Kreisler/Bronner

Begonnen von Leitner, 18. August 2006, 21:46:28

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RIK

ORF 2 Talk-Texte noch interessant? Dann mal los: Elfriede Ott: """Also, dass er uns wahnsinnig abgeht, ist eh` klar. Aber es ist auch etwas so Fürchterliches, dass mit einem Menschen, wie dem Gerhard, wieder ein Stück jüdischer Witz verloren geht. Das ist ein total kultureller Verlust von uns.""" - Sandra Kreisler:""" Ja also, das ist ein, das ist ein bisschen ein Ende einer Ära.""" - Bela Korcny: """Kreisler, der Letzte noch.""" Ob das jetzt so richtig ist? Wer weiß, wer weiß? Ist fast egal - oder?! :)

Burkhard Ihme

ZitatBeide kennend, kann ich nur aus vollstem Herzen sagen: Nein. Die Rivalität, der Streit liegt in den Persönlcihkeiten der beiden. Und hat aber sowas von nix mit Herkunft zu tun. Die sind einfach zwei "Alpha-tiere" die niemanden neben sich dulden.  Und die jeweiligen Frauen haben auch dazu beigetragen. Und die politische Weltanschauung. Aber sicher nicht irgendwelcher Standesdünkel, ganz sicher nicht.
Die beiden waren übeerdies  über Jahre nicht nur bekannt, sondern echte, richtige, beste Freunde.
In diesem Thread hab ich das Gefühl, alle wüßten über das Zerwürfnis von Kreisler und Bronner Bescheid. Allerdings hab ich hier im Forum keine Informationen dazu gefunden. Bezieht ihr euer Wissen aus einer gemeinsamen externen Quelle?

Dorian

#27
In Kreislers aktueller Biographie, ("Georg Kreisler gibt es gar nicht" , habe ich letzte Woche endlich mal gekauft und gelesen) steht ein bisschen was über das Zerwürfnis drin.

Darüberhinaus hat Kreisler wohl 1989 schon einmal in einem Buch (Die alten bösen Lieder, Ueberreiter Verlag) 'ne Menge dazu geschrieben, aber der Grossteil der Bücher ist wohl durch einen "Wasserschaden" vernichtet worden.

In Bronners Buch wiederum (Die goldene Zeit des Wiener Kabaretts, hannibal, 1995) steht über Kreisler nicht ein einziges Wort, bzw. dort steht sogar "Alle wesentlichen Kollegen aus dieser Zeit gibt es nicht mehr". ( Hey, vielleicht hat das ja auch den Titel von Kreislers Biographie mitbeeinflusst, das fällt mir ja jetzt erst auf)

RIK

Gerhard Bronner schreibt in seinen Erinnerungen "Spiegel vorm Gesicht":

ZitatAls die Platten aufgenommen waren, fragte uns der Produzent nach den Namen der Urheber der Nummern. Als Kreisler gefragt wurde, sagte er: "Text und Musik aller Lieder sind von mir!"

Ich sagte leise zu ihm: "Aber Schurli, das stimmt doch nicht, das Lied mit dem Taubenvergiften ist doch von Tom Lehrer."

"Den kennt kein Mensch in Europa, und der wird in Amerika sicher nichts von meiner Platte hören."

"Und wenn doch?"

"Dann werde ich ihm schlimmstenfalls die Hälfte der Tantiemen geben, aber solange er nichts davon erfährt, kassiere ich alleine."

Ich sah ihn nachdenklich an und fragte mich, wie lange unsere Freundschaft bestehen würde.

War das vielleicht der Anfang vom Ende? Fest steht übrigens eindeutig in diesem Zusammenhang, nur eine der Darstellungen kann der Wahrheit entsprechen. Einer der beiden hat gelogen und das reicht für den Bruch einer Freundschaft in der Regel aus.

Guntram

Ich glaube nicht das das der Grund ist. Kreisler beklagt sich doch eher über die Richtung des Kabaretts ohne Namen. Es war ihm nicht politsch genug. Außerdem könnten finanzielle Gründe auch noch dahinter stecken. In Kreislers Biografie (ich mache es jetzt aus dem Gedächnis) gibt es doch die Andeutung Topsy Küppers hätte Bronners undurchsichtige Geschäftsverflechtungen duchschaut/erkannt und Kreisler rausgeholt. Ist übrigens eine positive Bemerkung zu TK obwohl ich die in der Biografie nicht erwartet hätte. Aber das nur am Rande.

Wie whoknows am Anfang schrieb künstlerische/politische Richtung, die Frauen der beiden ...

... und das ist meine Meinung, Bronner könnte ziemlich beleidigt gewesen sein weil Kreisler nach München gegangen ist. Aber das kann ich schwer beurteilen weil ich Bronners Charakter nicht so kenne. Aber da Kreislers Biografie Bronner nicht ganz ans Kreuz nagelt sondern die Kapitel habwegs objektiv klingen halte ich die Beschreibung der Wiener Zeit ziemlich plausibel.

Der eigentliche Grund für das Zerwürfnis steht auch nicht drin. Wir können also weiter spekulieren.
Träume sind nicht Schäume, sind nicht Schall und Rauch,
sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
Wirklichkeit heißt Spesen, Träume sind Ertrag. Träume sind uns sicher schwarz auf weiß wie Nac

RIK

Georg Kreisler gibt eine Antwort in seinem  Buch "Die alten bösen Lieder".
ZitatAber nicht nur in Wien habe ich zum Publikum die besten Beziehungen gehabt, sondern eigentlich überall. Weniger gut waren meine Beziehungen zu Produzenten, Theaterdirektoren, Filmmenschen oder Funk- und Fernsehredakteuren, und am schlechtesten waren sie zu anderen Kabarettisten. Das dürfte daran liegen, daß ein guter Kabarettist einsam sein muß, wie überhaupt jeder gute Künstler.
Die Einsamkeit kommt daher, daß man sich anderen nicht mitteilen kann, außer auf künstlerischer Basis. Ist ein Kabarettist nicht einsam, dann ist er meistens auch nicht gut. Hauptsächlich ist er dann stolz darauf, den Politiker an Zeug zu flicken, und merkt nicht einmal, wenn die Politiker das begrüßen. Solche Kabarettisten habe ich nie verstanden. Natürlich haben auch sie mich nicht verstanden, und so wurden wir Feinde oder bestenfalls distanzierte Kollegen.
Das ist traurig, aber es hilft weiter. Daher bin ich auch Gerhard Bronner und allen Kollegen dankbar, die mir durch die Verweigerung jeglicher Unterstützung oder durch offene Feindschaft weitergeholfen haben. Dankbarkeit ist die Höflichkeit der Kabarettisten

In dem Buch "Die alten bösen Lieder" schreibt Georg Kreisler so viel über die Zusammenarbeit mit Gerhard Bronner, dass eigentlich keine Fragen offen bleiben, weshalb es zum Zerwürfnis kommen musste.

Burkhard Ihme

Weiß man wenigstens, wann die sich verkracht haben?
Ich kannte nur den Bericht, daß Kreisler es Bronner sehr übel genommen hat, daß der ein Rundfunk- (oder war e ein Bühnen-)verbot) für Topsy Küppers forderte. Das war allerdings erst 1973 und nach der Scheidung eigentlich kein echter Grund mehr.

Dorian

ZitatIch glaube nicht das das der Grund ist. Kreisler beklagt sich doch eher über die Richtung des Kabaretts ohne Namen. Es war ihm nicht politsch genug.

Als ich letztes Jahr das süsslich-seichte  "Lied von Wien" transkribiert habe wurde mir recht deutlich klar, das Kreisler mit dieser Richtung nicht glücklich gewesen sein konnte und das als unter seinem Niveau empfunden haben muss.

Guntram

In einem aktuellen Interview von Louise Martini sagt sie folgendes

ZitatOÖN: Was besagte Ära betrifft, endete sie mit vielen Konflikten. Da war zum Beispiel die ewige Rivalität zwischen Georg Kreisler und Gerhard Bronner. Wie kam es dazu?

Martini: Mein Gott, das waren tolle Leute, aber da war so viel Ehrgeiz im Spiel. Der Bronner wollte gern als Einziger wie der Phönix aus der Asche steigen. Der Kreisler hat ein Buch geschrieben, aus dem irgendwie hervorging, dass er sich als Zentrum des Kabaretts sah. Aber in Wirklichkeit war das ja der Qualtinger. Am Ende haben manche nur noch mittels Einschreibbriefen verkehrt. Und als wir nach fünf Jahren auseinandergingen, gab es keine Feier. Wir haben uns nicht einmal richtig verabschiedet.

Paßt so zu den Aussagen über zwei (oder sogar drei?) Alpha-Tieren. Da kann nur einer im Rudel bleiben.  ;) Ihren Weg haben beide gemacht.

Noch der Link zum gesamten Artikel

http://www.bloom.de/articles/article_007802_php4.htm
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sondern unser Leben so wie wache Stunden auch.
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