Umdichten von Kreisler Liedern

Begonnen von Adi, 21. Dezember 2004, 14:59:52

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Adi

Wenn ich mit Kreisler-Liedern auftrete, verändere ich gelegentlich den Text. Wer macht das auch?

Beispiel: wenn man als Frau Bidla Buh singen möchte, macht es nicht so besonderen Spaß, von Frauen zu singen, die umgebracht werden. Viel schöner ist es, wenn man beschreibt, wie Männer kalt gemacht werden....
Hier eine Kostprobe:

Es ist traurig, wenn Liebe erkaltet,
es ist furchtbar, wenn Liebe vergeht.
Doch wie kann man von Liebe erwartet,
daß sie immer und ewig besteht?
Nur ich liebe jeden auf immer,
ganz ohne mir das Leben zu erschwern.
Und ich werde geliebt – und wie ich das mach,
das will ich Ihnen jetzt erklärn:

Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Unsre Liebe war beinahe schon vergangen,
da schlitzte ich die Kehle vom Hein.
Das heißt: Er liebte mich, solange er lebte,
und wegen dem bisserl Schlitzen wird er nicht böse sein.

Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Unsre Liebe hatte kaum noch angefangen,
da nahm Pirmin ein Aspirin.
Also: Das war kein Aspirin, das war Strychnin,
aber heute noch liebe ich Pirmin!

Eberhard warf ich in die Donau,
gleich nach Dürrenstein, niemand hat's gesehn.
Und auch er wird mir verzeihn, denn grad bei Dürrenstein
ist die Donau doch so wunderschön...

Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Also was kann ein Mann da noch verlangen?
Nach dem Tod hab ich ihn stets noch mehr verehrt.
Kam der Tod auch etwas schnell – das ist nur originell,
und bis heut' hat sich noch keiner beschwert.

Zum Beispiel:
Lothar mit der Engelsmiene legt ich auf die D-Zug-Schiene
Markus und der Florian hab'n Unfall auf der Autobahn,
Eugen wollt ins Auto nicht, er starb an einem Pilzgericht
Lustig ist die Jägerei – Bruno war im Weg dabei,

Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Unsre Liebe war kaum älter als zwei Stunden,
da stieg ich mit dem Schorsch auf einen Baum.
Und bei Jörg hab ich vergessen, den Gashahn abzudrehn,
und die Blumenspenden ach die war'n ein Traum.


Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Nur der Günther wollte mich versichern lassen.
Also das ärgerte mich sehr.
Das hat mich so verdrossen, ich hab ihn schnell erschossen,
und heute lieb' ich ihn nicht mehr.

Aber Thomas hätt die Krankheit überwunden,
leider trank er die falsche Arznei.
Und Gerhard hatte satt das Leben, wollte selbst den Tod sich geben,
selbstverständlich half ich ihm dabei.

Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Aber heute hab ich nen Mann gefunden,
ganz bestimmt der tollste Mann der Welt!
Und jetzt darf ich's nicht verpassen,
mir die Messer schleifen z'lassen,
und dann muss ich die Pistolen
vom Pistolenputzer holen,
eine Sense muß ich borgen.
Das Arsen, das kommt erst morgen,
und ein kleines Tomahawk'l,
für die Leich' brauch ich ein Sack'l,
auch ein' Besen hätt ich gern,
um die Knochen aufzukehrn,
das Petroleum, das hab ich schon bestellt!
Bidla buh, bidla buh, bidla bing bang buh!
Tolle Männer kosten sehr viel Geld!


Sue

Also, ich würd's nicht machen, aber ich bin auch sehr kleinlich was das Umändern von schon bestehendem Lied- oder Literaturgut betrifft.

Andrea

Eine schöne Umdichtung, finde ich.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Von ein paar rythmischen Kleinigkeiten, die man aber beim singen austarieren kann abgesehen, und auch davon, dass es Dürnstein ist  ;) finde ich es auch gelungen, und auch völlig legitim. GK selbst hat viele Lieder in männlicher und weiblicher form geschrieben, oder politische Namen aktualisiert - warum also nicht. Es geht darum, dass man dem Werk in seiner INTENTION treu bleibt, und ihm dient. Schlimm wird es nur, wenn man inhaltlich etwas verändert, oder wenn man etwas, wie es so schön heisst "verschlimmbessert".

Wenn ich etwas singe, ändere ich auch frei herum - solange ich der Überzeugung bin, dass das LIED dann besser ankommt.
Ich kürze auch - da kenn ich nix.
Was ich garnicht mag ist aber, wenn man ein Lied verändert, weil man dann SELBER besser ankommen will - wenn man also sich selbst über das Lied stellt, und über die Wirkung, die das LIED erzielen soll.
Ute Lemper kann sowas ziemlcih gut. Man weiss nicht mehr ,WAS sie gesungen hat, aber SIE kann sich gebärden. Da werden Gesichter verzogen, und alle möglichen Töne eingebaut, und tanzschritte und wasweissich - aber mit dem LIED hat es nix zu tun. Sowas hasse ich.

Adi

#4
Ich verändere Texte ja nicht, um sie zu verbessern, sondern nur, damit sie passen. Die Intention des Liedes bleibt, wie Sandra meint, dann in der Regel erhalten.

Ich mache aber durchaus auch solche Veränderungen, die mit der Intention des Liedes nichts mehr zu tun haben, und wahrscheinlich findest Du, Sandra, das nicht mehr legitim. Bislang kam gerade diese Art von Umdichtung immer sehr gut  an, da ja offensichtlich ist, dass es extra für eine bestimmte Situation gedichtet wurde.
Ich darf auch hier ein Beispiel anführen. Ich habe es vor einem halben Jahr bei einer Vernissage, die von Kreislerliedern umrahmt wurde, zum Besten gegeben:


Melodie: Taubenvergiften

Heute muss man zum Schloßkeller geh'n
da ist nämlich richtig was los.
Werke von Künstlern, die kann man da seh'n
und die Bilder sind einfach grandios.
Freude macht uns das Sehen,
egal, ob wir Kunst auch verstehen,
heut ist Samstag, das Wetter passt wunderbar rein,
heut muss man im Schlosskeller sein.

Schau, die Leute sind nett und die Bilder sind stark,
in Tiengen ist heut Vernissage,
ob in Öl, Aquarell, ach sie dringen ins Mark,
oder ob es vielleicht 'ne Collage.
Ich sage es hier enthusiastisch,
die Bilder sind einfach phantastisch.
Der Malkreis Tiengen, der stellt heute aus,
und das verdient kräft'gen Applaus.

281065871

Hallo,
Stimme Adi voll und ganz zu.Ich selber mache das auch so. Aber auch Sandra gebe ich Recht denn die Inhalte soll man wirklich nicht verändern !

Sandra

#6
Naja, für private (oder mehr oder weniger private) Events, was soll's - ich hab auch schon mal zur Musik von "Mein mann will mich verlassen" eine Geburtstagslied geschrieben. Aber bei Deiner obigen Umdichtung frage ich mich schon, warum Du nicht gleich ein neues Lied geschrieben hast - Sinn macht sowas doch nur, wenn das Publikum das Original kennt. sonst ist es auch nciht eine Umdichtung, sondern einfach eine geklaute Musik....

Und: Welcome hier, lange Nummer, die ich jetzt nicht abschreiben werde. ;) :D

Dagmar

Ich sehe das schon auch so: Ich kürze zusammen und streiche Strophen, hier und da auch mal andere Worte (z.B. weil etwas in wienerisch geschrieben ist, was ich so nicht wirklich überzeugend rüber bringen kann).

Aber im Grundsatz: Ich habe Riesenrespekt vor der Leitstung des Komponisten UND des Libretisten. Das Werk textlich und auch musikalisch an die aktuelle Interpretation anzupassen, finde ich okay, sonst entwickelt sich ja nichts weiter. Es zur Unkenntlichkeit zu verändern, finde ich nicht okay. Wenn mir der ganze Text nicht passt, sollte ich einen neuen schreiben (oder schreiben lassen).  Sonst ist es eine ganz neue Nummer in Versmaß und Komposition von jemand anderem. Das ist dann tatsächlich: Geklaut!
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Andrea

Ich hatte beim Lesen deines Tauben-Vergiften-Umtextes denselben Gedanken wie Sandra. Klar, zum Texten hat man gern eine schon vorhandene Melodie im Kopf, um im Rhythmus zu bleiben. Aber danach sollte man sie auswechseln. Komponieren ist nicht einfach. Hin und wieder fällt mir eine Melodie ein, aber die meisten meiner Songs hat jemand anderer komponiert. Gell, Nase? ;-)
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Adi

#9
Warum ich nicht gleich ein neues Lied geschrieben habe?
Nun, so sehr begabt bin ich eigentlich nicht. Und dass das Publikum wenigstens "Taubenvergiften" kennt, davon gehe ich aus. Auch Kreisler hat ja etliche Lieder geschrieben, wo er die Melodien z.B von  Mozart, Dvorak u.a. genommen hat.

Andrea

...die aber in thematischem Zusammenhang mit dem Ursprungsstück standen. Das  hat dann, finde ich, eine andere Qualität
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Naja, das stimmt nicht ganz, dass die immer thematischen Zusammenhang hatten. Oft, aber nciht immer. Aber trotzdem ist es was anderes, wenn man klassische Musikstücke, die nicht für Text gedacht waren, vertextet und verblödelt, oder wenn man ein Lied, das eh ein kabarettistisches ist, einfach mit einem anderen Text beglückt - einfach nur so. Auch ohne Rückbezug auf den ursprünglichen Inhalt.
wenn du jetzt zB geschrieben hättest: Gehma maler vergiften in der Galerie - dann macht es Sinn. Aber einfach nur so, das gefällt mir nicht.

Adi

Macht nichts, damit kann ich leben.

Andrea

Mir gefällt das, ehrlich gesagt, auch nicht. Ich hätte dem Lied eine andere Melodie "verpasst".
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Nase

Sorry, aber die Bidla Buh-Umtextung finde ich persönlich schwach. Klar - Leute mit dem Original zu beeindrucken ist nicht schwer, aber wenn du eine Umtextung machst, dann sollte die auch kreislergerecht sein.

Man könnte beispielsweise die einzelnen Orte angleichen, damit das Metronom sich nicht aufhängt und der Kreisler-Kenner eine Freude hat.

Zweitens bist du nicht der Erste, der die Geschlechtsumwandlung des Bidla Buh vollzieht. Bastian hier aus dem Forum hat z.B. eigene originelle Gedanken drin;

statt:
Eberhard warf ich in die Donau,
/
Reiner warf ich in den Reihn rein.

Eine weitere, ähnliche Modifikation stammt vom -  hier wenig beliebten - Damenquartett Salut Salon.


Apropos Plagiate:

@ Sandra
Wie kam denn der Dämpfer in Bonn?  :)
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Andrea

Zitat:
Wie kam denn der Dämpfer in Bonn?
Was meinst du mit "Der Dämpfer"?
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Er meint den Text, den er mir hätte noch mailen sollen, es aber vergessen hat, und wir ihn deshalb nicht gemacht haben. :(

Dagmar

Ooch - das habe ich gar nicht so richtig mitgekriegt, schade  :(
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Adi

Eigentlich hatte ich gehofft, dass hier jemand weitere Umdichtungen zum Besten gibt....

Adi

[

Wieso, Nase, ist denn die Umdichtung nicht "kreislergerecht", und was meinst Du mit "die Orte angleichen"

Bassmeister

#20
ZitatLothar mit der Engelsmiene legt ich auf die D-Zug-Schiene
Markus und der Florian hab'n Unfall auf der Autobahn,
Eugen wollt ins Auto nicht, er starb an einem Pilzgericht
Lustig ist die Jägerei – Bruno war im Weg dabei,

Diese Strophe fand ich spitze.
Mir selbst gelingt das Umdichten von Liedern nicht. Ich habe es einmal mit "Mütterlein" versucht - zum Geburtstag meiner Mutter. Das ging in die Hose. Seitdem habe ich das nie wieder versucht. So was muß - wenn - dann RICHTIG gut sein.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Adi

Danke, Bassmeister, das tut richtig gut!

Maexl

ja dann gib mal n selteneres kreislerlied vor - dann versuch ichs auch mal... wer es am besten geschlechtsumwandelt oder androgynisiert.

Adi

Wie wärs denn mit dem "schönen Heinrich"?

Dagmar

#24
Warum wollt ihr denn unbedingt Kreisler umtexten? Etwas anpassen hier und da, wo es Sinn macht (wenn man Nummern von ihm als Frau singt zum Beispiel), das kann ich ja nachvollziehen. Aber ganz neue Texte? Wieso? Die Stücke sind doch gut so wie sie sind. Oder habe ich was mißverstanden?
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.