Kreisler fuers Leben

Begonnen von Peter Silie, 25. März 2004, 03:59:45

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Peter Silie

Also mich taete interessieren: Was haben euch die Kreisler-Chansons so mitgegeben, fuer euer Leben?
Welche message hat euch am meisten beruehrt?
Mit welchen Aussagen koennt ihr euch so richtig identifizieren?
Gibt es vielleicht sogar ein Lied, von dem ihr sagen koennt, es hat euch veraendert?

Ich mach amal den Anfang.
Ich glaube z.B. "Ich hab ka Lust" hat mich sehr beeinflusst. Es beschreibt so schoen eine gewisse Art von zivilem Ungehorsam und Lebenslust und Mut zum nein sagen. Das wollt ich auch koennen, wie ich das Lied gehoert hab.
Der General und der Opernboogie haben mich fuer immer gelehrt, dass das Militaer bzw. Opern etwas sehr doofes an sich haben.
Barbara hat mich zum Romantiker gemacht und mich ueberzeugt, dass man sich fuer seine (Tag)traeume nicht genieren muss.
Bessarabien hat mir veranschaulicht, wie vergaenglich eine Liebesbeziehung sein kann, als ich noch gar nicht wusste, was das ist.
Und Wenn alle das taeten bestaerkt mich immer wieder aufs neue darin, unkonventionelle Wege zu gehen, und in der Gesellschaft gegen den Strom zu schwimmen.


Choirgirl

Mir ergings mit "Wenn alle das täten" ähnlich wie dir mit "Ich hab ka Lust"... tolles Lied!

Berührt haben mich mit am meisten "Weg zur Arbeit" und "Das Weinen" - durch diese Lieder bin ich richtig zum "Fan" geworden.

Toller thread  :D

Mir fällt bestimmt auch noch mehr ein
Computer says no.

Bassmeister

Meine erste Platte waren die "Everblacks" - ich hörte sie immer und immer wieder, bis ich alles auswendig konnte. Jetzt sing ichs selber - das ist schon eine Veränderung.

Als Musiker lernte ich durch "Das Triangel" und den "Opernboogie" über unsere Zunft zu schmunzeln.

[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Georg

Ich habe durch die Lieder gelernt, kritischer manche Sachen zu betrachten. Auch das Disskutieren im Forum hat viel dazu beigetragen. Danke an alle  :-*

 :)

Georg

Bastian

Ist das auch ein Symptom der Kreisleritis?
ZitatKindersarg, Taliban, schwarzhumorig, Kindstod, vergasen, Nazzi, überfahrene Katzen, 200 Anschläge die Minute, schön rabenschwarz, gedünstete Kinder
(s. Witz des Tages)

So. Kinder, schlagt zu!

Sandra

na, rate doch mal....
Wer Brian Wilson gerne singen hört :P der muss auch mit Kinderleichen umgehen können, oder?
Mich haben so viele Lieder berührt und "gemacht" ich kann's garnicht so benennen. Ein grosses Aha-Erlebnis war für mich "unheilbar gesund" - als ich, nachdem ich das Lied jahrelang kannte und mochte, plötzlich draufkam (ich wurde wohl erwachsen) dass es sich um den Tod handelt.
Ich kann auch nciht auseinanderhalten, was jetzt die Lieder und was die Erziehung war - jedenfalls wurde ich durch GK aufmüpfig, kritisch, und fast schon aus Prinzip auf der Seite der Schwächeren stehend. Und ein Sprach- und Wortfetischist.

Bastian

Auf jeden Fall bin ich seltsamer geworden. Vielleicht wäre das aber auch so passiert. Kann ich ihm nicht nachweisen, dem Herrn Kreisler. Aufmüpfig war ich schon vorher, aber seine Schärfe im Denken und im Formulieren hat mich bestimmt beeinflusst. Meine Witze werden allerdings in den letzten Jahren oft missverstanden.

Das werfe ich ihm vor.

Sandra


Nase

Wahnsinn! Mir gehts genauso!!
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Zuzy

Ich kenne bisher nicht sehr viele Lieder von G.K., aber in den "Mann ohne Liebe" kann ich mich sehr, sehr gut hineinfühlen... :'(

Sandra

DAs ist aber eine traurige Ansage....

Zuzy

Ja, leider! Manchmal muss man sich seinem Schicksal beugen... ::)

Sandra

Bledsinn.
Sorry, wenn ich zu hart klinge, aber: Bledsinn.
Man muss sich überhaupt nicht seinem Schicksal beugen.
Man muss rechtzeitig erkennen, wenn es in eine falsche Richtung läuft, und gegensteuern. Und das geht sehr wohl!!!! (Ich spreche aus Erfahrung)

Zuzy

War meinerseits auch ein bisserl ironisch gemeint... ;) Aber wegen meines "Berufes" könnte der Song wunderbar passen! Deshalb gefällt mir das Lied auch so, weil ich, wenn ich die "Geschichte über den Mann ohne Liebe" höre über mich selber lachen kann... Und dies geschieht nicht oft...

@Sandra K.:

Sorry, war sicher für Außenstehende nicht erkennbar, dass ich es ironisch meinte. Haben Sie sicher recht, es ist totaler Blödsinn, wenn man nicht kämpft, um seinen Weg zu gehen...

Sandra

uije... :-[ Da bin ich aber auf der Seife gestanden... :-*

Andrea

Mein kleines Mädele - weil es stimmt -, verlassen - weil man noch so viel reden kann und die Worte oft im Sand verlaufen, es hat mich einfach unglaublich berührt -, und für das, was ma gehabt hat - weil man immer bemüht ist, dick aufzutragen, ohne darüber nachzudenken, was eigentlich wirklich wichtig ist: Nicht was man gehabt hat, nicht, was man gemacht hat, sondern was man ist.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

Aber "für das, was ma gehabt hat" ist nicht von Kreisler, sondern von Peter Wehle. Das hast Du also alles von der "Lieder" -CD (*stolzschwell*).
Für mich sind auf dieser CD zwei der wichtigsten Kreisler-Lieder "Weder noch" und "Zu leise für mich". Relativiert alles ein bisschen, und ist aber - und DAS ist auch der wesentliche Punkt an diesen Liedern - allgemeingültig, obwohl es auf den ersten Blick nicht so aussieht.

Andrea

 :DDie beiden Lieder hab ich vergessen. Weder noch hat einen erstaunlich schönen Text, der  immer gilt. Den hab ich manchmal im Kopf, wenn ich mich über irgendwas aufrege, damit ich mich dann endlich wieder abregen kann. Das erste Lied auf der CD (ich glaub, das ist vom Wecker) finde ich auch sehr schön. "Verlassen" hab ich allerdings als Erstes vom Georg gehört. Das hab ich auf einer meiner drei gekauften CDs. Die könnten ruhig auch mehr werden...
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Nase

"Weder noch" gehört tatsächlich zu seinen wichtigsten Sachen. Nachdem ich das begriffen habe, begann ich meine eigene Lebensphilosophie zu schreiben.
Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Dagmar

'Zu leise für mich' und 'Im Theater ist nichts los'

Beide Stücke haben mir immer viel geholfen. Ich hab' nie zu denen gehört (leider), die nonchalant sagen konnten und können : "Haut mich, daran lerne ich nur". Tja, den Status hab' ich nie erreicht. Mich trifft's immer, wenn Leute mich Scheiße finden (was ist das denn für eine? wie singt diiieee denn? ist ja grauenvoll! kennste dieunddie - die interpretiert Brecht aber viiieeel besser! wieso macht die daaas denn, die hat doch noch nen anderen Beruf achgottachgotthasteschondieanuthinihremneuestenkonzertgehörtdiekenntdochsowiesokeinschweinwiepeinlich)

Hat mich immer alles getroffen und ich hab' stumm in der Ecke rum gesessen.

'Zu leise für mich' und 'im Theater ist nicht los' hab' ich dann manchmal stundenlang gehört (und gesungen, damit ich den Mund überhaupt wieder aufkrieg'). Und dann ging's mir wieder gut - und ich hab' gedacht: Leck' mich!

UND WEITERGEMACHT!

Dagmar
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Nase

Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

Dagmar

Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Nilepile

Also, sollte ich irgendwann mal Kultursenator oder soetwas werden und man fragte mich, welche Schriftsteller den größten Einfluss auf mich hatten, wäre es sicher zweckdienlich darzustellen, wie ich bereits als Zehnjähriger nachts unter der Bettdecke mit der Taschenlampe Hegels "Phänomenologie des Geistes" verschlungen habe...
Bis dahin kann ich ja ruhig bei der Wahrheit bleiben. Robert Gernhardt und Georg Kreisler haben mich (und mein Humorverständnis) am meisten geprägt. Das merke ich spätestens dann immer wieder, wenn ich auf Menschen mit anderem Humorverständnis stoße.
Nilepile.

Trombonist

Es ist schwer, ein ganz besonderes Lied hervorzuheben. Als Musikjournalist reflektiert man in Kenntnis von Kreislers "Musikkritiker" sein Tun ganz besonders, wenn es um zeitgenössische Musik geht ("erst nachdem er tot ist, ist er gut").
Besonders beeindruckt bin ich aber immer wieder von "Allein, wie eine Mutterseele. Das Lied versucht mit genialen Metaphern und Vergleichen Mut zu machen, einen eigenen Weg zu gehen und nicht sein Fähnchen nach dem Wind zu hängen.

"Ich bin zwar nicht klug, doch gibt es dimmre."
(Imre Schmoll  in "Der Beschluss")

Alexander

#24
Herzlich willkommen, Trombonist!

Ich selbst bin ja noch ein "Kreisler-Entdecker", taste mich behutsam in dessen Gesamtwerk vor. Für ihn eingenommen hat mich die Möglichkeit, 1997 in einem Wiener Kleintheater "Heute Abend: Lola Blau!" am Klavier begleiten zu dürfen. (Siehe auch eigener Thread unter "Kreisler-Interpreten".) Seither "sammle" ich Aufnahmen und Inszenierungsvergleiche. Dieses Werk hat so viele großartige Chansons, darunter einige hier bereits genannte wie "Weder noch" oder "Zu leise für mich", und diese Lieder am Klavier begleiten, das hieß für mich (als geborener Wiener) ähnlich wie bei Schubert: Ganz zu Hause sein.
Ich habe vorher und nachher diese "musikalische Geborgenheit" auf der Bühne nicht erlebt, auch nicht mit eigenen Liedern. Insofern hat mich dieses Erlebnis - gemäß der Fragestellung - verändert und geprägt.
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)