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Tsunami

Begonnen von Dagmar, 30. Dezember 2004, 02:57:46

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Dagmar

Tja, nun musste ich erst einmal eine Weile überlegen, in welcher Rubrik ich diesen thread aufmachen soll. Nichts passt wirklich auf eine solche Katastrophe weltweiten und gigantischen Ausmasses!

Ich spare mir weitere Worte dazu, denn ich bin sicher, dass Ihr alle genau wie ich, keine Nachrichtensendung verpasst, und schockiert vor dem Fernseher sitzt.

Es ist eine Binsenweisheit, dass in Katastrophen - Zeiten die sogenannten "mittleren" Kleinkünstler sich erheben (das sind die ohne ganz großen Namen) und Benefiz organisieren. Verschont mich bitte bitte mit solchen Diskussionsbeiträgen - die habe ich in den letzten 2 Tagen zu Hauf geführt. Einschließlich sämtlicher Anmutungen und Vermutungen, warum sich xy für eine solche Aktion gerade jetzt engagiert.

SCHLUSSS! Ich will nix mehr von solchem dämlichen Zeugs hören  >:( >:( >:(

Unendliche Liter Trinkwasser und Medikamente werden gebraucht im Katastrophengebiet, damit diesselbe Anzahl von Menschen, die schon tot sind, nicht noch einmal stirbt Für alle diese Hilfstransporte ist nicht genug Geld da. Deshalb: Geld muss her! GELD! So etwas Profanes wie GELD! Betroffen gucken und hypnothisiert vor'm TV sitzen, reicht nicht! Geld muss her, so viel wie möglich!

Mit Glück - mit viel Glück und viel Unterstützung und vel Einsicht in die momentane Lage bekomme ich eine Bonner Künstlernacht organisiert. Alles ist noch unklar, viele haben Bereitschaft signalisiert. Bereitschaft reicht aber nicht, stundenlange Arbeit wird gebraucht!

Ich brauche für die "Bonner Künstlernacht" (2 Bühnen: eine Klassik, eine "Kleinkunst") noch:

- Ausgebildete und proffessionelle Berufs-Pianisten

- Künstler mit "Namen", die ohne Gage mitmachen

- Tontechniker samt Equipment  soviele wie möglich
- Sonstige Helfer (Ton, Licht, Sammeln gehen mit Büchsen, usw. usf.)

Meldet Euch unter meine e-mail-Adresse, wenn Ihr auch nur im Ansatz glaubt: "Vielleicht, vielleicht könnte ich ja helfen, aber..." - Meldet Euch bitte sofort - es eilt sehr sehr.

Ansonsten habe ich wenig Kopf für anderes im Moment.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Dorian

Ich bin erst am 13. Januar wieder aus dem Urlaub zurück. Wenn Dir das noch was nützt, würde ich unter "sonstige Helfer" mitmachen.

Sandra

Ich glaube, dass man hierfür die Kräfte aus der näheren Umgebung sammeln sollte - und nicht aus Wien (ich - eh klar, das haben wir ja schon besprochen) - daher kann ich keine sinnvollen Angaben für weitere Künstler machen. Aber was ist mit den Schauspiel und Musikschulen? Den filmschulen? Dass man da eine Kooperation macht, meine ich: Die können sich auf "echter Bühne mit echtem Publikum" üben, und Du hast dafür engagierte Leute, die mit Rat und vor allem tat zur seite stehen.

Übrigens - mit der Tsunami ist es vermutlich genauso, wie mit allen anderen Katastrophen, die so auf der Welt passieren: Wer schon mal in der Gegend war, (oder jetzt Freunde und Verwandte dort hat) ist ein bissel mehr betroffen - aber sonst bleiben es Fernsehbilder und abstrakte zahlen.

Es IST eine Katastrophe, und ich persönlich - aufgrund meiner Kenntnis der Gegend, aber auch aufgrund einfach der Bilder - fühle mich wie mittendrin, und mir persönlich scheint alles, was es "sonst" so gibt (was esse ich heute, in welchem Thread schreibe ich was etc) total banal - aber schon für Roger ist es abstrakt, nach dem Motto "ja, schlimm."

Und: Jede Minute stirbt auf dieser Welt ein Kind. Da macht auch keiner Riesengedöns. (Ich will damit weder das eine noch das andere schmälern, versteht mich recht - ich will nur verdeutlichen: ich fürchte einfach, dass in zwei, drei Wochen, wenn die Deutschen heimgekehrt sind, wenn die Zahlen feststehen, und "nur noch" die betroffenen Länder den Zoff haben, dann rutscht das Ganze wieder auf seite drei der Nachrichten, wenn überhaupt, und keiner interessiert sich für grosse Events. Da müssen dann schon SO grosse Events wie das World Aid Event mit internationalen Stars her - wo sich die Stars engagieren, aber das Publikum kommt nicht wegen der Hilfe, sondern um die Stars zu sehen.

Ein Freund von mir ist mit einem Hilfskonvoi in  Phuket. Er sagt mir, es gibt schon erste Fälle von Dengue-fieber.

Indien ist sowieso zu gross für die Berichterstattung, ganze Städte weg, das übersteigt das Begriffsvermögen, damit hat die Nachricht weniger Impact - aus medialer Sicht - ausserdem sind da wenige Touristen gewesen.
Afrika wurde nur kurz mal erwähnt. Die Andamanen kennt keiner, die sind überhaupt nicht mehr in den Nachrichten....

Lanie

#3
Ehre eurer Worte!



PS.

Ich finde es anmaßend wie die Medien das Thema DEUTSCHE Touristen so raushebt.  

Sandra

Danke Lanie, dass Du das auch sagst!
Hier ein neuer Bericht von orf.at - man muss sich diese zahlen mal vorstellen  - öhm, geht garnicht, eigentlich.
Es ist einfach IRRE.

Für UNO-Generalsekretär Kofi Annan steht fest: Die Flutkatastrophe in Südasien ist "eine beispiellose globale Katastrophe" und erfordert daher "beispiellose" Hilfe. Zwar hat die UNO bereits Zusagen über staatliche Unterstützung im Ausmaß einer halben Milliarde Dollar - angesichts des Ausmaßes der Katastrophe kann das jedoch nur ein Anfang sein. Die Opferzahlen steigen weiter. Die offizielle Opferbilanz liegt bei 115.000 Toten, die wahrscheinliche weit darüber. Fünf Millionen sind obdachlos und haben kein Trinkwasser.

Dagmar

SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE! 120.000 Tote und ich-weiss-nicht- wieviele Obdachlose ist die letzte Zahl, die ich heute abend gehört habe, darunter Tausende von Eltern, die ihre Kinder verwaist zurück lassen mussten. Ich könnte heulen, und tue es auch. Ich war viele Jahre in Thailand, in Sri Lanka, auf den Malediven unterwegs. In Hikkkaduwa, Sri Lanka, hat mein Mann mir seinen Heiratsantrag am Strand gemacht, wir beide kennen diese Länder alle sehr sehr gut.

ES MUSS GELD DAHIN; DIE ERSTEN SEUCHEN BRECHEN AUS; DAS HABE ICH AUCH GEHÖRT!

Mit der Künstlernacht in Bonn sieht es so schlecht nicht aus: Ich habe Zusagen von "Grossen" kriegen können, Susanne Kessel, meine Freundin und Korrepetitorin, hilft ohne Ende mit hochrangigen Klassikleuten. Sandra hilft mit ihren Kontakten. Ich selbst habe heute einiges in Sachen Sponsoring, Stadt Bonn, Presse, usw, erreichen können und selber über meine Kontakte auch in den letzten 48 Stunden gute Künstler zusammen bringen können. Helfer müssen wir regional finden, klar. Wenn wir einen der beiden grossen Sponsoren kriegen, an denen ich heute dran war, ist das Helferproblem das  kleinste Problem. Die stellen dann schon genug Leute.

Schulen ist schwierig: Solche Leute wie das Reinhard-Ensemble sagen klipp und klar: Entweder ganz gross oder gar nicht. Das sagen die Top - Klassikleute auch alle. Die kommen nicht mehr, wenn da Schüler auftreten. Das kann man jetzt blöde finden. Aber das ist mir im Moment mal völlig wurscht, wer was wie findet. Ich brauche sehr gute Leute, dann kommt das Publikum und spendet. Was die guten Leute dann wollen, versuche ich zu realisieren - damit die kommen.

Und @Sandra - Du hast noch mit etwas anderem Recht: In nur wenigen Wochen werden die Herzen der Menschen hier bei uns sehr kalt sein. Deshalb muss man sehr sehr schnell etwas auf die Beine bringen - die nächsten 14 Tage - da muss sowas laufen, was den Stress nicht gerade kleiner macht.

Danke an Euch, die Ihr mich angemailt habt,  deswegen. Ich halte Euch auf dem Laufenden
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Sandra

#6
Was sagen denn Deine Fernsehfreunde? Hier bei uns habe ich gerade gelesen, dass sie einen Neujahrsmusikantenstadl zum Spendenabend umfunktionieren - gibt es denn in Germanien schon irgendeine geplante Show, um Spenden zu sammeln?
wenn man sowas über's Fernsehen auftun könnte, kann man sich auch den Saal sparen - dann findet das in einem Sendesaal statt, und man kann zB irgendwelche Promis aus der sport welt an Spendentelefone setzen. Dann gibt's show und dazwischen sagt man wieviel Geld schon da ist - dann kann man sich die Zeit auch Vertreiben mit kleinen Beiträgen aus der gegend und so....

Dagmar

WDR ist dabei - wenn's groß wird  ::) Sonst nicht. Als nächstes muss der Sponsor her - es geht erst Montag weiter mit der Sache.
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Bassmeister

Ja, auch in Deutschland wird so eine "Stadl"-Sendung im ARD zum Spendenmarathon gemacht. Karl Moik und Karel Gott haben sich dafür eingesetzt.
[size=9]Nicht alles, was zwei Backen hat, ist ein Gesicht...[/size]

Sandra

Naja, aber in solchen Fällen ist es ja wurscht, da nimmt man jeden  ;)

Sandra

#10
Ein Freund von mir, Boris, arbeitet beim österreichigschen Militär bei der Rettungs&Katastrophenschutzabteilung. Er ist schon ein paar Tage in Phuket.  Er wurde jetzt der forensischen Abteilung zugeteilt und muss mithelfen Leichen zu identifizieren. Also Gebissabdrücke, Fingerabdrücke (wo möglich) und Gewebeproben für die Analyse. Da nach dem Glauben der Thais kein Haus betreten werden darf in dem ein fremder Toter liegt, werden alle Leichen in Tempeln aufgebahrt. Die Thais waschen alle Leichen und machen Fotos. Boris hat mir wieder bestätigt, dass die Sauberkeit der Leute unglaublich ist - man kann dort von der Straße essen.
Er hat erzählt, durch Phuket geht eine Linie, die mit einem Messer gezogen sein könnte - auf der einen Seite Zerstörung und auf der anderen Seite "normales" Leben. Er hat betende Mönche gesehen und dachte, dass sie für die Toten und Verletzten beten. Bis ein Kollege, der thai kann, ihm erklärt hat, dass die Mönche für die Hilfskräfte beten.

Das wollte ich nur erzählen.

Andrea

Danke! Dass Ihr mir mit euren Gedanken das Thema so nahe bringt wie es ist. Ich hatte diese Woche kaum die Gelegenheit, fernzusehen, und wenn wir Radio gehört haben, war es auch zu selten, um sich ein Bild zu machen. Klar hab ich an deine Freunde gedacht, Sandra, klar hab ich an das Benefiz gedacht, dagmar. Aber was da genau wie passiert, davon hab ich eben nur selten etwas mitgekriegt. Und selbst durchs Fernsehen ist da noch ein Unterschied: Ich sehe die Bilder nicht und für mich ist das, was da passiert ist, zwar da, aber es ist vielleicht weiter weg als für jemanden, der die Katasttrophenbilder sieht. Ich weiß es nicht.
Zum Licht gehört der Schatten, zum Tag die Nacht. Das musst du dir so oft sagen, bis du es weißt und für selbstverständlich hältst. Dann kannst du nicht enttäuscht darüber sein. Denn leben heißt: Das

Dagmar

Die Bilder sind der Horror - für mich jedenfalls!
Je fester dir einer die Wahrheit verspricht, in Programmen und Predigten, glaube ihm nicht. Und geh' zu den Gauklern, den Clowns und den Narr'n: Dort wirst du zwar nix, doch das in Wahrheit erfahr'n.

Sandra

#13
Ein Bericht aus der "Zeit" - nicht uninteressant:

Bei Katastrophen wie in Südasien werden zwei Drittel der Spenden durch TV-Bilder ausgelöst. Wenn die Caritas mit ihrer Kontonummer auf dem Bildschirm erscheint, bringt ihr das mehr Spenden als jede Postwurfsendung und jede Werbung in Tageszeitungen oder Magazinen.

Dagegen, sagt Caritas-International-Chef Salm ohne Bitterkeit, »existieren Katastrophen, die nicht in den Medien stattfinden, praktisch nicht«. Als vor fünf Monaten in China rund 800.000 Menschen durch eine Flut obdachlos wurden, bekam das in Deutschland fast niemand mit. Der Grund: Die Medienmacher hatten das Gefühl, ihr Publikum würde sich dafür nicht interessieren. Entsprechend flau war das Spendenaufkommen. Weitgehend unbemerkt verloren im Sommer 2004 nach einer Flut fast 5,7 Millionen Menschen in Indien, Bangladesch und Nepal ihr Zuhause: Beide Fluten erfüllten eben nicht jenes entscheidende Kriterium, das heutzutage für Hilfsbereitschaft sorgt – eine Verbindung der Katastrophe zu Deutschland.

Der ganze Artikel ist hier:
 http://www.zeit.de/2005/02/Spur_2fGeld

Katinka Koschka

Und ich hab das fatale Gefühl, der Grund, weshalb gerade DIESE Flut in die Medien kam, waren die vielen Touristen, die dabei umkamen :o :'(
Dennoch (?) hab ich gestern Geld gespendet und hoffe, daß es den Einheimischen zu gute kommt, die nicht, wie die überlebenden Touristen mal eben mit einem "fliegenden Lazarett" nach Hause gebracht werden können... :-/

Aber ich will nicht zuviel Zynismus über mich kommen lassen...jeder Toter ist ein Toter zuviel, egal ob ein reicher deutscher Touri oder ein armer Hüttenbewohner von Sri Lanka... :-/
Apripi -das heißt- apropos, Halli halli hallo

Sue

Also mich macht es richtig agressiv, wie die Medien dieses Thema ausschlachten. Jeder Semi-Promi, der einen kennt der die Welle von Weitem gesehen hat meldet sich zu Wort. Das nervt schon ganz schön. Zum Glück gibt es aber auch Beispiele von korrekter Berichterstattung und irgendwie hat diese Katastrophe, vielleicht gerade wegen der betroffenen Touristen wohl doch ein Gefühl für ein globaleres Verständnis der Welt und ihrer Schattenseiten gefördert.
Ein anderes Problem ist ja wohl, dass es schon die ersten Geier gibt, die die Not der Menschen ausnutzen-Entführungen, Vergewaltigungen etc. Da kann man wirklich nur noch fassungslos den Kopf schütteln...

Sandra

#16
Da hast Du völlig Recht. Und es ist ja nachgerade ein "glück im Unglück" dass die Tsunami  auch so stark in touristengebieten gewütet hat - sonst wäre dieser Gegend das chinesische Schicksal beschieden gewesen.
So könnte man vielleicht erwarten, dass die Länder, die  einander jetzt mit öffentlichkeitswirksamen Grossspenden übertreffen wollen, diese auch dafür nützen wollen, dass sie später auch Kapital daraus schlagen können - also  damit auch wirtschaftliche Starthilfe leisten.

Aber ist es nicht auch ein unglaublicher Zynismus der Medien, dass sie sich nur deshalb verstärkt dem Thema widmen, weil sie eben "hiesige" Zeugen haben, und vielviele bunte Bilder?
Die Medien sind letztlich das, was früher die Exekutive war - als Macht im Staat.
Wir sollten lernen, nicht nur darüber zu schimpfen und zu seiern, sondern sie auch so WAHRNEHMEN,  erstens, wenn wir Informationen daraus beziehen - und  zweitens sie auch zu instrumentieren lernen, wenn es darum geht, Bewusstsein für Ungerechtigkeiten und mehr Menschlichkeit zu schaffen.

Es ist hier, wie in allen Fällen - und letztlich genauso wie im Thread Tim fischer: Überall geht Form vor Inhalt.
Und Otto Normalverbraucher, und Franz Gutmensch (und ich ;)) sollten endlich lernen, das zu benützen, anstatt es wieder rückgängig machen zu wollen.


Ach, und apropos Spenden: Inzwischen sollte man nicht mehr mit dem Spendenwort "Fluthilfe" oder "Tsunami" spenden - denn sonst DARF das Geld gesetzlich nur zur Soforthilfe genützt werden, also NICHT für den Wiederaufbau!!!!

Bastian

Und darüber kann n24 drei Tage lang berichten: Die Entführung eines kleinen Jungen, der augenscheinlich gar nicht entführt worden ist. Nur weil sie das Filmchen eben schon geschnitten haben und es so schön dramatisch kommt. Und die Welle rollt jetzt mit grauenerregender Musik daher... Noch nie war bei mir der Eindruck so stark (außer 9.11.), dass die reale Katastrophe noch einmal durch Schnitt und Musi zurechtgezimmert worden ist, wie jetzt. Ich habs mir mal angeschaut: Sie bringen auch Einspielfilmchen, die drei Tage nach der Tsunami aufgenommen worden sind, in denen von "neuen Wellen, die die Leute in Panik versetzen" gesprochen wird und falsche, erste Opferzahlen genannt werden. Das alles senden die unkommentiert, als seien es die news von heute.

Nase

Zitat- und  zweitens sie auch zu instrumentieren lernen, wenn es darum geht, Bewusstsein für Ungerechtigkeiten und mehr Menschlichkeit zu schaffen.

Das hört sich wunderbar an, aber wer hat denn die Möglichkeit, die Medien so zu beeinflussen? Die Politik - jein, die Wirtschaft - ja. Man sieht ja, dass eine Katastrophe gewisse Bedingungen erfüllen muss, um "massentauglich" zu sein - und den Medien Gewinne reinzuspielen.

Was die Medien wirklich bewegt, ist doch der Wirtschaftsapparat und der hat noch nie etwas für humane Bewusstseinsbildung angestrengt.

Oder meinst du die persönliche Bewusstseinbildung?

Nur eins, mein Bester; in der Welt ist es selten mit einem Entweder-Oder getan; die Empfindungen und Handlungsweisen schattieren sich so mannigfaltiglich, als Abfälle zwischen einer Habichts- und eine

kampmann

#19
Eben erhalte ich eine Mail aus einem Newsticker über Tsunamis.

leider auf Englisch:

http://www.newscientist.com/article.ns?id=dn6854

da auf der Seite sind auch noch einige weitere LINKS ...  z.B.

http://www.newscientist.com/article.ns?id=dn6847

hier gibt es eine Karte vonSumatra vor und nach der Tsunami ...


Vielleicht hilft das was

Jörg
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Sandra

ZitatDas hört sich wunderbar an, aber wer hat denn die Möglichkeit, die Medien so zu beeinflussen?

Klar. Beeinflussen kann man eh nciht. Ich meinte jetzt auch eher die, die zB auf Medienberichte angewiesen sind - um populär zu werden, beispielsweise. Dass man sich - so wie Schlingensief es gemacht hat - der Medien bedienen kann, und ein Gefühl dafür kriegt, was dann wie verstanden und wie weitergegeben wird. Das man die richtigen Schlagwörter findet, die dann aufgegriffen werden. Das wäre doch nett.

ich kann das zb nicht - bzw, dort, wo ich weiss, ich KÖNNTE es, WILL ich es nicht. Ich könnte ja zB mit meiner Vatergeschichte noch viel mehr hausieren gehen, oder viel mehr so bewusst angriffige Themen lancieren, damit über mich geschrieben wird, und ich damit Publikum sammle.
 Denn es ist ja letztlich wurscht, WAS über einen gesagt wird, in dem Business, hauptsache, man ist im Gespräch. Aber mir liegt das irgendwie nicht.
obwohl ich dieser Art von Zynismus - eben die Medien und ihre art zu reagieren ganz bewusst für eigene Zwecke nutzen - schon manchmal einiges abgewinnen kann. Vor allem, wenn ich sauer bin.
Wenn ich sehe, wie einer vom anderen abschreibt, wie sie alle auf die gleichen Dinge anspringen - wenn man sich zum Beispiel, wie Kampmann jetzt, in die Tsunami-Stories einliest -  und erst mal in hunderten Medien nahezu verbatim das gleiche findet - und nichts, nichts, nichts, neues, oder gar anders. Jedenfalls enorm selten.
das macht mcih schon sauer, denn in den Blogs findet man schon immer wieder was, und in anderen Nischen.
Aber die grösseren Medien, ZDF,ARD,Spiegel, Stern und und und - einer schreibt vom anderen ab, und tut so, als wär's was Neues.
Und wenn man dann EINEN Sager findet, der eine dieser Blätter richtig interessiert - schwupps, schon in man in fünf Zeitungen. Das ist schon lustig....

kampmann

Zitat
Tsunami

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit", schreibt Immanuel Kant im Herbst des Jahres 1784. Und er fährt fort: "Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt ..."

In der Folge entwickeln sich in Mittel- und Westeuropa Demokratie und Rechtstaat, die hier inzwischen - alles in allem - auch recht gut funktionieren. Zusammen mit dem technischen Fortschritt bilden sie das, was man gemeinhin als Zivilisation bezeichnet: Der Mensch ist nicht mehr bloßes Objekt eines erbarmungslosen natürlichen Zyklus von geboren werden - sich durchsetzen - sich paaren - und sterben. Und das ganze möglichst schnell, denn das Leben - ohne die Zivilisation - ist kurz.

Das Leben - in Nordamerika, Mittel- und Westeuropa - ist nicht mehr kurz: 75 Jahre dauert es im Schnitt. Zur Zeit der Cäsaren waren es gerade mal 22 Jahre. Ermöglicht haben das Wissenschaft und Technik, die im Siècle des Lumières aufzublühen begannen.

Selbstverständlich konnten auch Fehlentwicklungen nicht ausbleiben. Deren gravierendste ist wohl die globale Klimaerwärmung, wegen der in jüngster Zeit vermehrt verheerende Wirbelstürme auftreten. Die zweitgrößte Rückversicherung, die Swiss Re, erwartet innerhalb von zehn Jahren einen Anstieg des versicherten Schadens auf 30 bis 40 Milliarden Dollar.

Allerdings ist das Seebeben in Südostasien nicht von Menschen verursacht. Es war eine echte Naturkatastrophe.

Wissenschaft und Technik jedoch ermöglichen es, derartige Naturereignisse exakt zu beschreiben. Die Daten sind bekannt: Am 26.12.2004, um 7 Uhr 59 Ortszeit, schiebt sich auf einer Länge von rund 1000 Kilometern die Indisch-Australische Kontinentalplatte unter die Eurasische. Die Folge ist ein Erdbeben der Stärke 9 mit dem Epizentrum 3 Grad nördlicher Breite und 96 Grad östlicher Länge.

Auch wie man sich vor durch Beben ausgelösten Flutwellen schützen kann, ist bekannt: Ein paar Drucksensoren am Meeresgrund und einige Bojen mit Satellitenanbindung reichen technisch dafür aus.

An einem "Mangel des Verstandes" haben also die furchtbaren Auswirkungen des Seebebens nicht gelegen. Sie sind verschuldet.

Wo die Ursachen zu suchen sind, zeigt wiederum die Swiss Re. Deren Aktienkurs machte im Gefolge der Katastrophe einen Sprung nach oben, nachdem sich bestätigte, dass die Flut die Finanzen des Assekuranz-Konzerns lediglich mit einem relativ bescheidenen zweistelligen Millionenbetrag belastet. Bambus- und Wellblechhütten sowie das Leben der darin wohnenden Menschen sind schließlich nicht versichert.

Und entsprechend wenig Vorsorge wird dafür getroffen. Während in Industriestaaten die öffentlich geführte Technologiediskussion sich mittlerweile meist darum dreht, marktgängige Anwendungen für neue Techniken zu finden, fehlt in Schwellen- und Entwicklungsländern das Geld für den lebensnotwendigen Einsatz der alten. Dazu gehören neben einem effizienten Katastrophen-Warnsystem unter anderem auch Medikamente gegen typische Dritte-Welt-Krankheiten wie Malaria.

Das Seebeben im Indischen Ozean ist bereits die zweite Katastrophe im gerade begonnen Millennium, die die Welt erschüttert hat. Die erste, der Terror-Anschlag auf das World Trade Center war ein geplanter Angriff auf die Zivilisation. Die zweite zeigt wieder einmal brutal deren geographische Grenzen auf.

Der nach dem 11. September 2001 meistgehörte Satz lautete: "Nichts wird nach diesem Tag sein wie zuvor." Was sich - im schlechten Sinn - denn auch bewahrheitet hat. Nicht nur der Terror islamistischer Fundamentalisten hat die Zivilisation beschädigt. Auch die Reaktionen westlicher Politiker darauf haben Rechtsstaat und internationale Organisationen - ebenfalls Errungenschaften der Zivilisation - in Mitleidenschaft gezogen.

Gegen Erdbeben ist die Menschheit machtlos. Wissenschaft und Technik aber können verhindern, dass daraus Katastrophen entstehen. Genauso wie Hunger und Epidemien verhindert werden könnten. Dass das nicht geschieht, sagt viel über den Entwicklungsstand der Zivilisation.

"Nichts wird nach diesem Tag sein wie zuvor." Nach dem 26.12.2004 hätte dieser Satz einen ganz anderen Sinn ergeben. Aber da hat man ihn nicht gehört.


Achim Killer


Feedback bitte an
mailto:akiller@silicon.de


Dies bekam ich heute als "Wochenrückblick" von Achim Killer, der als freier Journalist arbeitet. DLF und www.silicon.de sind Kunden von ihm.
Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!

Sandra

#22
ZitatDas Seebeben im Indischen Ozean ist bereits die zweite Katastrophe im gerade begonnen Millennium, die die Welt erschüttert hat. Die erste, der Terror-Anschlag auf das World Trade Center war ein geplanter Angriff auf die Zivilisation. Die zweite zeigt wieder einmal brutal deren geographische Grenzen auf.

Zweite Katastrophe?  - ja, zweite, die die Welt erschüttert hat.

ZitatAls vor fünf Monaten in China rund 800.000 Menschen durch eine Flut obdachlos wurden, bekam das in Deutschland fast niemand mit. (...)
Weitgehend unbemerkt verloren im Sommer 2004 nach einer Flut fast 5,7 Millionen Menschen in Indien, Bangladesch und Nepal ihr Zuhause:

Zweite katastrophe? Ich sag's ja -  einer schreibt was, alle anderen plappern es nach.
Und dieser ganze Bericht ist auch nix anderes - hab ich so und so ähnlich schon hunderte male gelesen.

Übrigens: in Nigerien sind gerade 10.000e obdachlos geworden, wegen eines Brandes. Interessiert das wen?

Bastian

Womit wir wieder bei der Bestimmung von Wichtigkeiten wären...

kampmann

ZitatAls vor fünf Monaten in China rund 800.000 Menschen durch eine Flut obdachlos wurden, bekam das in Deutschland fast niemand mit. (...)
Weitgehend unbemerkt verloren im Sommer 2004 nach einer Flut fast 5,7 Millionen Menschen in Indien, Bangladesch und Nepal ihr Zuhause:

Recht hast Du, aber was willste machen? Auch im Altertum hat Gott nur ein Volk ausgesucht:

Das Volk Israel.

Hatte er zu mehr keine Macht?

Oder was ist das?

Sicher auch:

unser Hirn hat nicht soviel Fassungsvermögen für soviel Unglück, vielleicht auch nicht unsere Geldbörse soviel Inhalt ... usw. usw.

Wir haben offensichtlich begrenzte Kapazitäten ... überall ...

Ein Außenseiter, der sehr neugierig ist!