pauschal einen "kollektiven Antisemitismus" vor. Und schob hinterher, dass Muslime Juden in Europa nach dem Leben trachteten: "Da die muslimische Präsenz in Europa immer stärker wird, bedroht dies sicherlich das Leben von Juden." Außerdem täten die EU-Regierungen nicht genug gegen Antisemitismus.

Zumindest diese letzte Kritik teilen israelische Friedensaktivisten, wahrlich keine Freunde des robusten Ministerpräsidenten. Immerhin: Auch die "Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" (EUMC) in Wien, eine Agentur der Europäischen Union, fand es schon im April 2002, so ihre Direktorin Beate Winkler, "äußerst beunruhigend", dass es in einigen Ländern der EU einen "steigenden Antisemitismus" gebe. Deshalb ließ das Institut in Mitgliedsländern der Europäischen Union Informationen sammeln, ob diese These stimme. Das Material - Beobachtungszeitraum zwei Monate - sollte nach einer Ausschreibung das renommierte Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin auswerten.

Die Berliner Wächter in Sachen Xenophobie und Antisemitismus erledigten ihren Job, wenngleich ihre durch die EUMC vorgegebene Datenbasis schmaler war, als es Wissenschaftlern lieb ist. Vor Jahresfrist waren sie fertig, seit Januar liegt ihr Bericht vor: Doch die EUMC schloss ihn in den Giftschrank. Weil die Ergebnisse nicht ins Bild passen?

Das jedenfalls wirft eine der Autoren der Studie, Juliane Wetzel, dem EUMC vor: Das Ergebnis ihrer Expertise, wonach nicht allein klassische Rechtsextrimisten Juden verfolgen, sondern "junge muslimische Zuwanderer" in Städten wie Paris und Amsterdam für die antisemitische Welle im Frühjahr vergangenen Jahres "vor allem" verantwortlich gewesen seien, dies habe den Wiener EU-Experten nicht ins Weltbild passen wollen. Wetzel hält die Nichtpublikation für eine "eine politische Entscheidung, um junge Muslime zu schützen". Mehr noch: Die EUMC scheint stark daran interessiert, eine Studie zu präsentieren, in der muslimische Migranten nicht als Täter auftauchen.

Einiges spricht tatsächlich dafür, dass die Berliner Wissenschaftler mit ihrem Urteil zur EUMC richtig liegen - wie auch Antirassismusexperten, Streetworker und Sicherheitsbehörden hinter vorgehaltener Hand einräumen: Dass die Wiener Institution immer wieder dazu neige, islamophobe Vorfälle in den EU-Mitgliedstaaten nach dem 11. September 2001 zu betonen.
Zumindest in der muslimischen Community in Deutschland wächst die Erkenntnis, dass da ein Problem allzu lange nicht gesehen wurde: Nach den jüngsten Anschlägen in Istanbul gedachte eine "Migrantische Initiative gegen Antisemitismus" in Berlin der Opfer in der Türkei. Der Initiator Deniz Yücel zur taz: "Wir stellen seit längerem fest, dass islamistisches und antisemitisches Gedankengut auch unter Einwanderern verbreitet ist." Auch wenn dies ein "skandalöser Zustand" sei, würde Yücel davon abraten, sich in muslimisch geprägten Stadtteilen als Jude zu erkennen zu geben. Der Hauptgrund für diesen Antisemitismus unter Muslimen sei die eigene Erfahrung der Ausgrenzung in Deutschland: "Es ist sehr einfach, sich die eigene Benachteiligung mit einer jüdischen Weltverschwörung zu erklären."

Eine erstaunliche Entwicklung: Sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust scheint es für Juden in Deutschland wieder No-go-Areas zu geben: einmal mehr avancieren Juden zu "Sündenböcken", wie es Juliane Wetzel sieht. Und Übergriffe muslimischer Migrantenkinder auf Juden in den vergangenen Jahren auch in Deutschland scheinen dieser Sichtweise Recht zu geben (siehe Kasten). Deniz Yücel kritisiert, dass auch manche Linke und Globalisierungskritiker das Problem bei Muslimen gern verdrängten: "Man toleriert Islamismus und Antisemitismus als Teil der kulturellen Identität" - wenn man nicht gar selbst antisemitische Ansichten habe. Verhüllt als Antizionismus.

Bastian

Schlimm ist auch, dass vielen erst beim zweiten oder dritten Sündenbock auffält, dass...

Sandra

Mal jetzt ganz abgesehen vom Antisemitismus (für den ich - vielleicht aus naheliegenden Gründen - NULL Begündung finden kann) - beim anti-Islamismus meine ich, dass es auch wesentlich ist, IM ISLAM selbst mit einer Diskussion anzufangen, mit dem Ziel, die Religion zu reformieren.
Im Grunde kann man die beiden Anti-ismen ja nicht vergleichen, denn bei dem Einen ist es vorwiegend rassisch motiviert, bei dem anderen unabhängig von Herkunft rein religiös motiviert. Soll heissen: ein zum Judentum übergetretener hat sicherlich weniger mit Ressentiments zu kämpfen als ein zum Islam übergetretener.
Aber der Islam ist - so viel ich darüber gelesen habe - eine Religion, die in ihrem Selbstverständnis bisher viel zu wenig Möglichkeiten für ein "mit der Zeit gehen" beinhaltet,  was dazu führt, dass die überwiegende Mehrheit der Muslime eher fundamentalistisch geprägt ist - im Gegensatz dazu ist sowohl im Christentum als auch im Judentum der radikale, orthodoxe  Zugang die Minderheit.
In dem Zusammenhang möchte ich ein Buch wärmstens empfehlen: V.S, Naipaul (Nobelpreisträger aus der Karibik) "Eine islamische Reise". Liest sich noch dazu enorm spannend!

Ich habe den Eindruck, dass es vorwiegend zwei Faktoren sind, die in meinen Augen den Islam (nicht als religion, als strömung!) zu einer tatsächlichen Gefahr werden lassen: Der eine Faktor ist natürlich, wie überall, die mangelnde Bildung seiner Proponenten, die auch daraus resultierende Armut und der immense Mangel an Perspektiven für die eigene Lebensplanung - und die engen Netze, die in genau dieser Situation dazu führen, dass die erste WIRKLICHE Hilfeleistung, die diese Menschen bekommen, von Organisationen der Mullahs ist.

Der zweite Faktor liegt in meinen Augen aber auch in der Religion selbst begraben. (Nicht notwendiger Weise im KORAN, aber in dessen mehrheitlicher Auslegung durch die Religionsführer!!!)
Denn ein wesentlicher Teil des islamischen (oder islamistischen) Selbstverständisses ist eine diffuse Mischung aus :"Benützt die Produkte und Erzeugnisse der westlichen Länder für Eure Zwecke - ihr selbst aber lebet ausserhalb dieser Logik nur für Allah" Also: Demokratie, umfassende Bildung in anderen Dingen als Religion werden abgelehnt als "Teufelswerk", die Hierarchisierung und der Tagesablauf sind in einer Weise geregelt, dass ein produktives  Zu- und Mit-tun mit der ausser-islamischen Gesellschaft unmöglich ist - und  aber man darf sich sehr wohl der Segnungen der westlichen Welt bedienen, der Waffen, der Propaganda, der technischen Erzeugnisse.

Enorm viele Muslime gehen in den Westen, um zu studieren, mit dem Einzigen Ziel, das dabei erworbene Wissen GEGEN den Westen einzusetzen. Die Frauenbehandlung trägt sicherlich auch zur radikalisierung der Gesellschaft bei, weil das kalmierende Element mundtot gemacht wird. Und die Heilsbringende Lehre: Wenn Du GEGEN die Ungläubigen bist, wenn du NUR dem alten Glauben treu bleibst, nur dann kannst du Heil finden.
also: Je mehr man zur vordekomratischen Gesellschaft zurückkehrt, desto näher ist man Gott, und was immer Du an Schlechtem erfährst, es ist NUR, weil Du noch nicht genug die modernistische Welt verlassen hast.

Das ist aber eine Glaubensform, die gerade diejenigen anspricht, die keine Perspektive haben - sie müssen letztlich nur NOCH MEHR so ungebildet und abgeschlossen leben, um glücklich zu sein - jedes "Unglück" wird auf einen Aussenfeind geschoben: Islamisch sein, - in der Mullah-Ausformung, wohlgemerkt! - heisst: dagegen sein, einsperren, wegsperren, ausmerzen, um Frieden zu finden. Das beisst sich naturgemäss mit der gesamten restlichen Welt, denn SO eingesperrt, dass man auch kein Fernsehen, keinen abgepackten Orangensaft, kein Auto hat, will man ja auch nciht sein...
Dazu kommt auch eine Geschichts-schreibung, die in ihrer Scheuklappigkeit umwerfend ist. Geschichte zu studieren heisst im Islam, die alten super-religiösen Denker zu ehren und zu heiligen. Punkt.

Das heisst, ich meine, man muss im Islam selbst eingreifen, auch als nicht-Muslim, um die reformistischen Denker zu unterstützen, die den Koran der Zeit und dem heutigen Wissenstand anpassen wollen - weg vom Kopftuch, weg vom ausschliesslich rituellen Waschen - um nur zwei Beispiele zu nennen, die in zb der jüdischen Religion bei der überwiegenden Mehrheit schon längst passiert sind - wir haben bei den Orthodoxen ja auch eine Art "Kopftuch", den sogenannten Scheitel - aber wer hat das heute schon.

Sonst habe ich die Angst, dass - gerade WEIL die Religion  in ihrer derzeitigen mehrheitlichen Ausprägung für perspektivelose junge Menschen so ansprechend ist, durch den Schutzfaktor vor eigenen Fehlern - wirklich eine Bedrohung werden kann.
Denn es ist inzwischen eine wissenschaftlich bewiesene Binse, dass die Radikalität, die Kriegsbereitschaft, die Gewalt gerade in jenen Gesellschaften enorm ansteigt, wo die Perspektivelosigkeit gegeben ist, die Aufstiegsmöglichkeiten fehlen, wo viele junge Männer keine oder zu wenig Möglichkeiten haben, ihren Karrieredruck (in welcher Ausprägung auch immer) zu verwirklichen.

So sehr ich nicht gedacht hätte, das je zu sagen: im Bereich des orthodoxen Islam ist Toleranz, fürchte ich, nicht der richtige Weg.

Guntram

Ich glaube der Weg vieler muslimischer Führer zu fundamentalistischen Ansicht hat auch mit der Angst zu tun, das die eigene Kultur durch westliche Einflüsse zerstört wird.

Vielleicht wird auch westliche, demokratische Kultur mit Christentum gleichgesetzt, was eigentlich falsch ist.

Die christlichen Kirchen habe zwar im Westen noch jede Menge Einfluß (erstaunlicherweise gerade in den USA), aber theoretisch sind Staat und Kirche getrennt.

Das persönliche Leben kann jeder der will, ohne Befolgung von religiösen Regeln leben.

Vor der Aufklärung sah das anders aus. Das Mittelalter ist ein düsters Kapitel, was unsere Kultur, insbesondere Bildung und Wissenschaft,  betrifft.

Aber gerade in dieser Zeit haben wir es dem Islam zu verdanken das er das Wissen der Antike für uns herübergerettet hat. Die Wissenschaft hatte in dieser Zeit im Islam eine unglaubliche Blüte. Unsere Ziffern sind schließlich arabischen Ursprungs. Auch was die Toleranz angeht hat uns der Islam da einges vorgemacht. Betrachtet man das islamische Spanien, so lebten dort Muslime, Juden und Christen friedlich nebeneinander.

Verfolgung Andergläubiger setzte dort erst mit der christlichen Inquisition nach der Rückeroberung ein.

Wenn behauptet wird der Islam sei eine tolerante Religion so glaube ich das. Genauso wie das Christentum  eine von Nächstenliebe geprägte Religion ist. Das Problem ist nur das beide von religiösen Führern, die einseitig gewisse Aspekte betonen, für ihre Zweck und zur Machtausübung missbraucht werden.

Das wichtigste Mittel dagegen ist Bildung und Erziehung. Beides benötigt man um sich eine eigene Meinung bilden zu können und um nicht nach dem Willen von irgendwelchen falschen Meinungsmachern zu tanzen.

Noch eins zu Antisemitismus und Kritik an Israel. Es ist nahezu unmöglich Israel zu kritisieren und nicht gleich als Antisemit dazustehen. Hier muß endlich eine Trennung in den Köpfen stattfinden. Den an welche Gott jemand glaubt oder nicht ist dessen Privatangelegenheit.

Die Äußerungen Scharons halte ich für kalkuliert und die Antisemitismuskarte wird von im immer bei Bedarf ausgespielt. Auf die Gefahr hin, das es vielleicht irgendwann keinen mehr Interessiert und dann wird es gefährlich, denn dann kann der Antisemitismus erst richtig aufblühen. Scharon baut sich hier als kompromißloser Hardliner auf um Stärke zu demonstrieren (wie ein Hahn der sich aufplustert), um den Gegner einzuschüchtern.

Hier am Rande: Crustschow hat einmal in der UN-Vollversammlung mit seinem Schuh auf den Tisch getrommelt. Ab da galt er als unberechenbar. Was bei Verhandlungen zwischen den USA und der UdSSR Vorteile brachte, denn mit einem unberechenbaren Partner verhandelt man anders. Keinem fiel damals auf, daß alle Russen ihre Schuhe an hatte. Der Ausraster war geplant und der Schuh war zusätzlich mitgebracht worden. (siehe "Chruschtschows dritter Schuh" von Heinz-Georg Macioszek)

Deshalb ist es eigentlich unmöglich zu sagen wieviel von Scharons Aussagen Kalkül.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Sandra

Ich finde, du hast völlig Recht. Und ich glaube auch, dass praktisch alles, was Sharon tut, ziemlich genau geplant ist - aber das ändert nichts daran, dass sein Gedankengut offenbar von Selbstherrlichkeit geprägt ist.
Zu einem Teil, möchte ich sagen, denn ich kann schon auch gut verstehen, dass einem in Israel mit den Palästinensern die Geduld reisst. Man hat (ich weiss es, ich war immer wieder dort) jahrelang alles möglcihe versucht, um die dort ansässigen Palästinenser zu unterstützen, in Bildung, Wohnen, Arbeit - natürlich, das ist nicht leicht, und es gab immer auch Ressentiments in Bevölkerungsschichten - wie das ja überall so ist.
Aber wenn man neue Bauten hingestellt hat, wo die Armen umsonst oder ungemein billig leben konnten - haben sie die Klos rausgerissen, verkauft, und auf die Strasse geschissen. Und sie haben sich über Jahre immer "lieber" von ihren - wie du richtig schreibst: machtmissbrauchenden - Führern indoktrinieren lassen. Es gab IMMER Angst in Israel, und wenn ein ganzes Volk über Jahre schon einen Kaffeehausbesuch als mutige Tat begreifen MUSS - dann reisst eben irgendwann die Geduld, auch wenn das nicht der richtige Weg ist.

Ich glaube auch nicht, dass es in letzter Konsequenz die Angst der religiösen Führer ist, die eigene Kultur zu verlieren - es ist die Angst, die MACHT über "ihr" Volk zu verlieren, die religiöse führer antreibt.
Religion arbeitet immer mit der Angst vor dem Tod; vor Bestrafung von einem göttlichen Wesen; mit der Angst, alleine da zu stehen - als Einzelnes Wesen. Deshalb ist Aufklärung und bildung die grösste Gefahr für Religionen (und deren Führer) - weil man genau diese Ängste verliert, bzw anders bearbeitet.
Kultur ist letztlich etwas wandelbares, muss es sein. Aber Führer haben per definitionem Angst vor Veränderung - weil das ja auch die Veränderung der Führungspersonen mit sich führt.
Es geht um Macht-erhalt, wie in der Politik, nur viel stärker weil umfassender und weniger leicht greif- und kontrollierbar.
Es sind die Einzelpersonen, die man fürchten muss - obwohl es die Masse ist, die die Gefährdung konkret macht.

Bastian

#5
Wenn es um eine EU- Studie zum Thema "Muslime und Juden in Europa" geht, darf man den Dritten im Bunde nicht vergessen: Europa. Seit ich denken kann, werden in Schulen und auf Verkehrsinseln Plakate angebracht, auf denen zur Toleranz aufgerufen wird. Toleranz gegenüber Ausländern, Toleranz gegenüber anderen Religionen, Toleranz Schwarzen, Schwulen oder Schweizern gegenüber, Toleranz hier, Toleranz dort. Und jeder, der dieses Wort in eine Diskussion einbringt, ist auf der guten Seite.

Aber was bedeutet Toleranz? Laut Duden, der sich i.Zw. für maßgeblich hält, bedeutet T. nur Duldsamkeit bzw. Nachsichtigkeit, beide wahrlich kein Zeichen einer echten eigenen Haltung oder gar von Akzeptanz. Man soll also z.B. Ausländer ertragen, Juden aushalten, Muslime dulden, oder Schwulen und Lesben gegenüber nachsichtig sein..., sie können ja allesamt nichts dafür. Akzeptieren, und sie in ihrem Wesen annehmen braucht man sie dabei nicht. Sie sind halt da, sind irgendwie anders, aber sich mit ihnen auseinanderzusetzen oder sie zu kritisieren ist nicht notwendig.

Vielleicht braucht man sie ja irgendwann...

Und da kommt, was ich oben, zugegebenermaßen etwas verkürzt, zu sagen versucht habe. Wir haben in Europa ein paar taugliche Herden von Sündenböcken und -Ziegen, je nach Bedarf. Hinzu kommt, dass man denjenigen, den man vorgeblich noch ein Weilchen länger tolerieren will, nicht beeinflussen darf. Dann ginge ja der Grund zur Toleranz verloren und somit der gesamte Bock. Das Tier braucht Futter.

Also spricht man nicht auf der Straße mit einem Juden über dessen Glauben, man schaut einem Schwarzen nicht ins Gesicht (denn da sitzt ja der Unterschied, und bestimmt weiß er das!), man blickt der Frau mit dem Kopftuch noch verächtlicher hinterher, als es ihr eigener Mann tut, über Schwule und Lesben schmunzelt man, weil man das für albern und egal hält. Es fehlt die ehrliche Auseinandersetzung.

Ich möchte nicht missverstanden werden. Toleranz ist wahrscheinlich der letzte Ausweg vor dem Knall, und somit bestimmt etwas, naja, Rechtschaffenes. Aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten. Mein Eindruck ist der, dass der Dialog fehlt, dazu muss man den Gegenüber wirklich für den der er ist akzeptieren: Wenn man hier nicht Jahrhunderte lang so getan hätte, als wären die Juden jemand anderes, dann könnte man sie heute kritisieren, ohne als Antisemit missverstanden zu werden. Wenn man die hier lebenden Muslime nicht ständig als Invasoren einer anderen Welt betrachtet hätte, sondern als Nachbarn, die sie ja seit Jahrunderten sind, dann bräuchte man keine verlogene Toleranz, sondern dürfte sich als Nachbar das Recht nehmen, angehört zu werden.

Man dürfte sich dann auch einmischen in Angelegenheiten, die keine Inneren Angeleg. Israels mehr sind, sondern Unsere. Man dürfte auch laut brüllen, dass dieser gottverdammte pseudoreligiöse Bruderkrieg zwischen Sem und Ham, zwischen Isaak und Ismail in Wahrheit die größte Gotteslästerung ist!

Auch hier in Europa

(Bumm mit Schuh auf Monitor!)

bis bald,
Bastian

Sandra

#6
Naja, das stimmt schon, aber akzeptanz ist auch ein grosser Schritt, den Du da in vielen Fällen verlangst, und vor allem: das kann keine Einbahnstrasse sein.  Soll heissen, die Akzeptanz, die ich Menschen aus anderen Kulturen entgegenbringe, auch wenn es mehr Toleranz ist, als tatsächliches akzeptieren - die muss mir und meiner Kultur auch entgegengebracht werden. Und es funktioniert auch nicht so ohne weiteres. Man darf nicht vergessen, dass die Akzeptanz, die du berechtigterweise einforderst, auch ein gerüttelt Mass an Bildung und Offenheit und Selbstsicherheit verlangt!

Nimm mal die Kopftuchdiskussion. Musliminnen, die ihr Kopftuch freiwillig tragen ( ich kenne zB eine Deutsche, die hat mit 30 angefangen, eines zu tragen, weil SIE sich dafür entschied)  verstehen nciht, oder wollen nicht verstehen, dass die meisten Europäerinnen es auch als ein symbol für die Unterdrückung der Frau sehen, und die Vorbildfunktion zB bei lehrerinnen mit Kopftuch nicht akzeptieren wollen. Irgendwie sind beide Seiten zu verstehen  (WENN das Kopftuch tatsächlich selbstbestimmt getragen wird, was meiner Erfahrung nach in der Minderheit der fälle zutrifft, oft ist es eine nur glaubliche Selbstbestimmung, einfach weil kulturell bedingt)
Anyway - ich denke, das gerade in diesem Fall erst ein komplettes Abschaffen des Kopftuchs ein Tragen ermöglichen kann, wenn ihr versteht was ich meine. Erst wenn es nicht mehr so symbolbeladen ist, kann man wieder anfangen, sich FREI dafür oder dagegen zu entscheiden.
Das gilt meine ich bei sehr vielen dieser kulturellen Unterschiede, bei vielen der Rassismen, Anti-Irgendwas-men: sie müssten erst mal nicht so behaftet mit Geschichte sein, wenn man sie wirklch wertfrei diskutieren will - das geht natürlich nciht. Und deshalb ist alles immer eine Gratwanderung. Nimm zB den Antisemitismus: erst, wenn der Antisemitismus völlig fraglos abgeschafft ist (kann natürlich nie sein) kann man auch in Deutschland ganz normal Juden für etwas, das sie tun, kritisieren, sonst gerät es immer irgendwem in die falsche Kehle. (Und zwar sowohl dass es fälschlich von der Antisemitismus-Keule zerschlagen wird, als auch, dass es bei wirklichen Antisemiten auf offene Ohren stösst!)
Das ist die Krux bei der Sache: Es geht nicht nur darum, etwas zu sagen, man muss immer auch bedenken, wer es wie hören kann. Ich finde das beileibe nicht gut, aber ich fürchte, man muss es einberechnen, wenn man in eine öffentliche diskussion eingreift.

Ich finde auch, dass dieses ToleranzBlaBla bei weitem zu kurz greift, aber irgendwo muss man doch anfangen, oder?
Der kleinste gemeinsame Nenner ist nicht grossartig, aber zumindest relativ sicher....
Und ich glaube schon, dass es - gerade in Diskussionen, die öffentlich von "prominenten" geführt werden,  absolut legitim ist, zu verlangen, dass sie sich bewusst sind, wer alles ihren Diskussionsbeitrag hören  kann und vor allem wie er auch misszuverstehen sein könnte. Wir sind nicht alle auf dem gleichen Stand des Wissens, wir sind nicht alle grundsätzlich menschenfreundlich, wir sind nicht alle grundsätzlich wohlmeinend - das muss man auch bedenken. ich glaube, wenn man jetzt hausnummer in der "Zeit" eine diskussion führt, kann man sie anders führen als in der Bild oder im Fernsehen - aber auch das ist keine Garantie, dass der Diskussionsbeitrag nicht von den "falschen Seiten" aufgeschnappt und instrumentalisiert wird.
Und so gesehen ist es schon nicht unwichtig, wenn man immer wieder von Toleranz spricht. Erst mal tolerieren, und dann hoff'ma, dass es eine eingehendere Beschäftigung mit dem Thema geben wird, geben muss...
Wir schaffen es ja noch nicht mal toleranz durchzusetzen, wie soll man da Verständnis, akzeptanz, offene Auseinandersetzung ohne Angst und vorurteile durchsetzen?

Übrigens: kennt man in deutschland den Ausdruck "Hausnummer" in diesem Zusammenhang? Soll heissen: irgendein wahlloses Beispiel

Sandra

#7
Ich glaube, das passt am besten in diesen Thread:

ist eigentlich irgendjemand aufgefallen, dass Israel bereits innerhalb von 3 stunden nach dem Tsunami (!!) 150 gut ausgebildete Ärzte, katastrophengeübte psychologen und unzählbare Hilfskräfte in die betroffenen gebiete gesandt hat, (bis heute die höchste Zahl an Hilfskräften & Ärzten von ALLEN Ländern, das nur nebenbei.) Dazu noch etliche tonnen als Hilfslieferungen?
und ist irgendjemandem aufgefallen, dass die muslimischen Länder - zu denen ja auch ziemlich viele ziemlich reiche Ölstaaten gehören, eine Woche nach dem Tsunami gemeinsam 10 Millionen Dollar zugesagt (bisher noch nichts gelieftert) haben. (Saudi arabien gibt 150 Millionen dollar für die Familien der Selbstmordattentäter aus)und ist irgendjemandem aufgefallen, dass das schon eher antisemitisch ist, dass das in KEINEM deutschsprachigen Medium erwähnung gefunden hat?
Vielleicht könnte sich anhand solcher Meldungen ja mancher denken, die israelis sind doch nicht die bösen und die palästinenser die guten, oder? Da schreibt man lieber nix darüber....

(Übrigens hat Sri Lanka den Israelischen Hilfskräften VERWEIGERT, in's Land zu kommen, um ihren armen muslimischen Bürgern zu helfen. Die Hilfslieferungen haben sie aber angenommen. - und inwzischen lese ich dass der Vatikan Israel beschuldigt, Sri Lanka Hilfe verweigert zu haben - obwohl genau das Gegenteil mehrfach belegt ist)

Sandra

und gerade lese ich, dass Sri lanka zu den grössten waffenkunden von Israel zählt.
Ich weiss nicht, ich weiss nicht - diese Welt ist so meschugge.

Sandra

#9
Was ist? Ist das spurlos an Euch vorübergegangen? Mich regt das noch immer auf:
Zitatdass Israel bereits innerhalb von 3 stunden nach dem Tsunami (!!) 150 gut ausgebildete Ärzte, katastrophengeübte psychologen und unzählbare Hilfskräfte in die betroffenen gebiete gesandt hat, (bis heute die höchste Zahl an Hilfskräften & Ärzten von ALLEN Ländern, das nur nebenbei.) Dazu noch etliche tonnen als Hilfslieferungen
(es waren, habe ich erfahren, 80 tonnen, und zwar innerhalb EINES TAGES nach der Katastrophe. Und kein einziges deutsches Medium hat darüber berichtet.
Dafür schreiben alle, wie sehr "christen, moslems und buddhisten" zusammenhalten - und man liest ziemlcih wenig darüber, dass Indonesien jetzt den Hilfskräften ein Ausreiseultimatum stellt, oder dass die ölfördernden Ländern  praktisch NIX spenden. (Saudi Arabien 10 millionen dollar - im Vergleich: an die Familien der Selbstmordattentäter gingen von S.A 150 Millionen)

Das einfach nicht zu berichten doch bitte antisemitismus pur - oder nicht?

Andrea

Stimmt natürlich.
Nur: In mir hatte das, was du da geschrieben hast, erst mal einen Eindruck hinterlassen, dem ich nichts hinzufügen konnte.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Bastian

#11
Mir scheint, im Verhalten einiger arabischen Nationen steckt eine gehörige Portion Trotz, der ihnen vermutlich noch Kopfschmerzen bereiten wird. In der "arabischen Welt" wird offenbar argumentiert: "Die "restliche Welt" hilft uns in unseren Krisen nicht: im Irak schaut sie weg, in Palästina schaut sie weg..." Dass sie selbst zum Teil ihre Brüder missbrauchen ("Palästina") und wegschauen, sehen sie nicht. Und hier im Westen wird die Flut und die Hilfe als eine weltumspannende Aktion gesehen, vielmehr: Ich hab den Eindruck, man WILL sie so sehen. Und am liebsten will man die bestehenden Konflikte damit schlicht nivellieren. Darum schwärmt man von dem Engagement einiger arabischer Nationen, in der verkrampften Hoffnung, dass schon die bloße Schwärmerei uns wieder friedlicher zusammenbringt. Auch wenn diese enormen Unterschiede aufzeigen, dass wir von "One World" noch immer sehr weit entfernt sind.

Sandra

Ich weiss nicht, ich weiss nciht. Ich finde, es ist einfach borniert, wenn sie erst irgendwie alle davon reden, wie mit den "armen Muslimen" umgegangen wird - und wenn dann ihren "Brüdern" Scheisse passiert, interessiert es sie nicht.
Dazu kommt noch, ich finde es unfassbar, dass die Ceylonesische regierung sich nciht entblödet, die Israelische Hilfe einfach abzulehnen - ihre eigenen Leute sind ihne offenbar nicht so wichtig wie ihre Dogmen gegen "die Juden".
Auch dass Indonesien jetzt den Amis ein Ausreiseultimatum stellt - haben die nicht bitte im Moment andere Sorgen? In Sri Lanka fangen sie auch schon wieder an, einander auf den Schädel zu kloppen, anstatt sich um ihre Ärmsten zu kümmern.

Vor einiger Zeit habe ich noch gesagt: man kann Islam nicht mit Islamismus gleichsetzen - aber wenn ich mir das alles so anschaue, dann kriege ich schon einen ziemlich nivellierenden Hass auf die Typen.

Bassmeister

Hmmm - ich glaube, in Israel mag man uns auch nicht besonders.

http://www.n-tv.de/5478278.html
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

#14
jaja. Die Israelis sind natürlich sehr vernünftig. Solange sie dieses Holocaust -Geschichte in ihrer Landesgeschichte als vorrangig bezeichnen, haben sie die Möglichkeit, jegliche Kritik an ihrer Staatsführung als antisemitismus abzutun.
Da gehts um die gedankliche Verknüpfung eines ganz normalen Staates mit Dingen, die ihn eben NICHT als ganz normalen Staat zeigen. Israel ist inzwischen ein Staat, ein nationalstaat. So wie Irak oder Frankreich oder so. Müsste man kritisieren wie jeden anderen Staat. Durch diese Verknüpfung mit einer Vergangenheit, VOR der Geschichte des Staates, (und zugegebenermassen zusammenhängend mit der Gründung des Staates, aber auch nciht mehr), erreichen sie, dass sie anders kritisiert und gesehen werden, als andere Staaten in der gleichen Situation gesehen würden.
Gscheit.
hat aber auch jede Menge Nachteile.
Zum Beispiel ist es für die Juden, die NICHT in Israel leben, genau das, was sie am wenigsten brauchen.Und ausserdem führt das dazu, dass über den nahostkonflikt etwa dreissig mal mehr in den Medien der Welt berichtet wird, als über andere vergleichbare Konflikte - ja mehr noch: Auch wesentlcih grössere und geopolitisch wichtigere Konflikte werden weniger beachtet. Wen man sich überlegt, wieviel Tote es in Israel seit seiner Gründung gab, und wieviel tote zB  in Tschetschenien, allein seit Beginn des Konfliktes dort - nämlcih in Tschetschenien viel viel mehr!! - und dann vergleicht, worüber die Welt sich mehr "aufregt".....
Das alles sind unter anderem Folgen der sowohl von Israel als auch von anderen Ländern vorgenommenen Verknüpfung von Israel mit "allen Juden auf der Welt".
Aber letzlich ist das so, wie wenn ich alle katholiken auf der Welt mit dem verknüpfe, was der Vatikan tut.

kampmann

Sendung WestART im WDR:

habe selten eine so intelligent gemachte und intelligente Sendung gesehen. Um Klassen besser als z.B. Christiansen, sehr diszipliniert trotz eines hoch brisanten Themas.

Toll. Ich habe die Sendung aufgenommen und werde sie sicher noch ein paar mal ansehen, bevor ich hier zu diesem Thema weiterposte.

Aber zu Sandra: für mich Premiere - Sandra Live im TV.  Sehr eindrucksvoll, von der Gestik, der Stimme - aber eins habe ich vermisst: Deine Bissigkeit!! Ansonsten - Toll!!!

Und: Wir Deutschen sollten wirklich lockerer werden - a la Seligmann ...
 
sicher ein Ansatz...
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Sandra

 ;D Meine bissigkeit.... *ggg*
Das Problem - von 'Basti schon angesprochen: so RICHTIG interessant wurde die Diskussion erst, da war sie eigentlich schon vorbei - und vorher gab es keinen Grund für meine Bissigkeit. (Im Übrigen war ich nciht unbissig: Rafi: "Männer sind auch eine Minderheit" - Sandra:"Mit Recht")
Das ist halt das problem bei derlei Sendungen: am anfang sagt jeder Allgemeinplätze, damit man mal anfangen kann, zu diskutieren. Und DANN geht's los - aber: dann ist die Sendezeit vorbei.
wir waren gerade durch die (für uns) absolut faden Allgemeinpunkte durch und an dem Punkt, auch manchen deutschen Juden und vor allem Israel "Schuldpunkte" am Antisemitismus (oder an der "ungleichbehandlung" besser gesagt) zuzugestehen (und DAS ist doch bitte SEHR kontroviersiell - und kann leicht missverstanden werden - da wäre es richtig nett hoch her gegangen) und schwupps - was die Sendung um....

Aber dass ich den Seligmann kennenlernen durfte, hat mich sehr gefreut. Ich mochte ihn sehr.

Dagmar

Das mit der Nichtwahrnehmbarkeit von Bissigkeit war aus meiner Wahrnehmung absolut super!  ;) :) ;)

Schade fand ich allerdings auch, dass die Sendung zuende war, als es anfing interessant im Diskussionsverlauf zu werden. In den Öffentlich-rechtlichen haben sie halt hier immer die Panik, dass es so zugeht wie bei den Kommerziellen (jeder hackt gleichzeitig auf jeden ein und alles schreit durcheinander). Diese Sorge ist eigentlich unnötig aus meiner Sicht. Kürzere Einspieler und mehr Diskussionszeit würde ich der Sendung generell auch empfehlen.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Sandra

Noch was hat mich geärgert: (und damit wären wir wieder beim thread-Thema) ich habe als Beispiel in der Sendung angegeben, dass auf dem Flughafen "Willkommen" in allen möglichen Sprachen, "portugiesisch und wasweissich" steht, aber nciht auf Hebräisch. Und Seligman hat mit Recht gesagt, Portugiesisch sprechen aber auch mehr. Und mir ist in meinem Wahn nicht "holländisch" oder sonst irgendeine Sprache eingefallen, die eben weniger Menschen sprechen, und die auch dort steht - ebensowenig ist mir eingefallen, dass zB in Zürich die Flughafen-Ansagen sehr wohl auf Hebräisch sind - weil nun mal Israelis auch sehr häufig Touristen sind... Das hat mich geärgert, dass aufgrund meiner Langsamkeit ein Argument entkräftet wurde, das ich nach wie vor für stichhaltig halte.

Bastian

#19
Naja, sogar die Niederlande haben etwa drei. bis vier mal so viele Einwohner wie Israel (15- 20 Mio zu ca. 5-6 Mio). Und dann kommen noch einige Belgier dazu, die zumindest glauben, holländisch zu sprechen. Ich denke was die Bevölkerungsstärke angeht, sind mit Israel innerhalb Europas höchstens Dänemark, Finnland und der deutschsprachige Teil der Schweiz vergleichbar. Äh, und Schweizerdeutsch wird als deutscher Dialekt angesehen. Also bleiben Dänisch und Finnisch, die tatsächlich- wenn man dieser Logik folgt- "überproportional" oft angeschrieben sind. Dann kann man noch denken, Finnland und Dänemark sind europäische Staaten, also gibt es wohl eine EU- interne Übereinkunft, die Finnen und Dänen trotzdem zu grüßen.

Also muss man nach aussereuropäischen Staaten suchen, die eine vergleichbare Bevölkerungszahl mit einer eigenen Sprache haben. Das sind z.B. Ruanda, Burundi, Haiti, Georgien... usw, und Togo. Und bei einigen von ihnen gelten Französisch oder Englisch als Amtssprache, also werden sie vermutlich auf französisch  oder Englisch begrüßt, und nicht unbedingt in der Sprache der Einwohner.

Tja, so sieht das aus, wenn man diese Logik anwendet. Auch wenn ich sie nicht teile. Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass man Israelis NICHT auf Hebräisch oder gar Aramäisch begrüßen soll. Im Gegenteil, ich sehe keinen Grund es nicht zu tun. Aber ich finde es auf der anderen Seite übertrieben und sogar auch etwas gefährlich, dies schon als "Antisemitismus" zu bezeichnen, denn Hebräisch ist bestimmt nicht die einzige Sprache die fehlt. Denk an all die Afrikanischen Sprachen, die wir nicht kennen. Dort gibt es viel größere Sprachgruppen, die am Begrüßungsschild überhaupt nicht vorkommen. Ich empfinde es im Übrigen auch nicht als antihelvetisch, dass ich nicht auf Rätoromanisch begrüßt werde. Gefährlich finde ich den Vorwurf aus dem folgenden Grund: Wie sagte Seligmann gestern? "Wenn man zu oft schreit: der Wolf kommt, der Wolf kommt, dann kommt einem niemand mehr zur Hilfe, wenns tatsächlich der Fall ist." Nicht dass ich es rechtfertige, dass Hebräisch nicht aufgeführt wird, ich versuche nur es in Relation zu setzen zu all den anderen Sprachen, die ebenfalls (unberechtigt) fehlen.

Um mein Engagement zu beweisen, mache ich einen noch weitergehenden Vorschlag zum Begrüßungstext:

*räusper*

Zitat"Oj! Lechajim, frummer Reyser. Wundersheyn, du bis do!

(Gepak is bleterweys oysgekumen an andere Ende von Floyghafen. Wird dort gegn Bordkarte aroysgegebn.)"

( :-* Bite antshuldikt meyn mesjoggenes Yiddish.  :-[)


Maexl

habe mir die sendung gestern früh angesehen...

also was mir auch aufgefallen ist:
um mich bis 4:00 Uhr wach zu halten hab ich die NDR-Talkrunde vorher gesehen.... tolle sache
Der Herr Dietl hat sich in den 2 Stunden meinen außergewöhnlichen Respekt verdient. Nicht nur weil er dem ollen Herrn Wulf einiges kontra gab sondern weil er einen erstrebenswerten Stil gepaart mit der meiner Meinung nach richtigen Überzeugung zu für das Leben wichtigen Dingen hat. Wenn jemand das auch gesehen hat weiß derjenige bestimmt, was ich meine.

jetzt zur Sendung...
klar, Basti und Dagmar waren ab und an zu sehen, Sandra sowieso...
neue Erkentnisse danach: von diesem Seligmann werde ich mir wohl mal ein Buch kaufen.
Der hat mir sehr imponiert....
er hatte ja wohl mitunter auch die meiste Redezeit, wenn es mir auch so vorkam, dass alle andächtig seinen Worten lauschen wohlweislich, welche Prägnanz und Wichtigkeit diese Worte haben.
was sandra betraf waren es wieder die alten fragen:
- jüdische chansons
- vater - tochter
mit nat. klar auf das Judentum bezogenen auskünften
(PS: deine Wohnung gefällt mir außergewöhnlich gut, is das Wien oder berlin? - so altbau hatte schon immer was sehr eigenes)

Sandra

@ Maexl: Altbau. Das Gesindehaus vom nebenstehenden palais. Und es war nur ein kleiner Teil der Wohnung, sie ist riiiiiiiiiesig. In Berlin, indes, haben wir ein winziges Kellerloch. Und Ganev singt so schön, im Fernsehen, gell?

@Basti:
Weisst du, es fällt dann auf, wenn sie in Kloten sehr wohl auf hebräisch die Ansagen (!) machen. Und man muss nur gucken, welche Länder sie haben, und welche nicht - da ist schon eine klare Abstufung zu sehen.
Ausserdem:
Es ist nicht "schlimm" - Aber es ist auch so, dass ziemlcih viele Israelis (und ex-deutsche) nach Deutschland kommen, und irgendwie wäre es einfach eine geste, die unterlassen wurde - und zwar nicht aus missgünstigkeit, sondern aus unachtsamkeit.
Ähnlich, zum Beispiel: In den USA ist es ganz normal, dass Weihnachtsschmuck auf Hotels oder grossen Kaufhäusern auch einen Davistern oder eine Channukkia hat, oder dass sie merry christmas UND happy holidays schreiben - für die anderen. Das ist hierzulande praktisch nie zu sehen - höchstens auf SEHR internationalen Hotelketten. ein Jahr hatten sie es in Wien auf dem Hilton - im nächsten Jahr dann nciht mehr, warum weiss ich nicht.
Das ist einfach alles so 'ne Kleinigkeit, im einzelnen - aber alles zusammen trägt es dazu bei, dass das Jüdische einfach nciht NORMAL ist.