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Werte

Begonnen von Andrea, 15. August 2005, 02:07:21

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Andrea

Diesen Thread eröffne ich, weil mich interessieren würde, was wem wert ist, welche Werte allgemeiner Natur und welche individuell sind.
Ich fange mal ein paar Werte, die mir spontan einfallen, an, aufzuzählen:
Dass ich gesund bin, dass meine Freunde gesund sind, dass ich einen ehrlichen Austausch mit ihnen habe, der so lange dauert, bis man einander verstanden hat. Das kann gern viel Zeit in Anspruch nehmen.
Z.B. ist mir nicht wichtig, wie ein Auto aussieht, in dem ich mitfahre, Hauptsache, es fährt. Ein leiser Motor wäre zwar wünschenswert, weil man entspannter ankommt, aber er ist nicht zwingend notwendig. Dann gibt es so Werte wie Aussehen, die mich zu der Frage veranlassen, warum sie mir wichtig sind - oder bis zu einem gewissen Grad wichtig sind. - Damit meine ich nicht, ob jemand eine schiefe Nase hat, ob jemand dick oder dünn ist, fällt mir z.B. als Hindernis (wenn er dick ist) für ihn selber auf. Dann atmet er schwer und kann sich kaum bewegen, das ist das Hindernis, das ich meine. Mir ist wichtig, dass meine Klamotten zusammenpassen. Wären aber alle Menschen blind, wär mir das wurscht. Es ist mir wichtig, um die Ästhetik der Sehenden zu "berücksichtigen". Wie esse ich - das ist mir weniger wichtig, weil es anstrengend für mich ist, dder Ästhetik der Sehenden gerecht zu werden, als mein Essen auf eine praktische Weise zu genießen. Aber eigentlich müsste mir das, um der Gesellschaft zu entsprechen, genauso wichtig sein wie die Klamottenfarben. Auf der Bühne ist mir ein gutes Outfit und Schminke wichtig, weil ich mich in der öffentlichkeit als Sängerin präsentiere. Aber im Alltag bin ich nicht geschminkt, weil ich mich nicht schminken kann.
Akustische Werte hab ich auch noch: Schöne Stimmen mag ich, schöne Klänge, Musik, gut gelesene Hörbücher. Und wenn mir die Sprache oder die Stimme von jemandem nicht gefällt, nehme ich von diesem Menschen nicht so viel wahr wie von jemandem, der in meinem Ohr schön klingt. Das ist die akustische Ästhetik. Warum ist sie mir so wichtig wie vielleicht jemandem die Farben eines Autos oder von Bildern?
Ich gebe zu, ich beschreibe etwas chaotisch. Ich hoffe, Ihr könnt mir noch folgen. Bestimmt fallen mir im Diskurs mit Euch noch Werte ein. Ach ja: gute Gerüche vom Wald und dem Meer z.B. genieße ich sehr.
Vielleicht nennt man all das auch nicht "Werte", vielleicht fällt das unter einem anderen Begriff?
Sorry! Ich kann hier schon wieder nicht mitlesen, deshalb kann ich meinen Beitrag nicht so gliedern wie ich es gerne möchte und auch keine Fehler ausbessern.
Was habt Ihr für Werte?
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Alexander

Für mich zählen "innere" Werte ungleich mehr als "äußere" Werte. Wie jemand aussieht ist mir völlig egal, wenn er sonst ein lieber Mensch ist. Ich gebe NICHTS auf gesellschaftliche Konventionen, Moden oder Zeiterscheinungen.
"Wertvoll" sind für mich Menschen, die versuchen ein Leben zu leben, in dem sie auf andere Rücksicht nehmen und anderen nicht (bewußt) schaden. Und lernfähig sollten sie sein!
,,Die Kunst ist eben keine hübsche Zuwaage – sie ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein." (Nikolaus Harnoncourt)

Sandra

Ich glaube, man muss unterscheiden.
Zwischen Geschmäckern, Vorurteilen und wie man sie bedient, nützt oder unterläuft (und vor allem: was wo wichtiger ist) und gesellschaftlichen allgemeingültigen (n Europa) Werten, die es zu verteidigen gilt.

Dem Vorurteil, das entsteht, weil man schauen kann, entgeht keiner - auch wenn man es noch so sehr versucht (was lobenswert ist!) - ausser einem Blinden. Sehen drängt sich einfach zu sehr in den Vordergrund.
Da ist es sinnvoll, wenn man weiterkommen will, wenn man sich in gewissen Dingen dem einfach begibt. Indem man zB seine Kleidung so wählt, dass die Vorurteile der anderen das darin erkennen, was man selbst wünscht, das sie erkennen.
Ebenfalls das Vorurteil der Benimmregeln (Tischmanieren etc.) Wenn man weiterkommen will, sollte man sich zumindest geringe Manieren aneignen, denn erstens ist es einfach Rücksichtnahme, wenn die Anderen einem nicht beim unappetitlich essen zusehen müssen, und zweitens signalisiert man damit auch, dass man nicht der letzte Schlurf ist, sondern einen gewissen Status anfordert und zugebilligt bekommen möchte. Und vor allem: Dass man sein Essen nicht so geniessen kann, nur weil man auf Zuschauende Rücksicht nimmt - das ist ein extrem billiges Argument: Es ist einfach Faulheit. Wenn man sich gewöhnt, gewisse Bewegungen einzuhalten, ist es keine Arbeit mehr. Das nur nebenbei. Es ist ja auch keine Arbeit mehr, die Tür zu zu machen, oder herunter zulassen wenn man auf's Klo geht. Als kleines Kind war das noch ein Extra-Gedanke und eine Extra-Tätigkeit, dann wurde es automatisch. Oder sich waschen.

Anyway:
Sich derartigen Vorurteilen, Geschmäckern und Urteilen bis zu einem gewissen Grad zu begeben, halte ich nicht für "sich verbiegen". Man kann nicht mit dem Kopf durch die Wand - bzw man sollte es vielleicht bei wichtigeren Anlässen ausprobieren und sich den Kopf anhauen, als bei so oberfächlichen Werten. Ausserdem muss man abwägen: was will ich erreichen, und was verbiege ich an mir dafür? Wenn man diese Relationen sieht, ist es klar, wo man sich äusserlichen Vor- oder sonstigen Urteilen begibt, und wo nicht.

Dann gibt es natürlich die Werte, die allgemein gültiger Natur sind, und die ebenfalls - so empfinde ich das jedenfalls - heutzutage allzusehr einem Relativismus ausgesetzt sind.
Menschenrechte, Frauenrechte, Demokratie, Ehrlichkeit, Handschlagqualität etc.
Ich habe den Eindruck, Europa vergisst allzu oft, dass das wesentliche Europäische Werte sind, die es, vor allem im eigenen Land, zu verteidigen gilt. In Europa entsteht zunehmend eine Art Relativismus, diese Werte gelten nur noch für ethnische Europäer, aber nicht mehr für alle in Europa. Das halte ich für einen gravierenden Fehler.

(Ich habe - ich erwähne das hier, weil es irgendwie dazu passt - im übrigen meine Meinung im Kopftuchstreit gefestigt und entschieden: Ich finde, Kopftücher gehören in Schulen und öffentlichen Ämtern etc verboten. Auch Säkularität ist ein europäischer Wert, den es zu verteidigen gilt. Im eigenen islamischen Land - wo eigene Werte sehr wohl grimmig allen anderen gegenüber verteidigt werden - können die Muslime ihre Werte halten wie sie wollen. In Europa gelten Europäische Werte, und einer davon ist: Religion ist Privatsache, und sollte nicht öffentlich gemacht werden. Ich hab irgendwie die Schnauze voll, dass die Werte der ANDEREN geschützt werden, die Europäischen aber kaum. Man begibt sich aufgrund irgendwelcher Höflichkeitsformeln den Forderungen derer, die ihre Werte überall einsetzen möchten - und unserer Werte aber nciht mit dem gleichen Respekt behandeln.)

Die Werte, von denen Du, Andrea sprichst, sind im allgemeinen private Werte - die sich mehr oder weniger mit denen anderer Europäer decken, und zum Teil auch mit allen Menschen. (Gesundheit, zB).
Diese Werte sind relativer - meiner Meinung nach - als allgemein gültige Werte. Siehe oben: Gesetze, Menschenrechte, Gleichheitsgrundsatz etc

Wie sehr jemand auf Kleidung, Manieren, Klänge, Gerüche etc achtet ist bis zu einem gewissen Grad immer im Zusammenhang mit dessen Erziehung und Geschmack. (wo die Belästigung beginnt ist sehr fliessend) Erziehung und geschmack sind zwar immer auch kulturell geprägt, dennoch sind es nicht allgemein gültige Werte von Anfang bis Schluss.
Allgmeine Werte sind allerdings absolut - innerhalb einer nation, eines kulturellen Umfelds. Abendland, Orient, Afrika etc - die haben jeweils eigene Werte. Viele sind durch Kolonisierung durch Europa entstanden - da wird oft jetzt, wie ein Bumerang, das gleiche rückwärts probiert - nämlich deren Werte bei uns zu installieren.
Wenn man aber allgemeine Werte - zb Beispiel hierzulande Europäische Werte - nicht verteidigt, dann entsteht ein Werte-Vakuum. Und das ist enorm gefährlich: das destabilisiert die Gesellschaft total.

Andrea

Zitat:
Da ist es sinnvoll, wenn man weiterkommen will, wenn man sich in gewissen Dingen dem einfach begibt. Indem man zB seine Kleidung so wählt, dass die Vorurteile
der anderen das darin erkennen, was man selbst wünscht, das sie erkennen.
Da muss man aber auch wissen: Mit welcher Kleidung drücke ich WAS aus?Ich hab das Glück, gute Freunde zu haben, die mich beraten, aber viele andere Blinde kleiden sich unbewusster und dadurch vielleicht nicht gerade vorteilhaft. Z.B. wenn sie von den Eltern eingekleidet werden oder einfach von Leuten, die keinen ausgeprägten Geschmack haben. Es gibt ja auch Sehende, die sich unvorteilhaft kleiden. Man muss wissen: Mit welcher Kleidung sieht man weiblicher, mit welcher wie eine Graue Maus, womit sieht man hervorstechender, ausgeflippter usw. aus.

Zitat:
Ebenfalls das Vorurteil der Benimmregeln (Tischmanieren etc.) Wenn man weiterkommen will, sollte man sich zumindest geringe Manieren aneignen, denn erstens
ist es einfach Rücksichtnahme, wenn die Anderen einem nicht beim unappetitlich essen zusehen müssen, und zweitens signalisiert man damit auch, dass man
nicht der letzte Schlurf ist, sondern einen gewissen Status anfordert und zugebilligt bekommen möchte.
Keine Frage. Leute, die Ihr mich nicht kennt, denkt nicht, ich würde jeden Tag zu Hause aus Faulheit Ritteressen machen. ;D So hab ich das nicht gemeint. Aber ich helfe schon gern mal mit den Händen nach, wenn's einfacher ist.

Zitat:
Und vor allem: Dass man sein Essen nicht so geniessen
kann, nur weil man auf Zuschauende Rücksicht nimmt - das ist ein extrem billiges Argument:
Das ist gar kein Argument, war nur eine Feststellung. Jedenfalls ist es, wenn man merkt, jemand sieht einem zu, dann fühlt man sich – oder ich mich – doch manchmal beobachtet.

Zitat:
Es ist einfach Faulheit.
und Bequemlichkeit. Klar.
In Griechenland haben die Griechen meist mit den Händen gegessen, den Wein umgeschüttet... Es gibt da auf den Tischtüchern einen Plan von Samothraki aus Papier als zweites Tischtuch oben drauf. Irgendwann habe sogar ICH gesagt: ,,Wollen wir jetzt nicht mal die Insel auf dem Tisch austauschen? Das fühlt sich ja ekelhaft an." Andererseits fand ich es für den Moment erholsam, dass es tatsächlich Menschen gibt, die, obwohl sie sehen können, schlechtere Tischmanieren als ich an den Tag legen.


Zum Thema Kopftuch und Religion: Dann sollten aus den Klassen aber auch die Holzkreuze entfernt werden müssen, finde ich. Wie kommt ein Kind dazu, das nicht christlich erzogen wird, das sehen zu müssen.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

#4
ZitatZum Thema Kopftuch und Religion: Dann sollten aus den Klassen aber auch die Holzkreuze entfernt werden müssen, finde ich. Wie kommt ein Kind dazu, das nicht christlich erzogen wird, das sehen zu müssen.
Absolut, das finde ich auch. Wobei ich nciht weiss, ob das in Deutschland auch so üblich ist wie in Österreich. Da hängt der Bundespräsi und ein Kreuz in allen Schulzimmern und in allen amtlichen Räumen. Finde ich grauenvoll.

Übrigens gilt das für alle Religionen: Privat können die anziehen, was sie wollen. Aber wenn sie unterrichten, oder öffentlcihen Jobs nachgehen, haben sie sich säkular anzuziehen, finde ich. Wobei: Wenn jemand zB immer eine Kopfbedeckung tragen muss, auf Grund seiner Ehrfurcht vor "dem da oben" - was ja im Islam nciht deshalb ist, sondern, damit sich die Frauen verhüllen - dann kann man das auch so machen, dass es eben nicht auf die Religion hinweist. Also, jüdische orthodoxe Frauen müssen auch, wenn sie verheiratet sind, den Kopf rasieren. Die tragen meistens dann perücken - das kriegt man nciht als Religion mit. Und die Männer sollten keine Kipa tragen (dieses Käppi) sondern halt ein Baseballkapperl oder so - in Amerika tun sie das auch. Geht genauso. Und wenn sie superorthodox sind, und Schläfenlocken tragen wollen und Kaftan und so - erstens haben die meistens eh kein Interesse dran, sich in öffentlichen Jobs zu bewerben, und zweitens könnten sie dann auch Freitag nicht arbeiten und so - da geht als eh nicht.

Aber: die christliche Religion ist ein abendländische, also auch Europäische Tradition. Und im Sinne meiner Argumentation vorher - dass man nämlich die Europäischen Werte auch verteidigen muss, also kein MultiKulti im Sinne von: jeder darf machen, was er oder sie will, sondern: man hat sich an gewisse gemeinsame Europäische Werte zu halten - also im Sinne DIESER Diskussion ist das Kreuz in den Schulen Nebensache. Trotzdem ist der säkuläre Gedanke natürlich schon einzuhalten.

angel

#5
Zitat
Absolut, das finde ich auch. Wobei ich nciht weiss, ob das in Deutschland auch so üblich ist wie in Österreich. Da hängt der Bundespräsi und ein Kreuz in allen Schulzimmern und in allen amtlichen Räumen. Finde ich grauenvoll.

Das habe ich auch schon oft so geschrieben, Sandra und mir fällt auch der bayerische Kruzifix-Streit dazu ein.

Ich hatte leider einen Rückfall und wollte in "Bellantis" etwas Hausputz machen. Doch während ich dort putzte, nahm der Dreck immer mehr zu und außerdem wurde ich daran gehindert Staub zu wischen und den miefigen Schimmel zu entfernen.
Inzwischen zensiert mich der Admin Bell, da ich angeblich eine schlimme "antisemitische Hexe" (mr-mali) bin, die Juden (wie Henryk M. Broder) am Austritt aus dem Judentum hindert ;D
Dabei habe ich nur Broder etwas auf den Arm genommen...

Nun zum "wert": Ich denke, daß die Frage nach: "Was dient meinem Wohlbefinden?" oder auch "Was ist dem Menschen (und damit mir) bekömmlich?"

In Bezug auf "Gesundheit" muß ich mich leider wieder mal selbst zitieren:
"In einer kranken Gesellschaft ist jeder ein Simulant, der so tut, als wäre er gesund"
  

Andrea

Dass da auch der Bundespräsi hängt, hatte ich nicht mehr in Erinnerung.
Wie ist eigentlich der bayrische Kruzefixstreit ausgegangen?
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Sandra

#7
ZitatDabei habe ich nur Broder etwas auf den Arm genommen...
Wie kannst du nur??  ;)
Ich mag den Broder SEHR. Ich finde es gibt viel zu wenige wie ihn. Mutig mit Humor und totaaal polemisch. Grossartig!

Übrigens, wen's interessiert: //www.henryk-broder.de

Aber deinen Satz mit
ZitatIch denke, daß die Frage nach: "Was dient meinem Wohlbefinden?" oder auch "Was ist dem Menschen (und damit mir) bekömmlich?"
..kann das sein, dass da der zweite Teil fehlt? Ich weiss jedenfalls nicht, was Du damit ausdrücken wolltest.

Und die Gesunden in der kranken Gesellschaft  - nuja. Ich finde das ist ein bissel gar radikal. Ich fühle mcih jedenfalls nach Massgabe gesund - auch wenn ich viel sehe, dass mir nicht passt. Das macht mich nicht krank, das ärgert mich! Kränken tun mich nur persönliche Dinge.

angel

#8
Hi Sandra,

ich fliege beim Korrigieren zu oft raus und muß mich neu einloggen...

Vielleicht wäre die Frage so okay: "Was ist für den Menschen (und damit mich) bekömmlich"?

Die kleine polemisch Glosse bezügl. Broder ist hier:
http://www.hirony.net/cgi-bin/foren/antwort.cgi?room=0017&messi=12593

Leider sehe ich überall um mich herum "Kränkungen"... Das ist in etwa so wie die Frage nach Freiheit: "Wie kann man frei sein und sich frei fühlen, wenn man nur Gefangene um sich hat?

Bastian

#9
Hihi, das ist aber schon wieder der erste Teil des Satzes, oder? :D Wie endet er denn? Ist Bekömmlichkeit ein Wert, oder wie meinst du das? Bei Kant gibt es ja auch die Pflichten. Und eine davon ist auch das Kümmern um das eigene Wohlbefinden.

Allerdings gibt es auch Leute, die sich nur um die Erfüllung dieser einen Pflicht kümmern, und denen nehme ich es nicht ab. ;)

angel

#10
Hi Bastian,

ich sehe menschliches Leben als Selbstwerdungsprozeß bzw. Emanzipationsprozeß an und so stelle ich mir die Frage nach dem gewünschten  Kommenden, d.h. (m)einer Zielvorstellung des Lebens. Das, was mich diesem Ziel näher bringt (also der Verbindung und Einheit von Weg und Ziel) ist demgemäß "bekömmlich".
Ich hoffe, daß mein Satz nun etwas klarer geworden ist.

Ich bin keine besondere Freundin von Kant und fand Hegel interessanter, doch auch den muß man kritisch lesen und reflektieren...


angel

ZitatDass da auch der Bundespräsi hängt, hatte ich nicht mehr in Erinnerung.
Wie ist eigentlich der bayrische Kruzefixstreit ausgegangen?

Die Kruzifixe durften in der Schule hängen bleiben, was sonst?

Bassmeister

#12
Hmm - Ich weiß nicht - ob Säkularität eine echter Wert ist, ist, glaube ich, sehr relativ! Ein Mensch, dem es sehr viel bedeutet, seinen Glauben im Alltag auch leben zu können, fühlt sich bestimmt enorm belästigt, wenn er "draußen" immerzu "säkular" sein muß.
Aber so ähnlich habe ich das schon mal in einem Religions-Thread geschrieben.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Bastian

#13
Nun, ich finde, die Unabhängigkeit von den religiösen Vorgaben anderer schon als äusserst wertvoll. Unabhängigkeit von religiösem Glauben ist ebenso sehr- oder wenig- ein Wert, wie der Glaube an sich ein Wert ist. Es spricht ja niemand davon, "draußen" säkular sein zu müssen. Es geht darum, dass staatliche Organisationen nicht durch eine religiöse Richtung für sich beansprucht werden. Die freie Religionsausübung, auch die Öffentliche, ist ein hohes Gut. Aber ebenso hoch anzusetzen ist die Freiheit jedes Anderen, unabhängig von religiösen Dogmen und Anschauungen erzogen zu werden- siehe Beispiel Schule.

Und die Freiheit, auch völlig unabhängig von einer Religion leben zu können, ist hart erkämpft worden. Sie ist also schon zu Zeiten der Aufklärung als ein Wert empfunden worden, sonst hätte man sich nicht so für sie eingesetzt.

Sandra

Danke Basti.  Meine Rede.

Maexl

hmm, was ist mit dem hinweis auf das christentum in der verfassungspräambel?

Sandra

Äh..wie ist der? In der deutschen? Inder Europäischen ist er ja rausgeflogen.

Dorian

"Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen" gab sich das Deutsche Volk laut Präambel das Grundgesetz.
Die Schweizer gaben sich ihre Verfassung gleich in seinem Namen., während die Ösis gar keine Präambel haben.

Bastian

#18
In Deutschland:
"Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. ..."

In Österland weiss ich nicht,

und in Schweizerland:
"Das Schweizervolk und die Kantone,

in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,

im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,

im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben,

im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,

gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen,... uswusw"
(wie immer etwas aaausführlicher und mit vielen Sprechpausen und Kommata...)



Bassmeister

Glaube kann eigentlich nur dann wirklich Wurzeln schlagen, wenn man als Kind schon damit aufwächst.
In der (ehem.) DDR gibt es sehr sehr viele Atheisten, was ich darauf zurückführe, daß religiöse Erziehung vom Staat gezielt unterbunden wurde.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

Zwischen Glaube, Religion und öffentlicher Zurschaustellung der eigenen Religion sind aber himmelweite Unterschiede.

Und ich kann in der deutschen Präambel nix rein christliches erkennen. Und auch nix davon, dass man das christentum in öffentlichen Gebäuden aufhängen soll.
(Übrigens kam der tote Mann erst nach ca 300 Jahren fertigem Christentum überhaupt auf. Anfangs hatten die ein anderes Zeichen, den Fisch nämlich, dann waren es Bildnisse vom lebendigen Jesus - erst später kamen sie drauf, dass die Angst vor dem Tod stärker wirkt. Hatten gute PR-Leute....

Bastian

#21
Es geht doch genaugenommen nicht um gläubig oder nicht, sondern um die Vermittlung von Werten. Im Endeffekt geht es bei der Frage "säkular oder klerikal" nur um das jeweilige Vehikel zur Vermittlung von Werten. Ob jetzt einer ein "guter Mensch" ist, weil es ihm seine Religion sagt, oder weil er kategorischer Kantianer ist, ist doch eigentlich wurscht. Und weil es eben wurscht ist, sollten meiner Meinung nach die staatlichen Organe eine neutrale Haltung einnehmen, um das größtmögliche Maß an Gleichbehandlung zu erreichen.

Maexls Einwand mit dem Gottesbezug in den Verfassungen ist sehr interessant. Wenn man bedenkt, wie neu das aktuelle Deutsche GG (1990) und die aktuelle Schweizer Verfassung (1999) sind, ist es schon bemerkenswert, dass der Gottesbezug, bzw Schöpfungsverweis noch immer an prominenter Stelle stehen. Gerade bei Verträgen, die Menschen untereinander abgeschlossen haben- was eine großartige Aufklärerische Leistung ist- scheinen viele noch immer der Auffassung zu sein, dass es einer höheren Autorität bedürfe um dies abzusichern...

Aber es steht weder im Grundgesetz noch in der schweizer Verfassung, dass "Gott" nicht auch Buddha, oder Huizilopochtli heißen kann. Also, je nach Lesart: Feel free to participate. Ladet eure Allahs und Ganeshas ein, und lest gemeinsam den weiteren Wortlaut: "...Verantwortung vor Gott und den Menschen," und "...in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben"

... und schon erscheint der Gottesbezug als einer von vielen aufgezählten Bezügen. Wer will, kann ebenso gottfrei leben und die Verfassung achten, indem er auf die Menschen schaut...

Bastian

#22
Hm... ich entdecke gerade meine salomonischen Talente! Wie widersprüchlich...

Sandra

Trotzdem finde ich, dass - egal ob man jetzt an Buddha, g*tt, Kant, Schopenhauer oder Allah glaubt: Das ist privatsache.
In der Öffentlichkeit (im Sinne von: Bei Lehrern, Beamten, etc) haben derartige Bezeugungen - die immer auch eine Form von"werbung"  und Projektionsfläche sind, nix zu suchen.
und die europäischen Werte sind auf jeden Fall höher einzuschätzen, weil sie  sich eben nciht um Privatsachen drehen, sondern um allgemeine Menschenrechte und Demokratie.

Dorian

Zitatund in Schweizerland:

"Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung, .....

Davor steht aber noch ein Satz:
http://www.admin.ch/ch/d/sr/101/ani1.html

Ist natürlich auch relativ religionsneutral.