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Begonnen von Heiko, 25. März 2010, 12:28:45

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Heiko

Bis zum Wochenende will ich nicht warten. :)
Natürlich trotzdem ein Dank an Alexander
und hier die Fortsetzung "Sinnloser Mitteilungen".

ZitatDann könnte die Ente aber etwas, das der Mensch nicht kann. Der kann nämlich maximal vier Dinge mit einem Blick erfassen, jede größere Menge wird addiert.
ZitatIch meine die Grenze liegt etwas höher. Ich glaub irgendwo bei acht. Bis dahin reicht wohl die Mustererkennung aus, um nicht zählen zu müssen. Ob Enten so fix sind weiß ich nicht, aber mit Affen hat man schon einige Versuche gemacht.
Die spontane Erfassbarkeit von Mengen, also das Erfassen einer Zahl(!) ohne Zählen, wird Subitizing genannt. In einer strengen Auslegung sind sogar nur Drei Einheiten gleichzeitig erfassbar.
Weil es dabei aber um eine konkrete Ergebnisfindung geht, ist es nicht das, was ich beim Entenbeispiel meinte. Diese erfasst ihre Jungen ohne Zahlbegriff. Sie braucht gar nicht addieren.

(Wenn ich bloß eine Gänsemutter genommen hätte,
dann könnte ich jetzt fröhlich flötend Kreisler zitieren:

Denn der Mensch will immer was beweisen,
im Gegensatz zur Gans, ...
) :)

Der Ente ist nämlich völlig schnurz, ob sie Acht oder Neun Küken hat.
Aber wenn eins fehlt wird sie es wissen, weil ein Platz frei ist.
Ein Lehrer zählt auch nicht immer bis 30, sondern guckt, ob ein Platz unbesetzt ist. (Na gut, viele haken nur die Liste ab, ohne dabei einmal hochzugucken.)

Zitat
ZitatAber ihm folgend müsste ALLES was der Mensch hervorbringt als natürlich eingestuft werden können, weil menschlich ja schon in natürlich enthalten wäre. Industrialisierung, Atomkraft, Nanotechnik ... alles natürlich!?
wenn ich mich auf eine Definition festlegen müsste: ja
Ok, gerne! Also: Nichts kann nicht Natur sein!

Zitat
Zitat
(...) alle anderen Zahlen wären ebenfalls "natürlich" (weil menschlich) und eine Unterscheidung von Zahlen mit genau diesem Attribut ist nicht mehr möglich!
Definitionssache.
Eben! Genau davon schreibe ich: Alles Defintion - willkürliche Bezeichnungen mit impliziten Inhalten. Nicht böse, aber analysebedürftig.

ZitatDie never- ending- Zahl "Pi" ist z.B. eine unsägliche Erfindung. Sie ist keine "Natürliche Zahl", taucht aber an den unmöglichsten Stellen in der Natur auf. Sowas Krummes. Hätte man uns machen lassen, wäre "Pi" gleich "3", und man könnte sich überflüssigen Rechenkram sparen.
(...)
Ich bin kein Jurist, aber es gilt das Verursacherprinzip. Die Natur hat mit dem Unsinn angefangen und uns so krummes Zeug wie "Pi" vorgelegt. Wen wunderts wenn wir Menschen konkludent handeln (äh, sagt man das so, Anke?) und ähnlich abstruses Zeug anwenden, das dann auch noch funktioniert?
Pi ist ja eine Zahl auf die man nur durch die Konstruktion des Kreises kommt. Wo hat die "Natur" denn nun angefangen Kreise (Unsinn?) zu produzieren? Hab schon einige runde Sachen in der "Natur" entdeckt, aber perfekte Kreise, die einen Beweis auf der Mikroebene standhalten würden, gibt es dort wohl eher nicht. Die Idee eines Kreises ist zweidimensionell - die Wirklichkeit selber aber nun doch mehrdimensional! (Will mich da nicht so genau festlegen.) Das Argument alleine sollte schon reichen den Idealisierungs- und Konstruktionscharakter der Geometrie aufzudecken, die Pi erst erschaffen hat.
Also gebe ich dir insofern recht, dass Pi nicht natürlich ist. Andererseits widerspricht das ja nun wieder der gerade vereinbarten Definition.
Verdammt!
>:(

ZitatDie Blütenblätter haben Dich nicht überzeugt?
Ich hab die nicht konstruiert, ehrlich! :)

Was genau sollten sie mir denn sagen?

:)
"I would prefer not to."

Bastian

#1
Zitat
(Wenn ich bloß eine Gänsemutter genommen hätte,
dann könnte ich jetzt fröhlich flötend Kreisler zitieren:

Denn der Mensch will immer was beweisen,
im Gegensatz zur Gans, ...
) :)
Du hast aber nachweislich keine Gans genommen und zitierst ihn trotzdem. Das ist Willkür. :)
Zitat
Zitat
ZitatAber ihm folgend müsste ALLES was der Mensch hervorbringt als natürlich eingestuft werden können, weil menschlich ja schon in natürlich enthalten wäre. Industrialisierung, Atomkraft, Nanotechnik ... alles natürlich!?
wenn ich mich auf eine Definition festlegen müsste: ja
Ok, gerne! Also: Nichts kann nicht Natur sein!
Ja. Auf beide Lesarten. Wie es der Zufall wollte sinnierte der Harald Lesch vor ein paar Nächten über "das Nichts". Er schien darüber bedrückt zu sein, dass die Philosophen ein viel schöneres Nichts hätten als er und seine Mitphysiker. Sie könnten sich ein Nichts denken, das völlig frei von irgendwas ist; in der realen Welt fände man ein solches Nichts leider nie. Selbst im interstellaren Raum ist das "echte" Nichts (meine Formulierung) stets kontaminiert.

So hab ich ihn jedenfalls im Halbschlaf verstanden (mit einem Auge und einem Ohr). Ich hoffe ich habe nicht zu sehr fabuliert.


Zitat
Zitat
Zitat
(...) alle anderen Zahlen wären ebenfalls "natürlich" (weil menschlich) und eine Unterscheidung von Zahlen mit genau diesem Attribut ist nicht mehr möglich!
Definitionssache.
Eben! Genau davon schreibe ich: Alles Defintion - willkürliche Bezeichnungen mit impliziten Inhalten. Nicht böse, aber analysebedürftig.
Nur analysieren wir nicht. Wir hüpfen zwischen den Ebenen und Definitionen hin und her und halten je nach Blickwinkel die eine oder die andere für angreifbar. Aber irgendwie müssen wir ja den Dissens aufrechterhalten. :)

ZitatPi ist ja eine Zahl auf die man nur durch die Konstruktion des Kreises kommt. Wo hat die "Natur" denn nun angefangen Kreise (Unsinn?) zu produzieren?
Ganz klar, wer da angefangen hat:
http://members.chello.at/planetensystem/planeten.jpg
Kugeln als "rotierende" Kreise.

ZitatHab schon einige runde Sachen in der "Natur" entdeckt, aber perfekte Kreise, die einen Beweis auf der Mikroebene standhalten würden, gibt es dort wohl eher nicht.
Da sind wir wieder bei "reduktionistisch". "Kontexteffekte" (so nenn ich sie mal fälschlich, weil mein Hirn nach den heutigen Auftritten nicht mehr hergibt) widerlegen nicht die zentrale Gesetzmäßigkeit. Beispiel Planeten: Wenn man in die eigene Anschauung einbezieht, bzw abstrahiert, dass diese Planeten um die eigene Achse rotieren (macht breite Hüften) und um einen Stern kreisen (macht Dellen), dann sind sie abzüglich dieser Effekte sogar außerordentlich rund. Würde man das Gewirbel um die diversen Achsen einstellen, näherten sich die Formen der Kugelgestalt und somit der idealisierten mathematischen Formel an. Ein Hinweis darauf, dass die Formel abgeleitet ist und nicht willkürlich.

Auch für Wellen braucht man Pi (klar, wegen sinus und cosinus, s. Kreis). Die sind bisweilen sogar sehr robust, da kannst Du Pi praktisch ablesen. Überall ist dieses krumme Ding drin.

ZitatDas Argument alleine sollte schon reichen den Idealisierungs- und Konstruktionscharakter der Geometrie aufzudecken
Die sind mir klar.

Zitat, die Pi erst erschaffen hat.
Nein, Pi steckt im System. Sowas denkt sich kein vernünftiger Mensch aus.

ZitatAlso gebe ich dir insofern recht, dass Pi nicht natürlich ist.
Nein, ich schrieb das Gegenteil. Pi ist natürlich. Aber keine "natürliche Zahl".

Zitat
ZitatDie Blütenblätter haben Dich nicht überzeugt?
Ich hab die nicht konstruiert, ehrlich! :)

Was genau sollten sie mir denn sagen?
Dass Mama zählen kann. :)
Sie braucht dazu weder uns noch Enten.

Heiko

#2
Hey, wir brauchen natürlich keinen künstlichen Dissens aufrecht halten, wenn kein Spaß dahinter steht. Ich sehe das als geistige Übung, nicht als persönlichen Kreuzzug.
;)
Würde gerne die Gesamtfrage bündeln, kann aber ein paar konkrete Entgegenungen auf deinen Beitrag nicht beiseite lassen.

Zitat
ZitatNichts kann nicht Natur sein!
(...) dass die Philosophen ein viel schöneres Nichts hätten als er und seine Mitphysiker. Sie könnten sich ein Nichts denken, das völlig frei von irgendwas ist; in der realen Welt fände man ein solches Nichts leider nie. (...)
Möchte eigentlich nicht über nichts diskuttieren.
Mir ging es um den Begriff ,,Natur", nicht um ein ,,Nichts".
Hätte auch schreiben können: Alles ist Natur.

ZitatNein, ich schrieb das Gegenteil. Pi ist natürlich. Aber keine "natürliche Zahl".
Du hast vollkommen recht - ich habe falsch gelesen – Widerspruch ist also hinfällig.

ZitatGanz klar, wer da angefangen hat:
http://members.chello.at/planetensystem/planeten.jpg
Kugeln als "rotierende" Kreise.
Das sehe ich wiederum anders. So weit ich weiß, sind Planenten keine Kugeln und ihre Umlaufbahnen keine Kreise. Selbst ihre ,,nur" ellipsenhaften Bahnen unterliegen noch ständigen Änderungen.

Zitat(...) Würde man das Gewirbel um die diversen Achsen einstellen, näherten sich die Formen der Kugelgestalt und somit der idealisierten mathematischen Formel an. Ein Hinweis darauf, dass die Formel abgeleitet ist und nicht willkürlich.
Und weil man das Gewirbel nicht einstellen und das Universum nicht einfrieren  kann, weil das Universum ständig und überall in Bewegung ist, kann es auch keine wirklichkeitsgetreue Darstellung mit Hilfe von Kreisen und Geraden geben, sondern nur eine abstrahierte und um diverse Dimensionen gekürzte.
Und wenn du selber von einer Annäherung der Natur an ein mathematisches Ideal schreibst, sehe ich absolut keinen Grund mehr an diesem Punkt noch rumzunagen.
Auch mit ,,abgeleitet" habe ich dann kein Problem.

ZitatDass Mama zählen kann. :)
Ja, natürlich kann sie auch zählen. Aber das bleibt nur eine anthropozentrische Facette der Wahrheit. "Mama" ist viel mehr als nur Mathematik, Zahlen und mechanisierte Naturgesetzlichkeiten.
Und klar kann auch ich das regelgeleitete Verhalten in Blütenblättern erkennen. Aber ich sehe ebenso, dass jedes Blütenblatt einzig ist. Ich sehe eine Bestrebung zur einzigartigen Entfaltung unter Ausschöpfung der Möglichkeiten. Wenn die Regelhaftigkeit so einflußreich wäre, müssten doch alle Bäume gleich aussehen.
Es ist eben eine Frage wie man die Dinge sehen will (und kann). Und ich vertrete weiterhin die Ansicht, dass ein Anspruch auf Objektivität (wie er häufig in den Naturwissenschaften, aber nicht nur dort, vertreten wird) nicht haltbar ist.

Täusch ich mich oder ist unsere Frage:
Mathematik, Geistes- oder Naturwissenschaft?

Als einsichtsbeschränkter Siebtelmathematiker mit lediglich ein paar Scheinen eines Grundstudiums Mathematik, maße ich mir unerhörterweise an, Mathematik als Ersteres zu betrachten. Ich habe ich wirklich keinerlei Abneigung gegen Abstraktionen. Im Gegenteil, sie sind ein geniales Spiel. Und die menschliche Fähigkeit zu abstrahieren ist ein ungeheures Geschenk.

:)
"I would prefer not to."

Bastian

#3
ZitatHey, wir brauchen natürlich keinen künstlichen Dissens aufrecht halten, wenn kein Spaß dahinter steht.
Es steht selbstverständlich Spaß dahinter. Ich hab auch meine Freude dran und mache Scherze :)

Bastian

#4
So. Musste erst mal was essen...

Zitat
Möchte eigentlich nicht über nichts diskuttieren.
Mir ging es um den Begriff ,,Natur", nicht um ein ,,Nichts".
Hätte auch schreiben können: Alles ist Natur.
Konsens :)
Mir fiel nur die Vexiercharakteristik des Satzes auf: "Nichts kann nicht Natur sein."
1. die "Alles ist Natur"- Variante, die Du beabsichtigt hattest und
2. die "ein Nichts kann nicht natürlich sein"- Lesart. Die bringt sogar die oft zu beobachtende Unvereinbarkeit von mathematisch- philosophischen Modellen mit den natürlichen Gegebenheiten ins Spiel.
ZitatUnd weil man das Gewirbel nicht einstellen und das Universum nicht einfrieren  kann, weil das Universum ständig und überall in Bewegung ist, kann es auch keine wirklichkeitsgetreue Darstellung mit Hilfe von Kreisen und Geraden geben, sondern nur eine abstrahierte und um diverse Dimensionen gekürzte.
Ja.

Zitat
ZitatDass Mama zählen kann. :)
Ja, natürlich kann sie auch zählen. Aber das bleibt nur eine anthropozentrische Facette der Wahrheit. "Mama" ist viel mehr als nur Mathematik, Zahlen und mechanisierte Naturgesetzlichkeiten.
Ja, Mama ist immer "mehr, als nur...". In einem ersten Schritt sind Abweichungen vom z.B. mathematischen Idealbild aber zunächst das Resultat von einander überlagernden Gesetzmäßigkeiten, von denen jede ihre Gültigkeit hat (Beispiel Planeten: Fliehkraft, Gravitation, Eigenrotation...).

ZitatUnd klar kann auch ich das regelgeleitete Verhalten in Blütenblättern erkennen. Aber ich sehe ebenso, dass jedes Blütenblatt einzig ist.
Gleich ein doppelter Konsens! :)
Das eine schließt das andere nicht aus.

ZitatIch sehe eine Bestrebung zur einzigartigen Entfaltung unter Ausschöpfung der Möglichkeiten.
So kann man das schreiben. Wobei die Einzigartigkeit der Entfaltung im Resultat nicht zwingend einem erstrebten Ziel gleicht, das man dann erreicht hat; sondern in starkem Maße durch die Umstände/Limitationen bedingt ist. Ist in dem Satz aber auch enthalten, quasi als Möglichkeiten, die man nicht hat ausschöpfen können, die sich evtl gar nicht geboten haben.

ZitatWenn die Regelhaftigkeit so einflußreich wäre, müssten doch alle Bäume gleich aussehen.
Mja, wenn man mehr als nur einen Faktor betrachtet, findet man aber auch mehrere Gründe für "Abweichung von der Norm". Auch da ist Regelhaftigkeit einflussreich: Fichte am windigen, sonnigen Waldrand ist nicht Fichte im schattigen, feuchten Waldinneren, ist nicht Fichte am trockenen Berghang. Die Summe vieler Faktoren machen eine Sache einzigartig. Aber Fichte ist (objektiv) Fichte.

ZitatEs ist eben eine Frage wie man die Dinge sehen will (und kann). Und ich vertrete weiterhin die Ansicht, dass ein Anspruch auf Objektivität (wie er häufig in den Naturwissenschaften, aber nicht nur dort, vertreten wird) nicht haltbar ist.
Ja, nur damit verbindet sich die zugegeben etwas schräge Frage: Gibt es etwas "Objektiveres"?
Wie objektiv ist die Aussage bezüglich der fehlenden Objektivität, wenn man- wie jeder von uns- nur einen winzigen Ausschnitt der Natur kennt? Ich tu mich da schwer und vertage eine abschließende Aussage auf den Tag meiner vollendeten Weisheit. Wir haben hier ja ein interessantes Gespräch, aber mit dem Satz "Nichts ist objektiv." wird ja auch oft Schindluder getrieben, gerade von Seiten derer, die erstaunlich wenig Neugierde/Interesse an der Welt zeigen und genaugenommen nur nach einer Legitimierung dieses Mangels suchen. Denen kommt dieser Satz natürlich gelegen. Wenn mir jemand den Satz präsentiert, frage ich meist erst einmal nach dem schlüssigen Beweis. Wenn der ausbleibt akzeptiere ich die Aussage als seine subjektive Einschätzung. :)

Zitat
Täusch ich mich oder ist unsere Frage:
Mathematik, Geistes- oder Naturwissenschaft?
Ja, irgendwas in der Richtung. Ich kenne keine passable Definition von "Geisteswissenschaft", außer, dass Universitäten diese Fakultät mit allem Möglichen vollstopfen. Ich halte die Logik, die Mathematik und die Philosophie für "Disziplinen". Man kann sich in ihnen üben, man kann sie anwenden, sie liefern auch dann oft (kontraintuitive) richtige Ergebnisse, wenn wir mit unserem persönlichen Latein nicht mehr weiterwissen, aus Intuition aber direktemang ins Messer laufen würden. Gerade da wo unser ad-hoc-Wissen endet, führt oft eine mathematische Berechnung zu einem richtigen Ergebnis, das ist in den NatWiss ziemlich wertvoll. (Und das sag ich, der bereits die Statistikklausur vergeigt hat.)

Mathematik ist in meinen Augen ein Werkzeug. :)

Edit: Hatte "Geisteswissenschaft" gemeint aber "Gesellschaftswissenschaft"  geschrieben. Habs korrigiert.

Heiko

#5
Nach unserer frischgestärkten Harmonie, und den ganzen Gemeinsamkeiten, fiel es mir schwer, umgehend zu antworten, weil alles was mir einfiel zu provokant oder aber zu belanglos war.
Hier also nun das überflüssigste aus beidem plus einem dick aufgetragendem Ende:
:)

Versuche erstmal von der Alles-ist-Natur-Definition aus weiterspinnen. Die Einsicht ,,Mensch ist echte Teilmenge von Natur", darf nämlich nicht verdecken, dass er sich in gravierender Weise von anderen Naturphänomenen unterscheidet und deswegen sinnvollerweise geistig abgetrennt und unterschieden werden sollte. Obwohl doch ein Teil der Natur, ist das Verhalten des Menschen eben nicht determiniert und berechenbar wie die Umlaufbahn eines Planeten. Seine Persönlichkeit ist nicht bloß die Summe sich überlagernder Einflüsse oder ist in Zahlen darstellbar. Allerspätestens bei der Erforschung des Menschen müssen dem naturwissenschaftlichen (Wahr-Falsch-)Denken seine Grenzen aufgezeigt werden.

Der Informatiker Joseph Weizenbaum (dem ich noch 2006 Fragen stellen durfte) hat in Sachen Wissenschaftskritik durchaus Lesenswertes vorgelegt.

ZitatJa, nur damit verbindet sich die zugegeben etwas schräge Frage: Gibt es etwas "Objektiveres"?
Wie objektiv ist die Aussage bezüglich der fehlenden Objektivität, wenn man- wie jeder von uns- nur einen winzigen Ausschnitt der Natur kennt? Ich tu mich da schwer und vertage eine abschließende Aussage auf den Tag meiner vollendeten Weisheit.
Ich schätze, dann wird es dir egal sein.
:)
Aber klar kann ein Hinweis auf fehlende Objektivität nur subjektiv sein. Was denn auch sonst?
Was ist schon objektiv? Ein Foto vielleicht?

ZitatWir haben hier ja ein interessantes Gespräch, aber mit dem Satz "Nichts ist objektiv." wird ja auch oft Schindluder getrieben, gerade von Seiten derer, die erstaunlich wenig Neugierde/Interesse an der Welt zeigen und genaugenommen nur nach einer Legitimierung dieses Mangels suchen. Denen kommt dieser Satz natürlich gelegen. Wenn mir jemand den Satz präsentiert, frage ich meist erst einmal nach dem schlüssigen Beweis. Wenn der ausbleibt akzeptiere ich die Aussage als seine subjektive Einschätzung. :)
Ich fürchte ab hier wird´s leider kontrovers: ;)
Das Einfordern eines schlüssigen Beweises fragt natürlich nach der Erfüllung subjektiv gesetzter Anforderungsmuster. Was genau ist denn schlüssig? Vielleicht trainierte Logikmuster, die sprachlich geschickt Fachtermini einknüpfen und das am liebsten noch in einer charmanten Art und Weise? ,,Schlüssiges Folgern", ,,Grammatik" und ,,Humor" wären auch die von Dunning/ Hill gesetzten Kriterien, die damit heimlich einen gewissen Habitus einfordern  und auch übersetzt werden könnten mit:
,,Are you sophisticated?"
Eine Wahrnehmung ist aber nicht deswegen falsch, weil dem Wahrnehmenden das Handwerkszeug zu einer anerkannt schlüssigen Begründung fehlt. Auch schlecht begründete Ansichten sind eine existente Filterung des Wirklichen und damit in die Gesamtwahrheit zu integrieren.

Das Setzen von zu erfüllenden Erwartungshaltungen, anstelle einer Stärkung des Subjektiven, unterdrückt die Kreativität des Einzelnen. Anpassungsdruck verhindert geistige Pluralität und fördert die Vereinheitlichung des Denkens.
Über ein System von Lob und Tadel durch die Hüter der Objektivität wird beim Einzelnen ein scheinbares Selbstwertgefühl errichtet, dass aber stets abhängig bleibt, weil gleichzeitig eine Angst vor "Liebesentzug" bei Nichterfüllung von Objektivität erzeugt wird.
Es macht mich nachdenklich, dass die Menschen zwar gerne so objektive Dinge wie 2+2=4 oder Erkennungsmerkmale von Fichten lernen, aber nichts von den realwirksamen Unterdrückungsmechanismen hören wollen.


(bitte Smiley einfügen!)
"I would prefer not to."

Bastian

#6
Ich muss meinen Beitrag stückeln. Das Forum hustet schon wieder (Fehlermeldung in der Vorschau), ich nehme an, wegen der vielen "Quote"- Tags. Es kommt also später noch ein Beitrag.

ZitatObwohl doch ein Teil der Natur, ist das Verhalten des Menschen eben nicht determiniert und berechenbar wie die Umlaufbahn eines Planeten.
Wieso "obwohl" und "determiniert"? Ist die Natur determiniert? Sind die Umlaufbahnen determiniert? Und falls ja, durch wen oder was? Dass die Mathematik sich nicht mit dem Verhalten von Menschen befasst, ist mir klar. Ich denke auch, dass das erst recht jedem Mathematiker klar ist. Aber in der Soziologie, der Verhaltensforschung, der Psychologie ist sie als Werkzeug (s.o.) dennoch unentbehrlich.

ZitatSeine Persönlichkeit ist nicht bloß die Summe sich überlagernder Einflüsse oder ist in Zahlen darstellbar.
Das denke ich auch. Deswegen rechne ich die Persönlichkeit des Menschen auch nicht dem Aufgabengebiet der Mathematik, der Physik oder der Chemie zu. Wäre ja auch seltsam, einer Disziplin anzulasten, dass sie außerhalb ihres Bereiches nicht reüssiert. Ich erwarte ja auch nicht von der Lyrik, dass sie mein Badezimmer renoviert.

ZitatAllerspätestens bei der Erforschung des Menschen müssen dem naturwissenschaftlichen (Wahr-Falsch-)Denken seine Grenzen aufgezeigt werden.

Hm, wo liegen die Grenzen denn genau? Da Du von aufzeigen sprichst, nehme ich an, dass Du die Grenzen bereits siehst: Kannst Du das anhand eines Beispiels erklären?

Vielleicht hilft das:
Die Juxtaposition "wahr vs. falsch" ist mir während meines Biologiestudiums nie begegnet (die "Wahrheit" ist eher ein Begriff der Philosophie, der Juristerei, der Religion,...), wohl aber Begriffspaare, wie z.B. "belegt- nicht belegt", "kann verworfen werden- kann nicht verworfen werden", "konnte bestätigt werden"- "konnte nicht bestätigt werden". Ist das das Vokabular von Leuten, die sich im Besitz einer "Wahrheit" wähnen?

Alles steht zur Disposition. Ausnahmslos. Von der Evolutionstheorie, Pi bis zum Higgs-Bosönchen. Man kann sie oder deren Existenz zu widerlegen versuchen, ohne dass ein Biologe oder Physiker deswegen aufspringt und "Stop! Das ist verboten!" brüllt. Im Gegenteil: wenn einem obiges gelingt, winkt gar ein Nobelpreis. Das Geld kann man dann spenden.

Letztlich kommt es darauf an, ob eine Aussage, These, überprüfbar ist oder nicht. Nicht nur der Logik wegen, es gibt auch einen sozialen Grund: Wenn man einem anderen Menschen etwas vermitteln möchte, führt ja gar kein Weg daran vorbei, sich dem anderen verständlich zu machen. Dazu gehört es, dass man die eigenen Gedanken auf innere Widersprüche abklopft, dass man Argumente gewichtet und sie ggf präzisiert, wenn das Gegenüber gerade auf dem Schlauch steht, usw... kurz gesagt, dem anderen erklärt, wie man zu seinen Aussagen kommt. Auch wenn uns das nicht immer bewusst ist: Für jeden dieser Überlegungen gibt es einen Maßstab, der uns bei der Entscheidung behilflich ist, ob wir nun diesen Gedanken in dieser Form absondern, oder jenen in jener Form. Wären die Maßstäbe in unseren Köpfen allesamt restlos willkürlich, könnten wir nicht kommunizieren. Und wenn alles subjektiv wäre, welche Relevanz hätten dann z.B. Deine Aussagen für mich? Oder umgekehrt? Aber aus irgendeinem Grund unterhalten wir uns ja und teilen uns einander mit. Wir geben uns anscheinend nicht im stillen Kämmerlein mit unserer subjektiven Sicht zufrieden, sondern hegen die Hoffnung, dass unser Gegenüber unsere Gedanken schätzt und für sie empfänglich ist.

Wenn alles, restlos alles subjektiv wäre, müsste man dann noch mit irgendjemandem reden oder sich austauschen? Das wären dann keine echten Dialoge, sondern das schlichte wechselweise Abladen einer persönlichen Ansicht: "Du siehst das so? OK, ich sehe das so.", und das war's dann. Keine Begründungen, keine Annäherung, keine Reibung, kein gemeinsames spinnen oder "klüger werden". Schließlich gibt es "des Pudels Kern" eh nicht, warum also dann Kommunikation? Fahren wir die ganz harte Schiene und nehmen die intersubjektiven Beeinflussungen auch noch weg, wir es vollends schräg:

A: "Ich habe mir gestern den Zeh gebrochen. Aua, das tat weh."
B: "Beim Karstadt gab's im Dezember sehr leckere Bratäpfel."

(zum Thema "Zeh" hat B dummerweise nix in petto. Da er nicht auf A eingehen kann, erzählt er halt was ihn bewegt)

Zitat
ZitatJa, nur damit verbindet sich die zugegeben etwas schräge Frage: Gibt es etwas "Objektiveres"?
Wie objektiv ist die Aussage bezüglich der fehlenden Objektivität, wenn man- wie jeder von uns- nur einen winzigen Ausschnitt der Natur kennt? Ich tu mich da schwer und vertage eine abschließende Aussage auf den Tag meiner vollendeten Weisheit.
Ich schätze, dann wird es dir egal sein.
:)

[smiley=happy.gif]

Du schriebst:
Zitatdass ein Anspruch auf Objektivität (wie er häufig in den Naturwissenschaften, aber nicht nur dort, vertreten wird) nicht haltbar ist.
Dein Urteil ("nicht haltbar") impliziert, dass Du bereits jetzt umfänglich über all das Wissen verfügst, das zur Einschätzung der heutigen und zukünftigen Möglichkeiten sämtlicher Naturwissenschaften (und "nicht nur dort") notwendig ist. Ich trau mich das nicht. "Meta- objektiv" zu sein wär mir persönlich zu heiß... :)

Ich schrieb
Zitat...und vertage eine abschließende Aussage auf den Tag meiner vollendeten Weisheit.
Das schließt natürlich nicht aus, dass ich mich bis zu diesem Tag sehr gerne in Gespräche begebe. Mich freut sowas und ich empfinde den Austausch als Bereicherung.

Bastian

#7
ZitatAber klar kann ein Hinweis auf fehlende Objektivität nur subjektiv sein. Was denn auch sonst?
Gut, damit ist der Hinweis nur für Dich relevant. :)

Sobald Du aber einen anderen Menschen von der obigen Aussage überzeugen möchtest (im Gegensatz zur Luft), wirst Du ihm ein paar gute Gründe nennen müssen.

ZitatDas Einfordern eines schlüssigen Beweises fragt natürlich nach der Erfüllung subjektiv gesetzter Anforderungsmuster.
Wie "wahr" ist die Tatsachenbehauptung "Nichts ist objektiv."? Und woher bezieht sie ihre Gültigkeit?

ZitatWas genau ist denn schlüssig? Vielleicht trainierte Logikmuster
ja, wieso eigentlich nicht? Was ist die Alternative?
Zitatdie sprachlich geschickt Fachtermini einknüpfen
Sprache (verbal, nonverbal) reicht mir persönlich aus. Was wäre die Alternative?
Zitatund das am liebsten noch in einer charmanten Art und Weise?
Ja, das wäre natürlich schön. Was ist die Alternative? :)

ZitatEine Wahrnehmung ist aber nicht deswegen falsch, weil dem Wahrnehmenden das Handwerkszeug zu einer anerkannt schlüssigen Begründung fehlt.
Konsens. Ich gehe sogar weiter. Ohne Ablenken zu wollen: Eine Wahrnehmung ist erst einmal eine Wahrnehmung. Da gibts gar kein falsch oder richtig, sie ist für andere nicht überprüfbar. Die kann einem niemand nehmen, auch wenn er noch so steif und fest behauptet, man sähe Delphine. Da sind wir wirklich bei subjektiv: Wahrnehmungen entziehen sich einer Überprüfung durch andere. Sie können unabhängig von der Argumentation "wahr" oder "falsch" sein.

Zitat
Auch schlecht begründete Ansichten sind eine existente Filterung des Wirklichen
Ja, natürlich. Jeder Filter ist ein Filter.

Zitatund damit in die Gesamtwahrheit zu integrieren
.
Was ist eine Gesamtwahrheit?
Und wie integrierst Du in diese Wahrheit z.B.:
1. einen Irrtum?
2. eine Lüge?

oder gibt es da doch Ausschlusskriterien in Deinem Wahrheitsbegriff?


Bastian

#8
ZitatDas Setzen von zu erfüllenden Erwartungshaltungen, anstelle einer Stärkung des Subjektiven, unterdrückt die Kreativität des Einzelnen. Anpassungsdruck verhindert geistige Pluralität und fördert die Vereinheitlichung des Denkens.

Ui! Wie gut, dass die Beweislast immer bei demjenigen liegt, der eine These aufstellt, sonst müsste ich jetzt ziemlich arbeiten. Kannst Du diese Thesen präzisieren?

Zitat
Über ein System von Lob und Tadel durch die Hüter der Objektivität wird beim Einzelnen ein scheinbares Selbstwertgefühl errichtet, dass aber stets abhängig bleibt, weil gleichzeitig eine Angst vor "Liebesentzug" bei Nichterfüllung von Objektivität erzeugt wird.
Wieso sollte z.B. mein Selbstwertgefühl von einem "Hüter der Objektivität" abhängen? Selbstwert gründet doch auf ganz anderen Dingen. Hat ein "Hüter der Objektivität" überhaupt eine Liebe, die er entziehen kann? Von mir aus, soll er doch, aber es täte mir leid um ihn.

Vielleicht verstehe ich dich aber trotzdem:
Ich habe mich in meinem ganzen Leben immer bei denjenigen am wohlsten gefühlt, die mich klipp und klar darauf hingewiesen haben, wenn ich Unsinn verzapfe. Natürlich, das kommt nur sehr, sehr selten vor ::), aber das Wissen darum, dass es da Leute gibt, die Fragen stellen, auch manchmal bohren, und offensichtlich trotzdem nicht von der Seite weichen- DAS ist Wertschätzung. Das Selbstwertgefühl darf doch nicht davon abhängen, ob man in irgendeiner Sache Recht hatte, oder nicht. Dafür irren wir Menschen uns einfach viel zu oft und erzählen viel zuviel Quark. Wichtig ist doch, dass da jemand mitdenkt, irgendwann aus dem Sofa aufsteht, und sagt: "Basti, Du redest mal wieder einen unsäglichen Stuss. Ich geh mal eben und mach nen Kaffee. Mit Milch oder ohne?"

Und er kommt zurück. Mit Milch!!

ZitatEs macht mich nachdenklich, dass die Menschen zwar gerne so objektive Dinge wie 2+2=4 oder Erkennungsmerkmale von Fichten lernen, aber nichts von den realwirksamen Unterdrückungsmechanismen hören wollen.

Unterdrückung kommt doch nicht durch "objektive" Kriterien ins Spiel, sondern durch die Verknüpfung von Tatsachenbehauptungen (Anspruch auf objektivität) mit Dingen, die man eben nicht hinterfragen kann (subjektive Bewertungen). Vorurteile zum Beispiel.

Ein großes Problem entsteht z.B. dann, wenn man eine Tatsachenbehauptung mit einer unüberprüfbaren Sache verknüpft. Mit "unüberprüfbar" meine ich "Dinge, die nur ich fühle oder weiß", bzw. "Dinge, die man nicht hinterfragen darf.".  Wenn man diese samt der Tatsachenbehauptung dem Gegenüber im Paket anbietet, wird es kompliziert.

Beispiele (ohne Anspruch auf Vollständigkeit, auch die Begriffe sind nur Skizze):
1. Tatsachenbehauptung + Anspruch der Unfehlbarkeit (= Dogma)
2. Tatsachenbehauptung + Vorurteil (= Unterstellung)
3. Tatsachenbehauptung + Emotion (= hab ich keinen Begriff dafür)
...

In jedem der Fälle führt das Hinterfragen der Tatsachenbehauptung (dem überprüfbaren Teil) durch dritte dazu, dass auch die Verknüpfung in Frage gestellt wird. Das liegt nicht an der These (denn die wird ja im Gespräch angeboten), sondern an der Verknüpfung selbst. Dem subjektiven, nicht vermittelbaren Teil, den der Gesprächspartner vielleicht nicht einmal kennt.

Ein gutes Beispiel sind Diskussionen über Religion oder ander Glaubensdinge. Diese Diskussionen werden, auch wenn man sie betont sachlich zu führen versucht, letztendlich immer persönlich. Warum? Weil der andere es so eingerichtet hat. Bewusst oder unbewusst, es sind die blöden Verknüpfungen. Jetzt muss ich hoffen, dass ich meine Beispiele (die dafür gar nicht gedacht waren) nicht selbst zerschieße, mal sehen:

zu 1. "Die Welt wurde in sieben Tagen erschaffen" + "Steht in der Bibel."
Schwärme einem Kreationisten gegenüber nie von der Evolution, den Dinos und dem Urvogel und unseren anderen Verwandten vor. Er wird Dich für einen Bibelleugner und Ketzer halten. Du hast an einem Dogma gekratzt, und wirst gar zum Dank selbst für einen Eiferer oder Dogmatiker gehalten -> Boing -> Communication Breakdown. (Mit "Du" mein ich nicht Dich persönlich, sondern "man")

zu 2. "Alle Moral kommt von Gott" + "Es gibt keine Ethik im Gottlosen."
Zeige einem Moraltheologen nie, was für ein guter Mensch Du bist- so völlig ohne Gott. Früher oder später wird er so etwas von sich geben: "Wenn die Menschen vom Glauben abkommen, droht der Untergang." Du trägst also Schuld am Untergang -> alles klar: Communication Breakdown.

zu 3. "Ich hatte Krebs und Jesus hat mich geheilt" + "Ich bin ihm unendlich dankbar"...
Frag die Person bloß nicht, was ihre Gebete zu Jesus mit der Heilung zu tun hatten. Vermeide es auch tunlichst, Dich einfach über diese "Spontanremission" zu freuen. Du kannst Dir sicher sein, dass diese Person danach nie mehr ein Wort mit Dir sprechen wird, weil Du ihre "Religiösen Gefühle verletzt" hast. Boing -> schlechtes-Gewissen-Falle -> Communication Breakdown.

Zur "Unterdrückung": In all diesen Fällen hat jemand die sachliche, diskutable Ebene mit einer persönlich konnotierten Ebene verknüpft, und dadurch- möglicherweise ohne dass es einem der Beteligten bewusst war- die Diskussion bereits vor dem Gespräch beendet: "Wer meine Aussage hinterfragt, greift mich an." Schweigegebot.

Die alltägliche Unterdrückung, das Diskussionsverbot, kommt also nicht sichtbar von vorne (vom diskutablen Anspruch auf Objektivität), sondern von hinten durch die Brust ins Auge, und macht alle Seiten nur unglücklich.

Gegen diese Form der Unterdrückung bist Du genauso machtlos wie Dein Gegenüber. Es sei denn Du weißt um die geheime und objektive Macht von Kaffee mit einem Schuss Milch...

(bitte Smiley einfügen!)

Heiko

hmm, Mit bitte ...







aaah... Danke!

:D
"I would prefer not to."

Heiko

#10
Tja, wo soll man da anfangen?  :-/
Eigentlich sollte ich ja den Wink mit dem Gartenzaun verstehen.
Ich schreibe trotzdem weiter.

Erstmal freue ich mich über die Quantität deiner Antwort und deine Freude am Auseinanderpflücken meiner Aussagen.
Werde jedoch nicht in gleicher Ausführlichkeit antworten und auch mit Zitaten sparsamer umgehen, um Systemprobleme zu vermeiden.

Ich werde nicht versuchen deinen Aussagen, wenn es hier oder dort auch ginge, einen Absolutheitscharakter unterzuschieben, weil ich weiß, dass das eine bewusste Fehldeutung wäre.

ZitatDein Urteil ("nicht haltbar") impliziert, dass Du bereits jetzt umfänglich über all das Wissen verfügst, das zur Einschätzung der heutigen und zukünftigen Möglichkeiten sämtlicher Naturwissenschaften (und "nicht nur dort") notwendig ist. Ich trau mich das nicht. "Meta- objektiv" zu sein wär mir persönlich zu heiß... :)
Nein, ich besitze keine Meta-Objektivität. Dass ich das nochmal betonen muss, ist etwas schade, denn trotz berechtigter Kritik an anderen Stellen, hatte ich mich in diesem Punkt ja wohl eindeutig festgelegt. Meinen Aussagen werde ich auch weiterhin keine konjunktivistische Weichspülung verpassen.

Du zeichnest einen Subjektivmus, der sich vollständig auf die Innenwelt konzentriert und äußere Einflüsse ignoriert. Kann mich nicht entsinnen, dass behauptet oder angedeutet zu haben, könnte aber dann deine Skepsis nachvollziehen.
Mein Subjektivismus meint das Gegenteil. Auch für ihn ist natürlich der wechselseitige Austausch mit der Umwelt grundlegend für jedes Verstehen. Aber er erkennt eben die Unmöglichkeit einer freien Wahrnehmung. Die Möglichkeit, dass die Wahrnehmung unwissentlich doch objektiv ist, kann ich nicht vollständig ausschließen.
Jetzt könnte man auf den Wahrnehmungsmehrheitszug aufspringen, weil die Mehrheit bestimmt richtig liegt. Oder man entwickelt ein Verständnis von Pluralität, d. h. es gibt viele Wahrheiten, viele Vernunften, viele Ästhetiken ... , die sich auch gegenseitig widersprechen.
Diese zweite, ganz subjektive Sicht, für die ich jeden Beweis schuldig bleiben werde, verträgt sich aber nicht mit einem Scientismus (in den ich dich gar nicht einordnen möchte), der von einer wahrnehmungsannäherbaren Objektivität ausgeht. Überhaupt könnte man aus lauter Naivität fragen, wie andere bloß dazu kommen von Objektivität zu sprechen zu wollen.

Dann muss ich noch kurz erwähnen, dass ich den Begriff ,,Liebesentzug" von dir übernommen hatte und auch nur deswegen benutzt. (sinnlose Mitteilungen #316). Hätte diesen Bezug deutlicher machen können.

Für mehr Antwort reicht meine Zeit und Kraft heute morgen leider nicht.
"I would prefer not to."

Burkhard Ihme

#11
Wollt ihr eure geschärfte Wahrnehmung von Subjektivität und Objektivität nicht einmal an dieser die Menschheit bewegenden Frage austoben:

ZitatThese: Das Bashing von "Ein bißchen Frieden" liegt natürlich am enormen Erfolg des Liedes. Über "Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund" redet keiner und regt sich niemand auf. Zum anderen aber auch an den handwerklichen Fehlern und der dümmlichen, anbiedernden Aussage. Genau so gut kannst du versuchen, bei der Jungen Union Fans von Pionier-Liedern zu finden.

ZitatGegenthese: Ich schüttel grad den Kopf über diese Aussage!
Was ist an diesem Text dümmlich? Hast Du ihn gelesen/begriffen?
Ohne das ich jetzt noch den ganzen Text im Kopf habe behaupte ich mal das er aussagen soll das wer ganz oben steht genauso tief abstürzen kann!

Und was ist da dann dümmlich?
Nichts!

Dümmlich sind Interpretationen die einen guten Text schlecht machen wollen!

ZitatThese 1b: Dümmlich und handwerklich minderwertig ist der Text von "Ein bißchen Frieden". Der von "Flieg nicht zu hoch" ist einfach nur reaktionär.

ZitatGegenthese 1b: da kann ich nur sagen "flieg nicht zu hoch denn wer zu hoch fliegt kann tief abstürzen"!

Mehr fällt mir zu dem von Dir geschriebenen nicht ein!
Muss da an die Reporter denken über die beste Konzerte schlecht schreiben nur weil ihnen der Musiker nicht gefällt!

Aber wir leben ja in einem freien Land wo jeder offen sagen darf was er denkt, auch wenn es großer Mist ist!

Hier nachzulesen.

Heiko

@Bastian:
Uff,
das verlangt nach einer meta-intersubjektiven Perspektive.

Ich sehe in der Ausgiebigkeit deiner Reaktion vor allem den Versuch dir selber die Welt zu erklären und zu bestätigen. Schön, dass ich dir dabei helfen kann! Denn um mich zu widerlegen bräuchte es keine vollen drei Beiträge, die in ihre Fülle doch eher verwirren als weiterführen.

Du erweckst dabei den Eindruck, als könnte ein Verstehen des Ganzen durch die Zerstückelung des Beitrags in einzelne Sätze erfolgen, die dann kommentiert, bzw. widerlegt werden. Dass du dabei dann ausgerechnet meine einzig fettgedruckte Aussage überspringst, tja, verrate mir bitte, wie ich das deuten soll ...
Will dir erstmal kein subjektives Nicht-sehen-wollen unterstellen, bemerke aber zumindest schon mal methodische Inkonsequenz.
Was hälst du eigentlich vom hermeneutischen Verstehen?

Aus poststrukturalistischer Sicht darf man behaupten:
Sprache ist Macht,
sie beschreibt nicht die Wirklichkeit – sie konstituiert sie!
Beweise, Definitionen, Schlüssigkeit?
Fordere sie nur, wenn dir etwas nicht gefällt. Und verzichte auf sie, wenn du dich bestätigt fühlst.
Mehr oder weniger absichtlich nutzt du deine normative Kraft durch Sprache zur Durchsetzung deines Begriffes von objektiver Schlüssigkeit (oder den von einer dir akzeptierten Autorität) und bestätigst mich damit wiederum in der Are-you-sophisticated?-Aussage.


Der nächste Termin sitzt mir leider schon wieder im Nacken, auch wenn ich gerne noch weiter antworten würde.
"I would prefer not to."

Bastian

#13
Hermeneutisches Verstehen ist mir durchaus ein Begriff, Heiko. Nur ist es mit der bloßen Hermeneutik nicht weit her, wenn ich schon Dein Bild von den Naturwissenschaften für korrekturbedürftig ansehe. Auch jetzt, wenn Du von einer "wahrnehmungsannäherbaren Objektivität" eines Scientismus sprichst, ist das bestenfalls ziemlich unverständlich. Wahrscheinlich sogar grundfalsch. Nähert sich da die Objektivität der Wahrnehmung an? Oder umgekehrt? Die Grenze des sinnlich Wahrnehmbaren ist bereits vor vielen Jahrunderten überschritten worden. Innerhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze wird wohl nichts mehr kommen. Das Tagesgeschäft besteht längst aus indirekten Nachweisen und komplexen Berechnungen.

Unter diesen Umständen musst Du es schon aushalten, dass ich nicht auf wackliger Prämisse Deine Texte folgsam auslege, sondern selbst meinen Sermon dazu gebe.

Auch wenn es viel Zeugs ist: den Einfachsten Zugang zu den Beiträgen findest Du übrigens dort wo die kurzen Fragen stehen. Speziell die Fragen zu den Alternativen, die ich bis dato vermisse. Den Rest betrachte getrost als Feuilleton. :)

Den fettgedruckten Satz fand ich nicht so stark, dass Du ihn hättest fett drucken müssen. Dunning und Kruger hatten schlicht diese paar Merkmale untersucht, c'est ca. Ich vermute mal, dass auch dreißig weitere Merkmale Dich nicht davon abgehalten hätten, den Absatz von den "Hütern der Objektivität", der Unterdrückung der Kreativität, dem "Anpassungsdruck" und der "Vereinheitlichung des Denkens" zu schreiben. Insofern habe ich den Satz respektvoll beiseite gelassen. Die Frage nach der Präzisierung (und ich ergänze: Herleitung) dieser Thesen bleibt allerdings bestehen.

Die Länge war entgegen Deiner Vermutungen dem Umstand geschuldet, dass ich den Text während der Arbeit in Etappen geschrieben habe (die Nachlese der Musikmesse, sowie dieselbe in den Knochen). Künftige Beiträge werden auch nicht mehr so redundant sein, versprochen.

zu dem von Dir vorgeschlagenen Konzept der verschiedenen "Wahrheiten":
Gibt es eine vom Beobachter unabhängige Wirklichkeit?

Bastian

#14
@Burkhard:
ZitatWollt ihr eure geschärfte Wahrnehmung von Subjektivität und Objektivität nicht einmal an dieser die Menschheit bewegenden Frage austoben:

Ich gebe zu: "wollen" wäre etwas übertrieben. Aber die Menschheit kann ich auch nicht so einfach im Stich lassen. :)

Ich habe noch nicht so recht kapiert, wie das Gespräch dort auf "Ein bisschen Frieden" und "Flieg nicht zu hoch, mein kleiner Freund" gekommen ist. Ich vermute sie sollten einfach Beispiele für Volkstümliche Musik sein.

Zu den Thesen: Ich frage mich gerade, ist das eine Frage von objektiv und subjektiv, wenn zwei Leute aufgrund eines einseitigen Missverständnisses aneinander vorbeireden, und einer von ihnen den Text nicht einmal präsent hat, oder ihn mal eben nachschlägt? Ich würde sagen da geht es eher um schnelle Meinungsäußerung...

Abgesehen von objektiv und subjektiv halte ich beide Lieder natürlich für ausgemachten Quark. Ich musste sie mir zugegeben wieder vor Ohren führen, um ein Bild zu haben. Ich hab mich nie mit ihnen auseinandergesetzt, kann also sein, dass meine Bemerkungen etwas quarkig daherkommen.

zu reaktionär und Handwerk ("Flieg nicht zu hoch..."):
Ein chinesischer Vogel ist natürlich nicht auf die Erteilung einer Flugerlaubnis durch einen erdgebundenen Greis angewiesen. Das an sich ist (handwerklich gesehen) schon bekloppt genug, schließlich sitzt der Experte auf dem Baum und nicht darunter. Für den bemühten Verweis auf roten Sand in einem großen fernen (??) Land gilt m.E. ähnliches.

Ich weiß nicht, aber vielleicht trifft dieser Vergleich Deine "reaktionär"- Einschätzung:
Im Holländischen sagt man sarkastisch "Steek je hoofd niet boven het korenveld": "Stecke deinen Kopf nicht (zu hoch) aus dem Kornfeld." Dieser Satz ähnelt in meinen Augen dem Rat des alten Mannes in dem Lied. Die Redewendung ist aber klar sarkastisch gemeint und wird nicht wie in diesem Lied über das Vehikel eines volkstümlichen Gedudels als "ich mein es gut mit Dir"- Rat transportiert, bzw. implantiert.

Trifft es das (ungefähr)?

Maexl

es macht wiedermal sehr viel spass euch zuzulesen...  [smiley=2vrolijk_08.gif]

Heiko

#16
@ Mensch Bastian,   :)
so´n Kaffee ist schon was feines.
Jetzt weiß ich, dass die Länge deines Beitrages aus deiner Freude am Schreiben entsprang Erkenne inzwischen auch den eigentlich versöhnlichen Charakter. Insbesondere im letzten Drittel spinnst du unser Gespräch anregend weiter, anstatt zu fordern.

Aber dann schreibst du wieder sowas:  :(
Zitatwenn ich schon Dein Bild von den Naturwissenschaften für korrekturbedürftig ansehe
DU siehst also ANDERE/ MEINE Wahrnehmungen als korrekturbedürftig an?
Wirklich Interessant!  Aber warte mal kurz, George Orwell ruft grad an.
Entwarnung. Wahrscheinlich ist nur ne Schraube locker. Ich empfehle ein wissenschaftsgeprüftes Präzisionsinstrument zur geeigneten Druckausübung im Kopfbereich. (manchmal auch Pädagogik genannt)
Dann sondere ich auch nicht mehr so schräge Thesen ab.
Die sind nämlich nicht nur
Zitatbestenfalls ziemlich unverständlich
sondern
ZitatWahrscheinlich sogar grundfalsch

Moment mal, also doch Wahr-Falsch-Denken!? achnein, das hast du bestimmt nur so dahin geschrieben.
Unverständlich? Von mir aus. Nichtverstehen ist dann dein Mangel, nicht meiner. Wer mich verstehen will, versteht mich auch.
Wie leicht könnte ich z. B. diese Aussage von dir nicht verstehen wollen:
ZitatDie Grenze des sinnlich Wahrnehmbaren ist bereits vor vielen Jahrunderten überschritten worden. Innerhalb der Wahrnehmbarkeitsgrenze wird wohl nichts mehr kommen.

Wenn du möchtest, darfst du das gerne näher erläutern.

ZitatUnter diesen Umständen musst Du es schon aushalten, dass ich nicht auf wackliger Prämisse Deine Texte folgsam auslege, sondern selbst meinen Sermon dazu gebe.
Mal die autoritäre Du-musst-Formulierung ignorierend, darfst du getrost davon ausgehen, dass ich unsere Ambiguitäten locker aushalte. So etwas ist für mich völig normal.
Mir geht es beim Schreiben um ein Selbst-Erklären. Wenn jemand mittanzen möchte, freue ich mich. Insbesondere, wenn es jemand ist, dessen Beiträge vor intelligenten Witz und Esprit nur so sprühen, wie bei dir. Allerdings nur unter Voraussetzung eines egalitären Geistes und der Ideentoleranz. Ansonsten geraten wir vom Ideendarwinismus schnell zum Ideenimperialismus.
Durchschaust du eigentlich die diskursiven Machtinstrumente, die du einsetzt, wenn du Ideen durch Widerlegung unterwerfen möchtest?
Jedenfalls ist es merkwürdig, dass du ganz selbstverständlich für alles mögliche Antworten und Herleitungen einforderst, und wenn ich dir in zwei Beiträge EINE Frage (nach Hermeneutik) stelle, du gleich gereizt reagierst.

ZitatGibt es eine vom Beobachter unabhängige Wirklichkeit?

Das ist eine grundlegend gute Frage! :-/
Eine holistische Auffassung zugrunde legend, ist nichts im Universum von irgendetwas anderem unabhängig. Somit auch nicht die Wirklichkeit von einem Beobachter. Würdest du den Beobachter weglassen, den es in einer Reinform nicht gibt, wäre die Frage vielleicht leichter zu klären.
Was meinst denn du? ;)

[edit]Edit von Bastian: Sorry, Fehler gemacht. Beitrag wiederhergestellt.[/edit]

edit:  :) statt smiley. außerdem die sinnsteigernden Buchstaben z und u eingefügt und einen nicht sinnverändernden, aber unfreundlichen Satz gelöscht.
"I would prefer not to."

Bastian

#17
@Heiko:
Zunächst einmal bitte ich Dich um Entschuldigung. Ich hatte aus versehen Deinen obenstehenden Beitrag gelöscht, bzw durch meinen hiesigen ersetzt. In der Admin- Ansicht steht dort wo "normaler"weise der Knopf "zitieren" ist: "löschen", bzw "ändern", da hab ich mich verklickt (ist schon zu lange her, dass ich Mod war, muss mir wieder Vorsicht antrainieren). Ich hab Deinen Text wieder reinkopiert und die Zitate wieder kenntlich gemacht. Nochmals Entschuldigung, es war keine Absicht.

Zum Inhalt:
Wenn ich Dich etwas frage, dann, weil ich Deine Ideen verstehen möchte. Wie sollte ich auch etwas widerlegen, das ich nicht ausreichend verstehe?

Besipiel:
Die aus Deiner Interpretation der Dunning/Kruger- Arbeit abgeleiteten Schlüsse ("Was genau ist denn schlüssig? Vielleicht trainierte Logikmuster"... usw.) scheinen Dir auf irgendeine Art nicht zuzusagen- zumindest meine ich das dem Kontext entnehmen zu können. Daher meine Fragen, welche Alternativen Du vorschlägst.

Ich verstehe auch nicht, wie Du von Naturwissenschaften, bzw Dunning/Kruger auf die "Hüter der Objektivität", die Unterdrückung der Kreativität, den "Anpassungsdruck" und die "Vereinheitlichung des Denkens" kommst. Deshalb frage ich. Selbst in meinen hermeneutischsten Stunden finde ich in den betreffenden Beiträgen nämlich bis dato nichts das mir durch Auslegung auf die Sprünge hilft. Nur Aussage Punkt.

In meinen Augen sind das durchaus gewichtige Aussagen, gar Vorwürfe. Wenn da was dran ist, müsste man was tun. Allein: ich verstehe nicht, wie Du darauf kommst. Und erläutern magst Du es nicht, nun denn...

ZitatNichtverstehen ist dann dein Mangel, nicht meiner. Wer mich verstehen will, versteht mich auch.
:)

zu "korrekturbedürftig":
Was "meinen" Begriff von Naturwissenschaften (überwiegend deduktiv, empirisch) angeht, kann ich ihn grob skizzieren, als ein für Veränderungen offenes, selbstregulierendes prozessuales System in dem Hypothesen aufgestellt (verworfen oder nicht verworfen werden) und daraus nach bestimmten Kriterien Theorien entwickelt werden:

- innere Widerspruchsfreiheit (Hypothesen/Theorien dürfen sich nicht selbst schon zerschießen)
- äußere Widerspruchsfreiheit (Hypothesen/Theorien dürfen den Rest nicht zerschießen (was ziemlich selten vorkommt, idR kollabiert die Hypothese. Ansonsten wirds nobelpreisverdächtig)
- eine Hypothese/Theorie soll brauchbare Prognosen liefern (ansonsten hakt es irgendwo)
- sie soll falsifizierbar, also widerlegbar sein (s. Popper, sehr elegantes Tool das Dogmen ziemlich energisch auf den Zahn fühlt)
- sie soll- wo Lücken sind- Lücke zeigen ("Missing Links" in der Evolutionstheorie: sie widerlegen nicht die Theorie)
- die einfachste Erklärung für Phänomen xy ist zu bevorzugen ("Ockhams Rasiermesser", sehr elegantes Tool)

Die Liste ist nicht komplett, aber das sind ein paar der wichtigsten Kriterien, die den selbstkorrigierenden Prozess am Laufen halten. Es gibt ein Streben nach Objektivität, aber nicht einen Anspruch objektiv zu sein. Letzteres ist eine oft erlebte Projektion...

Auf den Scienceblogs habe ich gerade einen sehr schönen Gastbeitrag eines jungen Philosophen gefunden. Interessant gerade wegen der aufgezeigten Chronologie der Entwicklung der modernen NatWiss. Das Ganze war ein wackliger Emanzipationsprozess:
http://www.scienceblogs.de/diaxs-rake/2009/04/wissenschaft-und-dogmatik.php
(Ohne dass wir es untereinander abgesprochen hätten, schreibt er im letzten Absatz auch etwas zu unserer Wahrnehmung als Mittel der Erkenntnisgewinnung und dem Überschreiten dieser engen Grenzen. Er verortet, bzw verzeitet den Übertritt bei Galilei)

Heiko

#18
@ Bastian
Ich akzeptiere deine Sicht der Dinge und hege keinerlei Anspruch an dieser etwas zu ändern.
Die Kriterien, die du für deinen Begriff von Wissenschaft aufstellst, sind absolut klar und überzeugend. Sie eignen sich in ihrer systemischen Kühle ganz ausgezeichnet um recht zu haben, denn es sind Ausschlußkriterien.
ZitatWenn ich Dich etwas frage, dann, weil ich Deine Ideen verstehen möchte. Wie sollte ich auch etwas widerlegen, das ich nicht ausreichend verstehe?
Wenn du meine Aussagen auf diese Kriterien hin überprüfst, wirst du allerdings nicht verstehen, sondern nur herausfinden, ob ich in deinem Ordnungssystem nun recht habe oder nicht.
Ich kann dich nicht daran hindern, mich deinem wissenschaftlichen Denken zu unterziehen. Das bleibt deine Entscheidung. Ich kann auch keinen Katholiken davon abhalten, dass er mir sein Wertesystem anlegt. Ich kann nur dafür sorgen, dass man mir nicht aufzwingt selber nach diesen fremdbestimmten Regeln zu urteilen.

ZitatUnd erläutern magst Du es nicht, nun denn...
Alles zu seiner Zeit. Meine vorigen Beiträge waren notwendig.
Außerdem hast du jetzt eingegrenzt, was dich wirklich kratzt, und nicht 21 Baustellen gleichzeitig aufgemacht.

ZitatBesipiel:
Die aus Deiner Interpretation der Dunning/Kruger- Arbeit abgeleiteten Schlüsse ("Was genau ist denn schlüssig? Vielleicht trainierte Logikmuster"... usw.) scheinen Dir auf irgendeine Art nicht zuzusagen- zumindest meine ich das dem Kontext entnehmen zu können. Daher meine Fragen, welche Alternativen Du vorschlägst.
Wollte die Kriterien als erstes mal transparent machen. Dann kann man erkennen, dass sie, wenn gut auch begründet, menschlich gesetzt wurden. Alternative Kriterien, bzw. Kompetenzen will  ich nicht entwickeln.
Warum auch?:  Ich will gar nicht zu dem Schluß kommen, dass manche Menschen zu inkompetent sind, ihre Inkompetenz zu erkennen.
Nach meinem Empfinden ist dieses Erkenntnisinteresse ausgrenzend und elitär.
Um zu einer solchen Beurteilung zu kommen, sind die von dir aufgeführten Instrumente nutzlos, weil diese ignorieren, dass alles was der Mensch wahrnimmt ganz automatisch mit Bedeutung gefüllt wird.


Was meint eigentlich Herr Wikipedia?
ZitatDunnig-Kruger-Effekt (DKE) ist eine Form der kognitiven Verzerrung und beschreibt die Tendenz inkompetenter Menschen, das eigene Können zu überschätzen und die Leistungen kompetenterer Personen zu unterschätzen
(...)
In der psychologischen Fachliteratur spielt sie bislang kaum eine Rolle, wohl aber in Publikationen außerhalb der Psychologie, sowie in Blogs und Diskussionsforen des Internets.
(...)
Im Jahr 2000 erhielten Dunning und Kruger für ihre Studie den satirischen Ig-Nobelpreis im Bereich Psychologie.
Das mag jetzt verknüpfen, wer kann! ...!

ZitatIn meinen Augen sind das durchaus gewichtige Aussagen, gar Vorwürfe.
Mein konkret geposteter Dunning-Kruger-Absatz:
Zitat
ZitatIch fürchte ab hier wird´s leider kontrovers: ;)
Das Einfordern eines schlüssigen Beweises fragt natürlich nach der Erfüllung subjektiv gesetzter Anforderungsmuster. Was genau ist denn schlüssig? Vielleicht trainierte Logikmuster, die sprachlich geschickt Fachtermini einknüpfen und das am liebsten noch in einer charmanten Art und Weise? ,,Schlüssiges Folgern", ,,Grammatik" und ,,Humor" wären auch die von Dunning/ Hill gesetzten Kriterien, die damit heimlich einen gewissen Habitus einfordern  und auch übersetzt werden könnten mit:
,,Are you sophisticated?"
Eine Wahrnehmung ist aber nicht deswegen falsch, weil dem Wahrnehmenden das Handwerkszeug zu einer anerkannt schlüssigen Begründung fehlt. Auch schlecht begründete Ansichten sind eine existente Filterung des Wirklichen und damit in die Gesamtwahrheit zu integrieren.
Ich sehe hier nicht mehr und nicht weniger als genau einen Kritikpunkt, den ich übe:
Zitatvon Dunning/ Hill gesetzten Kriterien, die damit heimlich einen gewissen Habitus einfordern  und auch übersetzt werden könnten mit:
,,Are you sophisticated?"
Also exakt die Aussage, die du ignoriert hast.

Alle weitere Aussagen wurden und bleiben durch Absatz und Leerzeile getrennt und sind nicht speziell auf Duninng und Kruger bezogen. Ich kann also keine gravierenden Vorwürfe erkennen. Jeder hat das Recht elitär zu denken. Ich wiederum darf es äußern, wenn ich einen solchen Geist verspüre.

Zitatich verstehe nicht, wie Du darauf kommst.
Ich hatte einführend  schon mit Begriffen wie ,,provokant", ,,überflüssig" und ,,dick aufgetragenes Ende" angedeutet, dass der Text provozierend wirken soll. Die selbstgesetzte Erwartungshaltung der Provokation war dabei für die Qualität des Beitrags nicht förderlich.
Ist auch keine besonders einladende Haltung, das sehe ich ein. Und wird in Zukunft nicht mehr nötig sein, weil ja nun wohl mehr als genug Aufhänger entstanden sind.

Werde mein Diskussionstempo, das mit deinem sowieso schon nicht mithalten kann, nun aber etwas drosseln, weil ich meine Kapazitäten zur Zeit anderweitig benötige.




:)
"I would prefer not to."