Heute Abend: Lola Blau

Begonnen von Alexander, 01. April 2005, 12:01:57

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Volker2

Heute (19.10.) Premiere im Theater Lübeck:
   
Heute Abend: Lola Blau

Musical von Georg Kreisler

Wien 1938. Eine junge jüdische Schauspielerin, Lola Blau, freut sich auf ihr erstes Engagement am Theater in Linz, aber der Einmarsch Hitlers in Österreich zerstört ihre Träume. Ohne zu begreifen, warum ihr Onkel Paul und ihr Freund Leo Wien verlassen wollen, folgt sie deren Drängen und geht in die Schweiz. Ihren Freund sieht sie nicht wieder. Als Nachtklub-Sängerin kann sie sich in der Schweiz zwar über Wasser halten, doch schon bald erfolgt die Ausweisung. In letzter Sekunde erhält sie eine Einreise-Genehmigung für die USA und macht sich wieder auf den Weg. Während der Überfahrt singt sie auf einem Ozeandampfer für die erste Klasse und wird mit dem Schicksal der jüdischen Emigranten konfrontiert, die im Unterdeck mitreisen. In den USA wird Lola Blau ein vielumjubelter Star, doch sie verabscheut den Star-Rummel zusehends. Immer noch sehnt sie sich nach Leo und versucht, ihre Depressionen im Alkohol zu ertränken. Nach Ende des Krieges, aus einem Konzentrationslager befreit, ruft er sie an. Sie fährt sofort nach Wien zurück. Die meisten Menschen machen dort nach dem Zusammenbruch weiter, als wäre nichts geschehen. Sie wendet sich von der unkritischen Bühne ab und geht zum Kabarett. Doch die Hoffnung, mit ihren Mitteln die Menschen zu nachhaltiger Besinnung bringen zu können, schlägt um in Resignation. Lola Blau bleibt ,,wirkungslos vom eigenen Klang berauscht".

,,Heute Abend: Lola Blau" wurde 1971 uraufgeführt und gehört heute zu den am häufigsten aufgeführten Musicals im deutschsprachigen Raum.

Lola Blau: Imke Looft
Am Klavier: Christian Reisser  
Inszenierung Knut Winkmann
Bühnenbild Knut Winkmann
Kostüme Ingrid Krug

Sa 21.10.   Mi 25.10.   Di 31.10.   Fr 24.11.   So 26.11. je 20 Uhr

Dagmar

Wow!!! Es war und bleibt mein Traum, dieses Musical auf die Bühne zu bringen! Findet sich ein/e Regisseur/in....????? Vielleicht auch noch ein Pianist?????............

:)
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Zyankalifreund

ZitatFindet sich ein/e Regisseur/in....?????

Wenn's konkreter wird und nach Juli 07, dann ganz bestimmt ! Aber ich will mich ja nicht vordrängeln  ;) !

whoknows

Ich stelle mich da nicht an. Alles inszeniere ich gerne, und gerade mit Dir, Dagmar - aber eine Jüdin, das ist einfach nicht Deins. Da müsste ich zu sehr über meinen Schatten springen, von der Erwartungshaltung an das Stück.

Zyankalifreund

Zitataber eine Jüdin, das ist einfach nicht Deins

Darf man fragen, warum ? Ich meine: Man kann auch wunderbar - und es ist sogar noch faszinierender - gegen den Typ spielen. Da kommen unter Umständen ganz interessante Sachen raus. Warum sollte Dagmar denn keine Jüdin spielen können ?

whoknows

#55
Weil sie die Sprache nicht beherrscht, erstens, und weil es zweitens so wäre, wie wenn eine blonde Frau "gegen den Typ" eine Zigeunerin spielen würde. Es ist einfach unglaubwürdig und dadurch nciht mehr so berührend. Dagmar ist einfach ZU goyisch. Manche Menschen kriegen das ganz glaubwürdig (zumindest für Nichtjuden glaubwürdig) hin, so wie Henry Hübchen im Zucker-film. Aber manche sind einfach zu weit weg - und das wird dann auch leicht übel genommen. Von Menschen wir mir  zum Beispiel. So wie es sicherlich Berliner übelnehmen könnten, wenn ich versuche, Berlinerisch in einem Film oder so zu reden - es geht einfach nicht, es ist immer nur "bemüht" - und dadurch dann eben nicht "echt" genug. Ich sage nicht, dass sie es nicht spielen soll, oder dass sie es nicht hinkriegt, gut zu sein - ich sage nur: Ich kann das nicht inszenieren. Denn für mich wird immer zu sehr merkbar sein, dass sie eben eine Jüdin SPIELT. Mag ein Vorurteil sein, mag falsch sein - aber wie gesagt: ich müsste da zu sehr über meinen Schatten springen.

Volker2

Am Samstag habe ich "Heute Abend: Lola Blau" im "Studio" des Theaters Lübeck, ein kleinerer Veranstaltungsraum für knapp 70 Zuschauer, gesehen. Es war ein sehr netter, aufgrund der Raumgröße intimer Abend. Die Ausstattung ist sehr spartanisch: ein Koffer, ein Telefon, ein Barstuhl, der obligatorische Türrahmen mit den Glühbirnen (oder wie man das Ding nennt...).

Imke Looft macht ihre Sache in der Titelrolle gut und kann vor allem bei den komischen Liedern mit ihrer Mimik überzeugen. Sie hat aber auch die leisen Töne drauf. Gewöhnungsbedürftig, weil ich es so bisher noch nicht gehört habe, die hohe Stimme der Sopranistin, die sie häufig zum Einsatz bringt – hat mir aber auch gefallen.

Besonders gut fand ich die Interpretation von "Frau Schmidt" – da schlümpft sie abwechselnd in die Rolle der Erzählerin und der Frau Schmidt. Nicht gelungen finde ich den Abschluss: Waren bisher alle Lieder live gesungen und am Klavier begleitet worden, stellt sich Imke Looft bei "Zu leise für mich" hinters Klavier und denkt – das Lied kommt mit Akkordeon-Klängen und ihrer Stimme vom Band. Unpassend, wenn auch gut gesungen, war die Zugabe: Gershwins "I got Rhythm" erklingt dann noch mal (im Programm war er als Song ausgewählt, den Lola Blau auf der Schiffspassage nach Amerika singt). Das mag vielleicht ihr Lieblingstitel sein (man merkt das irgendwie), ein Kreisler-Titel (z.B. "Sie ist ein herrliches Weib") wäre die bessere Wahl gewesen.

Zyankalifreund

Wenn eine blondhaarige ne Zigeunerin spielen soll wird sie halt entsprechend geschminkt und bekommt eine Perücke - was nicht passt, das wird passend gemacht.  :) Meine Einstellung zu sowas ist aber eh bissel anders, weil ich es durch das Jugendtheater einfach gewöhnt bin, dass wir eben das was wir machen wollen mit dem vorhandenen "Material" und eben Menschen machen müssen - da hat auch schonmal ein blondes Mädchen z.b. in "The Secret Garden" eine Inderin gespielt - es war absolut glaubwürdig, die Leute dachten echt, sie sei eine Inderin  ;D

Also meine Erfahrungen sind da nicht schlecht, was sowas betrifft - ich bin einfach kein anderes Arbeiten gewöhnt aus meiner bescheidenenn Theatererfahrung heraus, als aus allem, was man hat und kann etwas machen zu müssen.  :)

whoknows

#58
Sowas finde ich auch ganz prinzipiell nicht so toll. Wenn in TV-Krimis Nicht-türken dann türken spielen, oder der Othello schwarz geschminkt wird. Dadurch haben nämlich (praktischer Weise?)  auch die Kollegen, die zufällig Minderheiten (oder hierzulande Minderheiten) angehören, weniger Jobs.
Schwarze werden auf hiesigen Bühnen nach wie vor höchtens die Diener spielen - wer hat schon mal nen - wasweissich : Rechtsanwalt auf einer Bühne gesehen, der offensichtlich einer Minderheit angehört? Obwohl da im Buch sicher nicht drinsteht, dass das ein weisser, christlichstämmiger Europäer sein muss. Auch im Film. Schwarze spielen Bullen oder Verbrecher. Türken spielen Türken  aber manchmal spielen auch Deutsche Türken. Aber das mal Türken einen IRGENDWEN spielen, wo es wurscht ist, dass das zufällig ein Türke (2.ter Generation) ist - das sieht man praktisch nie. Gemüsehändler, höchstens. So wird die Diskriminierung auch in Film und Theater weitergeschrieben. Oder habt Ihr mal ne sehr jüdische wirkende Frau eine Deutsche Tussi spielen sehen?  oder ne Inderin mit Perücke und Schminke eine Deutsche? Wieso nicht? Sie ist doch Schauspielerin, es ist doch spannend, wenn man "gegen den Typ spielt"......

Es gibt sie tatsächlich, die jüdischen, türkischstämmigen, indischstämmigen Schauspieler, die dann fast nichts anderes als Dienstmädel oder Butler-Rollen bekommen, weil nirgends steht, dass eine Nora im Ibsen auch dunkelhäutig sein könnte. Ich kenne einen hervorragenden schwarzen Schauspieler, der akzentfrei deutsch spricht - trotzdem: Kellner, Chauffeure, Dienstboten. Da will niemand "gegen den Typ" besetzen. Da besetzt man ihn, wenn er mal (einmal!) ne andere Rolle kriegt, weil man ganz bewusst etwas aussagen möchte - und nicht, weil er einfach ein guter Schauspieler ist, der die Figur spielen kann.
Ich habe schon öfter - damals noch in Wien - junge Leute kennengelernt, die einzig und allein aus dem Grund dann doch nciht Schauspieler werden wollten, weil sie genau wussten, dass SIE niemals "gegen den Typ" besetzt werden.
Wenn DAS  einmal ganz normal ist, dass man mal das Gretchen im Theater sieht, und sie ist schwarz und zwar einfach nur deshalb, weil sie die Rolle gut spielt  - dann kann ich zumindest etwas besser damit leben, wenn Juden von  unglaublich offensichtlichen Nichtjuden gespielt werden. 8-)

RIK

Topsy Küppers ist keine Jüdin. So steht es irgendwo in diesem Forum. TK ist die erste und erfolgreichste Lola Blau Darstellerin. Die meisten Schauspielerinnen in der Lola Blau Rolle sind keine Jüdinnen. Abgesehen davon, fehlt mir das Verständnis für eine Einordnung zum Judentum und für die Berechtigung sich Jude nennen zu dürfen. Es gibt Leute, die sagen, das ist in erster Linie ein Glaube. So spricht hin und wieder ein jüdischer Künstler in Berlin von der Bühnen herab. Wenn ich dem jüdischen Glaube beitrete, bin ich dann ein Jude. Bin ich dann eher geeignet als Darsteller für jüdische Rollen. Wie muss ein Mensch in der Öffentlichkeit auftreten, der von Geburt her als Jude eingeordnet wird. Haben die Millionen Juden, die vor dem Nazi-Regime, in Deutschland wohnten und deutsche Staatsbürger waren, alle gejiddelt oder eher sich verhalten, wie die übrigen Deutschen in der entsprechenden Region. Das Tevjebild von Anatevka und vielen Theaterstücken um die Jüdische Bevölkerung ist m.E. nie bedeutende Realität gewesen. Rein theoretisch könnte Lola Blau bayrisch sprechen. Würde an Wirkung und Dramaturgie natürlich erheblich einbüsen und wäre nicht so glaubwürdig. Wird bei Lola Blau, mit Ausnahme vom Liedgut, irgendwo gejiddelt. Ich kann mich nicht erinnern. Ich habe nur die hochdeutsche Sprache im Kopf. Wie spielt eine Engländerin die jüdische Lola? - Mein bescheidener Beitrag zu diesem Thema, weil ich mit der Einengung und Schablone nicht klar komme und meine, wir nehmen uns Möglichkeiten der Ausdrucksform. Eine gute Schauspielerin muss sich in fast alle Rollen zurechtfinden. Abgesehen davon, ist Lola Blau übertragbar auf andere Gruppierungen, die unter Hitler Arbeitsverbot erhielten, dann verfolgt und überwiegend ermordet wurden. Lola Blau könnte eine Zigeunerin sein, eine Kommunistin und so weiter. Die Jüdin steht natürlich für den Autor Georg Kreisler. (Jiddelt Georg Kreisler?)

whoknows

#60
ZitatTopsy Küppers ist keine Jüdin. So steht es irgendwo in diesem Forum
Was noch nicht heisst, dass es stimmt. Je nach Auslegung ist sie doch eine, denn ihr Vater war Jude. Nach streng religiöser Auslegung ist sie keine, weil da geht's nach der Mutter. GK sagt gerne, dass sie keine ist, denn sie selbst fühlt sich ziemlich so, und er will sie dadurch verletzen und heruntermachen - das ist Privat-Geschichte.
Ich sage auch nciht, dass Nichtjuden keine Jüdin spielen können - aber es sollte doch ein Naheverhältnis zu Sprache, Denken, Seele gegeben sein, oder zumindest einfach die "Gabe" Juden glaubwürdig zu spielen. Manche Deutsche können das - manche eben nicht.

Selbstverständlich ist GK sehr jüdisch, in seiner Art zu sprechen, zu denken, sich zu bewegen - in Allem. Die Leute, die das Judentum rein auf den Glauben reduzieren wollen, ohne das kollektive Bewusstsein einzuschliessen, das  selbstverständlich ein  (wenn auch diverses) Volk definiert, sind auch diejenigen, die unter "Normalität" und "Kein Antisemitismus" verstehen, wenn das Judentum nicht WAHR-Genommen wird, letztlich ignoriert wird, unter "ferner liefen" subsummiert. Es ist nur Glaube, es ist nur Privatsache, ergo: basta, wir müssen uns nicht weiter befassen.
Das ist selbstverständlich Quatsch, den natürlich auch manche Juden verbreiten - aus Sehnsucht, "dazuzugehören" aus Angst, aus Verdrängung, aus Wasweissich.
Judentum ist nicht nur die Religion, denn wieso sollten dann so viele komplett unreligiöse Juden trotzdem sehr jüdisch sein und sich auch öffentlich zum Judentum  bekennen?Ich zum Beispiel kenne nicht mal alle Feiertage - aber jeder (der will)  merkt sehr schnell, dass ich Jüdin bin.
Judentum ist auch Sprache, Gesellschaftliches Denken, Humor, und last noch least dieses unbenennbare, was man höchstens mit Seele oder Mentalität umschreiben kann. Und wer das leugnet, leugnet (und sei es aus lauteren Motiven) letztlich das Judentum.
Übrigens: wieso sollte eine Engländerin nicht auch eine Jüdin sein, oder eine Jüdin spielen können? Nocheinmal: Ich sage ja nicht, dass Ncihtjuden keine Juden auf der Bühne darstellen können - aber eben nicht alle.

Wenn Du dem jüdischen Glauben beitrittst, hast Du den jüdischen Glauben. Aber ein Jude bist Du deshalb noch nciht. Frag mal Proselyten, wie's ihnen innerhalb der Gemeinde geht. Ja, sie werden akzeptiert - aber nicht voll und ganz - irgendwie sind sie immer noch merkbar Nichtjuden. Wenn sie einen Witz nicht verstehen, bei manchen Reaktionen: da schaut man sich dann an, und denkt laut "Na, klar, kannjanich"

Aber was stimmt, ist, dass man die Lola Blau auf andere Situationen, andere Menschen (bzw Situationen)  übertragen könnte - allerdings müsste man dann ein wenig umschreiben - etwa die Situation mit Rabbi Berger, oder den Schluss mit Leo in Wien.
Und noch etwas stimmt: in Deutschland hatten (und haben) sehr viele Juden immer eine so grosse Sehnsucht, "dazuzugehören" dass sie häufig wesentlich unjüdischer waren/sind, als beispielsweise in Frankreich, Österreich, England, Amerika. Nicht umsonst wollte Dan Curtiz für seinen Film "War and Rememberance" als continuity-Extras (ständige Statisten) nur österreichische Juden, (kenne etliche aus Wien) auch in Schindler's Liste sind die meisten der Statisten, die immer wieder im Bild sind, österreichische Juden. Ben Kingsley hingegen ist kein Jude - spielt es aber sehr gut. Die Synchronisation indes, ist grausam. Da hört man deutlich, wenn jemand versucht zu jiddeln und es nicht kann - das ist im original anders.

Mich stört dieses "na und?" als Antwort, ob jemand Jude sei, schon hin und wieder. Denn es belegt  auch allzuoft mangelnde WAHRNEHMUNG. In den USA beispielsweise sind die jüdischen Feiertage selbstverständlich in den Alltag integriert, viel mehr als hier. Kein Hotel oder Firma, die weihnachtsgrüsse versenden oder ihre Häuser mit Sprüchen schmücken, liessen sich einfallen, NUR "Merry Christmas" zu schreiben, da steht natürlcih auch "happy Chanukka" - oder wertfrei: Happy Holidays. Es ist integriert, hier wird es ausgeblendet.

RIK

Hallo Volker. Ergänzend zu Deinem Bericht die Zeitungskritik: www.kn-online.de/news/regional/luebeck.htm/1975326

RIK

Danke whoknows für diesen Bericht. Diese Argumente lasse ich gerne gelten. Ja, alleine der jiddische Humor ist sonst nirgends zu finden und nicht übertragbar.

whoknows

Heute habe ich wieder was gelernt, das vielleicht im Zuge diese Diskussion auch ganz interessant ist. In Amerika haben offenbar 50% aller Juden Morbus Crohn und 60% Lactose Unverträglichkeit - im Gegensatz zu nur jeweils knapp 10% der weissen Amerikaner. (Schwarze Amerikaner 70%,  Native Amerikaner 60%). Und Tschüss "es ist nur eine Religion".  8-) (Ist ein unter den Juden altbekannter Witz, man sagt "Jiddischer Magen" aber man sagt auch "Jiddische Füss", wenn jemand Fussprobleme hat - weil das eben als  typisch Jüdisch gilt - dass es aber zumindest bei Magensachen auch wissenschaftlich erwiesen ist, das Juden da eher drauf anfällig sind,  war mir neu.)

Werner

50% Morbus Crohn - kann das sein? Den Anteil der Lactoseunverträglichkeiten könnte ich mir vorstellen, wenngleich er aufgrund einer genetischen Besonderheit vor allem Menschen asiatischer Herkunft zuzuordnen ist. Bei diesen Menschen ist die Bildung von beta-Galaktosidose im Erwachsenalter  am schwächsten ausgeprägt. In Deutschland leiden etwa 2% an den eng verwandten Autoimmunkrankheiten Morbus Crohn/Colitis Ulcerosa. Das entspricht, mit einigen Streuungen, dem durchschnittlichen Aufkommen dieser Krankheiten in der gesamten, sogenannten zivilisierten Welt.

Guntram

Das ist nicht verwunderlich, das ist simple Genetik. Wenn überwiegend innerhalb einer Gruppe geheiratet wird werden bestimmte Gene bevorzugt und andere verschwinden, siehe Mendelsche Gesetze. Das gleich ist in anderen ethnischen Gruppe zu beobachten, je nachdem wie isoliert sie sind. Das ist relativ. Es fängt bei der prozentualen Blutgruppenverteilung bei Europäern, Asiaten, Afrikanern, Amerikaneren (Ureinwohner) und Australieren an oder der "Empfindlichkeit" der Indianer gegen Alkohol. Die ist auch genetisch bedingt. Und genauso ist es mit genetisch bedingten Krankheiten.

Je kleiner die Gruppe desto eher können sich rezessive Gene durchsetzen. Beste Beispiele waren früher isolierte Inseln oder abgelegene Bergdörfer im Alpenraum wo letztendlich alle sehr eng miteinander verwandt waren.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Werner

Tja, schade für die Indianer. Hätten die Wikinger vor etwa 1000 Jahren, als sie nach Amerika schipperten, nur weil in Nordnorwegen mal wieder der Schnaps alle war (einen anderen Grund für soviel Energie kann ich mir garnicht vorstellen) den Indianern das Schnapsbrennen beigebracht,  dann müssten die armen Schweine nicht bis heute abstinent leben. Oder sich mit illegalen Pilzen und Kakteen und so'nen Zeug rumschlagen. ;)

whoknows

Wobei - wie ich in demselben Artikel las - Crohn verstärkt werden könne durch  über Generationen anhaltende/tradierte Essgewohnheiten und Stellenwert des Essens. Keine Ahnung, ob das stimmt....

Aber es gibt ja einige Sachen, die Volksspezifisch sind - zB können Native Amerikaner und Südamerikaner  Alkohol nicht so gut vertragen wie Weisse, werden schneller betrunken und auch schneller abhängig.

Echt: Crohn 2 % in Europa? In dieser (Amerikanischen) Monatsschrift las ich, in Amerika seien es durchschnittlich 10%. Naja - glaube keiner Statistik, die Du nciht selbst gefälscht hast.....

Dorian

Zitat
Aber es gibt ja einige Sachen, die Volksspezifisch sind - zB können Native Amerikaner und Südamerikaner  Alkohol nicht so gut vertragen wie Weisse, werden schneller betrunken und auch schneller abhängig.

Ja, genau wie Asiaten. Denen fehlt glaube ich ein Enzym zum Abbau des Alkohols.

Guntram

Es gibt zwei Varianten des Enzyms und das der Europäer ist das schnellere *hicks* und as ist genetisch bedingt. Für Interessierte: schaut bei Wikipedia, es ist dort ganz gut beschrieben.
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sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
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Alexander

#70
Ich kann mich Volkers Urteil vollinhaltlich anschließen ...

HERZLICHE ADELE ALS LOLA BLAU

,,Heute Abend: Lola Blau" von Georg Kreisler auf der Studiobühne im Theater Lübeck, 16.2.2007

Es ist eine vom Aufwand her einfache, sparsame Inszenierung von Knut Winkmann, nur das Notwendigste wird bereitgestellt; kein Bühnenbild, wenige Requisiten, wenige akustische Zuspielungen zur Zeitgeschichte, ja selbst die Zwischentexte zwischen den Liedern vielfach reduziert zu reinen Überleitungen. Alles steht und fällt einmal mehr mit der einzigen Mitwirkenden (neben dem Pianisten). Imke Looft erinnert vom Typ her etwas an die junge Katharina Thalbach. Sie ist eine großartige, facettenreiche Schauspielerin – und, das ist das ganz Eigene dieser herzlichen, komödiantisch brillanten, sympathisch-natürlich wirkenden Darstellerin, sie ist eine Soubrette. Ist man Rollenvorgängerinnen wie Topsy Küppers gewohnt, fällt es lange Zeit schwer, den Gesangsansatz einer Fledermaus-Adele bei diesem Stück um eine jüdische Schauspielerin zu akzeptieren, die zur Zeit des Zweiten Weltkriegs von Wien aus über Basel in die USA gelangt, wo sie Showkarriere macht und auch die Schattenseiten des Erfolgs erlebt, bis sie als alternde Kabarettistin in Wien resigniert feststellen muss, dass sich die Menschen nicht ändern. Die herzliche Darstellung macht den Soubrettengesang mit Fortdauer des Musicals viel erträglicher als anfangs befürchtet. Der vor Beginn als ,,schwächelnd" und ,,fiebrig" entschuldigte Pianist Christian Reisser spielt auf einem Flügel, er ist ein etwas braver, routinierter Begleiter. Schon den ersten, ,,mädchenhafteren" Teil, die junge Naive, bringt Imke Looft sehr herzlich rüber. Wie viele andere in dieser Rolle lässt sie das jüdische Lied vom ,,Mädele" aus. Als Shownummer wählt sie Gershwins ,,I Got Rhythm". Doch zum absoluten Höhepunkt des ersten Teils wird ,,Der zweitälteste Frauenberuf der Welt" – zuerst am Klavier, dann beim Umziehen gesungen. Diese Nummer kommt sensationell gut in Lübeck (auch wenn die Reim-Pointe Ukraine – meine nicht als solche gesungen wurde). Das ,,herrliche Weib", das in die Pause führt, kontrastiert dazu etwas zu souverän. ,,Sex is a wonderful habit" (auch die älter gewordene Lola Blau findet in Imke Looft vor allem komödiantisch eine ideale Interpretin) ist ein Strip aus einem Cowboykostüm heraus. Toll gibt sie die Besoffene. Wenn eine Soubrette dann ,,Alte Tränen" singt, wird dies von einem Chanson zu einem Kunstlied. Eigenwillig wiewohl reizvoll hat man am Ende umgestellt und inszeniert. Die ,,Frau Schmidt" wird – erst nach ,,Im Theater ist nichts los" – zur (von Imke Looft grandios als Erzählerin und Frau Schmidt ,,zweigeteilten") Kabarettnummer in Wien, und ,,Zu leise für mich" hört sich diese Lola Blau am Klavier lehnend nur per Bandzuspielung an (vom Akkordeon begleitet). Damit nimmt die Inszenierung die fast alles Bisherige wunderbar belebende Komödiantik raus und schließt mit einer Nachdenkpause. Als Zugabe hören wir noch einmal ,,I Got Rhythm".

Herzlicher Gruß und schönen Sonntag
Alexander
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Volker2

Wieder eine wunderbare, unvergleichliche Kritik von Alexander. Ich bin ja schon gespannt auf eine Kritik zu "Adam Schaf hat Angst".

Alexander

#72
Danke Volker für die netten Worte. Ich fand Deine Zusammenfassung ja auch schon spannend genug, extra für "Lola Blau" von München nach Lübeck zu reisen ...

Hier gibt es eine andere "Lola Blau", mit Liveterminen, CD und Hörbeispielen:
http://www.inesmartinez.de/lola.htm

Und hier findet man Infos zur "Lola Blau" in Ulm (mit Diashow und Trailer):
http://theater.ulm.de/content/view/516/245/

Herzlicher Gruß
Alexander
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Guntram

10.05.2007 20.00       frankfurt / alte oper      069-1340 400


Naja es ist zumindes nur der halbe Weg  ;)
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

Alexander

AN DER GRENZE ZUR BRILLANTEN LOLA BLAU SHOW

,,Heute Abend: Lola Blau" von Georg Kreisler im Theater Ulm (Podium), 23.2.2007

In Lübeck (eine Woche zuvor besucht) war es ein Podest, in Ulm ist es eine sehr breite Bühne, auf der Lola Blau die Zeit von 1938 bis nach dem Krieg durchlebt, zwischen Wien, Basel und den USA. Pianist Thomas Hannig tritt wie ein Dirigent vor und nach der Pause im Frack auf und setzt sich ganz rechts an den Flügel. Die akustischen Zuspielungen (zeitgeschichtlich, musikalisch, Nebenrollen) halten sich (teilweise leicht gekürzt) erkennbar an die Hörspielfassung mit Topsy Küppers von 1971 – Respekt vor dem Original also. Regisseur Sebastian C. Maier gibt seiner Lola Blau auf der Bühne verteilte Fixpunkte, zwischen denen sie hin- und herflitzt: von links nach rechts ein Telefontischchen, ein Schminktisch, ein die Bühne querender roter Teppich, einige Reisekoffer (davon ein großer als Paravent fürs Umziehen). Die Ulmer Lola Blau heißt Sibylle Schleicher und ist eine grandios facettenreiche Schauspielerin. Dazu kann man sie eine musterhaft geniale Chansonsängerin nennen. Sibylle Schleicher liefert eine Lehrstunde im Chansongesang, der ja vielfach vom Sprechgesang lebt. Sie schafft dadurch eine textliche Deutlichkeit und Intensität wie nur wenige. Die feine Abstimmung mit dem vielfach zur jazzig inspirierten Barmusik tendierenden Pianisten Hannig achtet ganz genau auf die textlichen Feinheiten der Vorlagen von Georg Kreisler. Sibylle Scheichers Stimme wird bei den Gesangsnummern verstärkt, sie kommt dann aus den Boxen, was bei dieser breiten Bühne absolut verständlich ist. Im Gegensatz zur herzlichen Imke Looft in Lübeck, die als Mensch Lola Blau wirkte und berührte, bewahrt Sibylle Schleicher eine gewisse ,,Distanz der Virtuosität" zum Zuschauer. Das ist keineswegs negativ gemeint. Man ist völlig gebannt und fasziniert vom Facettenreichtum dieser Darstellung, von der Fähigkeit Sibylle Schleichers, alle paar Minuten quasi eine neue Figur auf der Bühne hinzulegen. Mit seltener Bravour und totaler Identifikation wandelt sie von der jungen Naiven (,,Im Theater ist was los") über den Vamp (,,Die Wahrheit vertragen sie nicht") zum jüdischen Bauchladenverkäufer (das geht extrem unter die Haut: ,,Papirosn" statt ,,Ich hab ein Mäderle", direkt übergehend ins ,,herrliche Weib", vor der Pause), zum Marilyn Monroe-Verschnitt in Amerika (das macht natürlich auch die Perücke aus!), zuerst im Dirndl ,,(Sex Is A Wonderful Habit"), dann im Abendkleid (Shownummer ,,Night and Day"), bis zur brillant ausgespielten Mischung aus spontaner Unbeholfenheit und Virtuosentum bei ,,Im Theater ist nichts los" (Sibylle Schleicher kommt aus der Steiermark und beherrscht auch das Wienerische bravourös!), zum alten Wiener Weiberl mit Stock (Kreislers Mozart-Vertextung ,,Wo sind die Zeiten dahin" – das fehlte in Lübeck, dafür verzichtet man in Ulm auf die ,,Frau Schmidt"), bis zur großen ruhigen, resignativen Abschieds- und Abschminknummer ,,Zu leise für mich". Man schaut und hört dieser Darstellerin völlig gebannt zu, und die Gratwanderung ist sehr schmal zur reinen Show nach dem Motto ,,Diesen Typ kann ich auch noch". Zu intensiv aber ist diese Interpretation, zu sehr fesselt das Korsett des Stücks die grandiose Künstlerin vor reiner Äußerlichkeit um der Effekte willen. Der (wie in Lübeck) begeisterte Applaus ermöglicht ein zweites ,,herrliches Weib".

Herzlicher Gruß und schönen Sonntag
Alexander
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)