Heute Abend: Lola Blau

Begonnen von Alexander, 01. April 2005, 12:01:57

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Alexander

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Alexander

Die Produktion, die ich in Linz vor zwei Jahren gesehen habe, kommt im Juli nach Köln:

http://theater-im-bauturm.de/php/sommergaeste.php?menrep=137
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Andrea

Schade. An dem Tag kann ich nicht. Also am 14. bin ich zwar in Köln, kann nicht hin gehen, und ab dem 17. Juli bin ich in Kassel.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Volker2

Ein kleiner Reise-Tipp für Alexander:



LOLA BLAU im Krefelder "theater hintenlinks"

//www.theaterhintenlinks.de

Alexander

Zitat:
Ein kleiner Reise-Tipp für Alexander:

Grundsätzlich danke und natürlich interessant, aber ich bitte hier "Heute Abend: Lola Blau" nicht auf meine Reiseplanungen zu reduzieren, das ist einfach ein grandioses Werk von Georg Kreisler, das sich jede/r anschauen und anhören sollte, der es irgendwo in der Umgebung besuchen kann!
Wer eine CD greifbar hat (egal mit wem): Anspieltipp "Sie war liab" - für mich eines der besten Lieder von Georg Kreisler überhaupt (unter den vielen besten)!

Herzlicher Gruß
Alexander

PS: Ab Ende September gibt es auch eine Neuproduktion in Ingolstadt im Altstadttheater.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Burkhard Ihme

Ich hab grad statt "Lola und das Blaue vom Himmel. Eine Erinnerung" "Heute abend: Lola Blau und Nichtarische Arien" aus dem Henschelverlag bekommen. Umtausch dürfte schwierig sein (das Antifaquariat hat wahrscheinlich nur DDR-Literatur).
Falls kein Umtausch möglich: hat jemand Interese?

whoknows

#106
Sei froh. Das Buch ist ziemlich schlecht. ;) 8-)

Alexander

http://www.hoftheater-bergkirchen.de/Hoftheater-Bergkirchen/Lola.html

Lokale Produktionen wie diese kriegt man nur "durch Zufall" (meist zu spät) mit...

(Immerhin kann man sich anhand der Bilder einen Eindruck verschaffen...)
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

Cool - man kann sich bei jedem Bild genau denken, welches Lied grad dran ist. :)

Alexander

#109
EIN HÖCHSTMASS AN AUTHENTIZITÄT

,,Heute Abend: Lola Blau" von Georg Kreisler im ,,theater hintenlinks" (Krefeld), 25.8.2007

Der Pianist beginnt, rechts an der Seite hinter dem E-Piano versteckt, zu spielen. Aus einer überdimensionalen Hutschachtel steigt Lola Blau – ,,Im Theater ist was los", hier vorgezogen vor das Telefonat mit Onkel Paul. Lola erklärt uns danach, dass wir uns im Wien des Jahres 1938 befinden. Auf das Telefon wird verzichtet, Lola ,,telefoniert" ohne Armeinsatz ,,ins Publikum". Regisseur Peter Gutowski, der an sich auf der breiten Kleinbühne mit der üblichen ,,Requisitenlänge" arbeitet (interessant vor allem der Einsatz einiger Spiegel an der Wand hinten!), orientiert sich in der Folge, auch die Zuspielungen vom Band unterstreichen dies, an Topsy Küppers´ Aufnahme, in den Zwischentexten (bei denen die Hauptdarstellerin auch einige Nebenrollen spricht) teilweise bis zur Kopie der Nuancen des Sprachtonfalls. (Das fällt natürlich nur so einem Fachtrottel wie dem Schreiber auf.)

Im Grunde geht diese konservative, Küppers´ Originalaufnahme und Georg Kreislers Libretto sowie seinem Klavierauszug bis auf ganz marginale Abweichungen und Freiheiten ziemlich genau folgende Theaterarbeit ziemlich unter die Haut. Die politisch zunächst naive Lola muss über die Schweiz in die USA emigrieren, macht dort Showkarriere und kehrt nach Alkoholproblemen nach Wien zurück, wo sie als Kabarettistin weiter auftritt. Gesanglich ist Anuschka Gutowski ganz und gar keine Kopie von Topsy Küppers. Sie hat eine weit hellere Chansonstimme. Sehr behutsam, vielfach betont still, bewusst langsam sind die grandiosen Nummern von Kreisler aufbereitet. Das Publikum hat so die Möglichkeit, jede Aussage, jede Nuance wirklich aufzunehmen, in sich arbeiten zu lassen. Eine so auf die Aussage Wert legende Inszenierung erreicht genau deswegen eine besondere Intensität, erzeugt extreme Betroffenheit. Wirklich gut ist, dass Kreisler auch komödiantische Nummern eingebaut hat. Sonst wären diese fast zwei Stunden kaum zu verkraften. So geht das Stück Zeitgeschichte, gespiegelt am Beispiel einer Künstlerin, heftig unter die Haut, es lässt keinen kalt.

Der wegen einer Unterarmverletzung gehandicapt entschuldigte Pianist Oliver von Klot-Heydenfeldt hält gut durch und darf zwischendurch Scott Joplin spielen und sogar ,,Wien, Wien nur du allein" am Klavier singen. Leider (zumal in dieser sehr guten Aufführung) gibt es wieder einmal kein ,,Mäderle". (Dass der Wien-Teil aus ,,Sie war liab" gestrichen wurde, fiel im Raum wahrscheinlich auch nur dem Schreiber auf.) Als Shownummer sehen wir einen angedeuteten Striptease, allerdings erst nach dem Lied ,,Heut´ will ich mich besaufen". Übrigens ist bei dieser Inszenierung erst danach die Pause angesetzt. Herr Schmidts Worte an Lola werden auf deren Rückreise nach Europa nicht vom Band eingespielt – Lola liest sie als Brieftext. Zur Verstärkung beklemmender Momente spielt der Pianist am E-Piano einen unheimlich mitklingenden lang ausgehaltenen Ton. Am Ende, nach ,,Zu leise für mich" (der kabarettistische Mozart davor entfiel ebenfalls), sieht man, dass Lola alt und müde geworden ist. Sie rafft sich aber noch einmal auf und fragt vergeblich, einmal mehr, nach Leo. Ein sehr berührendes Ende eines auffallend genau nuancierten und doch künstlerisch hoch intensiven Theaterabends!

Wer so viele ,,Lola Blaus" gesehen hat wie der Schreiber, darf sich schon die Bemerkung erlauben: Wer ,,Heute Abend: Lola Blau" so kennen lernen möchte, wie es sich Georg Kreisler vorgestellt hat, wird in Krefeld (es gibt noch Vorstellungen mindestens bis 1.12.2007) ein besonders hohes Maß an Authentizität erleben.

www.theaterhintenlinks.de

,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

Ich hätt's lieber mit einem anderen Pianisten gesehen. ;) (Ok ich geb zu - das kann ausser Alexander niemand verstehen.)
Jedenfalls: klingt spannend - ich bin ja sowieso immer ein bissel verschnupft, wenn die Inszenierungen ZU anders sind - ich hab immer das Gefühl, da hat jemand dem Autor nicht vertraut. Dass die Wienteile wegfallen, kann ich verstehen: wenn man es nicht überdeutlich in Wien spielen lassen will, um auf die Allgemeingültigkeit hinzuweisen - ausserdem: auch in Krefeld können die nicht soo gut Wienerisch. Auch, dass das Mädele weggelassen wird (ohne "r" - sonst wär's wienerisch, nicht jiddisch) kann ich auch verstehen: man muss dafür einen Mann spielen - und ich hab bis jetzt nur sehr wenige Menschen gesehen, die ohne Peinlichkeit nicht nur einen Mann, sondern einen jiddischen Bocher spielen können. Ausserdem ist die Nummer nicht leicht: eine Gratwanderung zwischen traurig und lustig.

Alexander

Die Schreibung "Mäderle" habe ich von der Preiser Do-CD mit Topsy Küppers übernommen.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

Eecht? Da steht das so? Auf den GK-Platten nicht. Na, ist ja wurscht.

Alexander

#113
http://kotisivu.dnainternet.net/juheni/lolablau/index.htm

Hier eine "Lola Blau" aus Finnland. Unter "Kuvagalleria" gibt es Fotos.

Die nächsten Neuinszenierungen in Deutschland werden angekündigt in Ingolstadt (22.9.), Erfurt (28.9.) und Flensburg (1/2008).

Ingolstadt:
http://www.webchallenge.de/theater/

Erfurt:
http://www.theater-erfurt.de/

Flensburg:
http://www.sh-landestheater.de/

Und Ines Martinez (von der es ja auch eine "Lola Blau" CD gibt) versucht´s in der Provinz:

28.09.07
20.00
Alte Pfarr
88364 Wolfegg
www.wolfegg.de
07527 / 96 01-51

29.09.07
20.00
Seebachhalle
88371 Ebersbach-Musbach
www.ebersbach-musbach.de
07584 / 9 21 20

http://www.inesmartinez.de/lola.htm

Bis 1.12. noch am Spielplan: die hervorragende Produktion in Krefeld (Link siehe weiter oben).
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Alexander

SPANNENDE NEUDEUTUNG

Stella Fürsts CD-Aufnahme von ,,Heute Abend: Lola Blau"

1999/2000 spielte Stella Fürst Georg Kreislers ,,Heute Abend: Lola Blau" im Wiener Theater in der Drachengasse und im Rabenhof. Die selbst produzierte CD dazu wurde 1999 im Studio Christian Kolonovits aufgenommen und im Rabenhof im Umfeld der Vorstellungen verkauft.

Es ist im Gegensatz zur Originalaufnahme mit Topsy Küppers keine Hörspielfassung, Stella Fürst singt, am Klavier begleitet von Marcelo Onofri, vierzehn Lieder aus dem Musical. Diese Entscheidung reduziert das Dokument einerseits zur Erinnerung für diejenigen, die damals im Theater waren, andererseits zur Verselbständigung der Chansons außerhalb deren Position im Werk. Leider fehlt ,,Sie war liab", das ist schon sehr schade. Stella Fürst singt heller, höher und spitzer als Topsy Küppers, sie ist stimmlich eine deutlich jüngere Lola Blau. Ihr Bemühen um den richtigen Ausdruck für jedes Lied ist großartig, sie nimmt jede Nuance ernst und gibt ihr den passenden Tonfall.

Das Ereignis ist trotzdem nur zum kleineren Teil sie, denn die Aufnahme der Lieder macht der Pianist an ihrer Seite absolut einmalig. Onofri groovt und schwebt inspiriert und kreativ weiter denkend über Georg Kreislers Vorgaben, er schafft sie quasi neu aus dem Impetus seiner vitalen Musikalität am Klavier heraus. Die neuen Farben kommen auch bei den klug gewählten Rubatopassagen zum Vorteil, nicht stur an der Originalvorlage klebend, sondern das Werk neu erfühlend. Onofri spielt fast immer die Melodiestimme nicht mit, was Stella Fürst viel Freiraum gibt. Die beiden sind auch im Studio hörbar gut aufeinander eingespielt, ohne eine gewisse spontane Spannung vermissen zu lassen.

Nach ,,Im Theater ist was los" gibt es ,,Weder noch". Hier spannen die beiden einen schönen großen musikalischen Bogen. Bei der ,,Sympathie" genehmigt sich Onofri inspirierte Barmusiksoli als Zwischen- und Nachspiel. Dann sagt er Lola zu ,,Die Wahrheit vertragen sie nicht" an, er fragt im Lied auch ,,Und wenn er ein Lump ist?", und er pfeift auch schon mal die Melodie. Den Anfang von ,,Der zweitälteste Frauenberuf" inszenieren die beiden dialogisch. Deutlich hebt Stella Fürst im Lied ,,Sie ist ein herrliches Weib" das jüdische Sprachidiom hervor.

Am ausgefallensten ist ,,Sex is a wonderful habit". Das wurde mit Keyboardsounds aufgenommen, als sanfter Hip Hop eingespielt, als hätte sich Serge Gainsbourg dieser Nummer angenommen. Genial der ,,neue" Klavier-Subtext des Pianisten bei ,,Ich hab´ dich zu vergessen vergessen", verträumt-schwebend umschmeichelt das Klavier die hier sehr ausdrucksstarke Sängerin. Stella Fürsts ,,Frau Schmidt" kommt offenbar aus einer Simmeringer Hausmeisterwohnung, so lebt sie im ,,ordinär Wienerischen" auf. Nach dem ,,Vergessen"-Höhepunkt ist ,,Alte Tränen" der nächste. Wieder schaffen Stella Fürst und Marcelo Onofri eine ganz eigene Atmosphäre, um die Stimmung zu verdeutlichen. Die große ,,Herr Direktor"-Nummer verzichtet bei den Überleitungen auf das Klavier, Stella kann so den (bewusst unterwürfig sich anbiedernden) Dialog freier bringen. So wienerisch wie selten hört man hier (nach der Frau Schmidt) das Wiener Wäschermädel. Wer kreuz und quer durch Deutschland schon etliche Lola Blaus gesehen und gehört hat, die sich alle mehr oder weniger gut am Wienerischen versucht haben (was allerorten aber immer fast am besten beim Publikum ankam), hört diese Nummer ungewohnt ,,original". Noch einmal erzeugen die beiden große Intensität bei ihrer Aufnahme von ,,Wie kommt es", ehe sie ,,Zu leise für mich" nur eine flotte, dadurch fast beiläufig wirkende Fassung gestatten.

Insgesamt eine spannende Neudeutung, die Kreislers Vorlage sehr inspiriert deutet, sie aber dabei immer absolut ernst nimmt. Die CD ist wohl vergriffen, aber vielleicht gibt es eine Chance über Stella Fürsts Homepage http://stella-fuerst.com/ . Dort kann man unter ,,Media" auch Fotos aus der ,,Lola Blau" Produktion sehen.

Demnächst gibt es hier Anmerkungen zu Jutta Czurdas ,,Lola Blau"-Aufnahme.
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Alexander

#115
EINE DAME ALS LOLA BLAU

Georg Kreislers ,,Heute Abend: Lola Blau" mit Jutta Czurda auf CD



Die Produktion im Stadttheater Fürth (Regie: Werner Müller, Bühnenbild: Ruth Zadek) wurde ab 10.4.1999 gespielt. Es wird wohl eine ,,konservative, werkgetreue" Inszenierung gewesen sein. Man hört Radiomusik, Bahnhofsgeräusche, die für die 78 Minuten Spielzeit der CD (Stadttheater Fürth STF-03) verknappten Zwischentexte, zum Teil von zwei Männerstimmen geboten (Raimund Gensel, Sevan Minasian), und man hört vor allem die berührende Geschichte der jüdischen Künstlerin Lola Blau, die 1938 von Österreich über Basel in die USA emigrieren muss, dort Showkarriere macht und als resignierende, politisch bewusster gewordene Kabarettistin wieder in Wien landet.

Der Mitschnitt beginnt gleich mit ,,Im Theater ist was los". Am Klavier ist Thomas Fink ein hörbar hochkarätiger, routinierter Begleiter derartiger Produktionen. Er orientiert sich viel am Original, weiß aber mögliche sinnvolle Freiheiten sehr schön (und einfühlsam!) auszukosten. Die Frau Fini, die Lola Blau zum möglichst raschen Auszug aus der Pension Aida nötigt, wird hier weggelassen. Jutta Czurda ist eine echte Dame, auf jeden Fall stimmlich. Sie wäre auch (und ist es sicher) eine ideale Interpretin der großen Chansons der Damen Dietrich oder Leander, und es gibt von ihr (ebenfalls vom Stadttheater Fürth produziert) auch eine Brecht CD. Noch in Wien singt Lola ,,Sie war liab", in Basel dann ,,Sympathie", ,,Die Wahrheit vertragen sie nicht", ,,Weder noch" und ,,Wie kommt es", auf dem Schiff nach Amerika (in Herrn Bergers Monolog eingeflochten) ,,Der zweitälteste Frauenberuf", ,,Ich hab a Mädele" und ,,Sie ist ein herrliches Weib", in den USA (sehr bluesig) ,,Sex is a wonderful habit", ,,Der Herr ist mir fremd", als Shownummer ,,umnebelt mit Big Band im Hall ,,Love me", ,,Heut´ werd ich mich besaufen" und ,,Ich hab dich zu vergessen vergessen", und wieder zurück in Wien ,,Alte Tränen", die große Präsentationsnummer vor dem Theaterdirektor ,,Im Theater ist nichts los", als Kabarettnummer hier nachgereicht die ,,Frau Schmidt" sowie als langsam verklingendes Finale ,,Zu leise für mich".

Man hört, dass Jutta Czurda auf der Bühne ,,arbeitet", aber sie kann offenbar gut ,,tanzen", ohne dabei stimmliche Einbußen in Kauf nehmen zu müssen. Ein Profi durch und durch, vielleicht die stimmstärkste Lola zumindest der CD-Einspielungen, in der großen Tradition des deutschsprachigen, von Frauen gesungenen Chansons. Das an sich recht liebevoll gestaltete achtseitige Beiheft verschweigt allerdings Tamar Radzyner als Textdichterin von ,,Heut´ werd ich mich besaufen".
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

Die Stella habe ich damals in Wien gesehen - sie war wirklich sehr sehr gut, und auch der Pianist hat (vorwiegend stumm) mitgespielt und war mindestens genauso gut. Weniger gut gefiel mir, dass die Regie offenbar an einigen Stellen dem Stück nicht vertraut hat, und Dinge gestrichen hatte, die eigentlich extrem schön sind - so war zwar die kurze Reprise von "Sie war liab" (bei der Rückkehr)  drin, aber nicht das Original bei der Flucht - total doof. Keiner hat gewusst, was es soll. Da gab's ein paar Sachen, die mich gestört haben, in dieser Art, aber weil's schon so lange her ist, weiss ich nicht mehr genau was.

Alexander

Eine "Lola Blau" in der Schweiz (Premiere im November 2007):

http://kammerspiele.ch/seite.php?id=12
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Alexander

#118
Hier der Link zur Premierenkritik aus Ingolstadt:

http://www.augsburger-allgemeine.de/Home/Lokales/Neuburg/Uebersicht/Artikel,%22Lola-Blau%22-ist-erwacht_arid,1038862_regid,2_puid,2_pageid,4502.html

Ich werde die Vorstellung am 19.10. besuchen.
Auch im Donaukurier ist die Inszenierung sehr positiv besprochen.
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Alexander

EINE SOUVERÄNE LOLA BLAU



Ewa Teilmans spielte im August 2000 ihre Produktion von Georg Kreislers ,,Heute Abend: Lola Blau", die einige Jahre im Repertoirebetrieb aufgeführt wurde (siehe auch in diesem Thread), auf der Bühne der freien Waldorfschule in Münster zusammen mit dem Pianisten Wilhelm Rodenberg für CD ein (CD Musicom 010908). Es ist kein richtiger Livemitschnitt. Man hört Ewa Teilmans zwar ,,über die Bühne gehen" und Szenen von rechts oder links singen, es gibt aber keinen Applaus, keine Geräusche, nur hin und wieder wohl Rodenberg als zweite Stimme. Die stark am Original orientierten Zwischentexte sind auf CD-Länge gekürzt, die Monologe (Berger, Schmidt, Pförtner) kann man im Klappcover nachlesen. Die CD beginnt direkt mit Lolas Telefonat mit Onkel Paul. Statt der Frau Fini ist hier ein Herr Josef für die Pension Aida verantwortlich. An sich zeigen Teilmans und Rodenberg aber großen Respekt vor der Vorlage, Rodenberg spielt ziemlich genau, was im Klavierauszug steht, nimmt sich kaum Freiheiten. Es fehlen keine Musiknummern, auch das ,,Mädele" und Mozarts ,,Sonata facile" (,,Wo sind die Zeiten dahin") sind auf der CD enthalten. (Somit bietet Ewa Teilmans neben Topsy Küppers, was die Musik betrifft, den vollständigsten CD-Mitschnitt des Werks.) Als Shownummer wählt Ewa Teilmans Cole Porters ,,My heart belongs to daddy". Von Anfang an strahlt die Künstlerin (zu selbstverständliche?) Souveränität aus. Sie hat mit dem Pianisten genau alle Rubati einstudiert, damit man auch wirklich jede Nuance gut versteht. ,,Sex is a wonderful habit" singt sie mit einem ganz bewusst volkstümlich-deutschen Akzent. Die Aufnahme wirkt von den verfügbaren für mich am pädagogischsten.
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Alexander

LIZA MINNELLI IN DER PFARRSCHEUER

Ines Martinez als ,,Lola Blau" in Georg Kreislers Musical, Pfarrscheuer Ebersbach-Musbach, 29.9.2007

Man marschiert etwa 5 km vom Bahnhof Aulendorf nach Ebersbach-Musbach, bzw. man verläuft sich so wie der Schreiber am Weg und dankt dem Himmel ausnahmsweise für die eigene Klugheit, die Telefonnummer des einzigen Aulendorfer Taxiunternehmens und sogar das Handy mitgenommen zu haben, was das Ende der Wanderung in Ried und das überpünktliche Erscheinen bei der auf Ines Martinez´ Homepage angegebenen Seebachhalle ermöglicht. Doch dort ist alles dunkel, dort findet ganz sicher nicht in etwa 20 Minuten ,,Heute Abend: Lola Blau" von Georg Kreisler statt.

Im Gasthof nebenan erfahre ich, dass ,,Lola Blau" stattdessen 500 Meter weiter oben im Dorf, in der Pfarrscheuer, gegeben wird. Da passen etwa 70 Leute hinein, und die Bühne ist so winzig, dass sich Lola, umgeben von den notwendigen Requisiten wie Tisch, Koffer, Stuhl, Telefon, Kleiderständer, links braunes Pianino mit Pianist und rechts Regal mit Radio darauf, eigentlich nur im Stand bewegen kann. Hinten am schwarzen Vorhang hängt das Bild von Leo, das bald mit Lola auf die Reise gehen muss, doch zuvor begrüßt der Bürgermeister in diesem intimen ländlichen Rahmen auf Schwäbisch (für einen ,,g´scherten Weana" allemal eine Fremdsprache, ähnlich Schwyzerdytsch oder Plattdeutsch) das Publikum. Wir sind am Land, da wird unterschiedlichste Kultur geboten, und man wird vorgewarnt, ,,die heutige Kulturveranstaltung" werde ,,anspruchsvoll", aber auch unterhaltend.

Georg Kreislers Lola Blau muss 1938 von Wien aus in die Schweiz und dann in die USA emigrieren, um nach dem Krieg in Wien als Kabarettistin neu Fuß zu fassen. Ines Martinez hat diese für sie ideale Rolle auf dem Theaterschiff Heilbronn herausgebracht und bietet sie nun als Gastspielproduktion an. Die Nebenstimmen kommen vom Band, auch die Zuspielungen der Musik und der Hitler-Reden. Man hat nur teilweise auf das Material von Topsy Küppers´ Erstaufnahme zurückgegriffen, vielmehr eigenständig neu aufgenommen. Lola singt leicht verstärkt, was die Textdeutlichkeit wunderbar erhöht. Pianist Martin Giebel orientiert sich stark am Original-Klavierauszug, er ist routiniert und versiert, auf ihn kann sich die Künstlerin stets verlassen. Als Barpianist am Schiff spielt er ,,Ich hab dich zu vergessen vergessen".

Mir fiel bei dieser Lola Blau Liza Minnelli ein, nicht nur wegen der Perücke und wegen der wandlungsfähigen Stimme, nein, vor allem wegen der großartigen Entertainment-Qualitäten von Ines Martinez. Die Inszenierung folgt streng der Vorlage von Kreisler, hoch anzurechnen ist die Vollständigkeit – es wird keine Nummer ausgespart, auch das ,,Mäderle" nicht, auch nicht die Mozart-Verwortung ,,Wo sind die Zeiten dahin". Von Anfang an spielt Ines Martinez ihre Qualitäten als geborene Entertainerin aus, sie versucht nicht (wie andere Darstellerinnen), auch die Unsicherheit der jungen, naiven Lola Blau durchschimmern zu lassen,  bringt gleich die ersten flotteren Nummern wie ,,Im Theater ist was los" oder ,,Die Wahrheit vertragen sie nicht" als schmissige Shownummern, die beim Publikum auch sofort gut ankommen.

Überhaupt ist das Publikum sehr offen, ganz anders als das oft verschlafene, verhärmte Stadtpublikum. Jede Pointe wird dankbar belacht. Da verschwimmt die Grenze zum bitteren Ernst der Zeitsituation, in der das Stück spielt, allerdings manchmal bedenklich. An zwei Punkten zeigt sich das evident. Wenn Lola Blau nach der ,,Wahrheit" einige falsche Abgänge macht, applaudiert ihr das Publikum gerne mehrmals – in den vom Band eingeblendeten Bombenhagel hinein. Und wenn ganz am Ende Lola vom Portier in pseudo-wienerischem Tonfall erfährt, dass Leo als ,,Judensau" beschimpft wurde und sich daraus eine Schlägerei ergab, lachen auch Teile des Publikums. Da wird dem Schreiber innerlich kurz ganz eiskalt.

Ines Martinez ist eine tolle Loa Blau. Sie nimmt die winzige Bühne leicht, als wäre das selbstverständlich. Sie bringt als Shownummer ,,Mein lieber Herr" mit souveränem Showtalent. Sie wechselt bei der ,,Frau Schmidt" nur durch Brillenaufsetzen sehr amüsant von der Erzählerin zur Rolle. Und sie singt, obwohl vielfach recht flott unterwegs, wunderbar textdeutlich und ausdrucksstark. (Das lässt sich auch auf dem leider nur 40 Minuten, 12 Nummern – darunter ein Dialogtrack, nämlich Frau Finis Aufforderung, die Pension zu verlassen – beinhaltenden, vom Theaterschiff Heilbronn produzierten, mit dem gut groovenden Pianisten Michael Stauss eingespielten CD-Zusammenschnitt, erhältlich über Ines´ Homepage www.inesmartinez.de , wo man auch ein paar Fotos zur Produktion findet, überprüfen.) Grandios die letzte Nummer ,,Zu leise für mich", wenn sie sich abschminkt. Da wird aus der ,,deutschen Liza Minnelli", die die Perücke abnimmt, ein völlig anderer Mensch, da demaskiert sich die Kunst als Fassade, hinter der jemand ganz anderer zum Vorschein kommt.

Am Ende spricht wieder der Bürgermeister, es gibt Honig für die Lola und für den Pianisten, und weil Ines Martinez ihr vier Monate junges Baby dabei hat, gibt es auch Alete. Die Künstlerin bedankt sich beim Publikum: ,,Gestern in Wolfegg – das war nichts dagegen." Da hat sich der Schreiber offenbar alles in allem die richtige Vorstellung ausgesucht, und er freut sich auf die Nachtwanderung zurück nach Aulendorf, wo es noch ein Dorffest gibt und die Zeit damit kürzer wird bis zum ersten Zug nach Ulm, dann weiter mit lauter Oktoberfest-Wahnsinnigen in vollgestopften Zügen nach Augsburg und München...
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

whoknows

#121
Wow. Ich glaube, von allen Lolas, die Du hier beschrieben hast, ist das die, wo ich am liebsten dabei gewesen wäre! Die Sounds auf der HP dauern mir jetzt zu lange zum downloaden, aber von den Fotos her entspricht sie, scheint's, auch am Meisten dem "Typ" Lola  - jedenfalls für meinen Geschmack.

Maexl

wow... wenn ich das frueh genug gewusst haette und ich nicht in london waere haettest du das vergnuegen gehabt lola mit mir zu bewerten.  ;). In der gegend oberschwabens bin ich hin und wieder... ich habe freunde in weingarten und ravensburg. das haette sich sehr angeboten, diesen etwas kreisler zu zeigen. dann haette sich vielleicht auch noch ein auto nach ulm gefunden... (achja - solange bauarbeiten sind darfst du auch als regionalticketnutzer bis ulm mit ic fahren).
aulendorf hat ein nettes thermalbad... negativ: keine toilette beim bahnhof *grml*. kam dein zug auch auf diesem daemlichen gleis ausserhalb? das zu finden war mein problem damals.

lg, Max

Alexander

Keine Toilette auf Bahnhöfen ist immer ..., da freut man sich auf Gasthäuser oder Bäume in der Umgebung.  ;) Diesfalls war nachts bis 3 Dorffest in Aulendorf, also diesbezüglich kein prinzipielles Problem vorhanden.
Die Züge nach und von Aulendorf kamen und fuhren ganz normal, da gab es keine Absonderlichkeiten.
PS (auch an maexl): Post ist unterwegs, sorry für die Verspätung. Sollte am Donnerstag im Briefkasten sein.

Weniger off topic: Meine nächsten Lola-Berichte kommen wenn alles klappt aus Seeb, Ingolstadt und Erfurt.

Hier gibt es eine Premierenkritik aus Erfurt:
http://www.tlz.de/tlz/tlz.kultur.volltext.php?kennung=on2tlzKULKulNational39353&zulieferer=tlz&kategorie=KUL&rubrik=Kultur&region=National&auftritt=TLZ&dbserver=1

Und hier noch eine, dem Kritiker dürfte es nicht so gefallen haben:
http://www.thueringer-allgemeine.de/ta/ta.kultur.volltext.php?kennung=on3taKULKulNational39353&zulieferer=ta&kategorie=KUL&rubrik=Kultur&region=National&auftritt=TA&dbserver=1  
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Alexander

STARKE SZENEN, VERSCHENKTE GLANZNUMMER

Georg Kreislers ,,Heute Abend: Lola Blau" im Altstadttheater Ingolstadt, 19.10.2007



Regisseur Barry Goldman legt seine ,,Lola Blau"-Inszenierung als Rückblick einer Künstlerin an. Bettina Schönenberg tritt zur Melodie ,,Sie war liab" auf, nennt den Titel des Werks und nennt ihn dann noch einmal – auf sich zeigend. Dann singt sie den Anfang des Liedes. Damit schlüpft sie vor uns in ihre Rolle.
Die Bühne (Konrad Kulke, Barry Goldman) ist dominiert von einem blau-violetten Rahmen. Lolas blaue Mütze und ihr genauso blauer Schal verstärken den gewünschten Farbton. Ansonsten die übliche leere Bühne mit den Requisiten vom Radio bis zu den Thonet-Stühlen.
Von Anfang an nimmt die musikalische Gestaltung für diese Theaterarbeit ein. Pianist Walter Kiesbauer (an einem Piano) hat den Klarinettisten, B-Klarinettisten und Saxophonisten Thomas Gschrey an seiner Seite, dessen Klangfarben die Lieder wunderbar bereichern. Überhaupt sind die zwei Musiker Musikanten in bestem Sinn. Selten hört man Kreislers Musik so frisch und herzlich, so wehmütig und klezmerisch wie hier in Ingolstadt.
Bettina Schönenberg singt unverstärkt, sie weiß großartig den Wechsel vom Sprechen zum Singen zu gestalten. Ganz entfernt ist sie vielleicht ein Typ wie Katja Riemann. Sie überzeugt als Schauspielerin wie als Chanson-Sprech-Sängerin.
Die Inszenierung folgt an sich ziemlich streng der Vorlage, mit kleinen verdeutlichenden Bemerkungen (die nicht unbedingt notwendig wären, aber meist auch nicht stören). Die meisten Stichworte (vom Zimmerwirt über den Briefträger bis zum Portier) liefert Pianist Kiesbauer, es werden aber auch viele Zuspielungen der Originalaufnahme mit Topsy Küppers eingeflochten (etwa Georg Kreislers Herr Berger).
Barry Goldmans Regiearbeit hat starke Momente. ,,Die Wahrheit vertragen sie nicht", Lolas Schweizer Variete-Lied, wird als ,,Tourneeerfolg" zerschnipselt und zur Reise der Verbeugungen durch Schweizer Städte karikiert. Ganz stark ist hier ,,Wie kommt es". Lola, die ja von Österreich in die Schweiz auswandern musste, hat gerade erfahren, dass sie eine Chance erhält, in Amerika Fuß zu fassen. Interpretation und Musik steigern die Euphorie unglaublich intensiv – um sie im Bombenhagel des Krieges abrupt und brutal niederzuschmettern. Etwas gekürzt hören wir am Schiff nach Amerika ,,Der zweitälteste Frauenberuf der Welt". Barry Goldman hat leider nicht durchgehendes Vertrauen in die vollständige Fassung, das wird sich später noch viel eklatanter zeigen. Zunächst überrascht man uns aber mit einer der musikalisch stärksten Fassungen des jüdischen Liedes ,,Ich hab a Mädele", mit Klarinette und Akkordeon begleitet. Inszenatorisch stark wird auch Lolas Weg in den Alkoholismus eingefangen. Sie triumphiert mit dem ,,Herrlichen Weib" und mit der ,,Wahrheit" (wieder der Verbeugungs- und Applausreigen), was rauschhaft gesteigert wird bis zu einer fast brutal abtötenden ,,Kopfweh-Stille" und hört sich dann, schon ziemlich gezeichnet, ,,I Will Entertain You" im Radio an.
(,,Der Herr ist mir fremd" ist in dieser Inszenierung ausgespart. Und ,,Ich liebe dich" hören wir nur, wenngleich frisch und stimmig, in einer Instrumentalversion als Umbaumusik aufs Schiff zur Rückreise nach Europa.)
Wie schon anderswo auch gesehen, liest Lola Blau den Text vom Herrn Schmidt als Brief vor. (Das zugehörige Lied folgt erst, nach nochmaligem Zitat aus dem Brief – etwas überdeutliche Hervorhebung! – als Kabarettnummer im Wiener ,,Cabaret Kaiserschmarrn".) Der nächste musikalische Glanzpunkt in Ingolstadt ist ,,Alte Tränen", wieder mit Klarinette und Klavier die Musik unglaublich intensiv einfangend. (Die Einleitung dazu gerät etwas penetrant pädagogisch, wenn der Stationssprecher am Westbahnhof bei der Ankunft die Opfer und  Zerstörungsergebnisse in Wien aufzählt.)
Ausführlich wie gewohnt versucht Lola, den Wiener Theaterdirektor ans Telefon zu bekommen. Der Kenner des Werks stuft diese Szene als Einleitung zur großen Nummer ,,Im Theater ist nichts los" ein, in der sich die diversen Lolas als Schlagersängerin, Französin, Wienerin, Ungarin und Berlinerin präsentieren können. Und ausgerechnet in dieser klugen, musikalisch so feinsinnigen Inszenierung ist diese absolute Pflichtnummer gestrichen. Das ist immens schade. Lola skizziert textliche Motive daraus (die Entscheidung, sich dem kritischen Kabarett zuzuwenden) auf einem Blatt Papier und in einem Telefonat mit Leo, den sie wieder zu sehen hofft, aber das Publikum in Ingolstadt darf die ganze große Nummer nicht hören. Die ,,Frau Schmidt" als Kabarettnummer wird sehr schön mit der bissigen letzten Strophe von ,,Wo sind die Zeiten dahin" verschmolzen. Da spürt man, dass die Regie sehr wohl aufgepasst hat, was textlich verwertbar ist. Umso mehr ist zu bedauern, dass ausgerechnet ,,Im Theater ist nichts los" gekippt wurde. Das Ende schließt den Rückblick sehr schön offen. Nach ,,Zu leise für mich" spielen die beiden ausgezeichneten Musiker noch einmal ,,Sie war liab" an, mit offenem Schluss.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)