Bildung ist Schande

Begonnen von Sandra, 25. Januar 2005, 01:12:12

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Clas

#375
Moin, moin,

Nutzen ist überhaupt nicht messbar, allenfalls ordinal vergleichbar, und auch das ist ja schon haarig. Deswegen sind ja die bürgerlichen Wirtschaftstheoretiker so problematisch: Sie postulieren Funktionen, die eine kardinale Messbarkeit des Nutzens zur Voraussetzung hätten.

Das geht zwar nicht, aber man kann ja mal so tun, als ob; und wenn einen dann das Ergebnis freut und einem den Eindruck vermittelt, sinnvoll zu sein...

Was nun den verlinkten Lehrerfunktionär betrifft: so richtig korrekt zitieren und bewerten tut er nicht. Auch eine waldörfliche Diplomarbeit wird mehr als einen unverstandenen und vielleicht abstrus anmutenden Absatz enthalten. Den könnte man rot unterschlängeln, wenn er wirklich so unvermittelt dastehen sollte, aber ihn pars pro toto zu nehmen für die ganze Arbeit und die für alle Waldorflehrer... Ein wenig arg pointiert, oder? Die Quelle dann als "eine Abschlussarbeit an der..." anzugeben, macht es dann auch schwierig, die Arbeit nachzulesen und zu gucken, was sonst noch da drin steht. Auch die Steinerzitate stehen in Gänsefüßen, aber ohne Zusammenhang und ohne Quelle da. Er muss ihn ja nicht mögen, aber korrektes zitieren geht anders.

Einen Zusammenhang zwischen Grammatik und Verdauung hätte ich auch anzubieten: Es gibt grammatische Lapsus, die mir Bauchweh bereiten. Einerseits. Ich erinnere aber auch einen Unterricht bei einer linguistisch angehauchten Lehrerin, der meinen Bruder fast magenleidend machte: Die Frau sprach von Begrifflichkeit, nicht wenn sie Terminologie meinte, sondern Begriff, und sprach und dachte durch die Nase. Im übrigen war sie ähnlich Weisheit gefressen habend, wie der Oberlehrer hier im Link, und gab sie auch dementsprechend sich ausdrückend wieder von sich... Und was heraus kommt, wenn sich jemand ausdrückt, wissen wir seit Arnfried Astel.

Spätestens.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Clas

Moin, moin,

die Geschichte geht noch weiter zurück: Sie unterrichtete nicht nur meinen Bruder in Stunden, in denen Deutsch auf dem Stundenplan stand. Sie hatte zuvor meine Schwester unterrichtet, Geschichte wäre das Fach gewesen... Beide mochten einander nicht. Die Frau Nichtdoktor Doppelname wollte quälen, und brach eine Befragung über die Bismarck'sche Außenpolitik ab, als meine Schwester, der ich geraten hatte, den Stoff nicht auswendig zu lernen, sondern zu verstehen, sagte, B. habe Angst vor einem Zweifrontenkrieg gehabt und deshalb sich bemüht, diesen zu vermeiden...

Das war dann Grund für eine weitere 5; ein Mann wie Bismark, schauen Sie doch das Brustbild an: Ein solcher Mann hat keine Angst! Er befürchtet, allenfalls...

Oh, ja, und Geschichte: Da hatte ich jahrelang eine 1, mich interessierte das. Dann kriegten wir einen anderen Lehrer, Konrektor, Historiker, Germanist und altphilologophil. Dem missfiel meine Haartracht, Handschrift und Kleidung, also mein Charakter. Zack, hatte ich eine 4; in keiner Weise nachvollziehbar und ausdrücklich begründet mit meiner Kleidung. Ich hatte damals weder heile Schuhe, noch eine heile Hose noch einen heilen Mantel... Zur Schule musste ich natürlich trotzdem.

Vor diesem Hintergrund, zum Beispiel, finde ich, die sogenannten Erziehungswissenschaftler und Unterrichtsbeamten sollten sich deutlich bescheidener geben und mit der Kritik bei sich selber und im eigenen Kollegenkreis anfangen.Und wenn sie sie ausweiten, dann bitte mit Hand und Fuß.

Beamte... Musikbeamte... Vor Jahren stand ich mal auf einem Kunsthandwerkermarkt und bot von mir gefertigte 7saitige pentatonische Kantelen an, unter anderem. Am Stand dann lange eine ältere Dame, die ganz beglückt probierte und lauschend das Instrument hielt. Sicher nicht virtuos, aber zufrieden mit der Übersichtlichkeit der Möglichkeiten. Schließlich ein schwerer Seufzer: "Aber ich bin ja unmusikalisch. Das war ich schon in der Schule. Singen 4." Und außerstande, dieses Urteil zu überwinden und sich zu trauen, das ihr mögliche zu tun, ging sie traurig von dannen...

Natürlich ist es für Musiker schwer nachvollziehbar, wie jemand mit 7 Saiten und etwas über einer Oktave zufrieden sein kann. Es geht aber; es gibt solche Leute, und bei kleinen Kindern ist doch eigentlich einleuchtend, dass weniger mehr ist. Jemand, der ab einer Quart einigermaßen sicher hören kann, ob sie steigt oder fällt, und also zwei Intervalle unterscheiden kann, hat zur Musik einen ganz anderen Weg und dort vielleicht auch ein anderes Ziel, als jemand, der von Geburt an ein absolutes Gehör hat. Es ist das nicht unweise eingerichtet, aber Berücksichtigung findet es im Musikunterricht der Regelschule nur in Glüsckfällen. In der Regel wird der Musikbeamte dem Schüler, der nur zwei Intervalle hört, nämlich die stark erweitert wahrgenommene Prim und die nicht minder stark erweiterte Quart, den diesem möglichen Weg zur Musik nicht wirklich ebnen, sondern schlechte Noten, Bloßstellung und Peinlichkeit  auf ihm ablegen. Weiter wird er ihm von Dingen künden, die in keiner Weise nachvollziehbar sind, außer vielleicht im Notentext; wo aber nachzusehen nicht erlaubt ist. Was aber ein Intervall ist: Für den Musiker befriedigend nachvollziehen wird dieser Schüler das lange nicht, womöglich nie, können. Vielleicht aber tut er gut, die Existenz und Wahrnehmbarkeit von Terzen und Sekunden nicht rundheraus in Abrede zu stellen und die Berechtigung einer Beschäftigung damit nicht zu bestreiten...

Insofern gefällt mir ein Ansatz, der auf den Menschen schaut, und auf das, was dem möglich ist, deutlich besser als einer, der eine prüfbare Qualifikation vermitteln möchte und Bildung mit Ausbildung und diese mit Schikane verwechselt.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Heiko

#377
ZitatUnd was heraus kommt, wenn sich jemand ausdrückt, wissen wir seit Arnfried Astel.
Moin Clas,
an anderer Stelle schreibt er:

SINN & FORM
[Ausgedrücktes] zwar,
doch kunstvoll
brezelförmig.


Auch das exponierte Zitat seiner Wikipedia-Seite passt ausgezeichnet in den Thread:
" Dichten läßt sich nicht unterrichten. Literatur ist das, was du gegen den Rat aller Leute schreibst."

Würde entsprechend übertragen wollen: Lernen lässt sich nicht lehren. Erkenntnis ist das, was du gegen die Einflüsse aller Lehrer erlangst.


Grüße Heiko
"I would prefer not to."

Clas

Moin Heiko,

ich weiß, ich hatte mal so ein dickes grünes Buch von ihm. Muss ich mal wieder suchen.

Ob nun jeder Lehrer für jeden Schüler immer ein Erkenntnishindernis ist, weiß ich nicht. Zumindest gibt es Wirkungsunterschiede. Graduell und modal. Manche Erkenntnis gewinnt man natürlich nur durch Überwindung der vor ihr liegenden Gegebenheiten.

Man darf jedoch froh und dankerfüllt sein, wenn die Lehrer prinzipiell wohlwollend und freilassend sind, sich also, als Hindernis betrachtet, möglichst klein machen und geschmeidig geben. Der von Bastian hier verlinkte schafft es, nach meinem Dafürhalten, sich derart zu plustern und zu sperren, dass er ein beachtlich wirksames Erkenntnishindernis sogar für sich selber darstellt...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Burkhard Ihme

#379
Zitat
Würde entsprechend übertragen wollen: Lernen lässt sich nicht lehren. Erkenntnis ist das, was du gegen die Einflüsse aller Lehrer erlangst.
Halte ich dagegen für Unfug. Abgesehen davon, daß es Lern- und Memorierungstechniken gibt, die natürlich gelehrt werden können, sind sogar so verhaßte Dinge wie Gedichte auswendiglernen sehr sinnvoll, um die Synapsen der Schüler sinnvoll zu verschalten.

Clas

Moin, moin,

so unterschiedlich ist es im menschlichen Leben. Ich habe das Auswendiglernen von Gedichten nicht gehasst. Ich habe eines, das wir interpretieren sollten, auswendig gelernt, und dummerweise Verse rezitiert, um meine Interpretation zu stützen, statt sichtbar, womöglich mit dem Finger die Zeile haltend, vorzulesen. Daraufhin bezeichnete mich der Lehrer als Streber, was seine Beliebtheit in der Klasse steigerte, ihn mir aber als hinderlichen Schleimbeutel auf meinem Weg zu sinnvoll verschalteten Synapsen erscheinen ließ...

Dabei hatte ich einfach ausprobieren wollen, ob ich auch eins, das sich nicht reimt, auswendig lernen konnte und fand es sprachlich schön.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Heiko

#381
Moin,

Unfug find ich gut,  gerne im Sinne von ungefügt und sicherlich noch zum groben steigerbar.

Dass Gedichte auswendig zu lernen Synapsen sinnvoll verschalten soll, klingt für mich nach zweckrationaler Weltdeutung. Inwiefern denn sinnvoll? Für eine effizientere Verwertbarkeit? Auch zum Preis, dass man nachts schweißgebadet aufwacht, um zwanghaft Verse zu zitieren, zu deren Sinn man vor lauter Reinpauken gar nicht vorgedrungen ist?

Klar gibt es Memorierungstechniken, welche gelehrt werden können. Einer macht vor, die anderen machen nach. Das kann man dann "lernen" nennen. Muss man aber nicht - man könnte stattdessen dieses schlichte Nach-Äffen "funktionieren" nennen und den Begriff Lernen für einen autodidaktischen Prozess der Befreiung reservieren, der äußere Einflüsse zwar benötigt - sie sogar verlangt - diese aber nicht affirmiert, sondern kritisch aufhebt:
Lernen als dialektische Auseinandersetzung.

Astel hat ja auch nicht "ohne", sondern "gegen" den Rat der Leute gedichtet. Von daher schon gerne starke, aber defensive Lehrerpersönlichkeiten, die sich dazu nicht klein machen müssen. Sie sind ja erst dann ein Hindernis, wenn sie auf ihr Wissen, ihre Methoden und Deutungsmuster beharren und entgegengesetztes Denken nicht akzeptieren wollen.
Leider werden Lehrer in der Regel mit einer durch Notengewalt strukturell abgesicherten Pseudo-Autorität ausgestattet, die auch die egalitärsten unter ihnen nicht ablegen dürfen. Dadurch werden auf der einen Seite wie von alleine vorauseilende Bravheit und notenorientierte Anpassung erzeugt. Und der querulante Rest bleibt selber schuld. Warum tun die nicht einfach, was man ihnen sagt? Wie unvernünftig!


Unfugigst Heiko
"I would prefer not to."

Clas

#382
Moin Heiko,

klar, lang lebe der ewige Unfug, aber:wer soll denn dann Lehrer sein wollen, wenn er prinzipiell nur als obstakuläre Existenz der von ihm eigentlich beabsichtigten Erkenntnis der Schüler entgegenwirkt und eine andere Vermittlungsart von Erkenntnis gar nicht geht? Das ist mir zu pointiert. Ich denke, es gibt beides.

Insbesondere in den Grundschuljahren geht, glaube ich, ein ausschließlicher Eigengewinn von Erkenntnissen durch die Kinder noch nicht. Und auch später kann man von vom Lehrer lernen und gegen ihn an, oder ihm zum Trotz, und wenn er taugt, merkt er letzteres und kämpft nicht mit unfairen Mitteln dagegen an. Wenn er es nicht merkt, hofft er darauf...

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Heiko

#383
Moin Clas,

juhu, Widerspruch. Du hast ganz recht. Ich denke auch, es gibt beides bzw. unzählige Ausprägungen im Spannungsfeld von Drinnen und Draußen, Anpassung und Abgrenzung. Meinte auch weder prinzipiell noch ausschließlich und wenn ich überpointiert die eine Seite als Unterdrückung und die andere als Befreiung beschreibe, dann aus Spaß an hoffnungsloser Thesenrettung. Ganz bestimmt bedeuten die ersten Jahre des Lernens überwiegend Techniken der Nachahmung (- aber nicht nur). Und Anpassung scheint ein völlig natürliches Bedürfnis: Dazu-gehören-wollen, Das-gleiche-können-wollen ...

Doch auch das Anders-sein-wollen und das Alleine-machen-wollen sind nicht pathologisch, sondern wichtige Etappen der Selbstverwirklichung. Meine besondere Empfindlichkeit gegen das Einfordern von Anpassung als Selbstzweck spiegelt dabei meine schulische Wurzellosigkeit. Mit jedem Schulwechsel (- Berufsschule und nachgeöltes Abitur nicht mitgezählt habe ich sieben verschiedene Schulen besucht, keine länger als drei Jahre -) wurde mir klarer gemacht, dass es nur um Einfügung geht. Da habe ich irgendwann einfach die Lust darauf verloren.

Mathe, Mittelstufe, Schriftliches Dividieren. Ich neu an der Schule und in der Klasse, bringe mein durch ein anderes Curriculum geprägtes Wissen mit und ein. Lehrer sagt: "Hier machen wir das aber so!" Es war nur eine modifizierte Form der gleichen, meiner Methode, die ich nicht auf Anhieb verstehen konnte und wollte - genauso wenig, wie er meine. Das Ende vom Lied: eine Fünfplus in der folgenden Arbeit trotz richtiger Ergebnisse, ein herablassendes: "Hättest du mal ..." und ein Schüler, der für diesen Lehrer nicht eine Sekunde mehr zu investieren bereit war, ohne zu überblicken, dass er sich vor allem selber damit schadet.

Zitatklar, lang lebe der ewige Unfug, aber:wer soll denn dann Lehrer sein wollen
UniHH, Audimax, eröffnende Vorlesung zum Sprachlichen Anfangsunterricht, anwesend sind etwa 500 bis 700 Studierende, darunter nachweislich einzelne Gasthörer. Professor fragt, wessen Eltern selber Lehrer seien. Das erschreckende Ergebnis: mehr als die Hälfte der Anwesenden streckt ein Ärmchen in die Höhe.
Welche Motivation mag da wohl haupttreibend gewirkt haben?

So, für heute genug veräußert.

Grüße Heiko
"I would prefer not to."

Bastian

Sieben verschiedene Schulen stelle ich mir auch ziemlich anstrengend vor. Das sind ja neben dem neuen Schulbetrieb auch immer wieder neue soziale Strukturen, in die man nach dem Umtopfen irgendwie hineinwachsen muss. Kann mich aus meiner Schulzeit an zwei-drei Kids erinnern, die ähnlich oft umgetopft worden waren und ganz unterschiedlich damit umgegangen sind. Da gab's den lässig-Abgebrühten, den das anscheinend nicht sonderlich gedrückt hat. Es gab aber auch den Stillen, immer lonsesome-Cowboy-Gebliebenen, der nie dazugehören konnte oder wollte. Und das Zirkusmädchen, das in der Grundschule eine Zeit lang neben mir saß. Von ihr weiß ich gar nicht, wie es ihr nach der Zeit bei uns erging...

Nochmal zu Waldorf: Das Hamburger Projekt ist ja eher ein Etikettenschwindel. Waldorf-light, da ja immer noch reguläre, Ausgebildete Lehrer (mit)unterrichten. Das "Waldorf-" sehe ich da eher als ein Bluntschli an. Bildungssatte Eltern wünschen sich (sic!) für ihre Kinder einen irgendwie gearteten kulturellen Bonus (musikalische Ausbildung, Malerei, Tanz...) und die Schule kann sich als Bluntschli das Etikett "Waldorf" ankleben- ein Alleinstellungsmerkmal.
Ich sehe da von beiden Seiten Marketing.

Wenn "Waldorf" nicht light ist, sondern Mainstream, wird es allerdings schwierig. Vor einiger Zeit machte dieser Frontal21- Waldorfschulen-Check von sich reden. Demnach hat nur die Hälfte der Lehrer wirklich eine qualifizierte Lehrerausbildung hinter sich. Und diese sollen dann als Klassenlehrer acht Jahre lang die Kinder in allen wichtigen Fächern unterrichten:


Burkhard Ihme

#385
ABer umgekehrt sind Gymnasiallehrer fachlich überqualifiert (sie studieren Sachen, die im Unterricht nie vorkommen, zumindest in den wisenschaftlichen Fächern) und pädogogisch auf Seepferdchen-Niveau.

Im übrigen werden diese von Frontal 21 genannten Lehrer wohl  sehr selten Klassenlehrer, sondern sind dann eher Quereinsteiger mit Berufsausbildung und zweijährigem Waldorfseminar und unterrichten dann meist in Bereichen, die ihrer Berufsausbildung entsprechen Gartenbaulehrer zum Beispiel. Auch Eurhythmie-Lehrer fallen nach Forntal 21 wahrscheinlich nicht unter die mit qualifizierter Lehrerausbildung. Und das muß man ziemlich lange studieren.

Clas

#386
Moin, moin,

sie studieren sie eigentlich nicht, sie müssen da Scheine machen... Und zu meiner Schulzeit unterrichtete, zum Beispiel, ein Tierarzt Biologie und eine Laborantin Chemie... ("Metalloxid plus Wasser ergibt eine Base!" "Und was ist dann ein Aluminat?" Treffer. Versenkt. Die hat nie wieder einen Römp ausgeliehen als Material für ein Referat.) Es gab auch ausgebildete Lehrer, Jahrzehnte vorher ausgebildet, die hackten vier Jahre auf den Wertigkeiten herum. Sehr bequem, wenn man einmal begriffen hatte, dass man die zu null addieren musste, und adazu das didaktisch vereinfachte, aber immerhin vom Lehrer verstandene und daher auch darstellbare Bohrsche Atommodell... Irgendwann kam dann jemand und musste einen von der Kalotte erzählen, hatte das aber nicht so richtig drauf.

Katholische Religionslehrer mussten Sexualkunde unterrichten, das war damals so. Für die katholischen Jungs. Was mit den kath. Mädchen war, weiß ich nicht, ich glaube, die Sportlehrerin war zuständig. Evangelen brauchten das nicht.

Nach diesen Streiflichtern: Mir scheint seit je, Lehrer sein lasse sich nur sehr bedingt lernen.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Clas

Moin, moin,

...und fast gar nicht lehren.

Demzufolge sehe ich bei der "wissenschaftlichen" oder staatlichen Lehrerausbildung mindestens 2 Mängel:

Zum einen werden viele Lehrerskinder Lehrer. Zum anderen sind es nicht wenige, die durch das erreichte Abitur aus ihrem angestammten Habitat vertreiben wurden und wieder zurück wollen. Das ist verständlich.

Verständlich ist aber auch, dass ein guter Lehrer so eher trotz als wegen dieser Motivationslage zustande kommt.

Vor Jahrenden war ich mal auf einer Fete, da waren hauptsächlich Kette rauchende Lehramtsstudenten, die jammerten, wie irgendwie total beschissen und voll schlecht ihre Ausbildung sei. Sehr freudig war die Stimmung also nicht. Dennoch hatte sie deutlich Potential nach unten, wie sich erwies, als ich sagte, hier sei halt auch Begabung und eine freudige Grundhaltung erforderlich... Man müsse Kinder gerne haben und sich an ihrer Entwicklung freuen. Es gebe einfach Menschen, denen verhülfe keine Ausbildung dazu, gute Lehrer zu sein.

Oha!

-

Ebenfalls vor Jahrenden kam ich in der Eisenbahn mit einer Dame ins Gespräch und äußerte, es wäre gut, wenn jemand, der Lehrer werden wolle, zunächst einen anständigen Beruf erlernen müsse... Sie schluckte erkennbar, dachte darüber nach und meinte dann, je länger sie drüber nachdenke, desto mehr Gefallen fände sie an dem, wenn auch drastisch formulierten Gedanken. Sie bilde nämlich Lehramtsstudenten aus...

Mit anderen Worten: Die staatliche Lehrerausbildung ist sowas ähnliches wie ein Kunstdiplom: Sie belegt die Ausbildung, aber nur in Grenzen die Eignung des Ausgebildeten, die Einbldung zu überwinden und Bildung zu vermitteln.

Wenn einer Klavier studieren will, gibt es Begabungsvorausetzungen. Erfüllt er die nicht, kann er nicht Klavier studieren. Er muss auch vorher allerhand geübt haben und Unterricht gehabt haben, in den meisten Fällen kann man da, in Grenzen, auch substituieren, aber eben in Grenzen. Wenn er fertig ist, hat er ein Diplom. Pianist aber wird er, möglicher Weise. Vielleicht wird er auch Musikbeamter an einer Schule. Oder Klavierlehrer.

Wenn er Lehramt studieren will, braucht er einen entsprechenden Abischnitt. Der kann aber weitgehend ohne die Begabung zum Unterrichten erreicht werden.

Nee, die Staatlichen sollen sich da mal nicht so plustern. Und Waldorfschulen halte ich für eine gute Einrichtung.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

#388
Gedichte auswendig lernen gibt es auch in Waldorfschulen.
Hier eines für die sechste Klasse:

,,Wir bauen nicht mit Mörtel noch mit Steinen,
Zwei Speere pflanzt! Querüber bindet einen!
Zwei Römerköpfe drauf! Es ist getan! –
Das Joch umstehn verwogne Kriegsgesellen
Mit Auerhörnern und mit Bärenfellen
Und schauen sich das Bauwerk an... "


Aus einem sehr lesenswerten Insiderbericht über ein Seminar für angehende Waldorflehrer:
http://www.ruhrbarone.de/waldorflehrer-werden-%E2%80%93-am-%E2%80%9Eseminar-fur-waldorfpadagogik-berlin%E2%80%9C/

Also mir Weichei tat ja schon der alte Herr von Ribbeck leid- und das ist im Saldo noch ein positives Gedicht, weil er für die Kinder aus seinem Grab einen Birnbaum wachsen lässt. Ich weiß nicht, wie ich auf aufgespießte, bluttriefende Römerköpfe reagiert hätte.

Eine positive Wendung kann ich nicht erkennen, denn weiter heißt es:

"Die Hörner dröhnen. Zu der blutgen Pforte
Strömt her das Volk aus jedem Tal und Orte,
Gross wundert sich am Joch die Kinderschar,
Ein Mädelreigen springt in heller Freude
Um das von Schande triefende Gebäude,
Den blühnden Veilchenkranz im Haar."


Jo, ein Bund emotional verblödeter Mädels umtanzt auch noch das gelungene Massaker.
Woran erinnert mich das...?

Typisch für steinersche Lehre und -Vermittlung ist auch die rassistisch begründete Welt- und Geschichtsdeutung. Aus dem selben Seminarbericht:

Zitat,,Und was ist die typische Architekturform Nordamerikas?", fragt Herr Vormann und gibt alsbald die Antwort: ,,Es ist die Stufenpyramide. Sie steht für die Erdverbundenheit der präkolumbianischen Völker."

L. erlaubt sich die Frage: ,,Und was ist mit den Indianern Nordamerikas – der Puebloarchitektur? Oder dem Zelt der Nomadenvölker der großen Prärien?" ,,Die haben im großen Überblick keine Bedeutung, die Indianer waren schon eine absterbende Rasse", ist die Antwort des Dozenten. ,,Eine absterbende Rasse, was meinen Sie damit, dass die Indianer von den Weißen aus ihrem angestammten Lebensraum verdrängt wurden?" ,,Nein, die Indianer waren schon vorher eine absterbende Rasse, ihnen fehlten die Voraussetzungen für eine kulturelle Höherentwicklung."

Keiner der Seminaristen sagt etwas. In L. brodelt es, er erinnert sich an seine Reise in den amerikanischen Westen: ,,Finden Sie das nicht unfair, nach all dem Unrecht, was die Indianer erleiden mussten, ihnen auch noch die Schuld daran anzulasten?!" ,,Was regen Sie sich so auf, die alten Ägypter waren schließlich auch eine absterbende Rasse."

L. ringt um Worte: ,,Meinetwegen können Sie das über die alten Ägypter sagen, aber ich habe keine Lust, einem Indianer, den ich als Anhalter im Auto mitnehme, zu erklären, dass er zu einer absterbenden Rasse gehört!"

Herr Vormann ist ob soviel Respektlosigkeit erbost. ,,Lassen Sie uns im Unterricht fortfahren, diese Frage können wir hier und jetzt nicht hinreichend erörtern!" Ist damit für ihn die Sache erledigt? L. hört nie wieder etwas von ihm ... aber von der Seminarleitung, drei Wochen später.

In einer Abmahnung teilt man L. mit, dass ,,die Form seiner Beiträge über das Maß kritischer Auseinandersetzung hinaus als Verletzung elementarer Spielregeln der Höflichkeit, Rücksicht, Toleranz gegenüber Andersdenkenden bemerkt wird ..."

L. soll gehen. Sofort die Ausbildung abbrechen. Die Seminarleitung versucht auch, die anderen Seminaristen gegen L. aufzubringen: Sie sollen L. klarmachen, dass er nicht mehr zur Waldorf-,,Familie" gehört.

Wenn schon angehende Waldorf-Lehrer auf solche Weise in die Formation gezwungen werden: Ist da zu erwarten, dass sie die ihnen anvertrauten Schüler so individuell und freiheitlich fördern, wie das Image der Waldorfschulen es verspricht? Ich hab da starke Zweifel.

Bastian

ZitatMehr zuhören, weniger diskutieren, üben statt ständig experimentieren - das erscheint nicht nur für die guten Schüler äußerst gewinnbringend, sondern auch für schwächere und vor allem jene aus eher benachteiligten Schichten. In Amerika haben diese Ergebnisse die Fachwelt elektrisiert. Eine neuseeländische Metastudie kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Es ist ein Witz: Die moderne Didaktik mit ihrem Anspruch, Chancengleichheit zu bringen, schadet denen am meisten, die Hilfe brauchen.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/bildungswesen-frontalunterricht-macht-klug-11994686.html

Und nun? Re-Formation?

Heiko

#390
obiger FAZ-Artikel:
ZitatKinder lernen immer noch am besten, wenn man sie in guter alter Manier frontal unterrichtet. Das haben Bildungsökonomen in einer groß angelegten Analyse herausgefunden.
Soso, Bildungsökonomen(!) fanden also heraus ... Es wird nicht im Geringsten angedeutet was die Schüler lernen. Versteht sich anscheinend von selbst. Diese ganze positivistische Output-Orientierung ohne Einbeziehung emotionaler und sozial-emanzipativer Ebenen outet ein Schüler_innen-Bild als reine Lernmaschinen, die bloß für die Verwertungsinteressen von Arbeitgebern fit gemacht werden sollen.
ZitatMehr zuhören, weniger diskutieren
Genau, Gehorsam und die Klappe halten als Kernkompetenz, die dann auch den benachteiligten Schichten nützt, weil sie dann vielleicht 'nen Job abkriegen. Man bekommt neben dem Artikel passend Aktienindizes, Gastbeiträge von Hans-Werner Sinn(-los) und Stromtarifrechner angeboten. Das Ökonomische als das alles Bestimmende. *indenBartschimpf*  Man sollte Schule einfach nicht ohne ernsthafte Systemkritik diskutieren.
Zitat"Ein Menschenexperiment entlang des Zeitgeistes"
Äh ja, hallo, war Schule je etwas anderes ...!



Edit: kleine semantische Korrektur
"I would prefer not to."

Bastian

Zitat von: Heiko am 31. Januar 2013, 01:04:16
Man sollte Schule einfach nicht ohne ernsthafte Systemkritik diskutieren.
Unterschrieben. Bei manchen endet die Systemkritik ja genau an dem Punkt, wo die Schule als alternatives (weltanschauliches, lifestylendes) System angeboten wird, welches dann nicht mehr diskutiert oder hinterfragt wird.

Wahrscheinlich ist es gar nicht zu vermeiden, vielleicht sogar gewünscht, dass Kinder zum Gegenstand des elterlichen "Lifestyles" werden. Aber es ist für mich schon die Frage, ob die so gerne hochgehaltene "Individualisierung" (gut) immer den Vorrang vor "dem System" (schlecht) haben sollte.
Wie gehen wir z.B. damit um, wenn ein ganzer Jahrgang einer privaten Fachoberschule das Abi nicht packt?
Und wie sollte gesellschaftlich damit umgegangen werden, dass Waldorfschüler einem höheren Risiko ausgesetzt sind, lebensbedrohliche Krankheiten erleiden zu müssen?

Im ersten Fall haben wohl einige schlicht versagt. Im Zweiten ist das Risiko systemimmanent, und da wundere ich mich darüber, dass kaum jemand #aufschreit...

Clas

Moin Bastian,

was da bei dem Abi schief gegangen ist, weiß ich nicht.

Den Artikel zu der Waldorfschule und mehr noch die Kommentare dazu empfinde ich jedoch als dumm und bösartig. Ungeimpfte Kinder als Pestratten zu bezeichnen...

Die Masern halte ich im normalen Verlauf nicht für lebensbedrohlich, wenn auch wohl die Impfung weniger gefährlich ist, als die Krankheit. Sie findet eindeutig nicht beim Schulkind, sondern wesentlich früher statt. Oder eben nicht.

Ich halte auch nicht jede Impfung, die eine Pharmafirma auf den Markt drückt, für sinnvoll. Polio, Diphterie, Tetanus, als es sie noch gab, Pocken und natürlich Tropenkrankheiten, wenn man hinfährt. Bei Mumps und Masern war und ist es mir nicht klar. Nach meiner eigenen Erfahrung sind die gut zu überleben, und was da mit dem Entwicklungsschritt gemeint ist, glaube ich an mir selber erlebt zu haben. Hinterher wirkt die Welt so neu und nett. Grippe habe ich zwei oder 3 mal gemacht und jedesmal dennoch mehr als eine eingefangen. Das mache ich seither nicht mehr.

Von einer der Babyimpfungen erinnere ich ein tagelang in Reaktion geschwollenes und fieberndes Kind. Hat sich auch gegeben, aber das tun die Masern in der Regel auch...

Pocken sind bei mir als Säugling nicht aufgegangen, dann durfte ich die Impfung mit 12 nicht mehr kriegen. Von meinen Klassenkameraden waren aber einige kränklich, danach.

Gruß Clas
"Ach, das Risiko...!" sagte der Bundesbeamte für Risikoabschätzung abschätzig...

Bastian

#393
Was ist an dem Artikel dumm? Dort werden Aussagen aus einem Merkblatt der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte zitiert. Zum Beispiel:
ZitatIm Fieber, in der selbst gebildeten Wärme, ist aus dieser Sicht die geistig-seelische Individualität des Kindes in gesteigertem Maße leiblich tätig.
Geistig-seelische Individualisierung, durch Leid.

Tatsächlich sind Waldorfschulen eine Art Reservoir für das Masernvirus. Und so verstehe ich auch den einen Pestrattenkommentar. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs konnte nur ca. ein Viertel der 400 Schüler nachweislich eine Masernimpfung vorweisen, da ist aber nun gar nichts mehr mit Herdenschutz. Wenn in so einer Situation einer an Masern erkrankt, steckt er in kürzester Zeit sein gesamtes Umfeld an. Und wenn man nicht schnell einschreitet, sind in einer Schule die Dreihundert schnell voll. Es reicht ja schon aus, durch die Eingangshalle zu gehen während ein Betroffener hustet. Deswegen kommt es gerade in Waldorfschulen auch immer wieder zu epidemieverdächtigen Ausbrüchen, die dann nur noch durch Schulschließung und Quarantäne eingedämmt werden können.

Im normalen Verlauf nicht lebensbedrohlich, das kann man so sehen. Genauso kann man meinen, dass der Straßenverkehr normalerweise auch nicht lebensbedrohlich ist. Zumindest an die Einführung der Anschnallpflicht auch auf dem Rücksitz erinnere ich mich. Vordersitz war vor meinem Hirn. Da ist man auch nicht vom best case ausgegangen, sondern hat die worse cases und even worse cases bis hin zum worst angenommen und eine Risiko-Nutzen-Abwägung getroffen. Genau wie bei der Masernimpfung. Und ähnlich den Verkehrstoten, setzt es auf tausend Maserninfektionen einen Toten. Statistik ist unerbittlich.

2011 starben laut WHO weltweit mindestens 158 000 Menschen an den Masern. Und (bitter, das so schreiben zu müssen) das ist ein Fortschritt. Ein Jahrzehnt zuvor war es ein Vielfaches dessen.

Der "normale" Verlauf mit kaputter Haut, Mittelohrentzündung, 40 Fieber, Bindehautentzündung und (schwer-normal) Pleuraerguss, geplatzem Trommelfell und Lungenentzündung könnte doch vollkommen ausreichen, das seinem Kind zu ersparen. Die Aussicht auf eine definitiv tödliche Gehirnentzündung sollte dann meines Erachtens ein letzter Grund sein, das eigene Kind zu impfen. Man weiß nicht, wen es trifft. Und je mehr Ungeimpfte an Masern erkranken, desto mehr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wieder ein Mensch stirbt.

Es ist vermeidbar. Und die Kasse zahlt's. So what?

Aber laut anthroposophischer Lehre sind das karmische Bestimmungen, denen man sich schlicht zu fügen hat. Und Karma rules, auch wenn Anthro-Schulbetreiber das nicht so herauskehren. Wer nach einer Maserninfektion nichts mehr hören kann, wer erblindet oder gar stirbt, dem wird  laut anthroposophischer Weisheit wohl Recht geschehen sein. Da zählen nur die (zufällig glücklichen) Windhunde aus Kruppstahl und Leder. Nur wessen Kind ist schon aus Kruppstahl? Und will man das? Wir sind es doch selbst nicht...

Leider suchen Menschen Gleichgesinnte. Und so treffen in Waldorfschulen ungeschützte Kinder auf ungeschützte Kinder. Ich denke, man sollte das wissen, wenn man sein Kind einer solchen Institution anvertraut.

[Edit: "So what?" ergänzt  :) ]

Burkhard Ihme

#394
Wenn man sein Kind impft, kann ihm doch gar nichts passieren, oder?

Ich kann immerhin kompetent von Waldorfschulen reden, weil ich auf der "Mutterschule" war, also auf der 1919 von Steiner gegründeten Betriebsschule der Waldorf-Astoria Zigarettenfabrik (die Fabrik existierte aber nicht mehr). Da gab es offenbar eine gesunde Mischung von reiner Lehre und Pragmatismus. Die Polio-Schluckimpfung wurde in der Schule durchgeführt, Epidemien gab es nie (und wir hatten damals Klassen von 45–55 Schülern). Da war aber die Welt auch noch in Ordnung, sprich so dreckig, daß die Menschen gesünder waren (keine Allergien).

Ob man auf anthroposophische -Ärzte hören sollte? Eine Mitschülerin hätte es besser nicht getan und hat ein nach Erkrankung behindertes Kind.
Andererseits: Der unbestritten beste Sportmediziner der Welt ist Homöopath.

Bastian

#395
Ja, einem geimpften Kind sollte nichts passieren. Es gibt aber "Imfversager", also Kids, bei denen die Impfung nicht anschlägt. Und es gibt Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können. Die sind darauf angewiesen, dass die "Herde" sie schützt.
Dann gibt es noch Kinder, die nur ein Mal gegen Masern geimpft worden sind. Da denkt man, dass das Kind doch geimpft ist, also geschützt sein sollte. Tatsächlich muss man gegen Masern zweimal impfen, weil die Impfung zu einem geringen Prozentsatz keine Immunantwort zur Folge hat. Und um diese Lücke zu schließen, impft man zweimal. Diese zweite Impfung vergessen viele.

Natürlich sind die Ungeimpften das Problem. Für sich und für andere. Denn die können im Fall der Infektion auch außerhalb der Schule andere Menschen anstecken. Wie im Fall des Elfjährigen in Bad Salzuflen, dessen Eltern die Masernimpfung abgelehnt hatten. Er wurde krank, also gingen sie zum Arzt. Noch vor seiner Diagnose steckte er im Wartezimmer sechs andere Kinder an. Unter ihnen zwei Säuglinge, die den Impftermin noch vor sich hatten:

Natalie starb 13 Jahre später an SSPE.
Michael starb im Alter von 14 Jahren, auch an dieser Spätfolge der Masern.

Sie hatten gar keine Chance.
Hätten die Eltern des damals Elfjährigen ihrem Kind nicht die Impfung vorenthalten, wäre er nicht erkrankt, und die anderen beiden hätten noch ein Leben vor sich gehabt.

Zu der Mitschülerin mit dem behinderten Kind: Das ist ja schlimm. Was ist da geschehen?

Burkhard Ihme

Keine Ahnung. Sie hat sich nie wieder bei Klassentreffen sehen lassen. Ich kenn nur Andeutungen aus dritter Hand.

Burkhard Ihme

Zitat von: Bastian am 10. Oktober 2012, 13:40:43
Nochmal zu Waldorf: Das Hamburger Projekt ist ja eher ein Etikettenschwindel. Waldorf-light, da ja immer noch reguläre, Ausgebildete Lehrer (mit)unterrichten.
Waldorflehrer sind in der Regel keine, die keine reguläre Lehrerausbilduing haben, sondern solche, die zusätzlich das Waldorf-Seminar besucht haben. Dürften sonst auch nicht in der Oberstufe unterrichten.

Heiko

Zitat von: Bastian am 14. Juli 2013, 22:05:41Aber es ist für mich schon die Frage, ob die so gerne hochgehaltene "Individualisierung" (gut) immer den Vorrang vor "dem System" (schlecht) haben sollte.

Wenn es nach mir geht, ja. Aber es kommt selbstverständlich darauf an, was man darunter versteht: Wenn Individualisierung zur isolierten Vereinzelung führt, ist sie natürlich schlecht. Individualisierung ist gut, wenn sie bedeutet, in freier Vereinbarung und gegenseitiger Hilfe die persönlichen Interessen und Fähigkeiten selbstbestimmt entfalten zu können.
Systemisch hingegen ist grundsätzlich schlecht, weil es den Menschen ent-individualisiert, letztlich ent-menschlicht, und auf eine Funktion im Gemeinschaftskörper reduziert. Die Pestratten-Metapher ist ein Beleg für die Auswüchse solchen Denkens.
Im Falle des Impfens erscheint systemisch bloß als gut, weil es zufällig Überschneidungen mit dem Interesse des Individuums gibt. Hier ist Aufklärung nötig, dass es das Interesse des Einzelnen ist, nicht mit zweifelhaften Krankheiten angesteckt zu werden, so dass sich eine Vernunft der gleichen Freiheit (von Krankheiten) Aller durchsetzen kann.
Ich verstehe die Argumente der Befürworter, teile sie auch größtenteils, empfinde ihre Form der "Aufklärung" aber nicht selten als aggressiv und missionarisch. Jedes Bedenken wird ohne genaues Hinschauen als Eso-Quatsch diffamiert. Wer Begriffe wie "Pestratten" in die Debatte einführt, ist selber eine emotionale solche. Und obwohl "emotionale Pest" ebenfalls ansteckend sein dürfte, sofern man sich mal das Diskussionsklima in den Kommentarspalten anschaut, würde ich nicht wollen, dass dagegen zwangsgeimpft würde. Impf-Zwang wäre auf symbolischer Ebene höchst kritikabel, da es sich bei Unfreiwilligkeit objektiv um eine Körperverletzung handelt.
Der Vorschlag, dass nur geimpfte Kinder Kitas, Kindergärten und Schulen besuchen dürfen, wird vor allem die Homeschooling-Bewegung erfreuen, der hier ein Schlupfloch aus der deutschen Schulpflicht angeboten würde.

Noch ein paar naive Fragen eines Systemskeptikers an die Volkshygieniker:

Stimmt es, dass zu einer Impfladung neben den Krankheitserregern aus funktionalen Gründen auch Stoffe gehören, die verwandt mit Quecksilber und Aluminium sind?

Kann man ausschließen, dass Impfstoff-Hersteller einseitig meinungsbildend auf den Diskurs einwirken, indem sie aktiv an der Informationsproduktion mitarbeiten?

Kann es sein, dass es sich um ein profitables Menschenexperiment handelt?

"I would prefer not to."

Bastian

#399
Zitat von: Heiko am 26. Juli 2013, 00:04:44Hier ist Aufklärung nötig, dass es das Interesse des Einzelnen ist, nicht mit zweifelhaften Krankheiten angesteckt zu werden, so dass sich eine Vernunft der gleichen Freiheit (von Krankheiten) Aller durchsetzen kann.
Das Problem ist ja, dass einige ideologisch motivierte Impfgegner glauben und ihrerseits verbreiten, es sei für Kinder sinnvoll, mit Krankheiten angesteckt zu werden. Da ist meiner Erfahrung nach schwer aufzuklären. Wie klärt man auf gegen Anthro-Eso-Homöopathen-Lifestyle, wenn eine einzelne sinnvolle Entscheidung (pro-Impfung) die gesamte ideologische Ausrichtung des Gegenübers in Frage stellen würde, die ihm das verbietet? Da wäre ein Emanzipationsprozess von innen heraus gefragt. Aber wer leistet den schon von sich aus?

Dann gibt es die vielen, die sich von der Desinformation der Impfgegner in Zweifel und Ängste bringen lassen. Werdende Eltern sind so leicht zu verunsichern, wie sonst kaum jemand. Ungleich schwerer ist es, einen einmal gesäten Zweifel aufzuheben. Wenn Impfgegner-Panikmache auf eine - an sich fruchtbare - antiautoritäre Grundhaltung der Eltern, z.B. gegenüber "Big Pharma", treffen, immunisiert sich die ablehnende Haltung zunehmend gegen jede Einmischung von außen, so dass man kaum noch ins Gespräch kommt ("Du bist doch von der Pharmaindustrie gekauft!", usw...). Mindestens aber haben sie mehr Angst vor der Impfung als vor der Krankheit.

Dabei sind die Argumente für's Impfen so klar wie sonst kaum etwas in der Medizin. Und sie kommen bei einigen trotzdem nicht an.
Bestätigt wird die anti-Impfung-Haltung ironischerweise durch den Erfolg der Impfungen. Dadurch, dass viele ungeimpfte Kids (und Erwachsene) nicht erkranken, weil der Herdenschutz aller Geimpften um sie herum dafür sorgt, dass sie erst gar nicht in Kontakt kommen. Und dann denken sich die Eltern, dass gerade und auserwählterweise ihr Kind so ein dermaßenes Kraftpaket ist, dass es eine Impfung nicht nötig hätte.
Das geht dann so lange gut, bis das Masernvirus sie erreicht...

Und so einfach, dass man sagen könnte "jeder nach seiner Facon", ist es auch nicht. Letztendlich sind es die ja Kinder, die die Folgen der Impfablehnung ihrer achsoindividuellen Eltern (die selbst meist geimpft sind) zu tragen haben. Da kann man noch so auf den eigenen Individualismus pochen: Eltern sind auch für ihre Kinder verantwortlich. In meinen Augen ist es eine Form der Vernachlässigung, wenn man seine eigenen Kinder Risiken aussetzt, die man leicht vermeiden könnte.



Muss man ein "Volkshygieniker" sein, um auf die Fragen zu antworten?
Nee.
Zitat
Stimmt es, dass zu einer Impfladung neben den Krankheitserregern aus funktionalen Gründen auch Stoffe gehören, die verwandt mit Quecksilber und Aluminium sind?

In Impfungen sind in geringen Mengen Adjuvantien enthalten, die idR dazu dienen die Immunantwort des Körpers zu verstärken.
- Aluminiumhydroxid (nicht Aluminium!), zum Beispiel, reizt zusätzlich lokal das Gewebe und sorgt so dafür, dass die T-Helferzellen wissen was zu tun ist. Ohne das Adjuvans müsste man jeden Menschen mehrfach pieksen.
- Das organische Quecksilbersalz (nicht Quecksilber!) "Thiomersal" dient(e) schlicht zur Konservierung des Impfstoffs in den Durchstechampullen, und ist in der verwandten Dosis unbedenklich. Wer Seefisch isst, nimmt mehr Quecksilber-Verbindungen zu sich, als in einer Impfdosis mit Thiomersal enthalten sind. Mittlerweile gibt es wohl auch Impfstoffe, die ohne diese Konservierung auskommen. Da tragen die Hersteller den Bedenken anscheinend Rechnung.

Leider lassen sich viele schon allein durch die Buzzwords Quecksilber und (neuerdings auch) Aluminium verunsichern (Empfehlung: Alu ist die aktuelle Angstsau, die durchs Dorf gejagt wird. Man beobachte nur die grassierende Deophobie! Es könnte lustig sein, wenn's nicht um Angst und Profite ginge).

Cui Bono?

Klar ist: Salze haben komplett andere Eigenschaften als die reinen Metalle. Niemand käme auf die Idee, vor Kochsalz zu warnen, nur weil Natrium in Wasser zu Wasserstoffverbrennung führt. Ist schon einmal der Spaghetti-Kessel explodiert?... Nicht? ...

Aber mit Alu- und Quecksilbersalzen kann man das Verwirrspielchen treiben. Und andere Menschen zum Nicht-Impfen...


ZitatKann man ausschließen, dass Impfstoff-Hersteller einseitig meinungsbildend auf den Diskurs einwirken, indem sie aktiv an der Informationsproduktion mitarbeiten?
Wieso sollten sie nicht? Ich fände es eher seltsam, wenn die Hersteller nicht über die Impfstoffe informieren würden.

ZitatKann es sein, dass es sich um ein profitables Menschenexperiment handelt?
Ja!
Auch wenn das Impfen übers Experimentierstadium schon weit hinaus ist, ein klares "Ja":
- Keine Pocken mehr.
- Polio
- Masern
- Mumps
- Röteln
- Influenza
- Tetanus
- Diphterie
- FSME
uvm...

... -Erkrankungen sind mittlerweile durch Impfungen vermeidbar. Und so in der Summe Millionen von Schwerstgeschädigten, Behinderungen und Todesfälle. In manchen Fällen könnte es gelingen, die Krankheit sogar auszurotten. Ich finde, dass das mehr als sehr profitabel ist.

Umgekehrt muss man auch fragen: Welche Idee ist es wert, dass auch nur ein Kind z.b. elendiglich an Wundstarrkrampf verreckt?

Wird dann die Pharmaindustrie sehen, was sie davon hat?

Nö. Wenn es der Pharmaindustrie nur darum ginge, einen möglichst hohen Profit zu machen, würden gar keine Impfstoffe hergestellt, um Krankheiten zu vermeiden.
Es ließe sich ein Vielfaches dessen daran verdienen, die Maladen und Siechenden bis zum Lebensende zu versorgen.