(Text) Das klassische Gedicht

Begonnen von Dorian, 10. September 2004, 17:02:23

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Dorian

Das klassische Gedicht

Georg Kreisler

(LP Topsy Küppers/Georg Kreisler: "Anders als die anderen", 1969)


GK: Meine Damen und Herren, an dieser Stelle unserer Fernsehsendung wollte ich Ihnen ein aktuelles Chanson bringen, dieses ist aber mittlerweile von den Ereignissen überrollt worden und ich habe nun fünf Minuten freie Zeit. Sie wissen ja, das eine Fernsehsendung nicht vor der Zeit und nicht nach der Zeit enden darf, ich werde Ihnen also zur Abwechslung in diesen fünf Minuten ein schönes klassisches Gedicht aufsagen. So etwas wollte ich im Fernsehen schon lange tun und jetzt ist die beste Gelegenheit dazu.

Meine Damen und Herren: Der Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.

TK: Herr Kreisler?

GK: Ja, wer spricht mit mir, wo sind sie?

TK: Sie können mich nicht sehen, ich bin in der Tonkabine.

...

GK: Aber nein, na wie stellen Sie sich denn das vor? Ich will mich nicht auf Argumente mit Ihnen einlassen, mir fällt ein anderes Gedicht ein, in dem solche Schwierigkeiten vermieden werden, ja?

TK: Wie Sie meinen, Herr Kreisler.

GK: Danke schön.

TK: Wir wollen natürlich keinerlei Zensur auf Sie ausüben.

...

Zu Dyonis dem Lebensmittelhändler schlich
Damon, eine Tafel Schokolade im Gewande,
ihn schlugen die Häscher in Bande.

TK: Warum bitte?

GK: Ja, da haben Sie Recht. Das erste Mal, daß Sie Recht haben. Eine Tafel Schokolade ist kein Anreiz für einen Häscher, das sehe ich ein.
Ich werde das auch ändern....ihn ..

...

TK: Sehen Sie, Herr Kreisler. Das ist ein anständiges Gedicht. Sie müssen schließlich bedenken, daß Jugendliche vor dem Apparat sitzen. Ich verstehe gar nicht, warum Sie dieses Gedicht nicht gleich am Anfang gesagt haben. Wir wollen natürlich keinerlei Zensur auf Sieausüben. Aber wir haben unsere Gesetze und unsere Pflichten und wir können nicht dulden, daß die Verbrecherquote, die in unserem Land ohnehin schon ganz bedenkliche Folgen angenommen hat, durch ein mutwillig gesprochenes...


Nase

Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine